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My Beloved Enemy

JoeyxSeto/JonoxSeth u. a.
von

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Thoughts

So, nachdem ich mich bei TCFG breiter als breit gemacht habe, jetzt mal ein anderes Fandom, das ich durch Shonen-Ai besonders lieb gewonnen habe: Yu-Gi-Oh!

^___^

Mein Lieblingspairing ist Joey+Seto und um die gehts hauptsächlich. Bitte schaut mal vorbei, ich würde mich sehr über Kommis freuen! *liebschau*
 

Kapitel 1: Thoughts
 

Ich denke, ich sollte wohl glücklich sein.

Genaugenommen.

Immerhin bin ich bereits Millionär, trotz meines jungen Alters, und Leiter der Kaiba-Corporation. Ich habe einen kleinen Bruder, der mich über alles liebt und der auch mir mehr bedeutet als alles andere. Das ist ungewöhnlich für mich. Warum?

Weil ich eigentlich ein Egoist bin.

Außer mir selbst interessiert mich niemand. Die einzige Ausnahme stellt Mokuba dar.

Ich bin ein begnadeter Duel-Monsters-Spieler, ich besitze Geld, Autos, Häuser....davon träumen sicher viele Menschen - reich zu sein. Sie halten mich für einen der glücklichsten Menschen, die es gibt. Lange Zeit glaubte auch ich daran, weil ich es nicht besser wusste. Sicher, Mokuba ist bei mir, er ist meine Familie, meine einzige Familie. Aber was habe ich sonst erreicht? Mein Dasein ist nicht mit dem angefüllt, was das anderer Jugendlicher ausmacht. Wenn sie in die Disco gehen, tanzen und Spaß haben, gehe ich zu einer Konferenz. Wenn sie mit ihren Freunden etwas unternehmen, sitze ich hinter meinem Schreibtisch und widme mich dem Geschäft. Was sollte ich auch anderes tun? Mir fehlen schließlich diese Freunde, mit denen ich losziehen könnte. Vielleicht ist es wahr, was Mokuba mir einmal gesagt hat. Dass ich ihn in mein Herz gelassen habe, ihn und die Firma, aber dass die Firma so viel Platz in meinem Inneren beansprucht, dass nur noch für wenige weitere Menschen Gefühle darin existieren können. Ja, ich dachte dennoch, ich sei glücklich. Aber seit einiger Zeit ist es nicht mehr wie früher. Seit ich gesehen habe, was Freundschaft zu bewirken in der Lage ist, habe ich zu zweifeln begonnen. Yugi hätte es im Königreich der Duellanten sicher nicht so weit gebracht ohne die Unterstützung seiner Freunde. Sie alle waren für ihn da, haben ihn angefeuert, ihm Mut zugesprochen, nie ihren Glauben an ihn verloren und ihm somit den Rücken gestärkt. Sie alle: Tristan, Tea, Mei, Bakura und....

Mein Gedankengang bricht abrupt ab und ich schüttele wild den Kopf. Warum kann er mich nicht in Ruhe lassen? Warum muss er sich ständig wieder in meinen Geist drängen, obwohl ich versuche, ihn zu vergessen? Ich habe sogar schon von ihm geträumt, Dinge, die ich nicht träumen sollte....Dinge wie....meine Hände durch sein goldblondes Haar streicheln zu lassen, ihn zu berühren, ihn zu....küssen....

Ausgerechnet IHN!!

Er war ein schlechter Duellant zu Anfang der ganzen Geschichte. Ein Versager, ein Nichtskönner, der typische Verlierer. Solche Kerle wie ihn habe ich immer verachtet. Ich selbst bin die Verkörperung von Ehrgeiz, von Willensstärke, ich bin ein Sieger. Aber Yugi war ein guter Lehrmeister und er hat seinem Freund eine Menge beigebracht. Ich konnte es nicht fassen, als dieser Blondschopf im Königreich der Duellanten aufgetaucht ist. Er war nach wie vor der hitzige, leicht reizbare, temperamentvolle Dummkopf, aber er war kein Verlierer mehr. Und irgendwann habe ich erkannt, dass er auch kein Volltrottel ist. Er ist ehrlich und sagt immer, was er denkt. Freundschaft geht ihm über alles, er ist bereit, sich für die Menschen, die ihm etwas bedeuten, jederzeit einzusetzen, sogar bis an die Grenzen seiner Belastbarkeit. Er besitzt Mut, einen enormen Dickschädel und eine ordentliche Portion Stolz und Selbstbewusstsein.

Es ist nicht fair.

Ich meine....

....warum konnte er nicht der Verlierer bleiben, anstatt zum Sieger aufzusteigen?

Ich musste ihm seinen richtigen Platz zuweisen, den unter mir, weit abgeschlagen von meiner Position. Ich habe ihn beleidigt, herausgefordert, beschimpft, nie für voll genommen, ihn abwertend behandelt und ich ließ ihn meine Kälte, meine Verachtung spüren.

Umsonst.

Immer wieder hat er den Kopf erhoben wie eine Blume nach dem Gewitter. Ich konnte ihn nicht zertreten, egal, wie oft ich es wollte. Auf die Dauer versetzten mich seine Unverfrorenheit und seine Frechheit in Zorn, wir konnten kaum noch aneinander vorbeigehen, ohne uns anzugiften. Er hat sich nichts gefallen lassen. Wie auch? Das ist nicht seine Art. Er ist stark und leidenschaftlich, von einem "fiesen Mistkerl" wie mir würde er sich niemals ins Bockshorn jagen lassen. Leidenschaftlich. Hm, ja. Wenn er spricht, wenn er sich bewegt, wenn er sich duelliert, wenn er seinen Freunden beisteht oder wenn er mir nur einen abweisenden Blick zuwirft, selbst dann....leuchten seine Augen in einem geradezu unheimlichen Feuer. Ich gebe mich prinzipiell kühl und unnahbar, in meinen Augen schimmert nichts als blaues Eis. Viele fürchten sich vor dieser Kälte und gehen mir lieber aus dem Weg. Oder sie gehorchen mir. Aber er....er ist anders. Er hat keine Angst vor mir. Nie hat er Angst gehabt. Jeder meiner Anfeindungen ist er ohne Zögern begegnet, mit erhobenem Haupt und gestrafften Schultern, jedes meiner verletztenden Worte hat er nicht einfach geschluckt, sondern mir auf seine Weise geantwortet, mit bebender, feuriger Stimme....Ich war wütend, einfach nur noch wütend auf diesen überheblichen Kerl, der es wagte, mir zu widersprechen.

War nicht ich in Wirklichkeit der Überhebliche?

Der Vertrag, den ich soeben an meinem Computer schreibe, verschwimmt vor meinen Augen und ich wische mir rasch mit dem Hemdsärmel darüber. Was ist bloß in mich gefahren?! Bereue ich es etwa, dass ich mich ihm gegenüber so arrogant und herzlos verhalten habe? Bereue ich es, ein besonderes Band von Anfang an im Keim erstickt zu haben, bevor es überhaupt entstehen konnte?

Ich darf nicht mehr an ihn denken. Ich will nicht mehr an ihn denken! Aber es gelingt mir nicht. Ständig erscheint seine Gestalt vor mir, das korngelbe Haar, die warmen braunen Augen, die so anders sind als die meinen, die kecke Nase und die wohlgeformten, sinnlichen Lippen....sein makelloser, schlanker Körper, der sich stets mit einer Anmut bewegt, die ich kaum zu beschreiben vermag....sein Lächeln....dieses tiefe, besitzergreifende, verführerische Lächeln.... wäre meine Selbstbeherrschung nicht bis zum Äußersten geschult, ich wüsste nicht, was ich tun sollte....Doch jedesmal, wenn ich sein Lächeln sehe, wenngleich es auch nicht für mich bestimmt ist, spüre ich, wie mein Herz schwach wird und dahin zu schmelzen droht....Rein äußerlich ist das natürlich nicht zu erkennen, ich habe mich schließlich in der Gewalt. Es ist schlimm genug, dass er dieses Chaos in meiner Seele auslöst! Niemand bemerkt das, sie alle stoßen in mir auf ein aus Felsen geschlagenes Bollwerk, und das ist gut so. Diese Gefühle für ihn, die so heftig auf mich einströmen, sind nicht....nicht richtig. Nicht nur, weil er wie ich ein Junge ist, sondern weil er zudem mein Feind ist.

Er hasst mich.

Und ich sollte ihn ebenso hassen, mit der gleichen Inbrunst.

Ich kann nicht.

Ich hatte angenommen, außer Mokuba und der Firma würde es niemals jemand anderen in meinem Herzen geben. Ich habe mich getäuscht. Wenn Yugi mit ihm scherzt und lacht, sie einander die Hände reichen, um sich Mut zu machen oder sie einfach einen herzlichen, vertrauten Blick untereinander austauschen, könnte ich rasend werden. Das ist wohl der Grund, warum ich den Stachelkopf so wenig leiden kann.

Ich bin eifersüchtig.

Der Computerbildschirm wird dunkel. Ich kann mich heute einfach nicht richtig konzentrieren, mir bleibt nichts anderes übrig, als den Vertrag morgen fertigzuschreiben. Mit einem Seufzer erhebe ich mich von meinem Sessel und blicke durch die Fensterfront meines Büros auf die Dächer der Stadt. Irgendwo dort draußen ist er jetzt, der hübsche Bursche mit dem dichten honigfarbenen Haar. Vielleicht unternimmt er etwas mit seinen Freunden oder übt sich im Duellieren. Irgendwo dort draußen ist er.

Mein geliebter Feind.

Joey Wheeler.
 

So, das war's auch schon wieder. Kurz, ich weiß, aber als Einstieg....

Klar, nichts Besonderes, aber ich wollte das einfach mal schreiben!

CU

Autumn

Setos Entscheidung

So, es geht weiter! Immer noch sehr kurz, aber es wird, ich verspreche es! Bitte ein paar Kommis, die motivieren zum Weiterschreiben!
 

Kapitel 2: Setos Entscheidung
 

~~ Joeys POV ~~
 

"Guten Morgen, Joey!" Yugi kommt auf mich zugelaufen und begrüßt mich mit einem strahlenden Lächeln. Der Junge ist wirklich gut gelaunt heute. Das Wochenende ist vorüber und der Ernst des Leben beginnt von neuem. Wie kann er da bloß so strahlen?! Vermutlich hat er geplant, Yami endlich mit Bakura zu verkuppeln. Diese beiden Geister der Vergangenheit sollten sich vor ihren jeweils anderen Seiten wirklich in Acht nehmen! Immerhin sind sich Yami Bakura und Yami Yugi noch nie sonderlich grün gewesen....Was bringt meinen Kumpel nur auf die Idee, sie zu einem Paar zu machen?! Wobei....vielleicht weiß er ja mehr über die Gefühlswelt des Pharaos, als ich auch nur ahnen kann....

"Mach dich dünn, Wheeler, und steh nicht so breitbeinig im Gang rum! Ein Hund wie du sollte auf der Straße herumlaufen und nicht hier!"

Na wunderbar. Nicht nur, dass ich wieder in die Schule muss, was mir eigentlich nach jedem Wochenende schwer fällt, der Tag muss auch noch mit einer klassischen fiesen Bemerkung von Mr. "Ich-bin-viel-cooler-als-ihr-alle-zusammen-also-zieht-Leine" beginnen. Als ich mich umdrehe, sehe ich den, um den nicht zu sehen ich alles gegeben hätte: Seto Kaiba, mein Erzrivale, immer mit einem selbstgefälligen, hochnäsigen und durch und durch bescheuerten Grinsen auf den Lippen, dass mir fast übel wird. Warum kann er mich nicht in Frieden lassen?!

Hat dieser ach so tolle Unternehmer nichts Besseres zu tun, als mir den lieben langen Tag mit seinen verächtlichen, spöttischen und unverschämten Bemerkungen den Nerv abzutöten?!?! Ich habe ehrlich gesagt keine Lust mehr, mich auf das Niveau dieses verdammten Angebers zu begeben, ich meine, was bildet er sich eigentlich ein? Ich bin kein ihm zu Dank verpflichteter Straßenköter, der seinem Herrchen gehorsam die Füße leckt!! Es reicht mir und zwar endgültig! Ich stopfe ihm seine blöde Fresse, hier und heute! Bevor Yugi mich mit einem gut gemeinten Lächeln davon abhalten kann, nähere ich mich dem schwerreichen Mistkerl, baue mich vor ihm auf - es ist schon zum Kotzen, dass er größer ist als ich! - und mustere ihn kalt von oben bis unten, wie er es bei mir immer getan hat. Dann lege ich so viel Ablehnung in meine Stimme, wie ich es nur fertig bringe und erwidere unfreundlich: "Halt die Schnauze, Kaiba. Sag was du willst. Es wird mir in Zukunft egal sein - so egal, wie du mir immer schon gewesen bist. Und jetzt lass mich durch, ich muss zum Unterricht."

"Du solltest aufpassen, wie du mit mir sprichst, Wheeler. Ich könnte...." Mein Blick trifft den seinen für einen kurzen, flüchtigen Moment. Ich habe meine Maske fallen gelassen und in meinen Augen steht nichts anderes als Hass. Zum ersten Mal erlebe ich, dass Seto Kaiba zurückzuckt. Was tut's! Er soll wissen, dass ich ihn hasse! Und er soll diesen Hass ruhig spüren! Er, dieser verlogene, arrogante, blasierte Bastard! Da er nicht weiterspricht, stoße ich ihn grob zur Seite und fordere Yugi auf, mich zu begleiten.

Das war deine Niederlage, Kaiba! Du weißt das - und zwar sehr genau!
 

~~ Kaibas POV ~~
 

Ich.

Möchte.

Schreien.

Nur schreien.

Warum zum Teufel muss ich mich so benehmen? Auf diese Weise werde ich ihm doch nie zeigen können, was ich für ihn empfinde! Ich bin ein Idiot!

Aber....andererseits....

Vielleicht ist es besser so. Dieser unbeugsame Hass in seinen Augen....er traf mich noch nie so plötzlich, so hart, so unvorbereitet. Aber trotz dieser dunklen Emotion leuchteten seine Augen wie eh und je....Ich mache mir doch selbst etwas vor. Er wird mich nie lieben. Wie könnte er? Und doch kann ich nicht aufhören, an ihn zu denken, mir seine Freundschaft, seine Liebe zu wünschen, auch wenn ich weiß, dass es sinnlos ist. Wie soll ich sein Herz erreichen? In seiner Nähe drehe ich regelmäßig durch, führe mich auf wie eine Giftschlange und dass nur....

Nur weil ich Angst habe.

Joey hat etwas in mir gesehen, was niemand sonst kennt, nicht einmal Mokuba. Das Kind in mir, dass viel zu früh mit der enormen Verantwortung belastet wurde, ein Imperium zu leiten. Dadurch hatte ich immer weniger Zeit für meinen kleinen Bruder und auch für mich selbst. Immer bin ich von einer Konferenz zur nächsten gehetzt, von einer Besprechung zur anderen, stets in Eile und in Zeitnot, ohne die Möglichkeit, einmal inne zu halten und ein paar vergnügliche Stunden an der Seite meiner kleinen Familie zu verbringen. Mein Vater hat mich zum Werkzeug seines Ehrgeizes gemacht, bevor ich überhaupt wusste, wie man Corporation richtig schreibt. Ich bin älter geworden, aber in meinem Herzen verborgen ist immer noch das kleine Kind, das sich schrecklich einsam fühlt, weint und sich nach Hilfe, nach Wärme sehnt. Aber das wäre ein Zeichen von Schwäche und im Geschäft ist Schwäche ein vernichtender Fehler. Ich musste mir meine eisige Fassade zulegen, um nicht von vornherein als Versager abgestempelt zu werden.

Ich hatte Angst davor, dass eines Tages jemand diese Schwäche in mir, meine Einsamkeit und mein verletztes Herz, erkennen und gegen mich verwenden könnte.

Verdammt, wieso hast du mir das angetan, Joey?! Warum musstest du deine warmen braunen Augen genau auf diese eine, meine verwundbarste Stelle, richten und mich mit einem deiner lodernden Blicke niederstrecken, deren Feuer das Eis in meinen Augen verbrannt hat als wäre es nichts?

Nein.

Es ist nicht fair.

Er hat meine Schwäche sofort in ihrem vollen Ausmaß begriffen und dennoch nicht verstanden, wie sehr ich in Wirklichkeit nicht Duelle und Reichtum und was weiß ich noch brauche, um mich stark zu fühlen und meinen Schmerz aus der Vergangenheit zu vergessen, sondern dass ich nichts weiter verlange als etwas Wärme und Geborgenheit. Derartige Dinge habe ich nur durch Mokubas unerschütterlichen Glauben in mich erfahren, aber das genügt nicht. Es erfüllt mich nicht, nur als Bruder geliebt zu werden, ich will auch als Mann geliebt werden, aber.... Du hast es doch gesehen, Joey....du hast es gesehen....wieso hast du es nur nicht verstanden....? Ich schleppe mich missmutig durch die Gänge, bis zu unserem Klassenzimmer. Ich habe den Platz genau hinter ihm, recht passend für meine Situation - ich bin in seiner Nähe, aber er dreht mir trotzdem den Rücken zu. Er beachtet mich kein bisschen, sondern redet mit Yugi, Tristan und Tea. Wenn er nur einmal so mit mir sprechen würde, frei von Zorn und Verachtung....aber ich bin ja selbst schuld. Hätte ich nicht solche Angst davor gehabt, ihm mein Herz zu öffnen und ihm von mir aus meine Schwäche zu zeigen, hätte ich ihn nicht so abschätzend behandelt und vielleicht wären wir....wenigstens Freunde geworden. Durch meine arrogante Art habe ich mir meine Chancen auf Glück eigenhändig verbaut, also sollte ich mich nicht beschweren. Dennoch schmerzt etwas tief in mir....Ich hätte es ihm so gerne gesagt. Doch ich weiß, dass er mich nicht hören kann.

Joey....!

Ich....liebe....dich....
 

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Die Schulglocke läutete, laut und eindringlich. Joey hielt sich nicht lange auf, er wollte heute noch mit Yugi ein paar neue Karten besorgen und vielleicht die eine oder andere tauschen. Er packte seine Tasche und war schon verschwunden, bevor Kaiba auch nur den Versuch machen konnte, ihn auf den Vorfall vor Unterrichtsbeginn anzusprechen und sich zu entschuldigen. Aber während des Vormittags hatte er einen Entschluss gefasst. Er war sich selbst im Klaren darüber, dass er wohl keinen Erfolg haben würde, doch zum ersten Mal, seit er sich erinnern konnte, hatte er sein Herz entscheiden lassen.

Er wollte um diese Liebe kämpfen.

"Joey Wheeler....ich werde dich erobern, was auch kommen mag. Ich liebe dich und werde dich nicht einfach aufgeben." Nachdem er sich das persönlich geschworen hatte, griff er nach seiner Schultasche und trat durchs Tor. Die Sonne brach durch die blassen Wolken und schien ihm freundlich ins Gesicht. Seto Kaiba hatte einen neuen Auftrag.

Kneeling down

Und dieser Teil kommt gleich mit, weil der auch schon fertig ist! ^^ Viel Spaß!
 

Kapitel 3: Kneeling down
 

Das Telefon klingelte, irgendwie unheilverkündend, fand Joey, der gerade aus der Dusche kam, nur mit einem Handtuch bekleidet. Er hob ab und meldete sich.

"Mr. Wheeler? Hier ist Doktor Nakagawa. Es geht um Ihre Schwester Serenity...."
 

Seto war aufgestanden und unruhig auf und ab gewandert. Heute war Donnerstag und es war gerade mal drei Tage her, dass Joey ihn so kalt angeblickt hatte. Zwar hatte er beschlossen, ihn zu erobern, doch das war kein leichtes Unterfangen. Seit jenem Moment waren sie einander aus dem Weg gegangen. Wie sollte er es anstellen, dass er begriff, dass er es eigentlich nie so gemeint hatte, wenn er ihn in seiner üblichen Manier anblaffte? Er fuhr sich verwirrt durch sein dunkelbraunes Haar, zog sich schließlich seine Schuluniform an und begab sich zum Frühstück. Mokuba wartete bereits auf ihn und schlürfte seinen Kakao.

"Guten Morgen, großer Bruder!" rief er fröhlich und nahm sich ein ofenfrisches Hörnchen. Seto reagierte zunächst gar nicht darauf, warf sich nur auf seinen Stuhl und schenkte sich einen Kaffee ein, schwarz, ohne Milch oder Zucker. Mokuba, der die heimliche Vorliebe seines Bruders für eher süße Dinge kannte, war darüber sichtlich erstaunt.

"Fehlt dir etwas, Seto? Du siehst irgendwie....erschöpft aus."

"Sag mal....was würdest du tun, wenn jemand, der sich dir gegenüber gemein verhalten hat, versuchen würde, dich um Verzeihung zu bitten?"

Der 11jährige Junge mit dem schwarzen Haar setzte seine Tasse schlagartig ab und starrte seinen Gegenüber verblüfft an.

"Nun ja....", meinte er etwas zögernd, "....es kommt darauf an, wie gemein derjenige war und ob es sich um einen einzelnen Vorfall handelt."

"Sagen wir....Beleidigungen der verletzenden Art und weitaus häufiger als einmal...."

"Das ist schwierig. Ich schätze, so einen Kerl würde ich nie wiedersehen wollen."

"Ah ja...."

"Ich weiß nicht. Er müsste mir beweisen, dass er nicht von Grund auf boshaft ist....und dass er nicht immer nur fies ist. Er sollte sich bemühen, seinen guten Kern zu zeigen und diesen nicht ständig hinter seiner spöttischen Fassade verstecken. Aber auf alle Fälle sollte er sich für seine Gemeinheiten ehrlich entschuldigen!"

"So."

"Seto - warum fragst du mich das?"

Der Firmenchef winkte ab und goss seinen Kaffee in einem Schluck hinunter, dass er das Gefühl hatte, seine Zellen zögen sich zusammen. Zumindest war er jetzt wirklich wach und nicht mehr so träge wie vor ein paar Minuten noch. Nach dem Frühstück wurden die beiden Kaiba-Brüder mittels Limousine zur Schule chauffiert. Mokuba winkte Seto zum Abschied zu und der Siebzehnjährige (bei mir ist der jetzt halt mal 17) stieg langsam die Stufen zum Gebäude empor, aber irgendwie wollten sie sich heute gar nicht so recht bewegen; es war, als hätte man ihm Dachziegel an die Füße geschnallt. Als er den Klassenraum betrat, fiel ihm zweierlei auf, nämlich, dass Yugi und seine Clique recht betrübte Gesichter zur Schau stellten und Joey nicht da war. Entgegen seine Gewohnheit, mehr als die nötigen Höflichkeitsfloskeln mit dem ach so bewundernswerten König der Duellanten zu wechseln, tippte er ihn an und fragte geradeheraus: "He, was ist passiert? Wo ist Jo....Wheeler?" korrigierte er sich rasch.

"Was geht dich das an, du Unsympathieschleuder?" fauchte Tristan ihn an, doch er kümmerte sich nicht darum, sondern hakte noch einmal nach: "Was ist passiert? Sag es mir!......Bitte."

Yugi wandte überrascht den Kopf zu ihm. Das hatte es ja noch nie gegeben, dass Kaiba jemanden um etwas bat, noch dazu mit so einem sanften Ton in der Stimme?

"Es betrifft Joeys jüngere Schwester, Serenity. Sie hat eine schwere Augenkrankheit. Der Arzt hat ihm heute gesagt, dass es möglich wäre, sie zu operieren, aber der Eingriff ist sehr kostspielig. Wenn er jedoch nicht durchgeführt wird, wird sie erblinden. Deswegen ist Joey heute auch nicht da."

"Verstehe...."

Er verstand wirklich, denn er wusste, was es bedeutete, jüngere Geschwister zu haben. So wie er immer Mokuba beschützte, sorgte sich nun auch der goldhaarige Bursche um seine kleine Schwester. Von da an konnte er sich auf praktisch überhaupt nichts mehr konzentrieren (nicht, dass er das vorher schon gekonnt hätte), nicht einmal auf die Fragen der Lehrerin, und so kam es, dass er zum ersten Mal in seinem Leben eine Drei bekam, die schlechteste Note, die er jemals erhalten hatte (*Neid*). Seine Gedanken drifteten immer wieder ab und wanderten zu seinem schönen Duellanten. Wie mochte er sich fühlen? Diese Nachricht hatte ihm sicher einen schweren Schock versetzt. Außerdem - besass er denn das Geld, um die Operation zu bezahlen?

Wenn er bloß wüsste, wohin Joey ging, um mit sich selbst allein zu sein. Oder blieb er vielleicht zu Hause? Das passte eigentlich nicht zu ihm, er war zu ruhelos dafür. Ungeduldig sah er auf seine Armbanduhr. Es war zum Auswachsen! Die Zeiger krochen geradezu über das Ziffernblatt und jede Stunde begann, sich mit der Geschwindigkeit einer halbtoten Schnecke zu entwickeln, wie Kaiba missmutig feststellte. Seine Besorgnis zog alles in die Länge. Wann ertönte endlich der befreiende Gong, damit er sich auf die Suche nach Joey machen konnte? Endlich erlöste ihn das wohlbekannte Klingeln von seinem bangen Warten, er sprang auf, schnappte sich seine Tasche und war wie der Blitz zur Tür hinaus. Die Lehrerin blickte ihm verwundert nach, selbst aufs höchste verunsichert, dass ihr bester Schüler heute so schlecht abgeschnitten hatte.

Als der Imperiumschef auf die Straße trat, arbeitete sein Verstand fieberhaft. Er kannte Joey gut genug, um in etwa zu erahnen, wo er sich aufhielt. Richtig allein sein - und das wollte er vermutlich - konnte man aber nur im Domino-Kurpark, wo sich zumindest nicht viele Jugendliche tummelten. Kurzentschlossen schlug er den Weg in diese Richtung ein und zu seiner Erleichterung stellte er fest, dass er sich in seiner Annahme nicht geirrt hatte. Joey hatte unweit des Einganges auf einer Bank platzgenommen und starrte auf die Oberfläche des kleinen Teiches, der sich vor ihm erhob und wo sich die Sonnenstrahlen in einem hellen Glitzern brachen. Langsam und bedächtig schritt Kaiba auf den jungen Mann zu, den er liebte. Als er nur noch etwa einen Meter von ihm entfernt war, blieb er wie angewurzelt stehen. In Joeys Augen lag ein schwerer, grausamer Zug von Verzweiflung, der ihm fast das Herz abschnürte. Da bemerkte ihn der Blonde.

"Du!" stieß er gereizt hervor. "Was willst du, Kaiba?" Da er ja nun nicht gut einfach weiter so rumstehen konnte, schloss er die Distanz zwischen ihnen eiligst und baute sich vor Joey auf, der ihn misstrauisch und gar nicht erfreut musterte.

"Ich....ich habe mich gefragt, warum du heute nicht in der Schule warst, Wheeler. Es ist merkwürdig, freie Sicht zur Tafel zu haben, wenn dein blöder Kopf nicht dazwischen ist."

"Falls du hergekommen bist, um mich zu beleidigen, die Mühe hättest du dir sparen können, Eisklotz! Hau ab und lass mich in Ruhe!"

Kaiba hätte sich am liebsten selbst eine heruntergehauen, weil er seine spitze Zunge mal wieder nicht hatte bezähmen können. Warum konnte er sich einfach nicht beherrschen? Anderen kalt und arrogant gegenüberzutreten, war ihm mittlerweile so in Fleisch und Blut übergegangen, dass er fast nicht mehr in der Lage war, seine wahren Gefühle richtig zu umschreiben. Fast? Nein, er konnte es schlicht und ergreifend nicht mehr.

"Deswegen bin ich nicht hier. Yugi hat mir erzählt, was mit deiner Schwester ist...."

"Ach, warum musste er das von allen Mistkerlen der Welt ausgerechnet dem größten erzählen? Was interessiert dich das überhaupt, das geht dich doch nun wirklich nichts an!"

"Die Operation soll sehr teuer sein...."

"Stell dir vor, es gibt Leute, die sich im Gegensatz zu dir nicht alles leisten können!"

Es half nichts. Joey würde ihm nicht zuhören, nicht, solange er, Seto Kaiba, sich nicht wenigstens für eine seiner Gemeinheiten entschuldigt hatte. Er, der er immer so stolz und unnahbar, so trotzig und stark gewesen war....sollte sich demütigen? Ein bitteres Lachen erklang in seinem Inneren. War er denn wirklich so stark? War das, was er nach außen präsentierte, nicht einfach nur eine Fassade, um seine Einsamkeit zu verbergen? Er führte seine Firma gerne und mit Ehrgeiz, sie war ihm wirklich wichtig, aber das änderte nichts daran, dass er den Preis verabscheute, den er dafür hatte zahlen müssen - der Verlust von Wärme und Liebe. Mokuba war sein einziges Licht gewesen in dieser Dunkelheit. Er und Joey. Wenn er dem Blonden nicht zeigte, dass es ihm ernst war, würde alles Zureden der Welt nichts bringen. Und er tat etwas, was wohl niemand, der ihn nur als den knallharten Geschäftsmann kannte, jemals erwartet hätte: Er kniete sich hin und senkte den Kopf. Joey, der mit einer bissigen Bemerkung oder eine anderen ähnlichen Nettigkeit gerechnet hatte, musste sich mehrmals über die Augen reiben, um sich zu versichern, dass er nicht träumte.

"Kaiba....! Was zum Teufel....?!"

"Ich sage das nur einmal, also hör gut zu, Joey!"

>>,Joey'? Nicht ,Wheeler'?<<

"Ich entschuldige mich bei dir, für alles, was ich jemals gesagt oder getan habe, um dich zu verärgern. Ich wollte....ich wollte....es eigentlich gar nicht....Ich dachte, auf diese Weise könnte ich mich....mein Herz davor schützen, erkannt zu werden. In meiner Welt ist jegliche Schwäche eine Gefahr. Niemand durfte wissen, was mich wirklich bewegte, niemand durfte meine Fassade durchbrechen. Daher mein Benehmen. Ich dachte, wenn ich alles und jeden von mir wegschiebe, kann ich bestehen, aber letztendlich....war das nicht weiter als eine einzige Lüge. Ich bin dadurch nur noch einsamer geworden....ich habe weitergemacht, doch jetzt ist der Punkt erreicht, wo ich nicht mehr weiter kann. Ich muss aufhören, oder ich werde endgültig daran zerbrechen. Deshalb bitte ich dich hier und jetzt: Verzeih mir...."

Joey sass da und sagte gar nichts. Er konnte einfach nicht, denn das, was gerade eben passiert war, erschien ihm wie ein merkwürdiges Phantasiegebilde. Seto Kaiba, DER Seto Kaiba, demütigte sich vor ihm, seinem Rivalen, und entschuldigte sich?! Das konnte doch unmöglich wahr sein! Davon abgesehen....

Er zuckte unwillkürlich zurück. Diese Entschuldigung war nicht nur einfach eine Entschuldigung, genaugenommen schüttete ihm der Braunhaarige gerade sein Herz aus. Und das war das seltsamste daran, denn bisher hatte er gedacht, Kaiba besässe gar kein Herz. Obwohl er sich nicht ganz sicher war, was er von diesem Schauspiel halten sollte, spürte er dennoch, dass es dem Firmenleiter sehr ernst war und irgendwie berührten ihn die ehrlichen, schonungslosen Worte. Sah es in ihm wirklich so aus? Konnte das sein? Schlug in dieser Brust mehr als nur ein emotionsloser Eisklumpen? Jedenfalls hatte Kaiba sich ihm in diesen wenigen Minuten weitaus menschlicher gezeigt, als er es sich je hätte ausmalen können.

Doch....wieso?

Prison

Hier ist das neue Kapitel. Ich habe den vorigen Teilen jetzt doch Titel gegeben, irgendwie ist das schöner zum Einteilen ^^

Danke für die Kommis *meine lieben Kommi-Schreiber drück* ^______^

Viel Spaß beim Lesen!
 

Kapitel 4: Prison
 

Ein sanfter Wind fuhr durch die Baumkronen und einige Blätter, die bereits zu Boden gesegelt waren, wurden herumgewirbelt. Joey war kein Dummkopf, aber die Tatsache, dass ausgerechnet der Chef der Kaiba-Corporation nun vor ihm kniete und um Verzeihung bat, überstieg seinen Verstand. Warum sollte er so weit gehen, weshalb so etwas tun?

Eine erdrückende Stille lastete zwischen den beiden, eine Stille, die geradezu ohrenbetäubend war. Seto schluckte schwer und wartete ab, was der Blonde nun erwidern würde. Würde er seine Entschuldigung akzeptieren? Oder traute er ihm nicht und würde alles als eine seiner möglichen Fallen abtun? Zögernd hob er seinen Kopf und blickte Joey direkt an. Eisiges Blau tauchte in warmes Braun und für einen Moment blieb die Zeit stehen.

>>Was ist nur mit ihm? Das ist nicht der Kaiba, den ich kenne.<< grübelte Joey verwirrt vor sich hin, der die gesamte Situation als sehr ungewöhnlich empfand, und das war sie ja auch. Als er den Blick des anderen auffing, wurde ihm unwillkürlich weich in den Knien und er ballte die Fäuste, um seine Haltung nicht zu verlieren.

>>Ich habe schon zu oft in diese Augen gesehen....und zu oft habe ich darin nichts als Kälte und Verachtung gefunden, Hochmut und Unverständnis. Nur gegenüber Mokuba waren diese Augen je anders....weich, liebevoll, fürsorglich. Aber jetzt....ist ein Gefühl in ihnen....das ich nicht beschreiben kann....Er hat mich noch niemals zuvor so angesehen....Einmal dachte ich, ich hätte in ihm etwas entdeckt, das er niemandem sonst zeigen wollte. Das Kind in ihm, das traurig und unglücklich war. Ich meinte, für einen flüchtigen Moment genau das, diese....diese Schwäche in seinem Herzen zu entdecken, aber....der Ausdruck war so schnell wieder verschwunden, dass ich dachte, es mir nur eingebildet zu haben. Kann das sein? Habe ich damals wirklich das gesehen, was er vor jedem verbergen will? Aber er ist doch reich und mächtig, er hat alles, was sich andere je erträumen könnten - wieso sollte ihn das nicht glücklich machen? Na gut, schön, es heißt ja, ,Geld allein macht nicht glücklich', aber Kaiba lebt doch für seine Firma! Doch dieser Blick....er sollte eigentlich immer mehr Gefühl in seine Augen legen, dann würde er auch nicht ständig so kalt wirken. Dieses Blau ist ganz anders....sanft und ruhig, aber auch irgendwie....unsicher, fragend. So sehen seine Augen viel schöner aus....<

Joey brach seinen Gedankengang unwillkürlich ab und runzelte die Stirn, als ihm auffiel, dass er die Augen seines Rivalen gerade als "schön" bezeichnet hatte. Was sollte das? Wie kam er denn darauf?! Dann ging ihm auf, dass er Kaiba etwas antworten musste, aber bevor er das tun konnte, klingelte ein Handy und zerstörte die greifbare, fast herzliche Atmosphäre. Seto blinzelte verwirrt, er hätte nicht erwartet, dass Joey ein Mobiltelefon besass.

"Wheeler?"

"Hier spricht Jacob, Mr. Wheeler. Ihr Vater randaliert in meinem Lokal. Ich wäre Ihnen sehr verbunden, wenn Sie den Kerl wegschaffen würden. Die Polizei ist schon da, und will einen Verwandten sprechen. Können Sie schnell kommen?"

"Ja, natürlich. Ich bin sofort da." Er legte auf und fluchte unterdrückt. Es war doch wirklich zum Kotzen!! Es war jetzt etwa viertel nach vier und dieser verfluchte Bastard von Vater hatte heute nicht nur nicht gearbeitet, sondern stürzte sich jetzt schon in eine Sauftour und schlug in seiner Stammkneipe alles kurz und klein!! Scheiße!! Er verstaute das Handy in seiner Jackentasche und lief davon, ohne Kaiba, wie ursprünglich geplant, eine Antwort zukommen zu lassen. Dieser stand auf und sah dem jungen Mann irritiert hinterher. Was mochte da passiert sein? Ob etwas mit seiner Schwester war? Er seufzte tief. Joey hatte seine Entschuldigung nicht angenommen....aber was hatte er denn erwartet? Dass sich plötzlich alles in Wohlgefallen auflöste? Nein, das wäre nun doch zu einfach....
 

Joey war schon häufig von Mr. Jacob, dem Besitzer der "Morning Dawn"-Kneipe angerufen worden, um seinen Vater nach Hause zu verfrachten, weil er in seinem Vollrausch eingeschlafen war, aber noch nie hatte dieser randaliert, so dass die Polizei eingeschaltet werden musste - schon gar nicht zu so relativ früher Stunde. Während der Duellant durch die Straßen lief, erinnerte er sich daran, wie schön es doch gewesen war, als seine Familie noch heil und glücklich war. Als sein Vater aber immer mehr dem Alkohol verfiel und in immer endlosere Exzesse abdriftete, konnte es seine Mutter nicht mehr aushalten und reichte die Scheidung ein. Im Verlauf des Prozesses wurde Serenity ihr zugesprochen, während Joey bei seinem Vater verblieb. Mr. Wheeler verkraftete es nicht, dass seine Frau ihn verlassen hatte und flüchtete sich endgültig in das vermeintliche Heil dieser flüssigen Droge. Sein Temperament war schon immer recht unberechenbar gewesen, doch dadurch wurde alles noch schlimmer. All sein Hass und seine Verbitterung entluden sich über seinem Sohn und Joey hatte irgendwann aufgehört zu zählen, wie oft er von seinem Vater verprügelt wurde. Es war eigenartig, dass er diesen Mann, der so grausam zu ihm war, nicht hasste. Eigentlich stellte er für ihn nur eine lästige Pflicht dar, aber als Mensch war er ihm gleichgültig. Wenn er es jedoch recht bedachte, so war diese Gleichgültigkeit in gewisser Weise härter als Hass. Serenity lebte natürlich nicht bei ihrem gewalttätigen Vater, so wie Joey, sondern vorläufig bei ihrer Tante mütterlicherseits, so lange, bis Mrs. Wheeler sich das Sorgerecht für beide Kinder erkämpft haben würde. Dann sollten beide zu ihr ziehen, doch der bürokratische Apparat arbeitete langsam und andere Verhandlungen waren ja wichtiger....!

Dass seine kleine Schwester zu allem Überfluss so krank war, versetzte ihm einen zusätzlichen Stich. Wie sollte er bloß das Geld für ihre Operation verdienen? Da schob sich der einladende Eingang des Lokals in seinen Blickwinkel. Ein Polizeiwagen stand davor, einer der Uniformierten sprach mit dem Wirt, die zwei anderen hielten seinen Vater fest, der herumbrüllte und wüste Flüche und Drohungen ausstieß. Joey schluckte seine Abscheu hinunter und begrüßte Mr. Jacob und die drei Beamten.

"Sie sind also Mr. Wheeler Junior, ja?"

"Richtig."

"Ihr Vater hat...."

"Ich kann mir denken, was er getan hat. Sie können sich die Details verkneifen. Müssen Sie ihn mitnehmen?"

"Die Anklage lautet auf Körperverletzung, Randale und Sachschaden. Er hätte Mr. Jacob fast den Arm gebrochen, als er zu seinem ,Gast' meinte, er hätte genug getrunken. Ist Ihr Vater oft so unbeherrscht? Schlägt er schnell zu?"

"Du erzählst diesen Halunken, diesen Schweinen überhaupt nichts, verstanden, Joseph?!?!" schrie sein Vater dazwischen, aber es kam mehr als ein undeutliches Lallen heraus, obwohl der Zorn dahinter klar zu spüren war. "Ich prügele dich zu Brei, wenn du denen irgendwas sagst, diesen großkotzigen Hundesöhnen!!!! Wenn ich rauskomme, mach dich auf was gefasst!!!! Dieser ganze Scheiß ist doch nur deine Schuld, du verlaustes, nutzloses Dreckbalg!!!!"

Joey reagierte nicht, sein Gesicht glich einer eisernen Maske. Sein Vater hatte damit sein eigenes Urteil unterschrieben und einen Freibrief ins Gefängnis, da musste er gar nichts mehr hinzufügen und insgeheim war er dankbar dafür, all die Brutalitäten nicht noch einmal Revue passieren lassen zu müssen.

"Genügt Ihnen das als Antwort?" fragte er daher den Polizisten. Dieser warf einen abfälligen Blick auf den Betrunkenen und nickte.

"Wie alt sind Sie?"

"Sechzehn. Im nächsten Monat werde ich Siebzehn."

"Dann sind Sie also noch nicht volljährig. Haben Sie die Möglichkeit, irgendwo anders unterzukommen?"

"Bei meiner Tante Amber. Sie ist die ältere Schwester meiner Mutter."

"Gut. Also los Leute, verfrachtet den Kerl ins Auto!"

>>Es ist merkwürdig<< dachte Joey, als die Beamten seinen schimpfenden Vater in die Sitzpolster drückten und sich der Wagen mit Blaulicht entfernte. >>Ich empfinde gar nichts. Kein Entsetzen, keine Überraschung, kein Bedauern, dass er jetzt hinter Gittern landet. Vielmehr ist da....Erleichterung. Ich bin zum ersten Mal....frei....frei von Angst, frei von der Furcht, nach Hause gehen zu müssen, wo nur harte Fäuste auf mich warten, um mir wehzutun.... Ich kann zu Tante Amber gehen und bei Serenity wohnen....Serenity!<< Ihm fiel ein, dass er sie heute noch im Krankenhaus hatte besuchen wollen und machte sich sogleich auf den Weg. Das Domino-Hospital war ein großer quadratischer Komplex mit vielen Fenstern, weißgetünchten blütenreinen Mauern und einem pompösen Eingang. Obwohl es archetektonisch betrachtet nun wirklich keine umwerfende Bereicherung des Stadtbildes war, wirkte es doch sauber, ordentlich und seriös. Seine Schwester lag im ersten Stock, in Zimmer 147. Als er den Raum betrat und das Mädchen ihn erkannt hatte, stieß sie einen erfreuten Ruf aus und umarmte ihn von ihrem Bett aus. Auf dem Nachttisch stand eine blaue Vase mit einem üppigen Strauß Blumen, die ihr ihre Tante mitgebracht hatte.

"Serenity...." begann er unsicher, "Doktor Nakagawa hat mich heute angerufen....und mir gesagt, dass deine Augenkrankheit...."

"....sehr schlimm ist und mir nur eine Operation helfen kann, die niemand aus unserer Familie bezahlen kann? Ich weiß."

"Was? Aber....aber...."

"Ich habe den Arzt gebeten, mir die Wahrheit zu sagen. Welchen Sinn hätte es, wenn er es mir verschweigen würde? Ich bin alt genug, um das zu verkraften. Ich habe lange nachgedacht und bin schließlich zu dem Schluss gekommen, dass ich es akzeptieren muss. Wie könnten Tante Amber und du das Geld je auftreiben? Ich....werde....erblinden....deshalb bitte ich dich: Sei nicht zu traurig und verabschiede dich von mir mit einem Lachen....wenn ich dich in meinem Herze sehe, möchte ich dich fröhlich wissen...."

Joey schluckte seine aufkeimenden Tränen mühsam hinunter. Wie stark seine kleine Schwester doch war und wie viel Mut sie aufbrachte. Insgeheim verfluchte er das Schicksal. Warum musste es so ungerecht, so grausam sein? Weshalb traf es ausgerechnet Serenity? Er wischte sich verstohlen über die Augen und zwang sich zu einem Lächeln, das das Mädchen strahlend erwiderte....
 

Seto war in seine Villa zurückgekehrt und hatte nach Mokuba gesehen, der über seinem Schreibtisch hockte und fieberhaft versuchte, irgendwelche Mathehausaufgaben zu bewältigen. Wenn er endlich die neue Konzeption für das Computerspiel fertiggestellt hatte, konnte er ihm vielleicht noch helfen. Er wechselte rasch seine Schuluniform mit seiner schwarzen Kombination und dem weißen Mantel, und ließ sich zur Firma bringen, wo er bereits von seinem Stab erwartet wurde. Seine Sekretärin meldete ihm vier Anrufe in Abwesenheit und mehrere Mails in seiner Post. Er nickte nur und begab sich in den Konferenzraum, wo die Besprechung stattfinden sollte. Dennoch war er nicht sehr konzentriert, wie schon den ganzen Tag nicht. Die Sache mit der Operation beschäftigte ihn zu sehr. Joey würde nie genügend Geld zusammen kriegen, um Serenitys Augenlicht zu retten. Wenn er daran dachte, wie verzweifelt und schmerzvoll sein Geliebter ausgesehen hatte, krampfte sich etwas in ihm zusammen. Es war, als könne er Joeys Kummer selbst spüren. Konnte er denn gar nichts für ihn tun?

Freundschaft?

So, das neue Kapitel ist da! Seto und Joey kommen sich etwas näher, jaja...^^

Viel Spaß!
 

Kapitel 5: Freundschaft?
 

"Und vergiss nicht, deine Koffer auf den Speicher zu bringen!"

Joey vernahm die Aufforderung seiner Tante, aber er war bisher immer ganz gut allein zurecht gekommen und wusste, was zu tun war. Seine Koffer befanden sich längst dort, wo Amber sie haben wollte. Nachdem sein Vater ins Gefängnis gebracht worden war, war er noch am selben Tag, kurz nach seinem Besuch bei Serenity, nach Hause gefahren und hatte alles nötige gepackt und war zu seiner Tante gezogen. Amber war etwa 35 Jahre alt, besass rückenlanges blondes Haar mit einer natürlichen braunen Haarsträhne darin und braune Augen. Als Schwester seiner Mutter sah sie ihm relativ ähnlich, denn Joey kam sehr nach Mrs. Wheeler.

"Der Arzt hat mir alles gesagt. Ich weiß nicht, was wir tun sollen, Jay. Ich verdiene als Kindergärtnerin nicht eben viel und es zehrt schon stark an meinem Konto, dass Serenity bei mir ist. Meine Güte, denk nicht, ich wollte euch los sein, Himmel nein, aber es ist eben nicht einfach. Du jobbst nebenher, oder? Na ja, du bist ja schon ein recht erwachsener Junge. Aber ich habe wirklich nicht die geringste Ahnung, wo wir genug Geld für die Operation hernehmen sollen! Wir könnten die Bank überfallen! Du stürmst rein und ich warte draußen mit laufendem Motor! Oder ich versuche mein Glück im Casino und bezirze die Croupiers am Roulette so, dass sie mir freiwillig den 36fachen Wert meines Einsatzes auszahlen. Oder ich schiebe Nachtschicht im Kindergarten....mein Gott, was red ich nur wieder für einen Schwachsinn! Es ist zum Auswachsen, warum müssen diese Eingriffe immer so unmenschlich teuer sein?! He, Jay!"

Joey schmunzelte. Es war schön, dass Amber es sich gemerkt hatte. Eigentlich hieß er ja "Joseph Jay Wheeler", aber da sein Vater ihn immer Joseph nannte, hatte er begonnen, seinen ersten Namen regelrecht zu hassen, weshalb seine Freunde und alle anderen entweder Joey oder Jay zu ihm sagten. Da seine Tante sich nicht an "Joey" gewöhnen konnte, rief sie ihn einfach mit seinem zweiten Namen. Als er zu ihr in die Küche kam (ja, sie hat ihm alles von da aus zugebrüllt! Was werden nur die Nachbarn dazu sagen!), holte sie gerade einen Apfelkuchen aus dem Backofen und stellte ihn auf dem Tisch ab.

"Es ist schrecklich, dass das Mädchen jetzt im Krankenhaus ist. Deine Schwester ist die vernünftigste kleine Person, die mir je begegnet ist, genau wie du. Ihr kommt genau nach Eurer Mutter. Ich bin nicht sonderlich erschüttert darüber, dass dieser Säufer hinter schwedische Gardinen gekommen ist! Da ist die Allgemeinheit wenigstens vor ihm sicher - und ganz besonders du! Ach Mist, jetzt hab ich den Puderzucker vergessen...."

"Ich bin froh, dass ich hier bin. Es war ein seltsames Gefühl, das alte Apartment zu verlassen, aber letztendlich ist es besser so. Zu viele schmerzliche Erinnerungen sind in diesen Räumen zurückgeblieben....Leider löst das nicht unser Problem. Ich kann neben der Schule nicht noch einen Job annehmen, ich arbeite ja schon als Kellner und sogar zweimal Nachtschicht. Aber weiß der Teufel, wie lange ich sparen müsste, um genug Geld zusammenzukratzen! Verdammt! Es....ist....hoffnungslos...."

Er warf sich auf einen nahestehenden Stuhl und legte den Kopf in seine Hände. Amber trat hinter ihn und schlang ihrem Neffen fürsorglich die Arme um die Schultern. "Was sagst du denn da! Nichts ist hoffnungslos! Erst wenn man aufgibt, hat man wirklich verloren! Mach dir keine Sorgen mehr und lach mal wieder, Jay. Wir werden das bestimmt schaffen, auch wenn ich momentan keine Ahnung habe, wie. Aber wir werden Serenity nicht im Stich lassen, neh?"

"Nein...."

"Na siehst du!......Sag mal.....solltest du nicht längst beim Arbeiten sein?"

"Hä?" Joey blickte auf seine Armbanduhr und fuhr auf wie gestochen. Es war viertel vor sieben und sein Dienst begann um sieben! Er bedankte sich rasch bei seiner Tante, eilte die Treppe hinauf zu dem kleinen Zimmer, das er in Zukunft mit Serenity teilen sollte, kramte sein Kellnergewand hervor, schmiss es sich in rasender Geschwindigkeit über und war schon zur Tür hinaus. "Jay! Wie sieht denn das aus! Tu doch wenigstens dein Hemd richtig in die Hose!"

Aber der junge Mann hörte sie schon nicht mehr.
 

Doktor Nakagawa sass in seinem Büro und sah sich noch einmal das Krankenblatt eines Patienten durch, als eine Schwester ihm einen Besucher ankündigte. Überrascht, da er niemanden erwartet hatte, legte der Arzt die Akte beiseite und bat darum, den Herrn hereinzuführen. Es handelte sich um einen jungen Mann, der dem Doktor durchaus bekannt war.

"Ich bin erstaunt, Sie hier zu sehen. Was kann ich für Sie tun?"

"Es geht um eine Ihrer Patientinnen, Serenity Wheeler."

"Miss Wheeler? Ich verstehe nicht...."

"Ich hörte, dass sie an einer Augenkrankheit leidet, die zur Erblindung führen kann - sofern sie nicht operiert wird. Trifft das zu?"

"In der Tat. Der Eingriff ist sehr kostspielig, und da die Wheelers nicht gerade vor Geld strotzen, werden sie sich die Operation nicht leisten können. Es ist schon ein Jammer, dass alles in dieser Welt so verdammt teuer ist....!" Er seufzte leise, erinnerte sich dann aber wieder seines Besuchers.

"Aber welches Interesse haben Sie an dieser Angelegenheit?"

"Auf wie hoch belaufen sich die Gesamtkosten?"

Nakagawa-san runzelte Stirn, sagte aber nichts, sondern rechnete dem jungen Mann vor, wie viel die Operation verschlingen würde. Sein Gegenüber schwieg eine Weile, verschränkte die Arme und nickte schließlich. Er hatte sich entschieden.

"Ich werde bezahlen."

"....Ist das Ihr Ernst?"

"Ich bin nicht jemand, der es im Geschäft nicht ernst meint, Doktor. Ich vermeide aus Prinzip unnötige Ausgaben."

"Stellt aber genau das nicht eine unnötige Ausgabe dar? Oder haben Sie persönliche Gründe für Ihre doch sehr großzügige Spende? Kennen Sie Miss Wheeler?"

"Nein, leider nicht. Aber ihr Bruder und ich sind....Kameraden."

"Sie wollen so viel Geld für jemanden ausgeben, den sie nicht kennen, nur weil Mr. Wheeler einer Ihrer Freunde ist? Das ehrt Sie, natürlich, dennoch bin ich ein wenig erstaunt. Aber nun gut. Wenn Sie damit einverstanden sind, bin ich es auch, schon allein deswegen, weil der kleinen Serenity dann ihr Augenlicht erhalten bleibt. Erwarten Sie eine Rückzahlung, oder....?"

"Nein. Betrachten Sie es als....freundschaftliche Geste, ohne Rückzahlung. Ich danke Ihnen, Doktor. Benachrichtigen Sie mich beizeiten, wann die Operation stattfindet und ich werde den entsprechenden Betrag überweisen."

Damit erhob sich der Besuch, schüttelte Nakagawa-san die Hand und verließ den Arzt, der verwirrt hinterdrein blickte. Seine seltsame Starre hielt jedoch nicht lange an, bald hatte er sich das Telefon gegriffen und wählte eine Nummer, die er bereits auswendig konnte, denn es war oft genug vorgekommen, dass der junge Mr. Wheeler ihn von seinem Handy aus anrief, um seine neuesten Verletzungen versorgen zu lassen. Dieser Vater war wirklich ein Monster - verprügelte seinen eigenen Sohn, bis er zusammenbrach! Prellungen, Schürfwunden, Blutergüsse....am liebsten hätte er diesen Bastard von Vater eigenhändig in seine Einzelteile zerlegt! Auf der anderen Seite der Leitung begann es zu klingeln.

Joey schrak auf, als er sein Mobiltelefon läuten hörte, brachte die gewünschten Getränke rasch zu einem Tisch und entschwand auf die Toilette, um den Anruf entgegenzunehmen. Als er die Stimme von Doktor Nakagawa erkannte hatte, spürte er ein beklemmendes Gefühl von Angst in sich aufsteigen. War womöglich etwas mit Serenity? Ging es ihr nicht gut, abgesehen von der schrecklichen Erkrankung ihrer Augen?

"Mr. Wheeler, ich habe Ihnen eine erfreuliche Nachricht zu überbringen. Ihre Schwester kann operiert werden."

".......W-was? Aber....aber....wie ist das....ich meine...."

"Es hat sich ein Bürge gefunden, der für Sie die Kosten übernimmt und den Eingriff bezahlt. Er fordert auch keine Rückerstattung von Ihnen. Er hat gesagt, es sei eine freundschaftliche Geste."

Joey wurde schwindelig, er konnte kaum mehr aufrecht stehen. Seine Finger verkrampften sich zitternd um das Handy und er musste zweimal heftig schlucken, um sich zu beherrschen. Die unterschiedlichsten Gedanken wirbelten durch seinen Kopf, er hatte den Eindruck, als würde ihm eine zentnerschwere Last von den Schultern genommen. Zwischen Ungläubigkeit, Freude und Glück schwankend, lehnte er sich gegen eines der Waschbecken und wischte sich unbeholfen über die Augen, die feucht geworden waren.

"Ich....das....das....ich....ich bin sprachlos....! Bitte sagen Sie mir....wer....wer ist dieser Bürge?"

"Ein Freund von Ihnen und eine nicht gerade unbekannte Persönlichkeit hier in Domino: Der Chef der Kaiba-Corporation, Seto Kaiba."

"...."

"Mr. Wheeler? Sind Sie noch dran?"

"....Wie? Ja....ich...äh....vielen Dank. Sie rufen mich dann an, wenn es soweit ist?"

"Selbstverständlich."

"Gut. Noch einen schönen Abend, Herr Doktor...." Es machte >>Klick<< in der Leitung und Joey war wieder allein, ohne Ansprechpartner. Er konnte es einfach nicht glauben. Dieser Tag der gesammelten Unmöglichkeiten schien sich noch ein paar Stunden vom nächsten borgen zu wollen, um alle Verrücktheiten unterbringen zu können.

>>Nicht nur, dass Kaiba sich heute für alle seine Gemeinheiten entschuldigt hat....bei MIR....auf Knien....jetzt....bezahlt er sogar Serenitys Operation! Ich kann es nicht fassen! Er muss doch einen Grund dafür haben! Er kennt meine Schwester doch gar nicht, weshalb sollte er also.... Doch nicht etwa....weil er mir helfen wollte?! Ausgeschlossen! Er kann mich doch gar nicht leiden....!<< Unweigerlich fiel ihm die Szene im Park wieder ein, wo Kaiba sich freiwillig vor ihm gedemütigt und ihm sein Herz ausgeschüttet hatte. Seine Worte hallten in seinem Inneren wider wie ein Echo: //Ich entschuldige mich bei dir, für alles, was ich jemals gesagt oder getan habe, um dich zu verärgern. Ich wollte....ich wollte....es eigentlich gar nicht....Ich dachte, auf diese Weise könnte ich mich....mein Herz davor schützen, erkannt zu werden. In meiner Welt ist jegliche Schwäche eine Gefahr. Niemand durfte wissen, was mich wirklich bewegte, niemand durfte meine Fassade durchbrechen. Daher mein Benehmen. Ich dachte, wenn ich alles und jeden von mir wegschiebe, kann ich bestehen, aber letztendlich....war das nicht weiter als eine einzige Lüge. Ich bin dadurch nur noch einsamer geworden....ich habe weitergemacht, doch jetzt ist der Punkt erreicht, wo ich nicht mehr weiter kann. Ich muss aufhören, oder ich werde endgültig daran zerbrechen. Deshalb bitte ich dich hier und jetzt: Verzeih mir....//

Joey fuhr sich durch sein korngelbes Haar und kaute auf seiner Unterlippe herum, irritiert und durcheinander. Es schien ihm, als habe er seinen Klassenkameraden immer nur oberflächlich betrachtet und sich nie die Mühe gemacht, hinter die eisige Fassade zu blicken. Wenn er mehr Verständnis gezeigt hätte, hätte er vielleicht diese kalte, herzlose Mauer durchbrechen und Kaiba aus den grausamen Ketten seiner Einsamkeit befreien können? Kurzerhand begab er sich zu seinem Chef, um sich aus persönlichen Gründen vorübergehend beurlauben zu lassen und kehrte zu Amber zurück, um sich umzuziehen. Auch wenn er von all diesen Veränderungen sehr verwirrt war, wollte er sich doch bei Kaiba bedanken. Seine Tante war erstaunt, ihn so früh wieder zu Hause zu haben, doch sie vergass es schnell, nachdem Joey ihr von dem Bürgen erzählt hatte, der die Kosten für die Operation zu übernehmen versprochen hatte.

"Das ist ja phantastisch! Ich kann es gar nicht glauben! Das heißt, Serenity wird nicht erblinden! Dieser junge Leiter von dieser Riesen-Firma? Wie war nochmal sein Name?"

"Kaiba. Du wirst doch die Kaiba-Corporation kennen?"

"Doch, schon, aber mehr so vom Zeitungslesen. Ist das nicht der, von dem du immer behauptet hast, er wäre so ein menschenverachtender Mistkerl? Wenn dem so wäre, hätte er das bestimmt nicht getan. Vielleicht ist er einfach nur einsam."

"Woher...woher willst du das wissen?"

"Er ist doch noch so jung, aber trotzdem schon ein Mann, der voll im Berufsleben steht, wie man so schön sagt. Sicher musste er sich bereits früh mit dem Erzielen von Gewinnen beschäftigen, mit Marketing, der Wirtschaft und was weiß ich noch alles. Vermutlich hatte er praktisch keine Kindheit, sondern musste stets den Anforderungen anderer genügen. Das ist sicher hart für einen kleinen Jungen. Und selbst wenn er herangewachsen ist, kann ihm nichts seine Kindheit zurückbringen, in der er sich allein, unverstanden und verlassen gefühlt hat. Ich denke, dass er im Grunde seines Herzens sehr nett ist."

"....Und das erkennst du einfach so, obwohl du ihn noch nie gesehen hast?" Joey spürte einen Stich, weil er immer so stolz darauf gewesen war, in andere Menschen hineinsehen zu können. Einzig bei Kaiba hatte er es nicht einmal versucht, weil er ihn von vornherein als reichen, eingebildeten Pinkel und Mistkerl abgestempelt hatte. Wenn er so über Ambers Vermutungen nachgrübelte, kam er zu dem Schluss, dass sie recht hatte. Jemanden von Kindesbeinen an mit einer solchen Verantwortung zu konfrontieren, mochte Reife zurücklassen....aber auch Narben.

"Warum nicht? Es hilft nichts, blind durchs Leben zu gehen und immer nur auf den eigenen Bauchnabel zu starren. Du solltest dich bei ihm bedanken."

"Ja...." In sich gekehrt betrat Joey sein Zimmer, zog sich um und verließ bald darauf das Haus wieder, in Richtung Kaiba-Villa. Je länger er marschierte, um so deutlicher wurden ihm die Unterschiede bewusst, die das Leben ihrer beider so verschiedentlich geformt hatte. Kaiba war in einer reichen, aber zerrütteten Familie aufgewachsen und besass alles, was er sich - materiell gesehen - je wünschen konnte, aber sein Herz war arm gewesen, einzig Mokuba weckte den letzten Rest Menschlichkeit und Wärme in ihm. Er selbst war in eine als wenig begütert zu bezeichnende Familie hineingeboren worden, doch er hatte eine Kindheit gehabt, eine relativ heile und glückliche sogar, bevor sein Vater wegen beruflichen Misserfolges und Reibereien mit den Kollegen in den Alkohol geflüchtet war und alles zusammenfiel wie ein Kartenhaus. Aber er hatte gelernt, dass es dennoch so etwas wie Liebe und Geborgenheit gab, dass man anderen auch vertrauen konnte und Freundschaft etwas wichtiges war - trotz seiner bitteren Erfahrungen war sein Herz reich. Genau genommen ergänzten Kaiba und er sich sehr gut....
 

Schließlich hatte er das eleganteste Viertel von ganz Domino erreicht und schnappte erstmal nach Luft. Na, das war ja ein toller Schuppen! Mit einem großen, eisenbeschlagenen Tor vor der Auffahrt und einer Sprechanlage, wow! Etwas zögernd klingelte er und wartete. Eine geschäftsmäßige Stimme meldete sich.

"Wer ist da?"

"Äh....hier spricht Joseph Wheeler. Kann ich mit Kai....Mr. Kaiba sprechen, bitte?"

Es gefiel ihm nicht, seinen ersten Namen zu benutzen, doch hier wagte er es nicht, sich auf saloppe Weise vorzustellen.

"Haben Sie einen Termin?"

"Nein, leider nicht. Ich bin ein Klassenkamerad von ihm und...."

"Lassen Sie ihn ruhig herein." erklang plötzlich die Stimme des Firmenleiters und nach einem zackigen "Jawohl, Mr. Kaiba!" wurde tatsächlich das Tor geöffnet und Joey lief auf die Villa zu. Dort angekommen, wurde er auch sofort von einem Butler empfangen, der ihn in einen Salon führte, der komplett in Rot gestaltet war.

"Der Master bittet Sie, noch einen Moment Geduld zu haben. Er ist noch damit beschäftigt, seinem Bruder die Hausaufgaben zu erklären." Mit einer Verbeugung verabschiedete sich der grauhaarige Butler und Joey ließ sich in die weichen Seidenkissen auf dem geschmackvollen Sofa sinken. Kaiba half also seinem jüngeren Bruder bei den Hausaufgaben - genauso, wie er das auch immer bei Serenity tat, sofern er denn selbst etwas mit dem Verlangten anfangen konnte. Über dem Kamin im Roten Salon hing ein Gemälde, auf dem ein etwas bullig wirkender Mann mit Bart und einem finsteren Blick zu sehen war. Joey fand ihn auf Anhieb unsympathisch, irgendwie kalt und mit einem grausamen Zug um den Mund. Darunter stand in goldenen Buchstaben sein Name: Gozaburo Kaiba. Etwa der Vater von Seto und Mokuba? Das war ja ein übler Bursche! Er strahlte noch weniger Vertrauen und Wärme aus, als sein ältester Sohn es je getan hatte! Stopp mal - "Seto"?!?!?! Seit wann sprach er ihn denn mit dem Vornamen an?! Da ging die Tür und er konnte nicht weiter darüber nachdenken, da der braunhaarige junge Mann in diesem Moment eintrat. Seine blauen Augen waren erstaunlich weich und freundlich und genau das verunsicherte den Blonden noch weitaus mehr, als es den abweisenden und verachtungsvollen Blicken jemals gelungen war.

"Was kann ich für dich tun, Joey? Warum bist du hier?"

>>Verdammt, warum nennt er mich nicht ,Wheeler'?! Und warum lächelt er? Wie anders er aussieht....so offen und....nett beinahe. Wenn er mal nicht den Mann aus dem Eis gibt, sind auch seine Gesichtszüge nicht so starr und hart....er sollte öfter lächeln, viel öfter, dann bekommen seine Augen so ein schönes Glitzern....und er wird dadurch auch viel hübscher....HE?!?!?! Was ist denn in mich gefahren?!?! Schließlich ist das immer noch Kaiba!!!<<

Er stand vom Sofa auf, kratzte sich etwas verlegen am Kopf und druckste herum. Was war nur los? Er wollte sich doch bloß bedanken, was war denn so schwer daran?! Endlich fand er einen Anfang: "Weißt du, ich....ich bin gekommen, weil Doktor Nakagawa mir gesagt hat, dass du Serenitys Operation bezahlst. Ich kann es immer noch nicht richtig glauben, es ist einfach.... gigantisch! Ich hatte mich ja schon fast damit abgefunden, dass meine Schwester erblinden wird und nun hast du....Ich....ich möchte mich bei dir dafür bedanken, denn das bedeutet mir sehr viel. Das ist einfach nur....wahnsinnig anständig von dir....das hätte ich dir nie und nimmer zugetraut...."

"Ach komm, vergiss es. Nicht der Rede wert...."

"Nicht der Rede wert? Hör mal, das ist für dich etwas Besonderes, Alter! Ich kann immer noch nicht richtig glauben, dass es wahr ist....Ich habe leider nichts, um dir das zu vergelten, aber.... wenn du dir irgendetwas wünschst, vielleicht kann ich doch...."

Kaiba trat auf ihn zu und streckte seine Hand aus. Seine Lippen zitterten ein bisschen, als er sagte: "Tatsächlich....habe ich einen Wunsch...."

Joey lächelte und nickte auffordernd. Das Licht des Kronleuchters spiegelte sich in seinen tiefbraunen Augen wider und erzeugte eine geradezu magnetische Leuchtkraft in ihnen, die vermutlich jeden in ihren Bann geschlagen hätte. Seto war für diese Augen, unter deren Strahlen er förmlich erstarb, ein von vornherein verlorenes Opfer. Er hielt nicht stand....

....und zu seinem Ärger breitete sich eine flammende Röte über seinen Wangen aus. Joey bemerkte es, verkniff sich jedoch aus Taktgefühl eine Bemerkung, da er Kaiba vielleicht damit beleidigt hätte und dieser könnte dies ja zum Anlass nehmen, Serenitys OP doch nicht zu bezahlen. Außerdem....so merkwürdig es auch war....wollte er seinen Gegenüber gar nicht absichtlich anfeinden, dieser friedliche, respektvolle Umgangston war viel angenehmer und vermittelte ihm erstmals das Gefühl, vom Meisterduellanten akzeptiert zu werden und das hatte er sich schon lange gewünscht.

....

WIE BITTE?!?!?!

"....ich...." Kaiba unterbrach sich und schluckte einmal, um die Trockenheit in seiner Kehle loszuwerden. Wie schön sein heimlicher Geliebter doch war!

"....ich würde mir wünschen, dass wir Freunde werden."

Er hielt seine Hand immer noch ausgestreckt. Joey war von dem Anliegen des anderen etwas überrumpelt, aber irgendwie sagte ihm sein Herz, dass er es nicht bereuen würde, und so reichte er dem Firmenchef die Rechte und schlug ein.

Es war ganz still im Zimmer. Keiner von beiden sprach ein Wort, ihre Zungen schienen wie festgewachsen. Die Zeit war stehen geblieben.

Seto fühlte die Wärme von Joeys Haut auf der seinen und unterdrückte den brennenden Wunsch, den Blonden an sich zu ziehen und mit Küssen zu bedecken. Nach einer halben Ewigkeit, so schien es, ließen sich ihre Hände wieder los....

Im Vergnügungspark

So, der neue Teil! Ich wünsche Euch viel Spaß beim Lesen!
 

Kapitel 6: Im Vergnügungspark
 

Es war ein Samstag wie jeder andere.

Obwohl....vielleicht doch nicht.

Tante Amber war damit beschäftigt, sich zu überlegen, was sie ihren Schützlingen im Kindergarten Neues präsentieren konnte, während Joey gelangweilt am Tisch sass und den letzten Rest seines Mittagessens in sich hinein schaufelte. Das einzige, was ihn noch richtig aufzuwecken in der Lage war, war die Tatsache, dass er vor zwei Tagen mit Seto Kaiba Freundschaft geschlossen hatte. Wenn er so darüber nachdachte, konnte er es immer noch nicht glauben. Der Augenblick, als sich ihre Hände berührten, empfand er seltsamerweise am intensivsten, die Erinnerung daran brannte noch so hell, als habe man in ein frisches Stück Ton mit einem spitzen Stift Muster eingraviert. Kaibas Haut war weich und schön warm, die anmutigen, schlanken Fingern von einer erstaunlichen Sanftheit, die wohl keiner bei ihm vermutet hätte. Nachträglich an dieses Ereignis errötete er ständig, obwohl er sich nicht erklären konnte, weshalb eigentlich. Er war so in seine Gedanken versunken, dass er gar nicht bemerkte, wie Amber sich zu ihm umdrehte und ihn ansah.

"Was ist denn mit dir, Jay? Denkst du gerade an ein Mädchen?"

"WAS?! Wie....wie kommst du darauf?"

