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366 Tage - 366 Geschichten

366 Tage Challenge 2024
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18.02.2024 - schießen

“Kannst du nicht wenigstens so tun, als würdest du ehrlich lächeln? Wie soll ich denn sonst ein vernünftiges Foto schießen?”, tadelte Marianne ihre Tochter Annalena und ließ die Kamera sinken, die sie in der Hand hielt. Das Mädchen stand mit einem Gesichtsausdruck der Bände sprach, neben ihrem Bruder Leon und hatte zusätzlich die Arme vor der Brust verschränkt. Vor ein paar Wochen hatte der Freund Annalenas mit ihr Schluss gemacht und seitdem war die junge Frau am Boden zerstört. Es war nicht so, dass Marianne sie nicht verstehen konnte, immerhin war sie auch einmal jung gewesen, aber diese Fotos waren unglaublich wichtig für Marianne und da wollte sie nicht, dass ihre Tochter wie ein Trauerkloß zu sehen war.

“Warum musst du denn überhaupt diese Fotos schießen?”, erwiderte Annalena, ohne auf die Worte ihrer Mutter einzugehen. Sie stand schon seit über einer halben Stunden neben ihrem Bruder im Garten hinter dem Haus und hatte keine Zeit, überhaupt hier draußen zu sein. Stattdessen wollte sie sich in ihrem Zimmer verkriechen und sich den Erinnerungen an ihre vergangene Beziehung hingeben.

“Weil Oma nächste Woche Geburtstag hat und du weißt doch, dass sie jedes Jahr ein Geburtstagskarte mit einem Foto von euch bekommt. Sie wünscht sich das, also soll ihr dieser Wunsch auch erfüllt werden. Wer weiss, wie lange Mama noch da ist”, entgegnete Marianne und diesmal konnte sie sogar sehen, dass Annalena direkt die Schultern hängen ließ.

Zumindest für einen kurzen Moment, denn anschließend richtete sie sich direkt wieder auf und das Strahlen, dass sich auf dem Gesicht ihrer Tochter bildete, war Marianne fast ein wenig unheimlich. Dennoch nutzte sie die Gunst der Stunde und schoss ein paar Bilder. Sobald sie fertig war, sank Annalena wieder in sich zusammen und wollte eigentlich wieder in ihrem Zimmer verschwinden.

“Spielst du Fußball mit mir?” Die Stimme ihres neunjährigen Bruders ließ sie innehalten und obwohl sie kurz zögerte, stimmte sie ihm schließlich zu. “Was hälst du davon, wenn wir hier in der Nähe auf den Sportplatz gehen? Damit du nicht noch eine von Mamas Vasen kaputt machst?”, kicherte sie kurzzeitig, als sie sich daran erinnerte, was passiert war, als sie das letzte Mal im Garten Fußball gespielt hatten.

“Auja!”, jauchzte Leon direkt und lief direkt ins Haus, um den Fußball aus seinem Zimmer zu holen. Marianne sah ihm kurz nach, bevor sie sich wieder ihrer Tochter zuwandte und sie sanft anlächelte.

“Das wird nicht nur ihr gut tun”, richtete sie das Wort an ihre Tochter und strich ihr mit einer Hand leicht durch die Haare. “Und wenn du dich abreagieren willst, dann stell dir vor, du würdest ihn damit auf den Mond schießen, wenn du gegen den Ball triffst”, schob sie hinterher und konnte sehen, dass sich ein Lächeln auf Annalenas Lippen legte. “So hoch und weit kann ich gar nicht schießen”, antwortete das Mädchen und sah zu ihrem Bruder, als er wieder in den Garten trat. Er trug gleich zwei Fußbälle unter seinem Arm und sah zu seiner Schwester auf.

“Fertig”, tat er euphorisch kund und lief weiter in Richtung Gartentor, wohin Annalena ihm wenig später folgte. Vielleicht würde es ihr ja wirklich gut tun, wenn sie nicht nur Zeit mir ihrem Bruder verbrachte, sondern auch mit jedem Schuß ins Tor, ihre Gefühle von sich wegschieben konnte. Oder eher schießen.



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