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Die farbenfrohe Schreibfeder

von

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Hast du Angst, Prinzessin?

 

One Shot Nr. 4

Ƹ̵̡Ӝ̵̨̄Ʒ Hast du Angst, Prinzessin?

 

»Zu spät, Herr Inspektor«.

Wüpp, wüpp.

Der Meisterdetektiv hielt in seiner Bewegung inne und stutze einen Moment, als es in seiner Brusttasche vibrierte. Da habe ich vor meinem Coup doch glatt vergessen, mein Privathandy zu Hause zu lassen, schoss es ihm durch den Kopf, ließ sich aber durch nichts aus der Ruhe bringen. Sein Pokerface saß nach wie vor perfekt und seine Überraschung sah man ihm nicht an.

Er ließ den funkelnden blauen Diamanten mit einer fließenden Bewegung in seine Hosentasche gleiten und ein überhebliches Grinsen zierte Kaito KID’s untere Gesichtshälfte, wurde die Augenpartie wie immer durch die Krempe seines weißen Zylinders in Schatten gehüllt, die seine Identität wahrte.

Wüpp, wüpp.

Strahlend weiße Zähne blitzten dem Inspektor entgegen. Die Mundpartie nach wie vor zu einem arroganten Lächeln verzogen. Ein animalisches Knurren verließ Nakamori’s Kehle und er funkelte den hochnäsigen Dieb finster an.

»Irgendwann... Irgendwann...«, zischte er und balle seine Hände zu Fäusten.

»Nun, mein geschätzter Herr Inspektor, ich bin mir sicher, dass ...«, grinste er ihm herausfordernd entgegen, als der dunkle Museumraum, den er mit einem herbeigezauberten Stromausfall in absolute Schatten gehüllt hatte, für den Bruchteil einer Sekunde plötzlich hell erleuchtet wurde. »... Sie mich bis zu Ihrer Pension weiter jagen dürfen!«

 

Ein Blitz durchzog den wolkenverhangenen Nachthimmel gefolgt von einem lauten Donnergrollen.

Kaito KID’s Blick wanderte Richtung Museumsfenster und ein mulmiges Gefühl breitete sich in seiner Magengegend aus.

Wüpp, wüpp.

Abermals vibrierte sein Handy und mittlerweile war ihm klar, ohne dass er auf sein Display schauen musste, wer ihn da in Sekundentakt anschrieb.

Aoko...

»Von wegen! Beim nächsten Mal werde ich dir die Handschellen anlegen, du eingebildeter Mistkerl«, grölte Nakamori, der seinen verhassten Gegner wütend funkelte und mit seinen Augen regelrecht aufspießte. Am liebsten wäre er auf diesen Möchtegerndieb zugestürmt und würde ihm mit Freuden das arrogante Grinsen aus dem Gesicht schlagen, aber bedauerlicherweise lag er - sehr zu seinem Leidwesen und für sein Ego als Vorbildfunktion der Sonderkommission KID nicht unbedingt geeignet, dass etwas mehr als ein bisschen angekratzt war - bewegungsunfähig auf den Museumsboden. Unter ihm die kalten Fliesen und vor ihm auf der Vitrine stehend der Dieb in Weiß, der ihn mit einem pinken, flauschigen Seil gefesselt hatte, und an welchem unzählige Plüsch-Anhänger angebracht waren mit der Aufschrift: Ich liebe meine treuen Polizisten.

Wüpp, wüpp.

»Und verdammt nochmal, nimmst du uns so wenig ernst, dass du jetzt schon dein Handy mit zu deinen Coups nimmst?«, schrie er wutentbrannt und warf sein Kopf in den Nacken. Noch wollte er sich nicht geschlagen geben und robbte vorwärts.

»Ich bitte vielmals um Verzeihung. Dies war ein kleines Versehen meinerseits«, entschuldigte sich der Meisterdieb vornehm mit einer eleganten Verbeugung. »Beim nächsten Mal habt ihr wieder meine uneingeschränkte Aufmerksamkeit«, versicherte er ihm kühn und musste sich das Lachen verkneifen. Nakamori Ginzo sah im Augenblick einfach zum Schreien aus, so, wie er mit dem pinken Seil und den unzähligen Anhängern verzweifelt auf ihn zu gerobbt kam.