"Na ja, du siehst irgendwie so versonnen aus....und außerdem bist du ein bisschen rot. Also, wer spukt in deinem Kopf herum und lässt dir keine Ruhe?"

Joey biss sich auf die Lippen und wand sich verlegen. Er konnte ihr schließlich nicht erzählen, dass es Kaiba war - also ein Kerl -, der ihn so verwirrte! Darüber hinaus wusste auch er nicht, was plötzlich mit ihm los war. In kurzer Zeit war eine Menge passiert und der ehemals so verhasste Klassenkamerad hatte sich ihm gegenüber von seiner menschlichen, seiner warmherzigen, liebevollen Seite gezeigt, einer Seite, die ihm völlig neu war und ihn desto mehr durcheinander und aus der Fassung brachte. Joey hatte sich mit dreizehn zum ersten Mal verliebt und seither festgestellt, dass er sich in dieser Hinsicht für Männer interessierte. Anfangs war das ein schwerer Schock für ihn gewesen, aber letztendlich hatte ihn die Natur nun mal so gemacht und er konnte es nicht ändern. Das Problem war bloß, dass er mit einem Mal eine gewisse Zuneigung für Kaiba empfand, die er noch vor ein paar Tagen für unmöglich gehalten hätte....Eigentlich glaubte er nicht an Dinge wie Schicksal, aber in diesem Fall war es fast so.... alles schien sich auf eigenartige, wunderbare Weise ineinander zu fügen....dennoch. Irgendetwas musste Kaiba dazu gebracht haben, seine Fassade ihm gegenüber aufzugeben und ihm einen bisher unbekannten Teil seiner Selbst zu offenbaren - nur was? Da erklang plötzlich ein schrilles Klingen, dass er vor Schreck seine Limonade ausgespuckt hätte, die er gerade herunterschlucken wollte. Amber ging ans Telefon und kehrte wenig später mit dem schnurlosen Apparat in die Küche zurück.

"Für dich. Ein Duke Devlin ist dran."

"Danke.....Hallo Duke? Wie nett, dass du anrufst. Was ist denn los? Wolltest du heute nicht an einem verbesserten Spielsystem für dein Dungeon-Dice-Game arbeiten?"

"Wollte ich auch. Aber....weißt du....ich....hätte da was Wichtiges mit dir zu besprechen. Können wir uns irgendwo treffen, vielleicht im Eiscafé neben dem Kurpark? Am besten jetzt gleich?"

"He, das muss ja wirklich enorm wichtig sein! Okay, ich bin gleich da!"

Damit warf er seiner Tante den Hörer zu, kündigte an, sich mit seinem Kumpel verabredet zu haben und war schon zur Tür hinaus. Amber lächelte nachsichtig über seinen Ungestüm und hängte das Telefon wieder ein.
 

Als Joey am Eiscafé ankam, hatte Duke bereits einen Platz besetzt und begrüßte ihn mit einem verhaltenen Lachen und einem Schulterklopfen. Er wirkte in sich gekehrt und gar nicht mehr wie der sonst so selbstbewusste, temperamentvolle Dungeon-Dice-Erfinder, den der Duellant kannte.

"Dann schieß mal los, Alter! Worüber wolltest du mit mir reden?"

"Über....über Tristan."

Dukes Gegenüber blinzelte zunächst verwirrt, bis ihm aufging, dass es sich hier scheinbar um ein Thema der besonderen Art handelte. Die Eröffnung dieses Gesprächs ließ den Schluss zu, dass mehr als Freundschaft eine Rolle spielte.

"In Ordnung. Und was hat mein Freund angestellt, dass du dich mir anvertrauen musst? Hat er dich geärgert?"

"Nein, das nicht....es ist nur....also....ich weiß, die Frage ist sehr persönlich, aber...."

"Jetzt raus mit der Sprache, sonst sitzen wir morgen noch da!"

"Stimmt es, dass Tristan mal in dich verliebt war?"

Uh oh.....

Er hatte eigentlich was anderes erwartet....aber wie dem auch sei, es galt nun, dem armen Duke die Sachlage zu erklären, denn aus seinen hängenden Schultern und dem betrübten Blick in den grünen Augen war zu entnehmen, dass er Liebeskummer hatte - und das nicht zu knapp.

"Das ist wahr, Tristan war einmal in mich verliebt - aber damals waren wir vierzehn und lange gehalten hat es auch nicht. Dafür sind wir seitdem die besten Freunde, mal von Yugi abgesehen. Ich kann dir versprechen, dass er nichts mehr von mir will. Dein Weg zu ihm ist frei!"

Der Schwarzhaarige erbleichte zuerst, nur, um gleich darauf in einem beunruhigenden Maß rot zu werden wie ein Klatschmohn.

"Woher....woher....?"

"Es hat gereicht, dich anzuschauen, um es rauszukriegen. Wenn du ihn wirklich liebst, Duke, dann solltest du es ihm sagen, denn durch dein Schweigen kann sich nichts ändern. Ich weiß, dass das nicht einfach ist, aber was Tristan betrifft....wenn du ihm deine Gefühle gestehst, wird er sie annehmen und dir auf seine Art antworten." (Oh, das ist geklaut - wer weiß, woher ich das hab? ^____^)

"Hm.....du hast recht. Ich sollte es wenigstens versuchen...."

Ein monotones Läuten unterbrach ihn und Joey knurrte gereizt, angelte nach seinem Handy und fragte sich genervt, wer ihn nun schon wieder erreichen wollte. Er meldete sich und wäre fast von seinem Stuhl gefallen, als er die Stimme am anderen Ende der Leitung erkannt hatte. Verdammt, wieso auch ausgerechnet jetzt?!

"Hallo Joey! Hier ist Tristan!"

"Moment!......Entschuldige mich mal kurz!" wandte er sich an den Schwarzhaarigen und verschwand aus dem Café in eine Seitenstraße.

"Dein Timing ist grauenhaft, ehrlich! Was willst du?"

"Sag mal, bist du mit zwei linken Füßen aufgestanden, dass du so freundlich bist? Ich würde gerne etwas mit dir besprechen und...."

"Du auch?"

"Was soll das heißen: ,Du auch'?"

"Rate mal, mit wem ich gerade im Kurpark-Café sitze und Ratschläge erteile - Duke."

Das Schweigen des jungen Mannes mit dem braunen Haar und den ebenso braunen Augen machte Joey stutzen. Er konnte ja nicht ahnen, dass Tristan in diesem Moment neben seinem Motorrad stand und dabei war, den verbalen Hieb - der überhaupt nicht als solcher gedacht gewesen war - zu verdauen. "Duke....?" brachte er schließlich hervor. "Du....ihr....habt ein....Date?"

Endlich begriff der Duellant, warum sein Kamerad so lange still geblieben war und beeilte sich, mit diesem ungeheuren Verdacht sofort aufzuräumen.

"Um Himmels willen, nein! Duke wollte wirklich nur meinen Rat. Wegen dir, weißt du." fügte er mit einem schelmischen Grinsen hinzu, das Tristan natürlich nicht sehen konnte, aber auf seinem Gesicht zeichnete sich deutliche Erleichterung ab, um im Anschluss von einer leichten Röte abgelöst zu werden, als ihm klar wurde, was Joey noch gesagt hatte.

"Wegen.....mir? Aber wieso?"

"Beweg deinen Hintern, komm zum Café und frag ihn selbst."

"Und wo wirst du sein?"

"Ich????? Ich werde weg sein, wenn du deinem Angebeteten gegenübertrittst!"

".....WAS?!?! Du kannst mich doch nicht mit ihm allein lassen!!"

"Warum nicht? Er wird dich bestimmt nicht beißen!"

"JOEY....!!!"

Ein Knacken in der Leitung und Tristan war wieder auf sich allein gestellt. Sein Kumpel hatte gut reden, er war ja nicht bis über beide Ohren verliebt! Ob er wirklich zu dem Café fahren sollte? Er rief sich Dukes Gestalt in Erinnerung, die ihn, wenngleich er es nie zugegeben hatte, bereits bei ihrer ersten Begegnung überwältigt hatte. Großgewachsen und schlank wie er war, verfügte sein eleganter, feingliedriger Körper über eine Ausstrahlung, die Tristan bei noch keinem hatte bemerken können. Das lange Haar, zu einem Pferdeschwanz gebunden, war schwarz wie die Nacht, gesund und geschmeidig, doch das schönste an ihm waren immer noch seine Augen - tiefes, unergründliches Grün, wie frische junge Blätter oder geschliffene Smaragde....in diesem Blick könnte er ertrinken. Und wie oft hatte er schon davon geträumt, seine samtenen, wohlgeformten Lippen zu küssen, seine Arme um ihn zu schlingen und ihn nie wieder loszulassen....Er zog sich den Helm über den Kopf und brauste auf seiner Maschine in die einzige Richtung, die ihn jetzt noch interessierte....

Joey war zu Duke zurückgekehrt und hatte sich von ihm verabschiedet. "Du gehst schon? Ich hätte dir noch ein Eis spendiert, als Dankeschön."

"Nicht nötig. Aber tu mir einen Gefallen, ja? Der ist dein Dankeschön."

"In Ordnung."

"Warte noch einen Moment hier. Ich habe eine Überraschung für dich. Geh nicht, bevor sie eingetroffen ist, versprochen?"

"Versprochen. Aber woher soll ich wissen, was die Überraschung ist?"

"Du wirst es wissen, wenn du sie siehst. Viel Glück!"
 

Damit machte er sich auf den Weg nach Hause, da er ja eigentlich nichts weiter vorhatte, was ihn allerdings wieder an Kaiba denken ließ und das war noch schlimmer als Langeweile. Er schüttelte wild den Kopf, um das Bild des Firmenchefs aus seinem Geist zu verdrängen, doch der erhoffte Erfolg blieb aus. Warum drängte er sich wiederholt in den Vordergrund? Es war doch zum Verrücktwerden! Während er noch hin und her überlegte, was er unternehmen könnte, um sich von Kaiba abzulenken, marschierte er am Vergnügungspark vorbei und ging kurzentschlossen hinein, im Glauben, nichts könne seinem Vorhaben dienlicher sein als die laute Umgebung und die vielen Menschen. Doch dieser Tag war offensichtlich anderer Meinung, denn als der Zuckerwattestand vor ihm auftauchte, erstarrte Joey vor Schreck. Mokuba bearbeitete gerade seinen älteren Bruder, ihm doch eine der süßen rosa Wolken zu kaufen und Mr. Blue-Eyes-White-Dragon willigte endlich genervt ein. Als die beiden sich umdrehten, wurden sie augenblicklich mit dem blonden Duellanten konfrontiert und Setos Gesichtsfarbe vollführte in Sekundenbruchteilen eine beachtliche Bandbreite an Verfärbungen, die meisten davon eine Variation von rot. Mokuba, der die leise knisternde Spannung zwischen ihnen natürlich nicht eruierte, zupfte etwas von seiner Zuckerwatte ab, schob es sich in den Mund und kaute vergnügt. Dann sagte er: "Hallo Joey! Was für ein Zufall! Du bist auch da? Mit wem denn?"

".....Äh....ich....ich bin....allein hier....."

"Echt? Mann, wie langweilig! Willst du nicht lieber mit uns mitkommen? Du hättest doch nichts dagegen, Onii-san?"

Seto warf seinem kleinen Bruder einen halb verzweifelten, halb ungläubigen Blick zu, weil der Junge nicht die geringste Ahnung hatte, in was für eine Situation er den Leiter der Kaiba-Corporation mit seinem unschuldigen Angebot brachte.

"Ich....also....ich hätte nichts dagegen...."

Eben, wieso auch - schließlich waren sie ja jetzt keine Feinde mehr, es war doch nichts dabei, mit einem Kumpel durch den Vergnügungspark zu ziehen. Mokuba strahlte seinen Onii-san an, nahm ihn an der Hand und forderte Joey auf, sie zu begleiten. Was sollte er machen? Die Laune des Jungen verderben und ablehnen? Nein, das konnte er einfach nicht, so wenig er auch in Kaibas Nähe sein wollte, da ihn das auf geradezu erschreckende Weise irritierte. Er hätte keine Freundschaft mit ihm schließen sollen, dann wären sie jetzt noch Rivalen, alles wäre beim alten und er könnte den Brünetten anbrüllen wie früher. Doch was geschehen war, war geschehen und er konnte er nicht mehr rückgängig machen. Zu seiner Überraschung ergriff Mokuba auch seine Hand und so gingen die beiden jungen Männer mit dem Elfjährigen durch die einzelnen Buden- und Fahrgeschäftsgassen auf dem Platz, einer links, einer rechts, Mokuba zwischen ihnen. Als sie an der Geisterbahn vorbeikamen, blieb er stehen, schluckte den letzten Rest seiner Zuckerwatte herunter (die sein Onii-san übrigens für ihn tragen durfte *grins*) und setzte den süßesten und treuherzigsten Hundeblick der Welt auf, der seinen Bruder regelmäßig erweichte. Seto seufzte innerlich auf. "Ich möchte mit der Geisterbahn fahren. Darf ich?"

"Meinetwegen", murrte der Braunhaarige wenig begeistert und sofort wurden er und Joey von Mokuba mitgezogen, zum Eingang hin. Während der Junge schon voraus zu den Wagen lief, während Kaiba den Eintritt bezahlte, bemerkte der Blonde die Angespanntheit des anderen.

"He, was ist los?"

"Was soll schon sein?"

"Du wirkst irgendwie....verkrampft."

"Das geht dich nichts an, Wheeler!"

"Nana, bleib bei ,Joey', wir....wir sind doch....wir sind doch jetzt....Freunde, oder? Und Freunde helfen sich gegenseitig, wenn sie Sorgen haben. Du kannst mir ruhig erzählen, was du hast, ich werde es bestimmt nicht weitererzählen."

"Ich....ich bin in meiner Kindheit meist sehr einsam gewesen....Joey. Vater hatte immer nur mit seinem Geschäft zu tun und hat mich oft allein gelassen. Ich kann mich nicht daran erinnern, jemals von ihm ins Bett gebracht worden zu sein....aber ich hatte Angst vor der Nacht um mich herum, Angst vor der Dunkelheit, weil niemand bei mir war....Seitdem hasse ich dunkle Räume und mein Büro hat genau deshalb auch eine breite Fensterfront....Ich weiß, dass das kindisch ist, aber für mich war die Dunkelheit von jeher die Verkörperung, ein Symbol meiner Einsamkeit....Aus diesem Grund vermeide ich auch Geisterbahnen, aber ich will Mokuba nicht den Spaß verderben...."

Sie kletterten in die bunten Wagen. Zu ihrem Entsetzen hatte der Kleine allein im ersten Wagen platzgenommen, und die zwei Älteren wurden einfach in einen gemeinsamen Wagen dahinter abkommandiert, denn anders würde er ihnen ja seinen Mut nicht beweisen können (Da nützte es auch nichts, dass Seto beteuerte, er wisse doch längst, wie mutig er sei ^___~)....

Das Gefährt rumpelte ein wenig, bis es schließlich in der Dunkelheit der Geisterbahn verschwand. Während Mokuba sich glänzend zu amüsieren schien, hockten in Wagen 2 höchst schweigsame Gestalten. Gegen seinen Willen spürte Kaiba, wie die alte, verdrängte Furcht von damals in ihm hochstieg und ein leichtes Zittern ergriff ihn.

"Soll....soll ich deine Hand halten?" fragte eine zaghafte Stimme, die Joey sehr fremd vorkam - seine eigene. Der Firmenchef zuckte zusammen, errötete etwas und musterte seinen Sitznachbarn unsicher, als glaube er, sich verhört zu haben.

>>Was reitet mich denn heute?! Bin ich übergeschnappt?! Wie kann ich ihn bloß fragen, ob ich seine Hand halten soll?! Verdammt, das hier ist Seto Kaiba, der ist doch kein kleines Kind mehr!! Und davon abgesehen benehme ich mich selbst wie ein Dreizehnjähriger bei seiner ersten Verabredung!! Das ist doch total bescheuert!! Und sowas von peinlich!! Was wird er nur von mir denken?!.....Zum Teufel, das kann mir doch egal sein!!<<

Warme, weiche Fingerspitzen berührten seine Hand und er fuhr erschrocken herum. Kaiba sah ihn nicht an, aber seine Hand ruhte auf der Joeys und der Sechzehnjährige zog sie erst darunter hervor, um sie langsam um die des anderen zu schließen. Die Geister und Monster, die auftauchten, selbst Mokuba, der sich über die mäßigen Tricks beinahe ausschüttete vor Lachen, hatten keinerlei Bedeutung mehr. Unvermittelt breitete sich eine angenehme Hitze in Seto aus.

>>Es....ist nicht zu fassen. Ich sitze tatsächlich hier neben ihm und er hält meine Hand....ich dachte, er würde mich auslachen....aber statt dessen akzeptiert er es und versucht, mir zu helfen....Er ist einfach....einfach wundervoll....ach verdammt....ich hab solches Herzklopfen.... führe mich auf wie ein verliebter Teenager....Blödsinn, ich BIN ja ein verliebter Teenager! Er soll....mich nicht loslassen....<<

>>............Es klappt nicht! Ich will, dass es unangenehm ist, aber es funktioniert nicht! Ihn zu berühren, ist einfach schön....Argh, jetzt reiß dich gefälligst zusammen, Joey, du bist doch kein vorpubertäres Baby mehr!! Aber ich kann ihn nicht loslassen....ich will ihn gar nicht loslassen....<<
 

In diesem Moment beschrieben die Wagen eine scharfe Kurve, Kaiba verlor das Gleichgewicht und fiel geradewegs auf seinen goldhaarigen Engel. Ihre Gesichter waren nur noch einen Fingerbreit voneinander entfernt und die Zeit fror ein. Seto schluckte nervös und fuhr sich mit der Zunge über die trockenen Lippen. Er spürte, wie er von den unendlichen, strahlenden Augen dieses Engels eingesogen wurde und obwohl er zu widerstehen versuchte, wusste er doch, dass Joey nicht nur eine Schlacht, sondern auch den Krieg gewonnen hatte, in dem sein Herz die Siegestrophäe war. Er schaffte es einfach nicht, sich von ihm zu lösen, konnte nur in dieses makellose Antlitz mit der leicht gebräunten Haut starren und sich ergeben.

Joey hatte das Gefühl, als stünde er in einem Hochofen. Er, der er jede zu deutliche Nähe mit seinem neuen "Freund" hatte vermeiden wollen, sah ihn nun unmittelbar vor sich, angezogen, fasziniert, ertrinkend in einem kühlen, alles verschlingenden Blau von solcher Intensität, dass ihm fast schwindelig wurde. Als es seinem Blick gelang, sich von diesen gefährlich schönen Augen zu lösen, entwickelte er ein Eigenleben, irrte eine Weile umher und blieb schließlich auf Kaibas Lippen haften, die der Meisterduellant gerade anfeuchtete. Eine Welle der Erregung durchflutete Joey und er hatte den Eindruck, langsam aber sicher zu zerfließen, da auch Kaibas heißer Atem auf seinen Wangen prickelte.

"Joey...."

Seine Stimme klang merkwürdig heiser und der Braunhaarige schluckte erneut. Ob sich dieser Engel eigentlich im Klaren darüber war, wie verführerisch sein brennender Blick und die leicht geöffneten, glänzenden Lippen wirkten? Mehrere Sekunden ewiger, elektrisierter Spannung verstrichen, ohne dass sich einer der beiden bewegte.

Dann....

"Da ist der Ausgang! Wir sind durch! Ich hatte mehr erwartet! Eine ziemlich langweilige Fahrt!" maulte Mokuba und lief nach draußen. Sein Bruder und Joey hatten größere Schwierigkeiten, wieder in die Realität zurückzufinden. Das grelle Tageslicht nach dem Dämmer in der Geisterbahn schmerzte in ihren Augen und sie stolperten auf recht wackeligen Beinen hinter dem Jüngeren her, rot bis unter die Haarwurzeln.

"He! Was ist denn mit euch? Ist euch nicht gut?"

Der Unfall

So, weiter geht's! ^^

Ihr bekommt diesmal sogar gleich zwei Teile, dann habt Ihr ein bisschen Lesefutter! Viel Spaß!
 

Kapitel 7: Der Unfall
 

Der Samstag war noch nicht zu Ende.

Oh, beileibe nicht!

Mokuba sprang wie ein Gummiball von einer Attraktion zur anderen, während Seto und Joey weiterhin damit beschäftigt waren, sich gegenseitig anzuschweigen. Seit dem Vorfall in der Geisterbahn konnte sich keiner mehr so recht auf etwas anderes als seinen Gegenüber konzentrieren und das erleichterte die Sache in keinster Weise. So wanderten sie still hinter dem schwarzhaarigen Jungen her und vermieden es, sich anzusehen. Als Mokuba ein Zelt aus violettem Samt entdeckte, das mit goldenen Sternen und allerlei anderen seltsamen Symbolen bestickt war, wurden seine Augen kugelrund und er spähte vorsichtig durch den Eingang hindurch, um zu sehen, was sich in diesem beeindruckenden Etwas verbarg. Eine Frau mittleren Alters mit angegrauten Haaren lächelte ihm freundlich zu. Sie trug orientalische Kleidung und vor ihr stand ein Tisch, auf dem eine Kristallkugel leuchtete. Der Kleine blinzelte, zog seinen Kopf zurück und bemerkte das Schild über dem Zelt: "Wahrsagungen aller Art. Fragen Sie Madame Kassandra." Eine Hellseherin!

"Onii-san!" bettelte er sofort, "Darf ich da rein? Ich möchte gerne etwas über meine Zukunft wissen!"

"Sei nicht albern, Mokuba! Das ist doch alles nur Theater, ein paar Taschenspielertricks, nichts weiter!"

"Sind Sie sich da sicher, Mr. Seto Kaiba?" erklang eine melodische, etwa rauchige Stimme aus dem dunklen Inneren des Zeltes und die Entrüstung des Firmenchefs taute in mundoffenem Staunen. "Ich sage Ihnen die Zukunft auch kostenlos voraus - bei Liebespaaren mache ich gerne eine Ausnahme."

....

LIEBESPAAREN?!?!?!

Der Elfjährige wunderte sich sehr über diese Äußerung, schließlich wusste er sicher, dass sein Bruder nicht verliebt war (ah ja?). Er schielte zu Seto hinüber und seine Verwirrung nahm zu, denn dieser war puterrot geworden und Joey ging es nicht besser.

"Sie sind zuerst dran, Mr. Wheeler."

Der blonde Duellant strich sich durchs Haar und betrat das Zelt. Die Tatsache, dass diese Dame offensichtlich wirklich ohne näheres Zutun wusste, wer draußen stand, ließ darauf schließen, dass sie eine der wenigen echten Wahrsagerinnen war (^____^). Er setzte sich auf den bereitgestellten Stuhl, legte die Hände ineinander und spürte, wie ihm ein wenig mulmig wurde. Madame Kassandra lächelte milde.

"Ich sehe, dass Sie durcheinander und sich Ihrer Gefühle nicht sicher sind, Mr. Wheeler. Sie haben mit Mr. Kaiba Freundschaft geschlossen, obwohl Sie ihn anfangs gehasst haben. Nun ja, seien Sie ehrlich - es war kein echter Hass, nicht wahr?"

Joey starrte ergeben auf die Kristallkugel und fragte sich, was er tun sollte. Er ahnte, dass diese Fremde da vor ihm ohnehin schon alles über ihn wusste, also brachte es wohl nichts, wenn er ihr etwas vorlog.

"Nein....nein, das nicht. Echter Hass ist ganz anders. Wer wirklich hasst, würde seinem Gegner auch den Tod wünschen, und das ist weit von meiner früheren....Abneigung entfernt. Ich konnte ihn nur nicht leiden....aber in den letzten Tagen habe ich ihn von einer ganz anderen Seite gesehen....er hat...."

"Ich weiß, er hat die Operation Ihrer Schwester Serenity bezahlt. Das bedeutet Ihnen viel, habe ich nicht recht? Daher haben Sie auch beschlossen, Ihre anfängliche Abneigung beiseite zu schieben und Mr. Kaiba eine Chance zu geben. Er hat Ihre Freundschaft angenommen....und jetzt stehen Sie vor einem Problem - nämlich dem, dass Sie nun nicht mehr nur den kalten, berechnenden Geschäftsmann Mr. Kaiba kennen, sondern auch den Menschen Seto. Und für diesen Menschen beginnen Sie immer stärkere Zuneigung zu empfinden. Aufgrund Ihrer Erfahrungen und Ihrer Lebensumstände ergänzen Sie einander....es scheint fast, als wären Sie beide füreinander bestimmt...."

Joey war diese Unterhaltung sichtlich peinlich und wenn es möglich gewesen wäre, hätte er sich sofort in Luft ausgelöst, um dem klaren, wissenden Blick von Madame Kassandra entgehen zu können.

"Darf ich Ihnen einen Rat geben, Mr. Wheeler? Hören Sie auf Ihr Herz, denn es diktiert Ihnen die richtigen Entscheidungen. Und ich bin zuversichtlich, dass Sie mit Mr. Kaiba glücklich werden."

".....äh.....ja....*räusper*....Bisher sind wir nur Freunde....ich will nichts überstürzen...."

"Das habe ich auch gar nicht gesagt. Doch nun zu etwas anderem - bitte halten Sie sich von der Hauptstraße fern."

"Von der Hauptstraße? Warum?"

"Weil es Ihnen Unglück bringen wird. Sie können gehen." Unzufrieden mit dieser Antwort, trat der junge Mann wieder in den Sonnenschein hinaus und die Hellseherin rief Seto und seinen kleinen Bruder herein.

"Guten Tag, meine Herren. Ich hatte Sie zehn Minuten früher erwartet, Mr. Kaiba, aber die Geisterbahn hat Sie ein wenig aufgehalten, nicht wahr?"

Der Imperiumsleiter wurde wieder rot und starrte auf seine Schuhspitzen, während Mokuba sich zum wiederholten Mal darüber wunderte. Was war in letzter Zeit nur mit seinem Onii-san los? Meine Güte, sollte er etwa tatsächlich verliebt sein?!

"Sie lieben ihn schon lange, ich weiß. Aber Sie sind wohl davon überzeugt, dass er Ihre Gefühle nie erwidern wird?"

Mokuba glaubte, sich verhört zu haben. Wie bitte?! IHN?!?! Hieß das am Ende, dass sein Bruder....?!?! Er wagte nicht, den Gedanken fortzuführen, obwohl er instinktiv spürte, dass er sich an diese Tatsache würde gewöhnen müssen. Seto hatte Madame Kassandra einen vernichtenden Blick zugeworfen, weil sie so offen vor dem Jungen von seinen Empfindungen für einen Mann (!) gesprochen hatte. Dennoch nickte er zustimmend.

"Er ist verwirrt, aber er verachtet Sie nicht mehr. Genaugenommen hat er Sie sogar recht gern, mittlerweile. Dass Sie die Kosten von Serenitys Operation tragen, bedeutet ihm viel. Der Eingriff ist übrigens diesen Sonntag. Das Mädchen wird nicht erblinden und das ist Ihnen zu verdanken."

"Joey?! Du liebst Joey?!" platzte der Elfjährige heraus, bevor er es verhindern konnte und der Firmenchef entschied sich, den, er wusste nicht mehr wievielten, Tod an diesem Tag zu sterben. Mit einem nervösen Schlucken kniete er sich vor Mokuba hin, legte seine Hände auf dessen Schultern und sagte: "Ja. Mir ist klar, dass das schwer für dich zu akzeptieren ist, aber ich kann es nicht rückgängig machen. Mein Herz hat ihn erwählt, ohne Fragen, ohne Zweifel, ohne Kompromisse. Auch mich traf es zunächst wie ein Schock, aber jetzt weiß ich, dass es für mich keinen anderen mehr gibt als ihn. Kannst du das verstehen?"

"......Das....ist nicht einfach. Allerdings....wenn du ihn wirklich liebst, kann ich es dir wohl schlecht verbieten, Onii-san."

"Hast du etwas gegen Joey?"

"Wie? Oh, nein, nein, ich mag ihn, er ist sehr nett! Ich denke, ich muss mich nur erstmal....an diese....'Situation' gewöhnen...." Kaiba lächelte erleichtert.

"Ich danke dir." Zum Zeichen, dass er es wirklich so meinte, umarmte Mokuba seinen großen Bruder, was der andere erfreut erwiderte. Der Kleine war schon erstaunlich reif für sein Alter, denn auch er hatte eine wenig schöne Kindheit gehabt, die ihn geprägt hatte.

"Noch etwas, Mr. Kaiba....achten Sie darauf, dass Mr. Wheeler heute die Hauptstraße meidet."

"Was? Wieso das?"

"Weil es für ihn gefährlich werden könnte. Das ist alles....vorläufig."

Seto musterte sie erstaunt, antwortete jedoch nicht und verließ mit Mokuba das Zelt. Während die drei ihren Weg durch den Vergnügungspark fortsetzten, erhob sich Madame Kassandra von ihrem Platz und blickte ihnen nach. Langsam zog sie sich die graue Perücke vom Kopf und schüttelte ihr langes schwarzes Haar. Hinter ihr erschien ein junger Mann mit sandfarbenem Haar und einer Haut, die so dunkel war wie die ihre.

"Das waren sie." stellte er fest. Sie nickte, ohne ihn anzusehen. "Ja. Es hat begonnen, Marik."
 

Wie mochte es in der Zwischenzeit Tristan und Duke ergangen sein? Der Dungeon-Dice-Erfinder sass noch immer im Café und wartete geduldig auf die versprochene Überraschung, als er das Geräusch eines herannahenden Motorrads vernahm. Es hielt in einer gewagten Kurve und mit quietschenden Reifen und Duke vergass fast, zu atmen, als er die muskulöse, schlanke Gestalt erkannt hatte, die sich von der Maschine herunter schwang und auf ihn zusteuerte. Die Person lüftete den Helm und Tristan Tylor kam zum Vorschein. Ob ER die Überraschung war? Der Motorradfahrer in dem schwarzen Lederdress (^___~ jawohl! Hach, schick! Vorstellen bitte!) setzte sich an den Tisch seines Klassenkameraden und atmete einmal tief aus und ein.

"Tristan!" brachte Duke mühsam hervor, "Was tust du hier?"

"Ich besuche dich. Du hast doch hoffentlich nichts dagegen einzuwenden?"

"N-nein, natürlich nicht. Aber warum...."

"Joey hat mich gebeten, herzukommen. Na ja, eigentlich hat er es mir mehr befohlen. Er hat mir erzählt, dass du mit ihm über....über mich geredet hast."

>>Was?! Wie kann Joey mir das antun?! Wieso hat er nicht den Mund gehalten?!<<

"Ich....bin sehr froh, dass er mir das anvertraut hat. Nimm es ihm nicht übel. Sag mir nur eines: Was hattest du so Wichtiges zu besprechen? Ich meine - habe ich dich geärgert, dich durch irgendwelche unbedachten Worte verletzt? Ich kann es nicht verstehen, wenn du es mir nicht erklärst! Bitte...." Tristan, der keine Ahnung hatte, dass Duke einen gewissen blonden Duellanten dafür am liebsten auf den Mond geschossen hätte, ließ seine Hand auf die des Dungeon-Dice-Erfinders sinken und errötete ein bisschen. Seinen Gegenüber durchlief ein wohliger Schauer. Sollte er es ihm wirklich gestehen?

"Nun, ich war unsicher, was zu tun sei....es ist....du....du gehst mir....einfach nicht mehr aus dem Kopf....ich muss ständig an dich denken und wenn ich dich sehe, könnte ich Bäume ausreißen, einfach davonfliegen, den Himmel berühren....Wir waren uns nicht immer einig, ich weiß, aber durch deine Freunde....und vor allem durch dich....habe ich gelernt, wie wundervoll es ist, Menschen zu haben, die immer für einen da sind....Ich....ich....ich liebe dich...."

Der Braunhaarige erwiderte nichts, sein Glück überrollte ihn wie eine Flutwelle und lähmte ihn praktisch. Seine Kehle war wie zugeschnürt und er war nicht mehr fähig, irgendetwas zu sagen. Deshalb übermittelte er seine Antwort auf die einzige noch mögliche Weise: Er stand auf, zog Duke zu sich herauf und küsste ihn leidenschaftlich, ohne sich einen Deut darum zu scheren, dass die übrigen Cafégäste es mitbekamen. (Tsts, Tristan....also nein! ^___^)

Duke, davon überrumpelt, riss erst einmal die Augen auf, doch je länger er die sanften, warmen Lippen des anderen auf den seinen spürte, umso mehr erlahmte sein Widerstand und er ergab sich dem Kuss. Die Welt versank um sie herum, jetzt, in diesem unvergesslichen Moment, zählten nur noch das Glück und die Geborgenheit, die die Umarmung des jeweils anderen vermittelte. Als sie sich schließlich voneinander lösten, glühten ihre Wangen. Tristan beugte sich zu seinem Koibito und flüsterte ihm zärtlich ins Ohr: "Wir hätten uns schon vor Monaten finden können, doch haben wir aus Angst vor Zurückweisung gezögert. Das ist jetzt vorbei. Ich liebe dich, Duke Devlin, für immer."

Der Schwarzhaarige wollte eben etwas darauf erwidern, als der Kellner ihnen die Rechnung auf den Tisch knallte und schnarrte: "Das war ein Mineralwasser. Wollen Sie bezahlen oder nicht?"

"Wie....?! Oh ja, entschuldigen Sie...." Rasch warf er dem Ober ein paar Münzen zu und zerrte Tristan hinter sich her nach draußen. "Fahren wir zu dir oder zu mir?" raunte er dem Motorradfahrer spitzbübisch zu und wurde mit einem strahlenden, wenn auch etwas listigen Lächeln belohnt.

"Abwarten!"
 

Seto, Mokuba und Joey hatten den Vergnügungspark unterdessen verlassen und begaben sich auf den Heimweg. Dieser führte an den Geschäften nahe der Hauptstraße vorbei und die beiden Älteren beschlich ein ungutes Gefühl. Der Verkehr brauste an ihnen vorbei und zahllose Menschen eilten an ihnen vorüber.

"He! Da ist ja Tommy!" rief Mokuba plötzlich und winkte einem Jungen zu, der vor einem Spielzeugladen auf der anderen Straßenseite stand. Als er seinen Mitschüler erkannt hatte, winkte er fröhlich zurück. Was dann geschah, verdichtete sich für Seto zu einem grauenhaften Alptraum. Sein kleiner Bruder lief auf die Straße, um zu seinem Freund zu gelangen und achtete dabei nicht auf die herannahenden Autos. Joey registrierte einen Lkw, der geradewegs auf das Kind zu raste und handelte im Bruchteil einer Sekunde. Zum ersten Mal tat er etwas, ohne nachzudenken. Er wusste genau, dass er keine Wahl hatte - und keine Zeit! "Mokuba!"

Wie der Blitz hechtete er auf die Kreuzung und als der Junge wie erstarrt stehenblieb, als er den riesigen Wagen auf sich zukommen sah, stieß Joey ihn mit einem derben Schubs zur Seite. Der Lkw-Fahrer trat entsetzt auf die Bremse, die Reifen begannen beinahe zu qualmen und einige Leute schrieen auf. Mokuba war noch ganz benommen von dem Schreck und rappelte sich angestrengt auf. Seto war rasch bei ihm, doch der Junge bemerkte es gar nicht. Seine Augen sogen sich an dem schrecklichen Bild fest, das sich ihm bot. Er bewegte tonlos die Lippen und Seto blickte nun auch in die Richtung, die der Elfjährige ihm wies.

"NEIN!"

Er glaubte zu schreien, doch es war nichts weiter als ein hilfloses Krächzen, das sich seine Kehle herauf würgte, ein fremder, unheimlicher Ton. Eine reglose Gestalt lag auf dem Asphalt, Blut rann aus einer Kopfwunde und verklebte das korngelbe Haar.

Irgend jemand rief einen Krankenwagen und nach fünf Minuten war der Notarzt auch eingetroffen und man verfrachtete den jungen Mann auf eine Bahre. Die beiden Kaiba-Brüder stiegen zu dem Verletzten, die Türen wurden geschlossen und das Gefährt setzte sich mit Sirenengeheul wieder in Bewegung, in Richtung Domino-Hospital. Zeuge dieses Unfalls war ein hübscher, zerbrechlich wirkender Jugendlicher mit langem, weißen Haar, der ein gestreiftes T-Shirt und eine Jeans trug. Um seinen Hals hing ein merkwürdiger Ring aus Gold, an dem Zacken befestigt waren. Im Zentrum schimmerte ein Dreieck. Es leuchtete auf und strahlte ein seltsames Licht aus. Nachdem es verschwunden war, hatte sich der Jugendliche verändert, obgleich die Farbe seines Haares und seiner Augen gleichgeblieben waren. Er war größer und sehniger als vorher und die kindliche Weichheit war aus seinen Zügen verschwunden, er wirkte jetzt wie ein Erwachsener.

>>Endlich....<< dachte er, >>Die Zeit ist gekommen.<<

Erste Begegnung

Und gleich weiter! *smile*
 

Kapitel 8: Erste Begegnung
 

Yugi Muto erwachte aus einem unruhigen Schlaf, richtete sich in seinem Bett auf und angelte nach seinem Millenniumspuzzle, das auf dem Nachtkästchen lag. Er hängte es sich um den Hals und konzentrierte sich.

"Yami! Es ist Zeit! Wach auf! Er wartet auf dich!" Mit diesen Worten leuchtete der pyramidenförmige Anhänger hell auf und Yugi ließ sein Alter Ego in seinen Körper schlüpfen. Kaum war dies passiert, verließ Yami das Haus und begab sich in die nächtlichen Gassen von Domino City, bis er den Kurpark erreicht hatte. Es wartete bereits jemand auf ihn und dieser Jemand war kein geringerer als Ryo Bakura, ein Mitschüler Yugis. Als er den anderen entdeckt hatte, schloss der Junge mit den femininen Zügen die Augen und sein Millenniumsring strahlte auf, wie schon einmal am heutigen Tag. An seine Stelle trat sein dunkles Ich, Yami Bakura.

"So sieht man sich wieder, Pharao." meinte er mit einem bissigen Unterton in der Stimme, doch der ehemalige Herrscher Ägyptens ging nicht darauf ein. Statt dessen berührte er den Weißhaarigen sacht an der Wange und strich zärtlich darüber.

"Ich kann sie immer noch spüren....die Tränen der Vergangenheit, als du bereit warst, alles zu erdulden, nur, um in meiner Nähe zu sein....Wie lange waren wir getrennt? Viertausend, fünftausend Jahre? Willst du mir erzählen, du hättest nie einen Gedanken an mich verschwendet....Aton?"

Der andere wand sich und vermied es, dem Pharao direkt in die schönen, violetten Augen zu blicken. >>Es ist nicht fair von ihm, mich das zu fragen....er weiß genau, wie wertlos und armselig ich mir ihm gegenüber immer vorkam....Ich bin nichts weiter als ein Dieb, ein Grabräuber, der seine karge Unterkunft in der Wüste bezog und nur in die Hauptstadt zurückkehrte, um ab und zu einen Blick auf den Mann zu erhaschen, der mir mein Herz gestohlen hatte....das Licht Ägyptens. Als er starb, starb ich mit ihm....doch meine Seele blieb ruhelos....und ich war einsam....fünftausend Jahre lang....<<

"Nenn mich nicht so. Der Dieb Aton existiert nicht mehr."

"Das ist nicht wahr. Dieser temperamentvolle, waghalsige, sture, leidenschaftliche Halunke, den ich damals kennenlernte, ist noch da. Deine Augen haben ihren Glanz und ihr Feuer nicht verloren....du hast dir immer alles genommen, was du haben wolltest, Aton. Auch bei meinem Herzen hast du keine Ausnahme gemacht...."

"Du etwa....Atemu?" meinte der Räuber mit einem leichten Lächeln, den Pharao bei seinem richtigen ägyptischen Namen nennend. Seine Königliche Hoheit schüttelte den Kopf und trat dicht an den Schönling mit den herrlichen Augen heran. Bevor er etwas sagen konnte, pressten sich sinnliche Lippen gegen die seinen und Atemu zog ihn in eine feste Umarmung. Obwohl Bakura gegen das Verlangen anzukämpfen versuchte, das die Nähe seines Geliebten erzeugte, gab er es schließlich auf, sich zu wehren und gestand seine Niederlage ein. Es war genau wie damals....damals war er dabei erwischt worden, wie er das Grab von Atemus Vater hatte ausplündern wollen....Die Krieger Gottes und Leibwächter des Pharao, die Medjai, hatten ihn aufgegriffen, gefesselt und ihn vor den Herrscher gezerrt....
 

~~ RÜCKBLENDE ~~
 

Ägypten vor 5000 Jahren, Alexandria
 

Aton spürte den unbarmherzigen, harten Griff der Soldaten und die Stricke, die um seine Handgelenke gezurrt waren, schnitten ihm ins Fleisch. Sein schwarzes Beduinengewand ließ ihn normalerweise mit den Schatten der Nacht verschmelzen, aber diesmal hatte er seine Neugier nicht bezähmen können und hatte sich in die Nähe des Palastes gewagt. Nicht unweit davon befand sich die Grabkammer des letzten Königs, der noch nicht in seine Pyramide überführt worden war, da das Bauwerk noch nicht fertiggestellt war. Dort hatte man ihn auf frischer Tat ertappt und Aton verfluchte seine mangelnde Vorsicht. Es war ein ungeschriebenes Gesetz in der Gaunerzunft, dass man sich am besten vom Palast - und somit von den Medjai - fernhielt, denn diese Kämpfer waren aus gänzlich anderem Holz geschnitzt als die mitunter doch recht bestechlichen Polizeibeamten. Obwohl seine Lage im Moment keineswegs sehr vielversprechend war, konnte er nicht umhin, die Pracht und den Prunk des Palastes zu bewundern - die marmornen Böden, die Säulen im griechischen Stil, das Gold, die Edelsteine und die Reliefs an den Wänden, die von den Heldentaten der ersten Pharaonen erzählten.... Endlich gelangten sie zum Thronsaal und man warf ihn dem Herrscher praktisch zu Füßen. "Das ist ein Grabschänder, o Licht Ägyptens. Es ist an Euch, über ihn zu richten!"

"Zeig mir dein Gesicht, Dieb!" forderte König Atemu ihn auf. Aton zögerte, angenehm überrascht von dieser verführerischen, samtenen Stimme. Er hatte den Regenten nie zuvor gesehen und fragte sich, ob dieser wirklich eine so außergewöhnliche Erscheinung war, wie die Leute behaupteten. So hob er den Blick, nur, um denselbigen in einem Meer aus gemeißeltem Amethyst wieder versinken zu lassen. Schon seine Augen wirkten wie seltene Juwelen, doch auch sein Haar war schwer zu beschreiben, schimmerte es doch golden wie die Sonne, schwarz wie die Nacht und rötlich wie Feuer zugleich. Gekleidet war er in kostbare, ausgesuchte Stoffe in kräftigen Gelb- und Blautönen. Um seinen Hals hing das Symbol seiner göttlichen Macht - das Jahrtausendprisma ("Millenniumspuzzle" klingt viel zu modern, gomen!). Hinter der majestätischen Ausstrahlung Atemus konnte Aton einen starken, unnachgiebigen Willen wahrnehmen, sowie ein tapferes und kluges Wesen. Genau so hatte er sich jenen Herrn vorgestellt, dem er sich einmal unterwerfen und dem er dienen würde.

"Wie ist dein Name?"

"Ich heiße Aton, mein Gebieter, und ich versichere Euch, dass ich nur gestohlen habe, um mein Überleben für einen weiteren Tag zu sichern. Es lag mir fern, Euch zu beleidigen oder Eures Vaters Ehre zu beschmutzen."

"Aber genau das hast du getan, Ruchloser! Ein paar Tage im Kerker werden dich lehren, in Zukunft den Palast nicht mehr zu betreten! Schafft ihn weg!"

Die Medjai packten ihn erneut und hoben ihn hoch. Sein Blick hielt den Atemus erbarmungslos fest und der junge Pharao fühlte, wie eine nie gekannte Unruhe sein Innerstes ergriff. Dieser Mann war anders als das sonstige Diebesgesindel, das normalerweise zur Verurteilung gebracht wurde. Das hier war kein winselnder, feiger, seine Tat verleugnender, heuchlerischer Wurm, sondern jemand, der stolz auf sein freies, ungebundenes Dasein war und den es nicht scherte, ein paar Gesetze zu übertreten, um sich nehmen zu können, was er wollte. In diesen Augen las er keine Furcht, keine opportunistische Schmeichelei und Verstellung, in ihnen brannten Leidenschaft, Freiheitsdrang und Kampfgeist. Nichts und niemand würde diesen Mann zerbrechen - schon gar nicht der Kerker.

"Wartet! Ich habe meine Meinung geändert! Zeigt ihm einfach den Ausgang und erinnert ihn daran, diesen Boden nie wieder zu betreten! Das genügt!"

Aton war sichtlich verblüfft über die Abwandlung des Richterspruchs. Nachdem er unliebsame Bekanntschaft mit dem Straßenstaub gemacht hatte, blieb er lange vor den Mauern des Palastes stehen und gedachte dem schönen König und seinem verzehrenden Blick. Er hatte ihn nicht einsperren lassen. Ob er erkannt hatte, dass ihm nichts mehr zuwider war, als irgendwo festzusitzen? "Glaubt nicht, dass Ihr mich los seid. Ich werde wieder kommen....und ich werde Euch bestehlen, auf welche Weise auch immer....und sei es ein Kuss von Euren sinnlichen Lippen....mein Pharao."
 

~~ ENDE DER RÜCKBLENDE ~~
 

Yami löste sich von Bakura und strich ihm durch das üppige helle Fließ, das auf seine Schultern fiel. "Mein....Gebieter...." flüsterte der Dieb mit sanft geröteten Wangen. "Ich....liebe dich...."

"Sei versichert, das weiß er."

Die beiden fuhren auseinander, als sie eine weibliche Stimme hörten. Kurz darauf kam der Mond hinter den Wolken hervor und warf ein fahles Licht auf die zwei Personen, die sich den Geistern der Vergangenheit näherten. Es handelte sich um einen Mann und eine Frau. Ihre Haut war braungebrannt, sein Haar wie Wüstensand, ihres wie das Federkleid eines Raben. Sie verneigten sich beide vor Yami, der ihre Reverenz mit einem wohlwollenden Nicken zur Kenntnis nahm.

"Marik....Ishizu....Weshalb seid ihr hierher gekommen?"

"Mit Verlaub, mein König, meine Schwester und ich hatten einen triftigen Grund dafür, Euer Grab zu verlassen. Die Kreatur ist zurückgekehrt, wie es in der Prophezeiung angekündigt wurde. Seine Rache wird gnadenlos sein....und Ihr wisst, wen diese Vergeltung vor allen Dingen treffen soll."

"Ja. Ihre Liebe erblühte bereits vor fünftausend Jahren....und er glaubt, er könnte verhindern, dass diese Gefühle erneut in ihnen erwachsen? Dieser Narr....!"

"Darüber wollte ich mit dir reden, Liebster. Ich war dabei, als der Unfall geschah. Joey liegt jetzt im Krankenhaus. Seine Seele wird versuchen, ihn zu erreichen, aber er wird das Siegel seiner Kraft benötigen, das Millenniumskreuz. Kaiba ist bei ihm. Es ist an der Zeit, dass auch er erfährt, wer er wirklich ist."

"Joey ist der einzige meiner Freunde, dem ich bisher von meiner Vergangenheit erzählt habe. Anfangs hat er mir nicht geglaubt, aber nachdem er festgestellt hat, dass es tatsächlich zwei Yugis gibt, blieb ihm gar nichts anderes übrig."

"Willst du die anderen, ich meine Tristan, Duke, Tea und Mai, nicht auch einweihen?"

"Nein. Das hier ist eine Angelegenheit, die nur uns etwas angeht. Sie haben keinerlei Verbindung zum dem, was damals war, im Gegensatz zu Joey und Kaiba. Es ist besser, wenn sie nichts erfahren. Marik, Ishizu, meine treuen Hüter....werdet ihr ihnen das Schlaufenkreuz und den Stab übergeben?"

"Gewiss, ehrenwerter Pharao. Verlasst Euch auf uns."

"Das habe ich immer getan. Es gibt für mich keinen Grund, an euch zu zweifeln."

Ein letztes Nicken und die geheimnisvolle Versammlung löste sich auf. Yami und Bakura (bzw. Atemu und Aton) wechselten einen Blick, als das Geschwisterpaar in der Dunkelheit verschwand. Ja. Die Zeit war gekommen.
 

Vermutlich hätte niemand seiner Geschäftspartner es je für möglich gehalten, das Seto Kaiba jemals wegen einem anderen Menschen als seinem Bruder im Krankenhaus übernachten würde,

doch ebendies war geschehen. Mokuba war vor Erschöpfung bereits vor Stunden eingeschlafen, aber der Firmenchef sass immer noch im Wartezimmer und wartete in düsterem Schweigen. Doktor Nakagawa, der Arzt, der Joey gut kannte, hatte Serenity operiert und kümmerte sich nun um seinen anderen Schützling. Man konnte noch nichts genaues über den Erfolg des Eingriffes sagen, aber der Doktor war zuversichtlich. Seit etwa zwei Stunden befand er sich nun bei dem blonden Duellanten und kam schließlich mit einer wenig ermunternden Nachricht zu dem jungen Mann und Tante Amber, die natürlich verständigt worden war.

"Wie geht es ihm?" erkundigten sich beide wie aus einem Mund.

"Tja....eigentlich ist es nichts ernstes. Die Kopfwunde wurde genäht und zum Glück wurde das zentrale Nervensystem nicht beschädigt. Er hat eine leichte Gehirnerschütterung davongetragen, aber das ist nichts gravierendes. Was ich nicht verstehe, ist, warum er dann trotzdem nicht zu sich kommt!"

"Ko....Koma?" wollte Amber wissen, und Seto hatte den Eindruck, als lege man ihm einen zenterschweren Stein in seine Brust. Er hätte seinem Engel seine Liebe gestehen sollen, als er die Gelegenheit dazu hatte. Das Leben war meist sehr grausam, wie er aus eigener Erfahrung wusste, und es lieferte nur selten wieder neue Möglichkeiten, wenn man Chancen verschenkt hatte. "Kann ich....kann ich zu ihm?"

Amber betrachtete den Unternehmer, von dem sie eigentlich ein sehr positives Bild hatte. Der Kummer in seinen blauen Augen war von starker Intensität, anders, verzweifelter, unglücklicher, als er hätte sein müssen, wenn er ihren Neffen nur als Freund ansah. Ein zaghaftes Schmunzeln breitete sich über ihr Gesicht aus. Eventuell empfand der berühmte Meisterduellant mehr für Jay, als bloß Freundschaft?

"Sie können ihn gerne sehen, wenn Sie wollen, aber ich weise Sie darauf hin, dass er immer noch ohnmächtig ist."

"Das macht nichts. Ich will ihn sehen!" Der Arzt nickte und nannte ihm die Zimmernummer. Seto bedankte sich, ganz entgegen seiner Gewohnheit, und suchte den Raum auf, in dem Joey jetzt lag. Eine eisige, brutale Hand packte sein Herz und drehte es herum, bis es wehtat, als er den reglosen Blondschopf erblickte, das Gesicht blass, die schönen Augen geschlossen. Er setzte sich mechanisch an das Bett, strich dem anderen zärtlich durchs Haar und ergriff schließlich seine Hand.

>>Du hast die meine gehalten, in der Dunkelheit. Und auch wenn ich nicht weiß, an welchem dunklen Ort deine Seele gestrandet ist, werde ich dennoch die deine halten. Ich bin bei dir. Hörst du mich? Bitte, komm zu uns zurück.....zu mir. Ich könnte den Gedanken nicht ertragen, dich zu verlieren....<<
 

Joey war am Leben, aber sein Geist befand sich auf einer seltsamen Reise durch sein Unterbewusstsein. Er wanderte durch einen finsteren Korridor und steuerte auf ein Licht am Ende des Tunnels zu. Als er hinaustrat, entpuppte sich dieses Licht als Sonnenschein und der junge Mann ließ seine Augen überwältigt und aufs höchste irritiert über die Landschaft schweifen, die sich vor ihm ausbreitete. Er stand auf einem Balkon über einer altertümlichen Stadt, deren Bild von einem gigantischen Palast bestimmt war. Verschiedene Plätze verliehen allem einen weiträumigen Eindruck, auf einigen von ihnen erhoben sich spitz zulaufende Steinmale, Obelisken. Ein sanfter Wind trug den Geruch des Meeres heran und Joey atmete tief ein. Er kannte diesen Duft....und auch dieser Ort war ihm vertraut....wieso? Am blauen Himmel zog ein Falke seine Kreise. Blau....wie die Augen eines Mannes, der seine Gefühle in ein Chaos gestürzt hatte....Er erinnerte sich noch des heranrasenden Lkws - war er etwa tot?!

"Nein, Joey. Du bist nicht tot. Deine Seele wandelt nur gerade durch verschüttete Erinnerungen aus einer Zeit, die lange zurückliegt."

Erschrocken drehte er sich um, doch zu seinem maßlosen Erstaunen war derjenige, der ihn angesprochen hatte, niemand anderes als er selbst. Er wich in abergläubischer Scheu zurück und musterte sein anderes Ich misstrauisch. Es war tatsächlich er, aber seine Erscheinung war verändert: Seine Haut besass einen dunkleren Ton, das goldene Haar fiel ihm lang über den Rücken fast bis zu den Hüften und wurde mit einem Zopfband gebändigt. Auch trug er keine Hose, sondern so eine Art kurzen ägyptischen Rock, wie Joey sie in seinem Geschichtsbuch auf Abbildungen gesehen hatte. Das Tuch war dunkelblau und mit Goldstickereien verziert. Sein Oberkörper war frei, nur an den Handgelenken schimmerten goldüberzogene Armschützer. Auch um die Oberarme waren goldene Reifen geschlungen, aber sie dienten wohl eher der Zierde als dem Schutz. Hinzu kamen noch der typisch ägyptische breite Halsschmuck, in seinem Fall in den Farben Dunkelblau und Gelb, sowie die ledernen Schnürsandalen und das Kreuz, das sich unter dem Halsschmuck befand. Aber es war kein Kreuz, wie Joey es kannte, sondern endete oben in einer Schlaufe. "Wer bist du?"

"Ich bin du." erklärte sein Gegenüber lächelnd, streckte den rechten Arm aus und der Falke landete ohne weiteres Zutun darauf.

"Was soll das heißen, du bist ich? Du siehst aus wie ich....aber du kannst nicht ich sein!"

"Darf ich dich mit meinem Falken Chons bekannt machen? Er ist benannt nach dem Mond- und Orakelgott und wird als Mann mit Falkenkopf und Mondsichel dargestellt. Manchmal ist es auch eine Sonnenscheibe. Ich habe ihn selbst eingefangen und gezähmt. Jetzt ist er der zuverlässigste Bote, den ich mir wünschen kann."

"He, was soll das schon wieder?! Weich mir gefälligst nicht aus! Also, wenn ich nicht tot bin, sondern nur irgendwo herumirre...."

"Nicht irgendwo. In deinen Erinnerungen."

"Aber ich kann mich doch unmöglich an diese Stadt erinnern! Ich habe sie noch nie gesehen! Wo bin ich hier überhaupt?"

"Das ist Alexandria, die Hauptstadt unseres Reiches, beherrscht und beschützt vom Licht Ägyptens, Pharao Atemu. Die Zeit ist gekommen, da ich dir begegnen musste. Da du aber noch nicht im Besitz dieses Kreuzes bist, kann ich nicht lange bleiben. Du musst aufwachen, Joey.... die Menschen, die dich lieben, warten auf dich." Damit öffnete sich vor dem Duellanten eine Tür und er vernahm eine vertraute, warme Stimme, die ihn unablässig zu sich rief. Bevor er hindurchtrat, wandte er sich noch einmal an den anderen.

"Wie heißt du?"

"Wie ein Gott, der sich als Falke in die Lüfte erhebt und seine Flügel als Himmel über die Erde spannt und dessen Augen Sonne und Mond sind. Du kennst meinen Namen bereits."

"Woher sollte ich?!"

"Es ist auch dein Name. Zumindest war er es einst. Ich bin Horus. Vergiss es nicht. Und nun geh - er wartet auf dich."

"Was? Wer wartet?" Doch die Gestalt von Horus verblasste und war schließlich ganz verschwunden. Die Stimme über ihm leitete ihn auf seinem Weg zurück ins Leben, doch er war aufgewühlt von dieser merkwürdigen Begegnung. Ein sanftes Licht hüllte ihn ein und er öffnete die Augen. Jemand hielt seine Hand fest und er musste blinzeln, um die Person erkennen zu können. Es war Kaiba. Er hatte also auf ihn gewartet, er hatte ihn bei der Hand genommen, um ihn wieder zur sicheren Seite zu führen. "Seto...." flüsterte er.
 

Der Firmenchef schrak hoch und fing den leuchtenden Blick aus den rehbraunen Augen auf. Sein Herz tat einen gewaltigen Sprung, als ihm bewusst wurde, dass Joey ihn mit seinem Vornamen angesprochen hatte.

"Du warst die ganze Zeit bei mir....?"

"Natürlich. Ich konnte dich ja nicht allein lassen. Die Operation von Serenity ist vorbei, sie hat es gut überstanden. Ob der Eingriff ein Erfolg war, muss sich zeigen, denn sie trägt noch ihre Augenbinde, die sie noch nicht abnehmen darf, bis es ausgeheilt ist. Aber Doktor Nakagawa ist zuversichtlich."

"Das freut mich....Wie geht es Mokuba? Ihm ist doch nichts passiert?"

"Nein. Du....du hast meinem kleinen Bruder das Leben gerettet....das kann ich nie wieder gut machen, Joey. Er ist so unendlich wichtig für mich...."

"Und du hast die Operation bezahlt, die meiner Schwester das Augenlicht bewahrt hat. Du hast zuerst etwas für mich getan. Ich habe es nicht vergessen, Seto....Entschuldige, ich darf dich doch ,Seto' nennen?"

"Selbstverständlich. Wie fühlst du dich?"

"Als wäre ich mit einem Lkw zusammengekracht", entgegnete Joey mit seinem unerschütterlichen Optimismus und schenkte seinem Freund ein strahlendes Lächeln.

"Sei nicht albern!" wehrte dieser schroff ab, seine Verlegenheit vertuschend. "Ich meine es ernst. Ich....ich habe mir große Sorgen um dich gemacht. Als du Mokuba beschützt hast, war ich froh und glücklich, weil ihm nichts passiert war....aber als mir klar wurde, dass du.... möglicherweise....Ich dachte....mir würde das Herz stehen bleiben....lass mich so etwas nicht noch einmal erleben...."

Joey hatte einen Kloß im Hals, als er das hörte. Eine schwere Süße hinderte seinen Verstand daran, logisch zu arbeiten. Da ihm nichts Vernünftiges einfiel, das er hätte sagen können, berührte er den Braunhaarigen behutsam an der Wange und begann, zunächst schüchtern und unsicher, darüber zu streicheln.

"Seto....ich verspreche dir, dass ich dir nie wieder solche Sorgen bereiten oder dich traurig machen werde. Das....könnte....ich gar nicht...." Kaiba hatte diese streichelnde Hand ergriffen und drückte sie sanft an sich, was Joey zum Verstummen brachte. Sein Herz schlug mit doppelter Geschwindigkeit gegen seinen Brustkorb.

"Ich....werde dich auch nicht traurig machen....vergiss niemals, dass ich für dich da bin, wenn du Hilfe brauchst....ich...."

Er beugte sich wie in Zeitlupe vor und Joey konnte seinen heißen Atem auf seiner Haut spüren. Ein wohliges Prickeln breitete sich von der Magengegend über seinen gesamten Körper aus und er schluckte. Halb von Seto angezogen, halb aus eigenem Antrieb, richtete er sich auf und näherte sich ebenfalls. Es war ganz still im Zimmer, man hätte eine Stecknadel fallen hören können. Ihre Lippen waren nur noch wenige Zentimeter voneinander entfernt....

"Joey!!"

>>MIST!!!<<

Tea, Tristan und Duke betraten den Krankenraum, dicht gefolgt von Mai, Yugi, Ryo und Amber. Seine Freunde und seine Tante kreisten ihn ein und überboten sich gegenseitig in Fragen nach seinem Befinden, wie der Unfall sich zugetragen habe, ob alles in Ordnung sei und wann er entlassen werden könne. Doktor Nakagawa erschien zuletzt im Türrahmen, erfreut, dass sein Schützling endlich zu sich gekommen war. Neben ihm stand Mokuba, der sich den Schlaf aus den Augen rieb.

"Mensch, Leute - es ist doch schon so spät! Warum seid ihr denn alle hier?"

"Bakura hat uns angerufen und nachdem wir wussten, was geschehen ist, hat uns nichts mehr gehalten und wir mussten einfach kommen." erklärte Tea erleichtert und zwinkerte Ryo dankbar zu.

"Das war doch Ehrensache. Bei Tristan hat Duke abgenommen, das war recht praktisch, so habe ich mir einen Anruf gespart."

"Duke? Du übernachtest bei Tristan?" kam die naive Frage von Yugi, der das Lächeln von Yami, der hinter ihm aufgetaucht war, nicht bemerkte.

"Äh...."

"Also...."

Während die beiden jungen Männer rot wie die Tomaten wurden und herumdrucksten, was Yami Bakura unhaltbar komisch fand und sich ausschütten wollte vor Lachen (was von Ryo durch einen zornigen Blick unterbunden wurde), untersuchte der Arzt seinen Patienten und stellte zufrieden fest, dass der Junge soweit wieder genesen war.

"Sie haben noch ein paar Schürfwunden davongetragen, aber das wird wieder. Sie bleiben noch zwei, drei Tage hier, später werden dann die Fäden gezogen. Sie haben wirklich Glück gehabt, das hätte schlimm ausgehen können. Vielleicht hatten Sie einen Schutzengel." Mokuba trat an Joeys Bett heran, seine Augen schwammen in Tränen.

"Es tut mir so leid! Es war meine Schuld, dass du verletzt worden bist!" Eine Hand wuschelte durch das dichte schwarze Haar des Kleinen und Joey schüttelte verneinend den Kopf.

"Mach dir keine Vorwürfe. Ich wollte dich einfach nur beschützen und habe nicht weiter darüber nachgedacht, ob mir etwas passieren könnte." Der Elfjährige seufzte befreit auf, berührte sacht die Hand, die ihm durch seine Mähne fuhr. Er war genauso lieb wie sein großer Bruder und verbreitete dasselbe Gefühl, dieselbe Aura von Verständnis und Geborgenheit, die er an Seto so gut kannte. Allmählich begann er zu verstehen, warum sein Onii-san sich in Joey verliebt hatte.
 

Draußen war alles ruhig, ein angenehmer Wind säuselte durch die Zweige der Kiefern. Im Schatten eines Baumes verbarg sich eine Gestalt. Ihre glühenden Augen leuchteten in der Finsternis wie die einer Katze. Der Beobachter ließ ein zufriedenes, triumphales Lächeln sehen, das nicht gutartig war.

"Ich habe dich endlich gefunden, Horus....und was immer kommen mag....diesmal....wird Seth durch meine Hand sterben!"

Kampf im Park

Es geht weiter! Ich wünsche Euch viel Spaß beim Lesen und danke für die lieben Kommis! ^_____^
 

Kapitel 9: Kampf im Park
 

~~ Ägypten, 5000 Jahre vor unserer Zeitrechnung, Alexandria ~~
 

Ein junger Mann stand am Fenster, um die ersten Strahlen der Morgensonne zu begrüßen. Er trug ein Gewand in den Farben Violett, Weiß und Gold und auf seinem Kopf sass akkurat der hohe Hut, der ihn als Priester auszeichnete. Das glühendorange Licht, das sich langsam über die Hügel schob, ließ seine eisblauen Augen aufleuchten und zauberte einen rötlichen Schimmer in sein dunkelbraunes Haar.

"Wohnst du der Geburt des Gottes Ra bei, oder warum bist du schon so früh auf, mein Freund?"

,Der Geburt des Gottes Ra beiwohnen' war eine gebräuchliche Floskel für das Betrachten eines Sonnenaufgangs, und derjenige, der diese Frage an die Gestalt am Fenster richtete, war niemand anderes als das menschgewordene Licht des Landes, Pharao Atemu. Sein Gegenüber würdigte ihn keines Blickes und gab auch keine Antwort, aber den König störte das nicht. Er wusste um die charakterlich bedingte Verschwiegenheit und beinahe kalte Zurückhaltung, die sein Oberpriester mit vollendeter Selbstkontrolle verband und in höchster Perfektion praktizierte. Selten zeigte sich ein Lächeln auf diesem Gesicht, und wenn, so auch nicht immer aus Freude, sondern meist aus Spott oder Hohn.

"Was interessiert es Euch? Ihr solltet Euch lieber Gedanken darüber machen, wie wir unserem Feind, dem Skorpionkönig, begegnen sollen. Seid Ihr wirklich überzeugt davon, dass die Friedensverhandlungen erfolgreich sein werden? Dieser Kerl ist machtgierig, ehrgeizig und skrupellos. Das einzige, wovon er etwas versteht, ist Krieg und Eroberung. Möge Amun mir meinen Groll verzeihen, aber ich fürchte um unsere Heimat, mein Pharao."

"Ich höre deinen Rat, mein Freund, aber ich will nicht jedem Gegner mit Argwohn gegenübertreten. Deine Befürchtungen sind berechtigt, gewiss, aber wenn Blut vergossen werden muss, so werde ich nicht damit beginnen. Lass uns von erfreulicheren Dingen sprechen - der Anführer der Medjai hat um eine Audienz gebeten. Eine gute Gelegenheit für dich, ihn endlich auch einmal kennen zu lernen, nachdem du dich bisher vor deinen höfischen Pflichten erfolgreich gedrückt hast, Seth."

"Ich habe mich nicht gedrückt. Ich war in den letzten Tagen lediglich nicht in der Verfassung, meinen Aufgaben nachzukommen. Diese Visionen...."

"Visionen? Was hast du gesehen?"

"Ich....weiß es nicht genau. Um ehrlich zu sein, bin ich mir auch nicht sicher, ob es sich um gute oder schlechte Vorzeichen handelt...."

"Warte einfach auf eine weitere Botschaft der Götter. Sie werden sich dir mitteilen, wenn sie es für richtig halten. Es ist nicht an uns, diesen Moment zu bestimmen. Du könntest dich auch mit Isis beratschlagen."

"Ja....das werde ich wohl tun müssen...."
 

"Uh...."

Seto erwachte ruckartig und sah sich verwirrt um. Durch die Vorhänge seines Zimmers brachen frühe Sonnenstrahlen und malten goldene Kreise auf den Boden. Was war das nur für ein eigenartiger Traum? Irgendwie war ihm die Umgebung, die Kleidung, das Gespräch, sehr vertraut und bekannt erschienen....und dieser Pharao....war das nicht ein älterer, erwachsenerer Yugi gewesen? Wie hatte er ihn genannt? Seth? Nachdenklich kletterte er aus dem Bett und trat hinaus auf den Balkon. Er war sich sicher, dass dieser Mann im Priestergewand er selbst gewesen war....aber weshalb sollte er so etwas träumen, etwas, das so....real schien? Mehrere Tage waren seit dem Unfall vergangen und Joey ging mittlerweile wieder zur Schule. In Geschichte beschäftigten sie sich gerade mit Ägypten und sein heimlicher Geliebter zeigte sich überaus interessiert bei diesem Thema. Sein ungewöhnlicher Eifer in diesem Bereich war bereits mit zwei hervorragenden Noten belohnt worden. Was mochte diese plötzliche Begeisterung für alles Ägyptische ausgelöst haben? Er war so vertieft in seine Überlegungen, dass er nicht bemerkte, wie ein dunkler Schatten am Geländer des Balkons hinaufkroch und sich, kaum dass er oben angelangt war, in eine schwarze Kobra verwandelte. Sie schlängelte sich wie das lautlose Verderben an Seto heran, richtete sich auf und drohte, ihn in den Arm zu beißen. In diesem Moment drehte er sich um und erstarrte vor Schreck, als er das Reptil mit dem aalglatten Körper und dem weit aufgerissenen Maul mit den spitzen Giftzähnen sah, bereit zum tödlichen Biss. Unwillkürlich drängte sich das Gesicht eines Mannes in seinen Kopf, eines Mannes mit erbarmungslosen Augen und kahlrasiertem Schädel, gekleidet in eine Priesterrobe (nein, nicht Odeon!). Bevor Seto irgendwie reagieren konnte, vernahm er den Schrei eines Falken und aus dem Himmel herab stieß der geflügelte Jäger auf die Schlange nieder und spießte sie mit seinen Krallen auf. Ein schriller Pfiff ertönte und der Falke kehrte mit seiner Beute zu einer Frau zurück, die vor dem Tor der Kaiba-Villa stand. Sie trug ein ungewöhnliches Kleid, das orientalisch wirkte und streichelte dem Vogel sanft über das Gefieder. Dann hob sie den Blick und sah Seto direkt an.

"Lassen Sie mich bitte herein, Mr. Kaiba. Ich habe Ihnen etwas Wichtiges zu sagen!" rief sie ihm zu.

"Warum sollte ich das tun? Ich kenne Sie doch gar nicht!"

"Oh doch, wir sind uns bereits begegnet, wenn ich auch damals eine Rolle spielte und Ihnen nicht mein wahres Gesicht zeigte. So vergesslich, Mr. Kaiba? Was ist mit der Geisterbahn?"

