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Das Erbe der Drachen - Band 1

Der Drachenkrieg
von

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Der Echsenritter

at HelloKitty: Danke für dein Lob. Ich hoffe, ich erfülle deine Erwartungen auch weiterhin. ^^

Nun aber viel Spaß mit dem neuen Kapitel. ^^

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Ryu lag wach und konnte nicht einschlafen. Immer wieder kam ihm die Frage in den Sinn, was der weinroter Punkt bedeuten sollte. Schließlich hielt er es nicht mehr aus und stand auf. Leise verließ er die Taverne in der immer noch einige Leute an den Tischen saßen und Ryu finster anblickten. Er folgte dem Punkt auf dem Drachenauge und gelangte immer weiter in die Stadt. Glühwürmchen flogen durch die Luft und erhellten den Marktplatz gespenstisch. Ungewöhnlich viele Geflügelte waren um diese Zeit hier versammelt, doch niemand beachtete Ryu. Es wurde nicht einmal gesprochen. Eine gespenstische Stille herrschte auf dem Platz und ließ Ryu frösteln. Plötzlich hörte er die Stimme eines Mannes, darauf folgte die bekannte Stimme von Ruth und dann noch einmal die Stimme einer Frau. Ryu folgte den Stimmen und sah um die Ecke. Ruth stand neben ihrem Laster und vor ihr stand ein blonder Mann und daneben stand - Ryu schüttelte seinen Kopf, um klar zu werden - Seline. Sie stand neben diesem großen Mann und lächelte Ruth traurig an. Ruth sagte etwas und Seline nickte knapp und antwortete. Ryu drehte sich um und wollte wortlos verschwinden, bevor der Drache in ihm wieder erwachte, aber er stieß mit dem Fuß gegen einen Blumentopf, der laut klirrend umfiel und zerbrach. Keiner der Geflügelten sah auf. Ryu wandte den Blick wieder in die Gasse in der Ruths Wagen stand - und sah direkt in den Lauf einer neumodischen Pistole, die mit Magie betrieben wurde. Unbewusst hielt Ryu die Luft an und sein Blick glitt hoch zum Gesicht des Schützen. Ryu atmete wieder aus. Es war Seline, aber sie schien ihn nicht zu erkennen, denn ihr Blick blieb eiskalt. Sie entsicherte ihre Waffe und sagte scharf: >>Okay, hebe langsam deine Arme und steh' auf. Aber langsam!<<

Ryu tat, was sie gesagt hatte, hob die Arme und richtete sich wieder auf. In dem Moment flog eines der Glühwürmchen vorbei und erhellte Ryus Gesicht. Seline wurde bleich, ihre Augen weiteten sich und langsam ließ sie ihre Waffe sinken.

>>Ryu?<<, flüsterte sie ungläubig. >>Bist du es wirklich?<<

Er nickte. Seline steckte ihre Waffe ein und fiel Ryu stürmisch um den Hals. Ryu löste sich aus ihrer Umklammerung und fragte das erste, was ihm einfiel: >>Wo warst du? Warum bist du nicht zurückgekommen?<<

Seline blickte betroffen zu Boden und Ruth und der Mann kamen um die Ecke. Aber es war nur ein Mann; Damian hatte von zwei Männern geredet.

Der Mann flatterte wie verrückt mit den Armen und fragte hektisch: >>Seline, hat er dir was getan? Warum weinst du?<<

Seline schüttelte den Kopf, legte ihre Hand auf Ryus Schulter und antwortete: >>Aber nein, Andre. Das ist mein Bruder Ryu.<<

>>Der Drachenkaiser?<<

Andre kniff die Augen zusammen. >>Was macht er hier?<<

Seline sah Ryu fragend an, aber der antwortete ausweichend: >>Ich suche jemanden.<<

>>Und wen?<<, fragte Andre.

