Es ist Takao.
"Erklär es mir nochmal", fordert Kai Hiromi auf, während er ihr – endlich – erfolgreich die schwere Tasche voller Einkäufe und Deko-Artikel von der Schulter nimmt. Er ignoriert ihren finsteren ‘Das kann ich alleine, du Macho!’-Blick und hievt sich die Jutetasche mit WBBA-Logo auf seine Schulter, nicht ohne einen ‘Das wissen alle, lass mich dir helfen’-Blick zurückzuwerfen. "Warum muss das jetzt unbedingt eine Überraschung sein?"
Hiromi, von der Frage überrascht, vergisst, ihm mit ihrem patentierten Haar-Flip zu antworten. Ihr Temperament beruhigt sich wie das Meer nach einem Gewitter und sie zuckt mit den Schultern. "Weil es Takao ist", erklärt sie schlicht.
Natürlich ist es Takao. Es ist so einfach, auch wenn Kai das manchmal nicht glauben kann. Er schmunzelt, verdreht wohlwollend die Augen. “Ich glaube trotzdem immer noch, dass das eine dumme Idee ist. Du kennst Takao: Er will immer mit anpacken.”
“Deswegen ist es ja auch eine Überraschung.”, erwidert Hiromi so resolut und mit einem ihrer entschlossenen Feuerblicke, dass Kai seine nächste Erwiderung runterschluckt. Er brummt – ein Zeichen, dass diese Diskussion für ihn noch nicht abgeschlossen ist, was Hiromi ignoriert – und geht weiter schweigend neben Hiromi her.
Der Weg zum Kinomiya-Dojo steckt ihm so tief in den Knochen, dass es sich anfühlt, als wären es nur Minuten und nicht die halbe Stunde, die man von Kais Wohnung aus zu ihm braucht. Hiromi scheint es ähnlich zu gehen - sie verbringt beinahe noch mehr Zeit hier als Kai, sofern das überhaupt möglich ist, jetzt noch mehr als früher.
Sie bleiben vor dem Tor zum Dojo stehen. Das Holztor ist, anders als sonst um diese Zeit, geschlossen, dahinter ist es still. Die Bonsais von Kinomiya Ryou, um die sich inzwischen hauptsächlich Takao kümmert, machen schließlich keinen Lärm.
Hiromi atmet hörbar aus; die Atemwolke verschwindet in den schmutzig-weißen Himmel. “Was, wenn Takao es nicht mag?”, fragt sie dann, und das ist sonderbar. Hiromi zweifelt nicht. Wenn sie sich einmal etwas in den Kopf gesetzt hat, zieht sie es durch, ohne Rücksicht auf Verluste. (Meistens hat das etwas Gutes, sonst wären Kai und Takao und Hiromi jetzt nicht Kai-und-Takao-und-Hiromi, sondern nur-Kai, und vielleicht Takao-und-Hiromi. Und wenn es nichts Gutes bringt, nun … Hiromi nennt es selbst einen Lerneffekt.)
Kai nimmt ihre Hand in seine, bevor sie wieder auf ihrem Daumennagel herumkauen kann, der ohnehin schon zu kurz ist. Er drückt einmal zu; ein Zeichen, dass er da ist.
Hiromi seufzt. “Ich will ja nur, dass er sich freut!”
“Hiromi”, Kai macht einen Schritt nach vorn, um sich zwischen sie und das geschlossene Tor zum Dojo zu schieben. “Es ist Takao.”
“Aber–”
“Es gibt kein Aber”, erklärt Kai schlicht. “Es ist Takao.”
Das zaubert ein Lächeln auf Hiromis Lippen und sie strafft die Schultern. “Na dann mal los”, murmelt sie, während sie Kai zum Holztor des Kinomiya-Dojos zieht.