"....Madame Kassandra?!"

"Genau. Und ich rate Ihnen, dass es besser wäre, mich hineinzubitten. Ich muss Ihnen etwas übergeben, das ich seit Jahren hüte, auf dass es sein rechtmäßiger Besitzer wiederbekommt. Es ist von großer Bedeutung, dass Sie mir zuhören - Ihr Leben ist in Gefahr."

"Warum sollte ich Ihnen trauen? Sie haben mich an der Nase herumgeführt, indem Sie sich als Hellseherin ausgaben. Sie mögen gewisse Fähigkeiten besitzen, zugegeben, aber deswegen werde ich Sie nicht einfach in mein Haus lassen! Verschwinden Sie!"

"Ich kann Sie nicht blind in Ihr Unglück laufen lassen, Mr. Kaiba....oder wäre es Ihnen lieber, wenn ich ,Seth' zu Ihnen sage?"

Dieser Name....!

Schweigend verharrten blaue Augen auf der Besucherin und sie konnte deutlich erkennen, wie unbeantwortete Fragen mit dem üblichen Misstrauen rangen und schließlich das unbestimmte Bewusstsein einer unbekannten Gefahr die Oberhand gewann.

"Kommen Sie rein."
 

Joey lag wach in seinem Bett und fand keine Ruhe. Die Vögel zwitscherten draußen und bejubelten den sonnigen Tagen mit aller Kraft, doch er konnte ihre Freude nicht teilen. Zum wiederholten Mal erinnerte er sich daran, wie Seto und er sich fast geküsst hätten. War er denn wirklich schon so weit? Immerhin war ihre Feindschaft noch nicht allzu lange her....es mochte Schicksal sein, vielleicht. Er wusste gut genug, dass dieses Kennenlernen des Menschen in dem unnahbaren, arroganten Geschäftsmann seine vorher gefassten Meinungen über Kaiba gründlich über den Haufen geworfen hatte. Aber was ihn noch mehr aufwühlte, war diese merkwürdige Begegnung mit seinem anderen Ich, das anscheinend von einem Dasein sprach, das er vor langer Zeit einmal geführt hatte. Daher interessierte ihn auch der Geschichtsunterricht so sehr, denn er hoffte, dadurch ein paar Informationen zu erhalten. In der letzten Stunde hatten sie die ägyptische Götterwelt durchgenommen und tatsächlich wurde der Gott Horus erwähnt, der als Falke den Himmel mit seinen Flügeln ausbreitete. Manchmal wurde er auch mit dem lebenden Pharao gleichgesetzt. Oder auch Amun, der ursprünglich der Stadtgott Thebens gewesen war, bevor er an die Spitze der Gottheiten aufstieg und in Verbindung mit dem Sonnengott als Amun-Ra verehrt wurde. Und dann natürlich der Herr Oberägyptens, der Wüste und der fremden Länder - der Gott Seth. Joey konnte nicht sagen, weshalb, aber dieser Name war ihm so vertraut und klang in seinen Ohren so wundervoll, als vermische sich die Herrlichkeit eines Sonnenaufgangs mit einem strahlenden Sommertag. Ihm wurde warm ums Herz, wenn er diesen Namen hörte und er konnte sich einfach nicht erklären, woran das lag. Neben ihm in dem kleinen Zimmer stand das Bett seiner Schwester und Serenity würde bald entlassen werden. Heute musste er sie unbedingt besuchen, denn sie würde ihre Augenbinde zum ersten Mal abnehmen. Endlich erhob er sich missmutig und zog die Vorhänge zur Seite. Die Luft roch mild und frisch und er beschloss, noch eine Runde durch den Park zu drehen, anstatt sich zu Hause weiter das Hirn zu zermartern. Rasch schlüpfte er in Trainingshose, Muscle-Shirt und Turnschuhe und joggte davon. Es tat gut, sich zu bewegen und machte den Kopf klar, halbwegs jedenfalls, denn was immer es mit dem mysteriösen Zusammentreffen auf sich hatte, er spürte, dass es wichtig war. Als er im Laufschritt in die Allee aus Laubbäumen einbog, die den Eingang des Parks markierte, vernahm er ein seltsames Geräusch und hielt abrupt an. Er sah sich um, konnte jedoch außer vereinzelten frühen Spaziergängern niemanden entdecken. Mit einem Schulterzucken setzte er seinen Weg fort, doch plötzlich begann der Erdboden zu zittern und Joey fühlte, wie langsam die Angst vor einem ernsthaften Beben in ihm hochstieg. Doch was wirklich geschah, war schlimmer als ein Erdbeben: Vor seinen Füßen brachen vier Gestalten hervor, die ihn mit leeren Augenhöhlen und skelettartigen Gesichtszügen anstierten. Ihre Körper waren in graue, halb verweste Mullbinden gewickelt und Joey rieb sich mehrmals die Augen, um sicherzugehen, dass er nicht einen Alptraum hatte. Mumien?! Das konnte doch unmöglich sein! War er hier in einen schlechten Horrorstreifen geraten oder was lief hier ab?! Doch bevor er sich darüber klar werden konnte, zogen die furchterregenden Kreaturen Schwerter mit mondsichelartig gekrümmten Klingen und stürmten auf ihn zu.
 

"Verdammt!"

Er wich den Schlägen gekonnt aus, sprang von rechts nach links und wieder zurück, aber die Mumien ließen sich davon nicht sonderlich beeindrucken. Joeys Herz pochte wie wahnsinnig und er verfluchte seine Idee, noch joggen gegangen zu sein. Aber wer rechnete denn auch mit sowas?!

"Mein Anführer!" rief plötzlich jemand und der blonde Duellant wandte sich verwirrt um, nur um einen jungen Mann zu erblicken. Die braune Haut und die Ohrringe erinnerten ihn an einen Ägypter, obwohl seine Haare hell waren und die Augen in einem Violett-Ton. Auf seinen Wangenknochen waren eigenartige Zeichen gemalt. Noch ehe Joey ihn fragen konnte, wer er sei, warf ihm der Fremde etwas zu. "Nehmt, schnell!"

Er fing den Gegenstand geschickt auf und runzelte die Stirn, als er als ein altes ägyptisches Symbol erkannte - das Henkelkreuz, so bezeichnet wegen der oberen Schleife. Kaum hatte er es berührt, strahlte es ein gleißendes Licht aus und um Joey herum wurde alles schwarz.

"He? Wo bin ich hier?!"

"Weißt du es nicht? Dies ist das Innere deiner Seele, wo wir uns schon einmal begegnet sind. Dies ist jedoch das erste Mal, dass ich dir wirklich helfen kann."

"Horus?!"

"Du erinnerst dich an mich? Das freut mich. Ich befürchtete schon, du würdest mich als Halluzination abtun, die aus deinem Unfall resultierte. Ich bin froh, dass du das Millenniumskreuz endlich in Händen hältst. Es ist ein altes ägyptisches Zeichen, Ankh, und bedeutet in unserer Schrift so viel wie "Ich bin" oder "Ich bin lebend". Es war ein Sinnbild für das Leben an sich und mein wertvollster Besitz."

"Wer....wer bist du wirklich?"

"Habe ich dir das nicht bereits mitgeteilt? Ich bin du. Meine Seele wohnt in dir, aber um in die reale Welt treten zu können, indem ich vorläufig deinen Körper übernehme, gelingt mir nur mit dem Kreuz. Ich bin genau das, was Yami bei Yugi ist - sein früheres Ich."

"Und du erwartest, dass ich das glaube?"

"Du hast keine andere Wahl, als mir zu vertrauen. Du bist nicht in der Lage, gegen diese Mumien zu kämpfen, aber ich kann dein Leben retten, wenn du mir nur eine Chance gibst. Ich kann dich nicht dazu zwingen....aber sei versichert, dass ich dir nichts Böses will."

Joey betrachtete seinen Gegenüber forschend. Es war ein seltsames Gefühl, mit sich selbst zu sprechen und doch zu wissen, dass man es dennoch nicht selbst war. Horus streckte ihm die Hand hin, doch er zögerte. Er verstand nicht, was hier vor sich ging, und er verspürte eine Spur von Angst, in eine Sache hineingezogen zu werden, die von enormer Bedeutung war und mit der eine große Verantwortung verbunden war. Andererseits ahnte er auch, dass er nicht ewig vor dem, was möglicherweise sein Schicksal war, davonlaufen konnte und er sicht jetzt und hier entscheiden musste....jetzt oder niemals. Langsam näherte sich seine Hand der von Horus, zuckte aber plötzlich zurück.

"Ich....ich weiß nicht, ob das richtig ist....Das alles....kommt mir so geheimnisvoll vor....Ich soll schon einmal gelebt haben? Ehrlich? Ich kann mir das gar nicht vorstellen...."

"Joey....ich werde dir beistehen, wenn du Schwierigkeiten haben solltest. Mir ist klar, dass dich das erschreckt, aber glaub mir, die Vergangenheit holt einen Menschen immer wieder ein. Du kannst nur mit ihr leben, wenn du dich ihr stellst und ihr mit Mut entgegentrittst. Lass mich für dich kämpfen. Du wirst es nicht bereuen."

Die beiden Hände legten sich ineinander und schufen einen neuen Bund zwischen Vergangenheit und Gegenwart. Horus lächelte sanft und übernahm den Körper seines zweiten Ichs erfüllt von tiefer Ruhe. Er hängte sich Ankh an der daran befestigten Kette um den Hals, konzentrierte sich und das Kreuz ließ ein Schwert vor ihm erscheinen, das er in einer schnellen, fließenden Bewegung packte und der ersten Mumie den staubigen Kopf abschlug. Kaum war dies geschehen, zerfiel sie zu Sand. Die anderen drei Wesen eilten gleichzeitig auf ihn zu und schwangen unheilverkündend ihre Waffen. Um sich vor ihrem synchronen Hieb zu schützen, sprang er über sie hinweg und bevor sie reagieren konnten, beschrieb seine glänzende Klinge einen weit ausholenden Bogen und zerteilte die modrigen Körper in einem Streich. Der übriggebliebene Sand wurde vom Wind davon geweht. Nachdem das kurze Gefecht vorüber war, wandte sich Horus an den jungen Ägypter, der ihm das Millenniumskreuz zugeworfen hatte. "Du."

"Jawohl, mein Anführer. Ich bin glücklich, Euch wiederzusehen, wenngleich Ihr Eure wahre Gestalt nur geringfügig angelegt habt."

"Das würde ich nicht sagen. Sicher, ich trage Joeys moderne Kleidung, aber das ändert nichts an meiner inneren Erscheinung, die du zweifellos erkennst. Zumindest seine Haare haben sich mir angepasst." fügte er mit einem Grinsen hinzu und schüttelte die lange goldene Mähne, die jetzt Joeys Rücken bedeckte.

"Osiris....sag mir, wie viel Zeit ist vergangen, seit wir uns das letzte Mal sahen? Wie geht es deiner Schwester? Und....was ist mit....dem Pharao? Was ist mit....mit....Seth?"

"Vor fünftausend Jahren stand ich Euch das letzte Mal gegenüber, Herr, doch auch in dieser Zeit komme ich meiner Aufgabe als Grabwächter nach. Meine Schwester befindet sich zur Zeit bei jenem, dessen Leben Euch so teuer ist. Der Pharao ist wohlauf. Und bitte - nennt mich ,Marik'. So heiße ich in diesem Leben."

"Einverstanden. Denkst du, dass er sich erinnert?"

"Der Hohepriester? Nein, bei ihm verhält es sich wie bei Joey, auch wenn dieser bereits bruchstückhafte Erinnerungen hat. Ihr müsst Geduld haben, denn Euer anderes Selbst ist sich seiner Gefühle noch nicht sicher."

"Ich weiß. Ich werde mich zurückziehen, Joey wollte doch noch seine kleine Schwester besuchen. Außerdem muss er in die Schule." Mit diesen Worten verließ Horus den Körper seines Seelenpartners wieder und der Duellant schüttelte den Kopf. Ihm war, als wäre er eine Ewigkeit fort gewesen, doch er spürte auch, dass von dem ägyptischen Fremden keine Gefahr ausging. Wie hieß er noch? Marik?

"Du hast mich gerettet, indem du mir das hier gabst. Ich danke dir, auch wenn ich dich nicht kenne...."

"Ihr werdet Euch meiner erinnern, mein Anführer. Ich habe Vertrauen zu Euch. Doch nun will ich Euch nicht länger aufhalten, Ihr müsst in die Schule."

".....? Schule? Oh scheiße, SCHULE!!!!"
 

Ja, Schule.

Trotz der ungewöhnlichen Ereignisse an diesem ungewöhnlichen Morgen holte der alltägliche Trott alle ein, selbst diejenigen, denen Unglaubliches widerfahren war. Joey trug das Kreuz unter seiner Uniform, wo es vor den neugierigen Blicken anderer verborgen blieb und versuchte angestrengt, seine Aufmerksamkeit auf den Unterricht zu lenken, doch es fiel ihm sichtlich schwer. Auch Kaiba hinter ihm wirkte seltsam geistesabwesend und verwirrt, ständig wurde er ermahnt, nicht träumend aus dem Fenster oder Löcher in die Luft zu starren. Auch in der abschließenden Stunde dieses Tages, dem Sport, war er ausgesprochen lustlos und unmotiviert. Natürlich, Seto Kaiba hatte es bislang immer als unter seiner Würde betrachtet, sich körperlich zu sehr anzustrengen, da dies seiner Meinung nach für einen guten Geschäftsmann völlig unnötig war und nicht dazu beitrug, seine Gehirnzellen anzuregen. Aber dennoch hatte er sich stets weitgehend so bemüht, dass seine Noten nie schlechter waren als eine Zwei. Heute allerdings beteiligte er sich noch weniger als sonst und wenn der Lehrer ihn lautstark zu einer Übung aufforderte, hörte er ihn meist erst bei der dritten Wiederholung. Zur Strafe wurde er dazu abkommandiert, die Geräte zusammen zu räumen, während die anderen Schüler sich in die Umkleidekabinen trollten und nach Hause gingen. Seto murmelte etwas Unverständliches vor sich hin und sammelte die Bälle ein, die während der Basketballtrainings durch die Halle gerollt waren. Als er sich nach einer der orangen Kugeln bückte, fiel ein Schatten auf ihn und jemand hob an seiner Statt den Ball auf. Joey.

"Ich helfe dir, Kumpel, sonst dauert das ja ewig, so wie der Kerl uns heute herum gehetzt hat, während dem Training, dem Spiel und dem Geräteturnen. Warst nicht gerade in Form, Alter! Fühlst du dich nicht gut?"

Mehr im Reflex als bewusst legte er dem Braunhaarigen die Hand auf die Stirn, doch Seto schlug sie weg.

"Es ist nichts, Wheeler. Lass mich zufrieden!"

Joey fuhr zurück. Was sollte das? Warum verhielt er sich plötzlich so abweisend? War irgendetwas passiert, vielleicht Probleme in der Firma oder hatte er sich womöglich mit Mokuba gestritten?

"Was ist denn los mit dir? Du benimmst dich so anders...."

"Ich benehme mich so wie immer, oder nicht? Ich habe dich bisher immer von oben herab behandelt, warum sollte ich damit aufhören? Es ist nicht meine Schuld, wenn du auf meine nette Masche hereingefallen bist, aber hey, ich wollte wissen, wie leichtgläubig du wirklich bist. Hätte nicht erwartet, dass du wirklich so ein Idiot bist, aber da kann man wohl nichts machen. Warum ziehst du nicht den Schwanz ein und verziehst dich, so wie immer, Köter? Hast du im Ernst geglaubt, wir wären Freunde? Mach dich nicht lächerlich! Ich habe mir nur einen kleinen Spaß erlaubt. Gott, was bist du naiv!"

Es klang so hart, so kalt....so grausam....so endgültig. Eine Stimme in Joeys Innerem schrie auf.

>>Ich habe es dir doch gesagt! Er ist ein verlogener Bastard! Es war dein Fehler, du hättest ihm nicht gleich vertrauen dürfen!<<

Sein Atem war schwer, fast keuchend. Etwas in ihm wand sich wie ein Vogel in einem Käfig. Er wusste selbst nicht, woher das eisige Messer kam, das in sein Herz schnitt, aber es war da und fuhr ohne Gnade auf ihn nieder. Er holte aus, wütend und verletzt. Seine Hand landete mit einem lauten Klatschen auf Kaibas Wange, wo sie durch die Heftigkeit des Schlages einen rötlichen Streifen zurückließ.

"Verdammter Mistkerl!!"

Dann war Seto allein. Eine ganze Weile stand er stumm und regungslos in der Turnhalle, sah Joey nach, der zornig nach draußen gestürzt war und flüsterte tonlos seinen Namen. Es war besser so. Egal, wie sehr er es sich gewünscht hatte, nach dem, was Ishizu ihm erzählt hatte, durfte er keine engere Beziehung mit Joey pflegen, denn das könnte ihn zur Zielscheibe machen für....Seto biss sich auf die Lippen. Er hatte ihr glauben müssen, das, was er gesehen hatte, schien ihm zu vertraut, als dass er es hätte leugnen können....

Es....war....besser....so....

Er hatte jenen Mann, den er mehr liebte als sein eigenes Leben, von sich stoßen müssen. Es gab keine Alternative.

Er kauerte sich auf den Boden, legte den Kopf auf die Knie und ergab sich seinem Schmerz.

Von Schlangen und Falken

Bittet, und Euch wird gegeben ^________^ - nein, im Ernst, danke für die Kommis *herumspring*! Hier ist dann auch gleich das neue Kapitel!
 

Kapitel 10: Von Schlangen und Falken
 

Serenity betrachtete traurig das Gesicht ihres Bruders. Heute hatte sie den Mut aufgebracht, ihre Augenbinde abzunehmen und Joey hatte ihr beigestanden und ihre Hand dabei gehalten. Sie war so glücklich gewesen, dass sie wieder klar sehen konnte, dass sie Freudentränen vergoss und ihren Bruder umarmte. Doch nun, nachdem er ihr von seinem Schultag erzählt hatte, bemerkte sie, wie betrübt er war.

"Onii-san....ich habe den Eindruck, dass du mir nicht alles gesagt hast. Du wirkst so abwesend, obwohl du doch hier bei mir bist. Was ist passiert? Du hast mir schon so oft geholfen und mich getröstet - jetzt ist es an mir, dasselbe für dich zu tun. Was bedrückt dich?"

Keine Antwort.

Das monotone Drehen des Ventilators an der Decke tönte wie ein eigenartiges Summen durch den Raum.

"Liegt es an Kaiba-san?"

Ruckartig hob Joey den Kopf und starrte seine Schwester entsetzt an. Woher wusste sie....?!

"Wie....wie kommst du darauf?"

"Doktor Nakagawa hat mir erzählt, wer die Operationskosten bezahlt hat. Du hast mir schon oft von Kaiba-san berichtet und ich habe kein gutes Bild von ihm gewonnen. Aber diese Tat zeugt doch von sehr viel Mitgefühl, oder nicht? Da er mich nicht kennt, gehe ich davon aus, dass er als Bürge aufgetreten ist, um dir einen Gefallen zu tun. Er muss dich sehr gern haben, Onii-san."

"Oh ja, und wie! Das hat er mir deutlich gezeigt!"

"Habt ihr euch gestritten?"

Konfrontiert mit dem schönen, unschuldigen Blick Serenitys, den sie indirekt ja dem Firmenchef verdankte, unterdrückte Joey einen Fluch und wiederholte, was Kaiba eine Stunde zuvor in der Sporthalle gesagt und wie er ihm eine heruntergehauen hatte.

"Das ist merkwürdig. Ich bin sicher, dass Kaiba-san einen Grund dafür gehabt haben muss. Ich denke nicht, dass er dir aus Berechnung so begegnen würde....Dennoch....ihr wart erst seit ein paar Tagen Freunde. Warum macht es dir dann so viel aus? Vorher konntest du ihn doch nicht leiden! Sollte er dir in dieser kurzen Zeit so wichtig geworden sein?"

Joey erwiderte nichts, denn er wusste es selbst nicht. Er schalt sich selbst einen Narren, Kaiba so leichtfertig vertraut zu haben, glaubte aber nach wie vor, dass sein Herz ihn nicht getrogen haben konnte und in seinem Inneren kämpften nun die alte Verachtung gegenüber dem Imperiumsleiter und die neu entdeckte Zuneigung gegeneinander und er war sich nicht sicher, welche der beiden Emotionen den Sieg davontragen würde.

>>Seine Worte im Kurpark....er hat sich vor mir gedemütigt, indem er auf die Knie ging....er hat Serenitys Eingriff bezahlt....und diese Sache in der Geisterbahn....er war mir so nah....Allein daran zu denken, jagt wieder dieses süße Kribbeln durch meinen ganzen Körper....Seine blauen Augen sind so unheimlich schön....ich bin in dieses Meer aus Saphiren eingetaucht, ohne es zu bereuen, und jetzt....? Der stumme, verzweifelte Schrei in seinen Augen....ein Schrei, ein Flehen nach Wärme, Geborgenheit, Liebe....der hoffnungslose Versuch, sich von den Ketten seiner Einsamkeit zu lösen, ihrem kalten Gift zu entfliehen, bevor es ihn endgültig von innen her auffrisst und nichts mehr von dem Menschen übrig lässt....Sollte ich das tatsächlich falsch gedeutet haben? Kann das Theater gewesen sein? Aber ich konnte seinen Schmerz und seine Qual fast spüren....und er hat mir seine Schwächen gezeigt....Ich kann nicht glauben, dass das reines Kalkül war! Ich will es nicht glauben! Und Serenity hat recht....warum macht es mir so viel aus? Es....tut weh....grauenhaft weh....!<<

Unwillkürlich berührte er das Henkelkreuz unter seinem Hemd. Der Vorfall im Park lastete schwer auf seiner Seele, denn er konnte sich das Auftauchen dieser Kreaturen einfach nicht erklären. Warum sollten sie versuchen, ihn zu töten? Ruhte der Schlüssel zu dieser Frage möglicherweise irgendwo in seiner Vergangenheit, von der er so gut wie noch gar nichts wusste? Ob Yugi ihm dabei helfen konnte? Schließlich kannte sich sein Freund recht gut mit derartigem Reinkarnationsunsinn aus....Sollte er, Joey Wheeler, tatsächlich schon einmal gelebt haben? Horus, sein Alter Ego, war ihm noch zu wenig vertraut, als dass er ihn gefragt hätte. Noch war er ein Fremder für ihn und das gleiche Aussehen änderte nichts daran.

Und Seto....Seto....Seto....

Warum hatte er all das gesagt? Warum hatte er ihn abgewiesen? Sosehr Joey auch grübelte, er fand keine Antwort....
 

Seto Kaiba war heute für niemanden zu sprechen, nicht einmal Mokuba ahnte annähernd, was seinen großen Bruder so intensiv beschäftigte. Der Siebzehnjährige war nicht im Büro erschienen, sondern lag in seinem Schlafzimmer auf dem Bett, in dem Bestreben, eine Vergangenheit zu bewältigen, die ihm vor ein paar Stunden noch völlig fremd gewesen war, wenn man einmal von dem Traum absah. Ishizu hatte ihm seinen Millenniumsstab übergeben, das Symbol seiner Priesterwürde und seiner Macht.
 

~~ RÜCKBLENDE ~~
 

Seto hatte die unbekannte Frau in den Blauen Salon gebeten (im Roten empfängt er nur gute Freunde - also Joey, siehe Teil 5) und ihr einen Platz angeboten, doch zu seiner Überraschung blieb sie stehen und betrachtete ihn ernst. Unter ihrem Umhang holte sie einen goldenen Stab hervor (Weiß hoffentlich jeder, wie der aussieht) und hielt ihn dem Firmenchef hin.

"Erkennen Sie das?"

Ja. So verblüfft und erstaunt er darob war, er erkannte diesen Gegenstand, denn er hatte ihn in seinem Traum gesehen, in seiner eigenen Hand, als wäre der Stab ein wichtiges, bedeutungsvolles Wahrzeichen.

"Woher haben Sie das? Wer sind Sie?"

"Mein Name ist Ishizu und der Millenniumsstab befindet sich seit Generationen in meiner Familie. Es ist meine Aufgabe, ihn an seinen rechtmäßigen Besitzer zurückzugeben."

"Rechtmäßiger....Besitzer....?"

"Ja. In die Hände des Mannes, dem er einstmals gehörte, den Mann, der vor vielen Jahren an des Pharaos Seite stand und ihn gegen den Skorpionkönig unterstützte, den Mann, der den Tod suchte, nachdem er die Liebe seines Lebens verloren hatte. Es ist an der Zeit, Ihnen die Wahrheit zu offenbaren. Ich zeige Ihnen eine Geschichte - Ihre Geschichte." Damit legte sie dem überrumpelten Leiter der Kaiba-Corporation einen Finger auf die Stirn und ein gleißendes Licht erfüllte den Raum....
 

*Ägypten vor 5000 Jahren, Alexandria*
 

Pharao Atemu warf einen belustigten Blick auf seinen treuen Ratgeber und Oberpriester Seth, der eine angesäuerte Miene zur Schau stellte. Was ging es ihn an, dass der Anführer der Medjai eine Audienz angefordert hatte?! Er hatte nicht die geringste Lust, den Herrscher zu begleiten, aber er musste dem Protokoll genüge tun. Dabei waren andere Dinge so viel wichtiger....seine Visionen eines Falken mit goldbraunen Augen....der ihn mit seinen Schwingen umschlang.... und nun sollte er eines dieser üblichen, langweiligen Gespräche mit anhören, in denen vermutlich nur wieder von irgendwelchem Diebesgesindel die Rede sein würde. Manchmal wünschte er sich wirklich, er könne seine Aufgabe als Hohepriester einfach ablegen. Sie erreichten den Thronsaal, Atemu nahm auf seinem erhöhten Sitz unter der riesigen Sonnenscheibe platz und befahl dem Wachposten, den Medjai hereinzurufen. Während der Soldat davoneilte, wandte er sich an Seth: "Ich weiß, dass du nicht das geringste für solche belanglosen Staatsdinge übrig hast, aber wenn er schon persönlich vorspricht, dürfen wir annehmen, dass es sich um etwas Wichtiges handelt. Also versuch zumindest, so zu tun, als wärest du interessiert! Es war ohnehin an der Zeit, dass du den Hauptmann kennen lernst! Und der Ansatz eines Lächelns wäre auch nett."

"Bringen wir es hinter uns, ich bitte Euch."

"Du bist wirklich schwierig, weißt du das?"

In diesem Moment wurden die schweren Torflügel geöffnet und ein junger Mann trat hindurch. Seth hob den Kopf, um den Ankömmling abzuschätzen und erstarrte. Sein Herz schlug unweigerlich schneller. Obwohl die meisten im Reich annahmen, der Hierophant besässe kein Herz, so entsprach dies durchaus nicht der Wahrheit, denn in genau dieser Sekunde wurde es aufs heftigste erschüttert. Sein Gegenüber trug den traditionellen Kampfrock der Medjai, die Schnürsandalen und die Armschützer, aber das dunkelblaue Kopftuch mit dem Goldreif fehlte. Der namenlose Krieger verfügte über einen Mantel aus goldenem Haar, der bis zu seinen Hüften fiel und wie Sonnenlicht schimmerte. Das fein geschnittene Gesicht mit der geraden Nase, den braunen Augen und den wohlgeformten, sinnlichen Lippen faszinierte den Priester ungemein, wie er auch ein leichtes Prickeln verspürte, als er den breiten Schultern, der muskulösen Brust, der sanft geschwungenen Taille und den starken Armen und Beinen gewahr wurde. Wie viele Kämpfer hatte er sich den Oberkörper mit Öl eingerieben, was seine gesunde Haut glänzen ließ wie geschliffenen Marmor. Das Wundervollste waren aber immer noch die Augen, die von einer bestechenden Klarheit waren, rein und tief, Augen voller Mut und Leidenschaft, von einer satten, goldbraunen Färbung....

"Oberpriester Seth, darf ich vorstellen: Dies ist der Anführer der Medjai, Jono, genannt ,Horus'. Er ist einer der ruhmreichsten Gotteskrieger, die unser Land je hervorgebracht hat."
 

Seth hörte die Worte seines Pharaos wie versteinert. Goldbraune Augen....und der Medjai-Beiname "Horus"! Ausgerechnet Horus! Der Falke! Sollte dieser Mann es sein, der ihm in seinen Visionen erschienen war? Konnte das sein?

"Licht von Ägypten", begann Jono und der Priester erschauerte unter dem volltönenden, weichen Klang seiner Stimme, "Ich bringe schlechte Kunde. Wie meine Späher mir berichteten, treibt der Skorpionkönig seine Truppen zusammen. Es ist zu befürchten, dass er trotz der geplanten Friedensverhandlungen mit Kriegern in Alexandria einziehen wird. Was gedenkt Ihr zu tun? Soll ich den Medjai befehlen, sich auf einen möglichen Angriff vorzubereiten?"

Bei diesem Vorschlag konnte Seth nicht mehr schweigen, denn er hatte eine nicht übermäßig hohe Meinung von den göttlichen Kriegern, zumal das Volk ihnen offensichtlich ein höheres Maß an Beliebtheit zugestand als den Priestern.

"Glaubt Ihr wirklich, dass das etwas nützt? Ich kenne genug Eurer sogenannten tapferen Gefolgsleute, die sich lieber mit Wein volllaufen lassen, als sich im Gebrauch ihrer Waffen zu schulen oder sich auf einen eventuellen Notfall vorzubereiten. Nicht wenige besuchen des nachts die Bordelle im Vergnügungsviertel und bieten auch sonst kein moralisch vertretbares Bild. Ich frage mich, ob es klug wäre, einem hirnlosen Haufen wie dem Euren so viele wichtige Aufgaben anzuvertrauen!"

"Ihr vergreift Euch entschieden im Ton, Hohepriester!!! Die Medjai sind einzig und allein dem Pharao verantwortlich und niemandem sonst, Euch am allerwenigsten!!! Ihr habt es nötig, uns zu verurteilen, wo es doch hinlänglich bekannt ist, dass die Priester sich nur hinter ihren scheinheiligen Gelübden verstecken, um sie reihenweise zu brechen!!! Ich bin Euch keinerlei Rechenschaft schuldig, also behaltet Eure Anschuldigungen für Euch, Ihr, der Ihr nichts weiter als eine kriechende, giftsprühende Kobra seid!!! Ihr wisst nicht, wie viele Medjai im Dienste der Könige ihr Leben gelassen haben, um ihre Heimat zu beschützen, während Ihr und Eure Priester damit beschäftigt waren, sich vor Angst schlotternd in irgendeinem Tempel zu verschanzen!!! Ich spucke auf Euch und Euer Gefolge!!!"

"Ihr wagt es, Unwürdiger?! Ich warne Euch, ich habe schon Medjai im Kampf besiegt, wenn sie der Meinung waren, meine Ansichten über sie wären falsch! Doch ihre Schwäche hat nur bewiesen, was ich schon längst weiß: Dass sie keine Krieger mehr sind, sondern nur noch verweichlichte kleine Kinder, die echten Kampf für ein Spiel halten!!"
 

Bevor Atemu irgendwie dem Eklat Einhalt gebieten konnte, schwang Seth schon seinen Stab, der in etwa seiner Körpergröße entsprach (ja, der Millenniumsstab kann bei mir seine Länge ändern) und eilte damit auf Horus zu. Dieser zögerte keine Sekunde und zog aus dem Waffengürtel um seine Hüften zwei ca. dreißig Zentimeter lange Spieße mit kunstvollen Griffen, die den geschickt geführten Stab mit nicht weniger Eleganz und Können abwehrten. Der Herrscher Ägyptens war aufgesprungen und rief: "Seth! Horus! Haltet ein, sofort! Seid ihr verrückt geworden?! Schluß damit!"

Doch das Gefecht wurde immer hitziger, je öfter der Pharao sich einzumischen versuchte. Der Hierophant erkannte zu seinem eigenen Ärger und Verdruss, dass er den Anführer der Medjai weit unterschätzt hatte. Der junge Mann bemerkte Finten, blockte sie, griff an, verteidigte sich, und dass alles im fließenden Übergang, als könne er die Aktionen seines Gegners vorhersehen. Im Verlauf des Kampfes wurde Seth immer weiter zurückgedrängt, bis Horus ihn schließlich an eine der mit Fresken übersäten Wände des Thronsaals warf und die beiden Spieße links und rechts knapp neben seinem Kopf in die Mauer donnerte. Jetzt waren sie sich ganz nah, ihre Körper berührten sich fast. Erschöpft von der Anstrengung, vermengte sich ihrer beider heißer Atem. Jono blickte dem anderen direkt in die eisblauen Augen.

"Ich sagte Euch doch, Ihr seid eine Kobra....und ein Falke schlägt seine Krallen gerne in Schlangen!"

Seth wurde bei diesem Vergleich unweigerlich schwindelig. Bisher war es ihm ein leichtes gewesen, andere um sich herum zu manipulieren, denn sofern sie ihn nicht respektierten, brachte er ihnen bei, ihn zu fürchten und gehorsam zu sein. Doch in diesen unergründlichen, goldbraunen Augen brannte der Stolz des Falken, der nicht einmal vor dem Gift einer Schlange zurückschreckte, wenn er auf der Jagd war....der vorsichtig anvisierte, abwartete und dann zum Sturzflug ansetzte, um seine Klauen durch die schuppige Haut zu stoßen....Zum ersten Mal sah er sich einer Wahrheit gegenüber, die er niemals für möglich gehalten hätte. Ihm blieb nichts weiter übrig, als zu begreifen, dass all seine Kraft nicht ausreichte, um Jonos Geist oder sein Fleisch seinem Willen zu beugen. Der Falke hatte ihn zwischen den Fängen und würde ihn nicht loslassen....!! Die Spannung zwischen ihnen war immer noch geladen und sprühte Funken. Die Nähe des schönen Medjai entfachte ein nie gekanntes Verlangen in Seth und ließ sein Herz wie rasend gegen seinen Brustkorb schlagen. Sein Stab polterte zu Boden, ohne dass er es wirklich registrierte. Atemu hatte mittlerweile sein Szepter ergriffen und befahl in barschem Ton: "DAS REICHT JETZT!!!! Ich dulde es nicht, dass zwei meiner treusten und wichtigsten Gefolgsmänner sich gegenseitig als Feinde betrachten!!! Es spielt keine Rolle, ob die Anschuldigungen verdient sind oder nicht, ich erwarte, dass ihr zusammenarbeitet, denn der Empfang des Skorpionkönigs muss absolut perfekt sein und dafür bedürfe ich der Hilfe der Medjai wie auch der Priester!! Genug mit diesen kindischen Streitereien, auseinander!! Ich verfüge, dass Hauptmann Horus und Oberpriester Seth sich gemeinsam um die Vorbereitungen kümmern!!"

Er sprach so hastig und voller Rage, dass der Schreiber, der für gewöhnlich bei Audienzen anwesend war und Protokoll aufnahm, kaum hinterherkam.

"Zusammenarbeiten?! Aber mein Gebieter, verzeiht mir diese Anmaßung, es ist gänzlich unter meiner Würde, mit diesen....diesen Schwertschwingern ohne Verstand zu verkehren!! Ich werde nicht....!"

"Hütet Eure Zunge, Seth!! Denkt nicht, ich wäre von dieser Aussicht sonderlich angetan, gewiss nicht! Ich habe aus Prinzip etwas gegen arrogante Bastarde wie Euch!!"

"SCHLUSS!!! Ich habe entschieden - so steht es geschrieben, so soll es geschehen!!"

Damit warf der Pharao seinen Umhang mit einer herrischen Geste nach hinten, schritt die Stufen zu seinem Thron hinunter und verließ unter dem Klang der Posaunen die Halle, der Schreiber folgte in einer Entfernung von fünfzig Schritt. Die beiden Kontrahenten blieben zurück und wandten sich demonstrativ den Rücken zu....

So fing es an, mit einem heftigen Streit und einer schwelenden Feindschaft zwischen diesen zwei Männern, die sich doch eigentlich so wunderbar ergänzten....bis eines Tages aus eben dieser Feindschaft eine leidenschaftliche Liebe erwuchs. Doch sie stand unter einem schlechten Stern, denn die dunklen Augen von einem von Seths Priestern ruhten auf Horus....Sein Name war Imhotep....und sein Hass auf seinen Vorgesetzten war größer als jede Vernunft....
 

Seto wand sich unter dem Strom von Erinnerungen, die gewaltsam auf ihn einströmten. Die unterschiedlichsten Gefühle wühlten ihn auf - Verachtung, Abneigung, Sehnsucht, Verlangen, Zorn, Demütigung, Angst, Liebe, Leidenschaft, Eifersucht, Verzweiflung, Schmerz, Trauer.... Die Bilder jagten sich in seinem Kopf und er begann, unter diesem Druck zu erzittern. Der Millenniumsstab in seiner Hand leuchtete auf und Ishizu nahm endlich ihren Finger fort. Mit schwachen Knien sackte Kaiba nach hinten auf einen Sessel und lag wie betäubt in den Sitzpolstern. Auf seiner Stirn hatten sich feine Schweißperlen gebildet.

Seine Vergangenheit....
 

~~ ENDE DER RÜCKBLENDE ~~
 

Ishizu hatte ihn verlassen, mit dem Angebot, ihn jederzeit zu unterstützen, sollte er Hilfe brauchen. Und nun verkroch er sich in seinem Bett, anstatt in die Firma zu gehen....Aber er konnte nicht, er brachte es einfach nicht über sich. Jetzt, wo er wusste, was er wusste, war es besser, dass Joey sich von ihm fernhielt....Auch wenn es sein Herz fast zerrissen hatte, seinem Geliebten all die harten Worte ins Gesicht zu sagen, lief sein goldhaariger Engel mit den falkenhaften Augen so wenigstens nicht Gefahr, von Imhotep erwischt zu werden....zumindest hoffte er das....

>>Joey....vor fünftausend Jahren hast du mich geliebt. Doch heute? Wie kann ich das von dir erwarten? Außerdem darf ich es nicht zulassen, dass du in meiner Nähe bist....das ist zu gefährlich. Und dennoch liebe ich dich noch immer....mein stolzer Medjai....<<

Nähe

Es geht weiter!!! Hm, diesmal wird's romantisch...
 

Kapitel 11: Nähe
 

Großvater Muto fiel vor Schreck fast der Kochlöffel aus der Hand, mit dem er gerade noch von dem Curry probiert hatte, das er zum Abendessen zubereitete. Jemand klingelte Sturm und als er, nicht ohne ein verärgertes Murmeln, die Tür öffnete, stand der weißhaarige Ryo Bakura draußen, die unschuldigen braunen Augen und das Verzeihung heischende Lächeln dämpften Mr. Mutos Zorn sofort.

"Sieh an, du bist doch ein Klassenkamerad von meinem Enkel! Willst du ihn besuchen? Nur herein in die gute Stube! Yugi ist oben!"

Ryo bedankte sich artig, schlüpfte aus seinen Straßenschuhen und eilte zu dem Zimmer hinauf, zu dem er den Weg dank seiner dunklen Seite bereits recht genau kannte. Er trat ein und entdeckte Yugi, der sich sein armes geplagtes Hirn immer noch über der Physikhausaufgabe zermarterte. Als er den anderen bemerkt hatte, strahlte er freundlich, schloss sein Heft, stopfte es ohne Rücksicht auf Eselsohren in seine Schultasche zurück und begrüßte Ryo. Die beiden wechselten ein verschwörerisches Zwinkern, konzentrierten sich und riefen ihre Alter Egos herbei. Yugi verwandelte sich in Yami bzw. Atemu und Ryo in den Grabräuber, dessen ägyptischer Name eigentlich Aton war. Einen Moment standen sich die zwei Seelen der Vergangenheit unschlüssig und etwas verlegen gegenüber, bis der Pharao seinen Geliebten mit seinen Armen umschlang und ihn an sich presste.

"Aton...."

"Atemu...."

Mehr als den Austausch ihrer Namen brauchten sich nicht, denn in ihren Stimmen und ihren Augen lagen genug Gefühle, dass sie für weitere fünftausend Jahre ausgereicht hätten. Sie setzten sich auf Yugis Bett und küssten sich lange und innig, bevor Aton den Lippenkontakt zögernd abbrach und seinen König ernst betrachtete.

"Ich weiß, was du denkst", antwortete dieser mit einem kummervollen Seufzer. "Imhotep ist zurückgekehrt....und er wird nicht eher ruhen, bis er Seth getötet hat....und Horus an seiner Seite ist....Aber das ist bei weitem nicht unser einziges Problem. Männer wie Imhotep sind erst zufrieden, wenn ihnen alles gehört, dass sie haben können....und in seinem Fall wäre dies die Herrschaft des absolut Bösen über die gesamte Welt...."

"Du....du meinst doch nicht etwa....die Armee der Schakale von Anubis?!"

"Doch. Genau das. Das Schreckensregime eines Unsterblichen....nicht auszudenken....Marik hat mir berichtet, dass Joey bereits angegriffen wurde....und dass Imhotep ein Attentat auf Seto verübt hat, mit einer Kobra...."

"Gift - das ist typisch für diesen Mistkerl!"

"Ja, allerdings. Dabei hat es gerade erst begonnen....Tokyo wird bald der Schauplatz grauenhafter Ereignisse sein....Angefangen bei den zehn legendären Plagen...."

Aton fluchte ungehalten und musterte Atemu betrübt und sorgenvoll. Damals hatte er bei den Göttern dafür gebetet, dass diesem Teufel eine Wiedergeburt verwehrt bleiben würde, aber das Schicksal schien von allen Beteiligten zu fordern, dass man ihm endgültig ein Ende bereitete.... verdammt!! Er fuhr sich hastig durch das lange silberne Haar und verwünschte den heuchlerischen Priester und seinen krankhaften Ehrgeiz, mit dem das ganze Schlamassel begonnen hatte....Da spürte er Atemus Hand auf seiner Schulter und blickte auf, mitten hinein in tiefe, violette Augen, die ihm Trost und Hoffnung zu spenden versuchten. Er strich sanft über die weiche makellose Haut über den Wangenknochen, zog seinen Gebieter an sich und ließ ihre Lippen in einem leidenschaftlichen Spiel miteinander verschmelzen.

"Yugi! Essen ist fertig!!"

"Oh nein, nicht doch...." knurrte Aton und setzte seine berühmte, abweisende "Ich-bin-gefährlich-also-passt-auf-und-lasst-mich-zufrieden-oder-es-könnte-euch-EXTREM-leid-tun"-Miene auf, während Yami sich ein kleines Lächeln nicht verkneifen konnte, trotz dem Ernst ihrer Lage.

"Verwandeln wir uns zurück, sonst bekommt Yugis Großvater noch einen Schreck."

"Das würde ihm nicht schaden!"

"Nun komm schon, Aton, sei nicht so stur. Du weißt genau, dass du Ryo zwar ähnlich siehst, aber viel zu erwachsen und männlich wirkst, um als der zarte Junge mit den femininen Zügen durchzugehen. Jetzt mach schon!" Mit diesen Worten trat Yugi wieder an die Stelle seines Alter Egos und warf dem Grabräuber einen beschwörenden Blick zu.

"Ist ja gut, ist ja gut! Ich habe kapiert!"

Gesagt, getan. Ryo schüttelte sich ein bisschen und untersuchte sich im Spiegel noch einmal genau, ob man auch ja nichts von seiner dunklen Seite bemerkte. Als er mit dem Ergebnis zufrieden war, nahmen die beiden Jungen sich an der Hand und schlenderten gemächlich die Treppe hinunter zur Küche.

"Da bist du ja!" tönte es jovial, als Mr. Muto zu seinem Enkel trat und ihre Hände ließen sich sofort wieder los. "Was ist, Bakura? Möchtest du mitessen? Es gibt Curry."

"Wenn es Sie nicht stört, gerne, warum nicht."

"Außerdem hat jemand gewiss nichts dagegen, wenn du noch eine Weile bleibst." erklärte Yugi verschmitzt, womit er zweifellos auf das Liebespaar aus der Vergangenheit anspielte.

"Wen meinst du?"

"Eh? Ach, niemanden, Opa!"
 

Tristan übernachtete heute bei Duke. Er hatte natürlich erwartet, dass der wohlhabende Dungeon-Dice-Erfinder eine eigene Wohnung besass, aber dass es sich dabei um ein riesiges Apartment in einem der teuersten Wolkenkratzer von Domino City handelte, verschlug ihm in der Tat die Sprache. Die Einrichtung war geschmackvoll und stilecht, aber nicht zu protzig, sondern strahlte mehr eine dezente Eleganz aus. Er pfiff bewundernd durch die Zähne und sah sich gründlich im privaten Reich seines Liebsten um, auch im Schlafzimmer, wo ihn ein großes Bett mit Baldachin begrüßte.

"Hm, das kommt man ja gleich auf Ideen!" flötete er zärtlich, was Duke eine leichte Röte ins Gesicht zauberte. Er näherte sich dem Motorradfahrer, umschlang von hinten seine Taille und flüsterte: "Später. Jetzt lassen wir uns erst etwas bringen. Was möchtest du haben?"

"Dich."

"So ungeduldig, mein Schöner? Aber wir haben viel Zeit....lass es uns genießen."

"Ja, du hast recht." Tristan drehte seinen Kopf Richtung Duke, was dieser dafür nutzte, ihn hingebungsvoll zu küssen. Während ihre Zungen einen sehnsüchtigen Kampf ausfochten, hatte der Braunhaarige das unbestimmte Gefühl, als wäre er schon einmal so mit seinem Koibito irgendwo gestanden, aber ihm war, als wäre der verschwommene Ort in seiner Erinnerung kein Zimmer, sondern ein sonnendurchfluteter Garten. Konnte das sein....?
 

~~ RÜCKBLENDE ~~
 

Italien vor ca. 5000 Jahren, Rom
 

Senator Claudius Audacius zog seine Toga zurecht und schritt die paar Stufen von seinem erhöhten Sitz hinunter zu dem jungen Soldaten, der ihn wenig begeistert musterte.

"Seht mich nicht so verärgert an, Quintus! Aber für die Beziehungen zwischen Rom und Alexandria ist es vonnöten, dass ein berühmter, aufstrebender Feldherr wie Ihr, dem Pharao einen Höflichkeitsbesuch abstattet. Außerdem könnt Ihr auf diese Weise wertvolle Informationen über die momentane militärische Stärke Ägyptens herausfinden. Es wäre ein mächtiger Verbündeter für uns, das steht außer Frage. Und nun geht und bereitet alles für Eure Reise an den Nil vor!"

Tristanus Quintus schlug die Hacken zusammen und verließ das Senatsgebäude. Seine Schritte lenkten ihn nach Hause, in seine Stadtvilla, die er weitab vom Trubel der Hauptstadt bewohnte. Er rief sich einen Wagen und ließ sich durch die herrliche Landschaft kutschieren, bis vor das Eingangstor. Rasch bezahlte er den Fahrer und verschwand mit flatterndem Umhang im Inneren. Als er sein Gemach erreicht hatte, schälte er sich aus den starren Metallplatten seiner Rüstung und kleidete sich in eine bequeme Tunika und eine grüne Toga. Erschöpft ließ er sich auf seinen phönizischen Stuhl sinken und lehnte sich mit geschlossenen Augen zurück. Er wusste sehr genau, dass er einer der besten Feldherren seiner Zeit war und man brachte ihm viel Respekt entgegen, gerade weil er noch so jung war und dennoch mehr Erfolg zu verbuchen hatte als manch anderer. In den einundzwanzig Jahren seines Lebens hatte es keinen Traum gegeben, den er sich nicht erfüllt hätte....aber sein Herz hing an seiner Heimat und obwohl er wusste, wie wichtig es war, diplomatische Beziehungen insbesondere zu so einflussreichen Ländern wie Ägypten zu pflegen, gefiel ihm der Gedanke an diese Reise nicht, denn sie versprach, gefährlich und vor allem langwierig zu werden. Aber tapferer und gerühmter Feldherr hin oder her, einem Senatsbeschluss musste auch er sich beugen. Er erhob sich wieder und rief nach seinem persönlichen Diener.

"Dukedas!" ("Du-keh-das" gesprochen ^^)

Kurz darauf schob sich eine schlanke, anmutige Erscheinung in seinen Blickwinkel, gewandet in den vornehmen Überwurf eines hochrangigen Haussklaven. Der junge Mann, der etwa im selben Alter war wie sein Gebieter, besass herrliches schwarzes Haar und die wundervollsten grünen Augen, die Tristanus je gesehen hatte. Diese Augensterne, schimmernd wie Smaragde, hatten damals auf dem Slavenmarkt seine volle Aufmerksamkeit auf sich gezogen und er hatte einen unverschämt hohen Preis für Dukedas bezahlt, aber er war auch davon überzeugt, dass der Bursche jeden einzelnen Sesterz wert war. Wie es der Zufall wollte, war er Ägypter, er stammte sogar aus Alexandria.

"Ihr habt gerufen, Herr?"

"Ja. Der Senat hat entschieden, dass ich nach Ägypten reisen soll, als Diplomat. Man wünscht sich das Land der Götter und Könige als Alliierten und ich kann es dem Kaiser nicht verdenken, dass er das anstrebt. Ich werde dich mitnehmen."

"Wir werden....in meine Heimat reisen? Ich darf Euch begleiten? Das ist sehr gütig von Euch, Herr....aber weshalb?"

"Ich brauche einen Dolmetscher. Du hast mir zwar ein bisschen Ägyptisch beigebracht, aber das reicht natürlich nicht aus, um mit dem Pharao zu sprechen. Und ich bin nicht sicher, ob sich das Lateinische dort schon so weit durchgesetzt hat." (Ja, die beiden sprechen Latein miteinander, zu der Zeit gab's ja noch kein Italienisch)

"Aber Ihr beherrscht die Grundkenntnisse meiner Sprache, denn Ihr seid ein guter und gelehriger Schüler. Seid Ihr sicher, dass Ihr meine Hilfe benötigt?"

Tristanus näherte sich dem Diener, hob sein Kinn sanft an und blickte ihm tief in die Augen. Schön....einfach nur atemberaubend schön....

"Ja. Ganz sicher."
 

~~ ENDE DER RÜCKBLENDE ~~
 

Verwirrt brach er den Kuss ab und hielt sich die Stirn, als müsse er sich vergewissern, dass er nicht träumte oder phantasierte. Es erschien ihm wie eine Erinnerung....aber das war doch ausgeschlossen....!

"Tristan? Was hast du? Kopfschmerzen?"

"Nein, es ist nichts....ich habe nur...." Er wandte sich ab und lehnte sein erhitztes Antlitz gegen die kühle Fensterscheibe. Von hier oben konnte man ganz Domino City überblicken. Die Stadt war hell erleuchtet und bot eine beeindruckende Nachtansicht. In dem Glas spiegelte sich etwas und als Tristan sich zu dem bewussten Gegenstand drehte, erstarrte er unweigerlich. Auf der Kommode neben dem Schrank stand eine goldene Waage mit zwei schimmernden Schalen, in der Mitte war sie mit einem merkwürdigen Auge verziert.

"Was....was ist denn das?"

"Das? Ungewöhnlich, wie? Stammt aus Ägypten. Ich habe es auf einer Auktion ersteigert. War nicht billig, weil es nämlich echtes Gold ist. Aber diese Waage hat mir auf Anhieb gut gefallen, ich kann gar nicht sagen, warum eigentlich. Vielleicht, weil sie das verkörpert, was ich gerne sein möchte - ausgeglichen, ausbalanciert. Leider macht mir mein Temperament meistens einen Strich durch die Rechnung."

"Ich mag dein Temperament. Sehr sogar." entgegnete sein Freund und strich nachdenklich über die beiden Arme der Waage hinweg. Seltsam....warum hatte er das Gefühl, dieses Ding schon einmal gesehen zu haben....?
 

Joey wanderte ziellos durch die abendlichen Straßen der Stadt. Es war jetzt viertel nach acht und er hatte nichts bestimmtes zu tun. Von seinem Job war er immer noch beurlaubt, aber er hatte im Moment einfach keinen Nerv dafür, von einem Tisch zum anderen kommandiert zu werden. Er fragte sich, ob er Seto aufsuchen und zur Rede stellen sollte. Es musste eine Erklärung für sein Verhalten geben und je länger er darüber nachgegrübelt hatte, umso überzeugter war er davon, dass sein ehemaliger Rivale ihn, was seine Zuneigung betraf, nicht angelogen hatte. Vorher musste er aber nochmal in seinem alten Apartment vorbeischauen, um den letzten Rest seiner Habseligkeiten zusammenzusammeln und zu Tante Amber zu bringen. Nach zwanzig Minuten Fußmarsch war er an seiner früheren Wohnung angelangt, holte den Schlüssel aus der Jackentasche und wollte aufschließen, doch zu seinem Entsetzen stellte er fest, dass jemand sich gewaltsam Zutritt verschafft hatte. Ein Einbrecher?! Vorsichtig schob Joey sich zur Tür hinein, möglichst ohne ein Geräusch zu verursachen, und tappte auf leisen Sohlen in den Flur. Das Licht war an und das war ungewöhnlich für einen Einbrecher, der es wohl eher vorgezogen hätte, im Dunkeln zu operieren. Plötzlich hörte er, wie Glas zerschmissen wurde und jemand einen Schwall übelster Flüche ausstieß. Ein eisiger Schauer rann ihm über den Rücken und eine grausame, kalte Hand packte nach seinem Herzen und tauchte es in ein schwarzes Loch voller Angst. "Lass es nicht wahr sein!" hämmerte es verzweifelt. "Lass es nicht wahr sein!"

Der Fremde wankte aus der Küche heraus, mit eine Weinflasche in der Hand und murmelte etwas Unverständliches vor sich hin. Als er Joey erblickte, verzerrte sich sein Gesicht zu einer wütenden, grotesken Maske. Sein schlimmster Alptraum - sein Vater....

"Joseph!!!" kam es in einem halben Röcheln von Mr. Wheeler, "Du verdammtes Mistbalg! Deinetwegen bin ich im Knast gelandet!"

"Nicht meinetwegen. Das hast du dir selbst zuzuschreiben!" fauchte der Blonde zurück, der zwar am ganzen Leib zitterte, sich aber nicht kampflos geschlagen geben wollte, nicht noch einmal.

"WAS?!?!"

Er holte aus und die Flasche krachte gegen den Türstock, wo sie zersplitterte und die rötliche Flüssigkeit sich auf die Wand ergoss. Mehr torkelnd als gehend, bewegte sich der Betrunkene auf seinen Sohn zu, wobei ihm seine Glaswaffe entglitt. Er fluchte erneut und donnerte seine Faust knapp an Joey vorbei. Dieser wich aus, duckte sich und wollte davonlaufen, doch Mr. Wheeler kriegte ihn am Kragen zu fassen, wodurch er ihn halb erwürgte und drosch erbarmungslos auf den jungen Mann ein, der sich zur Wehr zu setzen versuchte, doch er hatte keinen Erfolg. Die brutalen Fäuste trafen seinen geschundenen Körper überall, seine Lippen platzten auf und irgendwo in diesem Nebel aus Schmerz und Wut begriff er nur noch, dass sein Vater aus dem Gefängnis ausgebrochen sein musste, um sich zu rächen, wie er es ihm versprochen hatte. Seine tastenden Finger krampften sich um das Henkelkreuz.

"Horus....hilf mir...." brachte er unter einem Schlag hervor, der seine Backe erwischte und einen Bluterguss entstehen ließ. Der Millenniumsgegenstand leuchtete auf und der Medjai übernahm seine irdische Hülle. Als die Faust von Mr. Wheeler wiederholt auf seinen Magen zu raste, wurde sein Arm von einem eisernen Griff gepackt und zusammengedrückt wie eine Coladose. Der Betrunkene stieß einen Schrei aus, mehr vor Überraschung als vor Schmerz, aber als er den Blick hob, sah er jemanden vor sich, den er nicht kannte. Er sah seinem Sohn zwar ähnlich, aber das lange Haar und die harten Augen waren keine Attribute Joeys.

"Wie können Sie es wagen, ihn zu verprügeln, Sie jämmerliches Stück Mensch?!" zischte er und das fünftausend Jahre alte Feuer des stolzen Falken pulsierte ihm durch die Adern wie seit jeher. Der Griff wurde fester und unbarmherziger und er schleuderte Mr. Wheeler angewidert von sich fort, dass dieser gegen die Küchentür knallte und ohnmächtig liegen blieb. Dann suchte Horus die übrigen Besitzstücke seines Hikari zusammen und verließ ohne einen Blick zurück das Apartment. Draußen auf der Straße erschien Joey neben ihm.

"Ich danke dir. Ohne dich....hätte er mich vielleicht noch zu Tode geprügelt. Lass mich meine Sachen zu Tante Amber bringen, deine Mähne fällt viel zu sehr auf. Aber...."

Er schwieg eine Weile, berührte seinen blutenden Mund, in dem er den Geschmack seiner Demütigung wahrnahm und spuckte angeekelt aus.

"....Du hast mich gerettet, zum zweiten Mal und diesmal vor etwas, das mich schon viel zu lange verfolgt. Von heute an, Horus....hast du mein Vertrauen."

"Darüber bin ich sehr glücklich, mein Freund. Bitte, nenn mich ,Jono'. Das ist mein richtiger Name, ,Horus' ist nur der Beiname, den ich als Medjai führe."

"In Ordnung....Jono."
 

Ein Nicken zum Abschied und der Duel-Monsters-Spieler kehrte als reale Existenz zurück. Wie ursprünglich geplant, lieferte er seine Habseligkeiten bei Amber ab, die über seinen Zustand natürlich entsetzt war. Mit dem Erste-Hilfe-Kasten versorgte sie seine Lippe und seine anderen Prellungen und Verletzungen, erkundigte sich, was geschehen sei und schlug die Hände über dem Kopf zusammen, als sie erfuhr, dass ihr verhasster Schwager aus dem Gefängnis ausgebrochen war. Nachdem sie sich um ihren Neffen gekümmert hatte, verständigte sie sofort die Polizei.

"Meine Güte....wie furchtbar....und dass du ihm auch noch direkt in die Arme gelaufen bist....Dieses verdammte Schwein....entschuldige, ich...."

"Nein, ist schon okay. Er ist ein Schwein und das ist eigentlich noch viel zu nett für ihn und im Grunde eine Beleidigung für jedes Borstentier. Ich bin froh, dass Serenity noch im Krankenhaus ist, das hier hätte sie nur wieder aufgeregt."

"Vermutlich, ja. Ich habe zwar deine äußeren Wunden versorgt, aber es könnte sein, dass er dir auch irgendwelche inneren Verletzungen zugefügt hat. Du solltest Doktor Nakagawa aufsuchen und dich gründlich durchchecken lassen."

"Von mir aus." Er erhob sich von dem Stuhl, auf dem er gesessen hatte und schlich zur Tür. "Warte mal, Jay! Ich glaube, ich fahre dich besser hin."

"Nein, nicht nötig. Ich komme klar."

"Wirklich?"

Ihre Sorge rührte ihn. Es stimmte, was seine Schwester ihm immer über Amber erzählt hatte, dass sie sehr fürsorglich und sehr hilfsbereit war und alles nur Erdenkliche für die Menschen tat, die sie gern hatte.

"Kein Problem, ehrlich. Den Weg zu Nakagawa-san schaffe ich auch allein, bin ja schließlich auch allein zu dir gekommen, oder? Bis später."

Die Dunkelheit hüllte ihn ein. Domino bot einen schönen Anblick mit den vielfältigen erhellten Wolkenkratzern, den Reklametafeln und den Lichtern der Ampeln und Laternen. Hätte sein Körper nicht vor Schmerzen geschrien, hätte er es fast genießen können....Doch er ging nicht, wie angekündigt, zum Arzt, sondern vielmehr zur Kaiba-Villa, denn er hatte sich entschieden, Seto auf seine plötzliche, abweisende Haltung anzusprechen. Allerdings musste ihn sein Vater doch ärger erwischt haben, als er gedacht hatte, denn langsam aber stetig breitete sich von seinem Magen als Brennpunkt eine dumpfe Qual aus, die ihm jeden Schritt erschwerte, als müsse er zehn Tonnen Felsbrocken hinter sich herziehen. Zu allem Überfluss begann es zu regnen. "Scheiße!" schimpfte Joey, krempelte den Kragen seiner Jacke nach oben und marschierte missmutig weiter. Auch seine Brust tat höllisch weh und er verwünschte seinen verdammten Vater, der ihn in seinem Suff wieder einmal als Wutventil missbraucht hatte. Seine Knie gaben nach und er musste sich gegen eine Hausmauer lehnen, um nicht umzufallen. In diesem Augenblick, inmitten der nassen Kälte und dem inneren wie äußeren Schmerz, rutschte er zu Boden, klammerte die eine Hand in sein Hemd, wo die Pein gegen seine Knochen pochte, vergoss stille Tränen des Zorns und des verletzten Stolzes und hatte nur noch einen Gedanken, bevor eine gnädige Ohnmacht ihn überkam....

>>Seto....<<
 

"Nein, jetzt regnet es!" maulte Mokuba und spannte seinen Schirm auf. "Du hattest wieder einmal recht, Onii-san! Aber es ist nett, dass du mich zu Tommy bringst."

"Ich hoffe, du tanzt den Eltern deines Freundes nicht so auf der Nase herum wie mir. Immerhin darfst du bei ihm übernachten und Mrs. King hat sogar versprochen, euch morgen beide in die Schule zu fahren. Also benimmt dich anständig."

"Das tue ich doch immer, großer Bruder!"

"Ah ja?"

Seto lächelte leicht, als auch schon das Haus der Familie King vor ihnen auftauchte, wo Mokubas Klassenkamerad wohnte und wo er heute die Nacht verbringen würde. Der Elfjährige umarmte den Firmenchef zum Abschied und wurde stürmisch von Tommy begrüßt.

"Viel Spaß, Mokuba! Bis morgen!"

Damit trat er den Heimweg an. Wenn er an die Verträge dachte, die er heute noch alle durchzuarbeiten hatte, wurde ihm fast übel. Er verspürte nicht die geringste Lust dazu, aber wie das in seinem Beruf nun mal war, man konnte sich vor nichts drücken, und vor etwas Unangenehmen schon gleich zweimal nicht. Die Geschäftsbranche war ein wenig menschlicher Faktor, ein Grund, der es ihm so schwer machte, mit Menschen aus einem anderen Milieu umzugehen. Da fiel sein Blick auf eine zusammengekauerte Gestalt unter der Marquise eines Lebensmittelladens und sein Herz tat einen Sprung.

Joey!

Was tat er denn hier und auch noch in so einem Zustand? Er näherte sich ihm und sagte, um sich seine Besorgnis und seinen Liebeskummer nicht anmerken zu lassen, "He, Wheeler! Hast du jetzt beschlossen, wirklich ein Straßenköter zu werden?" Doch der Blonde antwortete nicht und als Kaiba ihm durch das weiche Haar fuhr, erkannte er, dass sein Engel bewusstlos war. Was mochte passiert sein? Jedenfalls konnte er ihn nicht einfach so da liegen lassen und warf ihn sich kurzerhand über den Rücken. Das war sicher nicht die zärtlichste Art und Weise, ihn zu transportieren, aber mit dem Regenschirm in der einen Hand blieb ihm nichts anderes übrig. So kehrte er mit seiner seltsamen Fracht in seine Villa zurück und legte Joey erst einmal in seinem Schlafzimmer ab. Er gab der Dienerschaft strikte Anweisung, ihn für den Rest des Abends nicht mehr zu stören und bestellte nur noch eine Kanne heißen Tee. Eine Zofe brachte das Getränk auf einem Tablett mit zwei Tassen und entschwand nach einer Verbeugung. Endlich konnte Seto seinen Liebsten genauer untersuchen. Als er seine Hand auf das hübsche Gesicht bettete, fuhr er zurück, denn Joey war eiskalt. Wie lange hatte er wohl schon ohnmächtig da im Regen gehockt, bevor er ihn aufgegabelt hatte? Und was war das? Ein großer Bluterguss auf seiner linken Wange? Hatte er sich geprügelt? Zumindest musste er aus den durchnässten Klamotten heraus, sonst erfror er ihm womöglich noch. Zögernd streifte Seto die Jacke von dem schlaffen, regungslosen Körper und warf sie achtlos zu Boden. Anschließend knotete er die Schuhbänder auf und entfernte die Turnschuhe, einen nach dem anderen. Ihnen folgten die Socken, die ebenfalls feucht waren. Um ihm das klamme Hemd auszuziehen, lehnte er den Sechzehnjährigen gegen seinen eigenen Oberkörper, griff unter den Stoff und zog ihn über den blonden Schopf. Vorsichtig ließ er Joey in die Kissen zurücksinken, als seine Augen die Prellungen und Wunden entdeckten, welche die ansonsten makellos und traumhaft geformte Brust übersäten. Eine Welle der Empörung und der Wut wallte in ihm hoch. Wer hatte seinem Geliebten das angetan?! Wer hatte ihn so zugerichtet?! Behutsam streichelte er mit dem Finger über die Blessuren und Kratzer, darauf bedacht, sich jeden Muskel, jede Sehne, jede Kurve, jede Ebene dieses Körpers einzuprägen. Irgend jemand hatte es gewagt, diesen goldhaarigen Halbgott zu misshandeln und er würde herausfinden, wer! Obwohl die Geste ein Prickeln auf seiner Haut hinterließ, blieb die eisige Kälte auf Joeys Fleisch zurück und Seto erschauerte kurz. Er errötete ein wenig, als er sich an der durchtränkten Hose zu schaffen machte und den groben Jeansstoff abstreifte. Darunter kamen rote Boxershorts zum Vorschein, die eng anlagen und die perfekten Rundungen eines knackigen Hintern betonten. Vollendet geschwungene Beine streckten sich auf den seidenen Laken aus. Seto nahm die Kleidungsstücke, schritt zur Tür und musterte Joey noch einmal. Obwohl er ohnmächtig dalag, war er immer noch anmutig wie der junge Mond. Obwohl voller blauer Flecke, geschunden und zerzaust, besass er immer noch die Lieblichkeit des Frühlings. Er war wunderschön.
 

Der Firmenchef schluckte einmal mühsam, rief nach der Zofe und übergab ihr die Sachen mit dem Auftrag, sie ordentlich zu trocknen sowie eine Flasche Rum zu holen. Das Mädchen erledigte alles und ließ ihren Arbeitgeber bald darauf wieder allein mit dem "Gast". Er schenkte etwas Tee in eine der mit Kirschblüten verzierten Tassen ein und mischte einen Schuss Rum dazu, um den erkalteten Körper zu erwärmen. Sanft hob er Joey an und flößte ihm das Getränk ein, das jedoch kaum seine Lippen benetzte. So funktionierte das nicht.

>>Was soll ich tun? Er ist so eisig und befindet sich wahrscheinlich seit wenigstens einer Stunde da draußen, ohne jeglichen Schutz. Außerdem ist er nach wie vor bewusstlos, so kann ich ihn nicht zum Trinken bringen. Aber....irgendwie....muss ich ihn wärmen....<<

In diesem Moment keimte Seto die Idee, wenngleich sie ihm auch ein wenig peinlich war, doch schließlich ging es hier darum, Joey zu retten! Zaghaft befreite er seinen Liebsten von den Boxershorts und hüllte ihn in die bauschige Decke ein. Ihn zu sehen, so wie Gott ihn geschaffen hatte, rang ihm einen beträchtlichen Teil seiner Selbstbeherrschung ab, aber insgeheim musste er sich auch eingestehen, dass er noch nie zuvor so ein vollkommenes Wesen gekannt hatte. Unruhig wanderte er auf und ab, unsicher, ob er es wirklich tun sollte, doch ein letzter Blick auf den reglosen Zustand seines Engels überzeugte ihn davon, dass er schnell handeln musste. Langsam entkleidete er sich, löschte das Licht und trat ans Bett. Mit einem Seufzer ließ er seine eigenen Shorts hinuntergleiten und kletterte zu Joey hinein. Seine Arme schlangen sich um den kalten Körper und spendeten all seine Wärme diesem einen Menschen. Er barg sein Gesicht in Joeys Halsbeuge und atmete tief und gleichmäßig.

"Ich werde dich nicht einfach erfrieren lassen, hörst du?" flüsterte er zärtlich. "Niemals werde ich zulassen, dass dir nochmal irgend jemand so etwas antut....du weißt es nicht....aber ich liebe dich...."

