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Beautiful Behavior

von

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Nachbesprechung

Shuichi war nicht der einzige Agent, der die Nacht durchgearbeitet hatte. Es machte ihm aber auch nichts aus, was daran lag, dass er schon häufiger nachts seine Informationen kontaktieren musste oder ihn ein Fall nicht mehr losließ. Das Verbrechen schlief nicht und er passte sich seinem Rhythmus an.

Akai betrat den kleinen Besprechungsraum im Krankenhaus, den Agent Decker für die kleine Gruppe gemietet hatte. Sie hatten sich nahezu in der Nacht dort eingenistet, um die Ermittlungen fortzuführen. Nun hatten sie sich zu einer außerordentlichen Besprechung versammelt – Agent Camel, Montgomery, Fallon, Jackson, Black und Decker. Shuichi blickte in die Runde und nickte zur Begrüßung. Er setzte sich auf einen freien Stuhl und holte sein Notizbuch heraus. Nicht dass er es brauchte, aber es war bei den Vorgesetzten und den Anwälten gern gesehen, dass man sich Notizen machte und seine Erkenntnisse oder andere wichtige Fragestellungen aufschrieb. Die Notizbücher zu den Fällen wurden zusätzlich archiviert und konnten bei Rechtstreitigkeiten verwendet werden. Außerdem halfen sie als Gedankenstütze, wenn man seinen Bericht schrieb. Ein leeres Notizbuch hieß nicht, dass man sich weniger Mühe bei der Arbeit gab, aber einige Parteien empfanden es trotzdem so.

Agent Decker schaute zu seinen Kollegen. „Danke, dass Sie es alle heute früh eingerichtet haben. Ich weiß, es war für Sie alle gestern Abend nicht einfach und Sie mussten ihre eigentlichen Pläne auf Eis legen. Mittlerweile ist uns allen klar, dass sich die Ereignisse überschlagen haben, und wir müssen uns darauf wappnen, dass die Organisation ein weiteres Mal zuschlagen wird. Ihren ersten Schritt haben Sie bereits getan.“ Er sah zu James. „James, beginnst du zu berichten?“

Der Agent nickte. Er wirkte niedergeschlagen und um Jahre gealtert. Die gesamte Situation setzte ihm zu und er war die ganze Nacht bei Jodie. „Agent Akai hat uns gestern über einen Anschlag auf Jodie Starling informiert. Sie wurde angeschossen und liegt jetzt auf der Intensivstation. Während der Operation erlitt sie einen Herzstillstand und musste wiederbelebt werden. Sie hat viel Blut verloren und ihr Körper ist schwach. Die Ärzte sind aber guter Hoffnung. Ed Sherman – ein Privatermittler, den ich damals mit der Suche nach Jodie betraut habe - ist bei ihr. Zusätzlich haben wir einen Agenten vor ihrer Tür positioniert. Das Krankenhauspersonal hat die Anweisung nur bestimmte Personen zu ihr zu lassen. Noch ist sie nicht zu Bewusstsein gekommen, aber wenn es soweit ist, wird sie nicht alleine sein.“

Agent Fallon runzelte die Stirn. „Ich habe bereits gestern Abend mitbekommen, dass die Frau gefunden wurde, aber die Information wurde noch nicht bestätigt. Und ehrlich gesagt wundert mich ihr Erscheinen.“

„Ich bestätige es jetzt“, entgegnete James.

„Gestern war der Geburtstag ihres Vaters“, begann Shuichi. „Aus diesem Grund war ich auf dem Friedhof und habe gewartet, dass sie dort erscheint. Die Chancen standen sehr gering, aber schließlich habe ich sie dort gefunden. Sie ist vor mir weggelaufen und ich bin ihr gefolgt, bis ich in der Nähe der Detektei von Mr. Sherman war. Ich hatte schon früher versucht Informationen über den damaligen Suchauftrag zu erhalten, aber ohne die Einwilligung von Agent Black war dies nicht möglich. Da mir Jodie gestern entkommen ist, suchte ich die Detektei ein weiteres Mal auf. Sherman gestand schließlich, dass er Jodie seinerzeit gefunden und nach New York gebracht hatte. Er bekam Mitleid mit ihr und dem, was ihrer Familie passiert war. Aus diesem Grund wollte er ihr helfen und hat sie versteckt. Zwei Jahre waren nicht geplant, der Rest hatte sich ergeben. Wie wir mittlerweile wissen, wurde die Detektei verwanzt. In Jodies Wohnung habe ich allerdings keine Wanzen gefunden.“