Ryu wusste sofort, dass er Andre nicht leiden konnte und antwortete daher, das erste, was ihm einfiel: >>Den Göttlichen.<<

Als ihm klar wurde, was er gesagt hatte, schlug er sich die Hand vor den Mund und beschimpfte sich in Gedanken heftigst. Andre schlug sich ebenfalls die Hand vor den Mund und brach in schallendes Gelächter aus. Ryu verschränkte die Arme vor der Brust und unterdrückte den Zorn, der in ihm hochstieg. Seline setzte zu einer scharfen Erwiderung für Andre an, als plötzlich schlurfende Schritte erklangen. Seline legte ihre Hand auf ihre Waffe, aber es war nur Russel, der aus dem Schatten auftauchte. Mit vorwurfsvoller Miene wandte er sich an Ryu und sagte ebenso vorwurfsvoll: >>Kaiser Ryu, Ihr solltet um diese Zeit nicht mehr hier draußen sein. Das könnte gefährlich werden.<<

>>Russel, stimmt etwas nicht mit dir?<<, fragte Ryu, dem Russels Verhalten seltsam vorkam. Plötzlich zog Russel sein Schwert und lief weiter auf Ryu zu, während er zu ihm sagte: >>Ungehorsam ist keine Tugend, Kaiser Ryu. Dafür werdet Ihr jetzt sterben!<<

Ryu zog automatisch sein Schwert und hielt es vor sein Gesicht. Russels Schwert traf klirrend auf das seine auf. Ryu wich zur Seite aus und versuchte Russel das Schwert aus der Hand zu schlagen, aber er wich flink aus und schien mit Ryu mehr zu spielen, als ihn wirklich verletzen zu wollen. Er tänzelte um den Drachenkaiser herum und stieß von Zeit zu Zeit mit seiner Klinge gegen Ryu, der immer langsamer auswich. Seline hatte ihre Waffe auf Russel gerichtet, aber er bewegte sich so schnell, dass sie das Risiko eines Fehlschusses nicht eingehen wollte. Ryu sah auf Russels Schwert und da fiel ihm ein, dass Russel Linkshänder war, aber dieser Kämpfer hielt das Schwert in der rechten Hand und das Symbol auf dem Anhänger um seinen Hals war ebenfalls spiegelverkehrt. Russel fuhr wieder vor und verletzte Ryu an seinem rechten Arm. Etwas Blut floss aus der Wunde und tropfte auf den Boden. Ryu war zwei Sekunden von Russel abgelenkt, die dieser nutzte, um Ryu an die Wand zu schleudern. Ein roter Schleier fiel vor seine Augen, er hörte wie Seline auf Russel schoss und sah noch wie dieser auf das Dach eines Hauses sprang und aus seiner Sicht verschwand, bevor er selbst ohnmächtig wurde.
 

***
 

Kai schlug wieder die Augen auf und sah sich um. Im ersten Moment wusste er erneut nicht wo er war, aber dann fiel ihm der Schiffbruch wieder ein. Er dachte über die Schlange nach, die das Schiff zerstört hatte. Der Meister der Schlange war kein Mann gewesen: er war sich völlig sicher, dass es eine Frau gewesen war.

Das Winseln eines Hundes unterbrach seine Gedanken. Kai setzte sich auf und sah sich nach dem Hund um. Das Winseln kam jedoch nicht von einem Hund, sondern von einem Schwarzwolf, dessen linke Hinterpfote verletzt war. Kai stand auf und lief auf den Wolf zu. Sweety hatte ihn Mickey genannt, aber Kai hatte das Gefühl, dass sein Name Killey war. Er kniete sich neben den Wolf und legte seine Hände auf dessen Pfote. Der Wolf zuckte nur zusammen und aus irgendeinem Grund hatte Kai keine Angst, weil er wusste, dass dieser Schwarzwolf zahm war. Ein blassgrünes Licht leuchtete an der Pfote auf und die Wunde war verschwunden. Killey setzte sich auf und leckte über Kais Hände.

>>Wo ist Lionheart?<<, fragte Kai leise.

In einem Traum hatte er gesehen wie Kaiser Ryu Lionheart mit Killey zurück nach Drakani geschickt hatte. Killey winselte traurig und blickte zu Boden.

>>Was ist passiert?<<, fragte Kai weiter.

Killey hob wieder den Kopf und antwortete: >>Im Land der schwarzen Magier wurden wir vom Echsenritter, der sich als Kaiser Albus verkleidet hatte angegriffen. Er tötete Lionheart, aber ich konnte verletzt entkommen. Sweety hat mich gefunden und versucht mich zu heilen. Es hat nicht funktioniert. Aber ich kann sie sowieso nicht leiden.<<

>>Nur weil sie dich nicht heilen konnte?<<

>>Redest du immer mit dem Hund?<<, fragte Sweety.