Das Geständnis

Danke, danke und nochmals danke für die Kommis! ^__________^ *herumspring* *allen die Hände schüttel* Hier also das neue Kapitel! Ich sage Euch gleich, es endet...gemein. Zumindest ist es fies von mir, genau da aufzuhören, aber sonst ist ja die Spannung weg...*g*
 

Kapitel 12: Das Geständnis
 

Eine wohlmeinende Sonne ging an diesem Morgen über Domino City auf, als wolle sie sich für den trüben Regenabend entschuldigen. Ihre goldenen Strahlen fielen durch das Schlafzimmerfenster eines Hochhauses und schmeichelten sanft über den Baldachin und die seidigen Laken, unter denen zwei junger Männer, eng aneinander geschmiegt, verborgen waren. Dukes Haare fielen offen um seine Schultern, Tristan hatte einen Arm um ihn gelegt und beide schlummerten selig. Ein Sonnenstrahl kitzelte den Dungeon-Dice-Erfinder in der Nase, er blinzelte zunächst, gähnte, reckte und streckte sich und wachte schließlich ganz auf. Er sah sich eine Weile in dem Raum um, bis sein Blick auf seinem Geliebten haften blieb. Wie wunderbar diese gemeinsame Nacht gewesen war....Tristan so nah zu spüren, seinen Körper an sich zu pressen und zu fühlen, wie sie einander alles schenkten, was sie waren, war einfach unendlich schön gewesen....Sanft strich er mit den Fingern über die helle zarte Haut des anderen, dessen Brust sich im Schlaf gleichmäßig hob und senkte. Plötzlich hielt er inne, denn mit einem Mal überlagerte ein Bild in seinem Geist diese Szene und veränderte sie. Er sah immer noch Tristan, aber diesmal schimmerte eine Kette um seinen Hals, deren Anhänger geformt war wie ein ägyptisches Auge, ähnlich der Verzierung auf seiner Waage. Duke schüttelte verwirrt den Kopf und da verschwand die Kette und alles war wieder wie vorher. Wie eigenartig....hatte er sich das nur eingebildet? Er zuckte die Schultern, drückte seinem Schatz einen süßen Kuss auf die Stirn und eilte ins Badezimmer. Nachdem er sich ausgiebig geduscht hatte, kleidete er sich in seinen dunkelroten Morgenmantel und föhnte seine nassen Haare. Eigentlich hätte er sie danach zu seinem üblichen Pferdeschwanz binden können, doch er beschloss, sie wenigstens heute morgen offen zu lassen. Vergnügt vor sich hin pfeifend ging er in die Küche, um ein reichhaltiges und schmackhaftes Frühstück zuzubereiten. Während er die Butter aus dem Kühlschrank holte, um sie auftauen zu lassen, damit man sie ohne allzu grobe Gewalteinwirkung aufs Brot schmieren konnte, schaltete er den Radio ein. Mit Musik war Arbeit einfach besser, egal welcher Art. Leider lief gerade kein Lied, sondern die Nachrichten.
 

"Der Fluss Tone im Umkreis von Tokyo (den hab ich nachgeschlagen, "im Umkreis" ist vermutlich falsch, aber das ist jetzt egal) hat sich rot verfärbt. Das Phänomen ist ganz plötzlich eingetreten und die Wissenschaftler, die den Fluss einer genaueren Überprüfung unterziehen, sind noch zu keinem Ergebnis gelangt. Die Ursache bleibt also weiterhin ungeklärt, doch die Nachforschungen haben gerade erst begonnen.

Politik...."
 

Den Rest hörte Duke schon gar nicht mehr, zumindest nicht bewusst. Ein rot verfärbter Fluss? Woher kannte er das bloß? Natürlich, aus der Bibel. Sein eigenes Bekenntnis war shintoistisch, aber seine Großmutter war eine Christin gewesen, also Mitglied der am geringsten vertretenen Religion in Japan. Sie hatte ihrem Enkel nie aus Märchenbüchern vorgelesen, sondern aus der Bibel, was für ihn aber praktisch das gleiche war, denn ihm schienen die Erzählungen darin ähnlich phantastisch. Ihm hatte sie auch die Heilige Schrift hinterlassen, doch bei ihm verstaubte sie nur im Regal. Jetzt aber war er froh, dass er sie aufgehoben hatte. Kurz-entschlossen fischte er sie vom obersten Brett seiner Mini-Bibliothek im Wohnzimmer, staubte sie ab und suchte das entsprechende Kapitel. Er fand die Stelle im Buch Exodus und las sie durch, mit monotoner Stimme, als erinnerten ihn diese Zeilen an etwas Bestimmtes.

"....Er erhob den Stab und schlug das Wasser im Nil vor den Augen des Pharao und seiner Diener. Da verwandelte sich alles Wasser im Nil zu Blut. Die Fische im Nil starben, der Nil stank, und die Ägypter vermochten kein Wasser mehr aus dem Nil zu trinken. Und das Blut ward im ganzen Ägypterland."

Er sass wie erstarrt, merkte nicht einmal, dass Tristan im blau gestreiften Pyjama in die Küche kam und ihn begrüßen wollte, bei seinem tranceartigen Gesichtsausdruck jedoch zurückwich und ihn verblüfft musterte. Duke konnte sich das Entsetzen nicht erklären, dass ihn gepackt hatte und ihn so gut wie lähmte. In seinem Kopf überschlugen sich Worte, hallten darin wider wie ein grauenhaftes Echo, ohne dass er wusste, wer sie eigentlich aussprach.

~~ Sollte er zurückkehren, wird er mit seinem Erwachen die zehn legendären Plagen über das Land bringen....~~

"DUKE!!!"

Jemand schüttelte ihn vorsichtig und langsam kehrte der Schwarzhaarige in die Realität zurück. Die ruhigen braunen Augen seines Liebsten betrachteten ihn sorgenvoll.

"Was hast du? Fühlst du dich nicht wohl? Soll ich den Arzt anrufen?"

".....N-nein....nein, es ist nichts...."

"Das glaube ich nicht. Du zitterst ja. Was ist geschehen?" Bevor er irgendwie reagieren konnte, hatte Duke seine Arme um ihn geschlungen und drückte sein Gesicht gegen die warme Brust.

"Halt mich fest, bitte...." flüsterte er. Das ließ sich Tristan nicht zweimal sagen....
 

Seto war über seiner Aufgabe eingeschlafen. So fiel ihm auch nicht auf, dass er Erfolg gehabt hatte. Joey öffnete die Augen und versuchte sich daran zu erinnern, was passiert war, nachdem ihn gestern die Ohnmacht ereilt hatte. Erstaunt wurde er des großen weichen Bettes gewahr und der stilvollen Einrichtung des Raumes, in dem er sich befand, die auf viel Geld schließen ließ. Dann fiel ihm auf, dass er kein einziges Stück Stoff mehr am Leib hatte und wurde ein bisschen rot. Was hatte das zu bedeuten?! Als sein Blick zur Seite glitt, hätte nicht viel gefehlt und er hätte einen gellenden Schrei ausgestoßen. WIE, WAS, WO?!?!?! SETO?!?! SETO MIT IHM IN EINEM BETT?!?! UND WO ZUM TEUFEL WAREN DESSEN SACHEN?!?!

Joey wurde puterrot und überlegte angestrengt, welche andere, halbwegs logische Erklärung es dafür geben konnte. Es MUSSTE eine andere sein als die, an die er dachte, denn DAS hätte er doch nun wirklich mitgekriegt!!!!! Oder nicht?! Seine Panik verstärkte sich zusätzlich, als Kaiba sich regte und bald darauf aufwachte. Der Firmenchef registrierte die Situation erst nach einer endlosen Minute peinlichen Schweigens und seine Wangen röteten sich tief. Allerdings hatte er kaum zu einer Antwort angesetzt, als der blonde Duellant ihn in die Kissen zurückschleuderte (O___O Uiuiui.....!), seine Handgelenke festhielt und seine goldbraunen Falkenaugen zornig auf den anderen richtete.

"KAIBA!!!! DU SAGST MIR JETZT AUF DER STELLE, WAS HIER VORGEFALLEN IST, ODER DU BIST EIN TOTER MANN!!!!"

Seto war buchstäblich davor, vor Wonne zu sterben. Nicht allein, dass er sich ihrer beider Nacktheit unter der Bettdecke nur zu deutlich bewusst war, der feurige Ton in der schönen Stimme und das bedrohliche, heiße Glühen in diesen wilden Augen jagten wohlige Schauer durch seinen Körper und ließen ihn erbeben. Ohne dass er es kontrollieren oder gar verhindern konnte, explodierte ein sehnsüchtiges Verlangen in ihm und drang einem Blitz gleich bis tief in seine Lenden. In diesem Moment fühlte er sich Joey hilflos ausgeliefert, sein Engel hätte nur die Hand auszustrecken brauchen, und er wäre sein gewesen, jetzt und hier.
 

"Lass....mich erklären...." brachte er unter einem Keuchen hervor, denn er spürte erschrocken, wie seine Erregung sich sichtbar zu machen begann. "Ich habe dich gefunden....gestern im Regen....ich weiß nicht, was mit dir los war, jedenfalls warst du ohnmächtig....Ich konnte dich doch nicht einfach auf der Straße liegenlassen....und außerdem warst du eiskalt....deine Klamotten waren völlig durchnässt....Also habe ich dich mit zu mir genommen, habe dir die klammen Sachen ausgezogen und dich ins Bett gesteckt....Ich dachte....ich könnte dich retten.... vor dem Erfrieren....wenn ich....wenn ich dich wärmen würde....du warst so eisig....Ich hatte wirklich Angst, du würdest...."

Als er das hörte, verpuffte Joeys Wut im Nichts wie die Luft aus einem Ballon, in den man eine Nadel gepiekt hat. Fassungslos und ungläubig starrte er in diese saphirblauen Ozeane, die ihm auf einmal ein Gefühl vermittelten, das er nicht zu deuten in der Lage war. Der feine Schweißfilm auf der Haut des Braunhaarigen irritierte ihn ebenfalls, bis er es wagte, mal einen Blick tiefer zu riskieren. Er bekam einen knallroten Kopf und konnte nur beten, kein Nasenbluten zu bekommen. In seinem Ungestüm sprang er ohne nachzudenken aus dem Bett und knallte wie erwartet auf den Fußboden.

"AUA!!! Verdammte Scheiße!" Mit einem hastig genuschelten "Leih mir mal kurz was" angelte er nach seiner Jacke, die immer noch dort lag, wo Kaiba sie gestern hin befördert hatte,

wickelte sie sich um die Hüften und trat an den Kleiderschrank, wo er in Windeseile die nötigsten Utensilien zusammen kramte und anzog - schwarze Boxershorts mit dem Monogramm "SK", eine Jeans und ein blaues Muscle-Shirt. Seto hockte währendem immer noch geschockt inmitten der Laken und Kissen und war so rot, dass es ihn nicht gewundert hätte, wäre er mit einer Ampel verwechselt worden. Mr. Red-Eyes-Black-Dragon (Der "Schwarze Rotaugendrache" - Ihr wisst ja, wem die Karte gehört, neh?) fuhr sich nachlässig durch das blonde Haar und fragte schließlich: "......äh....nun....wieso....wieso ist....?"

Der Firmenchef seufzte und schwieg. Eine Weile blieb es still und keiner der beiden sprach ein Wort, bis Seto sich letztendlich dazu durchringen konnte, wieder etwas zu sagen.

"Ich....ich finde dich....ich finde dich schön."
 

My time, my patience, my love

My blood, my sweat, my tears

My burdens, my drama, my pain

My car, my money, my home

My ups, my downs, my fears

And my hours, my work, my strength

My fault, my this, my that
 

"Du....findest mich....? Aber....aber ich....ich bin doch....nichts Besonderes....Du hast mich gesehen....gesehen, wie zerschunden ich bin! Mein Körper ist übersät mit Kratzern, mit blauen Flecken, Prellungen, Blessuren und sogar der einen oder anderen Narbe....meine Lippen....siehst du dieses Pflaster? Blutige, aufgeplatzte Lippen....ich bin eher abstoßend als schön...." Während er seine Hände zu Fäusten ballte und seine Augen in den Boden bohrte, erhob sich Seto und zog sich seine Shorts und seine schwarze Hose über. Langsam näherte er sich Joey, dessen Körper von einem Zittern erfasst wurde, denn die Erinnerung an die Prügel quälte ihn.

"Ja. Ich sehe das Pflaster, ein bisschen von dem getrockneten Blut....ich sah all deine Verletzungen, und ich sehe die zurückgebliebene Spur eines Schlages auf deiner Wange....und dennoch....Dein Körper spiegelt deine Seele wider. Du bist warm wie die Sonne, leidenschaftlich und temperamentvoll wie das Feuer, ehrlich wie ein Kind, tapfer und treu wie ein Ritter und stolz und unabhängig wie ein Falke....Das ist es, was dich ausmacht und genau das, die Schönheit deiner Seele, geht mit deiner äußeren Schönheit Hand in Hand. Und ich verfluche denjenigen, der es gewagt hat, dich anzurühren!!"
 

My shakin', my sleep, my stress

My days, my nights, my rest

My do's, my don'ts, my dares

And my church, my pastor, my prayers

My all, my faith, my powers

And my kitchen, my sink, my towels

My joy, my sad, my hate

And my brother, my cousin, my friends

My lights, my gas, my bills

My role, my way, my will

My hollerin', my fussin', my fights
 

Joey konnte darauf einfach nichts erwidern. Die Augen seines Gegenübers strahlten solch eine Kraft aus, dass ihm fast unheimlich wurde, doch am eindrucksvollsten waren immer noch seine Worte.

"Wer war das? Wer hat dir das angetan?"

"Das war....mein Vater." erklärte der Blonde sachlich, als wäre es das Selbstverständlichste von der Welt. Seto zuckte unmerklich zusammen.

"Dein eigener Vater?"

"Weißt du....ich bin in eine glückliche Familie hineingeboren worden. Eine Zeitlang besass ich eine wahre Familie, bis....bis mein Vater sich wegen beruflicher Probleme und Reibereien mit den Kollegen immer häufiger in den Alkohol flüchtete und irgendwann endgültig dem Suff verfiel. Daran ist die Ehe zerbrochen und meine Mutter reichte die Scheidung ein. Ihr wurde das Sorgerecht für Serenity zugesprochen und ich blieb bei meinem Vater. Sein ganzer Zorn entlud sich über mir und ich war das Opfer seiner Gewaltattacken, wenn er wieder einmal betrunken nach Hause kam....Nach einer Randale in seinem Stammlokal ist er im Gefängnis gelandet und ich bin zu meiner Tante gezogen, der Schwester meiner Mutter, wo auch Serenity lebt. Dann ist er wohl ausgebrochen, denn gestern wollte ich meine letzten Habseligkeiten in mein neues Heim bringen, als ich feststellen musste, dass er da war....er stank wie gewöhnlich nach billigem Fusel und hat mich dafür verantwortlich gemacht, dass er hinter Gitter kam....er hat mich verprügelt, ziemlich übel sogar, wie eigentlich nur in seinen schlimmsten Tagen.... Vermutlich wäre ich draufgegangen, wenn nicht...."

Er biss sich auf die Lippen. Jetzt nur den anderen nicht ansehen!

"Du meinst das Kreuz?" (Wah, das hab ich im letzten Teil total vergessen, dass er das ja noch dabei hatte!! Ist mir leider erst später aufgefallen....verzeiht mir! *verbeug* Seto: "Wie kann man nur so blöd sein?" - Halt den Mund, irren ist menschlich!)

"Ja...."

"Ich habe es abgenommen und auf den Tisch gelegt. Ich weiß, dass es für dich von großer Bedeutung ist."

"Ach was? Und woher?"

Der Braunhaarige öffnete eine Schublade im Schrank und holte unter einem Wäschestapel einen goldenen Stab hervor, bei dessen Anblick Joey förmlich das Blut in den Adern zu gefrieren schien. Er kannte diesen Stab....auch wenn er ihn länger in Erinnerung hatte....Seto legte das priesterliche Würdezeichen stumm neben dem Henkelkreuz des Medjai ab und auf einmal begannen beide Gegenstände zu glühen. Sie tauchten alles in ein warmes weißes Licht und als es verschwunden war, standen sich die beiden jungen Männer nach wie vor gegenüber, doch ihre Umgebung war nicht mehr das Kaiba'sche Schlafzimmer, sondern ein Balkon, von dem aus man eine altertümliche Stadt überblicken konnte - Alexandria. Auch trugen sie ihre ägyptische Kleidung und Joey sah sich verwirrt um. Die Millenniumsgegenstände hatten eine Illusion der Vergangenheit geschaffen.
 

"Ich....dieser Ort....ist mir vertraut....ich glaube, ich bin oft hier gestanden....als ich noch wusste, was meine Pflicht war....als ich noch wusste, wem meine Loyalität galt....und ich kenne DICH. Wie ist dein Name?"

"Wenn du mich kennst, müsstest du dich an ihn erinnern....Jono."

Der Blonde spürte eine Flut von unterschiedlichen Bildern und Gefühlen auf sich einströmen, die ihm sein früheres Leben vor Augen führten. Der Tag seiner Geburt....das lächelnde Antlitz seiner Mutter....die Erziehung im Tempel....sein Freund Osiris....der Moment, da sie beide zum Dienst in den Palast gerufen wurden, wo sie zu Medjai ausgebildet werden sollten....wo er den jungen Prinzen kennenlernte, Atemu....der Kampf gegen das Reich Lybien....sein erster großer Verdienst, als er dem Pharao das Leben rettete, die Truppen zum Sieg führte und er zum Dank zum Anführer der Gotteskrieger ernannt wurde, im Alter von gerade mal fünfzehn Jahren....das Erhalten des Beinamen "Horus"....der Treueschwur an den neuen Herrscher Ägyptens, nachdem Atemus Vater an Altersschwäche gestorben war....die erste Begegnung mit dem Hohepriester.... SETH....der Streit....die Meinungsverschiedenheiten, Konflikte....ihre ewige Rivalität....und schließlich....ihre Liebe....und....

....

....

....und Imhotep....!!!
 

Als er schlagartig die Zusammenhänge begriff, wurde ihm schwindelig und er musste sich an der Mauer festhalten, die mit Hieroglyphen beschriftet war. Seltsamerweise konnte er sie entziffern:

"Sollte er zurückkehren, wird er mit seinem Erwachen die zehn legendären Plagen über das Land bringen...." las er stockend und sank in die Knie, überrollt von dem, was er empfand und der Wahrheit, die sich nun klar vor ihm ausbreitete wie ein Licht in der Dunkelheit. Zwei starke Arme packten ihn und halfen ihm, aufzustehen. Als er hochblickte, versank er in dem verführerischen, geheimnisvollen Blau von zwei unermesslich tiefen Seen. Entdeckte den Schmerz in ihnen, das kleine, verlorene, einsame Kind, von dem er angenommen hatte, es sich nur eingebildet zu haben, nur, um jetzt zu begreifen, dass das der wirkliche Seto hinter der arroganten, kalten Fassade war. Der krankhafte Ehrgeiz des Vaters, der den kleinen Jungen gnadenlos gefordert und schließlich zerstört hatte, der dafür sorgte, dass dieses Kind nicht lernte, was Liebe ist und das nur durch die hilfesuchenden Hände seines Bruders davor gerettet wurde, ebenso gefühllos und hartherzig zu werden wie Gozaburo....das Kind, das an seiner Einsamkeit zu zerbrechen drohte und eine Mauer um sich herum errichtete, eine undurchdringliche Mauer, die jeden zerschmetterte, der sich ihr näherte und hindurchsehen wollte....Seto verbarg seine Schwäche vor anderen, um in der Geschäftswelt bestehen zu können....aber dabei tötete er immer wieder einen kleinen Teil seiner Selbst ab, bis auch er alle anderen Menschen von sich stieß, wie sein Vater es getan hatte....ohne Mokuba wäre er verloren gewesen....nur sein kleiner Bruder bewahrte ihn davor, für immer innerlich zu sterben....daher die enge Bindung zwischen den beiden....Alles, was Seto brauchte, war jemand, an dem er sich festhalten konnte, der ihm Geborgenheit und Wärme geben konnte und der ihm das Gefühl vermittelte, geliebt zu werden....und ein begehrenswerter Mann zu sein....Das war ein Aspekt, den Mokuba nicht erbringen konnte....denn Seto wollte auch als Mann geliebt werden, nicht nur als Bruder....Sein Herz war fähig, zu lieben....und es hatte sich für einen entschieden, damals wie heute....

"Du bist stark, Joey", meinte er gerade, "....stärker als ich je war und je sein werde. Aber du bist es, der mir Kraft gibt, der mich Mut fassen lässt....Du bist wie der Diamant. Nichts wird dich brechen - nichts und niemand. Der Falke wird seine Fesseln immer wieder aufzäumen und sich in die Lüfte erheben....um seine Krallen in das Fleisch der Schlange zu schlagen...."

Der Blonde wand sich aus dem Griff, trat an den Tisch und berührte das Henkelkreuz, das daraufhin die Illusion auflöste. Die zwei Duel-Monster-Spieler standen wieder im Zimmer und ihre ägyptische Kleidung war den modernen Sachen gewichen.

"Warum, Seto?"

"Warum was?"

"Warum hast du in der Sporthalle solche Dinge zu mir gesagt?"

"....Ishizu....du weißt, wer sie ist?"

"Jetzt schon."

"Ishizu hat mir bereits vor dir alles offenbart. Ich dachte, wenn ich dich von mir stoße, unsere Beziehung beende, dann hätte Imhotep keinen Grund mehr, mich durch deinen Tod quälen zu wollen....(Dabei hat der was ganz anderes vor....aber nein, das wollt Ihr jetzt noch gar nicht wissen!!) Ich dachte, auf diese Weise könnte ich dich schützen...."

"Und warum?"

"Wie, warum? Was denn noch?"

"Warum....alles andere? Die Demütigung, als du vor mir knietest....die Bezahlung von Serenitys Operation....der Vorfall in der Geisterbahn, wo du freiwillig und von dir aus deine Angst zugegeben hast....dass du bei mir warst, als ich den Unfall hatte.... dass du mich mit zu dir genommen hast, als du mich im Regen fandst....dass du mich....dass du mich....mit deinem Körper gewärmt hast....und deine Worte von vorhin....warum?"

Seto lächelte traurig und schmerzvoll, dass Joey meinte, sein Herz würde zusammengepresst. Der Kummer in diesen wundervollen Saphiren war so bewegend....
 

My future, my hopes, my dreams

My panties, my socks, my things

My flowers, my dress, my ring

My man, my lover, my king

My live, my chance, my fault

And my guts, my courage, my wounds

My fence, my neighbours, my yard

My chains, my lock, my guards

My win, my lose, my gain

And my credit, my card, my name

Myself, my freedom, my roof
 

Er öffnete mühsam den Mund, befeuchtete seine trockenen Lippen mit der Zunge, schluckte einmal und blickte seinem Engel endlich direkt in das schöne Gesicht.

"Weil....weil ich....Weil ich dich liebe."

First Kiss

So, das neue Kapitel ist da! *freu* Diesmal gibt es erstmal eine längere Rückblende in die Vergangenheit und dann kommen Joey und Seto! ^________^

Viel Spaß!
 

Kapitel 13: First Kiss
 

~~ Alexandria ~~
 

"HALTET IHN!!!!"

Der schwarzgekleidete Dieb huschte durch die nächtlichen Straßen der Stadt, in den Händen hielt er eine prachtvolle Juwelenkette und einen goldenen Ring mit einer Pyramide im Zentrum. Er rannte, so schnell ihn seine Füße trugen. Hinter ihm nahten sich einige Medjai, doch der Fliehende zog es vor, nicht im Kerker zu landen. Er hängte sich sowohl die Kette als auch den merkwürdigen Ring um den Hals und lief weiter. Einer Eingebung folgend, änderte er die Richtung und verschwand in einer der zahllosen Gassen. Auf verwinkelten Wegen näherte er sich dem Palast des Pharaos, das wutschnaubende Gebrüll der Gotteskrieger weit hinter sich zurücklassend. Das Tor war natürlich schwer bewacht und die Mauern galten ohnehin als unüberwindlich. Aber Aton wäre nicht Aton gewesen, hätte er nicht zumindest den Versuch unternommen, diese meterhohen Bollwerke zu bezwingen. Das verrückteste an der Sache war, dass er plante, in den Palast des Herrschers einzudringen, aber nicht, um sich zu bereichern, sondern um den jungen Pharao zu sehen. Seit er ihm vor einigen Wochen erstmals begegnet war, konnte er diese tiefen, amethystfarbenen Augen einfach nicht vergessen, die sich in sein Fleisch und seine Seele gebrannt hatten, als wären sie glühend heiße Lava. Seit jener Nacht hatte er immer mal wieder davon geträumt, wie es wäre, ein reicher Mann zu sein, der sich nicht zu verstecken brauchte und der das Recht hatte, dem Pharao seine Huldigung darzubieten. Er verspürte den unwiderstehlichen Wunsch in sich, die sinnlichen Lippen Atemus zu küssen, seinen Körper zu berühren, ihn zu wärmen, bei ihm zu sein, ihn glücklich zu machen....Aton unterdrückte ein bitteres Lachen und schlich an den Wachposten vorbei zu einem abgelegenen Teil der Mauer.
 

>>Was für ein Narr ich doch bin!<< dachte er erbost, wütend auf sich selbst. >>Ich bin ein wertloser Dieb und Grabräuber, der froh sein sollte, den nächsten Tag zu erleben und jetzt? Jetzt begebe ich mich in Gefahr, mitten hinein in die königlichen Gärten, wo es von Medjai nur so wimmelt, nur um das Licht Ägyptens in höchsteigener Person zu sehen! Und das bloß, weil ich ihn nicht aus meinem Kopf zu verbannen vermag! Was denke ich mir eigentlich?! Für einen Mann wie mich ist es geradezu anmaßend, den Pharao zu begehren! Dennoch....er bringt mich fast um den Verstand! Verflucht soll er sein, er und seine verführerischen Augen, die mir das Blut aufwühlen! Ich bin derjenige, der stiehlt und raubt, ohne mich um andere zu scheren! Wie konnte er es wagen, mir mein Herz wegzunehmen?!<<

Ja. Auch wenn er es sich ungern und nur sehr widerwillig eingestanden hatte, war sein Zusammentreffen mit Atemu schicksalshaft gewesen, Liebe auf den ersten Blick. Und nun war er hierher gekommen, getrieben von Sehnsucht und Verlangen. Leise erklomm er eine Palme, die sich hoch in den dunklen Himmel erhob und hangelte sich von dort auf die Palastmauer. Geduckt verharrte er eine Weile an diesem Platz und huschte dann, als er sich sicher war, dass gerade keine Medjai in der Nähe waren, in Richtung Gärten, zu denen hin die Gemächer des Königs lagen. Katzengleich sprang er von seinem Posten hinunter und verschmolz sogleich mit den Schatten, die die Gebüsche warfen. Eine Gruppe Krieger patrouillierte an den ersten Blumenrabatten vorbei (irgendwelche exotischen Blüten, ich weiß leider nicht, was die zu der Zeit für eine Vegetation hatten, gomen nasai!) und Aton lauschte angestrengt auf ihre Schritte, bis er überzeugt war, dass sie sich von ihm entfernten. Wie ein Geist eilte er durch die Finsternis, hin zu den erleuchteten Fenstern, die ihn anzogen wie ein Magnet. Sein Herz schlug schwer gegen seinen Brustkorb und feine Schweißperlen glänzten auf seiner Haut, aber zu seiner Erleichterung war noch alles gut gegangen. In dem Korridor, der sich vor seinen prüfenden Augen ausbreitete, erkannte er zwei männliche Gestalten, die in ein hitziges Gespräch vertieft waren. Der eine von ihnen hatte rückenlanges blondes Haar und trug das traditionelle Gewand eines Medjai, um seinen Hals hing das Symbol des Lebens, das Henkelkreuz Ankh. Sein braunhaariger Gegenüber war offensichtlich Priester, wie an dem Stab in seiner Hand erkennbar war, einem alten Würdezeichen der ranghöchsten Mitglieder dieser Klasse (sag ich jetzt mal....).
 

"Was fällt Euch ein, meine Kompetenzen anzuzweifeln, Horus?! Die Begrüßungszeremonie für den Skorpionkönig ist ein religiöses Willkommensritual, also fällt die Vorbereitung und Überwachung dessen in meinen Aufgabenbereich!! Ich will keinen Eurer unfähigen Soldaten um mich herum haben, wenn ich arbeite!!"

"Und Ihr scheint nicht zu begreifen, welche Gefahr dieser Regent tatsächlich darstellt, Seth!! Der Skorpionkönig ist skrupellos und herrschsüchtig und wird voraussichtlich mit Kriegern in Alexandria einmarschieren!! Meine Truppen müssen angesichts dieser bedrohlichen Situation auch Stellungen beziehen, die sie sonst meiden, und dazu gehört auch der Tempel des Amun-Ra!! Sie werden Eure Priester nicht bei den Vorbereitungen stören, sondern die Anlage lediglich absichern!!"

"Ich dulde kein Medjai-Gewürm in meinem Tempel, Schluss, aus!! Das wäre ungefähr so, als schickte ich Euch einige meiner Priester in die Kaserne!! Ihr solltet lieber dafür sorgen, dass sich Eure ach so hervorragenden Offiziere nicht mit Alkohol zulaufen lassen, bis der große Tag kommt, denn dann könnt Ihr mit den Betrunkenen auch nicht mehr viel verteidigen!!"

"Wenn es nach mir ginge, würde ich Euch Euer vorlautes, arrogantes Mundwerk stopfen, Oberpriester!! Eure Gefolgschaft ist ebenso verlogen wie Ihr selbst es seid und ich würde auf unsere Zusammenarbeit mit Freuden verzichten, handelte es sich dabei nicht um einen Befehl des Pharaos!! Eure Gesellschaft zu ertragen ist so angenehm, wie ohne Wasser durch die Wüste zu wandern!!"

"Dem kann ich nur beipflichten, Euer Hochmut wird Euch noch einmal teuer zu stehen kommen, Falke!!"

"Ihr solltet lieber Eure giftige Zunge hüten, Schlange, bevor ich...."

Er packte den verblüfften Seth mit seinen starken Händen und schob ihn gegen die Wand. Der Hierophant versuchte sich zu wehren, doch er unterlag der körperlichen Kraft des Medjai, erreicht durch eine jahrlange harte Ausbildung.

"....bevor ich meine Krallen in Euer Fleisch schlage!!!" vollendete er seinen Satz, mit einem feurigen, fast verführerischen Unterton in der Stimme, der seinem Rivalen unwillkürlich ein heißes Prickeln über den Rücken jagte. Goldene Flammen glommen in seinen unergründlichen Augen und Seth hatte den Eindruck, dahin zu schmelzen, als ihn dieses besitzergreifende Licht traf. Er wand sich in dem stählernen Griff, um sich zu befreien, hatte aber keinen Erfolg.
 

Jono genoss es, seinen Kontrahenten so ausgeliefert zu sehen und ein Gefühl des Triumphes stieg in ihm hoch. Auf der anderen Seite allerdings verwirrte ihn die Anwesenheit des königlichen Beraters, konnte er doch dessen Schönheit nicht leugnen - das weiche Haar in der Farbe von dunklem Holz, der sehnige, muskulöse Körper, die sündigen Lippen und seine unendlich blauen Augen, schimmernde Saphire in diesem fein geschnittenen Gesicht. Insgeheim frage er sich, wie es wohl wäre, wenn die Schlange sich liebevoll um den Falken schlang und er sie im Gegenzug in seine Flügel einhüllte....Vor seinem geistigen Auge sah er ein Bild von sich und Seth, gefangen in einem leidenschaftlichen, zärtlichen Spiel....Die Vorstellung war so intensiv, dass er zurückschrak und den Priester losließ, der immer noch wie versteinert an der Mauer lehnte. Beide atmeten heftig und obwohl Aton nicht allzu nahe am Geschehen war, erkannte er anhand dessen doch das Begehren, das diese zwei Männer füreinander empfanden.

"Dafür....könnte ich Euch einen Kopf kürzer....machen lassen....Horus...." brachte der Hohepriester mühsam hervor, nicht ohne sich darüber zu ärgern, dass er wieder einmal eine Niederlage erlitten hatte. Jono warf ihm einen feindseligen Blick zu und spuckte ihm vor die Füße.

"Als wenn Ihr mich einschüchtern könntet!! Ein Falke läßt sich nicht zähmen, das wenigstens solltet Ihr endlich gemerkt haben!! Es gibt keine Fessel, die mich halten kann!!"

Damit rauschte er hinaus und ließ den anderen allein im Korridor zurück. Seth starrte dem Gotteskrieger hinterher und bückte sich missmutig nach seinem Stab, der bei der Konfrontation zu Boden gefallen war. Zu spät - und dafür umso schmerzlicher - hatte er seine Fehler erkannt, die er begangen hatte. Warum gelang es ihm nicht, Jonos unbeugsamen Willen zu akzeptieren? Warum hatte er keinen Mittelweg zwischen seinem eigenen Ehrgeiz und den Ansprüchen Jonos gefunden, der sich auch nur die gebührende Würdigung seiner Verdienste wünschte und stolz darauf war, ein Medjai zu sein, so wie er selbst stolz darauf war, Priester zu sein? Es war von jeher eine Schwäche seines Charakters gewesen, dass er haben wollte, was er nicht bekommen konnte, aber nun hatte ihn seine arrogante, herablassende Art vermutlich den Mann gekostet, den er sowohl hasste als auch begehrte - und das mit einer Inbrunst, wie er es nie zuvor erlebt hatte.

Der Mann, den er liebte.
 

Diese Erkenntnis war Seth wie ein bitter-süßer Schmerz erschienen. Trotzdem schaffte er es einfach nicht, seine eisige, unnahbare Maske fallen zu lassen, um zu seinen Gefühlen zu stehen, weil er sich davor fürchtete, sein Herz bewusst jemandem zu öffnen. Und doch verzehrte er sich jeden Tag mehr nach dem schönen Krieger mit dem gewinnenden Lächeln....

"So betrübt, mein Freund?"

Erschrocken wandte er sich zu der Tür, hinter der sich die Gemächer seines Gebieters befanden und sah zu seiner Überraschung Atemu im Rahmen stehen. Hatte er sich nicht bereits schlafen gelegt? Er verneigte sich tief und antwortete: "Es ist nichts, mein Pharao. Falls unser Disput Euch aufgeweckt haben sollte, bitte ich um Verzeihung."

"Disput? Oh, Horus und du habt euch wieder gestritten? Ihr seid wirklich hoffnungslose Fälle, alle beide....Aber nein, ich konnte auch so keine Ruhe finden. Einer deiner Priester, Imhotep, hat heute bei mir vorgesprochen."

"Und was wollte er?"

"Er ist der Ansicht, dass meine Entscheidung, dich zum obersten Priester zu ernennen, statt ihn, ein gänzlich falscher Entschluss war. Aber ich kenne ihn zu wenig und habe es vorgezogen, lieber jemandem diesen verantwortungsvollen Posten zu übergeben, der mir vertraut ist und um dessen Fähigkeiten ich wirklich Bescheid weiß. Ob er das hinnimmt?"

"Ich kann noch einmal mit ihm sprechen, wenn Ihr das wünscht."

"Das wäre sehr freundlich von dir, hab Dank, mein Freund. Du siehst müde aus. Denkst du nicht auch, dass du lieber zu Bett gehen solltest?"

"Ja, das wäre nicht das schlechteste. Gute Nacht, mein Pharao."

Er versank zum letzten Mal an diesem Abend in seiner Reverenz und verschwand. Atemu trat ans Fenster und sog die milde Nachtluft ein. Sosehr er sich auch bemühte, er konnte einfach nicht einschlafen, immer wieder schob sich ein bestimmtes Antlitz unaufgefordert in seinen Geist und quälte ihn, da er es nicht vermochte, dem unbändigen Glühen in diesen braunen Augen zu entfliehen, er sich danach sehnte, seine Hände durch dieses lange weiße Haar gleiten zu lassen, seine Arme um diese starken Schultern zu schließen, ihn an sich zu ziehen und zu küssen....Seit jenem Tag, da er diesem Grabräuber namens Aton begegnet war, konnte er keinen klaren Gedanken mehr fassen. Er selbst, der er als Prinz nach strengen Regeln erzogen worden war und sich stets an die geltenden Konventionen, Gesetze und Verbote halten musste, empfand sich häufig als Gefangener in seinem eigenen Heim. Umso mehr bewunderte er Männer, die es wagten, sich gegen andere aufzulehnen und ihren eigenen Weg zu gehen, auch wenn ihnen das Probleme und Schwierigkeiten einbrachte. Frei und ungebunden wie der Wind....so wie der Dieb, in dessen Blick ein Stolz und eine Kraft loderten, die er noch nie gesehen hatte. Darin mochte auch eine gewisse Selbstgefälligkeit gelegen haben, eine Spur Überheblichkeit vielleicht....und doch konnte er den schwarzgekleideten Dämon einfach nicht vergessen....

"Aton...." flüsterte er mit einer leisen Traurigkeit, nicht ahnend, dass der Grund seiner Ruhelosigkeit genau unter ihm stand und es hören konnte. Er war so überwältigt, dass er fast seine Deckung verlassen hätte.

>>Er denkt an mich? Und dass er sich noch an meinen Namen erinnert....er, das Licht Ägyptens, der große Pharao Atemu? Seine Stimme klingt schmerzvoll. Sollte er mich vermissen? Ach Unsinn, ich darf mir keine falschen Hoffnungen machen! Bisher habe ich immer bekommen, was ich wollte....aber letztendlich bin ich nur ein Dieb und er ist ein König! Ich mache mir nur etwas vor....meine Liebe ist aussichtslos....!!<<
 

~~ 5000 Jahre später, in der Gegenwart ~~
 

"Weil ich dich liebe."

Joey brachte keinen Ton hervor. Seine Augen weiteten sich fassungslos, als könne er es nicht glauben und um ehrlich zu sein, konnte er das auch nicht. In seinem Kopf drehte sich alles, er hatte das Gefühl, als hätte ihm jemand den Boden unter den Füßen weggezogen. Es war schon bedeutsam genug, eine Liebeserklärung zu bekommen, aber dann auch noch von Seto Kaiba?!?! Er wusste beim besten Willen nicht, wie er darauf reagieren sollte. Seine Empfindungen waren nach all dem, was passiert war und insbesondere nach diesem kurzen Ausflug in die Vergangenheit (s. Teil 12) mehr als nur durcheinander, sie glichen eher einem heillosen Chaos. Zögernd machte er einen Schritt auf Seto zu, als ihn erneut ein unerträglicher Schmerz durchzuckte und ihn in die Knie zwang.

"Joey!!!"

Sorgenvoll fing der Firmenchef seinen Liebsten auf und strich ihm durch das dichte goldene Haar. "Was ist mit dir? Hast du noch irgendwo Verletzungen? Wo hat dein Vater dich verprügelt? Sag es mir!"

"Er....er hat mich in der Magengegend erwischt....und an der Brust....ich weiß nicht, wo noch.... aber gestern bin ich wegen den Schmerzen ohnmächtig geworden...."

"Das sieht dir ähnlich, bloß nicht reden, immer den starken Mann spielen, du dämlicher Trottel!! Du brauchst wirklich ein Kindermädchen!!"

"Was kann ich dafür, dass ich einen brutalen Trunkenbold zum Vater habe, Mr. Arroganter Mistkerl?!?! Hat halt nicht jeder so eine tolle Familie wie du!!"

Ein scheinbar endloses Schweigen senkte sich auf die beiden, bis Joey plötzlich eine zerknirschte Stimme vernahm, die seltsam zittrig klang.

"Ach verdammt....Wir können einfach nicht miteinander reden, ohne uns anzubrüllen, was? Ich weiß auch nicht....aber was musst du mich auch so erschrecken....ich meine, dieser Bastard von Vater hat dich möglicherweise ernsthaft verletzt...."

".....Du....hattest Angst....als ich das gesagt habe?......Entschuldige, Seto....die Bemerkung über deine Familie war auch nicht in Ordnung....du hattest es mindestens genauso schwer wie ich.... So bin ich eben - rede drauflos, ohne vorher darüber nachzudenken....Tut mir leid...."

"....Nein, ist okay, ich habe oft genug gemeine Dinge zu dir gesagt, sogar wirklich grausame Sachen....Ich rufe Doktor Nakagawa an, damit er sich um dich kümmert."
 

Bald darauf befanden sich die beiden jungen Männer im Domino-Hospital und der Arzt untersuchte seinen Patienten ausgiebig. Schließlich setzte er seine Hornbrille ab, rieb sich über die Augen und gab seine Diagnose bekannt: "Ihr Vater hat sie übel zugerichtet, Mr. Wheeler, aber von den äußeren Zeichen einmal abgesehen, hat er es diesmal sogar geschafft, Ihre Gedärme zu quetschen und Ihnen eine Rippe zu brechen. Ich kann nur beten, dass die Polizei den Flüchtigen rasch wieder hinter Gitter sperrt. Ich verständige Ihre Tante und...."

"Nein!" widersprach Joey energisch und Dr. Nakagawa runzelte die Stirn.

"Warum nicht?"

"Weil....sie sorgt sich ohnehin schon so viel....Ich will ihr nicht noch mehr Kummer bereiten, wenn sie erfährt, wie schlimm es mich tatsächlich erwischt hat....außerdem muss sie sich noch um Serenity kümmern....vielleicht finde ich einen anderen Platz, wo ich gesund werden kann, jedenfalls vorläufig...."

Der Arzt nickte verständnisvoll und winkte Seto, ihm kurz nach draußen zu folgen, weil er mit ihm noch etwas zu bereden habe. Nachdem die Tür hinter ihnen ins Schloss gefallen war, zwirbelte Dr. Nakagawa seinen Schnurrbart, bevor er sich an den Imperiumsleiter wandte.

"Mr. Kaiba, ich habe eine Frage an Sie und möchte, dass Sie mir eine ehrliche Antwort geben."

"Natürlich."

"Wie stehen Sie eigentlich zu Mr. Wheeler?"

".....Pardon?"

"Ich meine....welche Beziehung haben Sie zu ihm?"

"Warum wollen Sie das wissen?"

"Weil ich glaube, dass Mr. Wheeler jetzt jemanden an seiner Seite braucht, der für ihn da ist, und zwar ausnahmsweise NUR für ihn. Kurz und gut, was ich sagen will, ist folgendes: Ich denke, dass es seiner Genesung zuträglich wäre, wenn er zeitweilig bei jemandem unterkommen könnte, der ihn als das liebt, was er ist."

".....Ich verstehe nicht...."

"Was ist daran nicht zu verstehen, Mr. Kaiba? Mrs. Amber liebt ihn als ihren Neffen und Miss Serenity liebt ihn als ihren Bruder. Aber er braucht jetzt einen Menschen, der ihn als Mann liebt. Begreifen Sie nun?"

"Und....was....hat das....mit mir zu tun?" Seto brachte die Worte kaum über die Lippen, ihm war, als läge sein Herz wie ein aufgeschlagenes Buch vor dem Arzt, der meisterhaft darin zu lesen verstand.

"Ich denke, Sie wissen, was das mit Ihnen zu tun hat. Ich sehe es an Ihren Augen, und nicht zum ersten Mal. Er bedeutet Ihnen sehr viel, habe ich nicht recht?"

".....Ja."

"Dann möchte ich Sie bitten, sich eine Weile um ihn zu kümmern. Richten Sie ihm einen schönen Gruß von mir aus, wenn Sie ihm die Ankündigung machen!" Damit schob er den überrumpelten Jungmillionär zurück ins Zimmer und lächelte zufrieden. Joey musterte seinen Gegenüber fragend, als dieser so plötzlich wieder zu ihm hereinschneite.

"Hat er dir noch etwas über meinen Zustand mitgeteilt?"

"Nein, er....er hat mich gebeten, dass ich für die Dauer deiner Genesung deine....Betreuung übernehme...."

"Willst du das denn?"

".....Was für eine Frage. Ich würde alles für dich tun, Joseph Jay Wheeler....gegen hundertköpfige Drachen kämpfen, wenn es sein müsste....den Ozean durchqueren....die Wüste durchwandern....oder aber....Oder aber ich bin einfach für dich da, halte deine Hand, wie du meine gehalten hast, sorge für dich und beschütze dich....Ich werde nicht zulassen, dass Imhotep dich in die Finger bekommt!! Ich habe dich schon einmal verloren und ich weiß, dass ich es nicht überstehen werde, wenn es sich wiederholt! Dazu....liebe ich dich viel zu sehr...."

"Ich.....ich auch...."

"Was?"
 

Seto hob irritiert den Kopf und blickte direkt in Joeys wunderschöne haselnussbraune Augen. Sanfte Finger streichelten über seine Wangen und umfassten schließlich sein Kinn. Ganz langsam zog der Blonde den anderen zu sich heran, bis ihre Nasenspitzen fast aneinander stießen. Sein angenehmer warmer Atem kitzelte die weiche Haut des Siebzehnjährigen. Dann wiederholte Joey, Wort für Wort, im Flüsterton:

"Ich. Auch. Ich. Liebe. Dich. Auch."

Er konnte ihm nicht antworten, seine Kehle war wie ausgetrocknet. Sein Glück war unermesslich, es drohte ihn zu überrollen wie eine Flutwelle. Er, der große berühmte Seto Kaiba, bekannt dafür, dass er jeden Geschäftspartner mit Leichtigkeit an die Wand spielen konnte, war zum ersten Mal in seinem Leben sprachlos. Als sich zarte Lippen auf die seinen legten, meinte er für einen Moment, zu träumen, doch Joeys gebieterisches Werben, das noch zögerliche, aber eindeutige Fordern, vereint mit einer fleischlichen Süße und schmelzender Zärtlichkeit, all das war viel zu real und berauschte Seto geradezu. Er war seinem Engel unterlegen, aber das störte ihn nicht, für ihn zählte nur die unglaubliche Tatsache, dass sein Geliebter ihn soeben küsste, mit einer Leidenschaftlichkeit, die er nie erwartet hätte. Joey ließ dem Firmenchef keine Gelegenheit, die Dominanz zu erringen, ihre Zungen verbanden sich in einem heißen, sehnsüchtigen Spiel, das alle Emotionen enthemmte, die sie so lange zurückgehalten hatten. Es war ein endlos scheinender Kuss, wie eine Art Droge, von der man, einmal gekostet, nicht mehr genug bekommen konnte. Als sie sich schließlich, mangels Luftzufuhr, voneinander lösten, glühten ihre Gesichter.

"Heute bleibst du noch im Krankenhaus. Ich komme dich nach der Schule besuchen, zusammen mit Mokuba. Morgen kann ich dich dann sicher schon mit zu mir nehmen, wenn Nakagawa-san es erlaubt. Bis heute nachmittag also."

Er drückte ihm zum Abschied einen Kuss auf die Stirn und wollte schon gehen, als der Blonde ihn noch einmal zurückrief.

"Meine Tante nennt mich ,Jay', Serenity sagt ,Großer Bruder' zu mir oder ,Joey'....auch für meine Freunde bin ich ,Joey', wie für Mokuba....Doktor Nakagawa spricht von mir als ,Mr. Wheeler' und mein verfluchter Vater nennt mich ,Joseph'....Aber du....ich möchte, dass du mich als gleichwertig betrachtest und mich dementsprechend anredest....'Joey' klingt ein bisschen kindlich und verspielt....das ist eigentlich nicht deine Art und deshalb sollst du mich auch nicht so nennen. Ich möchte, dass du ,Joe' zu mir sagst. Nur du, niemand sonst."

"In Ordnung. Aber jetzt schlaf noch ein wenig, schließlich bist du verletzt. Ich komme ja bald wieder. Bis dahin....Joe."

Sklavenmarkt

Es geht weiter, jaja, der neue Teil ist da! Ich wünsche Euch viel Vergnügen!
 

Kapitel 14: Sklavenmarkt
 

Imhotep richtete seine dunklen Augen auf Tokyo, die Stadt, die sich nun in seinen Händen befand und schon bald sein Herrschaftssitz sein würde. Er würde endlich den Posten erhalten, der ihm wirklich zustand und Horus würde an seiner Seite sein - der echte Horus, wohlgemerkt, nicht seine Reinkarnation, denn in seinen Augen besass dieser Wheeler nichts von der Eleganz und dem Stolz des Medjai. Aber um den Falken besitzen zu können, musste Joeys Seele verschwinden....Und was seine Rache betraf....nun, es war nur noch eine Frage der Zeit, bis der Pharao und Seth sich in Tokyo einfinden würden....und dann würde er sie vernichten.... Selbstgefällig breitete er seine Arme aus, der dunkelblaue Umhang flog nach hinten und der Unsterbliche rief eine neue Plage herbei....
 

Anderenorts, in Domino City:

Kaiba wusste, dass er eigentlich endlich mit Yugi und Bakura sprechen musste, da sie ein und dieselbe Vergangenheit teilten, aber sein Wunsch, Joey zu sehen, war im Augenblick stärker als seine Vernunft. Der Unterricht verging quälend langsam und der Jungmillionär starrte fortwährend auf seine Armbanduhr. In seinen Gedanken wiederholte sich immer wieder jene atemberaubende, wundervolle Szene, als sein Geliebter ihn geküsst hatte, mit diesen weichen, brennenden, verführerischen Lippen, die ihn beinahe verrückt gemacht hatten. Beinahe? In Wahrheit grenzte es fast schon an ein Wunder, dass er sein Verlangen noch hatte bezähmen können....allerdings, vermutlich hätte der heißblütige Blonde eher dafür gesorgt, dass Seto sich ihm hingab und nicht andersrum. Außerdem hatte er letztens, mitten in einer Konferenz, mal wieder einen Strom an Erinnerungen an damals über sich ergehen lassen müssen....im Grunde war das kein Problem, nur dass sich dieses Mal auch die erste Liebesnacht von Jono und Seth mit eingeschlichen hatte....Das war schrecklich gewesen! Ständig das klare Bild des goldhaarigen Medjai vor dem geistigen Auge, wie er seinen eisigen Priester zum Schmelzen brachte und ihn nach und nach seiner sinnlichen Macht unterwarf....zumal Seths Gefühle und Empfindungen sich auf ihn übertrugen und sein Körper darauf reagiert hatte....Er musste die Konferenz frühzeitig abbrechen und verschob sie auf später....Seto wagte nicht, sich auszumalen, wie es mit dem realen Joey sein würde, wenn schon eine bloße Vorstellung ihn zur maximalen Grenze seiner Selbstbeherrschung trieb....Plötzlich rissen ihn die Worte des Lehrers aus seiner seltsamen Trance. Sie hatten gerade Biologie und offenbar hielt es Mr. Hajime für notwendig, gewagte Theorien über ein Phänomen anzustellen, das Tokyo zur Zeit heimsuchte.
 

"Es ist wirklich ganz und gar außergewöhnlich, meine Damen und Herren. Vor einigen Tagen hat sich das Wasser des Flusses Tone blutrot verfärbt und einige Stunden später klagten Anwohner darüber, dass aus den Wasserhähnen ebenfalls nur eine rote Flüssigkeit gekommen sei. Die Wissenschaftler haben dafür immer noch keine Erklärung gefunden. Nun spitzt sich die Lage in unserer Hauptstadt aber weiter zu, denn wie den Morgennachrichten zu entnehmen war, wird Tokyo jetzt von einer Froschplage heimgesucht. Es ist anzunehmen, dass sich die Tiere aufgrund der Verseuchung des Flusses in die Stadt bewegt haben, aber sie überrennen die Bevölkerung beinahe. Ich höre, wie ist Ihre Meinung dazu?"

Seto warf unweigerlich einen Blick zu Yugi und Bakura hinüber, die sich besorgt ansahen. Als sie seine Augen auf sich spürten, musterten sie ihn eine Weile schweigend, bis ihnen klar wurde, dass Kaiba seine Erinnerungen zurück hatte, denn in diesem tiefen, klaren Blau lag Wissen - ein Wissen, dass Seth einstmals besessen hatte. Yugi biss sich auf die Lippen und seine Hand schnellte nach oben.

"Muto-san bitte!"

"Mr. Hajime....finden Sie nicht auch, dass die beiden Vorfälle eine verblüffende Ähnlichkeit mit denen haben, die in der Bibel zu finden sind? Denken Sie an die legendären zehn ägyptischen Plagen!"

"Hm, eine interessante Vermutung. Aber es ist natürlich unmöglich, dass etwas derartiges passiert! Selbst wenn die Gemeinsamkeiten recht auffällig sind...."

Für drei seiner Schüler allerdings war die Situation völlig klar. Nur einer konnte das Verderben über Tokyo bringen, und das war Imhotep, der damalige Priester, der in seinem Herzen den Wunsch nach Rache trug und nach Jono gierte....er war zurückgekehrt und der Fluch war dabei, sich zu erfüllen....und wenn er auch noch die Armee des Anubis befreite, dann....könnte dies das Ende der bekannten Welt bedeuten und der Schreckensherrschaft eines Unsterblichen weichen....

"Die Gemeinsamkeiten stammen nicht von ungefähr....Etwas....oder jemand....wird diese zehn Plagen über Tokyo ausschütten wie einen Kelch mit Gift....und die Stadt wird sterben...."

Tristan starrte den neben ihm sitzenden Duke entgeistert an. Seit er ihn in der Küche gefunden hatte, mit der Heiligen Schrift in Händen und in diesem merkwürdigen, tranceartigen Zustand, überfiel seinen Geliebten immer wieder die Panik, sobald er im Fernsehen oder im Radio von diesen mysteriösen Geschehnissen in der Hauptstadt hörte....Was war nur los mit ihm?

"Verzeihung? Haben Sie etwas gesagt, Mr. Devlin?"

Der Schwarzhaarige antwortete nicht. Er hockte auf seinem Stuhl, die grünen Augen schienen ungewöhnlich leer und sein Körper zitterte. Tristan erhob sich, schob den Dungeon-Dice-Erfinder von seinem Sitz und meinte: "Ich glaube, Devlin ist nicht gut, Mr. Hajime. Ich bringe ihn ins Krankenzimmer."

"Ja, das wird wohl das beste sein...."

Und schon war der Mottoradfahrer mit seinem Freund zur Tür marschiert und geleitete ihn sanft hinaus. Bakura war fassungslos und Yugi und Seto ebenso. Wie konnte Duke denn nur davon wissen?! Die Worte ihres Lehrers versanken irgendwo im geistigen Niemandsland, während sie gleichzeitig versuchten, sich an etwas aus ihrem früheren Leben zu erinnern, wo Duke aufgetaucht war. Konnte es sein, dass sie einfach vergessen hatten, dass es da noch eine weitere Verbindung gab?
 

Unterdessen hatten Tristan und Duke den Krankenraum erreicht. Der Schwarzhaarige hockte wie ein Häuflein Elend auf dem Bett und blickte betreten zu Boden, als schäme er sich wegen dem, was soeben passiert war.

"Was ist mit dir, Liebling?" erkundigte sich sein Gegenüber in sanftem Ton, eigentümlich bestürzt über das Verhalten seines Koibito. Er fühlte seine Temperatur, konnte jedoch nichts feststellen. Da flüsterte Duke etwas.

"Sag mir....hattest du auch schon einmal den Eindruck, als....als würden wir uns von früher kennen?"

Tristan dachte unweigerlich an jenen Moment, da in seinem Kopf merkwürdige, wie Erinnerungen anmutende Bilder aufgetaucht waren, in denen er sich selbst als römischen Feldherr sah, zusammen mit "Dukedas", seinem ägyptischen Sklaven.

"Um ehrlich zu sein....ja." gab er schließlich zögernd zu, "Aber warum fragst du?"

"Weil....ich in letzter Zeit immer wieder diesen einen Traum habe....Seit ich die Stelle über den blutroten Fluss nachgeschlagen habe, träume ich ihn fast jede Nacht...."
 

~~ DUKES TRAUM ~~
 

Gleißendes Sonnenlicht brannte in den grünen Augen des Ägypters und er musste sie zusammenkneifen vor Schmerz. Die ewiglange Reise in der Galeere, das karge, schlechte Essen, der dunkle Dämmer im Bauch des Schiffes, die schweren Ketten und die erbarmungslose Peitsche des Aufsehers....Warum hatte sein Schicksal diesen Weg eingeschlagen? Sollte er wirklich als Sklave enden, als Fußabtreter irgendeines reichen Mannes? Sein Stolz regte sich. Nein! Lieber brachte er sich zuvor freiwillig um, bevor er verkauft wurde! Eine glühende Hitze stach vom blauen Himmel und der junge Ägypter spürte brennenden Durst in seiner Kehle aufsteigen, während er und seine Mitgefangenen zum Markt geschleift wurden, wo man sie feilbot wie Frischfleisch.

"In die Knie mit euch, faules Lumpenpack!" donnerte der rauhe Bass des Händlers und der Aufseher ließ zum wiederholten Mal seine Peitsche knallen. Der Schwarzhaarige zuckte zusammen, stieß einen verhaltenen Fluch aus und sackte nach unten. Undeutlich vernahm er durch das vielfältige Stimmengewirr und die anderen Geräusche wie das Schnauben von Pferden, die einen Wagen heranzogen, einen begeisterten Ausruf des Kaufmannes, zu dessen "Ware" er zählte.

"Ah, der berühmte Feldherr Tristanus Quintus! Seht Euch nur um, Herr, ich habe gerade einige neue Slaven zugestellt bekommen, aus Ägypten, Syrien und Lybien! Allererster Güte und garantiert gehorsam! Sucht Euch aus, was Euch gefällt!"

Wie von einem rechtlosen Sklaven erwartet, senkten alle die Köpfe, um dem Käufer nicht ins Gesicht zu sehen, denn dies war gleichbedeutend mit einer tödlichen Beleidigung. Der junge Mann aus Alexandria konnte einzig die feinen Ledersandalen erkennen, die dieser Feldherr trug, als er die Reihe der Diener abmarschierte. Sein Name war ihm nicht gänzlich unbekannt, hatte man doch auch in seinem Heimatland von seinen Heldentaten berichtet. Er war neugierig, von welcher Erscheinung ein solcher Mann war, doch er durfte es nicht wagen, das Haupt zu erheben.
 

"Ihr habt Eure Sklaven wieder auspeitschen lassen, nicht wahr, Tullius? Ihre blanken Rücken sind blutverschmiert und ich sehe verkrustete Striemen. Wie viele Männer habt Ihr schon zerbrochen, nur um bedingungslosen Gehorsam zu erzwingen? Ich habe nie Gefallen an Eurem sogenannten "Geschäft" gefunden, aber mit dieser Meinung dürfte ich recht allein stehen. Einmal unter das Joch geführt, sind diese Menschen geknechtet für den Rest ihres Lebens....es gibt Tage, da schäme ich mich, Römer zu sein...."

"Sagt doch so etwas nicht! Wenn solche Reden dem Senat zu Ohren kämen, wäre mehr dahin als Eure Ehre und Euer Ruhm!"

Der Ägypter schwieg erstaunt. Nicht nur, dass der Feldherr eine schöne, warme Stimme besass, seine Worte waren einfach unvergleichlich. Wann hatte er je erlebt, dass ein Römer zugab, dass nicht alles eitel Sonnenschein war unter dem Firmament des hochgeheiligten Imperiums? Er wollte das Antlitz dieses Mannes sehen, er musste es einfach! Zögernd und langsam, dann aber entschieden, schwang sein Kopf nach oben und er tauchte unvermittelt in einem Paar herrlicher brauner Augen ein. Im nächsten Monat traf ihn die Peitsche und er schrie auf. Tullius kreischte empört: "Was fällt dir ein, trotziger dummer Narr?! Hatte ich dir nicht gesagt, dass es dir verboten ist, dem Käufer ins Gesicht zu schauen?! Niemand will einen eigenwilligen, ungehorsamen Bengel wie dich!! Ich werde...."

Tristanus hielt inne, als ihn das faszinierende, unergründliche grüne Licht aus den Augen des Sklaven traf, der dort zu seinen Füßen kniete. Er las einen unbeugsamen Willen darin und verletzten Stolz, er sah einen Mann, der darunter litt, wie ein Stück Abfall behandelt zu werden und der sich im Gegensatz zu den anderen nicht zu fügen gedachte. Er war kräftig gebaut und von edler, schöner Gestalt. Tristanus' Herz schlug schneller, als ihn diese betörenden Smaragde in ihren Bann zogen. Er unterbrach das Gezeter des Händlers und fragte: "Was kostet er?"

"Aber Herr, bei Jupiter, das ist nicht Euer Ernst? Er hat offen gezeigt, dass er widerspenstig ist, er wird Euch gewiss nur Probleme bereiten und...."

"Was kostet er?" wiederholte der Braunhaarige, ohne sich um die entsetzte Miene des Kaufmannes zu scheren. Dieser witterte eine gute Gelegenheit und nannte einen Preis.

"Nun, also....7000 Sesterzen."

"Siebentausend?! Das ist Wucher!!"

"Ihr wolltet seinen Preis wissen und ich habe ihn Euch genannt. Weshalb beschwert Ihr Euch?"

"Siebenhundert, nicht mehr und nicht weniger!"

"Tut mir leid, aber unter Tausend gebe ich ihn nicht her! Ich will entgegenkommend sein und biete daher 4000!"

"Vergesst es!"

"Dann vergesst den Sklaven!"

"....Verflucht sollt Ihr sein, Ihr Gauner! Bei Merkur, viertausend, wenn Euch das genügt!" Tullius grinste verschlagen und empfing mit Freuden den prall gefüllten Beutel mit Geldstücken, der nunmehr den Besitzer wechselte. Der Ägypter wurde von den Ketten befreit und seine Hände statt dessen mit Stricken zusammengebunden. Tristanus packte ihn am Arm und brachte ihn so dazu, aufzustehen. "Wie ist dein Name?"

"...."

"Wie dein Name ist, will ich wissen!"

"Dukedas." erwiderte der Schwarzhaarige letztendlich missmutig, verärgert über sich selbst, da er den Römer attraktiv fand, sich aber nun bewusst wurde, dass er gekauft worden war. Er wollte sich niemandem unterordnen, lieber wählte er den Freitod!

"Du sprichst ja doch Latein. Ich dachte schon, du hättest mich nicht verstanden."

"Ich bin gebildet, ,Herr' - für niedere Dienste bin ich nicht geeignet."

Tristanus merkte, dass das "Herr" in der Anrede nicht ehrlich gemeint war, sondern einfach nur als Floskel gebraucht wurde, ohne ihn aber wirklich als solchen anzuerkennen und er fühlte heißen Zorn in sich aufwallen, da dieser Bursche auch noch die Dreistigkeit besass, ihm zu sagen, wo er ihn zu verwenden hatte. Er holte aus, um Dukedas eine Ohrfeige zu verpassen, als dieser ihm vor die Füße spuckte und Tullius beinahe in Panik geriet, da er fürchtete, der Handel werde rückgängig gemacht. Der Feldherr schnappte nach Luft, so empört war er. Er fixierte den anderen und sie visierten einander lange und herausfordernd an. Dukedas starrte in diese funkelnden Augen, auf das sorgsam frisierte Haar mit dem leichten Glanz und auf diese gefährlich schönen, sinnlichen Lippen und spürte, wie das Verlangen in seinen Lenden hinaufkroch. Eine feingliedrige Hand bog sein Kinn mit gebieterischer Sanftheit nach oben und an dieser Geste erkannte der Instinkt des Ägypters einen Meister, der bereits mehr als einen zärtlichen Sieg errungen haben musste.

"Tu das nie wieder, hast du verstanden? Oder du wirst die Konsequenzen tragen müssen. Ich peitsche meine Diener ungern aus, also sieh zu, dass ich bei dir keine Ausnahme mache!"

"Wie Ihr wünscht, ,Herr'...." Er verneigte sich schwerfällig, wandte seinen Blick aber keine Sekunde von dem aristokratischen Antlitz, das ihm zweifelsohne gefiel, mochte er sich noch so sehr dagegen sträuben.

An jenem Tag ahnte Dukedas es noch nicht, doch von dieser Stunde an sollte sich sein gesamtes Leben verändern, denn sein Herz weigerte sich, seinem Verstand zu gehorchen und verlor sich bereitwillig an Tristanus, ohne sich darum zu kümmern, wie hoffnungslos diese Liebe war....der angesehene Heeresführer und er, ein einfacher Sklave....
 

~~ ENDE DES TRAUMS ~~
 

"Unsere erste Begegnung, die ich immer wieder durchlebe....du zogst mich an und stießest mich zugleich ab....Ich hatte nie einen Mann wie dich gekannt....Meine Gefühle für dich waren eine Mischung aus Begehren und Verachtung....bis die Liebe den Sieg davontrug und ich aufgeben musste....Das, was ich in diesem ,Traum' empfinde, ist viel zu stark, zu intensiv, um bedeutungslos, um unwahr zu sein....Ich glaube, dass er einen Teil meiner Vergangenheit zeigt, mein....unser....früheres Leben....Klingt das verrückt für dich?"

"Hätte ich nicht selbst schon einmal solche....Erinnerungen gehabt, wäre mir deine Geschichte sehr zweifelhaft erschienen, aber so....Es muss eine Erklärung dafür geben, warum wir gerade jetzt an das erinnert werden, was einmal war. Und es gibt wohl einen Zusammenhang zwischen dem und den Geschehnissen in Tokyo....und wir werden herausfinden, welchen!"

Damit beugte Tristan sich vor und küsste seinen Liebsten leidenschaftlich, um ihn von seinen überschatteten Gedanken abzulenken, die seinen Geist verdüsterten wie Gewitterwolken den Himmel. Die beiden merkten es nicht, doch vor dem Fenster des Krankenzimmers hockte auf einem Baum ein imposanter Falke, der sie die ganze Zeit über beobachtet hatte. Nun erhob er sich in die Lüfte und flog über die grauen Dächer der Stadt hinweg zu seinem Bestimmungsort - er landete auf dem ausgestreckten Arm eines jungen Mannes mit sandigem Haar, der ihm liebevoll über das Gefieder streichelte.
 

"Wie Ishizu es erwartet hatte....Ihre Vergangenheit kehrt wieder und der letzte Millenniums-Gegenstand muss überbracht werden...."

"Es ist nicht der letzte, mein Bruder." meinte Ishizu, die in diesem Moment zu ihm trat und ihm die Hand auf die Schulter legte. "Einer befindet sich in den Händen Imhoteps und er trachtet auch nach den übrigen, in denen die Seelen von damals schlummern....Er darf sie niemals bekommen, zu viel hängt davon ab, dass der Pharao und seine Getreuen ihn vernichten....Die zweite Plage ist über Tokyo hereingebrochen. Die Zeit läuft uns davon. Die Reise in die Hauptstadt darf nicht länger hinausgezögert werden."

"Du hast recht, Schwester....aber genau das will Imhotep doch. Tokyo ist dabei, sein Territorium zu werden und das heißt für uns, dass wir uns in die Höhle des Löwen begeben...."

"Aber es geht um das Schicksal der Welt....und um Horus. Einst war er dein bester Freund. Du kannst ihn unmöglich im Stich lassen."

Marik wandte sein Gesicht ab und antwortete nicht. Er hatte Angst vor dem ehemaligen Priester und vor dessen Fähigkeit, sich die geheimsten Sehnsüchte und Wünsche anderer zunutze zu machen und gegen seine Gegner zu richten. Schon einmal hätte er ihm als Osiris einen Dienst erwiesen, hätte seine gute Seite nicht im letzten Augenblick gesiegt....Ja. Er hatte sich in den Palast geschlichen, in Seths Gemächer....und hätte fast vollbracht, wonach Imhotep trachtete.... Wäre Isis ihm nicht gefolgt, er wäre zum Mörder geworden, ausgerechnet er, ein Medjai, der zudem auserwählt worden war, nach dem Tod des Pharaos Grabwächter zu sein....Und Marik fürchtete nichts mehr, als erneut zum Werkzeug des Priesters zu werden....und seinem verderblichen Zauber nicht entfliehen zu können....diesmal....

Zusammenkunft

So, es geht weiter! Ishizu erzählt mal ein bisschen was über die Vergangenheit -was aber nicht heißt, dass alle Zusammenhänge gleich klar sind! Ich muss Euch ja noch zappeln lassen! Viel Spaß beim Lesen!

PS: Noch was - der nächste Teil wird ein Lemon sein, wer ihn also haben will, schickt mir eine ENS. Ich sage aber gleich im Vorfeld: An Leute unter 16 verschicke ich nichts!!!

Außerdem habe ich beim Charakterguide ein paar Bilder durch neue ersetzt, die mir besser gefallen! Guckt einfach mal! ^^ (wird aber noch eine Weile dauern, bis die alten Bilder durch die neuen ersetzt worden sind)
 

Kapitel 15: Zusammenkunft
 

Yugi und Ryo hatten mit Kaiba und Joey ein Treffen vereinbart. Nun warteten beide mit ihren Millenniums-Gegenständen im Museum von Domino-City auf sie, wo die ägyptische Ausstellung noch gastierte. Endlich betraten der Firmenchef und der blonde Duellant die große Halle mit den Kunstschätzen und steuerten auf die Wartenden zu. Joey war immer noch ein wenig angeschlagen, wohnte aber - mit dem Einverständnis von seiner Tante Amber - nun bei Seto und Mokuba. Obwohl seine Verletzungen ausreichend verheilt waren, schmerzten sie nach wie vor, wenn auch nur ein bisschen. Wie Yugi sie gebeten hatte, hatten sie ebenfalls den Stab und das Henkelkreuz mitgebracht.

"Ich denke, wir wissen alle, warum wir uns getroffen haben", begann Bakura ohne Umschweife. "Wir sind hier zusammengekommen, um über jene Vergangenheit zu sprechen, die uns verbindet und um unsere nächsten Schritte zu planen. Folgt uns."

Gesagt, getan. Die vier jungen Männer durchmaßen die unterschiedlichen Säle, allerdings mit einem bestimmten Ziel - dem Büro des Verantwortlichen für die ägyptische Sammlung. Als sie in den geschmackvoll eingerichteten Raum hineingingen, erkannten sowohl Seto als auch Joey jemanden, mit dem sie indirekt gerechnet hatten: Ishizu und Marik.

"Endlich begegnen wir uns einmal alle zur gleichen Zeit an ein und demselben Ort. Mein Bruder und ich haben lange darauf gewartet. Es tut not, zu überlegen, was unternommen werden muss, um Imhotep aufzuhalten. Zu diesem Zweck habe ich noch zwei weitere Gäste eingeladen, die ihr gut kennt. Ihr könnt hereinkommen."

Die Tür öffnete sich und zögernd und verunsichert schoben sich Duke und Tristan hinein. Der Dungeon-Dice-Erfinder hielt eine Waage in der Hand und um den Hals des Motorradfahrers war eine goldene Kette geschlungen, deren Anhänger das traditionelle ägyptische Auge zeigte. Die übrigen Anwesenden, außer den Geschwistern, schnappten nach Luft.

