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Rosen und Lavendel

von

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Sich um andere zu sorgen

Es kam hin und wieder vor, dass Vanitas nachts nicht ins Hotel zurückkehrte. Manchmal aus einem Streit heraus, manchmal einfach so, ohne dass er Noé eine Begründung dafür gab. Aber nun war schon der zweite Morgen angebrochen an dem der Vampirdoktor nicht zurückgekehrt war und Noé begann sich ehrlich zu sorgen. Es würde zu Vanitas passen einfach zu verschwinden, aber… Ihre Unterhaltung zwei Nächte zuvor. Er machte auf Noé nicht den Eindruck, als ob er ihn wirklich nicht mehr sehen wollte. Ob Vanitas zu Jeanne gegangen war?

Das wäre nur natürlich, oder? Die beiden waren sowas wie ein festes Paar. Aber… Das würde bedeuten, dass Jeanne immer noch in Paris war. Menschen hatten keinen Zutritt im Schloss von Altus Paris und… Dann hätte Vanitas doch etwas gesagt, oder? Allein um es ihm unter die Nase zu reiben…

Noés Fäuste ballten sich auf dem hölzernen Tresen unter ihnen und eine kalte Glut schien in seiner Brust zu brennen. War das… Eifersucht? Nein, das würde ja bedeuten, dass er in Vanitas… Er machte sich einfach nur Sorgen um seinen Partner, das war alles.

 

„Brauchen Sie einen Stadtplan, Monsieur Noé?“

 

Die sanfte Stimme von Mademoiselle Amelia riss ihn aus seinen Gedanken. Er hatte sie gefragt, ob Vanitas sich bei ihr gemeldet hatte.  Sachte schüttelte er den Kopf.

„Danke, ich schaffe das schon ohne.“

Wieso dachten nur alle, dass er sich ohne eine Karte in Paris nicht zurechtfinden würde? Vanitas war doch derjenige, der ständig verloren ging. Und so vielleicht auch dieses Mal. Er musste ihn unbedingt suchen gehen.

Das leise Bimmeln der Türglocke richtete Noés Aufmerksamkeit auf den Eingangsbereich. Er traute seinen Augen nicht, als er sah, wer jetzt dort vor ihm stand.

„Jeanne!“

 

 

Wenig später saßen sie sich am Rand der Betten auf dem Hotelzimmer gegenüber. Noé hatte Jeanne bereits gesagt, dass Vanitas seit zwei Nächten verschwunden war. Das macht sie noch nervöser, als sie es ohnehin schon war. Verkrampft gruben sich ihre Finger in den Rock ihrer Uniform.

„Ich sollte eigentlich gar nicht hier sein…“, murmelte Jeanne, den Blick nach unten gesenkt. „Monsieur Luca hat es mir nur erlaubt, weil ich mir ebenfalls große Sorgen mache. Vanitas wirkte irgendwie durcheinander bei unserem letzten Treffen und ganz abwesend...“

Ihr Blick schoss nach oben.

„Weißt du vielleicht, was mit ihm los war, Noé?!“

„Nein.“

Noés Antwort war knapp, aber seine Augen wichen Jeanne aus. Da war doch irgendetwas. Er wusste mehr als er vor ihr zugeben wollte!

Wenn sie sich gestritten hatten und Vanitas deswegen… Sie schüttelte leicht den Kopf. Nein, sie musste aufhören Noé für irgendetwas die Schuld zu geben, von dem sie nicht einmal wusste, ob er damit zu tun hatte.

Aber wenn jemand etwas wissen konnte, dann er. Wieso war sie nur so eifersüchtig darauf, dass die beiden zusammen wohnen konnten? Die beiden jungen Männer waren nun einmal Arbeitspartner, weiter nichts.

Es brachte nichts hier zu sitzen und herumzugrübeln. Ruckartig stand sie auf.

„Ich gehe ihn suchen!“

Noé sah sie mit Überraschung in den Augen an und noch etwas anderem, was sie nicht interpretieren konnte, aber er folgte ihrem Beispiel sofort.

„Ich komme mit dir.“

Aber wo sollten sie anfangen? Paris war riesig und falls Vanitas absichtlich gegangen sein sollte, verstand er es besser als jeder andere nicht gefunden zu werden. Sie mussten also –

 

„HEY, NOÉ! DER QUACK…!“

 

Ungläubig richteten sich die Augenpaare der beiden Vampire zum Fenster in dessen Rahmen Dante saß und sie mit einem gehetzten und zugleich schockierten Gesichtsausdruck musterte. Er hatte wohl nicht erwartet die Hexe des Höllenfeuers hier anzutreffen. Heftig schüttelte der Dhampir den Kopf. Das war jetzt nicht von Relevanz!