Sie war hereingekommen ohne, dass Kai sie bemerkt hatte. Scheinbar hatte sie Killey nicht gehört. Kai schüttelte den Kopf. >>Nein, nicht immer. Danke, dass du mir geholfen hast. Wie soll ich dir je dafür danken?<<

Sweety errötete leicht und sagte: >>Ich wüsste da schon etwas.<<

Sie kam näher, legte ihre Hände auf Kais Schulter und bewegte ihr Gesicht näher an das von Kai. Ihm war die Situation mehr als unangenehm. Er wich einen Schritt zurück und trat dabei unabsichtlich auf Killeys Pfote. Der Schwarzwolf fuhr jaulend auf und biss Kai reflexartig in die rechte Hand. Sweety fuhr erschrocken zurück und Killey verkroch sich unter dem Bett. Kai betrachtete seine blutende Hand, aber er fühlte keine Schmerzen. Er fuhr mit seiner linken Hand darüber und die Wunde und das Blut verschwanden. Sweety sah fassungslos auf die Hand und fragte ängstlich: >>Wie hast du das gemacht?<<

Kai seufzte und begann Sweety alles zu erzählen.
 

***
 

Ryu schlug die Augen auf und blickte in das Gesicht eines Mannes, den er noch nie zuvor gesehen hatte. Vermutlich war es Selines anderer Reisebegleiter. Der Mann lächelte. Ryu fragte: >>Wo ist Seline?<<

>>Im Nebenraum.<<, antwortete der Mann mit einer angenehm weichen Stimme. >>Sie macht Andre gerade fertig, weil er über die Legende des Göttlichen gelacht hat.<<

Im selben Moment hörte Ryu die erzürnte Stimme seiner Schwester, die einen schimpfenden Monolog hielt. Andre kam überhaupt nicht zu Wort. Der Mann hörte auf zu lächeln und sagte: >>Ich bin übrigens Neko. Ich kenne die Legende des Göttlichen sogar auswendig.<<

>>Was ist los mit mir?<<

>>Nichts. Ihr seid ohnmächtig geworden als Ihr an die Wand geschleudert wurdet.<<

>>Was ist mit Russel?<<

>>Eure ganze Gruppe ist vor wenigen Minuten in diesem Gasthaus angekommen. Soll ich Russel holen?<<

Ryu schüttelte den Kopf und stand auf. >>Nicht nötig. Ich werde selber hinuntergehen und nach ihm sehen.<<

Neko nickte verstehend und ließ Ryu aus dem Bett aufstehen und zur Tür gehen.

In der Halle des Gasthofes saß tatsächlich Ryus gesamte Gruppe und döste vor sich hin. Russel hörte Ryus Schritte zuerst und sah auf. Er lächelte kaum merklich, aber Ryu musste immer noch an den letzten Abend denken.

>>Was ist passiert, Ryu?<<, fragte Russel.

>Das solltest du doch am besten wissen!<, wollte Ryu erwidern, aber antwortete stattdessen: >>Nichts besonderes. Es kam zuviel an einem Abend zusammen. Das ist alles.<<

Andre kam geknickt die Treppe herunter, dicht gefolgt von Seline. Andres Augen weiteten sich, als er Russel erblickte und bevor Ryu ihn aufhalten konnte, fragte er: >>Ist das nicht der Kerl, der uns gestern angegriffen hat?<<

Seline gab Andre einen Stoß in den Rücken. Wäre er darauf vorbereitet gewesen, hätte es ihm nichts getan, aber, weil es völlig unvorbereitet kam, stürzte er und fiel die Treppe hinunter. Benommen blieb er am Treppenabsatz liegen, während die anderen fassungslos Seline ansahen - alle bis auf Russel.

>>Warum so gewalttätig heute, Seline?<<, fragte er trocken.

Seline sah ihn an, als ob sie ihn erst jetzt bemerkte und antwortete: >> Er ist selber schuld. Wenn dieser Idiot nicht immer soviel reden würde, müsste er nicht so viele Schmerzen leiden.<<

>>Was meinte er damit?<<, fragte Russel weiter. >>Ich möchte wissen, was ich gemacht habe!<<

Seline seufzte und erzählte in aller Schnelle, was in der letzten Nacht passiert war.