"Was hat das zu bedeuten?" entfuhr es Joey. "Soll das etwa heißen, die beiden spielen auch eine Rolle in dieser ganzen Geschichte?"

"Ja. Ihr erinnert euch nur nicht mehr daran, weil ein Teil eures Wissens immer noch verschüttet ist. Und was Tristan und Duke angeht, so haben sie zwar bereits Träume von damals gehabt, ohne jedoch im Ansatz zu begreifen, wie wichtig sie sind."

"Das kann man wohl sagen! Ich hätte ja nicht gedacht, dass ihr auch mit diesem Reinkarnationsunsinn zu tun habt! Und dann diese Kette....ich verstehe immer noch nicht, warum ich sie immer bei mir tragen soll...."

"Wegen demjenigen, der nach fünftausend Jahren zurückgekehrt ist, um seine Rache zu vollziehen."

"Uh? Das klingt irgendwie gar nicht gut...."
 

"Obgleich die meisten von uns wissen, was sich zugetragen hat - größtenteils zumindest - will ich dennoch die Fäden der Vergangenheit wieder aufnehmen und erneut zu einem Flechtwerk zusammenknüpfen, um jeglichen Zweifel und jegliche Frage aus der Welt zu schaffen. Wir alle, die wir hier versammelt sind, haben schon einmal gelebt, in einer Zeit, die man heute nur mehr in den Geschichtsbüchern findet. Pharao Atemu regierte von Alexandria aus das gesamte Land des Nils und er war ein tapferer und guter Herrscher, unerbittlich gegen seine Feinde, treu zu seinen Freunden, groß in der Schlacht und gerecht im Frieden. Unterstützt und behütet wurde er von den Gotteskriegern, der Leibwache des Pharaos, den sogenannten Medjai. Diese Kämpfer hatten den heiligen Eid geschworen, den König, dem ihre unumstößliche Loyalität galt, unter Einsatz ihres Lebens zu beschützen. Anführer dieser Soldaten war Jono, genannt ,Horus', der für seine Geschicklichkeit mit dem Schwert, seinen Heldenmut und sein stolzes Herz berühmt war. Marik, mein Bruder, war in jenen Tagen sein bester Freund und ebenfalls Mitglied der Medjai, doch damals hieß er noch Osiris. Ich, Priesterin Isis, diente dem Gott Amun-Ra in seinem Tempel, unter der Aufsicht des engsten Vertrauten des Pharaos - des Oberpriesters Seth, der dem Herrscher als unverzichtbarer Berater zur Seite stand. Und noch jemand pflegte durch die Straßen Alexandrias zu wandern, meistens des nachts und auf geheimen Pfaden....der berüchtigte Dieb "Der Schwarze Skarabäus", dessen eigentlicher Name Aton lautete....er machte sich einen Spaß daraus, Polizei sowie Medjai an der Nase herumzuführen und sich zu bereichern, bis er einen Fehler beging und vor Atemu geschleift wurde...." (s. Teil 8)

Bei diesen Worten errötete Ryo ein wenig und schielte verstohlen zu Yugi hinüber, der nur zu gut wusste, woran der Weißhaarige sich gerade erinnerte: An ihre erste Begegnung, da sie einander in die Augen geblickt und sich in denen des jeweils anderen verloren hatten....Ishizu redete weiter, insbesondere Tristan und Duke starrten sie durchdringend an.

"Ägypten befand sich zu Beginn der Katastrophe in einer schwierigen Situation. Der ehrgeizige Skorpionkönig strebte nach Macht und hatte bereits El Dikheila eingenommen, eine Stadt nicht unweit von Alexandria. Atemu ersuchte um Friedensverhandlungen und sein Gegner willigte ein, denn der Pharao wünschte keinen Krieg im eigenen Land und kein neues Blutvergießen, hatte die letzte Schlacht vor acht Jahren, bevor der alte Pharao gestorben war, unlängst genug Opfer gefordert, als dass Atemu eine Wiederholung der Gräuel gewollt hätte. Zu jener Zeit verliebte sich ein junger Priester namens Imhotep in den strahlenden Anführer der Medjai....und der Skorpionkönig rückte entgegen der Abmachung mit seinen Truppen vor die Tore der Hauptstadt. Viel hing von einem gelungenen Empfang des feindlichen Fürsten ab und von einem reibungslosen Ablauf, weshalb Atemu seine beiden vertrauenswürdigsten Männer mit den Vorbereitungen betraute - Seth und Jono. Doch noch ein weiterer Gesandter fand sich am Hofe des Lichts von Ägypten ein....ein Gesandter aus dem fernen Rom, der aufstrebende, erfolgreiche Feldherr Tristanus Quintus, vom Senat an die Ufer des Nils entsandt, um Ägypten als Verbündeten zu gewinnen, Handelsbeziehungen auszubauen, die gegenseitige Stärke auszukundschaften....kurz, es war eine diplomatische Mission. Begleitet wurde er von einigen seiner eigenen Soldaten sowie einem kleinen Teil seiner Dienerschaft - unter anderem dem ägyptischen Sklaven Dukedas, der dem Haushalt vorstand und für seinen Herrn als Dolmetscher fungieren sollte. Zwar beherrschte der Feldherr bis zu einem gewissen Grad Ägyptisch - Dukedas hatte ihn unterwiesen -, doch seine Kenntnisse genügten nicht, um mit Atemu zu sprechen. Trotz der Verständigungsbarriere gelang es ihm, zu dem Pharao eine respektable Beziehung zu errichten, wie auch zu Jono, in dessen Kaserne seine Soldaten für die Dauer seines Aufenthaltes Quartier bezogen hatten. Durch die Bedrohung, die der Skorpionkönig darstellte, war die Lage schon kompliziert genug, doch es gesellten sich auch noch Imhoteps Neid und Eifersucht hinzu. Neid, da er den Posten des Oberpriesters nicht bekommen hatte, was er dem Pharao außerordentlich übel nahm und Eifersucht auf Seth, der ihm nicht nur den Titel gestohlen hatte, der ihm aus seiner Sicht zustand, sondern weil er mit dem Mann eine Liebesbeziehung führte, den er selbst begehrte. Und Empfindungen wie diese können gefährlichen Zorn wecken und den Wunsch nach Rache. Gepaart mit der gefährlichen Intelligenz und Durchtriebenheit Imhoteps entwickelte sich die Saat einer weiteren Katastrophe - er hätte alles getan, um Atemu und Seth zu vernichten und ihnen Leid zuzufügen....
 

Er begann seine Rache mit der Entwendung eines goldenen Pokals aus dem zukünftigen Grabschatz des vorangegangenen Pharaos und schob diesen Diebstahl Aton in die Schuhe, denn er wusste um die heimliche Liebe zwischen ihm und Atemu. Alles sprach gegen den "Schwarzen Skarabäus" und so musste ihn der König, wie Gesetz und Öffentlichkeit es von ihm verlangten, in den Kerker werfen lassen. Zu allem Überfluss erwiesen sich die Vorbereitungen für den Friedensempfang als nutzlos, denn der Skorpionkönig hatte lediglich aus Berechnung zugestimmt und einzig auf die Verstärkung gewartet, um Alexandria angreifen zu können. Seine Truppen und der Pharao und die Medjai trafen in einer gewaltigen Schlacht aufeinander, die sieben Tage dauerte (im Film sind's sieben Jahre, das ist zu lang für den Verlauf dieser FF) und mit einer Niederlage des Skorpionkönigs endete. Er zog sich mit den Überlebenden in die Wüste zurück, doch einer nach dem anderen kam unter den Strahlen der sengenden Sonne jämmerlich um, bis nur noch er selbst übrig war. In seiner Verzweiflung, seiner Enttäuschung und seiner Wut ging er einen Pakt mit dem Gott Anubis ein: Er sollte ihm das Leben retten und ihm die Macht verleihen, seine Feinde zu besiegen. Im Austausch dafür sollte der Gott seine Seele erhalten. Anubis akzeptierte den Handel und schuf aus dem trockenen, heißen Sand die Oase Ahm Shere, die seinen neuen Günstling mit allem nötigen versorgen sollte.

Unterdessen spitze sich die Situation innerhalb der Stadt weiter zu, denn Imhotep hatte mittlerweile eine regelrechte Besessenheit ergriffen, was Jono anging. Er rief Seth und den Krieger unter einem Vorwand in einen abgelegenen Teil des Palastes und tötete Jono - hinterrücks."
 

Yugi unterbrach Ishizu und starrte sie fassungslos an. "Aber....wenn er ihn geliebt hat, wieso hat er dann....? Hätte nicht Seth sein Ziel sein sollen?"

"Menschen wie er sind schwer zu verstehen, mein Gebieter. Wie ich schon sagte, hatte sich seine Liebe in etwas Falsches, Unnatürliches verkehrt....Jono war für ihn mehr wie ein Gegenstand, den er besitzen musste, unbedingt und um jeden Preis....und da er ihn nicht bekommen konnte, sollte ihn außer ihm auch kein anderer haben....Darüber hinaus wollte er den Oberpriester leiden sehen....Die Tat blieb nicht unbemerkt, Imhotep wurde gefasst und nach seinem Geständnis wurde Aton wieder freigelassen, da nun der wahre Dieb gefunden war. Osiris wurde zum neuen Anführer der Medjai ernannt, doch diese Ehre erfüllte ihn weder mit Stolz noch mit Freude, da er seinen besten Freund verloren hatte. Der betrügerische Priester wurde für seine Verbrechen zum Hom-Dai verurteilt (fragt mich bloß nicht, wie man das schreibt, ich habe keine Ahnung), dem schlimmsten aller altägyptischen Flüche. Für Seth stellte dies jedoch keinen Trost dar, denn sein Geliebter würde dadurch nicht zurückkehren. Ich fand ihn einige Tage nach dem Richterspruch in seinem Gemach, hoheitsvoll in all seiner priesterlichen Würde, gekleidet in die prunkvollste Robe, mit dem hohen Hut und dem Stab auf der Brust. Er hatte seinem Leben durch Gift ein Ende gesetzt."

Bei diesen Worten packte Joey automatisch die Hand Kaibas und drückte sie fest, dass es schmerzte. In seinen Augen war die stumme, einfache Frage zu lesen: "Warum?" Der Jungmillionär begriff die Botschaft und flüsterte sanft: "Frage mich nachher noch einmal, dann will ich dir antworten."

Ishizu nahm den Faden ihrer Geschichte wieder auf und ihr Blick verdüsterte sich noch mehr. "Ich, Isis, wurde nun zur Oberpriesterin, doch auch ich fühlte keinerlei Befriedigung, keine Erfüllung. Und es kam noch schlimmer, denn der Skorpionkönig kehrte zurück....und mit ihm die Armee der Schakale von Anubis. Mein Bruder und der Pharao zogen erneut in den Kampf, während ich in meinem Tempel blieb und für unsere Errettung betete. Doch sosehr ich auch hoffte und bangte, meine Rufe wurden nicht erhört - Alexandria fiel an einem Tag. Nachdem die Schakale ihre Aufgabe erfüllt hatten, zwang Anubis den Skorpionkönig jedoch, ihm für alle Zeiten zu dienen und schickte seine Armee in die Tiefen der Sandwüste zurück, aus der sie gekommen war und wo sie seit damals schweigend wartet, bis man sie erneut ruft.... Zurückgelassen hatten diese Krieger, die gleich einer schwarzen Flutwelle über uns hereingebrochen waren, gar nichts....nichts bis auf den Tod. Jetzt, fünftausend Jahre später, ist Imhotep gemäß dem Fluch wieder zurückgekehrt, als Unsterblicher....er trachtet nach Rache und nichts könnte seiner Machtübernahme dienlicher sein als eben jene Armee, die uns das Verderben brachte....Wir sind die einzigen, die ihn aufhalten können."

Tristan pfiff durch die Zähne und fuhr sich hektisch durch das braune Haar. "Das ist vielleicht eine Story....aber warum sind auch Duke und ich wiedergeboren worden, obwohl wir doch kaum etwas mit der eigentlichen Katastrophe oder diesem verdammten Priester zu tun hatten?"

"Du hast Jono deine Soldaten zur Verfügung gestellt und Seite an Seite mit ihm in der ersten Schlacht gegen den Skorpionkönig gekämpft. Duke hingegen gelang es, ein Attentat auf Atemu zu verhindern, dass als Unfall geplant war....Eure Rollen in dieser Geschichte mögen geringer gewesen sein, aber sie waren dennoch von Bedeutung. Wenn das Schicksal seine Hände im Spiel hat, ist nichts unwichtig...." Ihre Lippen verbreiterten sich zu einem geheimnisvollen Lächeln. Stille erfüllte den Raum.
 

Schließlich löste sich die Versammlung nach und nach auf, denn diese Erzählung musste erst einmal verdaut werden. Später würde man sich noch einmal zusammensetzen und die nächsten Schritte planen. Yugi und Ryo hatten den Park aufgesucht, um ihre Gefühle zu ordnen, denn dass ihre früheren Seelen aufgewühlt waren durch diese Rekapitulation ihrer Vergangenheit, war deutlich zu spüren. Das Millenniumspuzzle und der Ring glühten auf und der Pharao und der Dieb erschienen auf der Bildfläche. Bakura betrachtete Yami sehr lange, als hätte er ihn nie zuvor gesehen. Er prägte sich jede Einzelheit ein, die er zu lieben gelernt hatte - die hohe Stirn, das wilde, schwarze, rote und zugleich blonde Haar, die unergründlichen Augen in der Farbe von Amethyst, die etwas kantige Nase, den sinnlichen Mund, das spitze Kinn, den schlanken, biegsamen Körper, der überraschend sehnig und muskulös war, die feingliedrigen Hände mit den langen, beinahe weiblichen Fingern....Wie hatte Ishizu ihn beschrieben? //Ein tapferer und guter Herrscher, unerbittlich gegen seine Feinde, treu zu seinen Freunden, groß in der Schlacht und gerecht im Frieden.// Ja - der einzige Mann, den Aton jemals als seinen Herrn akzeptiert hatte....der einzige Mann, den er je geliebt hatte....

Yami schwieg ebenfalls, musterte die anmutige Gestalt vor sich, das lange schneeweiße Haar, die dunkelbraunen Augen mit dem feurigen Glanz, die Haut wie aus Perlenstaub, die kecke Nase, die sündigen Lippen....Seine Knie wurden weich wie Wasser, als der andere ihn anstarrte, wie aus unüberwindlichen Höhen herunter oder von unerforschten Tiefen herauf. Da stand er, dieser ungehobelte, leidenschaftliche, hitzige, unverschämte, rastlose, verschlagene Rebell und forderte ihn mit den Blicken heraus....wie er ihn liebte....Er trat auf Bakura zu und hob sein Kinn sacht an. "Du bist die verbotendste Frucht, die ich kenne...." hauchte er verführerisch, "....aber dein Geschmack ist auch der süßeste...."

Sie tauschten einen innigen, brennenden Kuss, der Verlangen und Sehnsucht in ihnen entfachte. Ein warmer Wind wehte durch die Bäume, irgendwo lachten Kinder, doch die beiden bemerkten es nicht. Für einen scheinbar endlosen Moment war die Realität um sie herum verschwunden....
 

Seto und Joey waren wieder bei der Kaiba-Villa angelangt und der blonde Duellant stand gerade draußen auf dem Balkon im dritten Stock, der zum Schlafzimmer des Firmenchefs gehörte. "Warum?" wiederholte er seine Frage von vorhin und drehte sich zu dem Brünetten, der lässig am Geländer lehnte, den Kopf in den Nacken gelegt und die Augen geschlossen hatte, während die leichte Sommerbrise mit seinen Haaren spielte. Er sah aus wie ein Model.

"Warum was?"

"Warum hast du damals Selbstmord begangen? Es passt nicht zu dir, einfach davonzulaufen! Weshalb hast du den Freitod gewählt?"

"Es gibt da einen sehr schönen Spruch, den ich mal irgendwo aufgeschnappt habe", erwiderte Seto, als hätte er Joey nicht verstanden. "Ungefähr so: ,Eines Tages wirst du mich fragen, wen ich mehr liebe, dich oder mein Leben. Ich werde antworten: Mein Leben und du wirst mich verlassen, ohne zu wissen, dass du mein Leben bist.' Das ist der Grund. Nachdem du tot warst, erschien mir alles so....sinnlos. Ich hatte nichts mehr, was mich im Diesseits hielt. Dein Fehlen verursachte in meinem Inneren eine große Leere....ich konnte deinen Verlust einfach nicht ertragen, denn du....du warst mein Leben...."

"Idiot." gab Joey zurück, doch diese Entgegnung bewegte ihn zutiefst. Seth musste Jono sehr geliebt haben...."Idiot." meinte er noch einmal. "Aus Liebe zu sterben, nur, um bei diesem Menschen sein zu können....wie bescheuert....kann einem jemand anderes denn so viel bedeuten? Ist ja fast wie bei Romeo und Julia....dabei habe ich doch für so einen Schmalz überhaupt nichts übrig...."

"Soll ich dir das glauben, Joe?"

Kaiba schlang seine Arme von hinten um die Taille seines Koibito und bettete sein Kinn auf der weichen, kräftigen Schulter. Der Blonde wandte ihm sein Gesicht zu und Seto erkannte die winzigen Tränen in den schönen Augen. Zärtlich wischte er sie fort und streichelte seinem Engel über die Wange. "Seth hat diesen stolzen, temperamentvollen Falken mit jeder einzelnen Faser seines Geistes, seiner Seele und seines Körpers geliebt....er war sein Tag, seine Nacht, seine Sonne, sein Mond, seine Luft, sein Atem, sein Ein und Alles....Ohne Jono konnte und wollte er nicht mehr leben....und ich glaube, dass auch ich nicht mehr ohne dich sein könnte....

Du darfst mich niemals allein lassen, ja? Ich hasse die Dunkelheit in meinem Herzen, die von der Einsamkeit regiert und geschaffen wird...."

"Hab keine Angst, Geliebter. Ich werde....dein Licht sein...."

Eine Weile noch blickten sie einander in die Augen. Blau tauchte in Braun, Braun in Blau, Wasser in Erde, Erde in Wasser. Die prickelnde Anziehung zwischen ihnen war fast übernatürlich greifbar, plastisch. Dann explodierte der glimmende Funke und wurde zu einer lodernden Flamme; ihre Lippen verschmolzen fast gleichzeitig miteinander, ein heißer, leidenschaftlicher Kampf begann, den Joey rasch für sich entschied. Seto gab sich diesem berauschenden, unfasslich mächtigen Gefühl hin, genoss die unnachgiebige Inbesitznahme durch seinen unbezähmbaren Falken und ließ es zu, unter das sinnliche Joch dieses Kriegers gezwungen zu werden. Er trank die Liebe von jenen vollendet geschwungenen, fleischigen Lippen, denen bebendes Leben, die Macht zur Verführung innewohnte. Endlich löste sich Joey von dem jungen Imperiumsleiter und küsste dessen Nasenspitze. Seto war noch wie betäubt und setzte sich auf einen der beiden Stühle, die auf dem Balkon standen.

"Joe....ich...."

Der blonde Duellant schwang sich auf Kaibas Schoß und berührte seinen Mund mit dem Zeigefinger. Sein Blick wirkte eigenartig verträumt, verschleiert sogar, doch war er voller Zärtlichkeit. "Imhotep wird uns nicht noch einmal auseinander reißen....Ich werde es nicht zulassen, auf keinen Fall....Wir gehören zusammen....für immer...."

Past (1)

[Dieses Kapitel ist nur Volljährigen zugänglich]

Joeys Geburtstag

Hier geht's auch endlich weiter! ^^ Mein Gott, bei mir zu Hause ist die Hölle los - wie ziehen um und diese ganze Räumerei...es ist nicht mehr lustig...und dann am Umzugstag muss ich eine Klausur schreiben! (LK Deutsch - 200 Min. Mit fällt jetzt schon der Arm ab, wenn ich nur daran denke!)

Egal, jedenfalls wünsche ich Euch viel Spaß mit diesem Teil!
 

Kapitel 17: Joeys Geburtstag
 

Yugi blickte mit einem unzufriedenen Aufseufzen auf den Fernsehbildschirm. Ryo stand hinter ihm und hielt ihn umschlungen. Es liefen Nachrichten und man zeigte mehrere Bilder von Tokyo, das nun, nachdem es bereits von Fröschen heimgesucht worden war, einer Stechmückenplage zum Opfer fiel.

"So schlug er den Staub der Erde, und es kamen Stechmücken über Menschen und Vieh. Aller Erdenstaub wurde im ganzen Ägypterland zu Stechmücken." zitierte Yugi aus der Bibel und schmiegte sich enger an seinen Liebsten. Er spürte die stärker werdende Kraft Imhoteps in jeder Faser seines Körpers und wusste genau, dass all jene, die dieser Kampf betraf, bald in die Hauptstadt würden reisen müssen, die stellvertretend für Alexandria vernichtet werden sollte. Und wenn der Priester erst einmal die Armee des Anubis befreit hatte....aber dafür benötigte er die Millenniumsgegenstände, und er besass im Moment nur einen einzigen davon, nämlich das Auge, das einst Pegasus gehört hatte.

"Ich kann deine Besorgnis fühlen, koibito. Was ist mit dir? Kann ich denn gar nichts tun, um dich ein bisschen fröhlicher zu stimmen?" flüsterte Ryo ihm ins Ohr und küsste sanft seine Schläfe. Yugi wandte sich ihm zu, zwirbelte eine der weißen Haarsträhnen mit seinen Fingern und zog den anderen nahe zu seinem Gesicht. Ihre Lippen berührten sich flüchtig, als plötzlich Großvater Muto zur Zimmertür seines Enkels hereingeschneit kam.

"Yu....! Yu....?!?!?!?!?!" war alles, was er hervorbrachte. Bis in die Knochen erschrocken, lösten sich die beiden Jungen voneinander, rot angelaufen wie überreife Tomaten.

"Äh, Opa, weißt du, ich kann dir das erklären, ehrlich....!!!!"

"Hören Sie, Mr. Muto, ich, äh, also sehen Sie....ich bin....gewissermaßen...."

Doch der alte Mann schien noch gar nicht zu sich gekommen zu sein, sein Mund stand nach wie vor offen und seine Augen waren vor Angst geweitet.

"Von....von euch....kann keine Rede sein....!" keuchte er hervor, schreckensbleich und zitternd, als erhebe sich der personifizierte Tod hinter dem jungen Paar. Wie auf Kommando drehten sie sich um und erkannten voller Entsetzen eine riesige schwarze Kobra, die sich durch das geöffnete Fenster geschlängelt haben musste. Ihre scharfen spitzen Zähne, perfekte Giftspritzen der Natur, schimmerten tödlich im Licht der Deckenlampe und ihre Schuppen und der bedrohliche Hautkamm erinnerten eher an einen Drachen als an eine normale Vertreterin der beinlosen Reptilien. Sie griff an und zerbiss die Lehne des Schreibtischstuhls, den Ryo sich als Deckung ausgesucht hatte. Großvater Muto war bewusstlos geworden. Umso besser für seinen Enkel und dessen Freund, denn auf diese Weise bekam er ihre Verwandlung nicht mit. Puzzle und Ring glühten auf und der Pharao und der Grabräuber betraten die Szene.
 

Yami erbat sich von seinen Mächten, die ihm innewohnten, ein Schwert, während Bakura nach einem ägyptischen Säbel verlangte. Mit diesen Waffen ausgestattet, attackierten sie das gefährliche Biest und führten es schließlich einen Stock weiter nach oben, auf das Dach hinaus, damit es die Wohnung nicht allzu sehr beschädigte. Die Schlange war bemerkenswert geschickt, sie nutzte ihren monströsen Körper als Peitsche, die gnadenlos auf die zwei Seelen der Vergangenheit herniederstieß und spuckte ihr Gift auch pur.

>>Vater<<, dachte Yami, während ihm erste Schweißperlen über die Stirn rannen, >>gebe Amun-Ra, dass ich noch nicht alles verlernt habe, was du mir beibrachtest. Die zahlreichen Trainingsstunden, in denen du mich ihm Schwertkampf und waffenloser Verteidigung unterwiesest....wir hatten unseren Spaß zusammen, obwohl du mich niemals geschont hast, aber so ist ein guter Herrscher aus mir geworden und dafür bin ich dir auch nach 5000 Jahren noch dankbar....Gib mir Kraft!<<

Bakura überschlug sich ein paar Mal, um den grausamen Beißern zu entgehen und schwang seine Klinge in einem weit ausholenden Bogen. Er traf die Kreatur am hinteren Ende und hinterließ eine tiefe Fleischwunde. Die Kobra schrie auf vor Schmerz, fauchte wie rasend und wirbelte ihren Schwanz zornig herum, um es ihrem Gegner heimzuzahlen. Der Dieb konnte nicht mehr rechtzeitig ausweichen und wurde frontal von dem Hieb erwischt, der ihn mit voller Wucht vom Dach warf.

"ATON!!! NEIN!!!"
 

Seto und Joey ahnten davon nichts. Anlässlich des siebzehnten Geburtstages des Blonden gingen sie an diesem Abend groß aus, nachdem sie nachmittags bereits im Eiscafé "Giovanni" gewesen waren und zusammen einen Wahnsinns-Bananensplit vertilgt hatten. Der Brünette hatte zur Feier des Tages eines der schicksten und teuersten Restaurants von ganz Domino City ausgesucht und Joey gingen förmlich die Augen über, als sie das Lokal betraten und von einem in Ehren ergrauten Kellner begrüßt wurden, der Seto offensichtlich schon kannte, seit er sechs Jahre alt war.

"Ah, Master Kaiba! Wie freue ich mich, Sie wiederzusehen! Wie geht es Ihrem kleinen Bruder?"

"Mokuba erfreut sich bester Gesundheit, danke sehr. Er hat sich übrigens auch sehr über den Süßspeisenkorb gefreut, den Sie ihm zu seinem Geburtstag geschickt haben, Benjamin. Er läßt Sie grüßen."

"Schön, schön, gut zu wissen, dass alles in Ordnung ist. Ich habe Ihnen Ihren Lieblingsplatz reserviert, wenn es Ihnen recht ist. Und dieser junge Gentleman hier ist....?"

"Joseph Wheeler, ein sehr....enger Freund von mir, wenn Sie verstehen?"

Er zog eine Augenbraue nach oben und der alte Benjamin begriff, hatte er doch verschiedentlich schon den Ersatzvater für den Jungen geben müssen, vor allem, als dieser zu erkennen begann, dass er mehr Interesse für das eigene Geschlecht zeigte. Er maß den Blonden mit einem Kennerblick ab und lächelte schließlich. Das war der Richtige für Seto!
 

Der Kellner führte die beiden in einen abgelegenen Teil des Restaurants, der gut vor den neugierigen Augen anderer Gäste geschützt war und zündete die Kerze auf dem Tisch an. Danach reichte er ihnen die Speisekarte und sagte: "Ich werde Sie heute abend bedienen. Rufen Sie, wenn Sie gewählt haben."

Damit ließ er sie allein und das Paar versenkte sich für einen Moment in der Lektüre der unterschiedlichen Gerichte, bis sie wussten, was sie essen wollten.

"Die Atmosphäre hier ist so gediegen und vornehm....ich habe das Gefühl, gar nicht hierher zu gehören....na ja, ist nun mal nicht mein Milieu...."

"Du irrst dich, Joe. Benjamin ist ein sehr guter Freund von mir und er hat dich vorhin an der Eingangstür abgeschätzt. Da du seinem kritischen Blick standgehalten hast, darfst du dich als akzeptiert betrachten."

"Ehrlich?"

"Natürlich. Ein attraktiver Mann wie du hat überall Chancen!" bemerkte Seto im Ton leichter Konversation, beugte sich vor und drückte seinem Gegenüber einen flüchtigen Kuss auf die Lippen.

"So? Du findest mich attraktiv? Seit wann denn das?"

"Immer schon. Habe ich dir nicht bereits gesagt, dass du schön bist?"

"Zugegeben....Du, Seto-chan?"

"Hm?"

"Miss Yamada war ziemlich erstaunt, dass du heute im Englisch-Unterricht überhaupt nicht vorbereitet warst. Zumindest konntest du dich nicht einmal auf ihre Vokabel-Fragen konzentrieren, was sogar ich geschafft hätte und das will was heißen. Was war denn los?"

"Äh....also....ich hatte Erinnerungen an damals...."

"Na und? Haben dich die Bilder in deinem Kopf so abgelenkt?"

"Stell dir eine leidenschaftliche Liebesnacht zwischen Jono und Seth vor und du kannst in etwa erahnen, wie unermesslich glücklich ich war, zu diesem Zeitpunkt in der Schule mitten in der Abfrage zu sitzen!"

"Okay, das entschuldigt dich!" erwiderte Joey mit einem verschmitzten Grinsen. Benjamin kam und nahm ihre Bestellung auf sowie den Weinwunsch, den besten Jahrgang Bordeaux, den sie auf Lager hatten.

"Stürzt du dich auch nicht zu sehr in Unkosten für mich?"

"Nein. Ich habe die Operation von Serenity bezahlt, die sicher weit teurer war. Ich wollte, dass dieser Abend einfach perfekt ist. Lassen wir einmal unsere Sorgen und vor allem Imhotep hinter uns und genießen einfach unsere gemeinsame Zeit."

"Sehr gern."
 

Nachdem die Herrschaften genüsslich gespeist und das Essen mit einem Glas köstlichen Weines beendet hatten, umgeben von Kerzenschein und leiser Musik, verabschiedeten sie sich von dem freundlichen alten Herren, der sich erst vor Kaiba und danach ebenso tief vor Joey verneigte. "Sie sind der Richtige für ihn, mein Junge!" fasste er sein gedankliches Urteil noch einmal in Worte und winkte ihnen zu, als sie nach Hause gingen. Hand in Hand kehrte das Paar in die Villa zurück, Mokuba übernachtete heute bei einem Schulfreund.

"Bist du schon müde?" erkundigte sich Seto bei seinem Schatz, doch dieser schüttelte den Kopf. Zur Verwunderung des Braunhaarigen zog ihn der andere in Richtung Terrasse, von wo aus man den gepflegten Garten mit dem Swimmingpool betreten konnte. Die Luft war mild, die Nacht sternenklar und der Mond hing wie eine silberne Perle am Firmament. Ein sanfter Wind spielte mit den Blättern der Bäume.

"Lass uns noch ein bisschen schwimmen." hauchte Joey seinem Liebsten ins Ohr und fing an, sich seines Smokings zu entledigen. Seto verfolgte die geschmeidigen Bewegungen des Blonden, während er sich entkleidete. Zum Schluss glitten seine Boxershorts auf den Rasen und der junge Mann kletterte in das angenehme Wasser.

"Was ist? Willst du nicht reinkommen?"

Der Firmenchef antwortete nicht, sondern begann stumm, sich nun auch auszuziehen. Joey beobachtete ihn lächelnd und quietschte erschrocken, als der Brünette mit einem Satz ins Becken sprang. Als er auftauchte, warf er den Kopf zurück, sodass die Tropfen flogen und er blickte in das klatschnasse Gesicht eines erbosten Duellanten.

"Was fällt dir denn ein? Hat man dir nicht beigebracht, nicht vom Rand ins Wasser zu springen? Du bist schlecht erzogen!"

"Hm, bist du sauer?"

"Logisch, wärst du auch, wenn du unvorbereitet nass wirst!"

"Aber es war deine Idee, oder nicht?"

"Auch wieder wahr....trotzdem, ich kann mich nicht entschließen, dir zu verzeihen!" meinte der Blonde mit einer Schnute, mit der er einfach zu niedlich aussah. Seto lächelte und schwamm näher an ihn heran.

"Tatsächlich? Und jetzt?" fragte er zärtlich und küsste den anderen behutsam auf den Mund.

"Noch nicht."

"Verstehe...." Kaiba versiegelte ihre Lippen ein weiteres Mal, diesmal fester und verlangender. Joey legte seine Arme um seinen Nacken und wagte ein schmales Grinsen.

"Na schön....ich verzeihe dir doch....vielleicht."

"Immer noch nicht überzeugt, mein Schöner? Du machst es mir wirklich schwer...." Ein drittes und letztes Mal trafen sich ihre Lippen und diesmal war es ein richtiger Kuss, tief, innig und leidenschaftlich. Seto gelang es für eine Weile, den Zungenkampf für sich zu entscheiden, doch nach und nach unterjochte ihn Joey, fuhr mit seinen schlanken Fingern durch das wirre nasse Haar des Millionärs und streichelte die feuchte Haut seines Rückens. Sie trennten sich erst, als ihnen die Luft allmählich knapp wurde.

"Ich verzeihe dir."

"Du mir? So wie du mich geküsst hast, hätte man meinen können, ich müsste dir etwas vergeben."

"Hat's dir nicht gefallen?" erkundigte sich Mr. Red-Eyes-Black-Dragon mit unschuldigem Augenaufschlag, wofür er einen vorwurfsvollen Blick erntete.

"Wie kannst du bloß so eine bescheuerte Frage stellen?"

Seto näherte sich ihm bedrohlich und tauchte ihn plötzlich ohne jede Vorwarnung unter. Joey quiekte und strampelte wild mit Armen und Beinen, bis er sich aus dem Griff des Brünetten befreit hatte und diesen nun seinerseits unter Wasser drückte. Das Spielchen ging noch ein paar mal hin und her, bis der Blonde die Taille des Imperiumsleiters umschlang und süße Küsse auf seinem Hals und seinem Schlüsselbein verteilte.

"Joe...."

Auf einmal erstrahlte aus dem Kaiba'schen Schlafzimmer ein gleißendes Licht und das Liebespaar sah erschrocken zu den Fenstern im dritten Stock empor. Was mochte da passiert sein? Das Licht konnte jedenfalls nur von den Millenniums-Gegenständen stammen! Rasch verließen sie den Pool, trockneten sich notdürftig ab und schlüpften in Shorts, Hose und Hemd. Als sie den Raum erreicht hatten, ergriff Seto den Stab und eine Gestalt erschien vor ihm. Es war Seth, dem er heute zum ersten Mal persönlich gegenüberstand.

"Du....!"

"Hallo Seto. Es war wirklich an der Zeit, dass wir uns endlich begegnen. Es ist jedoch bedauerlich, dass ich mich aus einem so ernsten Grund melden muss." Jono tauchte neben ihm auf und sie tauschten ein zärtliches Lächeln.

"Was ist los?" wollte Joey wissen und musterte sein Alter Ego mit Unbehagen. Seth gab ihm an seiner Statt Antwort: "Yami und Bakura sind in Gefahr. Imhotep hat ihnen einen seiner Diener, eine Kobra, geschickt - und zwar eine riesenhafte Kobra. Alleine werden sie das nicht schaffen! Bitte, lasst uns eure Körper übernehmen, wir haben Kampferfahrung und wissen, wie man mit einer Waffe umgeht!"

"Da musst du uns nicht bitten!"

Der goldhaarige Duellant packte das Henkelkreuz und Jono bemächtigte sich seines Körpers, wie auch Seth dies bei seiner Reinkarnation tat. Nachdem die Lichter erloschen waren, bedeckte eine lange Mähne den Rücken des Oberschülers, während sich an Seto nicht viel verändert hatte, abgesehen davon, dass auch seine Haare im Nacken ein wenig länger geworden waren, Armschützer an seinen Gelenken funkelten und der Millenniums-Stab seine ursprüngliche Form angenommen hatte.

"Beeilen wir uns!"
 

"Aton!!!"

Yami wich dem Angriff der Schlange aus und hechtete zu der Stelle, wo sein Geliebter in die Dunkelheit gestürzt war.

"Aton...."

Er schloss für einen Moment die Augen, doch als er sie wieder öffnete, lag ein entschlossener Ausdruck in ihnen. Das Puzzle glühte auf und die Helligkeit hüllte seine gesamte Gestalt ein. Auf seiner Stirn erschien das ägyptische Auge und er hob beide Arme hinauf in den dunklen Himmel. Wie gewünscht, bremste die Kraft des Pharaos den Fall des Diebes und dieser wurde unbeschadet in einer Lichtwolke zurück auf das Dach transportiert. Er schenkte Yami ein halb erleichtertes, halb dankbares Lächeln.

"Musst du mich denn so erschrecken?"

"Tja....Ungeziefer wie das da und ich waren uns noch nie sonderlich grün...."

Die Kobra fauchte ungehalten, hörte sie doch in ihrem Kopf die gedankliche und eindringliche Botschaft ihres Meisters: °°Töte sie endlich, worauf wartest du noch?!°°

Die Kreatur holte mit ihrem monströsen Schwanz erneut aus und der Dachbeton splitterte auf. Die beiden Männer rollten zur Seite und richteten ihre Waffen auf ihren Feind, der wieder einen Ausfall wagte und mit ihren scharfen Zähnen nach ihnen stieß. Sie spuckte eine Fontäne Gift aus, traf aber nicht, dafür fraß sich die Substanz wie ätzende Säure in den Boden. Auf einmal erfüllte ein vogelähnliches Kreischen die Luft und von irgendwoher stürzte sich ein Falke auf die Bestie und hackte nach ihren Augen.

"Das ist Chons - vielmehr ein Nachfahre von Chons, dem Falken von Horus! Aber wie....?!"

"Ist das so schwer zu erraten, mein Pharao? Habe ich Euch nicht die Treue geschworen?" Der gefiederte Verbündete erkannte die Stimme seines einstigen Herren und landete auf dessen ausgestrecktem Arm. Jono nickte ihnen zu und Seth deutete eine Verbeugung an.

"Ihr....!"

Die Schlange attackierte die Gruppe von neuem und wieder ergoss sich ein Schwall Gift über die Anwesenden, was der Hohepriester mittels einer magischen Barriere abwehrte. Zufrieden stellte er fest, dass seine spirituellen Fähigkeiten unter seinem langen Schlaf nicht gelitten hatten, sondern sogar stärker waren als jemals zuvor. Der Medjai ließ sich von Ankh zwei Spieße erschaffen, befahl Chons, ihnen zu helfen und verwundete die Kobra mit gezielten Schlägen. Der Falke vollführte einen beeindruckenden Angriffsflug und stach dem dämonischen Killer schließlich die Augen aus. Geblendet und vor Schmerzen zischende Laute des Zorns von sich gebend, wand sich die Schlange hin und her und versuchte, ihre Opfer zu hören. Als sie auf Yami zu raste, schwang er sein Schwert in einem weiten Bogen und donnerte die Klinge mit aller Kraft, die er aufbringen konnte, gegen das Reptil. Der Hieb trennte den Kopf vom Körper und als das Wesen mit einem schaurigen Röcheln verschied, löste es sich in Sand auf. Seth hob einige Körnchen auf und betrachtete sie eingehend.

"Wie ich erwartet habe....noch hat Imhotep seine volle Macht nicht wiedererlangt. Solange er nicht alle Millenniums-Gegenstände in Händen hält und die Armee des Anubis befreit hat, ist er an die Gesetze der Unterwelt gebunden, die besagen, dass ein Untoter niemals etwas verändern, manipulieren oder zu seinem Zweck umformen kann, wenn es sich um etwas Lebendiges handelt. Sand allerdings ist geradezu ideal für sein Vorhaben....überall zu finden, ausreichend vorhanden und garantiert leblos....er könnte uns zig weitere solcher Ungeheuer auf den Hals hetzen. Wir müssen diesem Alptraum ein Ende bereiten, so schnell als möglich!"
 

°°Glaubt ihr das wirklich, ihr armen, bedauernswerten Narren?°°

Sie drehten sich um und starrten voller Entsetzen auf den Mann, der sich mit einem Mal vor ihnen erhob. Er trug einen traditionellen ägyptischen Rock, priesterlichen Schmuck, einen dunkelblauen Umhang und sein Schädel war kahlrasiert. Eine tödliche Eiseskälte schimmerte in seinen dunklen Augen und ein gieriges Feuer erglomm in seinem Blick, als er auf Jono verweilte. Seth stellte sich sofort schützend vor ihn.

°°Entfernungen sind für mich ohne Bedeutung, und so dachte ich mir, ich statte euch einen Besuch in Domino ab, während Tokyo dabei ist, mein Herrschaftssitz zu werden. Ich habe keine Eile, ich kann warten und ich verspreche euch, dass ich meine Rache genießen werde. Ich hole mir das, was mir zusteht, was mir schon immer zugestanden hat - und auch du wirst mein sein, Horus!°°

"Nicht einmal in deinen Träumen, Bastard!"

°°Da wäre ich mir nicht so sicher....°°

In diesem Moment öffnete sich die Tür zum Dach ein weiteres Mal und Duke und Tristan schoben sich hindurch. Sprachlos sahen die anderen diesen Auftritt, bis Imhotep in höhnisches Gelächter ausbrach.

°°Diese zwei nutzlosen Verbündeten hätte ich beinahe vergessen, ha! Ja, auch ihr werdet leiden, denn ihr habt meine Pläne durchkreuzt und euch auf die Seite derer geschlagen, die ich hasse! Ich werde niemandem vergeben, der mich damals ins Unglück stürzte, niemandem!°°

"Du hast dich selbst ins Unglück gestürzt!" rief Bakura und trat vor Yami, um ihn zu verteidigen. Wegen diesem Mann war er im Gefängnis gelandet, seiner Freiheit beraubt und dem Vertrauen verlustig geworden, dass Atemu ihm entgegengebracht hatte! Und er wagte zu behaupten, er hätte gelitten?! Als er noch eine Seele besessen hatte, hatte er vielleicht noch empfinden können, aber je mehr er den Dämonen Hass, Neid und Eifersucht in sich Raum gab, umso mehr verlor er sein Herz und den Wunsch, nach etwas anderem zu suchen als Rache.

"Du sprichst große Worte, Imhotep....aber ich fürchte, jetzt musst du dich verabschieden!" erklärte Duke mit Nachdruck und hielt ihm ein miauendes rot-weißes Fellbündel unter die Nase. Der Priester zuckte entsetzt zurück und löste sich in einen Sandsturm auf, der mit viel Getöse ins Nichts verschwand. Die Katze kommentierte dies mit einem zweiten Maunzen und ringelte sich auf dem Arm des Schwarzhaarigen zusammen.
 

Tristan zupfte seinen koibito am Ärmel und fragte: "Und? Willst du mir nicht endlich erzählen, warum du unbedingt meine arme Kitty mitnehmen musstest?"

"Wieso seid ihr überhaupt hier?" erkundigte sich Jono verdutzt.

"Aus demselben Grund wie ihr - allerdings wurden wir nicht von unseren früheren Egos verständigt, sondern von Marik, per Telefon. Und dann hatte Duke den komischen Einfall, meine Katze mitzuschleppen! Als wir bei mir vorbeifuhren und er in meiner Wohnung verschwand, dachte ich, er nimmt vielleicht mein Samuraischwert mit, das mir mal irgendein schrulliger Onkel vererbt hat, damit wir uns wehren können. Und dann kommt er mit einer total eingeschüchterten Kitty heraus, ich hab gedacht, ich spinne!"

"Um deine Unwissenheit hiermit zu beseitigen, meine damalige ägyptische Abstammung sorgt für eine recht umfassende Kenntnis dieser Mythologie. Katzen galten als heilige Tiere und unter anderem auch als die Wächter und Wegbegleiter in die Unterwelt. Solange Imhotep noch nicht seine gesamte Macht besitzt, wird er sie fürchten."

"Ach so....und ich dachte wirklich, du wärst übergeschnappt...."

"Du bist unverschämt!"

"Hm, möglich....aber gerade deswegen magst du mich so."

"Tatsächlich?"

"Tatsächlich." erwiderte Tristan mit einem verführerischen Unterton in der Stimme, sodass sie tiefer klang als sonst, wie weicher Samt und ein wenig rauh. Er zwirbelte eine von Dukes Haarsträhnen und zog ihn zu sich heran, bis sich ihre Lippen trafen. Der Dungeon-Dice-Erfinder grummelte noch ein bisschen, bis er sich der wundervollen Entschuldigung hingab und sich fest an seinen Liebsten presste, was Kitty aber zu einem lauten Protest veranlasste, da sie keinen Wert darauf legte, zwischen zwei Männerkörpern eingezwängt zu werden. Sie lösten sich lachend voneinander und die Katze stolzierte erhobenen Hauptes davon.

"Sie ist genauso eigenwillig wie ihr Herrchen, das steht fest."
 

Die Freunde verwandelten sich zurück und kehrten ins Haus zurück, wo Großvater Muto immer noch bewusstlos dalag und sich somit hervorragend einreden lassen würde, dass er nur wieder zu scharf gegessen hatte. Yugi und Ryo verfrachteten ihn gnädigerweise ins Bett und schlossen danach sorgsam sämtliche Fenster, um eine Wiederholung von vorhin zu vermeiden.

"Ich schlage vor, dass wir uns morgen noch einmal zu einer Besprechung treffen." erklärte der ehemalige Pharao. "Wir informieren Ishizu und Marik und überlegen uns unsere nächsten Schritte."

Der Rest des Anwesenden stimmte ihm zu und man trat den Nachhauseweg an. Joey war recht still währendem und Seto war erstaunt über dieses Schweigen.

"Was hast du?"

"Ich frage mich gerade....warum Marik den Kontakt zu uns so distanziert hält. Ishizu, nun gut, eine tiefergehende persönliche Beziehung hatte sie zu keinem, aber ihr Bruder war einmal mein bester Freund. Zwar hat Yugi diesen Platz eingenommen, dennoch würde ich ihn gerne besser kennen lernen, immerhin gab es einmal eine Zeit, in der wir uns sogar ohne Worte verstanden. Hat Marik unsere Freundschaft vergessen oder warum zieht er sich so zurück? Ich verstehe ihn

nicht...."

"Mach dir keine Sorgen. Ich glaube, er ist einfach noch unsicher, wie er damit umgehen soll, dass du jetzt einen großen Teil deiner Erinnerungen wieder hast und ihn als das siehst, was er einmal für dich war. Ich bin davon überzeugt, dass ihr erneut Freunde werden könnt."

"Hm....danke." flüsterte Joey und küsste seinen Seto sanft auf die Wange.
 

Marik sass auf einem Hügel über Domino City und betrachtete das Meer aus Lichtern unter sich. Wie Ishizu dank ihrer spirituellen Kräfte vorausgesehen hatte, hatte Imhotep heute einen weiteren Diener gesandt und sich sogar in höchsteigener Person gezeigt. Wie gut, dass Joey, der Pharao und die anderen den Kampf heil überstanden hatten! Er atmete auf und erhob sich langsam. In der Vergangenheit wie in der Gegenwart band ihn eine unerschütterliche Loyalität an seinen einstigen Herrscher und an seinen Hauptmann....und an diesen auch eine alte Freundschaft, die ihm stets viel bedeutet hatte....dennoch vermochte er es nicht, engeren Kontakt mit dem blonden Duellanten zu pflegen. Warum bloß? Er seufzte tief. Ägypten oder Japan, damals oder heute....er kannte seine Gefühle nur zu genau. Er empfand mehr als Freundschaft für Jono oder Joey, viel mehr....so war es immer gewesen....und so würde es bleiben....eine Liebe, die nicht erwidert wurde....

Besuch in Kairo

Ja, hier geht's auch endlich weiter! Viel Spaß beim Lesen!
 

&#65279;Kapitel 18: Besuch in Kairo
 

~~ Das Museum für Ägyptische Geschichte in Kairo ~~
 

Ein alter Mann mit grauem Haar und Bart sass über ein Schriftstück gebeugt und war in dessen Betrachtung so vertieft, dass er das Eintreten einer zweiten Person in sein Büro gar nicht bemerkte. Der Besucher nahm respektvoll vor dem Schreibtisch platz und musterte den Älteren mit Unbehagen. Schließlich blickte er auf und seufzte verhalten. Er wies auf das Papier, das ihm so viel Kopfzerbrechen bereitete und der Gast erhob sich, um es sich näher zu besehen. Es war eine Karte, auf der ein Weg durch die Wüste aufgezeichnet war, der bis hin zu einem deutlich markierten Ziel führte. Das merkwürdige war, dass der Punkt, der dieses Ziel bezeichnete, in einem hellen Licht leuchtete, wie zur Warnung. Der Besucher ballte die Hände zu Fäusten und ließ sich kraftlos in seinen Stuhl zurückfallen. Seine Lippen bebten und er schüttelte wild den

Kopf, als wolle er die schreckliche Wahrheit damit auslöschen. Ein Name verließ seinen Mund und es lag Entsetzen darin: "Imhotep...."

Sein Gegenüber nickte.

"Ja. Die Kreatur ist zurückgekehrt. Hast du die Nachrichten verfolgt? Die japanische Hauptstadt Tokyo wird von höchst merkwürdigen Plagen heimgesucht. Es sind die legendären zehn ägyptischen Plagen - Tokyo ersetzt Alexandria, er hat es sich als neuen Herrschaftssitz erwählt. Aber um das, was er neben seinem finsteren Königtum noch anstrebt, zu erreichen, muss er dorthin zurückkehren, wo sein Leichnam einst verwahrt wurde...."

Der Grauhaarige wies mit ausgestreckter Hand auf die Karte.

"....in die Stadt der Toten - nach Hamunaptra."
 

Irgendwo in Japan, genauergesagt in Domino City, klingelte ein Telefon. Ein junger Mann mit braungebrannter Haut, platinblondem Haar und lila Augen nahm den Hörer ab und meldete sich.

"Hier Marik Ishtar. Wer spricht?"

Auf der anderen Seite der Leitung antwortete jemand und Marik erstarrte für einen Moment. Ishizu betrat gerade den Raum und bemerkte die Angespanntheit ihres Bruders. Der Sechzehnjährige lauschte lange und schweigend, ein Schatten fiel dabei auf sein Gesicht. Dann legte er den Hörer wieder auf die Gabel, ohne sich von dem Anrufer zu verabschieden.

"Wir müssen nach Kairo!"

"Was? Aber....warum so plötzlich? Ich habe eine Reise vorausgesehen, aber ich dachte, sie ginge nach Tokyo....weshalb nach Kairo?"

"Der Rat tritt zusammen. Dir ist doch klar, dass wir dabei nicht fehlen dürfen, oder? Außerdem muss ich meine Waffe noch abholen. Damals war ich ihrer nicht wert - hoffen wir, dass es diesmal anders ist."

"Du warst ihrer nicht wert, weil du dich selbst verleugnet hast. Du hast ihm nie gestanden, was du wirklich für ihn empfindest....und deswegen sprach dir die Gottheit die Stärke deines Herzens ab, die nötig gewesen wäre, diese Waffe zu führen. Du musst es ihm sagen, auch wenn er deine Liebe nicht erwidert."

"Als wenn das so einfach wäre...."

"Wir sollten eine Nachricht hinterlassen."

"Tu, was du nicht lassen kannst."

Damit stürmte Marik in den Flur des Apartments hinaus, das sie bewohnten und kramte nach seiner Reisetasche. Ishizu faltete die Hände und schwieg. Ihr Bruder war aufgewühlt, das war verständlich....aber wenn der Rat zusammentrat, bedeutete dies nicht, dass die Situation sich zuspitzte? Welche Chance blieb noch? Imhotep würde sich Tokyo und dessen Bevölkerung unterwerfen....und danach würde er daran gehen, sich Jono gefügig zu machen, indem er dessen Seele aus dem Millenniums-Gegenstand befreite....dazu benötigte er allerdings etwas ganz

Bestimmtes....Gar nicht erst zu reden davon, dass er mit den Millenniums-Artefakten den Skorpionkönig und mit ihm die Schakal-Armee des Anubis wiedererwecken könnte....! Und die Zeit rann ihnen wie Sand durch die Finger!! Es war ein einziges Desaster....

Ihre blauen Augen wanderten durch das Fenster hinaus und betrachteten die Silhouette der Stadt. Es hing so viel davon ab, dass sie diesmal erfolgreich waren, denn sonst liefen sie Gefahr, dass sich der Schrecken der Vergangenheit noch einmal wiederholte....und das konnte und wollte niemand von ihnen riskieren....

>>Wir werden dich aufhalten, Imhotep....um jeden Preis!<<
 

"WEG?! Was soll das heißen, ihr müsst weg?!?!" brüllte Bakura in den Telefonhörer, Yami vollständig missachtend. Ishizu am anderen Ende seufzte und wiederholte, dass es sich um eine "unaufschiebbare, wichtige Angelegenheit" handele. Dann ein Klicken in der Leitung.

"Also, das ist doch....wie findest du das?! Wir wollten uns doch heute zusammensetzen und alles besprechen und jetzt zischen Marik und seine Schwester einfach ab nach Kairo! Argh, wie mich das nervt!!"

"Wir sollten uns jetzt lieber Gedanken darüber machen, was als nächstes zu tun ist. Ich bin sicher, dass die beiden einen triftigen Grund für ihre Reise haben - und wir sollten Tokyo aufsuchen, bevor die Situation dort noch weiter eskaliert!" Der Pharao drückte dem Grabräuber einen sanften Kuss auf die Wange und lächelte ihn unwiderstehlich an, sodass Bakuras Groll dahin schmolz wie Schnee in der Sonne.

"Na schön, von mir aus...."

In der Kaiba-Villa spielte sich indessen ein seltsames Schauspiel ab, zumindest für Außenstehende. Joey und Seto trugen kurze Sporthosen und Turnschuhe, ihre Oberkörper waren frei und ihre Alter Egos, Seth und Jono, betätigten sich offensichtlich als Lehrer. Mit Hilfe des Henkelkreuzes hatte der Medjai für beide ein Set Spieße erschaffen, mit dem sie sich nun gegenseitig bekämpften.

"Gut so, Joey - deine Reaktionszeit muss noch ein wenig schneller werden, aber deine Hiebe sind sehr gut gesetzt und geschickt. Du bist noch ein wenig steif, Seto, aber auch das läßt sich durch Übung verändern. Seht ihr? Ich habe euch doch gesagt, dass es euch im Blut liegt. Was man einmal gelernt hat, vergisst man nicht einfach wieder. Obwohl du nie zum Krieger ausgebildet worden bist, mein Freund, erinnert sich dein Körper an die Bewegungen, die Haltung und den Gebrauch der Waffe."

Der blonde Duellant nickte und parierte erneut einen Hieb des Firmenchefs, der verärgert vor sich hin grummelte. Er wiederholte seine Attacke, doch Joey entfernte sich räderschlagend von ihm, umklammerte ihn von hinten und entwaffnete ihn. Danach kreuzte er die Klingen der Spieße unter seinem Kinn. Der Kampf war beendet. Sie waren erhitzt und schwitzten, und man

konnte die Leidenschaft zwischen ihnen nur zu deutlich spüren. Seth lächelte und klatschte in die Hände.

"Sehr gut, sehr gut, wirklich! Und du mach dir nichts daraus, Seto - ich habe auch meistens gegen ihn verloren...." Das Lächeln verwandelte sich in ein Grinsen, als der Hohepriester sich zu dem Ohr des Brünetten neigte. "....und ich habe es nie bereut....wenn du weißt, was ich meine...."

Kaiba wurde knallrot und Bilder der ersten körperlichen Vereinigung kehrten in seinen Kopf zurück (Leider kann ich nicht "Liebesnacht" schreiben, denn wie in Kap. 16 zu lesen, war zu dem Zeitpunkt noch heller Tag! Jaja....so ungeduldig, die zwei! ^^). Er warf Seth einen niederschmetternden Blick zu und zischte: "Halt doch deine laute Klappe, du perverser Geistlicher!!!"

"Was heißt hier ,perverser Geistlicher'?!?! Ich habe Jono geliebt mit allem was ich bin! Wenn das Früchte trägt, ist das doch nur natürlich. Wenn man sich liebt, möchte man doch auch miteinander schlafen, oder nicht?"

"....Könnten wir bitte das Thema wechseln?"

"Ist es dir etwa peinlich?"

"Das einzige, was hier peinlich ist, ist deine Geilheit!!!"

Joey und Jono verfolgten den Streit der beiden mit einem Schmunzeln und der nunmehr Siebzehnjährige (seit Teil 17 - hm, wie passend!) betrachtete gedankenverloren die goldüberzogenen Griffe der Spieße.

"Und ich darf sie wirklich behalten?"

"Sicher. Du musst dich auch selbst verteidigen können. Mir ist es wichtig, dass dir nichts passiert und dass du stark genug bist, um in diesem Abenteuer auch ohne mich bestehen zu können. In dir erkenne ich das wieder, was ich vor langer Zeit verloren habe: Meinen einstigen Glauben daran, dass man alle Herausforderungen annehmen und sich jedem Schicksalsschlag stellen kann, wenn man treue Freunde hat, die mit einem leiden, mit denen man gemeinsam die

Last trägt und einen Ausweg sucht. Ich war dreiundzwanzig Jahre alt, als mein Leben endete und ich habe in der endlos scheinenden Einsamkeit der letzten fünf Jahrtausende meine Hoffnung begraben. Aber in dir finde ich alles, was gut und edel an mir war und nichts von meiner Verbitterung. Du und die anderen, ihr werdet Imhotep gewiss aufhalten können....wenn ihr euch diesen Glauben bewahrt, der mich verlassen hat. Ich....ich bin sehr dankbar, dass ich

dich kennen lernen durfte, Joseph Jay Wheeler."

"Und ich bin dankbar, dich kennen gelernt zu haben, Jono, genannt ,Horus', ruhmreicher Anführer der Medjai und stolzer Falke des Reiches. Du hast mir eine Seite an mir offenbart, die ich vorher nicht kannte - die Fähigkeit, Mut und Kraft aus mir selbst zu schöpfen und nicht immer nur auf die Unterstützung anderer zu warten. Ich denke, dass ich durch dich stärker geworden bin, wenn auch nur ein bisschen."

"Du warst schon immer stark, Joey. Rufe dir Setos Worte ins Gedächtnis: ,Du bist wie der Diamant. Nichts wird dich brechen.' Er hat recht. Niemand vermag das, denn der unbezähmbare Geist des Falken ist in dir verblieben und auch eine Kreatur wie Imhotep kann ihn nicht in die Knie zwingen!"

"Danke...."
 

Weiterzankend, waren Seto und Seth ins Schlafzimmer marschiert, wo der Firmenchef sich umzuziehen gedachte. Während er das tat, stand der Geist des Hohepriesters am Fenster und beobachtete die beiden Blondschöpfe bei ihrem Gespräch. Nachdem Mr. Blue-Eyes-White-Dragon sich seinen altbekannten schwarzen Pullover übergezogen hatte, postierte er sich neben seinem Alter Ego und ließ seinen Blick dem des anderen folgen.

"Du liebst ihn sehr, nicht wahr?" fragte er leise.

"Ich habe immer nur einen Mann geliebt und begehrt, und das war dieser stolze Falke dort unten, der tapfere Anführer der Medjai, ein Krieger, wie er im Buche steht und von berückender männlicher Schönheit. Dass er ebenso empfand wie ich, die Tatsache, dass wir uns einander hingaben, dass wir dieses mächtige, alles verschlingende Gefühl teilten....In der Nacht, da Jono sich heimlich in den Bezirk der Priester einschlich und mich mitten in meinen Gebeten

unterbrach, da gestand er es mir....gestand mir, wie sehr er sich nach mir verzehre und seiner Liebe und Leidenschaft bald nicht mehr Herr würde werden können....Dann küsste er meine Lippen zum ersten Mal und ich hätte fast weinen mögen vor Glück....Du hast genauso gebangt wie ich, nicht wahr? Du liebst Joey und alles Glück dieser Erde schien auf dich einzustürzen, als er dir sagte, dass er so fühlt wie du?"

Seto nickte zu diesen Worten. Sein goldhaariger Engel und er hatten sich mittlerweile schon öfter geküsst, aber den Moment im Krankenhaus, da Joeys Mund zum allerersten Mal den seinen versiegelt hatte, hatte sich einer Tätowierung gleich in sein Gedächtnis gebrannt. Da merkte er plötzlich, dass Seth ihn an den Schultern ergriffen hatte und hob den Kopf.

"Du darfst niemals zulassen, dass er Jonos Seele aus dem Henkelkreuz befreit, hast du verstanden? Sobald Imhotep das tut, wird er ein neues Behältnis brauchen und das wäre Joeys Körper....Um die Zeremonie zu vollenden, müsste er ihn töten und damit wäre die Seele desjenigen, der dein Ein und Alles ist, verloren. Jono und ich existieren nun mal nur noch als Geister und ich will nicht, dass dieser verfluchte Bastard dir die Liebe deines Lebens wegnimmt,

wie es ihm bei mir gelungen ist. Ihr habt noch einen langen Weg vor euch, um den Untoten aufzuhalten, aber ihr dürft nicht aufgeben! Ich werde dir beibringen, zu kämpfen, damit du deinen Liebsten beschützen kannst!"

"....Hm. Ich danke dir, Seth...."
 

~~ Der Hafen von Gizeh/Kairo, zwei Tage später ~~
 

Eine Gruppe Touristen lauschte voller Spannung den Worten ihres Fremdenführers, der ihnen voller Begeisterung von Hamunaptra, der Stadt der Toten, erzählte und von den unermesslichen Reichtümern, die dort verborgen waren.

"Zwar wird behauptet, Hamunaptra sei nur eine Legende, meine Herrschaften, aber ich versichere Ihnen, ich bin dort gewesen und habe ihre Pracht mit eigenen Augen gesehen. Gegen einen geringen Aufpreis bin ich bereit, sie an diesen sagenumwobenen Ort zu geleiten und...."

Weiter kam er nicht, denn hinter ihm tauchte ein junger Mann in einem dunkelblauen Beduinengewand und einem Turban auf dem Kopf auf, der ihn derb anrempelte.

"Sei still, Narr!" zischte er. "Du weißt nicht, was du da redest und deine Geldgier wird dir auch ohne Hamunaptra zu deinem Untergang gereichen! Zeige ihnen andere Schönheiten Ägyptens und nicht seine Schrecken!" Damit verschwand er in der Menge und der Fremdenführer starrte ängstlich hinterdrein. Er hatte die seit Ewigkeiten kursierenden Gerüchte gehört, denen zufolge ein alter Geheimbund existierte, der die Stadt der Toten bewachte und irgendwie beschlich ihn bei diesem Unbekannten das Gefühl, als entsprächen sie der Wahrheit....War das eigentlich ein Schwert unter seinem Umhang gewesen oder bildete er sich das nur ein?

Der Beduine achtete kaum auf seine Umgebung, er war auf der Suche nach zwei ganz

bestimmten Personen, mit denen er hier verabredet war. Tatsächlich hatten seine scharfen Augen sie alsbald erspäht und sein Herz verspürte eine heftige Erschütterung, als er den jungen Mann neben der schwarzhaarigen Frau erkannte. Dieses glänzende Haar in der Farbe von hellem Sand, seine wunderschöne braungebrannte Haut und diese unergründlichen Augen, wie ein

Sonnenuntergang....Er schüttelte den Kopf, bahnte sich einen Weg durch die Menge und verbeugte sich vor ihnen.

"Ishizu, Marik...." begann er, "Ich bin froh und glücklich, euch wiederzusehen. Der Rat der Stammesführer wird heute noch zusammentreten. Die nächste Plage wird Tokyo bald heimsuchen und nur zu rasch wird die Bevölkerung unter Imhoteps Einfluss stehen. Außerdem ist es an der Zeit, dass du den Speer von Osiris bekommst, mein Freund. Diesmal wirst du dich sicher seiner als würdig erweisen. Folgt mir."

Zu dritt begaben sie sich zum Museum für Ägyptische Geschichte und die Geschwister schienen von tiefer Dankbarkeit und Freude erfüllt, wieder unter dem Himmel ihres Heimatlandes zu wandern. Ein Lächeln stahl sich in Mariks Züge und der Beduine sah schnell in eine andere Richtung, damit der Schönling nicht mitbekam, wie er errötete. Sein Herzklopfen hatte unlängst zugenommen, verfolgte er doch während ihres Weges die anmutigen Bewegungen des

Sechzehnjährigen, die von fast raubtierhafter Geschmeidigkeit und Dynamik waren. Er selbst war kaum ein Jahr älter als Marik, und sie hatten sich immer gut verstanden, ja, waren Freunde gewesen. Aber egal, wie sehr er ihn liebte, das Herz seines Angebeteten würde immer nur einem gehören, und das war Jono, der einstige strahlende Anführer der Medjai....oder auch Joey, wie der Name seiner Reinkarnation lautete. Sie erreichten das Museum und fanden sich schließlich im Büro des Direktors ein, der hinter seinem Schreibtisch sass und die Karte von Hamunaptra in Händen hielt.

"So seid ihr nun hier, und insbesondere du, Marik, Wiedergeburt des Medjai Osiris, treuer Gefolgsmann des Pharaos und engster Vertrauter eines der Ruhmreichsten in der Geschichte unseres Bundes. Ich brauche euch wohl nicht zu erklären, warum ich euch rufen ließ. Das Ereignis, vor dem wir uns fünftausend Jahre lang gefürchtet und für das wir uns ebenso lange gewappnet haben, ist eingetreten: Der Fluch hat sich erfüllt und der Priester Imhotep ist als

unsterbliche Kreatur zurückgekehrt. Das Rad des Schicksals hat sich weitergedreht und jene ins Leben gerufen, die damals dabei waren und denen es nun obliegt, seinem Walten ein Ende zu bereiten....Und ihr werdet unsere volle Unterstützung haben."

"Das wissen wir. Nie haben wir an eurem Mut und eurer Bereitschaft gezweifelt." entgegnete Ishizu mit einem leichten Lächeln. "Wir können nur gemeinsam gegen diese Bedrohung bestehen und vielleicht Erfolg haben."

"So ist es. Nun aber zum Ratssaal, ihr kennt ja den Weg. Man wartet schon auf euch und zudem soll dir der Speer des Osiris endlich verliehen werden, mein Junge." Der Direktor komplimentierte die Geschwister hinaus und warf einen aufmunternden Blick in Richtung des jungen Beduinen, als diese um die Ecke bogen.

"Danke, dass du sie hergebracht hast, Shadi."

"Keine Ursache...."

Der Armreif des Anubis

So, endlich kommt ein neuer Teil! Er ist verhältnismäßig kurz, denn diesmal treibt er vor allen Dingen die Handlung voran! Viel Spaß beim Lesen!
 

&#65279;Kapitel 19: Der Armreif des Anubis
 

Yugi verfrachtete seinen Koffer ins Taxi und dahinter flog gleich die vollgepackte Tasche von Ryo hinein. Großvater Muto stand vor seinem Spielzeugladen und wippte nervös von einem Fuß auf den anderen.

"Versprich mir, dass du vorsichtig bist, mein Junge. Wer weiß, was noch alles Schlimmes in Tokyo passiert....es gefällt mir nicht, dass du in die Hauptstadt fährst, wo sich dort gerade diese merkwürdigen Dinge zutragen...."

"Glaub mir, Opa, wenn ich nicht hinfahre, wird es für die Menschen dort niemals ein Ende der Schrecken geben. Du hast die Nachrichten gesehen - Schwärme von Fliegen überziehen das Gebiet. Aber damit ist es leider noch nicht getan. Wünsch mir Glück und mach dir nicht zu viele Sorgen. Ich bin ja nicht allein."

Eine letzte, herzliche Umarmung zum Abschied und Yugi verschwand mit seinem Freund im Inneren des Wagens. Das Taxi setzte sich Richtung Bahnhof in Bewegung. Auf halber Strecke erkannten die beiden Jungen Kaibas Limousine und es war anzunehmen, dass der Firmenchef nicht allein unterwegs war. Anderenorts platzierte sich Duke gerade hinter Tristan auf dem Motorrad, ihr Gepäck war gut verschnürt und festgezurrt. Sie klappten die Visiere ihrer Helme herunter und der Brünette trat aufs Gaspedal. Alle hatten nur ein Ziel: Den Bahnhof von

Domino City zu erreichen und den nächsten Zug nach Tokyo....
 

Als die sechs Freunde mitsamt Millenniums-Gegenständen im Gepäck am Ort ihrer

Bestimmung angelangt waren, waren sie schockiert über das Bild, das sich ihnen bot. Um gegen die Wolken der dicken, schwarzen Fliegen geschützt zu sein, hatten sich die meisten in Klamotten gestopft wie sonst nur mitten im kältesten Winter, es stank nach Ausdünstungen und Krankheit, in den blutroten Pfützen am Straßenrand faulte Froschlaich vor sich hin oder sie wurden von Mücken umschwirrt, die ihre Eier ablegten. Es herrschte kaum Verkehr und nur

wenige Menschen hielten sich überhaupt draußen auf. Yugi hängte sich sein Puzzle um, verbarg es aber wohlweislich unter seiner dunkelblauen Jacke und auch Ryo ließ seinen Ring unter dem geringelten Hemd verschwinden. Joey trug sein Henkelkreuz ebenfalls sicher verwahrt unter seinem Pullover, Seto transportierte den Stab in einem kleinen Handkoffer, Tristans

Millenniums-Kette wurde von seinem Schal verdeckt und Dukes Waage ruhte in dem Rucksack, den dieser sich lässig über die Schulter geworfen hatte. Ihr restliches Gepäck war unterwegs zu der Pension, in der sie sich eingemietet hatten. Während sie sich ihren Weg bahnten, kam immer mal wieder ein Schwall Fliegen auf sie zu, doch bevor sie ihnen wirklich nah auf die Pelle

rückten, drehten sie ab, was vermutlich an der starken Aura der magischen Artefakte lag.
 

