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Bis dass der Tod uns findet

von

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Genug ist genug

In Nathans Mund breitete sich ein unglaublicher Geschmack aus. Süß, reich, vollmundig, mit einem Hauch Zitrone, Mandeln und Pistazien. Dazwischen: Gewürze. Er konnte sie nicht alle zuordnen, aber die Mischung passte hervorragend zu dem vielschichtigen Filoteig, der trotz des vielen Sirups, mit dem er getränkt worden war, immer noch eine gewisse Knusprigkeit besaß. Eine atemberaubende Mischung aus saftiger Nachgiebigkeit und genau dem richtigen Crunch. Das perfekte Mundgefühl. Eine Sinfonie aus Geruch, Geschmack und Textur, die seine Sinne vernebelte. Nathan stöhnte leise. Das war einfach zu gut. Wenn er doch nur dieses Gewürz erkennen würde, dann könnte er …

 

Ein strenger Blick traf ihn von Marvins Seite des Tisches. Nathan hörte auf zu kauen.
 

„Warum hast du Jomar nicht angerufen?“

 

Er klang nicht anklagend und doch sprang Nathans schlechtes Gewissen sofort darauf an.
 

„Weil … äh“, stammelte er und hätte sich beinahe an seinem Stück Baklava verschluckt. Mit knapper Not schaffte er es, nicht daran zu ersticken und spülte seinen Nachtisch eilig mit einem Schluck heißem Pfefferminztee herunter.

 

„Weil ich seine Nummer nicht habe“, rechtfertigte er sich. „Mein Telefon ist doch kaputt, also …“

 

„Ausrede!“

 

Marvin ließ den Löffel sinken, den er gerade noch in einer Portion Malabi versenkt hatte. Roter Granatapfelsirup tropfte von der milchweißen Puddingmasse zurück in die Schüssel.

 

„Du zögerst das Unvermeidliche nur heraus.“

 

Nathan senkte den Kopf und seufzte.
 

„Ja, ich weiß. Aber ich weiß einfach nicht, was ich ihm sagen soll.“

„Bist du interessiert?“

 

Marvins Stimme war immer noch frei von Vorwürfen, aber die Frage ließ Nathan trotzdem unbehaglich hin und her rutschen. Da war so viel, was in seinem Leben momentan drunter und rüber ging, dass er einfach nicht wusste, was er darauf antworten sollte. Vielleicht wenn die Dinge anders gelegen hätten. Wenn da nicht dieser gewisse Vampir gewesen wäre. Oder die Ghule, die ihn umbringen wollten. Er war sich sicher, dass es dann anders ausgesehen hätte. Aber so …

 

„Also nicht.“

 

Nathan schüttelte den Kopf, obwohl das nicht die ganze Wahrheit war. Er war ja interessiert, es war nur …

 

„Dann sag ihm genau das. Es ist nicht fair, ihn noch länger hinzuhalten.“

 

Nathan starrte weiter auf den Baklavakrümel am Boden seines Teeglases. Natürlich hatte Marvin recht. Es war nicht richtig, Jomar immer noch in dem Glauben zu lassen, dass das mit ihnen etwas werden könnte. Obwohl Nathan sich wünschte, dass es so gewesen wäre. Jomar war nett. Zuvorkommend, höflich, aufmerksam. Mit Sicherheit ein guter Liebhaber und zudem noch charmant und witzig. Gut aussehend. Er war der perfekte Partner. Jemand, mit dem man sein Leben verbringen konnte. Lieben, streiten, sich versöhnen. Ihn seinen Eltern vorstellen und einen gemeinsamen Urlaub verbringen. Weihnachtsgeschenke austauschen. Sich darüber in die Haare kriegen, wem welche Unterwäsche gehörte und in welcher Farbe das Schlafzimmer gestrichen werden sollte. Alltag eben. Nathan konnte es förmlich vor sich sehen und es war gut. Unheimlich gut. Und irgendwie war es auch das, was er wollte, nur … da gab es eben dieses Mehr. Dieses Was wäre wenn, das ihn nicht losließ und an seinem Herzen zog, wann immer er daran dachte. Es war dieses Gefühl, dieses sehnsüchtige Verlangen, das ihn zögern ließ. Viel zu lange zögern.

 

Marvin seufzte.
 

„Na gut, ich werde es dir einfach machen. Ich rufe jetzt Felipe an und besorge mir Jomars Nummer. Danach rufe ich ihn an und gebe dir den Hörer. Einverstanden?“

 

Nathan hätte gerne protestiert, aber in Ermangelung einer vernünftigen Alternative nickte er nur. Marvin lächelte ihn aufmunternd an.
 

„Keine Bange, du schaffst das. Sag ihm einfach, dass du noch nicht so weit bist.“
 

Wieder nickte Nathan. Es war wohl besser, Jomar nicht im Detail zu erklären, was gerade in seinem Leben abging. Dabei hätte alles so einfach sein können. So glatt und einfach.

 

 

Mit halbem Ohr hörte er zu, wie Marvin Felipes Nummer wählte und ein Gespräch mit ihm begann. Auch, dass sein Freund im Schlafzimmer verschwand und die Tür halb hinter sich zuzog, bekam er mit.

 

Ich sollte vielleicht den Tisch abräumen, dachte er und blieb dennoch sitzen. Es war, als warte er auf etwas. Auf eine Art Startschuss. Ein Geräusch, das …

 

Es klopfte.

 

Nathan schrak hoch und starrte in Richtung Tür. Hatte er sich gerade verhört?

