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Nemesis

von

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Unerwarteter Besuch

In Commander Eagles’ Büro wartete Saber Rider schon auf seine Kollegen. Obwohl er in den Highlands wohnte, war er mit seinem Robotpferd Steed so schnell wie möglich zum Kavallerie-Oberkommando nach Yuma gekommen – und hatte sein Ziel sogar noch vor seinen Kollegen erreicht, obwohl er den weitesten Weg hatte.

„Da seid ihr ja endlich!“, begrüßte der Anführer sein Team. Warten machte ihn immer nervös. Aber bevor er eine Begründung für die Verspätung seiner Kollegen bekam, betrat Aprils Vater das Zimmer.

„Guten Morgen, Commander. Welche Angelegenheiten führen uns diesmal hierher?“, fragte Saber Rider.

„Ich kann euch dazu nichts sagen, Saber Rider. Alles was ich weiß, ist, dass wir sofort zu König Jared müssen. Er sagte, die Angelegenheit sei top secret und forderte wohl deshalb ausdrücklich das Ramrod-Team und mich an.“

Colt, der ebenfalls extrem neugierig war und so schnell wie möglich zurück zu seiner schwangeren Frau wollte, sprang tatendurstig von seinem Sessel auf: „Na, warum sitzen wir hier dann noch rum?“
 

Die Fünf begaben sich auf dem kürzesten Weg in den Hangar, wo ihr Raumschiff stand. Wie gewohnt nahmen Saber, Colt, Fireball und April die Plätze in ihren Satteleinheiten ein und Commander Eagle begab sich in den Nebenraum.

Die Systeme waren schnell hochgefahren und April programmierte bereits den kürzesten Weg zum Königreich Jarr, während Fireball den Abflug vorbereitete.

„Wie lange ist es jetzt her, seit wir das letzte Mal zusammen in Ramrod unterwegs waren?“, überlegte Colt laut, während er die Maverick-Waffensysteme überprüfte und erinnerte damit alle an das letzte Gefecht vor sechzehn Monaten.

„Ich bin schon gespannt, was König Jared so wichtiges für uns hat“, meinte April und verwarf die aufkeimenden Erinnerungen an den Kampf schnell. „Immerhin bin ich es gar nicht mehr gewohnt, mitten in der Nacht so unerwartet geweckt zu werden.“

„Du kommst also immer noch so schlecht aus dem Bett raus. Deshalb wart ihr also so spät!“, neckte Saber sie und warf einen Blick über seine Schulter, um seine Partnerin anzugrinsen.

Sie grinste zurück: „Da liegst du diesmal leider falsch, edler Säbelschwinger, wir haben unseren lieben Colt erst einsammeln müssen, nachdem er über die Comline nicht zu erreichen war. Wir haben über eine halbe Stunde gewartet. Wo wart ihr überhaupt, Colt?“

„Tja, wir hatten leider nicht so eine ruhige Nacht. Josh ist von einer Giftspinne gebissen worden. Der Kleine bekam davon Fieber und hatte einen ganz schwachen Puls. Deswegen waren wir mit ihm heute nacht im Krankenhaus. Es ist aber noch mal gut gegangen.“

„Oh, das tut mir leid“, sagte April bedrückt. „Das wusste ich nicht.“

„Schon gut, Josh ist ein zäher kleiner Bursche. Ich bin mir sicher, er ist morgen wieder fit. Im Moment mache ich mir ehrlich gesagt viel mehr Sorgen um Robin. Ich wäre jetzt viel lieber bei ihr und unserem Baby...“

„Hey, Partner“, mischte sich Fireball ein. „Mach dir mal keine Sorgen, wir werden bestimmt nicht lange unterwegs sein.“

„Vielleicht hast du Recht, Matchbox, aber es ist nun mal das erste Mal, dass ich Vater werde. Da ist man schon mal was nervös...“

Einige Zeit später tauchte das ruhmreiche Königreich Jarr vor ihnen auf und es wurde Zeit, die Kommunikationszentrale des Königssitzes auf einer Geheimfrequenz anzufunken, um die Landeerlaubnis einzuholen.

Es war schon eine Zeitlang her, seitdem die Star Sheriffs König Jared und seinen Sohn, den Kronprinzen Roland, gesehen hatten. Die letzte Begegnung hatte auf einer der zahlreichen Siegesfeiern nach dem Krieg stattgefunden.
 

Der Rennfahrer landete Ramrod sicher vor dem beeindruckenden Schloss des Königs, vor dem bereits Prinz Roland auf die Ankömmlinge wartete. Allerdings wurde Ramrod nach der Landung in einen Hangar gebracht, der etwas außerhalb lag, damit das riesige Raumschiff nicht von unerwünschten Augen entdeckt wurde.

