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366 Tage - 366 Geschichten

366 Tage Challenge 2024
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24.02.2024 - ausgefranst

“So kannst du unmöglich zum Geburtstag meiner Mutter gehen!” Amelie hatte die Arme vor der Brust verschränkt und sah ihren Freund Fynn kopfschüttelnd an. Ihr Blick glitt an ihm herab und anschließend wieder nach oben. Der Schwarzhaarige trug eine Jeans, die total ausgefranst war und mehrere Löcher aufwies. Die Jacke, die er dazu trug, hatte Fransen am unteren Bund und war im Stil einer Cowboy Jacke gehalten.

“Du hast doch selbst gesagt, ich soll etwas anziehen, in dem ich mich wohl fühle”, hielt Fynn dagegen und zwar ebenso kurz um sich runter.

“Ich weiß, was ich gesagt habe, aber ich hätte nicht gedacht, dass du wieder letzte Penner rumlaufen würdest. Und ich mich für dich schämen muss, noch bevor wir die Wohnung überhaupt verlassen haben.”

Bei den Worten seiner Freundin klappte Fynn die Kinnlade nach unten und erstarrte sie einen Moment lang fassungslos an.

“Wenn du dich so sehr für mich schämst, wäre es vielleicht besser, wenn ich gleich zu Hause bleibe”, antwortete er und Tabak nicht einmal, wie sehr ihn die Worte Amelies verletzten.

“Ich will doch nur nicht, dass meine Eltern einen schlechten Eindruck von dir bekommen”, entgegnete Amelie und strich sich die Haare nach hinten.

“Entweder sie akzeptieren mich wie ich bin oder eben nicht. Ich fühle mich wohl in dieser Jacke und du weißt ganz genau, welche Bedeutung sie für mich hat. Und außerdem kennen mich deine Eltern, ich verstehe nicht, warum es dir plötzlich so wichtig ist, dass sie einen guten Eindruck von mir haben.” Er seufzte kurz und ließ Amelie schließlich einfach stehen, indem er wieder im Schlafzimmer verschwand. Die Jacke war eine Erinnerung an seinem Vater und war ihm mehr wert als jeden Cent, den er zusätzlich geerbt hatte.

Amelie war schon seit über zwei Jahren seine Freundin und hatte ihn schon oft in dieser Jacke, zusammen mit der ausgesuchten Jeanshose gesehen, aber noch nie hatte sie ihn deswegen kritisiert.

Frustriert ließ er sich auf dem Bett nieder und zuckte leicht zusammen, als er das Klappen der Wohnungstür hörte. War Amelie jetzt tatsächlich ohne ihn gegangen?

Als er sich wieder erhob, um nachzusehen, fand er die Wohnung tatsächlich leer vor. Amelie war gegangen und er fühlte sich einmal mehr verletzt.

Mit einer Hand fuhr er sich über das Gesicht und zog sich die Jacke anschließend wieder aus, um sie im Schlafzimmer wieder in den Schrank zu hängen. Wenn Amelie nicht wollte, dass er mitkam, brauchte er auch nicht angezogen bleiben. Zumindest nicht mit Jacke und Schuhen.

Zurück im Wohnzimmer nahm er sich die Fernbedienung und schaltete den Fernseher ein. Eher lustlos verfolgte er eine der Sendungen, die über den Bildschirm flimmerten.

Als es klingelte, erhob er sich und lief in den Flur. Nach einem Blick durch den Spion öffnete er verwundert die Tür. Vor ihm stand sein Schwiegervater und er trug eine nahezu identische Jacke zu der, die er gerade zurück in den Schrank gehängt hatte.

“Was machst du denn hier?”, hakte er verwundert nach und gerade an die Seite, um seinen Schwiegervater in die Wohnung zu lassen.

“Amelie hat uns erzählt, dass du nicht mitkommst.”

“Hat sie dir auch den Grund dafür gesagt oder nur erwähnt, dass ich nicht mitkomme?”, wollte Fynn wissen, woraufhin sein Schwiegervater kurz mit den Schultern zuckte. “Sie meinte, du hättest keine Lust und würdest lieber Fußball gucken wollen.”

“Das hat sie gesagt?” Fassungslos sah Fynn seinen Besucher ein weiteres Mal an, bevor er den Kopf schüttelte und ins Schlafzimmer lief, um die Jacke aus dem Schrank zu holen.

“Sie wollte nicht, dass ich diese Jacke anziehe, weil ich damit einen schlechten Eindruck bei euch machen könnte. Angesichts der Jacke, die du trägst, verstehe ich das allerdings noch weniger”, sprach er seinen Schwiegervater an und schlüpfte in die Jacke.

“Vielleicht wollte sie vermeiden, dass ich mit dir über deinen Vater rede”, erwiderte der Ältere mit einem Schulterzucken, woraufhin Fynn verwirrt blinzelte. “Wie meinst du das?”

“Dein Vater war mein bester Freund, uns verbindet eine gemeinsame Vergangenheit." Verblüfft schüttelte Fynn kurz den Kopf. “Davon hast du mir nie etwas erzählt und er zu Lebzeiten auch nicht”, entgegnete er leise und lehnte sich gegen die Couch. Er wusste zwar, dass sein Vater einen besten Freund gehabt hatte, mit dem er schon länger keinen Kontakt gehabt hatte, aber dass es sich dabei ausgerechnet um den Vater seiner Freundin handelte, hatte er nicht gewusst.

“Was hälst du von einem Bier? Auf dem Geburtstag meiner Frau? Und keine Sorge, Amelie wird akzeptieren, dass du dort in dieser Jacke auftauchst, dafür sorge ich”, hörte er schließlich die Stimme seines Schwiegervaters, woraufhin Fynn nach kurzem Zögern nickte. Ein Bier konnte er jetzt definitiv gebrauchen und mit Amelie wollte er eh reden, denn er hasste es, wenn sie sich stritten. Selbst dann, wenn es nur um eine alte, ausgefranste Jacke ging.



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