 

Im Nebenzimmer sprach Marvin immer noch mit Felipe. Seine Stimme war eine Nuance höher gewandert. Er lachte. Die beiden redeten offenbar nicht über ihn und Jomar.

 

Noch einmal klopfte es.

 

Nathan erhob sich und blieb nach zwei Schritten unschlüssig stehen. Er wusste, dass das hier ein Riesenfehler war. Er sollte diese Tür nicht öffnen. Er sollte Marvin holen und sich bewaffnen. Sein Blick blieb an einem Schirm hängen, der an der Garderobe neben dem Eingang deponiert war. Es war eine denkbar dürftige Waffe, aber das Beste, was gerade in Reichweite war. Also griff er danach und streckte dann die Hand nach dem Türknauf aus. Auf der anderen Seite war nichts zu hören.

 

Sollte ich fragen, wer da ist?

 

Mit Sicherheit wäre das schlau gewesen. Andererseits: Welche Möglichkeiten gab es denn? Es könnte einer von Marvins Nachbarn sein, der sich etwas Milch oder ein paar Eier ausborgen wollte. Nathan verzog das Gesicht. Ob Katherine ihn bereits gefunden hatte?

 

Aber die würde doch nicht klopfen. Außer vielleicht, um Aufmerksamkeit zu vermeiden. Es sei denn …

 

Immer noch starrte er den Türknauf an, als wäre er eine giftige Schlange. Und er verwünschte Marvins Hausverwaltung dafür, dass es hier keine Türspione gab. Wobei kein Lichtschein unter der Tür durch drang. Er hätte also vermutlich gar nichts erkennen können, selbst wenn es ein Guckloch gegeben hätte.

 

Ich muss nachsehen.

 

Mit unendlicher Langsamkeit näherte Nathan sich der Tür. Er streckte die Hand aus, drehte den Kopf, die Tür sprang ihm entgegen und …

 

Marvins Schirm polterte zu Boden.

 

„Ezra!“

 

Ezra stand einen guten Meter von der Tür entfernt. Seine Umrisse hoben sich nur schwach von der ihn umgebenden Dunkelheit ab. Trotzdem wusste Nathan sofort, wen er vor sich hatte. Sein Herz machte einen Satz.

 

„Bist du allein?“

 

Die Frage brachte Nathan aus dem Konzept. Er war sich sicher, dass nicht nur er Marvin im Hintergrund hören konnte. Oder meinte Ezra etwas anderes damit? Was sollte er antworten?

 

„Wie? Äh … nein“, brachte er schließlich stotternd hervor. „Nein, ich … Marvin ist auch da. Er telefoniert gerade. Mit Felipe. Der Große, der letztens auch hier war. Du erinnerst dich?“

 

Ezra nickte knapp. Jetzt, da seine Augen sich langsam an die Lichtverhältnisse gewöhnt hatten, fiel Nathan auf, dass er blass war. Blasser als sonst. Da war eine Härte in seinen Zügen, eine Statuenhaftigkeit die vorher nicht da gewesen war.
 

„Ist alles in Ordnung?“
 

Kaum, dass er die Frage gestellt hatte, hätte er sie gerne wieder zurückgenommen. So wie Ezra aussah, war nichts in Ordnung. Nathan spürte es. Wie die Schwingungen eines zu straff gespannten Gummibandes. Was war hier los?
 

„Ich würde das lieber nicht hier besprechen.“

 

Ezras Stimme war bemüht. Höflich. Distanziert. So ganz anders, als Nathan es sich vorgestellt hatte. Und doch. Er war wieder da. Das war doch ein gutes Zeichen, oder nicht?
 

„Ich … ich kann Marvin fragen, ob du reinkommen kannst. Wenn du möchtest. Also ich meine … Möchtest du?“

 

Der letzte Satz klang selbst in Nathans Ohren viel zu hoffnungsvoll. Falls es Ezra aufgefallen war, ließ er sich jedoch nichts anmerken.
 

„Ja, bitte“, antwortete er im gleichen Tonfall wie zuvor. Nathans Mundwinkel zuckten.
 

„O-okay. Ich hole ihn.“

 

Den Blick immer noch auf Ezra gerichtet lief er los und wäre fast gegen den Türrahmen geknallt. Gerade noch rechtzeitig bekam er die Kurve, umschiffte das Hindernis und prallte im gleichen Atemzug um ein Haar mit Marvin zusammen, der mit dem Telefon am Ohr aus dem Schlafzimmer kam. Vollkommen entgeistert sah er erst Nathan an und dann in die Richtung, aus der er gekommen war. Im nächsten Moment zuckte er zusammen.
 

„Jomar?“, fragte er und machte ein Gesicht wie ein Premieren-Schauspieler, der seinen Text vergessen hatte. Nathan und wedelte hektisch mit den Händen in der Luft herum. Er konnte jetzt unmöglich mit Jomar sprechen.

 

„Ja, äh … hier ist Marvin“, stammelte sein Freund weiter. „Was für ein Zufall, dass du auch da bist. Weißt du, Nathan steht nämlich gerade neben mir und …“

 

„Sag ihm, ich ruf wieder an“, zischte Nathan so laut, dass Jomar es vermutlich gehört hatte. Marvin wirkte irritiert.
 

„Ja, also ich glaube, es passt gerade nicht so gut. Er hat sich verschluckt. Auf dem Klo. Bye!“

 

Endlich drückte Marvin auf den roten Hörer. Er wollte gerade zu einer Frage ansetzen, als Nathan bereits mit den Neuigkeiten herausplatzte.
 