Vielleicht war dies doch ein größerer, gefährlicherer Auftrag als das Ramrod-Team vermutete? Weshalb sonst wurde die Ankunft der Star Sheriffs so geheim gehalten?
 

„Seid gegrüßt, Commander Eagle, Star Sheriffs“, empfing der Kronprinz sie formal und salutierte kurz. „Bitte folgen Sie mir“.

Stillschweigend und erwartungsvoll folgten die Fünf dem gelockten Mann durch die prunkvoll eingerichteten Gänge des Schlosses, die kein Ende zu nehmen schienen, bis sie endlich in einem abgelegenen Besprechungszimmer ankamen. Dort warteten König Jared und ein unbekannter Mann auf sie.

„Nehmen Sie bitte Platz!“, bat der König die Anwesenden, die seiner Aufforderung nachkamen

„Danke, dass Sie meiner Einladung so schnell Folge geleistet haben“, eröffnete der Monarch seine Erklärung. „Die Lage ist ernst. Erst vor ein paar Stunden haben wir einen Gast aufgenommen, von dem wir geglaubt haben, er sei tot...“ Sein Blick streifte Fireball, „Und wir haben leider keine guten Nachrichten erhalten. Darf ich vorstellen, Commander Kazuya Hikari.“

Fireballs Herz begann bei diesem Namen zu rasen und das Blut rauschte in seinem Kopf, als er versuchte, einen klaren Gedanken zu fassen.

„D..das kann nicht sein“, stammelte er verwirrt und erhob sich mit wackligen Knien.

Der langhaarige, ältere Mann sah den braunhaarigen, jungen Mann fragend an und bemerkte, dass auch die anderen drei Star Sheriffs ihn erschrocken, ungläubig und erstaunt anstarrten.

„Sie heißen Kazuya Hikari?“, wollte Fireball mit unsicherer Stimme wissen, als er auf den fremden Mann zuging. „Und Sie sind verheiratet mit Madoka Toyama und dann vor achtzehn Jahren im Krieg gegen die Outrider verschwunden?“

„Ja, das stimmt“, antwortete der Fremde flüsternd und blickte dem jungen Mann in die Augen. „Wer sind Sie?“

April war auch aufgesprungen und hielt sich am Arm des Rennfahrers fest.

„Verzeihen Sie, bitte“, unterbrach der König die beiden Männer. „Das sind die Star Sheriffs, angeführt von ihrem Commander Eagle, seine Tochter April, mit ihren Teamkollegen Saber Rider, Colt Wilcox und Ihrem Sohn, Shinji Hikari“.

„Mein Sohn?“, flüsterte der tot geglaubte Commander Hikari und ging auf seinen Sohn zu.

Fireball brachte kein Wort heraus, so trocken war seine Kehle plötzlich geworden.

„Mein Sohn!“, wiederholte der Commander mit gebrochener Stimme und hielt dem jungen Mann unsicher seine Hand hin. Gerne hätte er ihn in seine Arme geschlossen, aber dies erschien ihm für den Moment noch unangebracht. „Wie lange habe ich mich nach diesem Moment gesehnt!“

„Dad!“, flüsterte Fireball endlich, als er die dargebotene Hand seines Vaters ergriff und festhielt. Er wollte so vieles sagen, aber er konnte kein vernünftiges Wort formulieren.

Gerührt verfolgten die Anwesenden diese Szene. April wischte sich mehrmals über die Augen, denn sie erinnerte sich daran, als die Outrider ihren Vater entführt hatten. Nachdem es dem Ramrod-Team gelungen war, ihn zu befreien, hatte sie damals auch so in seinen Armen gelegen und geweint.
 

Endlich räusperte sich König Jared, um die Wiedersehensfreude zum Ende zu bringen. Er wusste, dass es zwar unangebracht war, denn immerhin war Fireball damals noch ein ganz kleiner Junge gewesen, als sein Vater in der Phantomzone verschwand. Aber jetzt warteten dringendere Geschäfte auf sie, die keine Sekunde Aufschub duldeten.

„Entschuldigen Sie, dass ich unterbrechen muss, aber wir haben etwas Dringendes zu besprechen. Commander Hikari...“ Mit einer einladenden Handgeste gab der König das Wort weiter.

Noch immer gerührt ließ er von Fireball ab, der sich wieder auf seinen Stuhl setzte. Dann atmete der Todgeglaubte noch einmal tief durch, bevor er mit seinem Bericht begann.
 

***
 

„Jag sie in die Phantomzone, Ron!“, befahl Hikari, der Commander der königlichen Staffel der Kurzstreckenjäger.