Plötzlich fegte ein wilder Wind heran, ein Sandsturm in Miniaturform, der sich vor ihnen manifestierte und schließlich Imhoteps Gestalt annahm. Statt dem üblichen Priesterschmuck baumelte das Millenniums-Auge an einer Kordel um seinen Hals. Seine dunklen Augen glitzerten hinterhältig und seine vollen Lippen waren zu einem grausamen, spöttischen Grinsen verzogen.

°°So sieht man sich also wieder, Pharao. Ich begann mich bereits zu fragen, wann Ihr und Euer Gefolge endlich hier auftauchen würdet. Gebt mit die restlichen Jahrtausend-Gegenstände und ich werde euch nicht töten.°°

"Denkst du allen Ernstes, wir würden dir die Möglichkeit zur Weltherrschaft einfach so vor die Füße werfen?!" rief der kleinwüchsige Meisterduellant erbost aus und er verwandelte sich ohne weiteres Zögern in Yami. Der einstiger Regent Ägyptens maß seinen Gegner mit eisigem Blick ab und sein Mund war zusammengepresst zu einer harten Linie.

"Dein krankhafter Ehrgeiz und deine falsche Besessenheit von Jono, geboren aus unerwiderter Liebe, und dein Hass auf Seth und mich haben dich ins Unglück gestürzt, nicht wir! Dein Herz ist verdorben und deine Seele bis ins Tiefste hinein vergiftet! Deine Strafe war gerechtfertigt, aber nicht endgültig! Diesmal jedoch werden wir dich für immer vom Angesicht dieser Welt

tilgen!!"

°°Mein Herz? Wer sagt Euch denn, dass ich überhaupt eins habe, Pharao?! Ich bin unsterblich. Keiner von euch kann mich töten.°°

Mit diesen Worten riss er seinen Rachen unmenschlich weit auf und spie tausend und abertausend Heuschrecken aus, die sich wie ein unheilvoller Regen auf die gesamte Umgebung stürzten, auf Menschen, Gebäude, Autos, alles. Panik brach aus und die Fliehenden machten es den sechs Freunden nicht unbedingt leicht, sich selbst in Sicherheit zu bringen. Erst vor ein paar Tagen hatte er die Fliegen geschickt und nun, bald danach, die Heuschrecken. Dass die Abstände zwischen den einzelnen Plagen immer kürzer wurden, war ein Zeichen dafür, dass

Imhoteps Kraft wuchs.
 

"Atemu-sama!!" erklang auf einmal eine fremde Stimme hinter ihnen und die Gruppe drehte sich um. Der Mann, zu dem die Stimme gehörte, war in ein dunkelblaues Beduinengewand mit Turban gekleidet, nur seine Augen waren sichtbar, der Rest seines Gesichtes war sorgsam verdeckt. "Folgt mir!"

"Wer bist du und wer sagt uns, dass wir dir vertrauen können?" ließ sich Bakura, der mittlerweile den Körper seines Hikari übernommen hatte, zu einer Frage herab. Der Angesprochene schob den rechten Ärmel seines Gewandes zurück und zeigte ihnen sein Handgelenk. Eine Sonnenscheibe war darauf eintätowiert, das Symbol des Amun-Ra. Joey trat vor und bewegte tonlos die Lippen.

"Was ist? Was hast du, mein Freund?" erkundigte sich Yami besorgt.

"Wir können ihm vertrauen. Ich kenne dieses Zeichen. Daran erkannten sich die Medjai gegenseitig. Er ist ein Gotteskrieger, ein Leibwächter des Pharaos, genau wie ich."

Das schien Beweis genug. So folgten sie dem Fremden durch die Schwärme von Heuschrecken, die wie ein Tornado über der Stadt wüteten. Imhotep ließ sie gehen, denn er fand Gefallen daran, das alte Spiel von Jäger und Beute mit seinen Widersachern zu spielen. Er hatte fünftausend Jahre auf seine Rache gewartet, da waren ein paar Tage mehr oder weniger auch nicht mehr von Bedeutung. Entkommen würde ihm niemand....und endlich würde er sich Jono

gefügig machen können....er würde den stolzen Falken endlich, endlich besitzen....
 

Der Beduine führte den Blondschopf und die anderen in eine abgelegene, fast ein wenig versteckte Straße, in der keine Wolkenkratzer oder ähnliches zu finden waren, sondern es handelte sich offensichtlich um eines der Tokyoter Viertel, in dem kleine, beschauliche Familienhäuser standen. Der Medjai hielt vor einem Gebäude mit zwei Stockwerken und einem hübschen Garten davor. Er klingelte und sie wurden eingelassen. Die Wohnungstür selbst öffnete ihnen ein älterer Mann mit grauem Haar und Vollbart und einer Augenklappe über dem linken Auge. Seto überkam mit einem Mal ein eigenartiges Gefühl der Vertrautheit. Er bat

seinen Besuch herein und geleitete sie in sein Arbeitszimmer, einem großen Raum mit mehreren Bücherregalen, wertvoll wirkenden Teppichen und einem stilechten Sarkophag in einer Nische neben dem Fenster. Der Beduine lüftete das Tuch, das sein Antlitz verbarg und stellte sich vor:

"Mein Name ist Odeon und ich wurde von meinem Bund hierhergeschickt, um den ehrwürdigen Meister Akitomo bei seiner letzten Mission zu unterstützen."

"Wer sind Sie?" verlangte Yami zu wissen, der ähnlich wie Kaiba den Eindruck hatte, den Herrn schon einmal gesehen zu haben.

"Ich bin Sosuke Akitomo, von Beruf Bibliothekar in der Bücherei von Tokyo und darüber hinaus ein begeisterter Ägyptologe. Aber mein Ich in dieser Zeit ist für Euch und die anderen nicht wichtig, mein Pharao. Es geht vielmehr um das Ich aus meinem früheren Leben. Erinnerst du dich nicht daran, Seth....mein Sohn?"

Der Firmenchef atmete geräuschvoll ein und seine Kehle wurde trocken. Natürlich! Er kannte dieses Gesicht! Es war das Gesicht des einstigen Hohepriesters von Atemu I. (ich kenne den Namen von Atemus Vater nicht, entschuldigt! Gibt's den überhaupt?), bevor Seth diese Aufgabe überverantwortet worden war, und der alte König sein Leben ausgehaucht hatte, was das Szepter in die Hände Atemus des Zweiten legte.

"Damals trug ich noch den Namen Akunadin, übte meinen Dienst als Oberpriester aus und war glücklich. Mein älterer Bruder war der Herrscher Ägyptens und die Götter hatten ihn wie auch mich mit einem starken und gesunden Sohn gesegnet. Seht mich nicht so ungläubig an, es ist die Wahrheit! Seth und Prinz Atemu waren Cousins! Aber das Schicksal wollte es, dass wir getrennt voneinander wiedergeboren werden und umso dankbarer bin ich, dass ich euch jetzt

hier in meinem Haus willkommen heißen darf. Ich wusste, dass wir uns früher oder später begegnen würden. Ich habe euch etwas Wichtiges zu geben, Kinder der Vorsehung."

Meister Akitomo bzw. Akunadin erhob sich von seinem Sessel, holte einen goldenen Schlüssel aus seiner Westentasche und ging zu dem Sarkophag hinüber.

"Ein schönes Stück, nicht wahr? Leider ist er nicht echt, aber das macht nichts. Er dient dazu, etwas sehr Wertvolles und Bedeutsames aufzubewahren."
 

Er schloss eine kleine Tür innerhalb der Außenwand des Sarkophags auf und dahinter kam ein Zahlenschloss zum Vorschein. Er drehte es hin und her, um die richtige Kombination einzugeben und schließlich sprang der ungewöhnliche Tresor auf. Im Inneren stand ein schwarzer Kasten aus Metall, den der Ägyptologe vorsichtig herausnahm und auf seinem Schreibtisch abstellte. Ein letztes Mal benutzte er den Schlüssel und gab seinen neugierigen Gästen den Blick frei auf den Schatz, den er seit Jahren hütete. Es war ein breiter ägyptischer Schmuckreif aus purem Gold, verziert mit einer Skorpionfigur.

"Was....was ist das?"

"So vergesslich, mein Pharao? Erinnert Ihr Euch wirklich nicht mehr? Das ist der Armreif des Anubis, das Schmuckstück, das der Skorpionkönig trug und im Sand der Wüste verlor, als der Gott seinen Tribut für die Hilfe forderte, die er dem kriegerischen Fürsten hatte angedeihen lassen. Dieser Armreif zeigt den Weg nach Ahm Shere, die legendäre Oase, in der die Armee der Schakale versiegelt ist."

"Und ich gehe jede Wette ein, dass Imhotep den auch gerne hätte!" stieß Duke missgestimmt hervor.

"Das ist richtig. Nachdem sich die Tragödie ereignet hatte....Jono ermordet, Imhotep zum Hom-Dai verurteilt, mein eigener Sohn tot aus freiem Willen, der zweite Angriff des Skorpionkönigs, der meine Heimatstadt vernichtete und fast keine Überlebenden zurückließ....Pharao Atemu II. war gefallen, der junge Feldherr Tristanus ebenso....Sein Sklave Dukedas und der berüchtigte

,Schwarze Skarabäus' Aton hatten überlebt und zusammen mit einigen weiteren der wenigen Überlebenden flohen wir aus Alexandria. Aton und Dukedas suchten beide das Vergessen, nachdem sie jene Männer verloren hatten, die sie von ganzem Herzen geliebt hatten. Ich selbst hatte meinen Rang als Hohepriester zwar abgelegt, als Seth alt genug war, doch ich war natürlich noch immer ein Mitglied der religiösen Klasse. Einige meiner Priester waren mir geblieben und mit ihnen beschloss ich, die Armee des Anubis zu versiegeln, damit niemand sich

je wieder ihrer bedienen konnte. Wir begaben uns also nach Ahm Shere mittels des Armreifes des Skorpionkönigs, den ich gefunden hatte. Dort angekommen nutzte ich die Macht der sieben Millenniums-Gegenstände, deren ursprüngliche Funktion es einmal gewesen war, das Herrscherhaus und den Tempel des Amun-Ra zu schützen, um die Kräfte der Finsternis zu bannen. Übrigens stellte ich bei dieser Gelegenheit fest, dass Aton derjenige war, der meinem Priester Mahado den Ring gestohlen hatte...."
 

Meister Akitomo warf einen gespielt vorwurfsvollen Blick in Richtung Bakura, der sich ein wenig verlegen am Kopf kratzte. Na ja, ein anderer Dieb hätte sich nie in den Tempelbezirk gewagt, aber der "Schwarze Skarabäus" ließ sich bekanntlich von nichts aufhalten....

"Danach vereinten Mahado, Shadi, Mana und ich unsere magischen Energien und entsandten die sieben Artefakte in alle Himmelsrichtungen, in der Hoffnung, dass nie jemand ihr Geheimnis entschlüsseln würde...."

"Ich habe eine Frage", unterbrach Tristan die Erzählung und der Bibliothekar wandte sich ihm mit einem warmen Lächeln zu. "Wenn die Millenniums-Gegenstände dazu da waren, die königliche Familie und den Haupttempel zu beschützen, warum hat dann der ägyptische Botschafter, den ich damals in meinem Haus empfing, einen davon mitgebracht?"

"....Er hatte die Waage unrechtmäßig erworben. Vermutlich hat er jemanden beauftragt, sie für ihn zu stehlen. Ich gehe ohnehin davon aus, dass er kein ,Botschafter' war, sondern ein Verbannter, vielleicht ins politische Exil geschickt. Ursprünglich oblag es Shadi, die Waage zu hüten, und er hat es sich auch nie verziehen, in seiner Aufgabe versagt zu haben. Offensichtlich

war es dem Flüchtling zu gefährlich, den mysteriösen Gegenstand weiterhin zu besitzen, selbst in Rom. Ursprünglich wollte er ihn wohl verkaufen, aber jeder in Ägypten hätte die Heilige Waage erkannt und bloßen Kontakt zu dem Dieb oder Auftraggeber des Einbruchs zu haben, war gleichbedeutend mit einer harten Gefängnisstrafe. Niemand hätte ihm geholfen. Also musste er das beste aus seinem Exil machen und versuchte, das Artefakt im Ausland loszuwerden. Woher ich all das weiß? Nun, damals gab es nur einen einzigen politischen Verbannten: Einen alten Freund von mir, der geplant hatte, Atemu zu stürzen. Wir hatten uns

immer gut verstanden, aber nicht einmal ihm konnte ich es verzeihen, dass er meinem Neffen, dem Sohn meines verstorbenen Bruders, schaden wollte. Ich überließ es dem jungen Pharao, das Urteil über ihn zu sprechen und er war gnädig, denn er hätte ihn auch hinrichten lassen können. Wie auch immer....jedenfalls gelangte die Waage auf diese Weise in Euren Haushalt,

ehrenwerter Feldherr. Und ich war sehr beunruhigt, denn dass einer der Millenniums-Gegenstände verschwunden war, bedeutete, dass sich ein Unheil zusammenbraute....hätte ich geahnt, was sich hinter meinen verworrenen Visionen verbarg....dann wäre es vielleicht niemals so weit gekommen...."
 

Der alte Ägyptologe schwieg nachdenklich und die sechs jungen Männer blieben eine Weile respektvoll stumm, konnten sie doch seinen Schmerz nur zu gut verstehen. Endlich drehte er sich wieder zu seinen Gästen um und wies auf den Armreif.

"Ich möchte ihn Euch überlassen, teurer Neffe. Bei Euch weiß ich ihn in den richtigen Händen."

Yami nickte. Er war überaus gerührt und legte sich den Schmuck beinahe ehrfürchtig um. Sein Gegenüber wischte sich eine Träne aus dem Augenwinkel und sah kurz zu Seto hinüber, der nicht recht wusste, wie er sich in Anwesenheit seines damaligen Vaters verhalten sollte. Joey allerdings brachte eine Frage auf, die wohl alle schon lange beschäftigte.

"Akitomo-san....sagen Sie, gibt es eine Möglichkeit, Imhotep zu töten? Er ist ein Unsterblicher und felsenfest davon überzeugt, dass wir ihm nichts anhaben können. Ist das wirklich so?"

"Oh nein, es gibt eine Möglichkeit. Es ist ein altägyptischer Zauber, der ihn sterblich macht. Und was sterblich ist, kann man töten. Allerdings wurde diese Zauberformel nur ein einziges Mal aufgeschrieben - um genau zu sein wurde sie eingraviert, und zwar in die goldenen Seiten des Buches des Amun-Ra."

"Wo befindet sich dieses Buch?" erkundigte sich Kaiba.

"In der Stadt der Toten....in Hamunaptra."

"Hamunaptra ist nur eine Legende. Es existiert nicht." erwiderte Tristan, doch der Blonde gebot ihm mit einer etwas herrischen Geste Schweigen.

"Ich muss dir leider widersprechen, mein Freund." Er trat ans Fenster und blickte hinaus. Die Heuschrecken glichen einem lebendigen Unwetter und seine braunen Augen verengten sich zu Schlitzen, als er die Gestalt Imhoteps in der Ferne auf dem Dach eines Hauses erkannt hatte. All der Schmerz, das Leid und die Angst....und in Hamunaptra ruhte der Schlüssel zum Sieg über den Verfluchten: Das Buch des Amun-Ra....

"Ja, ich muss dir widersprechen", wiederholte Joey in ernstem Ton. "Es existiert."

Painful memories

Ja, es geht weiter! Und als Vorwarnung: In diesem Teil wird's traurig (auch wenn's bloß Rückblenden sind), also, wer will, soll die Taschentücher rausholen! Trotzdem wünsche ich Euch viel Spaß beim Lesen!
 

&#65279;Kapitel 20: Painful memories
 

Akitomo-san und sein Beschützer Odeon führten den Pharao und sein Gefolge durch

verwinkelte und vermutlich wenig bekannte Straßen bis zum "Tokyo's World Museum", in dem sich auch eine alte Steintafel mit Inschriften befand. (Dieses Museum gibt es nicht, aber ich brauche es für die Geschichte) In Begleitung des alten Bibliothekars und Ägyptologen mussten sie nicht einmal Eintritt bezahlen und man ließ sie ungehindert die Räumlichkeiten passieren, bis sie die ägyptische Sammlung im obersten Stockwerk erreicht hatten. Herrliche Kostbarkeiten waren dort ausgestellt, auch eine goldene Statue der Katzengöttin Bastet und ein Streitwagen. Die besagte Steintafel bildete das Zentrum des Raumes, jedenfalls mutete es den Besuchern so an.

"Leider sind meine Sprachkenntnisse mit der Zeit ein wenig eingerostet, so dass es mir nicht möglich war, die wichtigsten Teile der Inschrift zu entziffern. Vielleicht kann es einer von euch? Ich glaube nämlich, dort finden wir einen Hinweis auf das genaue Versteck des Buches."

Duke schob sich in den Vordergrund. "Ich kann es versuchen, schließlich habe ich einmal als Dolmetscher fungiert, die Erinnerung an die Sprache ist in mir noch ziemlich deutlich und frisch. Hm, mal sehen...." Seine Finger glitten die verschiedenen Symbole und Zeichen entlang und er vertiefte sich in den Sinn der eingravierten Worte. Nach einer Weile meinte er: "Ich bin nicht sicher....es scheint, dass die beiden Bücher vertauscht wurden...."

"Die beiden? Zwei Bücher also? Welches denn noch?" erkundigte sich Tristan verblüfft.

"Den Hieroglyphen nach zu urteilen, ruhen zwei Bücher in den Tiefen von Hamunaptra: Das Goldene Buch des Amun-Ra und das Schwarze Buch der Toten...."

"Richtig, junger Freund. Die bisherigen Theorien - denn Hamunaptra ist offiziell noch nicht als real belegt - besagen, dass sich das Buch des Amun-Ra in der Statue des Anubis befindet, über das andere ist nichts näheres bekannt."

"Das mag sein, aber hier steht etwas anderes. Ich entnehme dem Text, dass ihr Standort verwechselt wurde - das Buch der Toten befindet sich in der Statue des Anubis....das Buch des Amun-Ra aber....in....ja, in der Statue des Horus!"

"Ach? Sieh an, und wieder ist es ein Falke, der uns den Weg weist! Es ist von Vorteil, dass wir jetzt diese Information und den Armreif des Anubis besitzen, denn Imhotep will beides. Noch wissen wir nicht alles über das, was damals geschehen ist, aber wir wissen, welchen Preis diese Welt zahlen muss, wenn wir versagen! Das Schicksal hat uns erneut ins Leben gerufen. Wir wurden geboren, um den Schrecken der Vergangenheit zu verhindern, auf dass sich die Tragödie

nicht wiederholt! Ich war Pharao zu jener Zeit und ihr habt mir Respekt entgegengebracht und Vertrauen! Ich will euch in diesem Kampf führen, wenn ihr mir folgen wollt! Seid ihr bereit dazu?!"

Yami hatte sich vor seinen Freunden aufgebaut und viel Feuer in seine Stimme gelegt. Seine amethystfarbenen Augen brannten vor Entschlossenheit und Bakura rann ein wohliger Schauer über den Rücken, als er seinen Geliebten so leidenschaftlich reden hörte. Niemandem sonst würde er folgen....außer ihm. Ein allgemeines, zuversichtliches Nicken war die Antwort und die Gruppe verabschiedete sich von Akitomo-san und Odeon, um in ihre Pension zurückzukehren. Der Besitzer der kleinen Unterbringung musterte seine Gäste neugierig.

"Eine merkwürdige Idee, gerade jetzt in Tokyo Urlaub zu machen, wo doch die Götter scheinbar entschieden haben, die Stadt zu vernichten! Nun, meine Herren, Sie müssen ja wissen, was Sie tun, aber ich rate Ihnen, bleiben Sie nicht zu lange! Seltsame Dinge gehen hier vor sich, und damit meine ich nicht nur diese furchtbaren Plagen! Neulich habe ich auf einem Hausdach eine unheimliche Gestalt gesehen, mit einem Umhang, die mit ausgebreiteten Armen das Chaos in

den Straßen beobachtet hat! Meine Frau glaubt mir kein Wort, aber ich bin sicher, dass dieser Jemand etwas mit den Plagen zu schaffen hat! Ich sage es noch einmal: Sie sollten so rasch wieder verschwinden wie Sie nur können, was immer Sie in Tokyo wollen!"

Joey trat vor und lächelte den besorgten alten Mann freundlich an. "Wir sind gekommen, um dem Schrecken ein Ende zu bereiten. Wir können unmöglich gehen."

"Ist das Ihr Ernst?? Was können Sie schon ausrichten, wenn uns die Götter zürnen?"

"Ich versichere Ihnen: Es sind nicht die Götter, die uns zürnen...."

>>....sondern es ist die grauenhafte Erfüllung eines Fluches, der vor fünftausend Jahren ausgesprochen wurde und der jetzt seinen Tribut fordert....<< fügte er in Gedanken hinzu und nahm den Zimmerschlüssel in Empfang. Man hatte ihnen drei Doppelzimmer im selben Stockwerk zugeteilt und alle Beteiligten waren erleichtert, nach ihrer stressigen Ankunft und

dem, was sie auf den Straßen erlebt hatten, ausruhen zu können, die beanspruchten Glieder ausstrecken und vielleicht ein heißes Bad genießen zu dürfen.
 

Tristan war damit beschäftigt, seine Reisetasche auszupacken, während Duke die Waage und die Kette betrachtete, die beiden Millenniums-Gegenstände, die ihnen überverantwortet worden waren. Seine Erinnerungen schweiften zurück zu jenem Tag, da sie sich in Richtung Ägypten eingeschifft hatten, um dem Senatsbeschluss Folge zu leisten und die diplomatische Mission durchzuführen.
 

~~ RÜCKBLENDE ~~
 

Feldherr Tristanus Quintus, prächtig anzusehen in seiner goldüberzogenen Rüstung, den Schnürsandalen und dem roten Umhang, stand an der Reling der "Neptun" und sah seine geliebte Heimat in der Ferne verschwinden. Ihm war es schwer ums Herz, doch er wusste auch, dass die Aufgabe, für die er ausgewählt worden war, eine große Ehre war, noch dazu in seinem Alter. Die Sonne lag voll auf seinem aristokratisch-römischen Antlitz und Dukedas, scheinbar darin vertieft, eine Begrüßungsrede für den Pharao zu formulieren, konnte der Versuchung nicht widerstehen, ab und an zu ihm hinüberzublicken und jede einzelne Nuance dieses Gesichtes in sich aufzunehmen. Er spürte, wie sich sein Herzschlag beschleunigte und verfluchte sich unweigerlich selbst für seine Torheit.

>>Ich bin ein dummer und einfältiger Narr! Was bilde ich mir ein?! Er ist mein Herr, mein Gebieter, ein Römer von hoher Abstammung, ein berühmter Feldherr, und ich, was bin ich? Ein Sklave, der nur das Recht auf Arbeit besitzt und sonst gar nichts, dem normalerweise keine Würde zugestanden wird und dem es nicht erlaubt ist, etwas für sich selbst zu fordern! Aber ich fordere, verlange....und zwar ihn! Jeder Tag, der verstreicht, macht mir seine Nähe nur umso schmerzlicher bewusst, da er unerreichbar für mich ist....jeden Tag muss ich sein Lächeln sehen, seine geschmeidigen Bewegungen, wenn er geht, die dynamischen Gesten, wenn er spricht und seine Worte unterstreicht....muss den Anblick ertragen, den er bietet, wenn er sich in den Schwertkünsten übt, selbst in der prallen Sonne, mit entblößtem Oberkörper und der sanft gebräunten Haut, die, nass vom Schweiß, glänzt wie geschliffener Marmor....Mein Gebieter....wenn Ihr nur wüsstet, wie sehr ich Euch begehre....Hathor, Göttin der Liebe, warum

quälst du mich so?! Ich werde noch verrückt, wenn ich ihn nicht haben kann....!!<<

Und doch war es ihm unmöglich, seine Augen von diesem schönen Mann zu lösen. Seit einiger Zeit schon war er sich über seine Gefühle für Tristanus im Klaren, aber er machte sich keinerlei Hoffnungen. Auch wenn der Feldherr sich ihm gegenüber wohlwollend und gütig zeigte, jetzt, da alle seine törichten Fehler hinter ihm lagen, änderte das nichts an der Tatsache, dass zwischen ihnen ein enormer Standesunterschied klaffte wie eine unüberwindliche Schlucht. Zwar war Dukedas glücklich, Ägypten, das Land seiner Geburt, wiederzusehen, aber es spielte für ihn keine Rolle mehr, wo er letztendlich lebte, denn seine Heimat, das war für ihn der Ort, an dem auch Tristanus war....

Ein kräftiger Wind blähte die Segel der "Neptun" und das Schiff gewann rasch an Fahrt. Bald würden sie dem Herrscher des Nil-Königreiches gegenüberstehen, dem stolzen Pharao Atemu....
 

Aber diese Reise brachte viele Veränderungen mit sich. Sklave und Gebieter fanden einander inmitten einer Kette von blutigen Ereignissen, ausgelöst und angetrieben durch Hass, Verrat, Neid, unerwiderte Liebe und Machthunger....Für kurze Zeit nur war es ihnen vergönnt, ihre Liebe zu teilen....Es war jener furchtbare Tag nach dem zweiten Angriff des Skorpionkönigs.

Die Anubiskrieger und er selbst waren unlängst in die Tiefen der Oase von Ahm Shere verbannt worden, als die wenigen Überlebenden des Massakers wie zerbrechliche Schatten durch das einstmals so strahlende Alexandria wanderten, unter ihnen der Dieb Aton....und Dukedas. Der Schwarzhaarige konnte nicht fassen, welche Wüste der Zerstörung und des Todes die Schakale hinterlassen hatten, aber dieses Entsetzen wurde von der Sorge um Tristanus, der in die Schlacht gezogen war, noch verstärkt. Endlich entdeckte der junge Mann einige römische Soldaten, die unter der Führung ihres Feldherren auf ägyptischem Boden gekämpft und ihr Leben verloren hatten. Zitternd bewegte er sich vorwärts, als eine schwache Stimme seinen Namen rief. Dukedas folgte ihr und er fand jenen, den er liebte, tatsächlich....in einer Blutlache. Sanft hob er den entkräfteten Leib an und strich dem anderen durch das verschwitzte, wirre braune Haar.

"Du....bist....in Sicherheit, Liebster...." flüsterte der Befehlshaber und berührte zärtlich die Wange seines Dieners, der sich verzweifelt bemühte, seine Tränen zurückzuhalten, jedoch ohne Erfolg.

"Weine nicht....glaubt ihr Ägypter nicht an ein Leben nach dem Tod....? Also, dann werden wir uns auf der....anderen Seite....wiedersehen....auch wenn mein....Weg....kürzer ist, als der....deine....obwohl wir nicht mehr vereint sein können....werden wir doch nie....getrennt sein...."

"Du solltest nicht sprechen....das strengt dich nur unnötig an....Ach, ich wünschte, das alles wäre nie passiert!! Wenn wir uns nicht begegnet wären, dann....!!"

"....Sag das nicht! Lieber sterbe ich jetzt....als dass ich hundert Jahre lebe....ohne dich gekannt zu haben....ich liebe dich, Dukedas...." Die streichelnde Hand an der weichen Haut verkrampfte sich wie unter einer letzten, schmerzhaften Aufwallung von Todesqual, schließlich sackte sie herab und blieb auf dem Überwurf des Sklaven liegen. Der Ägypter brachte eine geraume Weile

kein Wort über die Lippen, wie versteinert sass er da und stierte ohne Reaktion vor sich hin.

Dann kroch ein Schrei in ihm hoch und erfüllte die geisterhafte Stille um sie herum, bis er in einem bebenden Schluchzen verebbte: "NEIN!!!!"

Helle silberne Tränen sprangen aus seinen grünen Augen und nässten das ermattete Gesicht. Von Trauer und Schmerz gebeugt, krallten sich seine Finger in den Umhang des Feldherren und lange, viel zu lange....hörte man nichts anderes als seine wilde Verzweiflung....
 

~~ ENDE DER RÜCKBLENDE ~~
 

Duke schloss die Augen, um das schreckliche Bild aus seinem Kopf zu verdrängen, als Tristan ihn plötzlich von hinten umarmte.

"Du siehst so bedrückt aus, koibito! Was ist los? Es ist doch nicht etwa wegen Imhotep? Hab keine Angst, wir werden ihn besiegen!"

"Das ist es nicht....ich....musste gerade daran denken, wie du damals in meinen Armen gestorben bist....Ich will nicht, dass sich das noch einmal wiederholt....und ich will dich nicht verlieren! Diese ganze Sache ist einfach nur....Imhoteps Augen....hast du seine Augen gesehen? Kalt und starr, wie aus Plastik! Auch wenn ich in meinem früheren Leben nie direkt mit ihm zu tun hatte, wünsche ich nichts mehr, als dass er wieder in sein Grab zurückgeschickt wird! Er hat so viel Leid über Joey, Seto, Yugi und Ryo gebracht, nur um seine Gier nach Macht und fleischlichen Gelüsten zu befriedigen! Er....hat längst vergessen....was Liebe wirklich bedeutet....im Grunde ist er eine bedauernswerte Kreatur....aber nichts kann seine Taten rechtfertigen! Egal, was geschieht, wir müssen ihn aufhalten!"

Tristan drehte den Dungeon-Dice-Erfinder zu sich herum und blickte ihm tief in die smaragdgrünen Augen. In den seinen brannte ein altes, dem Schwarzhaarigen sehr vertrautes Feuer, eine Flamme von Tapferkeit, Heldentum und Kampfbereitschaft, die vor langer Zeit auch im Herzen eines jungen Feldherren gelodert hatte.

"Die Katastrophe wird sich NICHT wiederholen, hörst du?! Niemand wird uns mehr trennen, auch die Schakale des Anubis nicht! Diesmal werde ich dem Tod entrinnen, bevor ich auch nur ein einziges Mal ohne dich aufwache!"

Damit umschlang er seinen Liebsten und überwältigte diesen mit einem innigen,

leidenschaftlichen Kuss....
 

Yami lehnte den Kopf zurück und atmete genüsslich aus. Er sass in der Badewanne und ließ das heiße Wasser seine angespannten Muskeln lockern. Die Tür ging und Bakura betrat den kleinen Raum. Ein Lächeln glitt über seine Züge, als er des Pharaos ansichtig wurde, dessen Antlitz ruhig und entspannt wirkte. Sein Haar war nass und glänzte, die perlgleiche Haut schimmerte im Licht der Deckenlampe verheißungsvoll und die rosigen Lippen waren ein wenig geöffnet, wie in stummer Einladung. Der Grabräuber beugte sich hinunter und küsste den einstigen Herrscher Ägyptens.

"....Aton? Hast du endlich deine Tasche ausgepackt, oder muss ich das für dich tun? Du hast wirklich keinen Sinn für Ordnung!"

"Du klingst schon wie Ryo! Ein Dieb hält nichts von Ordnung, weder von der räumlichen noch der gesetzlichen! In meinem Unterschlupf lag immer alles aus Prinzip wie Kraut und Rüben durcheinander!"

"Na, zumindest in der Ausführung deines....'Handwerks' warst du stets sehr gründlich, das steht fest. Und du warst risikofreudig und hast nichts unversucht gelassen....selbst in den Tempel des Amun-Ra hast du dich eingeschlichen und einen der Millenniums-Gegenstände gestohlen, ein heiliges Artefakt! Du hattest vor nichts Respekt oder Pietät, dein einziges Interesse galt Gold und Nervenkitzel....Nie konntest du deine Finger von schönen Dingen lassen...."

"Wie recht du hast!" grinste Bakura boshaft und begann, sich auszuziehen. Die Socken flogen achtlos in eine Ecke, dicht gefolgt von der Jeans, dem Hemd und den Boxershorts. Dann stieg er zu Yami in die Wanne und fing an, die makellose Brust vor sich mit glühenden Küssen zu bedecken. Seine kühlen Finger liebkosten die Brustwarzen des Königs der Spiele, die sich daraufhin leicht aufrichteten und schließlich verschmolzen ihre Lippen in einem hartnäckigen Zungenspiel, in dem sich keiner von beiden unterjochen lassen wollte.

"Wie du schon....so richtig....bemerkt hast...." stieß der Weißhaarige zwischen den Pausen zum Luftschöpfen hervor, "....kann ich....meine Finger....nicht von....schönen Dingen lassen....Und du bist zweifellos das Schönste, was ich je....mein eigen....zu nennen wünschte....Atemu....!"
 

~~ RÜCKBLENDE ~~
 

Aton, der berühmt-berüchtigte "Schwarze Skarabäus", sprang von einem kümmerlichen Rest der Palastmauer in den Straßenstaub. Fassungslos und entsetzt schweifte sein Blick über das, was vor wenigen Stunden noch die strahlende Stadt Alexandria gewesen war. Der Garten war völlig verwüstet und der Palast selbst glich eine Ruine. Mechanisch, wie von fremder Hand gesteuert, begab er sich vor die Tore der Metropole, wo die Schlachtreihen der Medjai und die

Truppe des römischen Gesandten erneut auf den Skorpionkönig geprallt waren. Der

Kriegsschauplatz war übersät mit toten Körpern und ein unangenehmer Wind fegte über die Gefallenen hinweg. Aton stolperte weiter, sein Herz donnerte mit verdreifachtem Tempo gegen seinen Brustkorb und die Angst, die in ihm hochkroch, wurde - leider - bestätigt. Dort lag er. Er hatte ihn gefunden. Und obwohl seine Rüstung zerschlagen, sein Untergewand zerrissen und sein Gesicht schmutzig war, hatte er nichts von seiner Schönheit eingebüßt. Er sank in die Knie und hob den blutenden Leib vorsichtig an. Er war noch warm.

"....Aton...."

"Atemu! Du lebst!"

"....noch....Aber ich bin glücklich, dass du unverletzt bist....dir ist nichts geschehen, das ist das Wichtigste....Was ist....mit Alexandria?"

"...."

"Du schweigst?....Ich verstehe. Dann ist meine Heimat also....den Schakalen zum Opfer gefallen....verschlungen haben sie uns, wie ein Jäger....seine Beute verschlingt....Wenigstens hast du überlebt, Aton....wir werden uns auf der anderen Seite wiedersehen....aber mein Weg dorthin hat früher begonnen als der deine. Lass....mich....gehen....Geliebter...."

"Nein!!! Ich kann dich nicht gehen lassen - ICH KANN NICHT!!!!" Langsam rannen Tränen aus seinen dunklen Augen und tropften auf Atemus Wange. Der Pharao lächelte schmerzvoll und richtete sich mit letzter Kraft auf, um den schwarzgewandeten Grabräuber noch einmal küssen zu können. Atons Gesicht war von Verzweiflung und Kummer verzerrt, er presste seinen Regenten behutsam an sich und dämpfte sein Schluchzen an dessen Schulter, bis er plötzlich

spürte, wie der Körper in seinen Armen schlaff und schwer wurde. Sanft ließ er ihn auf den Boden zurücksinken und betrachtete das stolze Licht Ägyptens, das nun erloschen war....für immer. Er erhob sich und der ungemütliche Wind spielte mit seinem Umhang, während er fortfuhr, den Leichnam seines Liebsten zu mustern. Seine Stimme, brüchig und leise, durchdrang als einziges die unheilvolle Stille, die sich über allem ausgebreitet hatte. Eine Träne

lief über seine üble Narbe, seine Zähne hatte er fest aufeinander gedrückt.

"Ich werde nie wieder lieben."
 

~~ ENDE DER RÜCKBLENDE ~~
 

Yami starrte verwirrt auf Bakura hinunter, der mit einem Mal seine Berührungen beendet hatte und ihn nun umklammerte, als müsse er verhindern, dass er einfach die Flucht ergriff. Sein kraftvoller Leib bebte, ein heftiges Zittern hatte sich seiner bemächtigt.

"Aton! Was ist mit dir?"

"Ich....ich hatte soeben eine Erinnerung an damals....an deinen....Todestag....bei allen Kami....mein Herz schreit vor Schmerz, obwohl es schon so lange her ist....Ich bin nicht sicher, ob ich es überstehen werde, wenn du....ein zweites Mal...."

Yami packte den Grabräuber an den Schultern, der Armreif des Anubis glitzerte nach wie vor an seinem Handgelenk, denn es schien ihm zu riskant, ihn abzunehmen und im Zimmer herumliegen zu lassen.

"Jetzt hör mir gut zu!! Imhotep hat mein Vertrauen in dich erschüttert und schließlich starb ich im Kampf gegen den Skorpionkönig! Aber es kann nicht sein, dass wir nur wiedergeboren wurden, damit sich das Unglück von damals erneut ereignet! Wir sind hier, weil wir die Kraft und den Mut haben, um den Priester zu stoppen und ihn ein für alle mal unschädlich zu machen!! Wenn wir jetzt aufgeben, hat Imhotep so gut wie gewonnen! Und ich habe nicht fünftausend Jahre darauf gewartet, ihn endlich in seine Schranken zu verweisen und diesen

Alptraum zu vernichten, um auf halbem Weg wieder umzukehren!!"

Bakura sah in diese violetten, verführerischen Augen voller Entschlossenheit, fühlte die Stärke und Unbezähmbarkeit dahinter und schüttelte seine schlechten Gedanken ab, die ihn zu lähmen gedroht hatten. Seine Arme bildeten einen engen Gürtel um die Taille des ehemaligen Pharaos und sie tauschten einen intensiven Kuss, bevor Yami seinen koibito unvorhergesehen von oben bis unten nass spritzte und das Ergebnis mit einem munteren Lachen quittierte.

"He!! Was fällt dir ein?! Lach nicht so bescheuert, du Möchtegern-Meisterduellant!! Na warte, das gibt Rache....!!"
 

Joey und Seto standen am Fenster ihres Doppelzimmers und verfolgten bedrückt die Flüge der Heuschrecken, die wie dicke Wolken über Tokyo schwebten und alles fraßen, was ihnen unter die Kiefer kam. Ein Hund schlich über die Straße, sackte zusammen und blieb schließlich in einer schmutzigen Pfütze liegen, wo er sein Leben aushauchte. Es gab zwar kein Vieh, das von der Pest befallen werden konnte, aber dafür starben nun die Haustiere. Es war die nächste Plage,

damals in Ägypten hatte es sich allerdings um ein Rindersterben gehandelt. Aber wer die Opfer waren, spielte letztendlich keine Rolle - furchtbar war es so oder so.

"Welche Plagen fehlen noch?" erkundigte sich Kaiba und schloss seine Arme fest um die Schultern seines Falken.

"Es sind zehn im ganzen. Wir hatten das Blut, die Frösche, die Stechmücken, die Fliegen, die Heuschrecken und jetzt die Tierpest. Es fehlen noch Hagel, Finsternis, Geschwüre und....der Tod der Erstgeburten. Ach Seto....ich wünschte bloß, wir könnten den Menschen hier das alles ersparen!"

"Das ist nicht möglich. Wir können Imhotep nur mit dem Buch des Amun-Ra töten, das heißt, in Hamunaptra. Solange er sich noch in Tokyo aufhält, um seine Macht auszubauen, haben wir keine Chance. Wir könnten zwar nach Ägypten reisen, um das Buch zu holen, aber sei ehrlich - willst du die Menschen mit dieser Kreatur allein lassen? Das können wir wohl kaum verantworten. Außerdem ist er der einzige, der den Weg nach Hamunaptra kennt."

Der Blonde wand sich aus der Umklammerung und wanderte unruhig auf und ab. Seine

Erinnerungen sagten ihm, dass das nicht völlig stimmte. Auch Horus war einst in der Stadt der Toten gewesen....aber warum? Er ahnte, dass es etwas mit dem Tod von Atemus Vater zu tun hatte und mit seiner Berufung zum Hauptmann der Medjai....

"Nein, ich kenne ihn ebenfalls. Zumindest war das einmal so, aber ich kann mich an keine Einzelheiten erinnern. Hm....ich frage mich, wie es Marik und Ishizu ergehen mag....sie haben sich nicht mehr gemeldet, seit sie nach Kairo abgeflogen sind. Ob ihnen etwas passiert ist?"

"Machst du dir Sorgen? Das ist nicht nötig. Marik ist die Reinkarnation eines Gotteskriegers und wenn er nur ein halb so guter und geschickter Kämpfer ist wie du, hat er allemal eine Chance gegen irgendwelche Monster, die Imhotep ihm auf den Hals hetzen könnte. Außerdem ist der verfluchte Bastard doch hier und weiß nicht, dass zwei von uns sich auf ihre eigene Mission begeben haben. Was immer sie in ihre Heimat gerufen hat, ich bin überzeugt, dass es von Bedeutung ist. Osiris hätte dich niemals ohne einen triftigen Grund im Stich gelassen,

weder damals noch heute, denn er war einmal dein bester Freund."

"Ja, ich weiß. Aber Marik hat sich mir gegenüber bisher sehr distanziert benommen, als wolle er es vermeiden, eine Beziehung zu mir aufzubauen. Ich finde das sehr schade."

Seto schwieg hierzu, denn plötzlich war ihm ein Gedanke gekommen. Seth hatte den jungen Medjai schon oft auf dem Trainingsplatz gesehen, wie er sich von Jono ein paar Finten und Techniken beibringen ließ und stets waren seine lilafarbenen Augen von einer unbestimmten Sehnsucht und einer unzerstörbaren Loyalität erfüllt gewesen....
 

~~ RÜCKBLENDE ~~
 

Osiris duckte sich unter dem Schlag seines Anführers weg und holte mit seinem Spieß aus, doch Jono reagierte wie der Blitz, sprang räderschlagend nach hinten und entfernte sich so von seinem Freund, dessen Attacke ins Leere ging.

"Nicht schlecht, wirklich. Du hast große Fortschritte gemacht. Wenn du dich noch ein wenig stärker konzentrierst, wirst du ein schwerer Gegner sein, selbst für mich. Wir wiederholen die Übung! Ausgangsposition!"

"Jono...."

"Ja? Was ist?"

"Ich habe gehört, dass du dich erneut mit dem Hohepriester gestritten hast."

"Ha - und wenn schon! Einem wie Seth kann es gar nicht schaden, ab und zu eine kleine Abreibung zu kriegen! Irgend jemand muss ihm schließlich mal den Kopf zurechtrücken!"

"Aber...."

"Was hast du denn?"

"Ich....ich weiß, dass du gestern Nacht im Naos gewesen bist!"

Der goldhaarige Krieger hob bestürzt die Augenbrauen und seufzte. "Naos" war der Name des Ortes, der sich im heiligsten Teil eines Tempels befand und die Statue des jeweiligen Gottes beherbergte....und zu dem einzig der Oberpriester Zugang hatte.

"Dann brauche ich dir wohl nichts mehr vorzumachen....es ist wahr, ich habe Seth aufgesucht und ihm meine Liebe gestanden. Nie habe ich einen Mann sosehr begehrt wie ihn. Er ist stolz, unnahbar, stark, kühl und berechnend wie eine Schlange....aber in ihm brennt ein Feuer, das mich verzehrt....Osiris, es mag dir unvernünftig erscheinen, aber es gibt nur einen einzigen Kampf, den ich nicht gewinnen kann - den Kampf gegen die Liebe! Bitte verurteile mich nicht

für meine Gefühle!"

Der andere Medjai schüttelte wild den Kopf und es war, als perlten Tränen aus seinen Augen. Er zeigte ein entschuldigendes Lächeln und winkte ab.

"Nicht doch! Das würde ich nie tun! Dich verurteilen, das könnte ich gar nicht! Ich würde jedem die Zunge verknoten, der es wagt, etwas gegen dich zu sagen!"

"Danke....mein Freund."

Seth hatte sich während dieses Gespräches im Schatten einer Mauer versteckt gehalten, da er es vorzog, den schönen Jono alleine zu treffen. Doch nun, da er sich Osiris' Antlitz näher betrachtete, überkam ihn eine Ahnung. Sollte der Jugendfreund des Anführers mehr für diesen empfinden, als er zugab? Konnte das sein? Es lag eine stumme Verzweiflung in seinem Blick und ein Schmerz, den er nicht zu benennen wagte....
 

~~ ENDE DER RÜCKBLENDE ~~
 

Kaiba seufzte tief. Wie viele Männer musste es gegeben haben, die den strahlenden Falken begehrt hatten! Seth war nur einer unter vielen gewesen, als ihm das unermessliche Glück zuteil wurde, der Auserwählte des Kriegers zu sein. Der Firmenchef drehte Joey zu sich herum und sagte: "Marik ist nichts passiert, ihm geht es gut, ich spüre es! Und auch wenn dir die Situation jetzt vielleicht hoffnungslos erscheint, so gib nicht auf! Imhotep kann dir nichts anhaben! Du

bist wie der Diamant - nichts wird dich brechen, am allerwenigsten er! Unsere Liebe hat fünftausend Jahre überdauert und sie ist es, die uns Kraft verleiht! Ich....ich liebe die Harmonie deiner Schönheit und deines Geistes....die Vollkommenheit, mit der dein Körper deine Seele widerspiegelt. Du bist ein edler und doch sonderbarer Mann....du verstehst dich auf die Jagdschlingen des Falken, du besitzt seine Grausamkeit und seine scharfen Krallen, und du hast

dir dennoch Zärtlichkeit, Wärme, Güte und Aufopferungsbereitschaft zu bewahren gewusst! Du bist wandelbar wie der Horizont und zugleich beharrlich und ewig wie die Sonne....du gleichst allen Männern und bist keinem von ihnen ähnlich....Ich liebe die Verheißungen deiner Leidenschaftlichkeit und deines Mutes, deines unbrechbaren Willens und deines Freiheitsdrangs....Ich bewundere dich dafür, dass du Seth glühend begehren konntest, ohne deine Unabhängigkeit oder dich selbst dabei aufzugeben....Du bist wie ein wertvolles Gefäß, in

das die Götter die unterschiedlichsten Schätze unseres Geschlechts geschüttet zu haben scheinen....Ich werde niemals zulassen, dass Imhotep dich in die Hände bekommt! Lieber sterbe ich!"
 

Joey erschauerte unter diesen so gefühlvoll gesprochenen Worten. Er erinnerte sich, dass Seths erste Liebeserklärung ebenso ausgefallen war. Er war nicht fähig, eine Antwort darauf zu formulieren, aber was hätte er auch erwidern sollen? Also schloss er die Augen und vereinte ihre heißen Lippen in einem tiefen, sinnlichen Kuss. Chons, der Falke, sass unterdessen auf dem Dach der Pension und spähte nach einer eventuellen Beute. Dann breitete er seine Schwingen aus und erhob sich majestätisch in den dunklen Himmel....

Die Hüterin der Nephthys

So, das neue Kapitel!! Viel Spaß beim Lesen!
 

Kapitel 21: Die Hüterin der Nephthys
 

Es war Nacht über Tokyo, der Stadt, in der jetzt der Schrecken regierte. Imhotep betrachtete sein Werk zufrieden vom Tokyo Tower aus. Er erwartete heute einen wichtigen Gast, der ihm in seiner Vergangenheit sehr nahe gestanden hatte und ihm stets treu gewesen war. Mit ihrer Hilfe würde er die Armee des Anubis wiedererwecken können und ein neues Königreich errichten - sein Königreich. Er spähte nach unten und seine scharfen Augen erkannten bald die Gestalt einer Frau mit langem schwarzen Haar, die sich dem Turm näherte. Es tat gut, sie endlich wiederzusehen....
 

~~ RÜCKBLENDE ~~
 

Der junge Priester Imhotep sprang die Stufen zum Nephthys-Tempel hinauf und seine dunkelgrauen Augen suchten die Umgebung ab. Endlich entdeckte er jene, die er anzutreffen gehofft hatte: seine ältere Schwester, Anck-su-namun. Ihre Miene verriet eine schlechte Laune und ihre fest zusammengepressten roten Lippen glichen einer harten Linie. Als sie den Fünfundzwanzigjährigen endlich bemerkt hatte, winkte sie ihn heran und geleitete ihn ins Naos, wo sich stolz und schön die Statue der Göttin erhob.

"Eigentlich dürftest du gar nicht hier herein, aber immerhin bin ich die Hohepriesterin dieses Tempels, da ist das etwas anderes." erklärte Anck-su-namun, aber man konnte deutlich erkennen, dass das nicht der Posten war, den sie angestrebt hatte. Eine steile Falte hatte sich in ihre Stirn gegraben und die Verbitterung in ihren Zügen verlieh ihrem ansonsten attraktiven Gesicht etwas unangenehm Herbes und Kaltes. Imhotep schwieg bedrückt, war er doch eigentlich gekommen, um ihr seinen Liebeskummer zu beichten und nun hatte sie selbst Schwierigkeiten.

"Ich verstehe nicht, Schwester. Wolltest du denn nicht Priesterin sein?"

"Jedenfalls keine der Göttin Nephthys. Als Gattin und Schwester des Seth hat sie zwar dennoch einen guten Ruf und gilt als mildtätig und mitfühlend, aber das ändert nichts daran, dass ihre Zusammengehörigkeit mit dieser negativ belasteten Gottheit ihre Verehrung trübt, auch wenn sie sich im Osiris-Mythos gegen ihren Gemahl stellte. Außerdem ist das hier eine kleine Huldigungsstätte, in keiner Weise zu vergleichen mit dem Haupttempel des Amun-Ra! Dort hätte ich Priesterin werden sollen! Aber dieser verfluchte Oberpriester, der zu allem Überfluss ebenfalls den Namen ,Seth' führt, hat nicht mich in sein Gefolge aufgenommen, sondern diese verwünschte Isis! Sie ist kein Stück qualifizierter als ich, aber natürlich wählt er sie! Und weißt du auch, warum?! Nicht wegen ihrer Fähigkeiten, nein! Aber sie ist die Schwester des Gotteskriegers Osiris und dieser wiederum ist der beste Freund des Medjai-Hauptmanns Jono, alias Horus! Und was tut Seth nicht alles, um sich bei diesem goldhaarigen Jüngling einzuschmeicheln!! Ha! Ich persönlich begreife ja nicht, warum dieser Bengel dir so gefällt, aber meinetwegen!"
 

"Fasziniert dich seine Schönheit denn überhaupt nicht? Wie oft habe ich des nachts schon davon geträumt, von Horus berührt zu werden....sein Haar wie aus Sonnenlicht und seine Augen wie die eines Falken....sein Körper ist so makellos wie eine Perle....und seine Bewegungen.... anmutig und geschmeidig...."

"Hm. Ich gebe zu, er ist ein schöner Mann und nicht wenige denken wie du. Beide Geschlechter begehren ihn gleichermaßen, aber diesen wilden, stolzen Falken zu zähmen, dürfte wohl niemandem gelingen. Aber er ist mir zu jung. Immerhin bin ich schon siebenundzwanzig! Doch gegen Isis verloren zu haben....! Wie ich es hasse, sie im Tempel des Amun-Ra zu sehen! Das ist mein Platz! Wenigstens hast du es geschafft, Mitglied von Seths Priesterschaft zu werden, nachdem es mir verwehrt geblieben ist! Und nun setz dich. Ich schätze, du möchtest mit mir darüber reden, wie du dich Horus nähern könntest?"

"Richtig."

"Woher wusste ich das bloß....?"
 

"Shadires."

Keine Reaktion. Der junge Priester fuhr fort, teilnahmslos in die Ferne zu blicken und sog den Duft des Meeres ein, der vom Wind herangetragen wurde.

"Shadires!!!"

Der Angesprochene sagte immer noch nichts. Seine blauen Augen waren von Wut und Zweifel überschattet und sein Mund glich einer harten Linie.

"SHADIRES!!!!"

Endlich hörte er. Erschrocken erhob sich der braungebrannte Mann mit dem kahlrasierten Schädel. Auf seiner Stirn prangten schwarze Muster, mystische Zeichen, wie sie auch viele andere Priester des Amun-Ra trugen. Als er seinen Gegenüber erkannte, versank er in einer respektvollen Reverenz und entschuldigte sich für seine Unaufmerksamkeit.

"Verzeiht bitte, ehrenwerter Akunadin. Es lag mir fern, Eure Geduld auf die Probe zu stellen. Es ist nur....Ihr wisst, dass ich versagt habe...."

Der ehemalige Oberpriester des Tempels und Vater von Seth hob beschwichtigend die Hand und gebot seinem Gefolgsmann Schweigen. Das Jahrtausend-Auge, eines der sieben heiligen Artefakte, welche die Königsfamilie beschützen sollten, ersetzte sein eigenes, das er als Jugendlicher bei einer gefährlichen Schwertübung verloren hatte. Der sogenannte "Kreis der Sieben Hüter" war dafür verantwortlich, dass jenen Gegenständen, die angeblich magische Kräfte besassen, obwohl niemand im Volk näheres darüber wusste, nichts geschah und dass sie stets ihre Funktion erfüllen konnten. Zu dieser erlesenen Verbindung gehörte Akunadin ebenso wie sein Sohn Seth, der den Stab bewachte, Pharao Atemu II., in dessen Händen sich das Prisma befand, Horus alias Jono, der Hauptmann der königlichen Leibwache, um dessen Hals das Symbol des Lebens, Ankh, hing und schließlich die drei Priester, die zu Akunadins persönlichem Gefolge zählten: Mahado, der für den Ring verantwortlich war, Mana, der die Obhut über die Kette oblag und natürlich Shadires, der sich um die Waage zu kümmern hatte.

Allerdings....
 

"Leihe mir dein Ohr, sturer Kerl! Dich trifft keine Schuld! Du kannst nichts dafür, dass die Waage gestohlen wurde, man hat dich niedergeschlagen! Ein Ohnmächtiger kann niemanden aufhalten!"

"Das ist es ja!! Ich war nicht vorsichtig genug! Ich hätte besser aufpassen müssen und statt dessen habe ich Euch und den Pharao schwer enttäuscht! Ich habe meine Pflicht schlecht erfüllt! Ich bin es nicht wert, Priester des Amun-Ra und noch dazu einer der Sieben Hüter zu sein!!"

"....Es scheint, als hätte ich mit einer Wand gesprochen! Du bist einer meiner besten Männer und du hast diesen Posten nicht erhalten, weil du unfähig bist! Traust du mir eine so mangelhafte Menschenkenntnis zu? Du bist entschlusskräftig, Shadires, intelligent und couragiert! Und jetzt ist Schluss mit dieser Trübsalblaserei, hast du mich verstanden?"

Aber erneut schenkte ihm der Vierundzwanzigjährige keine Beachtung, denn sein Blick glitt hinüber zu einem Medjai von schöner Gestalt, der soeben die Tempelstufen erklomm. Er hatte sandfarbenes Haar, Augen von einem hellen Lila-Ton und er war in den traditionellen blauen Waffenrock gekleidet. Akunadin runzelte die Stirn und musterte seinen Schüler interessiert, bis er des Verlangens gewahr wurde, das Shadires für den Krieger empfand. Er schüttelte betrübt den Kopf, wusste er doch, wie sinnlos diese Gefühle waren, gehörte das Herz des tapferen Osiris doch schon seit Jahren seinem stolzen Anführer und Freund. Liebe mochte die schönste Sache der Welt sein, aber wie oft wurde durch sie auch vieles ungleich komplizierter....Er seufzte, schlug dem anderen Priester wohlwollend und aufmunternd auf die Schulter und ging, seinen Sohn zu suchen, ebenfalls einer jener Männer, der sich des Zaubers von Horus nicht entziehen konnte.
 

Unterdessen waren Isis und Mana damit beschäftigt, den Opferaltar zu schmücken, als Mahado hinter einer Säule hervor lugte und einen sehnsuchtsvollen Blick zu der blonden jungen Frau hinübergleiten ließ. Sie war sein Lehrling gewesen, bis sie alt genug war, das Amt einer vollwertigen Priesterin auszuüben und seit sie in ihre neuen Pflichten eingebunden war, sah er sie nur noch selten, meistens im Naos des Amun-Ra-Tempels, zu dem neben dem Hierophant auch die Sieben Hüter Zugang hatten und wo die heiligen Artefakte ruhten. Isis lächelte spitzbübisch und fragte geradeheraus: "He, Mahado! Wie lange willst du dich denn noch dahinten verstecken?"

"Ich verstecke mich nicht!" protestierte er sofort, doch Manas glockenhelles Lachen ließ ihn verlegen erröten. Er wandte sich beschämt ab und trat in den Sonnenschein hinaus, wo er sich neben Shadires setzte.

"Liebeskummer, mein Freund?" erkundigte sich dieser.

"Mindestens genauso viel wie du. Ich habe den Eindruck, mich immer mehr von Mana zu entfernen, seit sie kein Lehrling mehr ist. Früher war sie so schüchtern und zaghaft und suchte stets meinen Schutz, aber nun, da sie zur Frau herangereift ist und einen verantwortungsvollen Posten bekleidet....ach....hat....hat der ehrenwerte Akunadin dir Vorwürfe gemacht?"

"Weil ich die Waage nicht verteidigt habe und sie gestohlen wurde? Nein. Aber das ändert nichts daran, dass ich es mir nicht verzeihen kann. Dass einer der Jahrtausend-Gegenstände entwendet worden ist, ist ein schlechtes Omen...."

"Das ist wahr. Aber dennoch, lass deine Gedanken nicht verdüstern. Lenke dich von deinem Kummer ab! Komm mit und lass uns Isis und Mana beim Schmücken des Altars helfen! Es ist nicht gut, immer nur schwermütig zu sein!"

"Ja, du hast recht...."
 

~~ ENDE DER RÜCKBLENDE ~~
 

Die dunkelhaarige Frau entstieg dem Aufzug und tippte Imhotep freundlich auf den Oberarm. Er drehte sich lächelnd zu ihr um und sie erwiderte es. Schon seit ihrer Jugend hatte sie sich darauf vorbereitet, ihn wieder auf Erden willkommen heißen zu dürfen....
 

Chons war von seiner Jagd zurückgekehrt, er hatte eine Maus erbeutet. Zwar eine recht karge Mahlzeit, aber der einsame Wächter musste aufmerksam sein anstatt sich den Bauch füllen, denn seine empfindlichen Sinne spürten, dass irgendetwas in der Luft lag. Auch Joeys Schlaf war angespannt, er schwankte zwischen Traum und Überwachheit, denn begabt mit dem Instinkt eines Kämpfers, der in der Schlacht mit allem zu rechnen hatte, wurde auch er das Gefühl nicht los, dass Imhotep diese Nacht Hilfe bekam, einen Mitstreiter. Die dunkle Aura über der Stadt hatte zugenommen und den jungen Mann fröstelte. In seinem dünnen Pyjama trat er hinaus auf den winzigen Balkon, der zu ihrem Doppelzimmer gehörte und betrachtete den sternenklaren Himmel. Hätte der abscheuliche Geruch von verwesenden Tierkadavern nicht wie ein Dunst über allem gehangen, wäre es eine schöne Nacht gewesen....Joey schüttelte sich und winkte seinen Falken heran, der gehorsam auf seinem Arm landete und dabei die Krallen abspreizte, um seinen Herrn nicht zu verletzen. Dann sprang er auf das Geländer hinüber und musterte seinen Gegenüber wie einen alten Freund. Der Blonde lächelte.

"Ich weiß, dass du da bist, Jono."

Der Millenniumsgeist, die Erscheinung ein wenig durchsichtig und transparent, kam näher und tauschte einen vertrauensvollen Blick mit seiner Reinkarnation. Er zog angewidert die Nase kraus, als ihm der Wind die Ausdünstungen Tokyos entgegenwehte und stieß einen langen Seufzer aus.

"Bist du traurig, Anführer der Medjai?"

"Ich weiß es nicht. Vielleicht ist es Trauer, die ich empfinde....mir war von Anfang an klar, dass ihr früher oder später in den Kampf um das Schicksal der Welt hineingezogen werden würdet, aber wenn ich es hätte verhindern können, dann hätte ich es getan, um dir und Seto ein gemeinsames friedliches Leben zu ermöglichen....und natürlich auch euren Freunden. Und nun ist es für euch noch ein weiter Weg bis dahin....das betrübt mich."
 

"Weshalb? Diese Sache ist grauenhaft, sicher....aber sie hat unsere Differenzen endlich beigelegt. Seto versteht sich aufgrund dessen um vieles besser mit Yugi, Ryo, Tristan und Duke und andersrum ist es genauso, einfach, weil sie alle eine Geschichte teilen, die von enormer Bedeutung für jeden ist, der auf dieser Welt lebt. Uns verbinden ähnliche Erinnerungen, Erlebnisse und Gefühle, das gleiche Schicksal, die gleiche Bestimmung, die gleiche Aufgabe. Außerdem glaube ich nicht, dass wir nur wiedergeboren wurden, damit die Tragödie von damals sich wiederholt, nur in einem weitaus schlimmeren Ausmaß! Das wäre einfach bloß lächerlich! Jono...."

"Ja?"

"Teile eine Erinnerung mit mir! Ich bin davon überzeugt, den Weg nach Hamunaptra einst gekannt zu haben, aber es ist, als sei alles, was das betrifft, unter dem ewigen Sand der Wüste vergraben, wie die Stadt der Toten selbst. Bitte hilf mir."

"Gerne, Joey. Nimm meine Hände und schließe die Augen. Das Henkelkreuz wird uns mental an den Ort bringen, an dem du mit achtzehn Jahren zum ersten Mal warst...."

Ankh glühte auf und sein strahlendes Licht hüllte die gesamte Umgebung ein. Der Siebzehnjährige fühlte, wie die große Wüste ihn umfing und eine heiße Sonne auf ihn herniederbrannte. Als er die Augen wieder öffnete, stand er in einer riesigen Halle aus Stein, die Wände geschmückt mit zahllosen Hieroglyphen, Fackeln spendeten etwas Licht in dem Halbdämmer und in der Mitte erhob sich ein Altar, auf dem der Leichnam eines Mannes aufgebahrt war - der von Pharao Atemu I., Yamis Vater. Seine inneren Organe waren bereits entfernt worden und ruhten in vier geweihten Urnen. Wie Joey aus seinen Erinnerungen wusste, stellten die Deckel dieser Gefäße die vier Söhne des Gottes Horus dar, die als Schutzpatrone der Eingeweide galten: Amset mit dem Menschenkopf, Hapi mit dem eines Pavians, Duamutef als Schakal und Kebehsenuef mit dem Haupt eines Falken. Vor dem Altar sprach Akunadin, der Bruder des verstorbenen Herrschers, die letzten Segnungen aus, während die Zeremonie von einem kleinen Teil sehr treuer Gefolgsleute, dem Prinzen und dem in volle Montur gewandeten Jono beobachtet wurde. Nachdem der Hohepriester seine Gebete beendet hatte, wandte er sich an seinen Neffen: "Mein Prinz, Euer Vater kann nun, nachdem er hier in Hamunaptra auf die Mumifizierung vorbereitet wurde, nach Alexandria gebracht werden, wo er zunächst einmal in der Gruft des Palastes seine wohlverdiente Ruhe finden wird, bis seine Pyramide vollendet ist, was vermutlich noch einige Jahre in Anspruch nehmen dürfte. Der Schmerz drückt schwer auf unserer beider Herzen, aber das Land braucht einen König. Ihr seid jetzt achtzehn Jahre alt und es ist Eure heilige Pflicht, die Nachfolge Eures Vaters anzutreten. Fühlt Ihr Euch bereit dazu?"
 

"Ich habe bereit zu sein, nicht wahr?"

"Seid Ihr es?"

Atemu II. betrachtete eine Weile schweigend den Leichnam seines Vaters und unterdrückte die Tränen, die in ihm an die Oberfläche drängten. Vor drei Jahren erst hatte der Medjai Jono ihm im Feldzug gegen Lybien das Leben gerettet, wofür dieser den Posten als Hauptmann und den ruhmreichen Beinamen "Horus" erhalten hatte und jetzt hatte ihn das Alter überwältigt.... allerdings war jene Kriegsverletzung am Rücken nie vollständig ausgeheilt. Der Prinz verneigte sich vor dem Altar und flüsterte: "Ihr werdet stolz auf mich sein!" Dann drehte er sich zu Akunadin um und sagte mit fester, entschlossener Stimme: "Ja. Ich bin bereit."

Noch am selben Tag wurde der einstige Pharao in die Gruft des Palastes überführt und in einer feierlichen Zeremonie beigesetzt. Sieben Tage der Trauer verstrichen (das habe ich mir ausgedacht, ja? Ich weiß nicht, welche Riten damals üblich waren), bis Atemu am achten Tag zum neuen Licht Ägyptens gekrönt wurde. Jono kniete vor seinem Thron nieder und legte die Hand aufs Herz.

"Ich schwöre hiermit meinen Heiligen Eid, Pharao Atemu II. unter Einsatz meines Lebens zu beschützen. Ich verspreche ihm und der Königlichen Familie meine bedingungslose Treue und Ergebenheit. Ich werde ruhig sein wie der Wald, unbewegt wie der Berg, kalt wie der Nebel, schnell im Entschluss wie der Wind und im Angriff heftig wie das Feuer. Mein Schwert und meine Kraft sind Euer."

Die Bilder vor Joeys Augen verschwammen und plötzlich stand er wieder auf dem kleinen Balkon. Das Licht des Kreuzes erlosch langsam.

"Erinnerst du dich wieder?" hakte Jono nach und sein Ebenbild nickte. Er bedauerte zutiefst, dass Atemu I. nicht mehr Zeuge der Regentschaft seines eigenen Sohnes sein konnte, aber damals wurden die Menschen von Natur aus einfach nicht besonders alt und außerdem hatte die Verwundung am Rücken stark an seinen Kräften gezehrt. Chons stupste ihn vorsichtig mit dem Schnabel an, als wolle er ihn aufheitern und Joey wagte ein zaghaftes Lächeln. Er wünschte dem Medjai eine gute Nacht und kehrte in sein Zimmer zurück, wo er sich ins Bett begab und sich eng an Seto schmiegte, der daraufhin automatisch seinen Arm um ihn schlang. Jono sah ihm mit einem liebevollen Ausdruck im Gesicht nach und streichelte dem Falken über das Gefieder. Plötzlich hielt er inne. Schon wieder diese verstärkte Präsenz dunkler Kräfte....! Ein leichtes Frösteln überlief seinen sehnigen Körper und seine Augen huschten über die Stadt, ohne Imhotep zu entdecken. Zweifellos war es seine Aura, die er verspürte, aber da war noch etwas anderes....etwas, das er nicht richtig zu deuten vermochte....
 

Am nächsten Morgen wurden die sechs jungen Männer nach einem reichhaltigen Frühstück von Akitomo-san abgeholt, der die Nacht über gearbeitet hatte, auf der Suche nach einer Abschrift der Steintafel und tatsächlich war er fündig geworden: Im Museum gab es ein Buch mit den Theorien verschiedener Archäologen und anderer Wissenschaftler über das Mysterium von Hamunaptra, in dem auch eine relativ gute Reproduktion der Steintafel-Inschrift zur Beweisführung herangezogen wurde. Der Ägyptologe hatte eine Kopie angefertigt und überreichte sie mit einer feierlichen Geste dem überraschten Duke.

"Sie haben die Zeichen so unnachahmlich perfekt entziffert, Duke. Sie sollten das Dokument verwahren." Der Dungeon-Dice-Erfinder grinste verlegen und nickte.

"Sind die Herren Bekannte von Ihnen, Akitomo-san?" erklang auf einmal eine weibliche Stimme und als die Gruppe sich umdrehte, sahen sie sich einer äußerst attraktiven Frau mit langem schwarzen Haar gegenüber, die ein elegantes Kostüm trug und die Anwesenden der Reihe nach intensiv musterte. Joey fühlte, wie eine leise Furcht in ihm hinaufkroch und Jonos abrupte Warnung in seinem Kopf beruhigte ihn ebensowenig.

"Das könnte man so ausdrücken, ja. Darf ich vorstellen: Dies hier ist Cleo Kurokage, die Kuratorin des ,Tokyo's World Museum'. Wie ich ist sie Ägyptologin und eine begeisterte Forscherin."

"Zu viel der Ehre! Ich fürchte, mein Enthusiasmus ist kaum mit dem Ihren zu vergleichen. Ich forsche lieber in Büchern, Sie dagegen haben sogar einmal in Kairo gegraben. Darüber hinaus ist meine Leidenschaft eine andere."

"Eine nicht minder exotische, wenn Sie erlauben. Miss Kurokage hegt ein großes Interesse für Gifte aller Art", erklärte er an Seto und die übrigen gewandt, "....und insbesondere die Ägypter waren dabei sehr einfallsreich."
 

"Wie wahr, Akitomo-san. Wussten Sie eigentlich, dass die Ägyptische Natter eine der giftigsten Schlangen überhaupt ist? Es wäre sicher nicht empfehlenswert, mit einem dieser Reptilien im Bett aufzuwachen." Sie sagte das wie etwas völlig Belangloses, aber ihre Augen leuchteten währendem boshaft in Yamis Richtung, dessen Sinne gleichfalls angespannt waren. Instinktiv ahnte er, dass diese Frau ebenfalls mit ihrer Vergangenheit zusammenhing, aber sie hatte nicht auf ihrer Seite gestanden.

"Nun denn, dann wünschen ich Ihnen und Ihren Begleitern noch eine interessante Besichtigung, ich muss zurück in mein Büro." meinte sie entschuldigend und verschwand im links gelegenen Korridor. Cleo war sich der feindseligen Blicke, die ihr folgten, durchaus bewusst, aber es kümmerte sie nicht. Solange Akitomo-san sich nicht an sie erinnerte, standen ihre Karten gut und ihr Bruder konnte ungehindert mit seiner Machtergreifung fortfahren. Nicht mehr lange, und Tokyo würde ihm gehören! Sie sah triumphierend durch eines der Fenster, die den Gang säumten und draußen wurde es immer dunkler. Auch Joey und die anderen bemerkten es und starrten besorgt auf die Sonne, die langsam aber sicher vom Mond verdeckt wurde. Bakura rezitierte monoton: "Und er reckte seine Hand gen Himmel und es ward Nacht im ganzen Ägypterland."