„Ezra ist da.“

 

„Ezra?“ Sein Freund riss die Augen auf. „Wo?“

 

„Vor der Tür!“

 

Nathan konnte nicht behaupten, dass Marvin aussah, als würde ihn das irgendwie beruhigen. Eher im Gegenteil.
 

„Scheiße! Und jetzt?“

 

Nathan zuckte mit den Achseln.
 

„Du hast gesagt, du lässt ihn rein.“

 

Eigentlich hatte Marvin das nicht wirklich versprochen. Er hatte nur gesagt, dass Ezra nützlich sein könnte. Dankenswerterweise verzichtete Marvin jedoch darauf, Nathan auf diesen kleinen aber feinen Unterschied hinzuweisen. Er drückte seinem Freund lediglich das Telefon in die Hand und stapfte in Richtung Flur. In der Tür blieb er stehen. Nathan, der hinter ihm kam, konnte sehen, dass Ezra immer noch an derselben Stelle stand, an der er ihn zurückgelassen hatte. Es sah aus, als hätte er nicht einmal geblinzelt.
 

„Guten Abend“, sagte er ein wenig steif.

 

Marvin schnaufte. Nathan hörte ihn etwas murmeln, das verdächtig nach 'Der hat echt die Eier, hier wieder aufzutauchen' anhörte, bevor er sich straffte und Ezra herausfordernd anfunkelte.
 

„Du willst also hier rein?“, fragte er lauernd. Ezras Miene blieb unbeweglich.
 

„Wenn es keine Umstände macht, ja.“

 

Marvin blies hörbar die Backen auf.

 

„Umstände?“, wiederholte er gedehnt. „Tja, ich weiß nicht. Hast du wieder vor, diesen Vampir-Hokuspokus mit mir abzuziehen? Denn dann werde ich dich nämlich nicht reinlassen.“

 

Auch jetzt bewegte Ezra keinen Muskel.

 

„Ich könnte dir versprechen, dass ich es nicht tun werde“, sagte er in neutralem Tonfall. „Das würde dir jedoch keinerlei Garantie geben. Allerdings hoffte ich, in Zukunft darauf verzichten zu können. Zu unserem gegenseitigen Benefit.“

 

Marvin schnaufte.

 

„Das heißt also, ich muss mich darauf verlassen, dass du uns nichts antust?“

 

Dieses Mal blieb Ezra die Antwort schuldig. Nathan hielt unwillkürlich den Atem an. Würden sie sich vertragen?

 

Marvin schnaufte noch einmal, dann seufzte er.
 

„Also meinetwegen. Du kannst reinkommen.“

„Vielen Dank.“

 

Ezra zögerte noch einen Moment, bevor er tatsächlich über die Türschwelle kam. Er bückte sich nach dem Schirm, den Nathan fallen gelassen hatte, hob ihn auf, trat durch die Tür und schloss sie. Fragend deutete er auf die Garderobe.
 

„Dort?“

 

Marvin nickte und Ezra hängte den Schirm an einen der Haken. Danach drehte er sich zu ihnen herum.

 

Nathan musste zugeben, dass die Situation noch viel seltsamer war, als er es sich vorgestellt hatte. Allein das Bild, wie Ezra in schwarzem Mantel und Anzug in Marvins bunt gefülltem, immer leicht vollgestopft wirkenden Vorflur stand, war so absurd, dass Nathan beinahe gelacht hätte. Allerdings nur beinahe.
 

„Wollen wir … ins Wohnzimmer gehen?“

 

Er versuchte locker zu klingen, aber er war es nicht; ebenso wenig wie die beiden anderen. Während Marvin ein Stück zurückwich und sich neben ihn drängte, blieb Ezra einfach stocksteif stehen. Er wies lediglich auf die Tür, in der Nathan und Marvin gerade standen.
 

„Ich nehme an, das ist dort?“

 

Nathan nickte. Erst im nächsten Augenblick wurde ihm bewusst, dass Ezra gar nicht ins Wohnzimmer gehen konnte, weil er und Marvin die Tür blockierten. Kurzerhand fasste er seinen Freund am Arm und zog ihn nach drinnen. Ezra folgte ihnen. Als sein Blick auf das Chaos auf dem Tisch fiel, runzelte er die Stirn. Hitze kroch in Nathans Gesicht.

 

„Wir haben gerade gegessen“, erklärte er. „Die … das … ich hab noch nicht abgeräumt.“

 

Er wollte anfangen, die Papierpackungen und Plastiktüten zusammenzuklauben, aber Ezra hielt ihn mit einer Handbewegung zurück.
 

„Nicht notwendig, ich bleibe nicht lange.“

 

Nathan erstarrte. Er sank gegen die Lehne von Marvins ausgefranster Couch und blieb dort wie angenagelt sitzen. Marvin, der das Ganze beobachtet hatte, schickte Nathan einen fragenden Blick. Unauffällig schüttelte der den Kopf. Irgendwas stimmte hier ganz und gar nicht.

 

Ezra ging noch ein paar Schritte in den Raum hinein. Kurz vor dem Fenster blieb er stehen, drehte sich zu ihnen herum. Sein Gesicht wirkte wie aus Eis geschnitzt.