Ron, ein junger Kadett, der aufgrund seiner hervorragenden Flugkünste zur Staffel berufen worden war, ließ sich das nicht zweimal sagen und schoss den Hyperjumper ab. Dann flog er durch den Feuerball, den das Outriderschiff hinterlassen hatte, und nahm die Verfolgung des nächsten Phantomwesens auf.

Die Outrider dematerialisierten sich, sobald sie getroffen waren und verschwanden wieder in die Phantomzone. Das Problem daran war nur, dass sie nicht getötet werden konnten und sie deshalb immer wieder in die menschliche Dimension zurückkehren konnten.

„Dieser Krieg führt zu nichts. Immer wieder greifen die Outrider uns an, wir schießen zurück. Im Prinzip kämpfen wir alle gegen Windmühlen wie einst Don Quichote in dem berühmten Roman“, murmelte der Staffelführer vor sich hin, als ihm wieder einmal bewusst wurde wie sinnlos das Kämpfen war.

Commander Hikari schaute sich nach seinen anderen vier Leuten um. Er leitete die beste Staffel der Flotte des Königreichs Jarr.

„Tsunami-Geschwader, hört ihr mich?“, fragte Commander Hikari durch seinen Intercom mit dem er mit seinen Leuten verbunden war.

„Ja“, kam von allen vier Jägern die Antwort.

„Formiert euch! Wir starten den nächsten Angriff in Pyramidenstellung. Ich bilde die Spitze, ihr fliegt versetzt über mir und einer hinter mir. Habt ihr verstanden?“

Wieder erhielt er eine kurze und einstimmige Antwort. Das liebte er so an seiner Staffel. Auf sie war wirklich Verlass. Alle hatten eine erstklassige Ausbildung und folgten präzise seinen Anweisungen. Sie vertrauten ihm, obwohl er selbst erst 27 Jahre alt war. Viele Andere hatten den Commander-Posten erst mit dreißig Jahren erhalten und waren dann noch in einer niedrigeren Position als Hikari selbst.

Früher war der Captain des Tsunami-Geschwaders bei den Star Sheriffs gewesen, hatte dann aber seinen Dienst quittiert, als einige Differenzen aufgetaucht waren. Im Nachhinein hatte sich herausgestellt, dass Hikari Recht gehabt hätte, aber da hatte er schon seinen Dienst bei König Jared angetreten. Dennoch war Hikari immer noch sehr gut mit einigen Kadetten von Yuma befreundet, aber leider konnte er sie nicht mehr oft sehen.

„Commander?“, fragte Doreen, eine Kampfpilotin in seiner Staffel.

„Was gibt`s?“

„Von drei Uhr kommt ein Schwarm Hyperjumpers auf uns zu. Was sollen wir tun?“

„Ausschwärmen! Wir versuchen sie auszutricksen!“

Sofort wurde sein Befehl befolgt. Die Formation löste sich blitzartig auf und verfolgte die angreifenden Outrider-Jäger. Scheinbar planlos flogen die fünf Schiffe durcheinander. Die Taktik wirkte.

Die Outrider ließen sich durch die wilden Flugmanöver so sehr ablenken, dass sie nicht mehr darauf achteten, wohin sie flogen. Mehrmals prallten die Hyperjumper gegeneinander und katapultierten sich somit selbst zurück in ihre eigene Dimension. Andere wurden von Lasersalven des Tsunami-Geschwaders zurückgeschickt. Einige wenige Gleiter der Phantomwesen ergriffen die Flucht und versuchten dabei weiterhin, Opfer zu finden. Trotz aller Erfolge des Tsunami-Geschwaders schien die Zahl der Angreifer nicht abzunehmen.
 

Dieser Krieg zog sich schon einige Jahre dahin und ein Ende schien nicht in Sicht zu kommen. Nicht einmal auf Friedensverhandlungen ließ sich Nemesis - der Führer der Outrider – ein. Dabei war alles so sinnlos – es waren schon so viele Leben gelassen worden und eine Lösung des Konflikts war immer noch nicht gefunden, ja nicht einmal in greifbarer Nähe.

Für einen kurzen Moment streifte Hikaris Blick das Foto seiner Familie, das er in seinem Cockpit befestigt hatte. Wie gerne wäre er bei ihnen, aber die Pflicht ging vor. Er hatte seine Frau und seinen Sohn Shinji schon fast ein Jahr nicht mehr gesehen und wusste nicht, wann das nächste Mal sein würde.

‚Wahrscheinlich erst, wenn Frieden herrscht!‘, dachte er wütend bei sich und nahm sich vor, noch stärker gegen die Feinde zu kämpfen.