„Ich hab‘ schlechte Neuigkeiten! Der Quacksalber wurde entführt und ich fürchte, ich weiß auch von wem!“

Noch ehe er weitersprechen konnte, wurde er bereits von Noé am Kragen gepackt und ins Zimmer gezogen.

„Dann sag es uns!“

Noés Stimme war lauter, als er wollte, die Sorge direkt in sein Gesicht geschrieben, aber Dante wusste wie stark der sonst so sanfte Vampir sein konnte und versuchte sich eher vorsichtig von ihm zu lösen. Abwehrend hob er die Hände.

„Beruhig‘ dich, Alter. Wenn ihr ihm helfen wollt, müssen wir vorsichtig sein.“

Tief durchatmend machte Dante einen Schritt zurück und richtete nervös seinen Kragen.

„Das sind Schwarzmarkthändler, üble Typen. Kriminelle Vampire, die aus Altus verbannt wurden, aber auch Dhampire, die nicht unter dem Schutz von Marquise Machina stehen. Die sind zu allem bereit. Ich vermute, dass sie an das Buch ran wollten, aber ich verstehe nicht wieso sie Quacki mitgenommen haben.“

Ein Gedanke schoss durch den Kopf beider Vampire, aber Noé sprach ihn aus:

„Weil niemand sonst das Buch öffnen kann!“

Nun mischte sich auch Jeanne ein: „Noé, das bedeutet wir können ihn noch da raus holen. Lasst mich meine Waffe holen!“

„Dafür haben wir vielleicht keine Zeit!“, wandte Dante ein. „Du kannst doch auch mit einem Schwert kämpfen! Besorg dir eins beim alten Orlok!“

„Dante, sag auch Domi Bescheid!“, sagte Noé ungewohnt befehlerisch. Dante sah aus, als ob er Widerspruch einlegen wollte, aber Noé lies das gar nicht erst zu: „Sie wird kommen! Neulich haben sie sich aus irgendeinem Grund angefreundet. Wir brauchen jede Unterstützung, die wir kriegen können!“

 

 

 

Seine Zähne schliffen aneinander, als Vanitas einen erneuten Schlag mit der Faust ins Gesicht kassierte. Dennoch konnte er sich ein überhebliches Grinsen nicht verkneifen, als er eine widerlich schmeckende Ansammlung von Blut ausspuckte.

Das war gar nichts. Solche mickrigen Schmerzen war er gewohnt. Da änderte es auch nichts, dass seine Arme sich schon taub und seine Beine geradezu zerprellt anfühlten. Er hatte schon schlimmeres durchgemacht.

„Sag endlich die Wahrheit! Wie benutzt man dieses Buch?!“, schrie ein Junge, kaum vierzehn Jahre alt, mit silbergrauem Haar und genauso grauen Augen. Hinter ihm stand jemand und hielt ihn zurück. Offenbar der ältere Bruder, ebenfalls mit grauen Augen, aber mit schwarzem Haar. Ihre abgetragene und eindeutig zu kurze Kleidung erinnerte an flüchtige Waisenkinder. Waren das Dhampire?

„Ich habe euch doch gesagt: Niemand kann dieses Buch öffnen, außer mir!“, stöhnte Vanitas beinahe genervt, während er den Kopf an das Rohr lehnte, an das er gefesselt war. „Euer Boss hat das bereits begriffen und lässt sich deswegen auch nicht mehr hier blicken.“

Sein Blick schweifte durch den riesigen Raum, in dem er schon über einen Tag gefangen war. War das ein altes Fabrikgebäude?

„Vermutlich hat er euch auch gesagt, dass ihr mich umlegen sollt, wenn ihr nichts aus mir herausbekommt. Also… Warum lasst ihr mich noch immer am Leben? Ihr wollt doch irgendwas von mir.“ Er neigte den Kopf zur Seite. Sein Grinsen überheblicher denn je. „Oder habt ihr abgebrochenen Zwerge nicht den Mumm mich zu töten?“

„Halt deine Schnauzte!“

Der jüngere Bruder wollte Vanitas erneut schlagen, aber der ältere hielt ihn diesmal fest.