 

„Ich bin gekommen, um dir mitzuteilen, dass deine Wohnung wieder hergerichtet ist. Ich würde allerdings Abstand davon nehmen, dorthin zurückzukehren. Die Gefahr, dass sie überwacht wird, ist zu groß.“

 

Nathan nickte leicht. Im Grunde hatte er sich das schon gedacht, aber …
 

„Für wie lange?“

 

Ezra wich seinen Blick aus. Oder vielleicht sah er auch einfach nur nicht hin.
 

„Ein Jahr. Vielleicht zwei oder drei. Je länger, desto besser.“

 

Nathan blieb die Spucke weg. Damit hatte er nicht gerechnet.

 

„Aber … wo soll ich denn dann wohnen? Ich kann doch unmöglich so lange auf Marvins Couch schlafen.“

 

Marvin nickte dazu. Ezras Blick streifte Nathan, bevor er wieder zu einem anderen Ort glitt. Schlussendlich blieb er an Marvin hängen, der daraufhin sichtbar nervös wurde.
 

„Ihr solltet beide gehen. Verlasst die Stadt. Das Land, wenn ihr könnt. Ich hatte es Nathan schon einmal gesagt, aber auf mich wollte er nicht hören. Vielleicht hast du mehr Glück als ich.“

 

Marvin sah zuerst Ezra an, dann Nathan und wieder zurück.
 

„Das ist ein Scherz oder? Ihr verarscht mich.“

„Ich mache keine Scherze.
 

Ezra klang immer noch vollkommen regungslos. Nathan konnte es einfach nicht glauben.

 

„Aber … warum?“, stammelte er. „Du hast doch gesagt, du kümmerst dich. Warum sollen wir jetzt fliehen?“

 

Ezra sah ihn immer noch nicht an.

 

„Es haben sich einige … Schwierigkeiten ergeben. Wenn ihr wollt, kann ich euch über die Grenze bringen. Das ist alles.“

 

Niemand sagte etwas. Alle schwiegen, bis Marvin es endlich nicht mehr aushielt.
 

„Also das kannst du mal ganz gepflegt vergessen. Ich gehe nirgendwohin und Nathan auch nicht.“

 

Ezras Miene bewegte sich nicht einen Millimeter.

 

„Geht. Oder bleibt. Es ist eure Entscheidung.“

 

Marvin gab einen abfälligen Laut von sich.
 

„Unsere Entscheidung?“, echote er. „Dass ich nicht lache. Du kommst hier an, stehst ganz mysteriös in der Gegend rum, dass man sich fast in die Hose macht vor Angst, und dann faselst du irgendwas davon, dass wir das Land verlassen sollen? Ich meine, geht’s noch?“

 

Marvin stemmte die Hände in die Hüften. Seine Augen funkelten wie eine wild gewordene Diskokugel. Ezra beeindruckte das nicht.

 

„Ich habe euch meine Hilfe angeboten. Wenn ihr sie nicht wollt, liegt das nicht in meiner Verantwortung.“

 

Mit diesen Worten schickte er sich an, an Marvin vorbei in Richtung Tür zu gehen. Der reagierte prompt so, wie Nathan befürchtete. Er stellte sich Ezra in den Weg. Ezra blieb stehen.
 

„Lass mich durch“, knurrte er. Marvin rührte sich nicht.
 

„Befiehl es mir doch“, forderte er und reckte das Kinn angriffslustig in die Luft.

 

Ezra presste die Kiefer aufeinander. Sein Blick bohrte sich in Marvins, doch der wich keinen Millimeter zur Seite. Schließlich gab Ezra auf. Er wandte den Kopf ab.
 

„Du hast keine Ahnung, worum es hier geht.“
 

Marvin bleckte die Zähne.

 

„Ach ja? Dann erleuchte mich mal. Bisher weiß ich nämlich nur, dass irgendwelche Zombies versucht haben, meinen besten Freund zu fressen, und dass du was damit zu tun hast. Also spuck endlich aus, was du weißt.“

 

Ezra antwortete nicht. Er stand einfach nur da wie eine Puppe, der man die Fäden durchgeschnitten hatte. Nathan erhob sich und kam auf ihn zu.

 

In diesem Moment klingelte das Telefon.
 

Der Ton ließ Nathan zusammenzucken. Die Tatsache, dass er das Telefon immer noch in der Hand hatte, machte die Sache nicht besser. Erst, als Marvin es ihm aus der Hand nahm und ranging, blinzelte er wieder.
 

„Hallo? Ja? Was? Nein! Nein, so war das doch gar nicht. Felipe, hör zu, ich …“

 

Marvin legte die Hand auf den Hörer und verzog das Gesicht.

 

„Er ist stinkend sauer. Ich glaube, ich muss da mal die Wogen glätten. Bin gleich wieder da.“

 

Mit diesen Worten verschwand Marvin in Richtung Schlafzimmer und ließ Nathan und Ezra allein zurück. Stille kehrte ein, aber es war keine gute Stille. Eher die dumpfe Hoffnungslosigkeit eines nebligen Novembermorgens. Wenn man schon wusste, dass die Sonne den ganzen Tag nicht richtig aufgehen würde. Alles war trüb und grau.

 

„Ezra?“
 

Der Name schlüpfte ganz von selbst über seine Lippen. Er wartete auf eine Reaktion. Irgendein Zeichen, dass er gehört worden war, doch da war nichts. Wie eine unsichtbare Wand, die zwischen ihnen stand. Eine Wand, die nur er einreißen konnte. Denn Ezra würde es nicht tun, dessen war er sich sicher. Also trat er noch einen Schritt näher. Und noch einen, bis er so nahe vor dem anderen stand dass er ihn fast schon berührte. Und dann tat er es. Er legte die Hand auf seinen Arm. So wie vor zwei Tagen.