Am Ende ihres Berichtes schüttelte Russel den Kopf. >>Ich habe letzte Nacht tief geschlafen - und ich schlafwandele nicht. Außerdem würde ich so etwas nie tun. Es muss eine andere Erklärung dafür geben.<<

Seline sah ihn skeptisch an und entgegnete: >>Weißt du, Russel, ich kenne dich - manchmal sogar besser, als mir lieb ist - und ich muss sagen, dass du als einziger in Frage kommen könntest, wenn es um den versuchten Mord am Drachenkaiser geht.<<

In Russels Augen blitzte etwas auf.

>>Du weißt genau, dass ich damit aufgehört habe als ich dich traf!<<, rief er wütend.

>>Was? Womit hat er aufgehört?<<, fragte Ryu verwirrt.

Russel, der inzwischen aufgestanden war, kniete sich vor Ryu nieder und sagte demütig: >>Verzeiht mir, Ryu, aber ich war einst ein Drachentöter. Ich tötete unzählige böse gewordenen Drachen.<<

>>Was ist so schlimm daran?<<, fragte Lain.

>>Nun, du kannst auch nicht einfach einen Menschen töten, wenn er kriminell geworden ist.<<, antwortete Damian.

>>Oh, ach so.<<

>>Steh auf!<<, sagte Ryu gereizt zu Russel.

Der grünhaarige Kämpfer stand geknickt wieder auf.

>>Woher kennt ihr euch?<<, fragte Ryu Seline und Russel.

Beide sahen sich verächtlich an und Russel antwortete: >>Das ist eine lange Geschichte,...<<

>>...die aber schnell erzählt ist.<<, warf Seline ein. >>Wir haben uns in einer Drachenhöhle getroffen. Ich kam gerade dazu, als er einen wilden Drachen getötet hat. Seitdem werde ich von dieser seltsamen Gruppe, diesen >Slayers< verfolgt. Und das ist alles Russels Schuld!<<

>>Wieso das?<<, empörte dieser sich.

>>Dieses seltsame Juwel, das du eingesteckt hast, ist daran schuld. Was war das überhaupt?<<

>>Du meinst das?<<

Russel zog eine bunte Kugel aus seiner Tasche und zeigte sie Seline. Die Kugel leuchtete in allen Regenbogenfarben und erhellte den Raum. Seline nickte und seufzend erzählte Russel: >>Das ist das Herz eines Drachen. Es ist wirklich sehr kostbar und kann magische Fähigkeiten um das hundertfache verstärken. Ich kam ins Land der Geflügelten, weil ich vorhatte das Herz hier zu verkaufen. Da niemand es wollte, bin ich durch Zufall in ein Turnier geplatzt. Da ich schon da war, dachte ich mir ich könnte auch gleich an dem Turnier teilnehmen; ich habe eh eine Bleibe und einen Job gesucht. Dann wurde ich durch meinen Sieg der Leibwächter der Prinzessin.<<

>>Aber warum verfolgen die mich?<<, fragte Seline.

>>Ich hab' so getan, als ob ich dir das Herz gegeben hätte, damit die mich in Ruhe lassen. Es hat auch ganz gut geklappt, bis der König herausgefunden hat, dass ich der grüne Lord bin. Dadurch sind einige der Slayers jetzt wieder auf mich aufmerksam geworden. Vielleicht kommt dieser >Doppelgänger< von denen?<<

Seline schwieg und sah an Ryu vorbei. Er selbst fühlte sich komisch: jetzt hatte er seine Schwester (die er seit acht Jahren nicht mehr gesehen hatte) wiedergefunden und wusste nicht was er sagen oder tun sollte. Einerseits verachtete er sie, weil sie ihn allein gelassen hatte, aber andererseits liebte er sie. Sie war seine Lieblingsschwester, weil sie sich nichts vorschreiben ließ und ihr Leben so lebte, wie sie es wollte - und nicht wie andere es von ihr verlangten. Dabei hatte gerade dieser Lebensstil sie dazu gezwungen immer auf der Flucht zu sein. Dieser Gedanke brachte Ryu darauf, dass es ihm auch so gehen würde, wenn er nicht bald aus diesem Land herauskommen würde. Ryu verschränkte die Arme vor der Brust und sagte scharf: >>Leute, wir sollten demnächst gehen. Es wird Zeit, dass wir wieder nach Drakani kommen.<<

Die anderen nickten. Seline sah zu Andre, der sich auf die letzte Stufe der Treppe gesetzt hatte. >>Wir werden nicht mitgehen. Wir bleiben hier noch eine Weile.<<

>>Warum?<<, fragte Lionet ratlos über die plötzliche Kehrtwende von Seline.