„Das stimmt“, gab James von sich. „Sherman hat mir das Gleiche erzählt. Sie hat bei ihm gearbeitet und ihr Studium aufgenommen.“

„Sie war also die ganze Zeit über in New York und keiner hat davon erfahren?“

„Jodie wurde nie offiziell als Verschwunden gemeldet“, warf Akai ein. „Sie kann sich überall frei bewegen.“

„So ist es. Sie war in der Nähe und ich hab es nicht bemerkt. Ihr wurde genau eingebläut, wie sie sich zu verhalten hat und sich am besten versteckt“, murmelte James, so als wäre es eine Kritik an ihm selbst.

„Was ist mit der Schusswunde?“, wollte Shuichi wissen.

„Es war ein Durschuss. Nach den Ärzten ist das Projektil in ihren Rücken eingedrungen und vorne ausgetreten.“

„Verstehe“, murmelte der Agent. „Die Patronenhülsen am Tatort sprechen eine andere Sprache. Wenn man danach geht, war die Eintrittspforte der Bauch. Allerdings habe ich bemerkt, dass die Balkontür offenstand. Und es gab eine Absplitterung an der Tür, sehr frisch. Den Partikel habe ich eingesammelt. Es wäre möglich, dass sich auf der gegenüberliegenden Straßenseite ein Schütze positioniert hat. Er hat seine Spuren allerdings verwischt. Ich konnte auf dem Dach keine Hinweise finden. Es ist nicht ausgeschlossen, dass er sich in einer der Wohnungen befand, zu der ich keinen Zutritt habe. Vermutlich hat ihr die Balkontür das Leben gerettet. Wenn meine Theorie stimmt, hat die Kugel die Balkontür um wenige Millimeter berührt und dadurch einen kleinen Wechsel im Kurs erfahren.“

Black schluckte. „Es war also ein gezielter Anschlag auf sie.“

„Ja“, nickte Shuichi.

„Ich habe…gestern Nachmittag mit Roy Tripton gesprochen. Er hat mir erzählt, dass er und Jodie ein Paar waren und er ihr bei der Flucht aus New York geholfen hat.“ James sah zu Akai. „Ihnen hat er das gleiche erzählt, nicht wahr?“

Akai nickte erneut. „Ich habe ihm gesagt, dass er Ihnen selbst die Wahrheit erzählen muss.“

„Das hat er auch gesagt“, sprach James. „Er hat mir noch mehr erzählt. Bevor er zum FBI kam, hat er einen Mann getroffen und…ein wenig geprallt. Seitdem wird er erpresst. Er wollte Jodie damals in Sicherheit wissen und hat ihr deswegen dazu geraten, ein neues Leben anzufangen. Dann ist Jodie aber ohne sein Wissen verschwunden und er wurde wieder kontaktiert. Tripton gibt an, dass es nicht immer die gleiche Person war. Aber es handelte sich immer um Männer. Jedenfalls wollten sie, dass er sich meldet, wenn Jodie wieder auftaucht. Vor einigen Tagen haben sie sich wieder bei ihm gemeldet und ihm mitgeteilt, dass sie wüssten, wo sich Jodie befindet und…dass sie…“

„Das sie sie umbringen wollen?“, kam es von Decker.

„Ja…scheinbar spielen sie mit Tripton. Ich vermute, dass es sich dabei um die Organisation handelt.“

Shuichi kniff die Augen zusammen. Er hatte nicht alles von Roy erfahren und das ärgerte ihn. Hätte er damals nur noch weiter gefragt. „Wenn ich das gewusst hätte…“

„Das war nicht Ihre Schuld. Er hat es sehr gut verschleiert.“ James seufzte.