„GREIFT AN!“

Hunderte Raketen wurden abgefeuert und trafen die Hyperjumper. Hikari hatte noch keinen aus seiner Staffel verloren und er hoffte, dass es auch dabei blieb. Nicht umsonst sollten sie so hart trainiert haben.

Wieder streifte Commander Hikaris Blick sein Familienfoto und das war wohl auch der Augenblick, in dem er eine schwere Entscheidung traf.

„Tsunami-Geschwader?“

„Ja, Commander!“

„Ich fliege weiter rein in den Schwarm – folgt mir nicht!“

„Aber Commander...“

„Ron – meine Entscheidung steht fest! Du übernimmst ab sofort das Kommando! Das ist ein Befehl!“ Und nach einigem Überlegen fügte er noch hinzu: „Wir sehen und später – macht euch keine Sorgen!“

„Viel Glück!“, rief Doreen hinterher, bevor Hikari verschwand.
 

‚Vergebt mir, Miyuki, Shinji, aber wenn ich Recht habe, sollen uns die ganzen Raumschiffe nur von Nemesis ablenken. Ich muss ihn finden und zerstören, dann wird es endlich Frieden geben ... und wir können uns endlich wiedersehen...‘

Entschlossen drang er immer weiter ins Innere des Outriderschwarms vor. Es schien, als ob ihn nichts aufhalten könne. Er schickte einen Hyperjumper nach dem anderen zurück in die Phantomzone. Und plötzlich war er am Ziel – Nemesis‘ Zerstörer tauchte schwarz und bedrohlich direkt vor ihm auf.
 

Hikari brauchte einige Versuche, um das feindliche Raumschiff zu scannen, aber als er es geschafft hatte, konnte er seine Vermutung schnell bestätigen. Er öffnete einen Kanal zum Outriderschiff.

„NEMESIS! Ich weiß, dass du da drinnen bist!“

„Commander Hikari!“, meldete sich Nemesis überrascht. „Du machst deinem Ruf alle Ehre. Ich habe schon viel von dir gehört. Was willst du nun tun?“

„Ich gebe dir noch eine Chance auf einen Friedensvertrag – Wenn du nicht annimmst, meine Raketen sind schon auf dein Mitbringsel ausgerichtet!“

„DUUUUUU...!“, fluchte Nemesis mit einem bösen Verdacht im Hinterkopf und tippte schnell auf seiner Konsole herum.

Seine schwarzen, langen Haare hingen ihm wirr ins Gesicht und seine dunklen Augen blitzen, als er erkannte, was passiert war. Seine gute Laune war vergangen.

„Du hast mein Schiff gescannt! Wie hast du das geschafft?“, fauchte er über Funk.

Hikari hatte die Laserkanone entdeckt, die an Bord des Zerstörers war - ja, im Prinzip war das ganze Raumschiff eine einzige Laserkanone! Wahrscheinlich sollte damit jeder Planet des Neuen Grenzlandes zerstört und die Menschheit ausgerottet werden. Das durfte auf keinen Fall geschehen!

„ZARAK! Warum schießt ihr nicht auf ihn?“, brüllte Nemesis, ohne Hikaris Antwort abzuwarten.

Dieser flog eine große Schleife und schaltete die Booster-Triebwerke ein. Dann setze er zum Angriff an.

Er steuerte sein Schiff direkt auf den Zerstörer von Nemesis zu und feuerte alle seine Raketen ab, die er noch bei sich hatte. Noch bevor die Feinde reagieren konnten, schlugen seine Missiles in den Zerstörer ein. Er hatte sie genau richtig ausgerichtet, genau auf den Lauf der Laserkanone.

Der Zerstörer zerbrach in der Mitte und ein gleißendes Licht erstrahlte. Auch Hikaris Schiff wurde davon erfasst. Das war das Letzte, woran der Commander sich mit Sicherheit erinnern konnte.
 

In der Phantomzone trieb seit einigen Tagen ein anscheinend verlassenes Raumschiff umher. Doch als Professor Yorak, ehemalige rechte Hand von Nemesis, seinen Transporter näher heranbrachte, konnte er einen menschlichen Körper auf seinem Bioscanner erfassen.

„Das kann doch nicht wahr sein!“, fluchte der Wissenschaftler und dockte an dem Schiff an. Es war eindeutig das Schiff, das Nemesis auf dem Gewissen hatte!
 

Die Phantomzone war seit dem verheerenden Rückschlag der Menschen komplett durcheinander, keiner hatte damit gerechnet, dass Nemesis besiegt werden konnte! Zum Glück waren die Wrangler alle so geistesgegenwärtig gewesen, den sofortigen Rückzug anzutreten, als sie von Nemesis‘ Zerstörung erfahren hatten. Die Verluste waren schlimm genug und die komplette Phantomzone stand ohne Anführer da!
 