„Das bringt nichts, Gustav!“

„Aber, Viktor…!“

Viktor, welcher wohl der ältere war, schüttelte ernst den Kopf, ehe er sich dem Erben des Blauen Mondes zuwandte.

„Ist es wahr, dass du mit dem Buch Fluchträger heilen kannst?“

Vanitas‘ Grinsen wurde breiter.

„Achso… Darum geht es euch also. Wer ist es? … Ich meine, ich könnte euch helfen, wenn ich wollte, aber dafür müsstet ihr mich frei lassen und das wird nicht gut für euch ausgehen, habe ich nicht Recht? Weiß euer Boss, dass ihr ihn versucht zu hintergehen?“

„Du, Kleiner…!“, knurrte Gustav, aber auch diesmal wurde er von seinem Bruder zurückgehalten, der Vanitas nur musterte und sagte:

„Lass das unsere Sorge sein. Kannst du es oder nicht?“

„Oui.“, erwiderte Vanitas

 

 

Schnellen Schrittes jagten Jeanne und Noé über die Dächer von Paris. Ohne Carpe Diem war es für Jeanne nicht ganz leicht mit Noé mitzuhalten. Er beherrschte die Gravitation wirklich spielend. Sie kam nicht umhin, hin und wieder zu ihm herüber zu schauen. Es war nur natürlich, dass Noé sich ebenfalls um Vanitas sorgte, aber die angespannte Stille zwischen ihnen war erdrückend, also versuchte sie diese zumindest für den Moment zu brechen:

„Ich hoffe er bringt sich nicht noch weiter in Schwierigkeiten, indem er die Entführer provoziert.“

Noé, der die ganze Zeit nur verbissen auf den Weg gestarrt hatte, wurde für einen Moment aus seinen Gedanken gerissen. Er machte sich die ganze Zeit Vorwürfe Vanitas vertrieben und somit in Gefahr gebracht zu haben. Aber Jeanne hatte recht. Dabei blieb es vielleicht nicht einmal.

„Das hoffe ich auch. Er ist sich selbst gegenüber immer vollkommen rücksichtslos, wenn er etwas erreichen will.“

Jeanne nickte.

„Dabei vergisst er vollkommen, dass er viel verletzbarer ist als Vampire, obwohl das Buch des Vanitas ihn so mächtig macht.“

Noé seufzte.

„Und wenn man ihn darauf hinweist wird er pampig.“

Das kam Jeanne bekannt vor.

„Er tut immer so, als wäre es über allem erhaben und als würde ihn alles amüsieren, aber wenn man seine Motive in Frage stellt, verwandelt er sich in einen übellaunigen Griesgram.“

„Er will immer alles alleine durchziehen.“

„Und er geht immer davon aus zu wissen, was andere fühlen!“

„Er tut beinahe so als wäre er nicht liebenswert, oder so etwas!“

Obwohl sie noch immer über die Dächer preschten, sahen sich die beiden hellhaarigen Vampire für einen kurzen Moment ungläubig an. Konnte es sein, dass es jemanden gab, der verstand wie sie über Vanitas dachten? Dass sie ihn beide nicht, wie alle anderen, als einen üblen Kerl abstempelte, ihn sogar mochten, aber trotzdem unglaublich genervt von seinen Marotten waren? Hatten sie vielleicht mehr gemeinsam, als sie dachten?

Kurz trat Schweigen ein, da sie das Gebäude erreichten, das Dante beschrieben hatte. Sie gönnten sich eine kurze Verschnaufpause, während sie prüfend das Dach abgingen, um nach einer Möglichkeit zum Eindringen zu suchen.

Als Jeanne schließlich eine Luke aus Glas erspähte ging sie langsam darauf zu, während sie weiter sprach:

„Ich wünschte er würde uns mehr vertrauen.“

„Wem sagst du das?“, murmelte Noé, als er ihr folgte und sich hinhockte, um hoffentlich etwas durch das Glas zu sehen. Jeanne tat es ihm gleich. Sie seufzte erneut.

„Dabei kann er auch ganz anders sein. So lieb und selbstlos. Und wenn man ihn küsst, wird er so rot, dass es einfach niedlich ist.“

Noé riss aufgeregt den Kopf hoch und pflichtete ihr lautstark bei: „Nicht wahr?? Das ist super niedlich!“

 

Jeanne starrte ihn an.