Als ob das was brachte, aber dennoch rechnete er es ihm hoch an, dass er trotz seiner ausweglosen Situation nicht aufgeben wollte. Am besten ich schaue in den nächsten Tagen nicht zum Essen bei den Nakamori’s vorbei, ich glaube, ich könnte vor Lachen nicht das Essen bei mir behalten, lachte er in sich hinein, während auf seiner Miene kein einziger Muskel zuckte.

 

Ein erneuter Blitz erhellte den Nachthimmel und das darauffolgende mächtige Donnergrollen ließ nicht lange auf sich warten.

Ebenso wenig wie die nächste Nachricht.

Wüpp, wüpp.

»Es war heute wirklich schön mit Ihnen, Herr Inspektor, aber dennoch muss ich mich jetzt leider verabschieden. Eine Prinzessin in Not wartet sehnsuchtsvoll auf Ihren Retter«, säuselte er ihm entgegen, als er mit seinen Fingern schnippte und die Fensterscheibe zersplitterte. Mit einem Adieu verbeugte er sich und sprang mit vollem Anlauf aus dem zerbrochenen Fenster. Kurz darauf konnte man nur noch einen weißen Gleiter am düsteren Nachthimmel erblicken und den wütenden Aufschrei eines Inspektors hören, der noch lange, sehr lange den Boden des Museums würde küssen müssen, hatte der Meisterdieb 1412 alle übrigen Polizisten mit einem kleinen Mittelchen schlafen gelegt.

 

Ein Wimmern verließ ihre Kehle und sie hielt sich die Ohren mit ihren Handflächen zu, dennoch konnte sie das Donnergrollen hören, was sie zusammenzucken ließ.

Abermals zückte sie ihr Handy und schrieb verzweifelt eine weitere Nachricht:

Kaito, verdammt nochmal. Wo treibst du dich rum? Es gewittert draußen!

Sie hatte bereits die Vorhänge zugezogen, aber dennoch leuchtete es hin und wieder in ihrem Zimmer auf.

So wie jetzt und das gruselige Grollen folgte sofort.

»Ahhh«, stöhnte sie mit zittriger Stimme ängstlich und sie murmelte sich weiter in ihre Bettdecke hinein. Suchte nach Schutz, befand sie sich schließlich ganz alleine zu Hause. »Wo bist du nur?«, wisperte sie leise und ihre Augen wurden bereits feucht. Sie hatte Angst.

Mit ungeschickten Fingern tippte sie die gefühlte 16 Nachricht an Kaito:

Wo bleibst du? Ich habe Angst... Kaitooooooo...

»Idiot«, murmelte sie mit gedämpfter Stimme und würde sie nicht solch eine Furcht verspüren, wäre ihr ihr Verhalten, was sie gegenwärtig an den Tag legte, mehr als peinlich. Aber daran verschwendete sie zurzeit allerding keinerlei Gedanken.

Früher, als sie im Grundschulalter waren, war Kaito bei einem Gewitter stets bei ihr gewesen. Hatte sie beruhigt. Sie in den Arm genommen und sie mit seinen damals doch recht zweifelhaften und ungeschickten Zaubertricks ablenken können. Gut, sie war jetzt beinahe 19 Jahre alt und müsste eigentlich mit dieser Situation allein zurechtkommen, hatte sie ihn das letzte Mal mit elf Jahren um Hilfe gerufen, was ihr im Nachhinein unangenehm gewesen war, hatte er sie damals Tagelang damit aufgezogen gehabt. Typisch Kaito halt.

Nun, dies hatte allerdings zur Folge gehabt, dass sie bei jedem weiteren Gewitter in den zurückliegenden Jahren sich heulend ans Hosenbein ihres Vaters geklammert hatte, aber der war ebenso wenig da wie besagter Idiot.

Ein erneutes Wimmern drang aus ihrer Kehle empor und ihre Unterlippe zitterte ungehalten.

Wie paralysiert starrte sie auf ihr Handy in der Hoffnung, bald eine Nachricht von Kaito lesen zu können, aber ihr Smartphone blieb zu ihrem Bedauern stumm.