Cleo eilte in ihr Büro und begrüßte Imhotep, der sie herzlich umarmte und wies auf die Sonnenfinsternis, die er ausgelöst hatte.

"Deine Kraft wächst. Bald werden dir die Menschen hier nichts mehr entgegenzusetzen haben. Und ich...."

"Und du wirst deine Rache bekommen, Schwester." unterbrach der Priester sie und warf seinen dunkelblauen Umhang zurück. Die Kuratorin verschränkte zufrieden die Arme und zog zwei Spieße aus den Händen einer Wächterstatue, die sich neben einem Regal erhob. Geschickt ließ sie die beiden Waffen in ihrem Griff hin und her kreisen und schleuderte schließlich einen davon in Richtung Tür, wo er einschlug und steckenblieb.

"Ja. Ich werde meine Rache bekommen. Mach dich bereit, Isis....gegen die Hüterin der Nephthys hast du keine Chance!"

Das Opfer

Danke für die Kommis!!! *sich freu* Hm, und mein Abi hab ich auch bestanden!!! Mir geht's richtig gut!! *smile* Hier ist also der neue Teil, wo Marik und Shadi mal ein bisschen im Mittelpunkt stehen. Wer sich Shadi nicht mit Haaren vorstellen kann, schaut bitte in den Charakterguide!
 

Kapitel 22: Das Opfer
 

~~ Kairo ~~
 

Ishizu befand sich im Museum für Ägyptische Geschichte und war damit beschäftigt, per Internet etwas im Computer des Direktors zu suchen. Ihre hellseherischen Fähigkeiten waren ihr wieder einmal dienlich gewesen und seit sie wusste, was sich gerade in Tokyo ereignete, ließ ihr das Gesicht einer ganz bestimmten Person, das in ihren Visionen erschienen war, keine Ruhe mehr. Marik blickte ihr fragend über die Schulter, als sie die Seite des "World Museum" öffnete und auf "Personal" klickte.

"Das ist sie!" stieß sie hervor, als das Bild der Kuratorin vollständig geladen war. Ihr Bruder runzelte die Stirn und betrachtete die attraktive Frau eingehend.

"Sie kommt mir offengestanden wirklich bekannt vor, aber ich kann sie irgendwie nicht zuordnen....warte mal....ist das nicht....?"

"In ihrer jetzigen Inkarnation trägt sie den Namen ,Cleo Kurokage', aber das ist nebensächlich. Viel wichtiger ist, wer sie zur Zeit der Herrschaft von Atemu II. gewesen ist. Sie ist Anck-su-namun, Imhoteps ältere Schwester!"

"Deine Konkurrentin um den Posten der Priesterin des Amun-Ra?!"

"Genau. Erinnerst du dich wieder an dieses hochmütige Lächeln und die kalten Augen? Sie hat mir nie verziehen, dass ich ausgewählt wurde und sie sich statt dessen mit dem Amt im Tempel der Nephthys zufriedengeben musste! Sie ist genauso ehrgeizig wie ihr Bruder und wird ihn unterstützen, komme, was wolle. Die anderen sind in großer Gefahr!"

"Hm." Marik wandte sich ab und betrachtete gedankenverloren den Speer des Osiris, der ihm von seinem Bund in einer feierlichen Zeremonie verliehen worden war. Damals hatte er sich dieser Waffe nicht als würdig erwiesen und der Pharao starb....das durfte auf keinen Fall noch einmal geschehen! Er ließ Ishizu allein, schnallte sich den momentan eingezogenen und somit handlicheren Speer an seinen Gürtel und beschloss, sich ein wenig in das Getümmel der Marktgassen zu mischen. Draußen vor dem Tor begegnete ihm Shadi.

"Hallo, mein Freund. Hast du etwa auf mich gewartet?"

"Nein, eigentlich nicht. Ich bin nur eine Weile spazieren gegangen und wollte hier auf den Direktor warten, aber er verspätet sich wohl. Was hast du vor?"

"Ich will mich ein wenig ablenken. Stell dir vor, Ishizu hat die Wiedergebgurt von Anck-su-namun gefunden! Sie ist die Kuratorin eines Museums in Tokyo."

"Sie ist also ebenfalls zurückgekehrt? Ich hatte bereits so eine Ahnung....darf ich dich ein Stück begleiten? Oder möchtest du lieber allein sein?"
 

"Komm ruhig mit. Es ist lange her, seit wir gemeinsam losgezogen sind." Seite an Seite wanderten die beiden jungen Männer durch die engen Straßen, wildes Stimmengewirr und eine Vielzahl von berauschenden Düften all der feilgebotenen Gewürze und Früchte erfüllten die Luft, Händler schrieen sich die Seele aus dem Leib, um jemanden zum Kauf von Goldschmuck, Seide und Wasserpfeifen zu animieren und darüber thronte die Sonne in einer Gluthitze. Marik und Shadi durchstöberten den einen oder anderen Laden, probierten ein paar neue Gewänder an, kauften sich einen Korb Feigen, verspeisten sie genüsslich im Schatten eines Häuservorsprungs und gelangten schließlich zum Hafenbecken, wo gerade ein luxuriöses Kreuzfahrtschiff seinen Anker auswarf. Der blonde Ägypter lief den benachbarten Steg entlang, zog sich die Schuhe aus und ließ seine Beine in das kühle Wasser baumeln. Shadi tat es ihm nach und wickelte auch den Turban auf, den er für gewöhnlich auf dem Kopf trug, wie alle Medjai der Neuzeit. Ein langes, wallendes Fließ schwarzen Haares ergoss sich auf seinen Rücken, als er zusätzlich das Zopfband löste und die Sonnenstrahlen zauberten einen bläulichen Schimmer hinein. Marik stutzte irritiert, denn als er seinen treuen Kameraden aus Kindertagen das letzte Mal ohne Turban gesehen hatte, war sein Haupt noch kahlgeschoren gewesen. Allerdings war dies auch schon eine geraume Weile her....Zögernd streckte er die Finger aus, um zu überprüfen, ob es sich vielleicht um eine Perücke handelte und die reiche, glänzende Mähne streifte seine Haut. Er zuckte unwillkürlich zurück, als er erkannte, dass dieses Haargebilde echt war. Sein Freund drehte sich in dieser Sekunde zu ihm um und gewahrte die überraschte Hand, die ihm durch das Haar gestrichen hatte.

"Du bist erstaunt, nicht wahr? Aber es ist ewig her, seit du mich ohne Turban gesehen hast. Was meinst du? Steht es mir?" Er lachte fröhlich und der traurige Ernst, der dem Sechzehnjährigen so vertraut an diesem Gesicht geworden war, verschwand wie durch Magie. Shadi wirkte ganz anders, wenn er lachte, seine tiefblauen Augen bekamen dadurch ein verführerisches Strahlen und Marik spürte verlegen, dass sein Herz schneller zu schlagen begann. "Ja, es steht dir." antwortete er schließlich, "Es steht dir sogar sehr gut."

"Danke."
 

Ein langes Schweigen senkte sich auf die beiden herab und der Blonde merkte, dass es eine eher unbequeme Stille war. Er schloss nachdenklich die Augen und lehnte sich zurück. Der Sonnenschein tanzte warm und freundlich auf seinem Körper und rief ihm Bilder seiner Kindheit ins Gedächtnis zurück. Shadi und er hatten immer viel Spaß zusammen gehabt, sie hatten miteinander geweint, gelacht und gestritten....es war eine schöne Zeit gewesen und stets war Shadi ihm beigestanden und hatte ihm Trost gespendet, wenn er traurig war oder es Probleme gab....ein Lächeln huschte über seine Züge. Allerdings konnte er nicht ahnen, wie verlockend und reizvoll das Bild, das er gerade bot, auf seinen Jugendfreund wirkte: Das helle Haar leuchtete aufgrund des Lichts wie pures Gold, die makellose braune Haut glänzte matt vom Schweiß und seine wohlgestalteten Lippen waren feucht und leicht geöffnet. Brennendes Verlangen erfüllte den Schwarzhaarigen und er versuchte, den Blick abzuwenden, doch es misslang ihm. Er erinnerte sich an all seine einsamen Nächte, seine Sehnsucht und seinen Kummer, und fühlte, wie sein Herz förmlich überzulaufen drohte. Und wenn er nur ein einziges Mal....nur einmal....! Wie hypnotisiert beugte er sich vor, betrachtete die entrückte Gestalt unter sich und schluckte schwer, denn seine Liebe und seine Begierde schnürten ihm fast die Kehle zu. Vorsichtig drückte er seinen Mund auf den des anderen und es war, als zucke ein Blitz durch ihn hindurch. Marik schlug abrupt die Augen auf und erschrak, als er die Situation erfasst hatte. Er stieß Shadi von sich weg, stand auf und wich zurück, geschockt und bestürzt.

"Was....was fällt dir ein....?! Wieso....hast du....?!"

"Ich....wollte nur ein einziges Mal....den Geschmack deiner Lippen erkunden....Ich weiß, dass du mich nie lieben wirst....aber erwarte nicht von mir, dass ich meine Gefühle für dich einfach abtöte....schon zu lange lodern sie in meinem Herzen....bitte verzeih mir, ich habe mich gehen lassen. Ich....ich....ich werde dich....nie wieder....belästigen...."

Damit schlüpfte er in seine Stiefel zurück, griff nach seinem Zopfband und dem Turban und lief davon. Rasch verschwand er im dicht gedrängten Gewimmel der Straßen und wagte nicht, sich noch einmal umzudrehen. Marik starrte wie versteinert hinterdrein, seine Finger ruhten auf seinen Lippen, als könne er der fordernden, heißen und doch so sanften Berührung noch nachspüren. Er war völlig überrumpelt und wusste nicht, was er tun sollte.

>>Ich Idiot! Ich....ich habe es nie bemerkt! Shadi....er....er liebt mich....? ER LIEBT MICH?!<<
 

~~ Tokyo ~~
 

Yugi, Ryo, Tristan, Duke und Seto sassen im Speiseraum ihrer kleinen Pension zusammen und aßen zu Mittag. Joey hatte Kopfschmerzen und daher beschlossen, sich ein wenig hinzulegen und auszuruhen. Die merkwürdige Sonnenfinsternis, die einzig Tokyo zu betreffen schien, war noch nicht vorbei und so waren überall die Lampen eingeschaltet, auch im Esszimmer. Obgleich Kaiba seine Unruhe nicht zeigte, die ihn bei dem Gedanken befiel, dass sein Liebster allein war, sahen ihm die anderen seine Anspannung an. Er war in seine eigenen Überlegungen versunken und stocherte lustlos in seinen Yakisoba (gebratene Nudeln) herum.

>>Nach wie vor herrscht Nacht über Tokyo....und die nächste Plage wird sicher nicht mehr lange auf sich warten lassen. Ich mache mir wirklich Sorgen....wenn wir versagen, wird diese ganze Welt es büßen müssen....ha! Was Mokuba wohl sagen würde, wenn er mich jetzt so sehen könnte, im Kreis meiner....meiner....<<

Er hielt inne und ließ seinen Blick kurz über die vier jungen Männer wandern, die mit ihm am Tisch Platz genommen hatten und eine ähnliche Vergangenheit teilten wie er.

>>....im Kreis meiner....Freunde....<<

Plötzlich durchschnitt ein eigentümliches Pfeifen die Luft, gefolgt von einem donnernden Getöse und Gäste wie Pensionswirt stürzten ans Fenster. Aus dem verdunkelten Himmel regneten große Felsbrocken herab, gehüllt in Feuer, wie Kometenstücke. Wo sie auftrafen, hinterließen sie Tod und Zerstörung. Das war die nächste Plage - der unheilbringende Hagel, der auf die Stadt herniederging wie beim Jüngsten Gericht. Während jedoch alle voller Entsetzen dem schaurigen Schauspiel beiwohnten, lag Joey in seinem Bett und schlief. So merkte er auch nicht, wie Sand durch das Schlüsselloch der abgesperrten Tür rieselte und sich am Boden zu einem Hügel aufhäufte. Dann nahm der formlose Sand langsam die Gestalt eines Mannes an und schließlich erschien Imhotep auf der Bildfläche. Er leckte sich gierig über den Mund, als er Joeys ansichtig wurde und näherte sich dem schlummernden Schönling auf leisen Sohlen. Der Priester neigte sich mit einem teuflischen Lächeln über den Mann seiner feuchten Träume, atmete tief seinen etwas herben, aber dennoch süßen Duft ein und flüsterte bebend: °°Horus....°°

Danach schloss er die Distanz zwischen ihnen und küsste den Blonden.
 

"Hmm....?! Mhhmmm....!!!" Mit schreckgeweiteten Augen drückte Joey Imhotep von sich weg und spuckte angewidert aus, als mit einem Mal das Geräusch eines Schlüssels laut wurde und Seto und Yugi in den Raum stürmten. Der Firmenchef registrierte noch, dass sein koibito ihren Feind von sich wegschob, und wandte sich zornschnaubend an seinen Rivalen: "HE!! Wer hat dir erlaubt, mit ihm zu knutschen?!"

Imhotep visierte seinen ehemaligen Vorgesetzten finster an und erwiderte boshaft: °°Er hätte mir gehören sollen, Oberpriester! Mir und niemandem sonst!! Ihr habt es gewagt, Eure schmutzigen Hände auf diesen reinen Leib zu legen und....°°

"Schweig, Narr!!" stieß Joey hervor, der sich von dem unfreiwilligen Kuss wieder erholt hatte.

"Ich hatte mich in Seth verliebt! Ich war es, der die Erfüllung unseres Verlangens in die Wege leitete - und davon abgesehen möchte ich nicht wissen, was deine schmutzigen Hände von mir wollten, du scheinheilige Kreatur!! Aber ich würde lieber sterben, als mich einem verlogenen Bastard wie dir hinzugeben!!"

Der Blick des Untoten verdüsterte sich und er schien sich auf eine Attacke vorzubereiten, da er seine Arme weit öffnete, doch bevor er zuschlagen konnte, tauchte Ryo im Türrahmen auf und hielt eine weiße Katze in die Höhe.

"Hallo Imhotep, alter Freund! Sieh mal, wer hier ist!"

Das Tier fauchte ungehalten über die ihm zugemutete Prozedur und der abtrünnige Geistliche verschwand inmitten eines wilden Sandwirbels. Yugi lief auf seinen Schatz zu und küsste ihn auf die rechte Wange.

"Toll, dass du dich daran erinnert hast, dass er Katzen in ihrer Funktion als Wächter der Unterwelt fürchtet! Aber wo hast du die eigentlich her?"

"Es ist die Katze des Pensionswirtes. Sie streunte in der Nähe der Rezeption herum und da ist mir gleich eingefallen, dass wir sie noch brauchen könnten. Und als Seto plötzlich die Treppe hinauf gestürmt ist, dachte ich mir, dass irgendetwas passiert sein muss. Aber es war nicht gerade einfach, sie zu fangen."

"Woher wusstest du, dass Imhotep bei mir war?" Der Brünette lächelte.

"Wie kannst du fragen, Joe? Ich....ich habe einfach gespürt, dass du in Gefahr bist. Es war eine Art dunkle Aura, die ich wahrgenommen habe....vielleicht ein Überbleibsel meiner okkulten Fähigkeiten von damals, so etwas wie ein sechster Sinn. Außerdem ist die nächste Plage aufgetreten, der Hagel. Da lag es nahe, dass er uns einen kleinen Besuch abstatten würde."
 

Nach diesen Worten sprang der Blondschopf ans Fenster und unterdrückte einen Fluch, als er sah, welche Verwüstung die flammenden Gesteinsbrocken anrichteten. Tokyo verwandelte sich unter seinen Augen in ein Alptraumszenario und er konnte es nicht verhindern....! Die Dunkelheit draußen wuchs noch mehr an, dafür ebbte der grauenhafte Regen nach und nach ab. Er hinterließ ein Bild der Apokalypse und Joey biss sich wütend auf die Lippen.

>>Ich werde dich aufhalten, du Ungeheuer, hast du verstanden?! Denkst du, ich lasse dich so weitermachen?! Nein!! Einmal und nicht wieder!! Meine Freunde und ich werden dich in dein Grab zurückschicken, darauf kannst du dich verlassen!!<<

"Mr. Wheeler? Sind Sie in Ordnung? Ich hörte, Sie hätten sich hingelegt!" Als sie sich umwandten, stand ihnen der freundliche Besitzer des kleinen Hotels gegenüber und zeigte ein trauriges und entsetztes, hilfloses Lächeln. "Schrecklich, nicht wahr? Das kann nur der Zorn der Götter sein, der die Menschheit für ihre Selbstherrlichkeit bestraft. Mein Dach ist getroffen worden und die Balkone im ersten und zweiten Stock gleichen den reinsten Ruinen. Ich habe mein Leben gelebt, ich bin alt, aber Sie und Ihre Kameraden sind noch so jung....Sie sollten nicht hier sein, diese Stadt ist dem Untergang geweiht....Es ist wirklich bedauerlich, dass Sie....jetzt sterben müssen....!"

"Was....?"

Pfeilschnell wie eine Viper schoss der Hausherr nach vorne und in seiner Hand blitzte ein Küchenmesser auf, das er zuvor geschickt unter seiner Schürze verborgen hatte. Ein Aufschrei erklang, gefolgt von einem schmetternden Geräusch, das in der atemlosen Stille des Zimmers ein unheimliches Echo hinterließ. Tristan kniete in kämpferischer Haltung vor seinem Kumpel, das Messer hatte er mit einem Samuraischwert abgewehrt. Offensichtlich hatte er das Erbstück seines schrulligen Onkels mit auf die Reise genommen, um gerüstet zu sein. Duke stolperte hinter ihm ins Geschehen, insgeheim höchst angetan von dem, was er zu sehen bekam, denn sein Geliebter trug eine eng anliegende Jeans und ein weißes Muscle-Shirt, so dass seine sehnigen, gestählten Muskeln bemerkenswert gut zum Vorschein kamen, besonders bei den kräftigen Armen.
 

"Was ist denn in Sie gefahren, verdammt?! Warum gehen Sie auf Joey los?!" Er schlug die gegnerische Klinge zur Seite und packte den anderen am Handgelenk. Dabei schob er ein Stück des langen Pullovers nach oben und erstarrte. Auf der Haut des alten Mannes zeichneten sich widerliche, ekelerregend blutig wirkende Geschwüre ab und der Sechzehnjährige spürte, wie eine dumpfe Übelkeit in ihm hochkroch.

"Na wundervoll, meine Lieblingsplagen, die Blattern und die Pestilenz! Jeder, der davon infiziert ist, wird Imhoteps Diener! Wir müssen sofort abhauen!"

Diesen Befehl gab er keine Sekunde zu früh, denn schon holte der Hotelbesitzer erneut zu einem Angriff aus und die sechs Freunde nahmen die Beine in die Hand, zumal ihnen aus einem Nebenkorridor zwei Zimmermädchen entgegenkamen, die mit Teppichklopfern bewaffnet waren. Yugi transformierte sich in Yami und maß die Situation ab. Er hatte sein Puzzle bei sich, Ryo den Ring, den er in diesem Moment dazu benutzte, ebenfalls seine damalige Existenz zu rufen, an Joeys Hals baumelte das Henkelkreuz und bei Tristan hatte er die Kette entdeckt.

"Duke! Wo sind die Waage und der Stab?"

"Keine Panik, mein Pharao! Beide in meinem Rucksack verstaut!" erklärte der Schwarzhaarige stolz und deutete auf die Tasche, die über seiner Schulter hing.

"Gut! Denn nur so haben wir eine Chance, lebend hier rauszukommen!" Drei aufgebrachte Verfolger hinter sich, liefen sie auf die Straße hinaus, nur um zu erkennen, dass sich bereits eine mordlüsterne Menge drohend auf sie zubewegte. In ihrer Mitte schritt Imhotep, höhnisch und triumphal, seine gesamte Haltung drückte den Sieger aus - einen gnadenlosen, grausamen Sieger. Über der sonoren, monotonen und ständig wiederholten Anrufung des verhassten Namens war aber noch etwas anderes zu hören, und zwar eine laute, impertinente Hupe. Ein Landrover bog in einer scharfen Kurve um die Ecke und Akitomo-san rief durch das heruntergekurbelte Fenster: "Atemu! Seth! Eine Mitfahrgelegenheit gefällig?"

Wie auf Kommando, ohne noch länger zu zögern, spurtete die Gruppe auf das Auto zu und schlüpfte hinein. Die Türen knallten zu und der Bibliothekar trat aufs Gaspedal. Mit quietschenden Reifen rollte es in die Finsternis und Cleo beobachtete dies vom Tor des Tokyoter Weltmuseums aus. Imhotep trat zu ihr und betrachtete sie interessiert, kannte er seine ältere Schwester doch gut genug, um zu wissen, wann sie einen Plan hatte.

°°Nun, Anck-su-namun? Soll ich sie etwa laufen lassen oder ihnen meine neuen Diener auf den Hals hetzen, die bis vor wenigen Minuten noch eigenständig denkende Menschen waren? Was schlägst du vor?°°

"Weder noch, teurer Bruder. Deine zwangsrekrutierte Gefolgschaft wird noch die Möglichkeit zum Töten erhalten, keine Sorge. Aber lass diese unbedeutenden Wichte von meinen Mumien erledigen, sie hatten so wenig Abwechslung in den letzten fünftausend Jahren."

°°Wie du meinst....ein bisschen Bewegung kann ihnen sicher nicht schaden.°°

(Die beiden haben eine seltsame Art von Humor....echt übel....)
 

Der Landrover bretterte durch die Hauptstadt, die Augen des Ägyptologen waren stur auf die Straße gerichtet und so überließ er es seinen Begleitern, die Verfolger zu bemerken. Tristan sah sie als erster - es waren die Mumien von Frauen, höchstwahrscheinlich Priesterinnen, die einst Anck-su-namun unterstanden hatten.

"Nicht, dass ich Sie irgendwie hetzen wollte, aber vielleicht sollten Sie mal einen Gang zulegen, wir kriegen Besuch!"

Die Warnung kam leider zu spät. Drei Mumien stürzten sich in einem gewagten Sprung auf das Auto und klammerten sich daran fest wie Spinnen. Yami rief ein Schwert herbei, kurbelte das Fenster herunter und stieß es der einen Angreiferin mitten in das bandagierte Gesicht, sodass sie zu Boden fiel und sich in Sand auflöste. Aber ihre unheilvollen Häscher ließen sich nicht abschütteln, obwohl Akitomo-san bereits die wildesten Kapriolen fuhr, die einen sicheren Fahrer wie Tristan zu der Annahme verleiteten, der alte Herr habe seinen Führerschein in der Baumschule gemacht. Er packte nun ebenfalls sein Katana und schlug nach den hässlichen Kreaturen. Bakura schleuderte kleine Messer nach ihnen, die er mittels seines Millenniums-Rings geschaffen hatte, doch schließlich überrollte die Woge der zahllosen Mumien den Wagen: er donnerte in einen Gemüsestand und kippte um. Akitomo-san und die sechs jungen Männer schaufelten sich aus einem Meer von Paprika, Sojabohnen und Tomaten frei. Ihre weiblichen Verfolger scharten sich um sie, hinter ihnen schob sich nach und nach die manipulierte Menschenmenge in den Vordergrund des Geschehens und die Meute begann, die Gruppe einzukreisen. Plötzlich hielten sie jedoch inne und verfielen erneut in ihren kehligen Gesang, der nichts Gutes verhieß. Und wie erwartet betraten Imhotep und seine Schwester die Szene. Ein Pfeil schoss heran und traf den Priester in die Schulter, doch dieser zog ihn grinsend wieder heraus und die Wunde schloss sich auf wundersame Weise. Joey blinzelte verwirrt und wandte sich in die Richtung, aus der der Pfeil gekommen war. Ein Mann in einem dunkelblauen Beduinengewand postierte sich vor dem Ägyptologen und legte ein zweites Mal an, das kalte Gelächter des Untoten ignorierend.
 

°°Sieh an, einer der tapferen Medjai! Aber du weißt doch ganz genau, dass keine Waffe mir wirklich etwas anhaben kann! Dennoch kämpfst du mit dem Mut der Verzweiflung, das muss ich dir neidlos anerkennen!°°

Odeons Augen verengten sich zu Schlitzen, aber er erwiderte nichts. Verdorbenheit, Machthunger, falsche Begierde und Selbstmitleid, die Imhotep im Inneren zerstört hatten, machten ihn unempfänglich für vernünftige Argumente. Da richtete der Priester seine nächsten Worte an Joey, um den Seto schützend seinen Arm gelegt hatte.

°°Höre mich an, Schönster der Schönen! Ich will, dass du mit mir kommst! Du wirst mein sein, endlich und für alle Ewigkeit! Komm mit mir und ich verschone deine Freunde.°°

"Ach herrje...." Der blonde Duellant blickte sich unsicher um. Sein Instinkt sagte ihm, dass das eine Falle war, aber er konnte auch das Leben der Menschen, die er liebte, nicht einfach so aufs Spiel setzen. Er straffte die Schultern, warf stolz den Kopf zurück und schritt erhobenen Hauptes auf Imhotep zu, das grausame Fauchen der Mumien um sich herum hoheitsvoll übergehend, wie auch den fortwährenden Singsang der Masse. Sein Gesicht drückte nichts als eisige Verachtung aus.

"NEIN!!"

Er vernahm Kaibas verzweifelten Ruf und als er sich umdrehte, fixierte er seinen Liebsten ernsthaft. "Unternimm nichts! Nicht jetzt! Er muss mich nach Hamunaptra bringen, um die Zeremonie zu vollziehen! Ihr wisst, was ihr zu tun habt! Denkt an Marik!"

Blau traf auf Braun, Braun auf Blau und Joey las die Angst, die Bestürzung und die unendliche Liebe darin, die ihn nicht gehen lassen wollte. Sein Herz krampfte sich angesichts dessen vor Schmerz zusammen, aber er wusste auch, dass Seto für ihn stark sein und ihn retten würde, und sollte er gegen Hunderte von Mumien kämpfen müssen.

"Joe...."

Der Name war nicht mehr als ein Flüstern, erfüllt von einer harten Einsicht in die getroffene Entscheidung. Yami berührte den Firmenchef am Handgelenk und sagte mit fester Stimme: "Er hat recht und das weißt du! Heute leben....morgen kämpfen!"

Ein kurzes Nicken, eindrucksvoller als jedes Muskelspiel, war Setos Antwort. Imhotep packte den Siebzehnjährigen und zerrte ihn mit sich fort, nicht ohne einen unheilvollen Befehl zu geben, der ihre Abmachung brach. °°Tötet sie!°°

"Nein!! Du verdammter Bastard!!" Der Blonde wollte sich losreißen, doch der Priester hielt ihn mit eiserner Kraft umklammert, während die ihm hörige Menschenmenge, bewaffnet mit allen möglichen Utensilien, den Kreis um den Medjai, den Pharao und die anderen immer enger zog, bis Kaiba den Kanaldeckel unter sich entdeckte. Rasch hob er ihn auf und hievte ihn zur Seite.
 

"Schnell! Das ist unsere einzige Möglichkeit!" Zuerst tauchten Duke und nach ihm Tristan in den Schacht, dicht gefolgt von Bakura und Yami. Odeons Schwert zerschnitt wie ein Blitz die Dunkelheit, aber gegen diese Übermacht hatte er keine Chance.

"Akitomo-sama! Beeilt Euch! Ihr müsst fliehen!"

"Nein, Odeon." erklärte der Bibliothekar ruhig. "Ich bedarf keines Beschützers, junger Medjai! In meinem früheren Leben war ich Oberpriester, doch in meiner jetzigen Reinkarnation gehöre ich zu einer anderen Gruppe, die dir wohlbekannt ist. Wenn du mir sagen würdest: ,Ich bin ein Fremder aus dem Orient und suche das, was verlorengegangen ist.', dann würde ich erwidern: ,Ich bin ein Fremder aus dem Okzident, ich bin es, den ihr sucht.' Ja, auch ich bin ein Medjai und meine Mission war es, dem Pharao den Armreif des Anubis zu übergeben und seine Flucht aus Tokyo zu decken. Geht, Seth, Odeon! Ihr alle seid noch jung und eure Aufgabe ist noch lange nicht beendet! Ich habe alles getan, wofür ich in diese Welt geboren wurde! GEHT!!!"

Aus dem langen Mantel, den er trug, zog Akitomo-san ein Schwert und schlug damit auf die sich nähernden Gegner ein. "Ich bitte euch, geht endlich!!!" wiederholte er mit zusammengebissenen Zähnen. Odeon schluckte sein Entsetzen und seine Fassungslosigkeit hinunter und ließ sich von Kaiba in den Schacht hinabstoßen, wo er ein wenig unsanft auf dem Boden landete. Dann hielt der Brünette dem Ägyptologen die Hand hin.

"Kommen Sie schon!"

"Nein!!! Ich sagte doch bereits, dass mein Schicksal sich erfüllt hat!! Geh, Seth!! Ich wusste lange schon vor eurer Ankunft hier, dass dies mein Todestag sein würde!!" Seine nächste Attacke schlitzte einem Mann, der Seto gerade ein Messer in den Rücken rammen wollte, den Bauch auf. "Verschwinde endlich!!! Eure Rolle in diesem Spiel ist zu groß, um jetzt schon ihr Ende zu finden!! Wenn ihr sterbt, ist die Hoffnung für die Menschheit verloren!! Geh endlich, mein Sohn!!!!"

Kaiba biss sich wütend auf die Lippen und sprang, Akitomo-san, die Wiedergeburt des Hohepriesters Akunadin, seines Vaters, zurücklassend. Dieser wurde immer mehr in die Enge gedrängt, der Schweiß rann ihm in Strömen von der Stirn, aber er war froh und glücklich, dass es die Auserwählten geschafft hatten, zu entkommen. Sein Opfer würde nicht umsonst sein....Ein Angreifer richtete seine Waffe auf ihn. Akitomo-san lächelte und schloss die Augen, den tödlichen Stoß erwartend. Anck-su-namun alias Cleo warf einen letzten, eiskalten Blick auf ihn, als er blutend zu ihren Füßen sank und folgte schließlich ihrem Bruder in die Dunkelheit. Die Sonnenfinsternis war längst vorbei, die Schatten, die Tokyo nun einhüllten, waren keines natürlichen Ursprungs, sondern wurden aus einer schwarzen Macht geboren, die über der gesamten Stadt thronte wie eine Glocke.
 

Eine Stunde später sassen Seto, Yami, Bakura, Tristan, Duke und Odeon in einem Zug Richtung Domino City. Dort würden sie einen Flug nach Kairo buchen und Marik und Ishizu aufsuchen. Ein trauriges Schweigen ruhte schwer auf den Schultern der Anwesenden, aber auf keinem so sehr wie auf dem Jungmillionär. Er verließ das Abteil und trat in den engen Korridor. Am Fenster flog die Landschaft vorbei und je weiter Tokyo hinter ihnen lag, umso heller wurde es. Noch hatten sich die Schatten nicht über die gesamte Welt ausgebreitet....aber wenn....Seine Finger berührten das kühle Glas und ein entschlossener Ausdruck zeigte sich in seinem Antlitz.

>>Ich werde dich zurückholen, Joe....und ich werde Imhotep vernichten, komme, was wolle!! Warte auf mich....mein Liebster....!<<

Die Entführung

Hier ist also das nächste Kapitel! Danke für Eure Kommis! *alle Leser feste drückt* *Schokolade ins Publikum schmeiß* Viel Spaß beim Lesen!
 

Kapitel 23: Die Entführung
 

Auf Kairos Flughafen herrschte reges Treiben, unzählige Flieger erhoben sich in die Lüfte oder setzten zur Landung an, um Menschen unterschiedlichster Farbe und Form preiszugeben. Eine Gruppe von sechs Männern trat in den gleißenden Sonnenschein hinaus, der vom blauen Himmel stach als wolle er den ohnehin schon rissigen Asphalt der Landebahn noch mehr ausdörren. Ein Ägypter in traditionellem Gewand näherte sich ihnen.

"Odeon!" rief er und umarmte den Angesprochenen.

"Meister Marik! Ich bin glücklich, Euch wiederzusehen! Ich bedaure, Euch mitteilen zu müssen, dass Akitomo-san sich für uns geopfert hat, um uns eine Flucht aus Tokyo zu ermöglichen...."

"....Der tapfere Akitomo wird von den Göttern mit gebührenden Ehren empfangen werden, davon bin ich überzeugt. Aber....wo ist Joey?" Seto warf einen bittenden Blick zu seinen Freunden, trat zu Marik und schob ihn ein wenig beiseite, während die anderen sich Richtung Terminal bewegten, um ihr Gepäck abzuholen. Der Platinblonde spürte instinktiv, dass irgendetwas geschehen sein musste, dass ihn eventuell noch schlimmer traf als der Tod des treuen Bibliothekars.

"Joey ist mit Imhotep gegangen. Auf diese Weise hält er uns den Priester vom Leib, da er sich nun seinem ersten großen Ziel nahe sieht. Es war seine Entscheidung."
 

"Nein! NEIN!! Er darf nicht mit diesem Monster alleingelassen werden!! Wenn er Jonos Seele aus dem Henkelkreuz befreit, ist Joeys Selbst für immer verloren!! Wie konntest du das zulassen? Wie konntest du das zulassen?!?!"

Marik packte den Braunhaarigen am Hemdkragen und starrte ihn vorwurfsvoll an. Silberne Tränen bildeten sich in seinen lilafarbenen Augen. Langsam entfernte der Siebzehnjährige die beiden verkrampften, zitternden Hände und fragte sanft: "Du hast es ihm niemals gestanden, nicht wahr? Du hast ihm niemals gesagt, wie sehr du ihn liebst?"

"Was....? Woher...."

"Ich habe mich an die sehnsuchtsvollen Blicke erinnert, die Osiris stets auf Jono, dem stolzen Falken, ruhen ließ, wenn er mit ihm allein war. Damals warst du sein bester Freund, aber das hat dir nicht genügt....Was ist das da?" unterbrach er sich selbst und deutete auf den Gürtel um Mariks Taille, an dem ein goldener Stab befestigt war.

"Es wirkt wie ein Zepter, neh? In Wirklichkeit kann man es jedoch auseinander ziehen und es in einen Speer mit perfekt geschliffener Spitze verwandeln. Es sei denn, man ist nicht stark genug und kann den Verschluss über der Waffe nicht öffnen....einst war dieser Speer für mich bestimmt, aber als ich ihn benötigte, konnte ich seine verborgene Fähigkeit nicht nutzen....Der Gott Osiris, mein Namens- und Schutzpatron, hatte ihn mir überreicht, da ich aufgrund der Kraft meines Herzens würdig war, eine göttliche Waffe zu besitzen....doch als ich die Chance hatte, den Skorpionkönig zu töten, konnte ich den Speer nicht ausfahren....Ich war es nicht mehr wert, dieses heilige Geschenk mein eigen zu nennen...."

Nach einem kurzen gegenseitigen Schweigen gingen sie nebeneinander her zu Yami und Co., die schon auf sie warteten. Tristan reichte Seto sein Gepäck und gemeinsam brachen sie zum Museum für Ägyptische Geschichte auf. Die Japaner wurden in eine mit zahlreichen Antiquitäten ausgestattete Halle geführt, wo Marik und Odeon sich verabschiedeten und erklärten, sie würden gleich wiederkommen. Kaiba und die übrigen Anwesenden nahmen in den bereitgestellten Sesseln platz. Nach ca. zehn Minuten kehrten ihre Begleiter mit einem grauhaarigen Herrn zurück, und alle drei trugen jetzt das dunkelblaue Beduinengewand mit dem Turban und die umgegürteten Schwerter. Auf ihrer dunklen Haut waren fremdartige Zeichen gemalt und ihre Gesichter waren ernst und gemessen. Der Unbekannte ließ sich in einem kunstvollen Stuhl vor seinen Besuchern nieder, während Marik und Odeon ihn flankierten.
 

"Ich bin sehr froh, euch alle hier in Kairo willkommenheißen zu dürfen. Mein Name ist El-Bahr (arabisch: "Der Fluss", meint den Nil) und ich bin der Direktor dieses Museums. Ich fühle mich sehr geehrt, Pharao Atemu II. und dem Oberpriester Seth in diesem Leben gegenüberzustehen. Unsere Kleidung verwirrt Euch, Euer Majestät? Nun, wir sind die Mitglieder eines uralten Geheimbundes, die Nachkommen der Medjai, und es ist unsere Aufgabe, die Stadt der Toten, Hamunaptra, vor Eindringlingen zu schützen. Darüber hinaus haben wir uns fünftausend Jahre lang darauf vorbereitet, den Priester Imhotep wieder in sein Grab zu schicken, denn wir wussten, dass er gemäß des Fluches eines Tages zurückkehren würde....Ich bin einer der Anführer der zwölf Stämme der Medjai und als Ältester unter ihnen der Ranghöchste. Marik hat mir davon berichtet, dass Joey Wheeler, der die Reinkarnation Jonos ist, des wohl ruhmreichsten Kriegers in unserer Ahnenreihe, sich nun bei Imhotep befindet. Er verschafft uns Zeit und das ist es, was wir brauchen. Dennoch muss bald jemand Richtung Hamunaptra aufbrechen und jemand sich nach Ahm Shere begeben. Wir müssen an zwei Orten gleichzeitig operieren, denn gewiss wird Anck-su-namun, Verzeihung, Miss Kurokage, sich alsbald von ihrem Bruder trennen, um in der Zwischenzeit, während er Jonos Seele aus dem Henkelkreuz befreit, die Armee des Anubis aus ihrem Schlaf zu erwecken. Da wir momentan im Besitz der Millenniumsgegenstände sind und sich vorläufig nur das Auge und Ankh in den Händen unserer Feinde befinden, müssen wir uns erst einmal nicht um die Schakale kümmern, zumal Ihr, mein Pharao, den Armreif des Anubis tragt, der den Weg nach Ahm Shere weist. Noch haben wir eine Nacht der Ruhe, bevor die Verfolgung beginnt. Ihr könnt in einem der Medjai-Lager schlafen."
 

Der Abend hatte sich auf die Welt herabgesenkt und Joey kuschelte sich in die Decke, die Imhotep ihm gegeben hatte. Der Priester hatte ihm das Henkelkreuz noch nicht weggenommen, aber der Blonde ahnte, dass dies früher oder später geschehen würde. Das einzige, was er tun konnte, war, am Leben zu bleiben, bis Seto und seine Freunde ihn befreiten. Vorläufig war ihr Feind damit zufrieden, den Mann in seiner Gewalt zu haben, den er begehrte, doch nur zu bald würde er seinen teuflischen Plan in die Tat umsetzen. Am Himmel sah er Chons kreisen. Nachdem der Falke eine Maus erbeutet hatte, landete er in Joeys Nähe und fraß, wobei er hin und wieder den Kopf hob und seinen Herrn aufmunternd betrachtete. Der Siebzehnjährige streichelte ihm durch das Gefieder und seufzte.

>>Ich vermisse dich, Seto....und ich bete, dass du mich rasch findest. Hm....Imhotep und Miss Kurokage besprechen schon seit einer geraumen Weile irgendetwas....und es ist sicher nichts Gutes. Was immer noch auf uns zukommt, es wird für uns alle eine große Prüfung sein....für meinen Geliebten, für Yami, für Bakura, für Tristan, für Duke, für Marik....und für mich. Mögen die Götter uns beistehen....!<<

In diesem Moment trat der Untote aus seinem Zelt und begann, seltsame Beschwörungsformeln zu murmeln. Der Sand vor ihm fing an, herumzuwirbeln und plötzlich schossen mannshohe Sandsäulen aus der Erde und manifestierten sich. Als die Körner von ihnen abfielen, hatten sie sich in Männer in roten Beduinengewändern verwandelt, mit grimmigen Gesichtern und furchteinflößenden Krummschwertern am Gürtel. Joey sog erschrocken die Luft ein, als die gesamte Gruppe, ungefähr fünfzig an der Zahl, sich vor Imhotep verneigte, dessen Lippen zu einem grausamen Grinsen verzogen waren. Er flüsterte dem dunkelhäutigen Anführer etwas auf Ägyptisch ins Ohr und dann befahl er: °°Geht! Und macht eure Sache gut!°° Es gab ein furchtbares Getöse und die Schwertkämpfer brausten in einem Sturm davon.
 

In dem Medjai-Lager, das hinter dem Museum von El-Bahr aufgeschlagen worden war, war die Bewachung verstärkt worden. Marik war unterwegs zum Beratungszelt, wo sich die zwölf Häuptlinge der Gotteskrieger versammeln würden, denn er war einer von ihnen. Als er an dem Brunnen vorbeikam, mit dessen Wasser die Pferde des Reitervolkes getränkt wurden, erstarrte er. Natürlich war auch jemand dazu eingeteilt, das Wasser und die Tiere zu beschützen, und dieser Jemand stellte sich ausgerechnet als Shadi heraus. Seit sein Jugendfreund ihn geküsst und ihm offenbart hatte, dass er ihn liebte, fühlte er sich in der Gegenwart des hübschen Schwarzhaarigen ungewöhnlich befangen und schüchtern. Und im Grunde war das lächerlich, da er Shadi ja schon so lange kannte! Verwirrt führte er einen Finger zum Mund und erinnerte sich an die heiße und doch sanfte Berührung, die ihm - so ungern er das auch zugab - durch Mark und Bein gegangen war. Nie hätte er gedacht, dass Shadi so küssen konnte! Er atmete tief ein und ging weiter, an seinem Freund vorbei, hoffend, dass dieser ihn nicht ansprach.

"Marik."

Der Platinblonde hielt an, ohne sich umzudrehen. Ein warmer Wind wehte an ihnen vorüber und ließ die Stille zwischen ihnen noch erdrückender wirken.

"Sieh mich an, wenn ich mit dir rede."

Der Sechzehnjährige blieb so, wie er war. Er wollte den Kontakt mit Shadis dunkelblauen Augen verweigern, denn dieser Blick konnte ihn durchdringen bis in die Seele und davor hatte er immer ein bisschen Angst gehabt, denn vor dem anderen hatte er noch nie etwas verbergen können. Ein weiterer Windstoß blähte ihm den Umhang.

"Ich sagte: Sieh mich an, wenn ich mit dir rede!"
 

Schließlich gehorchte Marik. Wie befürchtet fesselten ihn die ernsten Saphire sofort, noch ehe er es verhindern konnte.

"Hör zu - es betrifft das, was vorgestern passiert ist. Ich möchte dir etwas sagen und danach werde ich dich nie wieder bedrängen, ich schwöre es. Wir beide habe uns kennen gelernt, als du sechs Jahre alt warst und ich sieben. Das ist jetzt zehn Jahre her und du warst stets der wichtigste Mensch in meinem Leben für mich. El-Bahr hat mich aufgezogen, als meine Eltern bei einem Verkehrsunfall starben und wie viele andere junge Medjai hat er mich auch im Kampf ausgebildet, ebenso wie dich. Du und ich, Marik, haben eine Menge zusammen durchgemacht und schöne wie traurige Zeiten geteilt. Du hast dich darauf gefreut, Jono wiederzusehen, und ich schluckte meinen eigenen Schmerz hinunter, da du glücklich warst.... denn das hat mich glücklich gemacht. Aber ich will, dass du eines weißt: Ob damals oder heute, ob als Priester Shadires oder als Shadi, ich habe dich immer geliebt. Nein, ich mache mir keine Hoffnungen, das wäre töricht. Aber dennoch werde ich dich beschützen, was immer kommen mag - und selbst wenn ich mein Leben für dich geben müsste, ich würde es tun! Mein Herz wird auf ewig dir gehören. Und auch wenn du die ganze Welt absuchst...." Er kam näher, drückte dem Jüngeren einen zärtlichen Kuss auf die Wange und fuhr fort: "....du wirst niemanden finden, der dich so sehr liebt wie ich...."

Damit setzte er sich wieder auf den Brunnenrand, zum Zeichen, dass das Gespräch beendet war. Marik rührte sich nicht, denn er hatte die Tränen bemerkt, die in Shadis Wimpern hingen. Langsam wandte er sich um und verließ seinen Freund aus Kindertagen. Sein Herz pochte heftig und sein Innerstes war aufgewühlt und glich einem Chaos. Was war nur los mit ihm? Weshalb verunsicherte es ihn so, dass Shadi ihn liebte? Er erreichte endlich das Beratungszelt und wurde freundlich von dem alten El-Bahr begrüßt, doch irgendwie fehlte es ihm an der nötigen Konzentration für die folgende Unterhaltung. Immer wieder erschollen in seinem Kopf ein und dieselben Worte: "Und auch wenn du die ganze Welt absuchst....du wirst niemanden finden, der dich so sehr liebt wie ich...."
 

Seto und seine Freunde hatten ein mittelgroßes Zelt zugewiesen bekommen, in dem genug Platz für sie war und wo sie übernachten konnten. Im Moment sassen die jungen Männer um einen prachtvollen Teppich herum, auf dem verschiedene Speisen appetitlich angerichtet worden waren. Während die anderen es sich schmecken ließen, trainierte Tristan draußen mit seinem Katana und kämpfte gegen einen imaginären Gegner. Duke warf einen Blick auf ihn und erbebte, denn der silberne Mondschein tauchte die anmutige, athletische Gestalt des Brünetten in ein beinahe übernatürliches Licht. Die Klinge zerschnitt in fließenden, geschmeidigen Bewegungen die Dunkelheit und die Agilität von Tristans durchtrainiertem Körper kam auf diese Weise besonders gut zur Geltung. Der Dungeon-Dice-Erfinder konnte sich gar nicht sattsehen, und schließlich erhob er sich und trat zu seinem Liebsten hinaus.

"Reagierst du dich auf diese Art ab, oder warum führst du einen Krieg gegen Unsichtbare?" neckte er ihn und erntete dafür ein vorwurfsvolles Zungenschnalzen.

"Tse! Was glaubst du? Klar reagiere ich mich ab! Mir ist klar, dass Joeys Entscheidung richtig war, weil er uns damit Zeit verschafft hat, aber deswegen muss ich sie noch lange nicht begrüßen! Immerhin reden wir hier nicht von einem harmlosen Kleinkriminellen, sondern von einem fünftausend Jahre alten Untoten mit gigantischen Zauberkräften, der ohne mit der Wimper zu zucken Leute um die Ecke bringt! Erinnerst du dich an das, was du in Tokyo zu mir gesagt hast? Dass Imhotep schon gar nicht mehr weiß, was Liebe ist? Du hast recht, er weiß es nicht mehr, er hat es vergessen. In seinem Herzen ist nur noch Platz für Hass, Verachtung und Zorn. Mitgefühl und Reue sind ihm fremd geworden. Er ist ein mächtiger Feind, Duke, und wenn es ihm gelingen sollte, die Armee des Anubis zu befreien, wird die Menschheit unter eine Schreckensherrschaft fallen!"

"Du tust ja gerade so, als hätte ich keine Ahnung davon! Ich bin mir dessen ebenso sehr bewusst wie du! Wenn ich mir vorstelle, dass Akitomo-san bereits sein Leben gelassen hat, um unsere Flucht zu decken....! Ich...." Seine Stimme sank zu einem Flüstern herab. "Ich habe Angst, Tristan. Furchtbare Angst."
 

Der Braunhaarige steckte das Schwert in die Scheide zurück, die er um die Taille gegürtet trug und schloss den anderen sanft in seine Arme. Er streichelte ihm über das weiche Haar und den Rücken und drückte ihn fest an sich.

"Mach dir keine Sorgen, Duke. Ich habe auch Angst, aber bisher haben wir alle Gefahren mit heiler Haut überstanden, weil wir zusammengehalten haben. Ja, Akitomo-san ist gestorben, aber er hat seinen Tod selbst gewählt. Er hat sich im Dienst einer Sache geopfert, die ihm wichtig war und an die er geglaubt hat. Ohne seine Hilfe wären wir heute nicht hier. Denk also daran, dass wir es uns selbst und auch ihm schuldig sind, Imhotep wieder in sein Grab zu verbannen! Sicher, es steht uns noch vieles bevor, aber ich bin zuversichtlich, dass wir am Ende den Sieg davontragen werden! Das einzige, worum ich dich bitte, ist: Gib nicht auf!"

Duke starrte wie hypnotisiert in diese tiefen, glühend braunen Augen und spürte, wie seine Gefühle ihn überwältigten. Er schlang seine Arme um Tristans Nacken und gab ihm einen langen, leidenschaftlichen Kuss. Yami, der das Paar aus höflicher Entfernung beobachtet hatte, musste lächeln. Er schlüpfte zur gegenüberliegenden Seite des Zelts hinaus, reckte und streckte sich ein wenig und betrachtete die wüstenartige Landschaft mit ihren sanften Hügeln, den vereinzelten Palmen und den Häusern aus Lehmziegeln. Wenn man sich die Gegend so ansah, kam man wohl kaum auf den Gedanken, dass man sich hier in Kairo befand, aber die Medjai hausten, wie zu erwarten gewesen war, nicht im hochmodernen, schnelllebigen Zentrum der Hauptstadt, sondern dort, wo ihre jahrhundertealte Tradition als Krieger und Reiter noch spürbar und gegenwärtig war. Er setzte sich in den Sand und schloss die Augen, um seinen eigenen Überlegungen nachzuhängen. Aber er war nicht allein, denn Bakura war ihm auf leisen Sohlen gefolgt. Nun stand der Grabräuber in der Nähe des Pharaos und betrachtete ihn. Das enge schwarze Hemd zeichnete seine muskulöse Brust deutlich ab und die Muskeln und Sehnen seiner entblößten Arme waren von Mondlicht übergossen, so dass sie wie aus Marmor gebildet wirkten. Seine elfenbeinfarbene Haut hob sich gegen die dunklen Farben seiner Kleidung sehr reizvoll ab, ein Effekt, den er auch damals mit seiner braungebrannten Haut und den Gewändern in hellen Farben erzielt hatte. Lange schlanke Beine leiteten in perfektem Schwung zu den schmalen Hüften über und sein Oberkörper hob sich leicht unter den gleichmäßigen Atemzügen. Verführerisch schimmerte das Licht auch auf seinem Hals und auf seinen sinnlichen, matt glänzenden Lippen. Das Haar hatte infolge der Dunkelheit zwar einiges an Leuchtkraft eingebüßt, dennoch setzten das feurige Rot und das Gold frische Akzente. Bakuras Mund wurde trocken und der Dieb fühlte sich geradezu betroffen von so viel männlicher Schönheit. Sie schnitt ihm förmlich ins Herz und seine Liebe brannte in diesem Augenblick so stark, dass er schon fürchtete, sich nicht mehr beherrschen zu können. Behutsam neigte er sich über Yami und küsste ihn zärtlich.
 

"Aton?" sagte der ehemalige Herrscher Ägyptens fragend und blinzelte. Sein Blick traf frontal auf ein Paar dunkelbrauner Augen, in denen begehrliche Flammen glommen. Der wohlgeformte Mund des Grabräubers war angefeuchtet und seine lange weiße Mähne schien wie aus Silber gewebt. Eine feine Schweißperle rann ihm von der Stirn über die Schläfe, von der Wange über das Kinn und den Hals, bis zum Schlüsselbein, hinunter zu dem makellosen Torso, der dank des locker sitzenden, nur halb zugeknöpften Hemds gut sichtbar war. Atemlos verfolgte Atemu den Weg dieses Tropfens und schluckte. In jeder Faser seines Körpers fühlte er das Verlangen aufkeimen und er erschauerte unter der Aura der Erregung, die Bakura verströmte. Dieser hielt es indessen nicht mehr aus. Sehnsüchtig presste er seine Lippen auf die des Pharaos und glitt mit seiner Zunge spielerisch aber fordernd über sie hinweg. Sein Geliebter öffnete sich ihm ohne Widerstreben und es entspann sich ein heißer, fast gieriger Kampf zwischen ihnen, den keiner von beiden aufgeben wollte. Schwer nach Luft ringend, lösten sie sich schließlich voneinander. "Ich....ich liebe dich, mein stolzer Bandit...."

Der Angesprochene küsste den rechten Handrücken des Königs und wollte antworten, als er plötzlich einen Peitschenknall hörte. Er drehte sich um und sah sich einer großen Zahl von rotgewandeten Beduinen gegenüber. Die wachsamen Medjai schlugen Alarm und rasch war eine Schlacht im Gange. Shadi kämpfte in Mariks Rücken, um ihn zu verteidigen und stürzte sich tapfer ins Getümmel, stets darauf bedacht, die Angreifer von seinem Liebsten fernzuhalten. Duke hatte sich von El-Bahr Pfeil und Bogen ausgeliehen, denn soweit er sich erinnerte, konnte Dukedas ausgezeichnet mit dieser Waffe umgehen. Jetzt würde sich zeigen, ob er es verlernt hatte oder nicht. Der erste Schuss verfehlte sein Ziel nicht und der getroffene Gegner wurde zu einem unkenntlichen Haufen Sand. Tristan schien, ähnlich wie Aton und Atemu, in seinem Element zu sein, was bei seiner Vergangenheit als Feldherr nicht verwunderlich war. Blitzschnell trennte er den Kopf vom Körper eines Beduinen, der in sich zusammen bröckelte wie trockener Ton. Gleichzeitig näherte sich einer von hinten, doch der Braunhaarige reagierte im Bruchteil einer Sekunde - sein Katana bohrte sich tief in den durch Magie belebten Leib. Yami bewies seine Fähigkeiten als begnadeter Schwertkämpfer; gedeckt wurde er von Bakura, der eine Sarazenenklinge schwang und den einen oder anderen Dolch von sich schleuderte. Seto, der sich nach dem Essen eine Weile hingelegt hatte, war entsetzt hochgefahren, als ein Pfeil neben ihm einschlagen war und ihn eine dämonische Fratze in roter Kleidung angegrinst hatte. Ohne groß nachzudenken, hatte er den Millenniumsstab gepackt, der sofort seine ursprüngliche Länge annahm. Eingedenk Seths Wissen zog Kaiba die goldene Ummantelung herunter und eine scharfe Schneide kam zum Vorschein, der Aufsatz mit Kugel und Hörnern (ich nenne die Dinger an den Seiten jetzt mal so....) stellte den Griff dar. Damit zerteilte er seinen Widersacher und eilte seinen Freunden zu Hilfe. Der nächste Hieb lehrte den Firmenchef eine Menge, denn er spürte, wie die lange Klinge einen weiten, tödlichen Bogen beschrieb und eins mit seinem eigenen, gewandten Körper wurde. Er war sich sicher, dass diese Sandwesen von Imhotep geschickt worden waren, doch weshalb?
 

Gerade in diesem Augenblick, da der Jungmillionär sich das fragte, tauchte hinter Yami der dunkelhäutige Anführer der Bande auf und zurrte seine Peitsche um den adeligen Hals. Der Meisterduellant wehrte sich verzweifelt, aber die unbarmherzige Schlinge um seine Kehle würgte ihn so fest, dass er aufgeben musste. Der Hüne bellte seinen Gefolgsleuten einen harschen Befehl zu und bevor irgend jemand es verhindern konnte, fegten sie in einem Windwirbel davon.

"Atemu!! ATEMU!!!!" schrie Aton und wollte schon in den Tornado hineinspringen, als Kaiba ihn stoppte. "Lass mich los, verdammt!!! Lass mich los!!! Dieser schwarze Bastard hat ihn mitgenommen!!! Lass mich!!!"

"Nun sei doch vernünftig, du Idiot!! Du kannst ihm nicht helfen!! Was wäre gewonnen, wenn du dich jetzt da hineinwirfst?! Das hat keinen Sinn!!"

Aber der Dieb riss sich los und zückte sein Schwert, als der Wirbel mit einem Mal ins Nichts verschwand - und der Pharao mit ihm. Bakura starrte ins Leere, nur Wüste und Stille um ihn herum. Die Waffe entglitt seinen Händen und fiel lautlos zu Boden.

"Nein....!" stieß er leise und zitternd hervor. "NEIN!!!! GELIEBTER!!!!" Es lag so viel Verzweiflung in diesem Aufschrei, dass Seto sich an seinen eigenen Schmerz erinnert fühlte, den er empfunden hatte, als Joey mit Imhotep gegangen war. Er legte dem Weißhaarigen, der in die Knie gesackt war, den Arm um die Schultern und erklärte: "Ich weiß, wie dir jetzt zumute ist. Aber nun zu toben und zu wüten, bringt dir Atemu nicht zurück. Du musst einen klaren Kopf behalten. Wir beide wollen die Männer, die wir lieben, aus den Klauen dieses verfluchten Priesters befreien, doch das kann nur gelingen, wenn wir unser Ziel nicht aus den Augen verlieren und unsere Gedanken nicht von dem Wunsch nach Rache trüben lassen. Wir haben erlebt, was Vergeltungsdurst aus Menschen machen kann, Imhotep ist das beste Beispiel. Sag mir nur eines: Bist du bereit, alles zu geben, um den Pharao zu retten?"
 

"Diese Frage ist unnötig. Was glaubst du, ist er für mich? Der einzige Mann, der mir Trotz geboten hat. Der einzige Mann, den ich als solchen akzeptiert habe. Der einzige Mann, der mir Respekt abringen konnte. Der einzige Mann, dessen Stolz ich nie untergraben konnte. Der einzige Mann, dessen Wille unbezähmbar für mich war. Der einzige Mann, dem es glückte, mich wirklich wütend zu machen und mir einer Herausforderung wert zu sein. Der einzige Mann, der glühendes Begehren in mir entfacht hat. Der einzige Mann, den ich je geliebt habe....Nein, Seto. Damit wird mir diese wiedererwachte Pest in Menschengestalt nicht davonkommen, darauf kannst du wetten!!"

El-Bahr schob sich in den Vordergrund des Geschehens und meinte: "Das waren Schergen von Imhotep, ganz ohne Zweifel. Es dürfte auch klar sein, warum sie Seine Majestät entführt haben - er trägt den Armreif von Anubis bei sich. Hoffen wir, dass sie die magische Karte in ihm noch nicht aktiviert haben...."

"Was soll das heißen?" erkundigte sich der Grabräuber.

"Der Armreif des Anubis zeigt den Weg nach Ahm Shere und dort ruht die Armee der Schakale. Das ist euch gewiss bekannt. Allerdings....wenn der Armreif erst einmal begonnen hat, die einzelnen Stationen der Route zu zeigen, bleiben noch genau sieben Tage, bevor der Armreif die Goldene Pyramide im Zentrum der Oase erreicht haben muss. Bei Anbruch des siebten Tages muss sich der Armreif über der Torgrenze dieser Pyramide befinden....wenn nicht....."

"Was ist dann?!"

"....wenn nicht....dann wird er seinen Träger töten!"

Past (2)

*schluchz* Ich hab nur ein Kommi gekriegt für das letzte Kapitel! *traurig ist* Ich hoffe, Ihr schreibt mir bei diesem Kapitel wenigstens ein bisschen mehr, sonst bin ich ganz geknickt....Dieser Teil spielt wieder in der Vergangenheit. Und wer übrigens mehr über Jono+Seth lesen möchte, wirft mal einen Blick in meine One-Shot-FF "Confession - Geständnis", die ein Prequel zu My Beloved Enemy darstellt! *Schleichwerbung*
 

Kapitel 24: Past (2)
 

~~ Alexandria ~~
 

Der junge Pharao Atemu II. schickte seine Berater aus dem Sitzungssaal und ließ sich aufseufzend auf seinen prunkvollen Stuhl fallen. Die Last der Regierung drückte ihm wieder einmal gnadenlos auf die Schultern und wie schon des öfteren wünschte er sich, sein Vater wäre noch am Leben und würde ihm beistehen. Sicher gab es kluge und ehrliche Mitglieder im Königlichen Rat, aber Atemu war keineswegs so dumm oder blind, um keine Opportunisten zu erkennen, wenn er ihnen in die Augen sah. Wer konnte schon sagen, welche Gerüchte ausgestreut, welche Intrigen hier am Hof gesponnen wurden? Auch wenn er seinem Onkel Akunadin glauben durfte, der ihm häufig versichert hatte, dass er ein guter und gerechter Herrscher sei, blieben seine eigenen Zweifel. Er hatte bei seinen Ausritten Kinder beobachtet, die auf der Straße lebten und sich mit Diebstählen über Wasser hielten, alte Menschen, die zu krank oder zu schwach waren, um einer Arbeit nachzugehen, Bettler mit schlimmen Verstümmelungen, die offensichtlich vom Krieg stammten....zwar hatte er ein Armenhaus bauen lassen, wo die Obdachlosen zu essen bekamen und schlafen konnten, und selbst Ärzte taten dort Dienst, um die Krüppel und andere Kranke zu versorgen, aber dennoch reichte das einfach nicht aus....es gab einfach viel zu viel Elend, da konnte er ein noch so guter König sein. Er vergrub sein Gesicht in den Händen und murmelte: "Vater....warum nur hast du diese furchtbare Verantwortung schon so früh auf mich übertragen? Ich war achtzehn Jahre alt, als ich zum Pharao gekrönt wurde....das ist jetzt fünf Jahre her und doch....auch wenn ich von klein auf darauf vorbereitet wurde, eines Tages Ägypten zu regieren....es ändert nichts! Für Tausende von Menschen verantwortlich zu sein....als wenn das so einfach wäre! Wenn wenigstens Mutter noch am Leben wäre, dann könnte sie mir helfen....Sämtlichen Mythen zum Trotz bin ich nicht der Erbe eines Gottes, sondern nur ein Mensch!!"

Seine Faust donnerte auf die Armlehne und er erhob sich mit wehendem Umhang. Er trat ans Fenster und seine Hände krampften sich rechts und links in die Mauer. Prachtentfaltung, Pomp und Reichtum....manchmal schien es ihm, als wären dies die Ketten seines Daseins, die ihn hier im Palast gefangenhielten wie in einem Goldenen Käfig. Er musste an Aton denken, der so frei und ungebunden war, sich gegen Regeln und Konventionen auflehnte, selbst wenn ihn das in Gefahr brachte und sich seine Unabhängigkeit bewahrt hatte. Der wilde, leidenschaftliche, rebellische, stolze und schöne Räuber, der kam und ging wie die Schatten der Nacht, der heiß war wie der Wüstenwind....und der ihn seit seinem letzten Besuch kaum mehr ruhig schlafen ließ. Atemu lehnte seine erhitzte Stirn gegen den kühlen Stein. Am Horizont versank die Sonne als glutrotes Juwel. Er wollte Aton wiedersehen....
 

Der berühmt-berüchtigte Dieb "Schwarzer Skarabäus" kehrte zufrieden von einem seiner nächtlichen Streifzüge zurück. Er huschte leise und unbemerkt durch die verwinkelten Gassen und gelangte schließlich zu seinem Unterschlupf. Seine Beute, ein Beutel mit Goldmünzen und zwei goldene Kelche, die mit Edelsteinen verziert waren, landeten respektlos auf dem Boden. Auch andere Schätze lagen verstreut herum, einzig das Jahrtausend-Artefakt, der Ring, lag säuberlich auf einem niedrigen Tischchen. Seit er diesen magischen Gegenstand gestohlen hatte, war er kaum mehr von Polizisten oder Medjai behelligt worden. Das Ding war wirklich ein fabelhafter Glücksbringer! Er begann, den Ring gründlich zu polieren, denn wenngleich er sich sonst kaum etwas aus seinen Beutestücken machte, außer dass er sie an den Meistbietenden verkaufte, maß er dem göttlichen Amulett weitaus mehr Bedeutung bei, denn im Gegensatz zu den anderen Sachen besass es auch einen ideellen Wert. Plötzlich glühte der Ring hell auf und Aton ließ ihn in abergläubischem Erstaunen fallen. Der Lichtstrahl leuchtete auf die Straße hinaus und vibrierte eigenartig. Der Grabräuber runzelte die Stirn und lugte vorsichtig aus seinem Versteck nach draußen. Er spitzte die Ohren und vernahm gepresste Hilfeschreie. Was war da los? Er warf sich seinen schwarzen Umhang über und eilte geschmeidig wie eine Katze davon. Der Ring, den er sich umgehängt hatte, leuchtete immer greller, als wolle er eine Warnung sein. Die Rufe wurden verzweifelter und jetzt konnte der Dieb auch andere Stimmen hören, trunkene, widerliche Stimmen. Er schob sich langsam um eine Häuserecke und entdeckte zwei in dreckige Lumpen gekleidete Gelegenheitsbanditen, die sich über einen dritten Mann beugten, den sie erbarmungslos festhielten.
 

"Lasst mich....!! NEIN!!! Die Götter mögen euch verfluchen!!!"

"Oho, hör dir das an!! Frech wird er auch noch!! Aber wir werden dich schon zähmen!! So ein hübscher Bursche wie du kommt uns gerade recht!!" Ein seltsames Geräusch erklang, wie wenn Kleidung zerrissen wird und endlich konnte Aton denjenigen erkennen, den diese Kerle vergewaltigen wollten. Der Atem stockte ihm für einen kurzen Moment. Gierige Finger strichen über diese vollendete, jäh entblößte braune Haut. Garstige Lippen glitten über die makellose Linie eines eleganten Halses. Bei diesem Anblick wallte eine Woge reinen, maßlosen Zorns in dem Grabräuber hoch. Diesen Körper, an den zu denken er sich versagte, um seiner Sehnsucht Herr zu werden, diesen Körper, dessen grazile, ungezwungene Bewegungen er kannte, diesen Körper, der sich unter schweren, kostbaren Stoffen verbarg und dessen erregende Reize von einer Aura hoher Würde und strenger Disziplin umschlossen waren - diesen Körper wagten diese verdammten Schweine zu beschmutzen!!! Etwas, das er nie getan hätte, doch sie taten es. Sie hatten seine Gewänder zerrissen und seine edel geformten Beine enthüllt, Beine, wie man sie sonst nur an den Statuen von Göttern sah. Ein von zwei widerwärtigen Strolchen überwältigter junger Mann, schamlos für ihre ruchlose und verwerfliche Tat zurechtgelegt. Aber nicht irgendein Mann....sondern Atemu....sein Atemu....

Endlich fiel die Starre von ihm ab. Atons Augen verengten sich zu wütenden Schlitzen und er zog ein Messer. Ohne noch groß weiter darüber nachzudenken, sprang er auf den ersten Kerl zu und schnitt ihm ohne langes Federlesen die Kehle durch. Der andere erschrak und wollte nach seinem Dolch greifen, doch in dieser Sekunde spürte er eine scharfe Klinge zwischen den Rippen und er brach stöhnend zusammen. Der Pharao atmete schwer, Tränen liefen ihm über das Gesicht und er zitterte am ganzen Leib. Verstört und sich noch unklar, was soeben geschehen war, richtete er sich auf, versuchte vergebens, seine Kleidung zu ordnen und erweckte den Eindruck, als wäre er weit fort. Der Dieb packte ihn an den Oberarmen und rief eindringlich: "Euer Majestät!!! Hört Ihr mich!?! Ich bin es, Aton!!"

So schneidend tönte seine Stimme, dass sie den Herrscher Ägyptens aus seiner Benommenheit riss. Das besorgte, schöne Antlitz des Weißhaarigen, umspielt vom Mondlicht, schob sich in sein Bewusstsein. "Aton....? Du....bist es....wirklich....Aton!!" Er drängte sich an den anderen, schwach wie ein Kind, und schluchzte in den Stoff des Beduinengewands, an dieser Schulter Schutz und Vergessen suchend.
 

"Du....du hast zwei Menschen getötet....meinetwegen....Warum bist du so weit gegangen? Es hätte genügt, sie bewusstlos zu schlagen...."

"Nein. Mir hätte es nicht genügt. Allein die Vorstellung, dass diese Bastarde Euch genommen hätten, als wärt Ihr ein Liebessklave aus dem Vergnügungsviertel....oder weniger als das.... allein der Gedanke, dass ihre fettigen, schmutzigen Finger Euch berührt haben....es machte mich rasend!!! Nie werde ich diesen Anblick vergessen, den Ihr botet: Begrapscht von schmierigen Händen, geküsst von gemeinen Lippen, bereitgestellt wie ein Vieh, das zur Schlachtbank geführt wird....von diesen verfluchten Schweinen, die weder wussten, wen sie vor sich hatten, noch jeglichen Sinn für Eure unvergleichliche Schönheit besassen....!!!"

Atemu musterte den Grabräuber überrascht und tief bewegt. Ehrlicher Zorn sprach aus seinen Worten, seine Augen brannten und die Hand, die sich noch immer um seinen Arm klammerte, bebte heftig. "Aber....warum seid Ihr überhaupt hier?"

"Weil ich ein Narr bin. Ich habe mich aus dem Palast geschlichen und habe dieses verrufene Viertel aufgesucht, in der Hoffnung, dich zu treffen....was hatte ich denn erwartet? Ich habe diesen Angriff ja praktisch herausgefordert, indem ich mich nach Einbruch der Dunkelheit hierher gewagt habe...."

"Ihr habt so viel riskiert, Euch einer solchen Gefahr ausgesetzt, nur um mich zu sehen? Das passt in der Tat nicht zu Euch und Eurer sonst so besonnenen Vorgehensweise. Gut, dass ich Euch gefunden habe, bevor...."

"Das gelang dir nur aufgrund des heiligen Artefakts, das du unrechtmäßig an dich gebracht hast! Die sieben Jahrtausend-Gegenstände beschützen die königliche Familie, der Ring hat dich also zu mir geführt. Ich habe mein Prisma zurückgelassen, um zu vermeiden, dass es ebenfalls geklaut wird. Du bist sicherlich der einzige Dieb, der nicht davor zurückschreckt, den Tempelbezirk zu entweihen! Ich will, dass du ihn mir wiedergibst!"