Professor Yorak handelte schnell. Dank seines Bioscanners brauchte er in dem zerstörten Schiff nicht lange nach dem Feind zu suchen, sondern konnte ihn direkt bergen und sicherstellen.

„Das hat mir gerade noch gefehlt“, zischte Yorak, als er feststellte, dass dieser Mensch zu allem Unglück auch noch lebte! Schnell schleppte er den bewusstlosen, menschlichen Körper in sein eigenes Schiff und befestigte ihn auf dem Co-Pilotensitz. Dann ließ er sich selbst auf seinen Platz fallen und starrte seinen Feind an. Was sollte er nur tun? Seine Gedanken rasten und er konnte keinen klaren Gedanken fassen.

„VERDAMMT!“, schrie er plötzlich, sprang auf und schlug mit aller Gewalt gegen den Co-Pilotensitz. „Unsere ganze Dimension ist ein Trümmerhaufen! Nemesis besteht nur noch aus ein paar Fetzen und die Wrangler können ohne Anführer gar nichts tun! Mal ganz zu schweigen von den Zivilisten, die zu nichts zu gebrauchen sind!“

Yorak raste hin und her und ließ seine ganze Wut an dem Gefangenen aus. Er konnte sich kaum beruhigen. Sollte er ihn töten? Oder doch besser nicht?

„Wenn die Zivilisten in dieser Zeit ohne Anführer dastehen und vielleicht auf den Gedanken kommen, dass Nemesis‘ Absichten, die menschliche Dimension zu erobern, vielleicht falsch gewesen sein könnten, dann bricht hier bald eine Katastrophe aus! Das kann ich nicht zulassen, ich muß schnell handeln!“

In seiner Aufregung entwickelte sich in den Abgründen seines künstlichen Gehirns ein Plan, der immer mehr Form gewann. Je mehr Yorak sich abregte, umso breiter und hässlicher wurde das Grinsen, das sich auf seinem Gesicht ausbreitete.

Professor Yorak, der ebenfalls - wie die meisten Wrangler auch - zu der künstlich erschaffenen Spezies der Outrider gehörte, schaltete die Triebwerke ein und düste mit Höchstgeschwindigkeit zurück zum Hauptquartier, nachdem er das feindliche Schiff mit ein paar Raketen in seine Einzelteile zerlegt hatte.
 

Einige gelangweilte Wrangler beobachteten die Ankunft des Professors auf dem verlassenen Landeplatz. Yorak hatte sie auch gesehen, aber er wollte die Geisel so lange wie möglich unentdeckt lassen. Es sollten nur wenige, genauer gesagt nur einer, von ihr erfahren.

Deshalb holte Yorak einen kleinen Transporter, der in der Nähe stand und tat so, als ob er Bruchstücke aus dem All eingesammelt hätte und diese jetzt zur näheren Untersuchung ins Labor bringen musste. Er war sich nicht sicher, ob ihn die Wrangler so ausführlich beobachten würden, aber Vorsicht war ja bekanntermaßen die Mutter aller Munitionskisten.

Diese Weisheit war auch in der Phantomzone wohlbekannt.

Der Professor musste jetzt schnell handeln. Er zog seinen Kommunikator heraus und rief seinen Kollegen: „Professor Tron!“

„Tron hier, was ist los, Yorak?“

„Kommen Sie so schnell wie möglich in mein Labor. Ich habe etwas mit Ihnen zu besprechen.“

„Verstanden“, bestätigte Tron und schaltete seinen Kommunikator ab.

Professor Tron gehörte zu den höchst angesehensten Ärzten in der Phantomzone. Er war für die Entwicklung der künstlichen Lebensformen zuständig, überwachte das Klima und die Lebensgewohnheiten der künstlichen Outrider. Weiter verglich er diese mit denen der „normalen“ Outrider. Und - er war Patriot. Jetzt war ihm die Aufgabe zuteil geworden, Nemesis wieder zusammenzuflicken.

Der Anführer war gerade so noch einmal mit dem Leben davongekommen, aber selbst der erfahrene Tron konnte nicht abschätzen, ob und wie lange Nemesis diese Schmerzen noch aushalten würde. Deshalb war größte Eile geboten, wenn sie ihn nicht verlieren wollten.
 

„Wo hast du denn den gefunden?“, fragte Tron erstaunt, als Yorak ihm seinen Fund zeigte.

Yorak erklärte ihm kurz, wie was passiert war und verriet ihm dann auch seine Idee, die großen Anklang fand.
 

Wochen vergingen. Yorak und Tron konnten ihren Plan immer weiter verfolgen. Es lief besser, als sie gedacht hatten.