>>Das hat keinen besonderen Grund.<<, antwortete Seline ausweichend.

Ein fataler Fehler von Seline, denn gerade dadurch wurde das Interesse der Gruppe geweckt. Maryl wollte zu einer weiteren Frage ansetzen, aber Ryu unterbrach sie: >>Egal. Wir müssen jetzt gehen. Vergesst nicht, dass ich in diesem Land nicht willkommen bin und wir mit zwei Flüchtenden hier sind. Wir sollten also versuchen einen Weg über die Grenze zu finden.<<

Maryls Gesicht erhellte sich und munter sagte sie: >>Ich weiß einen Weg! Als kleines Kind habe ich mich oft über die Grenze geschlichen.<<

>>Warum denn?<<

>>Ich wollte so gerne einen echten Drachen sehen, aber mir ist nie einer begegnet.<<

Seline sah Ryu deprimiert an und sagte stockend: >>Nun, dann trennen sich unsere Wege hier wieder. Sag' Joy schöne Grüße von mir. Leb' wohl.<<

Seline drehte sich wieder um und lief hastig die Treppe hinauf. Ryu sah ihr schmerzerfüllt hinterher, aber immerhin war sein Zorn gegen sie verflogen. Er atmete tief ein und sagte: >>Gehen wir. Es wird Zeit. Maryl, führst du uns an die Stelle?<<

Sie nickte. Die Gruppe verließ das Gasthaus ohne sich noch einmal nach Andre umzusehen.

Maryl führte sie aus der Stadt hinaus. Entlang der Grenzmauer liefen sie zehn Minuten nach Westen, bevor Maryl stehenblieb und auf eine Stelle an der Mauer deutete, die mit Efeu überwuchert war. Russel zog die Efeuranken auseinander und ein großes Loch zeigte sich in der Wand.

>>Hier bin ich immer über die Grenze.<<, sagte Maryl und man konnte deutlich den Stolz hören, der in ihrer Stimme mitschwang.

Die Gruppe kletterte durch das Loch und Ryu sah sich auf der anderen Seite um. Kein Grenzposten war in der unmittelbaren Nähe zu sehen.

>>Wir müssen nur Richtung Nordosten laufen, dann kommen wir zu einer Fähre, die uns nach Drakani bringt.<<

>>Woher weißt du das so genau?<<, fragte Lionet.

>>Ich war Prinzessin. Ich muss über alles informiert sein.<<

Alle, bis auf Damian, grinsten und liefen in die angegebene Richtung. Russel lief neben Ryu und Damian her und dachte angestrengt über etwas nach. Lionet, Lain und Maryl liefen ein Stück hinterher und unterhielten sich über Dinge, die Ryu nicht interessierten. Russel verschränkte seine Arme hinter seinem Kopf und sagte nachdenklich: >>Ob Seline weiß, dass dieser Andre zu den Slayers gehört?<<

Ryu sah ihn erschrocken an. >>Andre gehört wirklich zu denen?<<, hakte er nach. >>Bist du dir ganz sicher?<<

>>Sein Codename ist Gaia. Er ist einer der besten Auftragskiller, die es gibt. Mir scheint, er hat sich in Seline verliebt. Selbst der Stärkste wird schwach, wenn er sich in seinen Feind verliebt, nicht wahr?<<

Weder Ryu noch Damian sagten etwas und schweigend liefen sie nebeneinander weiter. Die gedämpfte Stimme von Maryl klang nach vorne; wahrscheinlich erzählte sie gerade von Russel. Plötzlich trat Lionet neben Russel und lief schweigend neben ihm her. Russel drehte den Kopf und fragte: >>Is' was?<<

Obwohl Russel noch nicht lange dabei war, wusste er sofort, dass etwas mit Lionet nicht stimmte; der sonst so fröhliche junge Mann war ernst und benahm sich sonderbar. Er schwieg und lief einfach stur immer weiter. Auf einmal krähte Lionet aus dem Hintergrund: >>Und dann kam da dieser große, schuppige, blaue Drache und hat mich in 'nen Eisklotz verwandelt!<<

Russel lief langsamer und fragte Lionet, der neben Lain herlief: >>Hast du heute morgen in den Spiegel in der Taverne geschaut?<<

>>Ja. Wieso?<<, fragte Lionet verwirrt.

Russel nickte nach vorne. Lionet folgte seinem Blick und nach einem Augenblick wich jegliche Farbe aus seinem Gesicht und dem der Frauen.

