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Spuren im Schnee

Ren x Ann ; Morgana
von

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In mir bleibt nur deine Spur

Es war Weihnachten und Japans Felder, Straßen und Berge waren von einer dicken Schneeschicht überzogen, wie ein Kuchen mit heller Zuckerglasur. Ren saß im Zug in Richtung Shibuya und blickte verträumte aus dem Fenster. Die weiße Wunderlandschaft zog an ihm vorbei. Auf seinem Schoß lag sein treuer Katzenfreund Morgana und schnarchte leise im Schlaf vor sich hin.
 

Sie waren auf dem Weg nach Shibuya, das sie erst vor einem dreiviertel Jahr verlassen hatten, um Weihnachten mit ihren Freunden zu verbringen. Ren erinnerte sich noch gut an das Weihnachtsfest vor einem Jahr, an den letzten gemeinsamen Abend mit Ann, bevor er sich der Polizei gestellt hatte. Er war für seine Freunde, für die Phantom Thieves, und für sie ins Gefängnis gegangen. Als Anführer war ihm nichts anderes übrig geblieben.
 

❄ 🐾 ❄
 

Seit ihrer ersten Begegnung war Ann eine ganz besondere Person für Ren. Wenn er jetzt aus dem Fenster sah, konnte er ihre wunderschönen grünen Augen und ihr herzliches Lächeln schon vor sich sehen. Obwohl sie ihm oft bewiesen hatte, dass sie stark und selbstbewusst war, hatte sie doch auch ihre schwachen Seiten. Und diese Seiten weckten in ihm das Bedürfnis, sie zu beschützen, ihr Fels in der Brandung zu sein, wenn sie mal keine Kraft mehr hatte, um stark zu sein.
 

In all der Zeit, die sie gemeinsam als Phantom Thieves die verdorbenen Herzen gestohlen hatten, waren sie einander näher gekommen, hatten sich ineinander verliebt.
 

Der Zugführer kündigte ihr nächstes Ziel an: Der Hauptbahnhof in Shibuya. Als die Menschen um sie herum sich erhoben, hegte auch Morgana sich auf seinem Schoß und gähnte herzhaft. Mit seinen weißen Pfoten stützte er sich auf der Sitzlehne ab und bestaunte die Landschaft, die schon bald hohen Gebäuden weichen würde.
 

Ren stand ebenfalls auf, griff nach seiner Tasche, die er über ihnen verstaut hatte und zog sich seinen dicken Wintermantel über.
 

„Glaubst du, Sojiro hat für heute Sushi bestellt?“, fragte Morgana und sprang geschickt auf seine Schulter. Sobald sie in die Kälte kamen, würde er sofort in seine Jacke krabbeln und seinen Kopf aus dem Kragen stecken.
 

„Wir werden sehen“, antwortete Ren schmunzelnd, „aber ich glaube, erstmal wird es Curry geben.“
 

Morgana seufzte laut, was für alle umherstehenden Passagiere nur ein lautes Miauen war. Das nahm Ren zum Anlass, um ihn in seine Tasche zu schieben. Dann band er sich seinen grauen Schal um den Hals und machte sich auf den Weg Richtung Zugtüren.
 

❄ 🐾 ❄
 

Je näher sie dem Bahnhof kamen, desto langsamer wurde der Zug. Aus dem Fenster konnte Ren bereits die ganzen Menschen entdecken, die auf dem Gleis warteten. Einige um selbst zu verreisen, andere um ihre Freunde oder Familie zu empfangen. Dabei hielt er Ausschau nach einer bestimmten Person. Er stieg die Stufen herunter und betrat das volle Gleis. Es war so kalt, dass sein Atem zu weißen Wölkchen wurde.
 

Die Bahnansage kündigte die nächsten abfahrenden Züge für die An- und Abreisenden an, doch Ren blickte nur auf sein Smartphone. Die letzte Nachricht von Ann war, dass sie sich auf den Weg zum Bahnhof machte.
 

„Hey! Hier drüben, Ren!“
 

Ihre helle Stimme drang aus der Masse an seine Ohren und er hob den Kopf. In einem auffälligen, roten Wintermantel und den passenden Ohrpuscheln stach Ann eindeutig aus der Masse hervor. Ihr Anblick zauberte ihm jedoch sofort ein kleines Lächeln auf die Lippen. Auch Morgana kämpfte sich aus der Tasche und streckte seinen kleinen Kopf aus dem offenen Schlitz des Reißverschlusses. Die beiden machten sich direkt auf den Weg zu Rens fester Freundin.
 

Trotz der Distanz und aller Widrigkeiten führten die beiden eine erfolgreiche Fernbeziehung. Sie besuchten sie sich regelmäßig, telefonierten oft und schrieben sich täglich Nachrichten. Manchmal hatte Ren ein schlechtes Gewissen, weil er nach seinem Aufenthalt im LeBlanc gegangen war, obwohl schon ihre beste Freundin das Schuljahr nicht mehr mit ihr beenden konnten. Trotzdem war er um jeden Moment dankbar und glücklich, in dem sie sich sahen.
 

In der Öffentlichkeit hielten sie sich mit Gefühlbekundungen allerdings zurück.
 