 

„Was ist passiert?“
 

Es musste irgendetwas passiert sein, dessen war Nathan sich sicher. Aber was? Was hatte Ezra so aus der Bahn geworfen, dass er …

 

„Es ist besser, wenn du das nicht weißt.“

 

Ezras Stimme klang rau. Als müsste er sich zwingen zu sprechen. Es schnitt Nathan ins Herz und doch …

 

„Nein“, sagte er fest. Er trat noch einen Schritt nach vorn, sodass sie jetzt dicht voreinander standen. Ezra hob erstaunt den Kopf. Nathan sah ihm fest in die Augen.
 

„Es ist nicht besser. Ich will jetzt endlich wissen, was hier los ist. Was macht dir solche Angst?“

 

Es war ein Schuss ins Blaue. Er hatte sich weit, weit vorgewagt und möglicherweise würde Ezra ihn nicht auffangen. Möglicherweise würde er einfach beiseite treten. Aber vielleicht auch nicht.

 

Bitte, sprich mit mir!

 

Aber Ezra schwieg. Ohne ein Wort zu sagen, wandte er den Kopf ab und wich Nathans Blicken aus.

 

Ach scheiß drauf.

 

Mit einem tiefen Atemzug überbrückte Nathan die letzte Distanz zwischen ihnen. Er schlang die Arme um Ezras Hals und drückte ihn an sich.

 

Ezra stand nur da. Regungslos. Vollkommen erstarrt. Als könnte er nicht glauben, was Nathan gerade getan hatte. Und mit jedem Moment, da ihre Umarmung andauerte, wurde es seltsamer. Nathan wusste es, aber er konnte nicht loslassen. Dabei war es so dumm. So hirnrissig. So absolut …

 

Die Bewegung war zögerlich. Stockend. Als würde Ezra gegen etwas ankämpfen, das ihn zurückhielt. Aber er gab nicht auf. Er neigte den Kopf, seine Arme schoben sich um Nathan herum. Langsam. Unendlich langsam. Wie ein Gletscher. Nichtsdestotrotz bewegte er sich und als seine Handflächen endlich Nathans Rücken berührten, kam es Nathan vor, als ginge ein Seufzen durch seinen Körper. Ezra floss. Er schmolz. Wurde zu Wachs in Nathans Armen.

 

Nathan schloss die Augen. Seine Arme legten sich fester um Ezra und hielten ihn. Ganz fest. Er spürte ihn unter sich zittern und beben. Ezras Finger krallten sich in den Stoff seines Oberteils, zogen ihn näher. So nahe, dass seine Nähe alles war, was Nathan noch wahrnehmen konnte. Den festen Körper an seinem, die starken Arme um ihn herum. Ezras Lippen an seinem Hals. Das Schlucken, das heftige Atmen. Mit einem Mal wurde Nathan sich bewusst, dass er vielleicht eine winzige Kleinigkeit vergessen hatte.

 

„Hast du Hunger?“

 

Ein Teil von Nathan merkte zynisch an, dass er das vielleicht früher hätte in Erfahrung bringen sollen. Vorzugsweise bevor sie Ezra in die Wohnung gelassen hatten. Der Rest jedoch war ganz ruhig.

 

„Ein wenig“, murmelte Ezra. Sein Atem geisterte immer noch über Nathans Nacken. Heiß. Verlangend. Doch schon spürte Nathan, wie sich sein Griff lockerte. Ezra wollte sich aus seinem Arm freimachen. Schnell hielt er ihn fest.
 

„Bleib“, bat er. „Es ist okay. Ich habe keine Angst.“

 

Das war gelogen. Er hatte Angst. Jede Menge sogar. Angst davor, dass es wehtun würde. Davor, wie Marvin reagieren würde. Mit Sicherheit würde er ausrasten. Es nicht verstehen. Diese Angst war da. Wovor er jedoch keine Angst hatte, war Ezra.

 

Er hat mir das Leben gerettet. Warum sollte er mich jetzt töten? Es ist doch nur ein bisschen Blut. Das bin ich ihm schuldig.

 

„Trink ruhig, wenn du willst. Ich bin einverstanden.“

 

Wieder musste Ezra schlucken. Nathan spürte die Bewegung an seinem Hals. Ein leises Keuchen.
 

„Nein. Nein, es geht schon. Es war nur … der erste Impuls. Tut mir leid.“

 

Erneut folgte Schweigen. Ein ängstliches Abwarten, ob der jeweils andere aus der fragilen Fusion ausbrechen würde. Aber niemand ging. Sie blieben und lauschten ihrem gegenseitigen Atem, dem unruhigen Herzschlag, der fast schon wie einer wirkte. Irgendwann wurde er langsamer.

 

Ezra zog Nathan wieder ein wenig näher zu sich heran. Dieses Mal war die Umarmung weniger verlangend, weniger verzweifelt. Sie hüllte Nathan ein wie ein Kokon. Nur mit Mühe hielt er ein Seufzen zurück. Das hier war so gut.

 

„Ich kann dich nicht beschützen.“

 

Ezras Stimme war zu einem Flüstern herabgesunken. So leise, dass Nathan fast daran zweifelte, die Worte wirklich gehört zu haben. Trotzdem waren sie ausgesprochen worden und würden nicht einfach wieder verschwinden. Nathan atmete tief ein.
 

