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366 Tage - 366 Geschichten

366 Tage Challenge 2024
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08.02.2024 - Verknöchert

“Was ist Morbus Forestier?” Fragend sah Sandro den Mann mit dem weißen Arztkittel an. Er hatte kein Wort von dem verstanden, was dieser von sich gegeben hatte und lediglich diese beiden Wörter waren hängen geblieben.

Schon seit Monaten plagten ihn Schmerzen in den Armen und Schultern und es gab Tage, an denen er seine Arme nicht einmal mehr heben konnte. Seine Frau hatte ihn förmlich dazu gedrängt, endlich einen Arzt aufzusuchen, aber von dem, was der Arzt ihm gesagt hatte, hatte er nur die Hälfte verstanden.

“Morbus Forestier ist eine degenerative, durch Verschleiß bedingte Wirbelsäulenerkrankung. Bei Patienten mit dieser Erkrankung verknöchert die Wirbelsäule zunehmend an der Vorderseite. Die Ursache dafür ist unbekannt”, entgegnete der Arzt, woraufhin Rudi sich sofort die schlimmsten Dinge ausmalte. Vor seinem inneren Auge sah er sich selbst, bewegungsunfähig und fast zu Stein erstarrt. Und er sah seine Frau, wie sie ihn in einem Rollstuhl durch die Gegend schieben oder sogar noch füttern und anderweitig versorgen musste, weil er seine Gliedmaßen nicht mehr bewegen konnte.

“Das hört sich alles erst einmal viel schlimmer an, als es eigentlich ist”, drang nach ein paar Minuten die Stimme des Arztes zu ihm durch und Sandro blinzelte kurz, um wieder Herr seiner Sinne zu werden.

“Wie lange habe ich noch?”, wollte er wissen, wodurch der Arzt ihn verwirrt ansah. “Was meinen Sie damit? Wie lange habe ich noch?”

“Wie lange habe ich noch, bis mein Körper vollkommen verknöchert ist und ich ein sabbernder Etwas von?”, entgegnete Sandro, woraufhin sein Gegenüber direkt den Kopf schüttelte.

“Sie werden damit mit Sicherheit noch eine ganze Weile lang leben können. Es gibt genügend Therapiemöglichkeiten”, versuchte der Mann in Weiss ihn davon zu überzeugen, dass die Entdeckung dieser Krankheit nichts war, was gleich auf einen frühen Tod hindeutete.

“Und was soll das sein? Sie haben doch selbst gesagt, dass meine Wirbelsäule auf Dauer verknöchern wird und ich mich irgendwann gar nicht mehr bewegen kann”, behaarte Sandro auf seiner Meinung. Der Arzt schüttelte ein weiteres Mal den Kopf und fuhr sich mit einer Hand über das Gesicht.

“Das habe ich so nie gesagt. Sie müssen allerdings auch etwas dafür tun, dass es gar nicht erst so weit kommt. Massagen, Physiotherapie oder Akupunktur und sogar Elektrotherapien, es gibt so viele Möglichkeiten. Ich gebe Ihnen gerne die passenden Informationen dazu mit. Sie können sich mit ihrer Frau und der Familie beraten, was für sie die beste Therapiemöglichkeit ist und dann machen wir einen neuen Termin aus”, schlug der Arzt ihm vor und kramte bereits ein paar Broschüren aus seiner Schreibtischschublade.

“Und was, wenn es bis dahin schlimmer geworden ist?”, wollte Sandro sofort wissen und rieb sich reflexartig über den Oberarm.

“So schnell passiert das nicht und bis Ende der Woche ist das ganz sicher nicht der Fall”, wiegelte der Angesprochene ab und reichte Sandro die Unterlagen. Kurz zögerte dieser, bevor er danach griff.

“Ich .. rede mit meiner Frau darüber und dann rufe ich zwecks eines Termins an”, versprach er nach einer erneuten Aufforderung des Arztes und lief anschließend aus der Arztpraxis. Er war nicht einmal vierzig und sein Körper war kurz davor zu verknöchern. Das konnte er doch unmöglich zulassen, oder? Dagegen musste er doch etwas tun? Aber was?

Er wusste, dass er sich damit nur auseinandersetzen konnte, wenn er mit seiner Frau darüber sprach. Sie war seine erste Anlaufstelle, sie war seine größte Stütze. Und sie würde es auch immer sein, egal wie sich sein Leben in den nächsten Jahren entwickeln würde. Und auch sein Körper.



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