„Du siehst gut aus“, begrüßte Ann ihn lächelnd.
 

„Du auch“, antwortete Ren. Sie hatte einen leichten roten Lippenstift aufgelegt und duftete herrlich nach Zimt und Weihnachtsgebäck. Bestimmt hatte sie schon genascht, bevor sie zum Bahnhof gekommen war.
 

„Du natürlich auch, Morgana“, warf die junge Frau ein und streichelte der Katze über den Kopf. Bei ihren anderen Freunden hätte Morgana gemeckert, doch bei Ann ließ er das zu, wurde immer ganz kleinlaut, wenn sie in der Nähe war.
 

„Lass uns ein bisschen bummeln. Ich liebe Shibuya zu dieser Jahreszeit. Außerdem haben wir noch ein bisschen Zeit, bevor wir zu Sojiro müssen“, schlug Ann vor und hakte sich an Rens Arm ein. Er nickte und ließ sich von ihr aus dem Bahnhof in die belebte und gut besuchte Einkaufsstraße führen.
 

❄ 🐾 ❄
 

Zwei Stunden später saßen die beiden auf einer der Bänke im Leblanc. Sojiro kochte wie erwartet das Weihnachts-Curry und Futaba saß ihnen gegenüber, spielte mit Morgana. Ren war froh über die Normalität, die eingekehrt war, nachdem sie ihr Dasein als Phantom Thieves hinter sich gelassen hatten.
 

Nach allem, was er hier erlebt hatte, war Sojiro wie sein liebgewonnener Onkel und Futaba seine jüngere Cousine. Gemeinsam mit Ann fühlte sich dieses Weihnachtsfest wie eine familiäre Zusammenkunft an.
 

„Boss, kann ich dir beim Tischdecken helfen?“, fragte Ann und schob sich bereits von der Bank. Sie trug ein hübsches Jeanskleid mit einer roten Strumpfhose und braunen Stiefeln. Doch für ihn sah sie auch in einem schlichten Kapuzenpullover wunderschön aus. Ren bemerkte, wie Morgana ihr nachsah, bevor er doch wieder von Futaba abgelenkt wurde.
 

Nach dem Essen verabschiedeten sich Ren und Ann, um etwas Zeit in Zweisamkeit zu verbringen. Morgana blieb bei Sojiro und Futaba und würde auch die Nacht in Sojiros Haus verbringen. Die Türklingel ertönte zweimal, als sich die Tür öffnete und wieder schloss. Durch das Fenster neben der Tür waren dicke Schneeflocken zu sehen, die diesem Weihnachtsabend eine wunderschöne, winterliche Atmosphäre verlieh. Und doch war in Morganas Augen ein fast schon melancholischer Schimmer zu sehen.
 

❄ 🐾 ❄
 

Endlich in Anns Zuhause angekommen, streiften die beiden ihre vollgeschneiten Mäntel und Schuhe ab. Ren stellte seine Tasche daneben auf den Boden. Die Eltern seiner Freundin waren im Ausland unterwegs, deshalb hatten sie die ganze Wohnung für sich. Obwohl Ann wohl alleine gefeiert hatte, stand ein riesiger Tannenbaum im Wohnzimmer, der den gesamten Raum mit bunten Lichtern erleuchtete.
 

„Möchtest du eine heiße Schokolade mit Marshmallows?“, fragte Ann und war schon fast in die Küche gestürmt, da griff Ren nach ihrem Handgelenk. Erst blickte sie ihn verblüfft an, aber dann verstand sie und lächelte schüchtern. Endlich konnte sich das Pärchen Zeit für ein paar Zärtlichkeiten nehmen. Also ließ Ann sich in die Arme ihres Freundes ziehen und gab ihm einen sanften Kuss auf die Lippen.
 

Die beiden verliebten machten es sich gemeinsam auf der Couch unter einer flauschigen Decke bequem und schauten sich Weihnachtsfilme im Fernsehen an. Auf dem Tisch standen ihre beiden Tassen mit heißer Schokolade und ein bisschen Weihnachtsgebäck. Doch was viel mehr zählte war, dass sie beieinander sein konnten und unter der Decke die Finger miteinander verschränkt hatten.
 

❄ 🐾 ❄
 

Geschützt im Dunkel der Nacht schlich Morgana um das Haus herum, bis er die äußere, verschneite Fensterbank von Anns Wohnzimmer erreichte. Durch die Glasscheibe entdeckte er Ann, die ihren Kopf auf Rens Schulter gebettet hatte, ein glückliches Lächeln auf den Lippen.
 

Seit er sie das erste Mal gesehen hatte, war Morgana verzaubert von Ann gewesen. Er bewunderte sie, er glaubte sogar, dass er in sie verliebt war. Doch schlussendlich war er nur eine Katze. Sie könnte niemals die gleichen Gefühle für ihn empfinden wie für Ren.
 

Doch ein Trost bot ihm diese Szene: Bei Ren wusste er Ann in sicheren Händen. Er war glücklich, so lange die beiden glücklich waren.
 

Also drehte er sich um und ließ die beiden ihre Zeit genießen. Zurück blieben nur seine Spuren im Schnee.
 

🐾 Ende 🐾



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