„Wovor beschützen?“
 

Wieder blieb Ezra stumm. Nathan hob den Kopf und sah ihn an. Da war so viel in seinem Blick. Wut, Trauer, Enttäuschung, Schmerz und noch etwas anderes. Etwas Tieferes.

 

„Was ist passiert?“
 

Fast rechnete er damit, dass Ezra weiter schweigen würde, doch er wurde überrascht. Ezra begann zu sprechen.

 

„Ich bin Samstagnacht noch einmal in deine Wohnung zurückgekehrt. Ursprünglich wollte ich in der Nähe nach Spuren suchen, aber … Ich traf dort jemanden. Jemand, der auf dich aufmerksam geworden war.“

„Wen?“

„Meinen Bruder.“

 

Nathan blinzelte überrascht. Das war neu.
 

„Du hast einen Bruder?“

 

Ezra wandte den Blick ab. Seine Lippen wurden schmal.
 

„Er ist nicht mein leiblicher Bruder, falls du das meinst. Wir wurden nur von der gleichen Vampirin gewandelt.“
 

Immer noch sah Ezra ihn nicht an. Seine Gedanken schienen weit weg zu sein. Nathan schluckte.
 

„Und dieser Bruder …“

„Sein Name ist Darnelle.“

„Darnelle also. Hat er etwas gesagt?“

 

Nathan konnte sehen, wie Ezras Kiefermuskeln arbeiteten.
 

„Er hat mir gedroht. Wenn ich nicht aufhöre, mich in seine Angelegenheiten einzumischen, würde er …“

„Mich umbringen.“

 

Es war keine Frage, nur eine Feststellung. Ezra lachte bitter auf.
 

„Schlimmer als das.“

„Noch schlimmer?“

 

Ezra schloss die Augen. Seine Finger gruben sich in den Stoff von Nathans Oberteils.

 

„Was wird er tun?“, fragte Nathan erneut.
 

Wieder zuckten Ezras Gesichtsmuskeln wie unter Schmerzen.
 

„Er hat gesagt, wenn ich mich weiter mit den Ghulen befasse, wird er es unserem Vater sagen.“

 

Nathan versuchte gar nicht erst, diese neue Information zu verarbeiten. Er hätte gerne gewusst, wie dieser „Vater“ in das Familiengefüge passte, aber er fragte nicht. Dazu war das hier zu wichtig.
 

„Und dann wird er mich umbringen?“
 

Ezra öffnete die Augen. Dieses wusste Nathan sofort, dass sie ihn sahen. Richtig sahen. Vielleicht zum ersten Mal. Ein trauriges Lächeln begleitete Ezras Blick.
 

„Nein“, sagte er leise. „Wenn unser Vater herausbekommt, dass du noch am Leben bist, dann wird er mich zwingen, dich zu töten.“

 

Für einen Moment war Nathan wie vor den Kopf geschlagen. Er hatte sich nie viele Gedanken über den Tod gemacht, aber bisher war er sich immer sicher gewesen, dass sein Ableben immerhin niemanden besonders unglücklich machen würde. Abgesehen von Marvin vielleicht. Aber zu wissen, dass man durch die Hand eines … Freundes sterben würde. Nicht irgendein gesichtsloser Krimineller, der es nur auf seine Brieftasche abgesehen hatte, sondern jemand, der ihm in die Augen gesehen und mit ihm gesprochen hatte. Nathan vermochte nicht, sich das vorzustellen.

 

Und er? Was würde er dabei empfinden?

 

Mit ein wenig Mühe schob er seine Mundwinkel nach oben.
 

„Na ja … immerhin. Wenn es schon jemand tun muss, dann wäre es mir am liebsten, wenn du es wärst. Ich meine, du würdest es doch … kurz und schmerzlos machen, oder?“

 

Es war Galgenhumor und er wusste es. Ezra zog Nathan nur noch ein wenig näher an sich heran.
 

„Ich will nicht, dass du stirbst“, sagte er leise. „Ich will, dass du lebst.“

 

Nathan lachte. Es klang ein bisschen verzweifelt.
 

„Oh, wenn ich ehrlich bin, wäre mir das auch lieber. Aber die Wahl hab ich ja anscheinend nicht.“
 

Wieder schwankte Ezra zwischen Lachen und etwas anderem.
 

„Aber verstehst du denn nicht? Wenn du gehst …“

 

„Ich will aber nicht gehen“, unterbrach Nathan ihn. Allein die Vorstellung war für ihn ungeheuerlich. Wo sollte er denn auch hin? Alles hinter sich zu lassen und zu fliehen mit nichts als dem nackten Leben am Leib … nein! Er hatte hier ein Zuhause. Einen Job. Ein Leben. Und das würde er nicht so einfach aufgeben, nur weil irgendein dahergelaufener Vampir meinte, dass er nur mit dem Finger zu schnippen brauchte, um das zu ändern. Doch noch bevor er Ezra das alles verkünden konnte, kam Marvin aus dem Schlafzimmer gestürmt. Er schäumte.

 

„Diese verdammte Bitch!“, fauchte er. Nathan war so verdattert, dass er glatt vergaß, Ezra loszulassen. Als Marvin sie sah, schnellten seine Augenbrauen nach oben.
 