»Verdammter Bakaito!«, verfluchte sie ihn turnusmäßig, damit ihre Gedanken bloß nicht zu sehr auf das Gewitter, das draußen herrschte, fixiert waren, als sie durch ein Klimpern und Knarzen aufschreckte.

Ungewollt ging ihr Blick Richtung Balkon und sie machte hinter ihrem zugezogenen Vorgang einen Schatten aus. Bevor sie reagieren konnte ging in Windeseile die Balkontür auf und wieder zu. Ihr Vorhang wehte einen Moment flatternd nach, eher er sich legte und die Person freigab, die soeben unbefugt ihr Zimmer betrat.

Sprachlos starrte sie ihn an und aus ihren geweiteten Augen las er regelrechte Panik.

Ein selbstherrliches Lächeln umspielte seine Lippen und normalerweise würde Aoko bei diesem Anblick unmittelbar an die Decke springen, allerdings nicht heute.

 

»Hat meine süße Prinzessin etwa Angst vor Gewittern?«

»Ich bin nicht deine Prinzessin«, zeterte sie unüblicherweise leise zurück, aber wenn er hier war, in ihrem Zimmer, dann hieß das doch, dass ihr Vater auch bald zurück nach Hause kommen würde, oder? Ein kleiner Hoffnungsschimmer keimte in ihr auf und wenn er da war, konnte sie ihm heulend um den Hals fallen und ihm danach die Hölle unterm Hintern heiß machen, weil er sich nicht um seine Tochter gekümmert hatte.

Kaito KID legte den Kopf leicht schief und schien sie unter der Krempe seines Zylinders heraus genau zu mustern.

Ein Schauer ging durch ihren Körper und sie konnte diesmal nicht sagen, ob es an seiner  intensiven Musterung lag oder an dem weiteren Donnergrollen, das von draußen an ihre Ohren drang.

»Der Herr Inspektor wird nicht vor Morgengrauen hier auftauchen«.

Ihre Hoffnung zerplatzte wie eine Seifenblase, wie eine Pusteblume im Wind. Sie zog ihre Bettdecke bis zum Hals hinauf und vergrub ihr Gesicht darin.

Wäre sie in ihrem normalen Zustand gewesen, würde sie ihn mit Unmengen von Fragen bombardieren und vor allen Dingen ihm Vorwürfe an den Kopf werfen, da ihr Vater seit seinem Auftauchen in Arbeit versank, nachts kaum noch ein Auge zubekam, wenn der nächste Coup vor der Tür stand und auch zum Abendessen beinahe nie mehr zu Hause war.

Aber das war sie nicht. Sie glich eher einem verängstigen Hundewelpen, der kauernd und bibbernd in der Ecke hockte.

»Kaitooo«, schniefte sie. Dabei fiel ihr das Handy aus der Hand, welches unbeschadet auf ihrer Matratze landete.

 

Kaito zog sich der Magen zusammen, als er seine heimliche Liebe dort wie ein Häufchen Elend sitzen sah und ihn herbeisehnte. Er biss sich auf die Zunge und verfluchte sich innerlich für sein viel zu hektisches Verhalten, hätte er sich zu Hause zunächst umziehen sollen. Aber er war so in Sorge um Aoko gewesen, dass er in seinem Kaito KID Kostüm nun in ihrem Zimmer stand und sich hilflos und fehl am Platz fühlte. Als sein Alter Ego konnte er sich nicht um sie kümmern wie er es als Kuroba Kaito gekonnt hätte. Was hatte er sich dabei nur gedacht? Gar nichts.

 

Ein Blitz erhellte ihr Zimmer für den Bruchteil einer Sekunde und sie quietsche ängstlich auf, als ein markerschütterndes Donnergrollen folgte.

»AH!«

Ihre Finger krallten sich in ihre Bettdecke und ein tränenersticktes Stöhnen erreichte seine Ohren, so dass er keinen weiteren Gedanken mehr an sein Alter Ego verschwendete.

Mit großen Schritten ging er auf ihr Bett zu und setzte sich unmittelbar neben das wimmende Etwas. Bevor Aoko auf irgendeiner Weise protestieren konnte, zog er sie in seine Arme und drückte sie bestimmend an seine Brust, als er sich mit ihr in seinen Armen gegen die Wand hinter sich lehnte.