Camel hob die Hand. „Wo wir bei Agent Tripton wären…“

Die Blicke richteten sich auf ihn.

„Ich sollte mich zusammen mit Agent Montgomery um die Sicherung der Beweise in der Wohnung und dem Notruf kümmern. Als erstes haben wir uns mit der Tatwaffe auseinandergesetzt und die Seriennummer überprüft. Die Waffe gehört Roy Tripton.“

„Was?“

„Wir haben die Daten sicherheitshalber doppelt überprüft“, antwortete Montgomery. „Und es gibt auch Fingerabdrücke, die von ihm sind. Allerdings…haben wir von Jodie Starling Fingerabdrücke auf dem Abzug gefunden. Und ein drittes Paar…vermutlich Sharon Vineyard. Ihre Fingerabdrücke sind nicht bei uns im System, daher ist das nur eine Mutmaßung.“

„Wir sind alle möglichen Szenarien durchgegangen, aber…vermutlich hat Jodie tatsächlich geschossen“, fügte Camel hinzu. „Es wurden insgesamt zwei Schüsse aus der Waffe abgegeben. Die Patronenhülsen stimmen mit den Kugeln, die verwendet wurden, überein.“

„Das kann nicht sein“, entgegnete James. „Laut Sherman hat Jodie mit Waffen ein Problem. Sie kriegt Panikattacken und kann sie nicht einmal in der Hand halten. Es ist unmöglich, dass sie die Waffe angefasst hat.“

„Die Beweise sind eindeutig“, murmelte Decker. „Was haben Sie noch, Agent Camel.“

„Der Notruf wurde von einem Nachbarn abgesetzt. Wir konnten ihn noch nicht befragen, weil er bislang nicht in der Wohnung war. Wir haben die Originaldatei des Notrufs erhalten und uns angehört. Sie klingt plausibel. Nachdem der Notruf einging, wurden zwei Rettungswagen losgeschickt. Der erste Rettungswagen kam um 18:05 Uhr an und hat sich um Sharon Vineyard gekümmert. Laut erstem Bericht waren ihre Verletzungen gravierender. Ein Sanitäter blieb zurück und sollte auf den zweiten Rettungswagen warten. Dieser kam um 18:18 Uhr.“

„Das stimmt“, sagte Shuichi. „Der Sanitäter hieß Matt Browning und hat versucht die Blutung zu stoppen. Auch er gab an, dass Jodies Verletzung auf den ersten Blick nicht so schlimm aussah.“

Agent Decker nickte verstehend. „Ich habe Matt Browning überprüft. Es gibt ihn wirklich und er hatte auch heute Abend Dienst. Allerdings habe ich die Information erhalten, dass er zu jenem Zeitpunkt bei einem anderen Notfall war…und in einem anderen Krankenhaus. Es gibt Videomaterial vom Außengebäude des anderen Krankenhauses.“

„Das war geplant…“

„Vermutlich. Ich habe mir das Videomaterial vom Außengebäude der Notaufnahme angesehen. Als er aus dem Krankenwagen stieg, hielt er den Kopf nach unten gesenkt. Er wusste, dass die Kameras ihn aufnehmen und wollte nicht identifiziert werden. Danach ist er verschwunden.“

„Verdammt“, entgegnete James.

„Wir lassen nicht locker und werden seine Identität noch herausfinden.“

„Alles sehr verworren“, murmelte Agent Montgomery. „Und es wird noch schlimmer. Es gibt auch ein Notizbuch.“

„Mhm?“

„Es lag auf dem Tisch“, entgegnete Camel. „Jodie scheint derzeit japanisch zu lernen, was uns doch verwundert hat.“

„Nicht wirklich“, unterbrach Akai. „Jodie hat das Interview mit Sharon Vineyard gesehen. Sie wusste, dass die Schauspielerin die letzten Jahre in Japan war und dort viele Freunde hatte. Ich vermute, sie wollte zumindest ein wenig die Sprache können. Das passt auch dazu, dass Jodie am Friedhof vor mir geflohen ist. Sie muss mich für einen Verbündeten von Sharon Vineyard gehalten haben.“