„Ach so ist das also. Na dann spitzt mal die Ohren, ihr Turteltäubchen. Aus eurer Weltreise mit Vampir wird nichts. Wir bleiben nämlich hier und treten diesen Ghulen ganz gehörig in den Arsch. Von denen lass ich mir nicht mein Leben ruinieren. Und wenn ich ihnen den Kopf mit den Zähnen abbeißen muss. Die werden es noch bereuen, sich mit Marvin Tuttle angelegt zu haben. Jetzt ist hier Achterbahn!“

 

Nathan, der es für besser hielt, nur noch ganz langsame Bewegungen zu machen, zog sich Stück für Stück aus Ezras Arm zurück. Auch der schien nicht so recht zu wissen, was er von dem tobenden Marvin halten sollte. Selbiger hingegen lieferte sofort eine Erklärung.
 

„Weißt du, was gerade passiert ist?“, blaffte er Nathan an.

„N-nein?“

„Felipe hat mit mir Schluss gemacht. Weil ich ihm von dieser ganzen Scheiße erzählt habe. Von den Ghulen und Vampiren und allem. Und jetzt denkt er, ich wolle ihn verarschen. Er hat einfach aufgelegt.“

„Du hast WAS?“

 

Nathan glaubte, sich verhört zu haben. Marvin, der gerade noch vorgehabt hatte, Ghulen die Kehle durchzubeißen, sackte in sich zusammen.
 

„Ja“, jammerte er kleinlaut. „Felipe war so sauer wegen Jomar. Und als ich versucht habe, ihm eine halbwegs plausible Erklärung zu liefern, ist er misstrauisch geworden. Und da hab ich ihm alles erzählt. Es kam einfach so aus mir raus.“

 

„Oh, Marvin!“

 

Nathan konnte gar nicht laut genug stöhnen.

 

„Du bist so ein Riesen-Rindvieh!“

„Ich wei~iß.“

 

Marvins anschließenden Schnüffeln und die erfolglose Suche nach einem Taschentuch, die damit endete, dass er sich mit einer Serviette die Nase putzte, war für Nathan fast noch schwerer zu ertragen als Ezras passive Trostlosigkeit. Das konnte doch nicht wahr sein. Hatten denn jetzt alle den Verstand verloren?
 

„Habt ihr beide den Verstand verloren?“
 

Dass der Satz einfach so aus ihm herausgeplatzt war, verwirrte Nathan. Allerdings nicht so sehr wie Marvin und Ezra, die ihn beide anstarrten, als wäre er gerade vom Mond gefallen. Aber jetzt war ohnehin schon alles zu spät.

 

„Hier wird niemand losziehen und allein einen wütenden Mob mit Fackeln und Mistgabeln mimen“, erklärte Nathan seinem besten Freund.
 

„Aber wir werden auch nicht einfach aufgeben und weglaufen“, fügte er an Ezra gewandt hinzu. „Das hier ist verdammt nochmal mein Leben und wenn ich eh schon mit einem Bein im Grab stehe, dann kann ich auch genauso gut versuchen, es wieder herauszuziehen.“

 

Die Ansprache war wohlgemerkt nicht die imponierendste aller Zeiten. Entsprechend fiel die Reaktion darauf aus.
 

„Was willst du denn machen?“, sagte Marvin mit jeder Menge Falten auf der Stirn. „Diese Stadt ist riesig und wir wissen ja nicht einmal, wo wir anfangen sollen nach dieser Katherine zu suchen.“

 

„Also was das angeht …“

 

Ezras Blick wanderte nach diesem halben Satz von einem zum anderen.

 

„Ich wüsste da was. Aber gleichzeitig ist es unmöglich, dorthin zu gelangen.“

„Und wo?“

 

Nathan betete, dass Ezra nicht wieder einen Rückzieher machen würde. Er musste doch begreifen,, dass diese Schlacht noch nicht verloren war. Er musste!

 

Ezra leckte sich über die Lippen.

 

„Mein Bruder betreibt mehrere Clubs in dieser Stadt. Sie dienen vor allem der Tarnung um … um Vampire mit Nahrung zu versorgen.“

 

Nathan hörte, wie Marvin nach Luft schnappte. Die Assoziationen, die ihm dazu kamen, waren auch nicht gerade die besten.
 

„Und weiter?“

 

Ezra zögerte sichtlich.

 

„Ich bin mir sicher, dass irgendjemand dort die Ghula kennen muss, die dich angegriffen hat. Leider sind mir diesbezüglich die Hände gebunden. Sobald ich anfange, dort herumzuschnüffeln, würde Darnelle sofort Maßnahmen ergreifen.“

 

Der intensive Blick, der Nathan daraufhin traf, ließ ihn schaudern. Er hatte zwar ernst gemeint, was er gesagt hatte, aber die Aussicht, durch Ezras Hand zu sterben, war trotzdem nicht gerade erfreulich. Er überlegte.

 

„Aber du hast Zutritt zu diesen Clubs, oder?“

„Sicher. Das hat jeder Vampir.“

„Es wäre also nicht weiter verwunderlich, wenn du dort auftauchen würdest.“

„Nein?“

„Und wenn du nicht allein wärst?“

 

Es dauerte einen Augenblick, bevor Ezra begriff, was Nathan meinte. Er wurde noch eine Spur bleicher.
 

„Nein. Nein, das kannst du nicht tun. Er würde …“

 

Ezras Stimme versagte. Nathan konnte nur ahnen, zu was für Grausamkeiten dieser Darnelle sich vielleicht hinreißen lassen würde, wenn er ihn in die Finger bekam. Aber vielleicht ließ sich das ja auch vermeiden. Sein Blick fiel auf Marvin.

 

„Ich habe da eine Idee“, sagte er langsam, bevor er den anderen seinen Plan erklärte. Als er fertig war, sahen die beiden ihn an, als wären ihm jetzt auch noch zwei Köpfe gewachsen.
 