 

Es dauerte einen Moment bis Noé klar wurde, was er gerade gesagt hatte.

„Was… was meinst du damit?“, keuchte Jeanne geradezu. Aber Noé schaffte es nicht eine Antwort herauszupressen. Da war nur leises Gemurmel und Gestammel.

„Noé… Bist du etwa… Bist du etwa in Vanitas verliebt…?“

 

Ehe sie weitersprechen konnten, lenkten laute Stimmen aus dem Gebäude unter ihnen beide davon ab.

 

 

Sie hatten ihm seine Waffen abgenommen. Natürlich. Zwar schmerzen seine Beine langsam etwas weniger, doch die Taubheit in seinen Armen und das ziehende Gefühl in den Schultern, machten ihn bald wahnsinnig. Vorsichtig versuchte Vanitas sich zumindest ein wenig aus den Seilen herauszuwinden, die seine Handgelenke auf seinen Rücken banden.

„Ich kann das Buch nicht verwenden, wenn meine Hände gefesselt sind, wisst ihr?“, maulte er, während er beobachtete wie Viktor sein Buch und die Kette eisern in der Hand hielt und Gustav ihn mit seinem eigenen Dolch drängte weiterzugehen.

„Sei still, du Hochstapler! Wir sind noch nicht da.“, sagte der ältere Bruder, der deutlich der gelassenere von beiden zu sein schien.

„Im Übrigen ist mir nicht bekannt, dass Dhampire zu Fluchträgern werden könnten.“

Natürlich würde Vanitas nicht still sein. Jede noch so kleine Information, die sie bereit waren ihm zu geben, würde ihm vielleicht helfen hier raus zu kommen. Er konnte sich nicht darauf verlassen, dass Noé ihn hier fand. Man hatte ja Glück, wenn dieser Traumtänzer allein ins Hotel zurückfand. Ober wohl sauer auf ihn war?

„Du redest zu viel!“, presste Gustav aus knirschenden Zähnen hervor.

„Können sie auch nicht.“, meinte Viktor trocken. „Ob du es glaubst oder nicht, du Möchtegern-Arzt, aber das hier ist ein weit besserer Ort als die Welt da draußen. Hier gehört jeder zu unserer Familie. Egal ob Vampir, Dhampir oder Mensch.“

Vanitas lachte nur bitter auf, ehe sie ihn schließlich in eine Sackgasse führten. Hier in einem dunklen Winkel des Gebäudes, zwischen alten Holzkisten und Laken, saß zusammengekauert in einer alten Decke ein kleines Mädchen, vielleicht acht Jahre alt, zitternd vor Angst und schwer atmend, während ihre Augen blutrot leuchteten.

„Da habt ihr euch ja etwas Schönes eingebrockt. Versteckt ihr sie etwa hier?“, fragte Vanitas mit deutlich kälterer Mimik als zuvor. „Wenn ihr sie wirklich retten wollt, dann solltet ihr mich augenblicklich losmachen. Wir haben nicht mehr viel Zeit. Das ist ein mächtiger Unheilsname.“

 

„VIKTOR! GUSTAV! Was treibt ihr da?! Wieso ist der Bengel nicht längst tot? Und wieso habt ihr das Buch?!“

Vanitas brauchte sich kaum umzudrehen, um zu sehen von wem sie da erwischt wurden. Das war eindeutig der Chef der Bande. Ein Vampir, optisch im Alter eines Vierzig-Jährigen, mit dichtem rotem Bart und Narben im Gesicht. Zeit die Bande von innen auseinander zu nehmen.

„Du passt nicht besonders gut auf deine diebischen Schäfchen auf, wenn sich unter ihnen so leicht eine Fluchträgerin verstecken kann. Du solltest mich besser los machen, wenn du sie retten willst.“

Der breitschultrige Mann ging mit einem zornigen Blick auf Vanitas zu und stieß ihn gegen die Wand, dass es in seinem Kopf nur so schepperte. Der Schmerz ging ihm durch Mark und Bein. Keuchend sank der Vanitas in die Knie und konnte spüren wie Blut auf sein Gesicht rann.

„Dann schlag ich ihr eben den Kopf ab. Ob eine mehr oder weniger von den Gören draufgeht ist mir völlig egal.“

Der Mann entriss Gustav den Dolch.

„Aber jetzt bist du erst einmal dran, Bastard des Blauen Mondes!“



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