Yorak hatte sich selbst vorübergehend zum Anführer ernannt. Ohne nennenswerten Widerstand war er angenommen worden. Dabei hatte er eigentlich nicht viel zu tun. Einen Militärschlag gegen die menschliche Dimension konnte er nicht vorbereiten, dafür waren zu viele Kampfjets verloren worden. So gab er Anweisungen, die sich vor allem auf den Neubau und die Weiterentwicklung von Waffen sowie auf die Ausbildung der Wrangler beschränkten. Die Zivilisten lebten ihr normales Leben weiter, bepflanzten Felder und ernteten, was auf dem kargen Boden ihres Planeten Metheus wuchs. Sie leisteten keinen Widerstand gegen die künstlichen Wrangler, weil sie wussten, dass sie keine Chance gegen diese Überzahl hatten.

Mit diesen wenigen Aufgaben als Anführer konnte sich Yorak zusammen mit Tron sehr gut auf ihren Plan konzentrieren. Es musste noch sehr viel geforscht und getestet werden, obwohl den Outridern durch Spionage die menschlichen Forschungsergebnisse auf dem Gebiet der Kybernetik zur Verfügung standen, die sie für die Umsetzung ihres Plans benötigten.
 

Nemesis‘ Gehirn sollte ins Hauptrechenzentrum, in die Tritonmaterie integriert werden. So konnte er alles und jeden steuern und überwachen und hatte die absolute Macht. Das war eines Anführers würdig, so dachten sie. Später kam auf Nemesis‘ eigenen Wunsch noch eine gewisse Anzahl von Cyborgs hinzu, damit er umherlaufen konnte, was ihm als Tritonmaterie nicht vergönnt war. Nemesis war sehr launisch, denn den ganzen Tag als Großrechner zu dienen, wurde ihm schnell zu langweilig.

Commander Hikari sollte zu einem von Nemesis’ Gefolgsleuten umfunktioniert werden. Ein Informant in der menschlichen Dimension wäre bestimmt von Vorteil, so dachten die beiden Professoren.

Deshalb wurden in sein Gehirn verschiedene Implantate eingesetzt, die sowohl seine Steuerung als auch den Kontakt mit Nemesis ermöglichten. Über die eingesetzten Chips sollte er auch seine Befehle erhalten.

Als auch dieses Experiment erfolgreich abgeschlossen war, hatten Professor Yorak und Tron ihre Aufgaben erfüllt und wurden seither nie wieder gesehen. Sehr wahrscheinlich war Nemesis daran gelegen, sein Geheimnis für sich zu behalten.
 

***
 

„Sie waren also Gattler!“, stellte Saber Rider nüchtern fest, der die Puzzlestückchen aus der Erzählung des Commanders richtig kombiniert hatte.

„So ist es, Mr. Rider. Ich bin selbst nicht gerade stolz auf meine Karriere und es war ebenso ein großer Schreck für mich, als ich es herausgefunden hatte. Es hat eine Zeitlang gedauert, bis ich mich damit abgefunden hatte.“

„Sie haben ehrenhaft gehandelt, Commander! Machen Sie sich bitte keine Vorwürfe“, warf König Jared ein.

„Ja, ich weiß. Ich werde Ihnen erzählen, wie ich es herausgefunden habe.“ Commander Hikari räusperte sich kurz und fuhr dann fort: „Ich selbst weiß dies nur von Aufzeichnungen, die zum Teil noch in den Datenbanken des Phantomplaneten vorhanden sind. Als ich für Nemesis nicht mehr nützlich war, steckte er mich in eine Phantomkammer, wo ich bis zum Tag eures letzten Gefechts in einem künstlichen Schlaf gehalten wurde. Aber nachdem ihr die Tritonmaterie zerstört hattet war mit einem Schlag keine Energie mehr vorhanden, weder auf dem Phantomplaneten noch in der restlichen Phantomzone. Ich - und damit meine ich mich als Kazuya Hikari - wachte wieder auf.

Natürlich wusste ich nicht, wo ich war, welches Jahr war und was alles passiert war. Ich wachte in einer Phantomkammer auf, wobei ich nicht erkennen konnte, was das sein konnte.

Ich weiß auch nicht, wie ich dort hineingekommen war, aber als ich mich umschaute, sah ich, dass auch viele andere Personen darin gefangen waren. Diese Leute sahen anders aus als ich, denn ihre Haut war bläulich gefärbt, ihre Ohren spitz. Darüber machte ich mir allerdings erst später Gedanken. Es war zunächst nur eine Feststellung.

Es war gar nicht so einfach, aus diesem gläsernen Sarg herauszukommen. Nur mit großer Anstrengung konnte ich die Glasscheibe nach oben bewegen und mich durch die Lücke quetschen.