„Das wird niemals funktionieren.“

„Das ist Wahnsinn. Du weißt nicht, auf was du dich da einlässt.“

 

Marvins Gesichtsfarbe schwankte zwischen braun und grau und Ezra raufte sich die dunklen Haare. Sein Mund stand offen und zum ersten Mal konnte Nathan seine Eckzähne sehen. Sie waren tatsächlich spitz.
 

„Das erlaube ich nicht.“

„Dann werde ich es alleine durchziehen.“

 

Nathan graute vor dieser Vorstellung, aber er machte ein so entschlossenes Gesicht, dass Marvin empört aufbegehrte.
 

„Kommt überhaupt nicht in die Tüte. Wenn du in diesen Club gehst, gehe ich mit. Ich lasse dich nicht im Stich.“

 

Nathans Blick richtete sich auf Ezra. Er sah, dass die Emotionen unter dessen Haut herumkrochen wie Schlangen. Eine ganze Badewanne voll Wut, Zorn, Angst und noch etwas. Etwas, auf das Nathan zählte. Etwas, von dem er hoffte, dass es mehr war als der Mut der Verzweiflung.

 

Ezra gab sich einen Ruck.
 

„Na schön“, seufzte er. „Aber vorher muss ich euch noch einiges erklären. Es gibt Regeln in diesen Clubs. Viele Regeln. Wenn ihr nicht auffallen wollt, müsst ihr sie kennen.“

 

„Oh, Moment.“

 

Marvin sprang auf, tingelte zu einem Tischchen, kramte in dessen Schubladen und kam anschließend mit einem Block und einem Kugelschreiber zurück, auf dessen Spitze eine glitzernde Ballerina mit einem Federpuschel als Rock saß. Er drückte der Puppe auf den Kopf. Es klickte.
 

„Also gut“, sagte er mit gezücktem Glitzerstift. „Dann lass mal hören. Ich bin ganz Ohr.“



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Kommentare zu diesem Kapitel (3)

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Von:  chaos-kao
2022-06-22T17:39:29+00:00 22.06.2022 19:39
Hui, da kam Ezra schneller zurück als erwartet. Und ich hätte ja niemals damit gerechnet, dass er sich umarmen und dann auch noch so in die Geborgenheit der Umarmung fallen lässt. Oder dass Nathan ihm anbietet von sich zu trinken. Tolles Kapitel!
Antwort von:  Maginisha
23.06.2022 16:28
Hey chaos-kao!

Wer weiß, ob Ezra ursprünglich vorhatte, Nathan länger unbewacht zu lassen, aber nach der unschönen Überraschung in seinem alten Elternhaus wollte er dort wohl auch nicht bleiben. Dieses Erlebnis könnte wohl mit ein Grund sein, warum seine Barriere dann zusammenbricht., Obwohl Nathan schon ganz schön gepokert hat, das muss man ja zugeben.

Jetzt gilt es, einen Schlachtplan zu entwerfen. ^^

Zauberhafte Grüße
Mag
Von:  TaniTardis
2022-06-21T03:36:00+00:00 21.06.2022 05:36
Ohhh, der Kapitel war schön, endlich Kommen die beiden sich näher...hach süß die beiden....Marvin und Nathan hat sich da aber was vorgenommen....Bin schon sehr gespannt ob ihr plan funktioniert oder in die Hose geht...der arme Ezra was hat er sich da eingebrockt :D

Lg
Antwort von:  Maginisha
21.06.2022 14:59
Hey TaniTardis!

Jaaa, endlich ist zumindest mal ein bisschen der Abstand geschmolzen. Obwohl sich Nathan natürlich ganz schön aus dem Fenster gelehnt hat. Hätte auch schief gehen können. Aber ist es zum Glück nicht. Hurra!

Leicht wird Nathans Plan auf jeden Fall nicht umzusetzen sein. Und ob er klappt? Na schauen wir mal. :D

Zauberhafte Grüße
Mag

Von:  Ryosae
2022-06-18T21:14:33+00:00 18.06.2022 23:14
Hallo Mag,
Ich bin Ezra und liiiiebe Umarmungen! xDDD
Sorry der musste raus ;)

Tolles Kapitel und es gab endlich mal etwas Körperkontakt <3
Nathan und Marvin sind sehr mutig, wenn sie bleiben wollen. Wahrscheinlich ist ihnen der Umfang ihrer Entscheidung selbst nicht so bewusst, oder?
Ob mit dem Plan gut gehen wird? Müssen sie von sich trinken lassen, oder sich einfach total devot geben?

Freue mich aufs nächste!

LG
Ryo
Antwort von:  Maginisha
19.06.2022 08:36
Hey Ryosae!

*rofl* Ich lieg grad lachend unterm Tisch. Der war wirklich gut. :D

Ob sich Nathan und Marvin so wirklich bewusst sind, auf was sie sich einlassen? Öhm. Na vermutlich würden die meisten "Helden" das nicht tun, wenn sie es wären. ^_~

Wie genau der Plan aussieht, kann ich natürlich jetzt noch nicht verraten, aber Trinkkontakt ist nicht unbedingt vorgesehen. Es gibt ja auch "normale" Gäste. Sozusagen. Also fast normal. ;D

Ich freue mich auch aufs nächste Kapitel, auch wenn es da noch nicht gleich losgeht. Oder schon aber ... ähm ... anders. ^^

Zauberhafte Grüße
Mag


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