>>Was bedeutet das?<<,wisperte Lain entsetzt.

Russel zog sein Schwert und lief langsam auf Lionets Doppelgänger zu. Dieser drehte sich um und sah Russel ausdruckslos in die Augen. Ryu und Damian waren ebenfalls stehengeblieben und sahen sich fragend nach den anderen um. Der Doppelgänger grinste, was aber eher an eine Grimasse erinnerte. Der Doppelgänger verschwand - und knapp eine Sekunde später erschien ein schuppiges, zweibeiniges Wesen mit einer Rüstung wie auch der Phönixritter sie getragen hatte. Das Wesen lachte rasselnd und sagte: >>Ich bin der Echsenritter und ich bin viermal stärker als der Phönixritter. Ihr werdet kein leichtes Spiel mit mir haben.<<

Ryu hob die Hand mit dem glühenden Ring, aber Russel schmunzelte und entgegnete: >>Den besiegen wir auch so. Da brauchen wir unsere Ringe nicht oder Maryl?<<

Sie nickte und stellte sich in Kampfposition. Was Ryu wunderte war, dass Maryl über keinerlei Waffe verfügte. Russel lachte durch die Nase und entgegnete auf Ryus stumme Frage: >>Sie braucht keine Waffe. Die Magie ist ihr Schwert.<<

Ryu zuckte die Schultern und auch die anderen, bis auf Lionet zogen ihre Waffen. Ryu zog sein Schwert, Damian seinen Rapier und Lain die Peitsche, die sie von ihrem Vater bekommen hatte.

Kühl sah der Echsenritter sie aus roten Augen an. Er zog ein Zweihänderschwert, das er locker in einer Hand hielt. Bevor noch einer der anderen reagieren konnte, lief Russel auf den Ritter zu und zog sein Schwert vor ihm runter. Doch der Echsenritter wich behende aus. Maryl schoss eine Feuerkugel auf den Ritter ab, der erneut auswich. Russel knurrte zornig und startete einen neuen Angriff, den der Echsenritter leichthändig konterte. Damian wagte ebenfalls einen Vorstoß , aber der Ritter packte Russel und warf ihn Damian entgegen. Damian taumelte und fiel nach hinten, während Russel mühsam seine Balance wiederfand. Maryl schoss noch eine Feuerkugel ab, aber wieder wich der Echsenritter aus und erschien diesmal hinter Lain. Reflexartig ließ sie hinter sich die Peitschenschnur durch die Luft knallen. Der Ritter packte lachend die Peitsche und zog Lain mit dem Rücken zu sich heran. Er legte seinen Arm um ihren Hals, um sie festzuhalten, riss ihr die Peitsche aus der Hand und warf diese fort. Lains Fingernägel gruben sich tief in die weiche, schuppige Haut des Ritters; die Haut gab nach wie ein Schwamm und auch die Stellen, die Lains Hals berührten fühlten sich an wie ein steiniger Schwamm und ließ Lain schaudern. Flehend blickte sie den Rest der Gruppe an. Lionet wich ein Stück zurück und fragte mit zitternder Stimme: >>Können wir nicht doch die Ringe benutzen? Bitte!<<

>>Nein!<<, schnauzte Russel ihn an. >>Ich werde mir vor dem Salamander nicht so eine Blöße geben! Niemals!<<

>>Aber Russel...<<, begann Ryu, wurde jedoch von Lains ersticktem Gurgeln unterbrochen als der Echsenritter den Druck auf ihren Hals verstärkte.

>>Jetzt wäre es sowieso zu gefährlich.<<, sagte Russel.

Ryu richtete seinen Blick wieder auf den dämonischen Ritter. Jede restliche Farbe war aus dem Gesicht des Drachenkaisers gewichen. Lionet rang flehend die Hände. >>Russel!<<

Russel runzelte die Stirn hinter der er einen inneren Kampf ausfocht. Schließlich schüttelte er doch wieder den Kopf. >>Nein! Es ist viel zu gefährlich für Lain!<<

Der Echsenritter lachte und verstärkte den Druck noch einmal. Lain spürte panisch wie ihre Kräfte erlahmten und ließ ihre kraftlosen Arme sinken. Der Ritter wandte seinen Blick nach rechts zu einem Vogel, der auf dem Rasen landete und zwitscherte. Russel erkannte seine Chance, stürzte vor und stach in den Arm des Echsenritters. Der Dämon schrie auf und ließ Lain los. Sie lief zu ihrer Peitsche und nahm diese wieder auf. Spielerisch ließ sie die Lederschnur durch die Luft knallen. Das überhebliche Grinsen des Echsenritters erlosch. >>Sterbt!!<<