Sie hielt erschrocken die Luft an und hob leicht ihren Kopf an.

»Nicht«, ermahnte er sie und verdeckte ihre Augen mit seiner behandschuhten Hand, während er sie beschützend in seinen starken Armen hielt. »Lass mich dir deine Angst nehmen«.

Aoko biss sich auf ihre Unterlippe und er konnte ihr Hadern nur allzu deutlich spüren, war sie steif wie ein Brett in seinen Armen.

Verständlich, schließlich umarmte sie gerade der berühmteste Dieb aus ganz Japan, und wenn jede andere Frau dafür über Leichen gegangen wäre, so war sie die Einzige, die ihn von Anfang an nicht ausstehen konnte und ihre Missgunst ihm gegenüber auch in einer Horde von weiblichen KID Fans zur Schau stellte.

Ein Schmunzeln legte sich auf seine Züge, als er an seinen Coup mit der Turmuhr zurückdachte, war sie die Einzige in der jubelnden Meute von Fans gewesen, die an Anti-KID-Schild dabeigehabt hatte.

»Du bist nicht der Mann in dessen Armen ich sein möchte«, hörte er sie flüstern.

»Ich weiß, Prinzessin«, antwortete er und betete sein Kinn auf ihren Haarschopf. »Stell dir einfach vor, ich wäre er. Sobald das Gewitter vorüber ist, wirst du mich nie wiedersehen«.

Er vernahm ein zustimmendes Murmeln und trotzdem spürte er ihre heißen Tränen, die sie still vergoss, sog sich der weiße Stoff seines Handschuhs schließlich voll damit.

Es tut mir leid, Aoko, dachte er betrübt, hielt sie allerdings weiterhin fest.

Als der Donnergott sich erneut zu Wort meldete, schreckte sie in seiner Umarmung regelrecht zusammen und krallte sich in den blauen Stoff seines Hemdes fest; dabei presste sie ihr Gesicht von alleine in seine Halsbeuge und kniff fest ihre Augen zusammen.

»Ssccht«, versuchte er sie zu beruhigen. Er legte seine Hand auf ihren Hinterkopf, kraulte währenddessen zärtlich ihren Haaransatz im Nacken und fuhr ihr gleichzeitig tröstend über den bebenden Rücken. Seine Handlung zeigte die gewünschte Wirkung und ihre Anspannung löste sich, lehnte sich ihm nahezu entgegen und das Wimmern versiegte.

 

Es war Mucksmäuschen still in ihrem Zimmer, während sie sich von dem Feind ihres Vaters trösten ließ und sich dabei vorstellte es wäre Er.

Bildete sie sich das jetzt nur ein oder hatte er nun auch seinen wohligen Duft angenommen?

»Ist das irgendein Zaubertrick?«, hauchte sie ihm fragend gegen sein Schlüsselbein und hatte die Augen genießerisch geschlossen.

»Was meinst du, Prinzessin?«, erwiderte er fragend und fuhr mit seiner Hand zärtlich über ihre Schulterpartie.

Ein genießerisches Seufzen verließ ihre Lippen, was bei ihm eine Gänsehaut auslöste. Just in dem Moment verfluchte er sich umso mehr, dass er sie nicht als Kuroba Kaito in den Armen hielt. Das wäre die perfekte Gelegenheit gewesen.

»Dass du riechst wie er... so angenehm … so schön«, kam es murmelnd von ihr und er merkte, wie sie in seinen Armen erschöpft einschlief.

Vorsichtig, damit er sie nicht wieder aufweckte, lockerte er seine Umarmung und legte sie sachte auf ihr Bett; betete ihren Kopf behutsam auf ihr weiches Daunenkissen.

Er zog sich mit seinen Zähnen seinen noch von ihren Tränen feuchten Handschuh von den Fingern und strich ihr einige braune Strähnen aus dem Gesicht, welches er einen Augenblick stumm musterte und mit seinen Fingerkuppen hauchzart ihre Konturen nachfuhr.

»Verzeih mir, meine hübsche Prinzessin«, wisperte er und hauchte ihr einen liebevollen Kuss auf die Stirn. »Beim nächsten Mal werde ich da sein!«

 

Ende

 



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