Relativ bald fand ich einen Computer und es waren nur noch wenige Energiereserven da. Aber sie reichten aus, dass ich mir die Informationen beschaffen konnte, die ich brauchte. Ich war sehr erstaunt, dass ich die Schrift der Outrider ohne Probleme entziffern und verstehen konnte und auch die Konsolen waren mir vertraut. Und ich fand, wonach ich suchte. Neunzehn Jahre meines wahren Lebens waren vorüber gezogen, in denen ich das Leben eines Phantomwesens geführt hatte. Mein eigenes Ich war währenddessen total ausgeschaltet, solange bis die Tritonmaterie vernichtet wurde.

In der Zeit zwischen den beiden Kriegen war das Leben für die Outrider auf dem Planeten Metheus unmöglich geworden, die Ressourcen waren aufgebraucht. Aber immerhin hatten sie ihre missliche Lage noch früh genug erkannt, um künstliche Planeten zu erschaffen. Irgendwann sind alle dorthin ausquartiert worden. Allen wurde vorgegaukelt, das Leben auf diesen künstlichen Planeten könnte weitergehen wie bisher. Das ging gut, solange sie keine Energieprobleme hatten. Danach begannen wieder Angriffe in der menschlichen Dimension, zuerst vorwiegend auf Antromit-Konvois.

Als ich dann eine Akte über mich fand, war ich natürlich neugierig und las sie. Dadurch fand ich heraus, dass ich verändert wurde und zu einem von Nemesis’ Dienern gemacht wurde – zu Gattler. Es gab eine ganze Liste von allen Aufträgen, die ich ausgeführt hatte. Die ganze Spannbreite war abgedeckt. Vorwiegend war ich als Spion eingesetzt, weil ich in der menschlichen Dimension überleben konnte ohne ständig Wasser trinken zu müssen. Darüber hinaus war ich Vermittler, Informant, Kopfjäger und sogar Mörder! Ich kann wirklich nicht stolz auf meine Taten sein, auch wenn sie von Nemesis über Gattlers Helm gesteuert waren.“

Commander Hikari machte eine Pause und nahm einen Schluck Wasser. Die Star Sheriffs konnten die vielen Informationen gar nicht so schnell verarbeiten und schwiegen daher betroffen. Besonders Fireball konnte es nicht so recht fassen, dass sein Vater Gattler gewesen sein sollte. Wie oft hatten sie gegen diesen Outridercommander gekämpft?

‚Und ich habe auf ihn geschossen!‘, erinnerte sich der Rennfahrer. Schnell schüttelte er seinen Kopf, um diese Gedanken zu vertreiben und hörte sich stirnrunzelnd den weiteren Bericht an:

„Nach einem großen Fehler, den ich gemacht hatte, wurde ich außer Gefecht gesetzt und in eine Phantomkammer gesperrt. Dort blieb ich, bis ihr die Tritonmaterie zerstört habt.

In der Phantomzone selbst hatten alle Zivilisten überlebt. Nach Metheus war nun auch Helperidese, der Phantomplanet, mit dem Nemesis Yuma zerstören wollte, nur noch ein Trümmerhaufen. Und neben den Zivilisten auf den restlichen künstlichen Planeten in der Phantomzone haben die Wrangler aus den intakten Phantomkammern überlebt.

Ich selbst war auf dem dritten künstlichen Planeten untergebracht worden, einem kleinen, auf dem hauptsächlich Phantomkammern zur Lagerung stationiert waren.

Als ich über meine Vergangenheit bescheid wusste, tauchte ich sofort unter. Mein Ziel war es, in meine eigene Dimension zu gelangen, doch das sollte nicht so einfach werden, wie ich mir das vorgestellt hatte.

Viele Tage lang versteckte ich mich vor umherstreunenden, überlebenden Wranglern.

Ich wusste nicht, ob inzwischen noch jemand anderes herausgefunden hatte, dass ich kein echter Outrider war. Immerhin hatte zu diesem Zeitpunkt jeder freien Zugriff auf den Zentralrechner, oder auf das, was davon übriggeblieben war.

Ich wollte Kontakt zu den Zivilisten aufnehmen, weil ich aus Berichten wusste, dass auch Commander Eagle Hilfe von ihnen erhalten hatte. Ein Schiff zu kapern war gar nicht so schwer, aber dann die Zivilisten zu finden, erwies sich als kompliziert. Dennoch schaffte ich es.

Sie nahmen mich auf und hörten meine Geschichte. Sie erzählten mir, dass sie gegen den Krieg waren und keinerlei böse Absichten gegenüber den Menschen hatten. Allerdings konnten sie sich nicht gegen die Überzahl der Wrangler wehren und verhielten sich deswegen ruhig, fast wie Sklaven.