Er schoss einen grünen Energiestrahl auf Russel ab, der leichtfüßig auswich. Russel sprang erneut vor und zog sein Schwert über den Oberkörper des Echsenritters, aus dem sofort grünes Blut heraus schoss. Es verklebte Russels Haare und spritzte in seine Augen. Er schrie auf und versuchte das Blut aus seinen Augen zu reiben. Der Echsenritter holte zu einer neuen Attacke aus, aber bevor er angreifen konnte, schoss Maryl eine erneute Feuerkugel ab. Der Feuerball traf den Echsenritter völlig unvorbereitet und er ging in Flammen auf. Der Ritter stieß einen hohen schmerzenden Schrei aus und hatte sich binne fünf Sekunden in Asche verwandelt. Nur die schwarze Mithrilrüstung war noch völlig unberührt - abgesehen von dem Riss, den Russels Schwert darin hinterlassen hatte. Gedankenverloren steckte Ryu sein Schwert wieder ein, worauf auch die anderen ihre Waffen wieder einsteckten. Russel saß auf dem Boden und versuchte immer noch das grüne Blut aus seinen Augen zu wischen. Maryl kniete sich neben ihn und sagte: >>Komm! Hier in der Nähe ist ein Fluss; da kannst du deine Augen auswaschen.<<

Sie half ihm hoch und führte ihn am Arm in Richtung Wald. Damian, Ryu, Lain und Lionet folgten ihnen langsam. Lionet runzelte die Stirn. >>Wie kam es eigentlich, dass Russel den Echsenritter verletzen konnte? Er trug doch immerhin eine Mithrilrüstung.<<

Ryu sah auf Russels Schwert, das er aufgehoben hatte. Seltsame Zeichen waren darauf zu sehen. Zeichen, die Ryu seltsam vertraut vorkamen. >>Ahh, das ist die alte Schrift der Götter.<<

>>Kannst du's lesen?<<, fragte Lain.

>>Mehr oder weniger. Ich bin nicht ganz sicher, aber es heißt soviel wie >Nur der ... des Windes kann dieses Schwert führen<. Das eine Wort ist Sao; das kann ich nicht übersetzen. Ich vermute, dass es Lord heißen soll, aber die Sprache ist uralt.<<

Die Gruppe schwieg und überlegte vor sich hin. Russel saß am Fluss und wusch sich mit Hilfe von Maryl das Gesicht und die Haare, wobei seine Kleidung völlig durchnässt wurde. Maryl lachte laut auf, worauf Russel sie spaßeshalber ins Wasser warf. Prustend tauchte sie wieder auf und fiel nach einigen Sekunden in Russels Gelächter mit ein. Damian schüttelte betrübt den Kopf und murmelte: >>Sowas von kindisch.<<

Ryu, Lain und Lionet lächelten und schwiegen.
 

***
 

Ignis sah auf die Holzhütte in der, der Göttliche sie aufhielt. Sie lächelte matt und überlegte sich im Stillen, wie sie Kai am besten töten könnte.

Zwanzig ihrer Phantome erschienen aus dem Boden, obwohl es Tag war. Das hieß, dass die Macht des Bösen zugenommen hatte - und dieser Idiot von einem Menschenkönig half ihnen durch seinen Hass auch noch dabei!, dachte Ignis bei sich. Er hoffte dafür belohnt zu werden, aber natürlich würde Melzesa ihn trotzdem töten - denn immerhin war Luke nur ein schwächlicher Mensch. Ein Mensch, der nach Macht strebte, aber von dem vertrauten Dunkel hintergangen wurde.

Ignis hob die Hand und deutete stumm auf die Hütte. Die Phantome verstanden und stürmten los.



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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Von: abgemeldet
2004-07-17T18:28:26+00:00 17.07.2004 20:28
>... müsste er nicht so viele Schmerzen leiden.
"...müsste er nicht so voiele Schmerzen erleiden." passt besser.

Ich glaube in diesem Kapitel war nch was komisches, aber ich hatte es nicht angestrichen in meinem Ausdruck, weil ich nsicher war.


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