„Oh…“

„Ich habe das Notizbuch in der Wohnung nur durchgeblättert. Was stand dort drin?“

„Es war eine Art Tagebuch“, fing Camel an. „Jodie hat sich viele Notizen gemacht. Es beginnt mit ihrem Leben in New York und zu dem Tag, als sie das Interview mit Sharon Vineyard gesehen hat. An der Stelle werden ihre Einträge verwirrend, so als wäre sie sich selbst nicht sicher. Wie es aussieht, hat Jodie die Schauspielerin in den letzten Tagen beobachtet. Es stand viel zu den Drehabläufen darin oder wann sie ins Hotel kam. Außerdem viele Wünsche…Gedanken und…scheinbar hat sie sich auch mit Roy Tripton getroffen.“

„Was? Das kann nicht sein. Tripton hat davon nichts gesagt.“

„So steht es in dem Notizbuch. Sie hat…scheinbar ihre Rache an Sharon Vineyard geplant und sie in ihre Wohnung gelockt, in dem sie ihr gedroht hat. Tripton wollte helfen. Das wirft allerdings die Frage auf, warum er nicht auch in der Wohnung war.“

„Er war zu diesem Zeitpunkt bei mir.“ James seufzte. „Das würde Jodie nie tun. Sie…sie hat die Einträge sicher nicht geschrieben.“

„Wir haben uns in der Wohnung nach anderen Unterlagen von ihr umgesehen. Auch wenn wir keine Experten in Handschriften sind…die Einträge sehen nach Jodies Handschrift aus.“

Black schluckte. „Nein…“

„Wir können von Glück reden, dass wir den Fall übernommen haben.“ Shuichi verschränkte die Arme vor der Brust. „Sie wollen sie fertig machen. Jodie soll in den Fokus der Ermittlungen geraten. Vielleicht dient es auch der PR für den neuen Film, aber auch wenn nicht... Jodie soll als Täterin denunziert werden.“

„Als Mörderin“, entgegnete Agent Jackson.

Nun richteten sich die Augenpaare auf ihn. „Was soll das heißen?“

„Fallon und ich waren im Krankenhaus und haben mit dem Arzt gesprochen. Sharon Vineyard ist auf dem Weg ins Krankenhaus verstorben. Wir haben uns den Bericht des Arztes genauer angesehen. Der Todeszeitpunkt war 18:20 Uhr. Sie hat viel Blut verloren und einige innere Organe waren schwer verletzt. Sie hatte keine Chance, die Schusswunde war tödlich. Wir sind nachher im Leichenschauhaus und sehen uns die Leiche an. Allerdings…“

„Allerdings?“

„Es ist bereits in die Medien durchgesickert. Die Zeitungen schreiben davon.“

„Verdammt…“

Shuichi biss sich auf die Unterlippe. „Das NYPD war vor Ort. Sie haben zwar nur Jodie vorgefunden, werden aber bestimmt auch eigene Ermittlungen anstellen. Und wenn sie eins und eins zusammenzählen, müssen wir uns darauf gefasst machen, dass sie uns Nachlässigkeit vorwerfen. Wie ich die Organisation einschätze, werden sie dem NYPD einen Tipp geben.“

„Ich werde mit meinen Vorgesetzten sprechen“, sagte Agent Decker. „Wir dürfen nicht zulassen, dass Jodies Name durchsickert. Wenn sie die ganze Welt für eine Mörderin hält, wird ihr Leben zerstört sein.“

„Wie ist unser weiteres Vorgehen?“, wollte Camel wissen.

„Fallon und Jackson werden sich im Leichenschauhaus vergewissern, dass es sich bei der Toten tatsächlich um Sharon Vineyard handelt. Camel und Montgomery kümmern sich um das NYPD. Bieten Sie ihnen an, dass wir Informationen teilen, aber verraten Sie nicht alles. Akai und Black kümmern sich weiterhin um Jodie. Außerdem sollten sie mit Tripton sprechen. Wir brauchen Aussagen. Ich kümmre mich um das Krankenhaus und die Medien. Haben alle Ihre Aufgaben verstanden?“

Die Runde nickte.



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