Ein Mönch namens Arcanus erzählte mir von einer Truppe Siedlern, die vor vielen, vielen Jahren losgezogen waren, um neue Planeten zu bewohnen. Sie gerieten in einen Magnetsturm, wurden getrennt und man hörte nie wieder von ihnen...hörten nie wieder von ihnen...“

„Ja“, unterbrach Commander Eagle ihn, „Genau dieser Mönch hat mir damals auf meiner Flucht geholfen und die gleiche Geschichte erzählt. Ich glaube ihm, denn aufgrund unserer bisherigen Forschungen über Magnetstürme könnte es in der Tat möglich sein, in eine andere Dimension zu gelangen. Sicherlich hat Arcanus Ihnen auch die Köpfe von Moai gezeigt. Meiner Meinung nach sind sie nur dadurch zu erklären, dass die Zivilisten in der Phantomzone die Nachkommen der verschollenen Siedler sind.“

„Ich stimme Ihnen zu, Commander Eagle“, nickte Commander Hikari. „Eine andere Erklärung gibt es nicht, vor allem, da sie sogar die gleiche Bezeichnung für die Steinköpfe haben. Außerdem gibt es noch viele andere Gemeinsamkeiten.

Auch wenn ich auf die Unterstützung der Zivilisten zählen konnte, dauerte es doch mehr als ein Jahr, bis ich endlich zurückkehren konnte. Wir mussten aus bruchstückhaften Informationen die Technologie des Dimensionssprunges neu entwickeln.

Während dieser Zeit taten sich erschreckende und beunruhigende Ereignisse auf Helperidese. Der Phantomplanet wurde wieder aufgebaut und inzwischen wieder aufgerüstet, um einen neuen Schlag gegen die Menschheit auszuführen. Ich bin gekommen, um euch zu warnen. Wenn wir einen neuen Krieg verhindern wollen, müssen wir angreifen – diesmal in der Phantomzone! Einen anderen Weg gibt es nicht.“

„Aber wer ist der Anführer?“, fragte April aufgeregt.

„Das konnte ich noch nicht herausfinden. Aber wir haben genug Zeit, uns einen Plan auszudenken. Die Outrider befinden sich noch im Frühstadium des Aufrüstens. Viele Informationen sind bei der Zerstörung des Phantomplaneten verloren gegangen und viele Ressourcen müssen erst wieder beschafft werden. Außerdem haben die Outrider immer noch ein Energieproblem. Wir müssen damit rechnen, dass vielleicht bald wieder vermehrt Angriffe auf Transporter mit Antromitkristallen stattfinden werden. Hieraus gewinnen die Phantomwesen die meiste Energie, aber in der Phantomzone gibt es kaum Vorkommen dieses Gesteins.“

„Ich kann mir aber nicht vorstellen, dass die Outrider durch diese Angriffe ihren taktischen Vorteil aufgeben werden“, sagte Prinz Roland mit seinem französischen Akzent. „Sie planen bestimmt wieder einen Überraschungsangriff. Sie können sich sicher sein, dass wir nicht mit weiteren Angriffen rechnen.“

„Ja, das ist möglich“, stimmte König Jared seinem Sohn zu. „Aber wir müssen auf alles vorbereitet sein. Die Outrider sind unberechenbar.“

„Sie haben beide Recht“, sagte Commander Hikari. „Wir brauchen jedenfalls einen sehr gut ausgearbeiteten Plan. Wir müssen ganz genau überlegen, wie wir vorgehen wollen, welche Waffen wir brauchen, welche Personen noch eingeweiht werden müssen. Vor allem brauchen wir noch mehr Informationen darüber, was in der Phantomzone vor sich geht.“

„Commander“, begann König Jared, „zuerst sollten wir jedoch eine Pause machen. Sie sind sicherlich erschöpft von ihrer Reise, ebenso wie Commander Eagle und die Star Sheriffs.“ Er warf einen prüfenden Blick auf seine Armbanduhr.

„Wir sind jetzt schon seit vier Stunden hier. Vielleicht sollten wir einen kleines Mittagessen einnehmen, bevor wir uns an die eigentliche Ausarbeitung heranwagen?“

Der König bekam von allen Seiten zustimmendes Nicken.

„Also, dann ist es beschlossen. Mein Sohn wird Ihnen ihre Gemächer zeigen. Da Ihre Ankunft streng geheim ist, bitte ich Sie, sich nur in diesem Teil des Schlosses aufzuhalten und in dem kleinen Garten am Ende des Ganges. Er ist strengstens bewacht.“



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