"Hm, Ihr müsstet doch mittlerweile begriffen haben, dass ich mir nichts befehlen lasse, Pharao!" erwiderte Aton frech und lief davon. Eine Weile war Atemu sprachlos vor Entrüstung, aber schließlich nahm er die Verfolgung auf. Er warf einen raschen Blick hinter sich zu dem Ort des Überfalls, wo die beiden Leichen lagen. Morgen würde man sie finden und die Leichenbestatter würden sich um sie kümmern, ohne Fragen zu stellen. Ihre Aufgaben waren der Tod und die Vorbereitung auf das Leben nach ihm, nicht, sich nach dem Grund zu erkundigen. Er rannte dem Flüchtenden nach, bis sie eine kleine Anhöhe über dem Viertel erreicht hatten. Der junge Regent bekam den Ring zu fassen, aber der Schwarze Skarabäus ließ sich fallen und kullerte den Sandhügel hinunter, dicht gefolgt von Seiner Königlichen Hoheit. Sie purzelten übereinander und die Anspannung in Atemus Innerem löste sich in einem Lachen, wobei ihm gleichzeitig Tränen in die Augen traten. Der Schock zeigte seine Nachwirkungen. Während er sein Antlitz mit den Händen bedeckte, rollte Aton sich auf die Seite und betrachtete den anderen. Zielstrebig schob er die hartnäckigen Hände beiseite und wischte die salzigen Perlen selbst fort.
 

"Hast du....schon einmal getötet?" fragte der Bunthaarige.

"Ja. Das gehört mehr oder weniger zu meinem Berufsstand. Das Leben als Dieb ist hart und grausam. Jeder Tag stellt dich vor die Wahl, zu töten oder selbst getötet zu werden. Mein wahres Element ist die Dunkelheit, in ihr bin ich zu Hause. Eure Welt, die des Lichts, wird für mich immer eine Unbekannte bleiben. Ihr seid wie die Sonne, die nur tagsüber scheint, und ich bin wie der Mond, der einzig die Nacht sein eigen nennt. Und genau wie diese beiden ist es unser Schicksal, getrennt zu sein...." Der Pharao schmunzelte amüsiert.

"Aber Ihr lacht! Ihr macht Euch darüber lustig, dass ich so rede, nicht wahr?! Mir soll es recht sein! Seid nur arrogant, seid nur spöttisch!! Wie geschmacklos, derartig poetische Worte aus dem Mund eines minderwertigen Banditen zu hören!!"

"Nein, du missverstehst mich. Ich dachte bloß gerade an all die Hofdichter, die sich so viel auf ihre kunstvollen Verse und ihr sentimental-hochtrabendes Gesülze einbilden, ohne zu begreifen, wie viel mehr Bedeutung und Schönheit einem Wort innewohnt, wenn es von Herzen kommt und dass keine noch so ausgefeilte Phrase das je überbieten kann. Mein Schmunzeln bezog sich nicht auf dich, dir könnte ich endlos zuhören. Doch sag mir eines: Warum warst du so wütend, als du mich in den Händen dieser Strolche sahst?"

"Wie könnte ich Euch den Grund nennen....Ihr wäret empört...."

"Du hast ihn mir aber bei deinem letzten Besuch offenbart. Was hindert dich daran, es wieder zu tun? Du gehst Risiken ein, nur um einen flüchtigen Blick auf mich zu erhaschen, du kniest demütig vor mir nieder, was eigentlich gar nicht zu dir passt, du hast meinetwegen getötet....oh bitte, Aton....sag mir wieso!"

Der Grabräuber begriff, dass der Pharao es aus seinem Mund hören wollte, nicht verpackt in irgendwelche sprachliche Bilder, sondern eindeutig und klar formuliert. Er richtete sich auf und erklärte langsam: "Ich habe nie jenen Moment vergessen, da ich Euch zum ersten Mal in die Augen sah....Euer Blick, auf mich herniedergeworfen aus zwei blitzenden, unergründlichen, violetten Juwelen, wühlte mich auf bis in die Seele....Ihr wart so stolz, so majestätisch, so unerschütterlich....Ihr wart jeder Zoll ein Herrscher, kühl und verächtlich, wie eine Statue aus Kupfer und Gold....Schon damals ahnte ich, dass nichts Euch zerbrechen würde....und ich hatte recht. Auch wenn dieses Erlebnis von vorhin Euch tief getroffen hat....es war keine Angst in Euren Augen. Diese Mistkerle hatten vermutlich erwartet, dass ihre rüde Haltung Euch weich machen und einschüchtern würde, aber ich erkannte, dass Ihr in Wahrheit bebtet vor Hass und Ekel....Ihr habt sie verflucht. Euren Körper mögen sie befleckt haben, nicht aber Euren Geist.... ich bin froh, dass ich das Schlimmste verhindern konnte....Wenn es sein müsste, ich würde es wieder tun....ich würde erneut für Euch töten....ich würde sogar für Euch sterben....! Ich....ich liebe Euch!"
 

Das Licht Ägyptens erschauerte unter diesem leidenschaftlichen Geständnis und verharrte lange in Schweigen. Der Grabräuber wagte nicht, die Stille zwischen ihnen zu stören, bis Atemu sie von sich aus brach.

"Ich erinnere mich auch an jenen Abend, von dem du sprichst....du hattest dich in das Grabmal meines Vaters geschlichen und wurdest von meinen Medjai aufgegriffen....Welche Unverfrorenheit, sich in den schwerbewachten Palast zu trauen! Als man dich mir vor die Füße warf, dachte ich, ich hätte es wieder einmal mit einer jener würdelosen und feigen Kreaturen zu tun, die sich aus Habgier bereicherten, höhnische Reden auf meine Familie und mich schwangen und dann in sich zusammensanken, sobald sie die stählerne Hand meiner Autorität im Nacken spürten....Und umso erstaunter und überraschter war ich, als du meinen Blick entschieden und ohne Zögern erwidert hast....Ich las einen unbeugsamen Willen und einen starken Freiheitsdrang in deinen Augen, erkannte deinen Stolz und dein wildes, feuriges Herz.... Kein Kerker der Welt würde dich in die Knie zwingen können, das wurde mir damals mit einem Schlag klar - und so ließ ich dich frei. Aber vergessen konnte ich dich seither nicht mehr.... Immer wieder musste ich an diesen ungezügelten, unaufhaltsamen Dieb denken, für den nur Gold und Nervenkitzel zählte....Wenn du bei mir warst oder ich auch nur deine Schatten in meiner Nähe vermuten konnte, schmeckte ich etwas von der Freiheit, die ich in meinem Goldenen Käfig nicht besitze....Und ich fragte mich, wie es wohl wäre, wenn ich mich nur einmal, ein einziges Mal, dir hingeben würde....wie es wäre, sich fallen zu lassen und unter deinen Lippen und deinen Händen zu vergessen, dass ich der Pharao bin...." Er wandte den Kopf und sah den anderen direkt an. "Ich liebe dich, Aton."

Der Dieb wagte kaum, zu atmen. Alles begann sich um ihn zu drehen, selbst der Himmel, der Mond und die Sterne. Er musste schlucken und starrte Atemu an, als wäre er verrückt geworden. Träumte er? Hatte der strahlende Herrscher Ägyptens gerade zugegeben, dass er ihn ebenfalls liebte? Langsam drückte er seinen Gegenüber in den Wüstensand und der junge König ließ es ohne Widerstand geschehen. Dann beugte er sich hinunter und ihre Lippen trafen sich in einem endlos scheinenden, innigen und leidenschaftlichen Kuss. Ihre Zungen spielten ein zärtliches und heißes Spiel, sie erforschten einander und enthemmten endlich all die Gefühle, die sie so lange zurückgehalten hatten. Nach Luft ringend löste sich der Grabräuber von dem bunthaarigen Schönling und streichelte ihm über die Wange.
 

"Atemu....nie hätte ich auch nur gehofft, dass du...."

"Aber es ist so. Doch nun muss ich dich um etwas bitten. Bring mich zum Palast zurück. Es gäbe einen gewaltigen Aufstand, wenn herauskäme, dass ich mich zu dieser Stunde nach draußen geschlichen habe."

"Gut."

Gemeinsam brachen sie also zum Palast auf und der Pharao zeigte seinem Liebsten einen geheimen Durchgang, der geradewegs in sein Schlafgemach führte. Der Balkon bot eine atemberaubende Aussicht auf den Garten und die dahinter liegende Stadt und Aton empfand, während er seinen Blick in die Ferne schweifen ließ, zum ersten Mal so etwas wie Glück. Da sprach der Regent ihn an.

"Würdest du....diese Nacht bei mir bleiben?"

Er drehte sich ruckartig um, unfähig, etwas darauf zu antworten. Tiefe, violette Augen drangen bis in sein Herz und ließen ihn schwach werden. Er hatte immer stark und unbesiegbar sein müssen, denn er hatte nie jemandem vertraut - bis zu diesem Moment. Hier konnte er sich fallen lassen, ohne Angst vor Verrat haben zu müssen, hier konnte er Frieden und Geborgenheit finden, hier konnte er von seiner lebenslangen Flucht ausruhen. Der Vorhang, den er beiseite geschoben hatte, um hinauszusehen, fiel wieder zu. In einer engen Umschlingung sanken beide auf die weiche Bettstaat und gaben sich ganz der Wonne des Augenblicks hin....
 

Aber noch jemand nutzte die nächtlichen Stunden, und zwar der römische Gesandte und Feldherr Tristanus Quintus. Vor vier Tagen war er im Hafen von Alexandria eingelaufen und hatte sich dem Pharao vorgestellt, dem er auch gleich seine Mission unterbreitet hatte. Atemu hatte sich freundlich gesonnen gezeigt und Interesse an Handelsbeziehungen mit Rom bekundet - er war zufrieden. Und was Dukedas betraf, so war er ihm in seiner Funktion als Dolmetscher sehr nützlich. Tristanus war froh, dass der hübsche Sklave ihn begleitet hatte, denn sein Ägyptisch war noch recht ungelenk. Er konnte sich durchaus verständigen, aber sein Ausdruck war holprig und sehr mühsam. Jetzt befand er sich in einem abgelegenen Teil des königlichen Gartens, der einen malerischen Teich beherbergte. Das Wasser war nicht sonderlich tief, doch man konnte einige Züge darin schwimmen und so hatte er sich heute für ein spätes Bad entschieden, zumal er dringend seine Gedanken und Gefühle ordnen musste. Er entkleidete sich und tauchte genüsslich in das angenehm kühle Nass ein. Während er den sternenverhangenen Himmel betrachtete, schob sich erneut das Bild von Dukedas in seinen Kopf und er seufzte. Ja, der Bursche hatte sich als fleißig, zuverlässig und fähig erwiesen und erfüllte seine Aufgabe mit sichtlicher Begeisterung....aber Tristanus hatte mittlerweile schmerzlich erkannt, dass der Schwarzhaarige für ihn weit mehr war, als bloß ein Diener. Er sah den Mann in ihm, einen stolzen, willensstarken und tapferen, aber auch arroganten und besserwisserischen Mann. Dennoch, Dukedas kannte seine Fehler, es reute ihn, wenn er etwas falsch gemacht hatte und was noch wichtiger war: Er sah es ein. Er war dem Feldherren eine treue und unentbehrliche Stütze geworden und fand immer die richtigen Worte zur richtigen Zeit, wenn es galt, Probleme zu besprechen, Trost zu spenden oder eine ungezwungene Unterhaltung zu führen. Und jenes Feuer, das in seinen atemberaubenden, smaragdgrünen Augen loderte und einen in den Bann schlagen konnte! Viertausend Sesterze - nein, das war nicht zu viel, sondern ein angemessener Preis für das Funkeln dieser lebenden Edelsteine!
 

"Herr?"

Tristanus fuhr erschrocken herum, als er eine Stimme hörte und erblickte zu seinem Erstaunen ausgerechnet jenen, bei dem es ihm ohnehin schon nicht gelang, ihn aus seinem Geist zu verdrängen. "Ich sehe, dass Ihr ein Bad nehmt", erklärte Dukedas und ließ sich anmutig am Ufer des kleinen Teichs nieder, erleichtert, dass die Dunkelheit sein Erröten verbarg, denn sein Gebieter stand nur bis zum Lendenansatz im Wasser, das Mondlicht spiegelte sich in den zarten Tropfen, die über seinen starken, kraftvollen Körper rannen und schufen so ein höchst verführerisches und sinnliches Bild. "Erlaubt Ihr, dass ich Euch Gesellschaft leiste? Wenn Ihr wollt, könnte ich Euch auch beim Waschen behilflich sein."

Der Atem des Römers beschleunigte sich bei diesen Worten und er verfolgte sprachlos mit, wie der Schwarzhaarige sich langsam aus seinem einfachen Gewand schälte. Er stieg so, wie die Götter ihn geschaffen hatten, in das prickelnde Wasser und näherte sich dem anderen. Als er ihn erreicht hatte, zog er sich sein Stirnband vom Kopf, faltete es einmal zusammen und tauchte es ein. Danach ergriff er den rechten Arm des Feldherren und begann, mit dem provisorischen Tuch darüber zu streichen, als wolle er ihn waschen. Tristanus schwieg, unfähig, irgendwie auf dieses Verhalten zu reagieren. Dennoch spürte er, wie ihn ein angenehmer Schauer durchlief und ein eindeutiges Ziehen machte sich in seinen Lenden bemerkbar, als er sich der Nacktheit des Sklaven bewusst wurde. Dukedas sprach ebenfalls nicht, er konzentrierte sich ganz auf seine Aufgabe. Er hatte sich heimlich aus den Unterkünften der Diener geschlichen und war zum Gemach seines Gebieters geeilt, fest entschlossen, ihm endlich seine Gefühle zu gestehen. Zunächst war er enttäuscht gewesen, als er feststellen musste, dass der Römer nicht dort war, aber dann hatte er ihn auf der Treppe Richtung Garten entdeckt. Und nun war er hier und befreite diesen vollendeten Körper vom Schmutz und Schweiß des Tages. Oh, wie gut fühlte es sich an, diese stählernen Muskeln zu berühren, mit den Fingern über diesen durchtrainierten, flachen Bauch zu fahren....Mit dem Stück Stoff in der Hand wanderte er über die Schulterblätter und den Rücken, den linken Arm, die Hüfte und die wohlgeformte Brust. Der Soldat hatte den Kopf in den Nacken gelegt und ließ alles zu; Dukedas' weiche Haut auf der seinen und seine kundigen Bewegungen jagten einen Blitz nach dem anderen durch ihn hindurch.
 

"Mein Herr...." hauchte der Schwarzhaarige zärtlich, "....ich erbitte Eure Verzeihung für meine Anmaßung. Aber schon lange wollte ich Euch so nah sein, Euch liebkosen....Ich habe nie einen Mann wie Euch gekannt. Als Sohn eines einfachen Handwerkers hatte ich es nie leicht und unsere Eltern konnten meine Schwester und mich kaum ernähren. So setzten sie uns aus, denn sie waren schlichte Menschen, deren einziger Trost ihr Glaube war und bei uns glaubt man, dass ausgesetzte Kinder unter dem Schutz der Götter stehen. Ich geriet in die Fänge eines Sklavenhändlers und wurde von meiner Schwester getrennt. Ich weiß bis heute nicht, was aus ihr geworden ist. Für mich begann ein Leben voller Qualen und Entbehrungen und ich begegnete in der Folgezeit nur noch harten, verbitterten Männern, deren Geschäft der Menschenhandel war und ihre Waffen die Folter und die Grausamkeit. Ich dachte, dass ich nie wieder glücklich sein würde....bis ich an Euch verkauft wurde. Anfangs verstand ich nicht, dass Ihr anders wart als meine Peiniger....ich musste das erst lernen. Doch als mir klar wurde, welche Gnade mir das Schicksal erwiesen hatte, als es Euch auf mich aufmerksam machte, war ich dankbar....unendlich dankbar....Ich bin zwar nie dahinter gekommen, was genau es war, dass Euch dazu brachte, mich zu kaufen, aber Ihr habt mir meinen Glauben und meine Hoffnung zurückgegeben....Bei Euch habe ich meinen Frieden gefunden...."

Der Brünette erbebte unter diesen Worten und ruckartig wandte er sich zu seinem Untergebenen um. Der Ägypter war dermaßen überrascht, dass ihm das nasse Stirnband entglitt und auf kleinen Wellen davon schaukelte. Tristanus hob das Kinn seines Gegenübers behutsam an und erklärte mit leidenschaftlicher Stimme: "Du weißt nicht, warum ich dich gekauft habe? Was mich dazu veranlasste, viertausend Sesterze für dich zu bezahlen, obwohl du offen Ungehorsam gezeigt hast, indem du es wagtest, mir ins Gesicht zu sehen? Ich will es dir sagen. Ich stand dort vor einer Reihe zerschundener Körper und viele dieser Männer waren im Inneren bereits zerbrochen - aber plötzlich traf mich der stolze, kämpferische Blick aus zwei smaragdgrünen Augen, die so tief und bestechend waren, dass mir für einen kurzen Moment der Atem stockte. Deine ganze Seele lag in diesem einen Blick. Ich spürte deinen starken Willen dahinter, deine Tapferkeit und den Zorn auf all jene, die dich gedemütigt hatten. Deine Augen sind lebende Juwelen, klar und bezaubernd, und sie glänzen wie frische junge Blätter, auf die Tau gefallen ist....Ich musste diese herrischen, entschlossenen Augen einfach besitzen!"
 

Dukedas blieb stumm. Er starrte den Feldherren an, als ob er nicht richtig gehört hätte. Fassungslos und ungläubig musterte er den Römer. Sollte es ihm gelungen sein, das Herz des schönen Adeligen zu erobern? Aber wie konnte das sein? Gerade ihm sollte das geglückt sein, ihm, der er doch nur ein Sklave war?

Aber da geschah etwas, das auch seine letzten Zweifel auslöschte. Tristanus schlang seine Arme um den Gleichaltrigen und küsste ihn sehnsuchtsvoll auf den Mund. Das Denken des Schwarzhaarigen schaltete sich ab, eine Flut von Empfindungen stürzte auf ihn ein. Zunächst Erstaunen, schließlich Begreifen und zum Schluss nur noch ein einziger Rausch an Verlangen, Liebe und Glückseligkeit. Willig öffnete er sich dem Werben des anderen, die Zunge des Kriegers glitt hinter das süße Bollwerk der Lippen und erforschte das fremde Terrain. Nach und nach erwiderte der Diener das innige Spiel und er vergass alles um sich herum. Nachdem sie sich heftig atmend voneinander gelöst hatten, flüsterte Dukedas: "Ich kann kaum glauben, dass Ihr....meine Gefühle teilt....Ich liebe Euch, Herr....schon lange."

"Ich bin glücklich, das zu hören. Ich liebe dich auch, Dukedas....hm....und jetzt, wo wir beide endlich zusammengekommen sind, müssen wir natürlich auch ,du' zueinander sagen!"

Der Angesprochene lächelte breit und nickte vergnügt. "Du hast recht." Gemeinsam kletterten sie ans Ufer, zogen sich ihre Lendenschurze wieder an und huschten zu dem Gemach des Feldherren, ihre übrige Kleidung baumelte über den Armen. Sie landete achtlos auf irgendeinem Stuhl im Raum, aber davon nahm ohnehin keiner Notiz, denn die jungen Männer küssten sich bereits wieder mit verzehrender Inbrunst. Beide ließen sich auf das Bett fallen und entschwanden langsam in die unwirkliche Welt der Ekstase, während sie sich gegenseitig erkundeten und ihre Körper lustvoll aneinander pressten. Nur der Mond, der durch das hohe Fenster schien, sah die zwei Liebenden in dieser Nacht....
 

~~ Der nächste Morgen ~~
 

Seth lag ausgestreckt auf duftigen weißen Laken und blinzelte ein wenig, gähnte und wachte schließlich richtig auf. Er blickte nach rechts und stellte fest, dass sein Geliebter schon aufgestanden war. Er schlüpfte in den ägyptischen Rock und trat zu Jono, der auf der Balustrade des priesterlichen Balkons lehnte und nachdenklich die Kreise beobachtete, die sein Falke Chons am morgendlichen Himmel zog. Seth umarmte ihn von hinten und küsste den Anführer der Medjai auf die Schläfe, während er ihm durch die goldene Pracht seines langen Haares fuhr.

"Was hast du, Liebster? Bedrückt dich etwas?"

"In der Tat. Weißt du, ich habe gestern noch meine Nachtrunde gedreht, um zu prüfen, ob alles in Ordnung ist...."

"Und? Das tust du doch meistens."

"Ja, sicher. Aber dabei habe ich gesehen, wie der Pharao sich in einen Umhang gehüllt und sich nach draußen geschlichen hat. Ich hatte keine Ahnung, was er vor hatte, und so habe ich auf seine Rückkehr gewartet. Als er dann zu meiner großen Erleichterung auch wiederkam, war er nicht allein - der Schwarze Skarabäus war bei ihm!"

"Was?! Du meinst DEN Schwarzen Skarabäus?! Diesen Grabräuber und Gesetzlosen?! Weshalb sollte Atemu ihn in den Palast führen?"

"Das habe ich mich auch gefragt. Ich war misstrauisch und habe die Gemächer des Pharaos aufgesucht. Und ich hätte sein Schlafzimmer beinahe betreten, wenn ich nicht....gewisse Geräusche gehört hätte."

"Gewisse Geräusche? Könntest du dich vielleicht klarer ausdrücken?"

"...."

"Was ist? Du weißt doch, dass du dich mir anvertrauen kannst!"

"Sie haben sich geliebt, Seth. Ich bin ganz sicher."
 

Der Oberpriester hob bestürzt die Augenbrauen, sagte aber nichts, denn er musste diese Antwort erst einmal verdauen. Er ging eine Weile schweigend auf und ab und verschränkte die Arme. "Irrtum ausgeschlossen?"

"Ja."

"Mein Cousin? Verliebt in einen Kriminellen? Schlimmer noch: In einen der meistgesuchtesten Diebe überhaupt! Das....das kann nicht sein, Jono! Du musst dich getäuscht haben!"

"Ich bin selbst ein Liebender, Seth! Ich kenne die Sprache der Begierde, die Laute der Wonne und des Entzückens, wenn zwei Körper sich in Leidenschaft vereinen! Und sei versichert - nichts davon war geheuchelt!"

"Du willst mir erzählen, dass der Schwarze Skarabäus sich ebenfalls in Atemu verliebt hat?"

"Das denke ich zumindest. Wenn er auf Gold aus gewesen wäre, wäre es leichter für ihn gewesen, den Pharao zu töten, anstatt ihn zu verführen. Und außerdem ist das Licht Ägyptens kein Mann, den man einfach mal ins Bett bekommt! Wenn, will er selbst es auch, und das ist entscheidend! Zwar habe ich strikten Befehl, alle Eindringliche in den Kerker werfen zu lassen, aber....vielleicht sollte ich hier ein Auge zudrücken."

"....Ich denke, dass du recht hast. Es fällt mir schwer, das zuzugeben, doch ich möchte nicht, dass mein Cousin unglücklich ist. Decken wir also ihre heimliche Liebe."

"Ich bin überrascht, dass du mir zustimmst. Liebe war bisher etwas, das du verächtlich belächelt hast."

Seth warf Jono einen vorwurfsvollen Blick zu und legte seine Arme um die schmale Taille des Blonden. Blaue Saphire tauchten ein in goldbraunen Topas und versanken darin, bis der Hierophant sagte: "Früher war das so. Aber seit ich dich kenne, weiß ich, wie groß und verschlingend die Macht der Liebe sein kann. Natürlich dünkte ich mich darüber erhaben, da ich noch nie zuvor verliebt gewesen war, bevor ich dich traf. Ich machte mir keinerlei Vorstellungen davon, wie einen diese Gefühle überwältigen, ich hatte auch nie das Verlangen nach einem anderen verspürt oder ahnte auch nur, wie es ist, jemanden zu begehren. Und dann kamst du und hast mein gesamtes Leben umgekrempelt....machtest mich rasend mit deinem Stolz, deinem Temperament und deinem unverschämten Ton....ließest mich brennen durch deine sinnliche Schönheit...." Er drehte Jonos Haar zu einem dicken Strang zusammen und legte es einer Fessel gleich um sein Handgelenk.

"Ich werde auf ewig ein Gefangener deiner Liebe sein."

Der Medjai erschauerte und sog sich an diesem makellosen, edlen Antlitz fest. Eine deutlich wahrnehmbare Spannung hatte sich zwischen den beiden aufgebaut und die Luft schien mit einem Mal Funken zu sprühen. Eine atemlose Sekunde verstrich, eine zweite, eine dritte und sogar eine vierte....und ihre Leidenschaft entlud sich in einem heißen, feurigen Kuss. Die Sonne umrahmte das Paar mit einem goldenen Kranz....
 

So, so weit diesmal. Kommis erwünscht! ^_____^

Die Verfolgung beginnt

Ja, es geht weiter! Und ich nehme es gleich vorweg, diese FF wird mit 30 Kapiteln beendet sein! Stellt Euch also schon mal darauf ein, ja?
 

Kapitel 25: Die Verfolgung beginnt
 

Bakura lag wie erschlagen auf seinem Lager. Er hatte den Rest der Nacht keine Ruhe gefunden, denn immer wieder hatte ihn seine Sorge um Yami aus dem Schlaf gerissen. Wusste Imhotep, dass Atemu sterben würde, wenn er die Goldene Pyramide nicht rechtzeitig erreichte? Vielleicht wollte er das sogar, dieser verfluchte Untote! Er berührte seine Lippen, auf die der Pharao vor wenigen Stunden noch seinen Kuss gedrückt hatte....und nun war er fort! Er erhob sich missmutig und trat zu den anderen hinaus, die schon ungeduldig auf ihn warteten. El-Bahr schnallte sich sein Schwert um und erklärte mit seiner kräftigen, respekteinflößenden Stimme: "Wir werden zwei Abordnungen bilden müssen, um sowohl Imhotep als auch Anck-su-namun verfolgen zu können. Der abtrünnige Priester wird zusammen mit Joey nach Hamunaptra aufbrechen, während seine Schwester nach Ahm Shere reisen wird, mit der Hilfe des Armreifs, der sich am Handgelenk des Pharaos befindet. Für den Fall, dass es ihr gelingt, die Armee des Anubis zu rufen, müssen die zwölf Stämme der Medjai ebenfalls dorthin, um sich einem Kampf zu stellen! Marik ist im Besitz des Osiris-Speers, der den Skorpionkönig töten kann, also wird er die Goldene Pyramide aufsuchen, zusammen mit Aton, dem Grabräuber und Geliebten des Herrschers. Und dann vielleicht noch einen weiteren guten Kämpfer, schließlich können wir nur vermuten, was euch in Ahm Shere für Grauen begegnen werden - wer meldet sich?"

"Ich!" rief Shadi entschlossen und verneigte sich vor dem alten Krieger. "Ich möchte mein Versagen von damals in diesem Leben rückgängig machen....und schützen, was mir wichtig ist!" Marik senkte scheu die Augen, als er das hörte, denn er ahnte, dass Shadi von ihm sprach.

"Einverstanden! Die Verfolgung Imhoteps wird somit der ehrenwerte Seto übernehmen! Auch Ihr, ehemaliger Hohepriester, solltet Euch von zwei Gefolgsmännern begleiten lassen!"
 

"Ich wähle Duke und Tristan für diese Aufgabe. Tristan ob seiner Kampferfahrung als früherer Feldherr und seiner geschickten Handhabung von Schwertern. Und Duke ob seiner treffsicheren Pfeile und der Tatsache, dass er des Alt-Ägyptischen mächtig ist. Meine Erinnerung an die Sprache ist verblasst, aber seine ist noch frisch, als hätte er es vor ein paar Tagen erst gelernt.

Ist euch das recht?" Tristan grinste breit.

"Weißt du, bevor diese ganze Sache angefangen hat, hielt ich dich für den unausstehlichsten Menschen der Weltgeschichte - aber heute sieht es anders aus, denn du hast Herz und Tapferkeit bewiesen und starken Einsatz gezeigt! Klar werden wir dir helfen, Joey zu retten!"

"....Danke."

"Ich werde ebenfalls nach Ahm Shere reisen!" erklärte eine weibliche Stimme und Marik wirbelte herum. Seine Schwester stand vor ihm, gekleidet in schwarze Stiefel und eine gleichfarbige Hose sowie ein kurzärmeliges Hemd. Um ihre Hüfte war ein Gürtel mit zwei Spießen geschlungen, deren goldüberzogene Griffe im Sonnenlicht hell funkelten. Ihre blauen Augen waren entschlossen und hart.

"Ishizu! Das ist doch nicht dein Ernst?! Das ist viel zu gefährlich!"

"Nein, mein Bruder. Damals wie heute warst du Medjai und in unserem früheren Leben hast du mir beigebracht, so zu kämpfen, wie es die Gotteskrieger tun. Ich habe noch eine alte Rechnung mit Anck-su-namun zu begleichen, also versuch nicht, mich aufzuhalten!"

"....Wie du wünschst."

Shadi merkte wohl, dass sein Liebster mit der Entscheidung Ishizus nicht einverstanden war, weil er Angst um sie hatte, aber er begriff auch, dass es da etwas gab, das die junge Frau selbst erledigen musste. Seine Hand streifte tröstend die Schulter des Platinblonden und er flüsterte im Vorbeigehen: "Sorge dich nicht. Sie ist stark - und welchen Kampf sie auch bestreiten mag, sie wird die Siegerin sein!"
 

Der Sechzehnjährige nickte kurz und drehte sich verwirrt weg. Shadi wagte keine intensiveren Berührungen mehr, sondern blieb bei freundschaftlichen, verständnisvollen Gesten, doch jede davon sandte einen eigentümlichen Schauer über seinen Rücken. Und was das Schlimmste war: Er konnte den Kuss immer noch nicht vergessen! Was war nur los mit ihm?!

"Damit wäre es also beschlossene Sache", verkündete El-Bahr und klatschte in die Hände. "Ich schlage vor, dass sich unsere Auserwählten mit den nötigen Utensilien ausstatten, bevor es losgeht. Der Ausgangspunkt für die Reise nach Ahm Shere sind die Pyramiden von Gizeh. Hoffen wir, dass Anck-su-namun dort ist!"

Seto und seine Freunde, die beiden Ägypter ausgenommen, die ihre Beduinengewänder trugen, suchten sich aus der Sammlung von wüstentauglichen Kleiderkombinationen und Waffen, die sich im Keller des Museums befanden, die nötigsten Dinge aus. Beigefarbene Hosen, feste Stiefel aus gegerbtem Leder, leichte Leinenhemden, die bei den hohen Temperaturen besser waren und schließlich Pistolengürtel. Bakura verstaute mit zufriedenem Gesichtsausdruck zwei Handfeuerwaffen über seinem Brustkorb und schnallte sich, ähnlich wie Tristan und Kaiba, noch ein Schwert um. Duke wählte einen kleinen, handlichen Bogen und dazu passende Pfeile. So ausgerüstet begab sich die Gruppe in Begleitung der ehemaligen Priesterin und der zwei Medjai zu den majestätischen Pyramiden von Gizeh, die zu den acht Weltwundern des Klassischen Altertums zählten. El-Bahr und die zwölf Stämme blieben bei ihnen und der alte Krieger schien auf etwas Bestimmtes zu warten, bevor er seine Schützlinge entlassen konnte. Ein lautes Kreischen erfüllte die Luft und ein schwarzer Falke kam aus dem Himmel herabgestürzt und landete sicher auf El-Bahrs ausgestrecktem Arm.

"Das hier ist mein geflügelter Freund Hapi! Er mag nicht so klug sein wie Chons, aber er ist treu und zuverlässig und entstammt demselben Gelege wie der Falke des ehrenwerten Jono. Nimm ihn mit dir, Marik, und lasse uns durch ihn wissen, wo ihr euch befindet!"

"Verstanden!"
 

Auch Imhotep war nicht untätig. Seine rotgekleideten Sandsoldaten hatten ihm gebracht, was er haben wollte und nun stand er vor den beiden Männern, die ihn mit kalter Verachtung musterten. Den einen begehrte er, den anderen hasste er - und dennoch würde er ihm von Nutzen sein. Seine Schwester trat neben ihn. Hohnlächelnd nahm sie dem Pharao sein Millenniumspuzzle ab, ohne dass er es verhindern konnte, denn man hatte ihm die Hände gefesselt. Ebenso verhielt es sich mit Joey, der das Henkelkreuz allerdings behalten durfte.

"He? Was soll das?"

"Du wirst nach Hamunaptra gebracht werden, mein Junge! Da mein Bruder mich klar instruiert hat, was dich betrifft, ist es einfach nicht notwendig, dass du Ankh jetzt schon hergibst. Das Puzzle aber gehört nun mir, genau wie das Auge! Und die übrigen Millenniumsgegenstände werden wir auch noch bekommen, verlasst Euch darauf, Euer Hoheit!" zischte sie in Richtung Atemu, der sich wütend auf die Lippen biss. Er wusste nur zu gut, warum die magischen Artefakte so wichtig waren: Sie waren der Schlüssel zur Erweckung der Armee der Schakale! Und mit ihnen würde der Skorpionkönig wieder in diese Welt gerufen werden - nicht auszudenken!

°°Schwester! Hör zu! Ich werde die Stadt der Toten aufsuchen und du wirst dich nach Ahm Shere begeben! Sollten Probleme durch unsere Feinde auftreten, so rufe mich mit deinen spirituellen Fähigkeiten! Und jetzt zu Euch, Pharao!°° Er zerschnitt die Fesseln und zerrte den Arm des einstigen Herrschers nach vorne. An seinem weißen Handgelenk schimmerte der Schmuckreif des Anubis. Die Sonne Ägyptens spiegelte sich in seinem Gold und plötzlich projizierte er das riesige Bild einer beeindruckenden Tempelanlage in die Luft - die erste Station. Imhotep lächelte boshaft.
 

°°Das ist der Tempel von Karnak! Beeile dich, Schwester, und enttäusche mich nicht! Ich überlasse dir meine Sandsoldaten, sie sollen für dich die restlichen Jahrtausend-Gegenstände zusammensammeln! Und falls es Euch interessiert, mein König: Solltet Ihr bei Anbruch des siebten Tages nach Beginn der Reise - also ab heute - nicht das Tor der Goldenen Pyramide im Herzen der Oase erreicht haben, wird der Armreif Euch töten!°°

Yami starrte ihn erschrocken an. Obwohl er geneigt war, alles, was Imhotep sagte, als Lüge abzustempeln, spürte er instinktiv, dass sein Gegner diesmal die Wahrheit sprach. Joey warf dem Priester einen feindseligen Blick zu.

"Du widerst mich an!" Er spuckte die Worte aus wie etwas Giftiges und in seinen Augen loderte der Stolz des Falken. Sein Gegner lachte höhnisch auf.

°°Du wirst es nicht verhindern können, dass Horus mir gehören wird! Der ewige Kampf von Licht und Schatten wird diesmal zugunsten der Finsternis ausfallen, verlass dich darauf!°°

Cleo befahl dem dunkelhäutigen Anführer der Sandwesen, einem gewissen Lock-Nah, den Pharao abzuführen. Sie verabschiedete sich hoheitsvoll von ihrem Bruder und begab sich an Bord eines Zuges, der Eigentum des Tokyoter Weltmuseums war. Als dessen Kuratorin hatte sie erklärt, sie würde an einer Ausgrabung teilnehmen, für das sie ein geeignetes Transport-mittel benötige - und prompt hatte man ihr selbiges finanziert. Wer rechnete auch damit, dass die kühle Schönheit, die ihre Arbeit stets so gewissenhaft ausführte, irgendetwas mit einem größenwahnsinnigen Eroberer zu tun hatte?! Der Zug setzte sich in Bewegung, Richtung Karnak, und Imhotep wandte sich triumphal an seinen Gefangenen.

°°Es ist aus! Endlich....endlich wirst du mein sein!°° flüsterte er, indem er sich näherte und dem erschrockenen Joey einen heftigen Kuss auf die Lippen drückte. Angeekelt stieß der Blonde ihn mit einem Fuß weg und spie den fremden Geschmack aus.

"Tu das nie wieder, du Stück Abschaum!"

°°Abwarten....bald wirst du mich anflehen, dich zu küssen, Schönster!°°
 

In Gizeh ruhten die steinernen Augen der Sphinx auf der eigentümlichen Versammlung, die sich dort eingefunden hatte. El-Bahr und der Rest des Reitervolkes waren zu einem ihrer weiter entfernt gelegenen Stützpunkte aufgebrochen, während Kaiba, Bakura, Tristan, Duke, Marik, Shadi und Ishizu zurückblieben und eine Weile unschlüssig am Bahnhof des Vorortes von Kairo herumstanden (ja, Gizeh ist gemeint). Als ein außerplanmäßiger Zug angekündigt wurde, stutzte der Platinblonde allerdings, denn das war wirklich eine Seltenheit für eine so kleine Bahnstation und so eilte er zum Schaffner am Schalter, der offensichtlich darüber im Bilde war. Die Freunde hörten, wie er irgendetwas auf Arabisch fragte und das Gespräch sprang eine Weile zwischen den zwei Beteiligten hin und her, bis Marik zufrieden war.

"Ich habe etwas Wichtiges erfahren: Anck-su-namun alias Miss Kurokage ist doch die Kuratorin des Weltmuseums in Tokyo. Es heißt, dass sie an einer Ausgrabung teilnimmt und die übrigen Mitglieder dieser Ausgrabung mit ihr zusammen in einem extra gemieteten Zug quer durch Ägypten reisen. Damit innerhalb des normalen Verkehrs keine Probleme entstehen, muss sie, bevor der Zug eine der wichtigeren Stationen erreicht, ihren Zielort nennen. Das ist unsere Chance! Ich habe dem Schaffner die Information abgeluchst, dass ihr erster Punkt auf der Route die Tempelanlage von Karnak ist!"

"Ausgezeichnet! Dann werde ich sofort eine Botschaft an El-Bahr schreiben und sie ihm durch Hapi schicken." meinte Ishizu ruhig und tat selbiges auch umgehend. Der schwarze Falke erhob sich geschwind in die Lüfte und Bakura blickte ihm versonnen nach. Dann sagte er: "Mal 'ne blöde Frage....aber wie wollen wir uns eigentlich fortbewegen? Doch hoffentlich nicht auf Kamelen?!"

"Seto, Tristan und ich begeben uns nach Hamunaptra, direkt in die Wüste. Ich fürchte, wir werden uns wirklich um Kamele bemühen müssen!"

"Ausgerechnet! Dabei werde ich doch so leicht seekrank!"

"Was ist wichtiger: Ob du grün anläufst oder Joes Leben gerettet wird?!"

"Ist ja gut, nun reg dich nicht gleich auf....!"

"Meine Schwester, Shadi, Bakura und ich nehmen ein Luftschiff, das sich im Besitz unseres Geheimbundes befindet. Odeon wird es fliegen."

Der Weißhaarige hob eine seiner vollendet geschwungenen Augenbrauen. "Tatsächlich? Wenn das Ding genauso alt ist wie Eure Verbindung, dann gute Nacht...."

Seitens der drei Ägypter traf ihn ein niederschmetternder Blick und er kratzte sich verlegen grinsend am Kopf. "He, das war doch bloß eine Vermutung...."

Man trennte sich also, die einen auf der Suche nach geeigneten Reittieren, die anderen machten sich auf den Weg zu der winzigen Abflugstelle, von wo aus das Luftschiff starten sollte. Der Grabräuber war sehr still währendem, denn er musste an seinen Atemu denken. Wie mochte es ihm gerade ergehen? Wie fühlte er sich? War er unversehrt? Hatte keiner dieser roten Bastarde ihn angerührt? Er erinnerte sich noch gut an jenen Tag, da er die Reinkarnation seines geliebten Pharaos gefunden hatte....
 

~~ RÜCKBLENDE ~~
 

Yugi konnte nicht glauben, was sein Klassenkamerad Ryo da von ihm verlangte. Er wollte sich mit ihm duellieren?! Aber warum bloß? Sie hatten sich doch bisher immer gut verstanden und nun forderte er plötzlich einen Kampf?! Der kleinwüchsige Sechzehnjährige schluckte und stieß hervor: "Also gut. Zeit für ein Duell!"

Ryo schloss die Augen und der Millenniumsring um seinen Hals glühte auf. Auf einmal schien seine kindliche Erscheinung verschwunden zu sein, sein Antlitz war männlich und kantig geschnitten, mit harten, brennenden Augen und einer sinnlichen Ausstrahlung.

"Wo hast du dieses Puzzle her?!" zischte der Unbekannte den verblüfften Yugi an und richtete sich drohend vor ihm auf. Doch niemand konnte von einem Muto behaupten, er habe keinen Mumm in den Knochen.

"Mein Großvater hat es mir gegeben! Es ist ein Familienerbstück!"

"Ein....Erbstück?"

>>Lass mich übernehmen!<< ertönte überraschend eine tiefe, samtene Stimme aus dem Puzzle heraus und ein grelles Licht hüllte die Umgebung ein. Bakura wusste kaum, wie ihm geschah, doch als er wieder etwas sehen konnte, versank er in einem Paar unnachgiebiger, stolzer Augen, die Amethysten glichen.

>>Yami!<< schaltete sich Yugi ein, der seinem Alter Ego den Platz in seinem Körper überlassen hatte. >>Wer ist er? Kennst du ihn?<<

"Es ist lange her....Aton." lächelte der Pharao verführerisch und streckte dem Dieb seine rechte Hand hin, wie es das höfische Zeremoniell verlangte. Sein Gegenüber schien keinen klaren Gedanken mehr fassen zu können; er ignorierte sogar Ryo, der neben der Seele seiner Vergangenheit aufgetaucht war und diesen so veränderten und erwachsenen Yugi erstaunt musterte. >>Nanu? Ist das der bewusste König, von dem du mir so viel erzählt hast?<<

Er bekam aber keine Antwort, denn Bakura näherte sich mit schwachen Schritten dem Bunthaarigen, sank auf die Knie und küsste die dargebotene Rechte.

"Atemu...."

"Aton, mein Liebster...."
 

~~ ENDE DER RÜCKBLENDE ~~
 

Ja, an jenem Tag hatten sie sich wiedergefunden....und seine Einsamkeit war endlich vorüber, nach fünftausend Jahren....In der folgenden Nacht hatten sie sich heiß und leidenschaftlich geliebt, hungernd nach den Berührungen des anderen, nach seiner Nähe, seiner Wärme, seiner Zärtlichkeit....Atemu noch einmal zu verlieren, würde er nicht überstehen. Er war fest entschlossen, Imhotep zu vernichten, jetzt mehr denn je!

Sie erreichten die Abflugstelle und wurden herzlichst von Odeon begrüßt. Bakura fand das baufällig wirkende Luftschiff nicht sonderlich vertrauenserweckend, verkniff sich aber eine Bemerkung, denn das letzte, was er brauchen konnte, waren drei verärgerte Medjai und eine verstimmte ehemalige Priesterin. Er fügte sich also und bestieg das Fluggerät, das sie zur Oase von Ahm Shere bringen sollte.
 

Unterdessen war Tristan damit beschäftigt, einem Händler, der gebrochen Englisch sprach, ein paar gute Kamele abzuhandeln. Zu seiner Entschuldigung sei gesagt, dass er von Natur aus kein Feilscher oder Blutsauger war, weshalb er dem gewitzten Kaufmann weit unterlegen war.

"De black haired....see? Dat young man over dere!"

"Meine Güte, was für eine Aussprache....Unsere Lehrerin würde einen Tobsuchtsanfall kriegen, wenn sie hören würde, was der Kerl aus ihrem heißgeliebten ,th' macht! Duke, verklickere diesem Idioten doch mal, dass du nicht käuflich bist! Er meint, wenn ich dich dazugebe, reduziert er den Preis für die drei Kamele um die Hälfte! Kannst du dir das vorstellen?!"

"Ich bin nicht interessiert!"

"He's not interested! No, I can't sell him! He's....he's my....property!"

"Ah! Now I understand!"

"Wunderbar, dass Sie mich endlich verstehen! Was ist nun mit den Kamelen? Ich meine: What about the camels?"

Endlich gelang es ihm, sich halbwegs gütlich zu einigen und die drei Tiere wechselten ihren Besitzer. Duke grinste schief.
 

"Dein Eigentum bin ich also, ja? Schön, dass ich das auch erfahre."

"Was hätte ich denn machen sollen? Was anderes hätte er vermutlich nicht kapiert!"

"Na fabelhaft! Dann fehlt bloß noch ein Schild um meinen Hals, auf dem steht: Duke Devlin, Privateigentum von Tristan Taylor. Anfassen bei Todesstrafe verboten!"

"Hm, warum eigentlich nicht? Das ist eine hübsche Idee!"

"Tristan....!"

"Ja, Liebling?" kam ein scheinheiliges Lächeln zurück und der Dungeon-Dice-Erfinder schluckte seinen Wutausbruch hinunter. Verflixt, dass dieses Lächeln ihn aber auch ständig weichkochen musste!! Sie bestiegen ihre Wüstenschiffe und trabten davon, hinein in die weiten, ewigen Dünen aus Sand.

"Sag mal, Seto....Ich will ja nicht den Pessimisten herauskehren, aber....weißt du überhaupt, wo wir hin müssen?"

"Mein Alter Ego Seth ist bei uns. Als Hohepriester kennt er den Weg nach Hamunaptra. Er wird uns führen. Vom richtigen Weg abgesehen haben wir allerdings noch ein anderes Problem - Imhotep braucht unsere Millenniumsgegenstände, um die Armee des Anubis rufen zu können. Das heißt, wir werden früher oder später vermutlich ein paar unangenehme Verfolger auf den Fersen haben."

"Na toll! Stimm ja, diese roten Sandheinis hätte ich beinahe vergessen...."

Während Tristan noch vor sich hin fluchte, holte Seto den Millenniumsstab aus seinem Rucksack und ein grelles Licht strahlte daraus hervor. Seth, dessen durchsichtige Gestalt neben den Kamelen einher schwebte, begrüßte seine Wiedergeburt mit einem Nicken.

"Ich werde euch nach Hamunaptra bringen. Aber ihr müsst vorsichtig sein, denn Imhotep ist kein leichter Gegner. Besonders du solltest unter allen Umständen auf der Hut sein, mein Freund", meinte er ein wenig besorgt zu dem Jungmillionär, "....denn er hasst dich abgrundtief und sähe dich lieber schon heute als morgen tot. Er wird nicht nur versuchen, euch die Artefakte zu stehlen, sondern auch, euch zu töten....und ich versichere euch, er wünscht euch kein gnädiges Ende!"

"Das habe ich auch gar nicht erwartet", erwiderte Seto hart. "Aber Joe vertraut darauf, dass wir kommen! Und kein fünftausend Jahre alter Größenwahnsinniger wird mich davon abhalten!"

Seth lächelte unweigerlich. "Woher wusste ich bloß, dass du das sagen würdest....?"
 

Cleo betrachtete höhnisch den Pharao, der sie nicht eines Blickes würdigte. Die Landschaft flog an ihnen vorbei, das Dampfen und Schnaufen des Zuges dröhnte in den königlichen Ohren und sein aufgestauter Zorn machte ihn nicht sonderlich gesprächig.

"Immer noch verstimmt, Euer Hoheit? Nun, ich gebe zu, wenn ich nur noch sieben Tage zu leben hätte, wäre ich wohl ebenfalls sehr schweigsam!"

"Dein Bruder und du sind das schlimmste Gespann, das ich jemals gekannt habe! Du bist schon damals intrigant und verlogen gewesen, Hüterin der Nephthys....und ganz offensichtlich hast du dich kein bisschen verändert!"

"Ich fühle mich geehrt, dass Ihr endlich geruht, Euch meiner zu erinnern! Natürlich unterstütze ich Imhotep, weil er mein Bruder ist....Ich werde niemals vergessen, welch grausige Strafe Ihr über ihn verhängt habt!"

"Sie war gerechtfertigt für den Mord meines besten Leibwächters und Freundes, der stets so tapfer für Ägypten gekämpft hat! Auf die Tötung eines Menschen stand von jeher die Hinrichtung, er hätte also nie ein anderes Urteil erwarten können!"

"Wie könnt Ihr es wagen! Aber Ihr seid ja schon immer gegen mich gewesen, Ihr und Eure ganze verdammte Familie! Wie ist es sonst zu erklären, dass Euer verwünschter Cousin mich nicht als Priesterin des Amun-Ra erwählte, sondern diese Gans namens Isis!?!"

"Oh, ein persönlicher kleiner Rachefeldzug deinerseits ist im Preis mit inbegriffen? Du hast diese Niederlage also nie verkraftet....ich hätte es wissen müssen. Es muss ein harter Schlag für dich gewesen sein, dass ich sie nach Seths Tod zu seiner Nachfolgerin ernannte. Der Grund war, dass ich ihr vertraute - dir nicht. Du bist nicht Priesterin geworden, um den Göttern zu dienen, sondern um Karriere zu machen, verdorben von krankhaftem Ehrgeiz. Du bist genau wie dein Bruder!"
 

Um Cleos Mund zuckte es. "Ich fasse das als Kompliment auf, Euer Hoheit. Und seid nicht so aufmüpfig, Eure Freunde und Euer ach so geliebter Grabräuber könnten es sonst büßen!" Sie lachte boshaft und ließ den Pharao in seinem Abteil allein, nicht ohne den Schlüssel zweimal sorgfältig im Schloss herumzudrehen. Yami verzog verächtlich die sinnlichen Lippen, klappte das Fenster auf und atmete etwas frische Luft ein. An Flucht war nicht zu denken, aber dennoch musste er Aton und den anderen irgendwie mitteilen, wo die nächste Station auf der Route nach Ahm Shere lag. In Karnak würde der Armreif wieder in Aktion treten. Was konnte er tun? Zeichen in den Sand malen? Oder den Ort modellieren, zu dem sie als nächstes reisen würden?

Diese Idee war nicht schlecht, aber der trockene Sand war zu fein, um etwas daraus zu formen. Und wenn er nass war....? Ein Plan nahm in seinem Kopf Gestalt an. Es war nicht viel, aber immerhin etwas, das er für die anderen tun konnte. Er war sich sicher, dass Aton bereits aufgebrochen war, um ihn zu befreien und auf diese Weise würde er ihm auch deutlich machen können, dass es ihm gut ging....Er schlug das Fenster geräuschvoll zu.

>>Du hast noch nicht gewonnen, Imhotep! Noch lange nicht....!<<

Ahm Shere

Ja, es geht langsam in den Endspurt! Hier ist also der 26. Teil meiner FF! Liest das noch jemand? Ich habe das Gefühl, ich kriege nur so wenig Feedback....*sniff* *traurig schau* Na ja, trotzdem wird es weitergehen! Viel Vergnügen! ^^
 

Kapitel 26: Ahm Shere
 

Ein unangenehmer Wind pfiff Bakura um die Ohren, während er an der Reling des Luftschiffes stand. Sein von Sorgen gequältes Herz schien keine Ruhe finden zu wollen und seine Anspannung wuchs. "Da vorne!" rief Shadi hinter ihm aus. "Das ist der Tempel von Karnak!" Odeon bereitete das Landemanöver vor und wenige Minuten später sprangen der Grabräuber, die beiden Medjai und Ishizu in den heißen Sand. Währendessen hielten sich Cleo und ihr adeliger Gefangener im Zentrum der Anlage auf, die sie früher erreicht hatten als ihre Verfolger, und sie zwang den Pharao, den Arm auszustrecken. Die Strahlen der Sonne aktivierten den Anubisreif und dieser warf eine neue Luftspiegelung in den Himmel.

"Sehr schön! Das ist also unsere nächste Station! Hm? Seht mich nicht so wütend an, Euer Gnaden! Wir haben einen geringen Vorsprung gegenüber Eurem Liebhaber und seiner Kompanie, das sollten wir ausnutzen!"

"Ich habe Durst." erklärte Yami abweisend und wandte hoheitsvoll sein Gesicht ab. Die Kuratorin schüttelte mitleidig den Kopf, als beginne sie, an seinem Geisteszustand zu zweifeln, doch dann befahl sie dem Anführer der Sandkrieger: "Lock-Nah! Bring dem Pharao etwas Wasser! Wir wollen doch nicht, dass er verdurstet, bevor er den Sieg meines Bruders noch nicht in vollen Zügen genossen hat!" Der rotgekleidete Beduine gehorchte und der Bunthaarige bekam einen Krug mit Flüssigkeit ausgehändigt. Er entfernte sich von seiner Bewacherin und schüttete das kostbare Nass auf den Boden. Mit dem feuchten Sand formte er ein kleines Modell ihrer nächsten Anlaufstelle und legte eines seiner schwarzen Schweißbänder daneben, damit Bakura sein Werk auch richtig deutete. Danach kehrte er zu Cleo zurück, die zur Eile gemahnte. Lock-Nah machte zu ihrer Überraschung nicht mit.

"Was ist los?"

"Ich spüre einen Millenniumsgegenstand, Herrin!"

"Tatsächlich? Finde ihn! Nimm ein paar von deinen Untergebenen mit und bring das Artefakt in deinen Besitz! Und beeil dich!"

"Sehr wohl."
 

Die einstige Hüterin der Nephthys und Yami bestiegen wieder den Zug, der sich sogleich in Bewegung setzte und dampfend seinem neuen Ziel entgegenfuhr, während die Sandwesen sich auf die Lauer legten. Fünf Minuten verstrichen, ehe die andere Gruppe im Zentrum eintraf, nur um zu erkennen, dass sie ihre Feindin verpasst hatten. In diesem Moment stürzte sich die Bande auf die überraschten Medjai, doch Shadi und Marik wussten sich zu helfen, ebenso Ishizu. Ihre schnellen, geschickten Hiebe ließen mehr als einen Angreifer zu Staub zerfallen und ihr Bruder schenkte ihr ein bewunderndes, stolzes Lächeln. Auch der Dieb gab seinen Widersachern einiges aufzulösen, er schwang das Schwert, das der Ring für ihn geschaffen hatte, und lieferte sich einen harten Schlagabtausch mit Lock-Nah, dessen Gefolgsleute mittlerweile als unkenntliche Sandhaufen um ihn herum lagen. Plötzlich aber raste ein gefährlicher Streich auf ihn zu und der Weißhaarige konnte nur mit knapper Not dem Tod durch Aufschlitzen entgehen. Dafür hatte der Schlag das Band zertrennt, mit dem der Millenniumsring um seinen Hals baumelte und das wertvolle Stück glitt in die gierigen Hände des Dunkelhäutigen. Er lachte triumphierend und verschwand in einem Windwirbel. Bakura kniete fluchend im Sand und stieß die schlimmsten Verwünschungen aus, derer er sich erinnern konnte. Der Platinblonde trat hinter ihn. "Gräme dich nicht, Aton. Noch ist nicht alles verloren."

"Wie tröstlich, du Genie! Und wie sollen wir diesen Bastarden folgen?! Keiner von uns kennt den Weg nach Ahm Shere!"

"Wir nicht - aber der Pharao!" meldete sich die junge Frau zu Wort und zeigte auf das Modell, das sie eben hinter einer Säule entdeckt hatte. Der Dieb kam näher und hob verwundert den schwarzen Stoff auf, der Teil des Miniatur-Bauwerks zu sein schien.

"Das ist eines von Atemus Schweißbändern. Also hat er uns diesen Hinweis hinterlassen. Das ist der nächste Ort auf der Route! Los, zurück zu Odeon!"

Man fand sich wieder auf dem Luftschiff ein und folgte dem Zug wie ein Raubvogel seiner Beute. Dank den Botschaften des Pharaos war es ihnen möglich, ihren Feinden hinterher zu reisen und der Dieb war seinem Liebsten sehr dankbar dafür, nicht nur, weil er sie damit leitete, sondern auch, weil er ihm dadurch mitteilte, dass mit ihm alles in Ordnung war und so seine Besorgnis dämpfte. Die Stunden verstrichen unaufhaltsam, wechselten über in Nächte und wieder in Tage, bis das Luftschiff am Abend des fünften Tages seit dem Aufbruch die vorletzte Station, Abu Simbel, erreichte (ich sag jetzt mal, das ist die vorletzte). Der Weißhaarige hatte seinen angestammten Platz an der Reling eingenommen und betrachtete den Sternenhimmel. Während Odeon steuerte, führten Marik und Shadi ein langes Gespräch, in dem sie auch Kindheitserinnerungen und ähnliches ausgruben. Der Jüngere war glücklich, dass ihn seine Befangenheit gegenüber dem anderen dadurch ein wenig verließ und er schwelgte mit seinem Jugendfreund in vergangenen, fröhlichen Momenten. Bakura hatte dem Ganzen demonstrativ den Rücken zugewandt, denn er vermisste seinen Atemu und die schreckliche Gewissheit, dass ihnen die Zeit wie Wasser durch die Finger rann, plagte ihn zusätzlich. Seine braunen Augen flirrten durch die Dunkelheit, auf ein nicht mehr allzu weit entferntes Ziel gerichtet. Einst hatte er solch laue Nächte geliebt, damals in Ägypten, als er erkennen durfte, dass es ihm durch eine gnädige Fügung des Schicksals gelungen war, das Herz des stolzen Pharao zu erobern....
 

~~ RÜCKBLENDE ~~
 

Aton lag ausgestreckt auf seinem Lager in seinem Schlupfwinkel. Eigentlich hatte er heute in ein paar Häuser einbrechen wollen, aber tatsächlich interessierte ihn das schnelle Geld nicht mehr im selben Ausmaß wie früher. Er hatte jemanden gefunden, der all sein Verlangen stillen, ihm Ruhe und Frieden geben konnte, und war es auch nur für wenige erfüllte Stunden in der Nacht....Es war ein gefährliches Spiel für einen Dieb wie ihn, eine Beziehung mit dem göttlichen Herrscher Ägyptens zu haben, doch auch dieser riskierte einiges....Wieder erschienen ihm die glühenden Amethyste als geistiges Bild, die strahlende, anmutige Gestalt....und er erinnerte sich an jenen unvergleichlichen Augenblick, da sie einander das erste Mal geliebt hatten....Diesen Körper auf dem seinen zu spüren, wie er sich lustvoll gegen ihn drängte, der Geschmack dieser verführerischen Lippen, die Hitze, die Leidenschaft zwischen ihnen, ihre Laute einer gemeinsamen Wonne, die sie teilten und der sich nichts in den Weg würde stellen können, die schweißbenetzte Haut, die kundigen Berührungen, die immer wieder neue Quellen der Lust anschlugen....Aton konnte Atemus Schrei der Erlösung noch in seinen Ohren hören, gedachte seiner eigenen, hemmungslosen Geste wilden Begehrens und endloser Liebe; mächtige, überwältigende Emotionen, die wie ein Rausch durch ihn hindurch geströmt waren. Wie im Fieber erhob er sich ruckartig von den Fellen, warf sich seinen schwarzen Umhang über und huschte über Dächer und Mauern davon in Richtung Palast. Dank des Geheimganges, den der Pharao ihm in jener bewussten Nacht gezeigt hatte, gelangte er ungesehen in das Schlafgemach seines Geliebten. Das Bett war leer, der König stand draußen auf dem großen Balkon und hatte das Eintreten des Grabräubers nicht bemerkt. So erschauerte er kurz vor Überraschung, als zwei starke Arme sich um seine Taille schlossen und warme Lippen sanfte Küsse auf seinen Hals hauchten. Schließlich jedoch musste er lächeln.
 

"Aton...." kam der Name sinnlich und zärtlich zugleich über den süßen Mund und der Weißhaarige vergrub sein Gesicht in dem weiten, wallenden Stoff des adeligen Gewands. Bei Amun-Ra, es konnte ihn schlicht rasend machen, wenn Atemu seinen Namen auf diese Weise aussprach! "Warum....bist du hergekommen?"

"Um dich zu sehen....Ich weiß, was du sagen willst, und du hast recht. Ich bin schon viel zu oft hier gewesen....ich sollte meine Besuche einschränken....aber ich kann nicht! Der Gedanke an dich verlässt mich nie, egal, was ich tue! Mir ist klar, dass wir beide uns in Gefahr begeben mit unserer verbotenen Liebschaft....und es gab Tage, da wollte ich versuchen, dich zu vergessen, um deinet- und meinetwillen! Aber ich konnte es nicht....!"

"Auch ich kenne die Gefahr, der wir uns aussetzen! Fände man es heraus, es wäre dein sicherer Tod! Und ich würde meine Stellung verlieren, würde ins Exil geschickt....dennoch...."

Der Pharao drehte sich in der innigen Umklammerung um und nahm Atons Kopf zwischen seine weichen braunen Hände. "....Dennoch....ich kann mein Herz nicht bezähmen! Es schlägt für dich, unabdingbar, unabänderlich, wie der Lauf der Sonne! Versprich mir, dass du mich nicht allein lassen wirst, egal was geschieht!"

Der Dieb neigte sich vor und drückte dem jungen Regenten einen heißen, verzehrenden Kuss auf, ehe er entschlossen erwiderte: "Ich verspreche es! Ich werde dich nie allein lassen...."
 

~~ ENDE DER RÜCKBLENDE ~~
 

Bakura runzelte die Stirn und seufzte. "Ich werde dich nie allein lassen" - und nun befand sich sein Liebster in den Händen dieser verlogenen Kuratorin und ehemaligen Nephthys-Priesterin, weil er nicht besser aufgepasst hatte! Er verschränkte die Arme, während Abu Simbel langsam in der Ferne verschwand, nachdem sie den nächsten Hinweis gefunden hatten.

>>Ich werde ihn retten. Ich kann nicht zulassen, dass der Armreif des Anubis ihn tötet. Er ist ein großer Kämpfer gewesen....es wäre die reinste Narretei, wenn er so sterben würde! Hm.... vielleicht sollte ich mich jetzt ausruhen. Wenn es zur Konfrontation kommt, werde ich all meine Kräfte brauchen....gar nicht zu reden davon, wenn es Anck-su-namun gelingen sollte, die Armee der Schakale zu rufen und somit die Erweckung des Skorpionkönigs herbeizuführen! Nein! Wir werden nicht verlieren!<<
 

Der Morgen des sechsten Tages war angebrochen und Yami kniete im Sand, damit beschäftigt, eine weitere Skulptur zu formen, als Lock-Nah ihn von hinten am Kragen packte.

"Ihr leitet sie also, Pharao!! Seid verflucht!! Ihr habt dafür gesorgt, dass unsere Verfolger uns auf den Fersen bleiben konnten!! Das werdet Ihr büßen!!"

°°Genug, Lock-Nah!°°

Der mit Magie zum Leben erweckte Diener des Untoten fuhr herum, als er die Stimme seines Gebieters vernahm und er lockerte seinen erbarmungslosen Griff. Der ehemalige Herrscher Ägyptens hustete und starrte erbost in das siegessichere Antlitz Imhoteps. Seine Schwester trat hohnlächelnd neben ihn.

"Was, du?! Ich dachte, du befändest dich auf dem Weg nach Hamunaptra!"

°°Das ist richtig, aber als Anck-su-namun mir von ihrem Problem mit ihren lästigen Verfolgern erzählte - mit Hilfe ihrer spirituellen Fähigkeiten, über die sie als frühere Priesterin verfügt -, habe ich meine Reise vorübergehend unterbrochen, um diese minderwertigen Insekten in den Staub zu treten! Übrigens ist es meinen Gefolgsleuten gelungen, auch die restlichen Jahrtausend-Artefakte in ihren Besitz zu bringen!°°

"Was?! Nein....das darf nicht sein....Was haben deine Männer mit Seto, Tristan und Duke angestellt?! Spuck es aus, du Scheusal!!" (Was denen widerfahren ist, wird Inhalt von Teil 27 sein!)

°°Falls Ihr sie für tot haltet, so beruhigt Euch. Sie haben sich bemerkenswert gut zur Wehr gesetzt, aber letzten Endes war es nutzlos. Freut Euch aber nicht zu früh, Pharao - ich gedenke durchaus, Eure Freunde noch umzubringen, ehe sie mir in der Stadt der Toten gefährlich werden könnten! Nun muss ich mich jedoch vordergründig um Euren Liebhaber und die übrige Pest kümmern, die Euer bedeutungsloses Leben retten wollen! Entschuldigt mich.°° Er watete in den Teich, der sich unweit von ihrem Standort befand und in den sich von einer hohen Klippe aus ein Wasserfall ergoss. Imhotep konzentrierte sich auf seine Kräfte und das Wasser um seine Beine türmte sich zu einer gigantischen Flutwelle auf, die mit einer atemberaubenden Geschwindigkeit durch die gezackten Felswände der Schlucht brach, durch die der abschließende Abschnitt der Reise geführt hatte. Auf dem Luftschiff hielt man indessen verzweifelt Ausschau nach den Widersachern, deren Spur sie vor ca. einer Viertelstunde verloren hatten. Bakura stauchte Marik und Shadi zusammen, wütend und besorgt zugleich.

"Verdammt, wo können diese Bastarde und ihre widerliche Meisterin stecken?! Ihr solltet doch darauf achten, dass wir sie nicht aus den Augen verlieren!! Wer weiß, ob sie nicht längst in Ahm Shere angekommen sind!!...." Und so weiter, und so fort. Odeon war viel zu sehr mit dem Steuern beschäftigt, um auf den erbosten Redeschwall des Diebes zu achten, doch Ishizu war aufmerksam. Ihr war, als höre sie ein seltsames Rauschen in der Luft und sie wandte sich misstrauisch um. Hinter ihnen ragte eine Mauer aus Wasser auf, in der Mitte zeichneten sich die boshaft grinsenden Züge des Priesters ab. Ihr gefror förmlich das Blut in den Adern.
 

"Odeon, schneller!"

Ihr Befehl veranlasste die anwesenden Männer, sich ebenfalls umzudrehen und das Entsetzen spiegelte sich in ihren Gesichtern wider. Der ältere Medjai riss das Steuerrad herum und das Schiff beschrieb eine scharfe Kurve, als er versuchte, den ihnen nachstürzenden Fluten zu entkommen. Er erhöhte die Geschwindigkeit, aber auch hier gab es Grenzen, die die Maschine nicht überschreiten konnte. In wildem Zickzack flogen sie an Felsvorsprüngen und anderen Gesteinsformationen vorbei, immer verfolgt von dem verderblichen Nass, das Imhotep mehrere Meter unter ihnen in ihre Richtung dirigierte wie ein Virtuose. Schließlich ließen sie die Schlucht hinter sich und eine weite, grüne Fläche mit großen Palmen breitete sich vor ihren Augen aus. In einiger Entfernung glitzerte die Spitze der Goldenen Pyramide in der Sonne. Da gab es plötzlich ein röchelndes, krachendes Geräusch und der Motor begann zu stottern. Odeon beschwor all sein Wissen über das fliegende Schiff, aber er erkannte erschrocken, dass eine Notlandung unausweichlich war. Gerade, als er tiefer ging, um alle Beteiligten sicher nach unten zu bringen, traf sie die Flutwelle und sie wurden buchstäblich von ihr verschluckt. Imhotep sah mit seinem geistigen Auge dabei zu, wie das Luftschiff mitsamt seinen Insassen gewaltig ins Trudeln kam und abstürzte. Ein zufriedenes Lächeln zog seine vollen Lippen auseinander und Yami ahnte Furchtbares.

°°Du dürftest nun keine Schwierigkeiten mehr mit ihnen haben, Schwester. Du kannst später ihre leblosen Überreste vom Boden aufkratzen und sie an die Schakale verfüttern. Ich muss jetzt zu Joey zurück, um Jonos Seele aus dem Henkelkreuz zu befreien. Und dann wird der stolze Falke endlich mein sein!°° Er leckte sich begierig über den Mund. °°Und Ihr, Pharao, werdet morgen bei Sonnenaufgang sterben! Meine Rache wird perfekt sein, wenn Ihr tot seid und Seth erst seinen Geliebten an mich verloren hat! Habt Ihr noch einen letzten Wunsch?°° Kaltes, grausames Gelächter erfüllte die geisterhafte Stille um sie herum. Atemu reagierte nicht, er spulte nur immer wieder die Worte seines Gegners in seinem Gedächtnis ab: "Du kannst später ihre leblosen Überreste vom Boden aufkratzen und sie an die Schakale verfüttern." - "Du kannst später ihre leblosen Überreste vom Boden aufkratzen...." - "Du kannst später ihre leblosen Überreste...." - "....ihre leblosen Überreste...."
 

Mentale, grauenhafte Bilder erschienen in seinem Kopf und jagten sich gegenseitig wie in einem Alptraum. Ishizu, Odeon, Shadi, Marik, wie sie blutend auf der Erde lagen....und neben ihnen Aton, übersät mit Schürfwunden, die Augen in einem ewigen Schlaf geschlossen, sein Körper zerschmettert, das silberweiße Haar schmutzig und verschwitzt....Aton, der ihm frech kam und ihn beleidigte.... Aton, der sich nichts von ihm bieten ließ....Aton, der ihm ein Gefühl von Freiheit zu vermitteln vermochte....Aton, der ihn sanft umschlungen hielt, ihn küsste, ihn liebte....Aton, der ihm versprach, ihn niemals allein zu lassen....Ein stechender Schmerz explodierte in seinem Inneren und heiße Tränen stauten sich in ihm auf. Ehe Imhotep in einem Wirbel aus Sand verschwand, würgte er hervor: "Ich glaube dir nicht! Wenn es so etwas wie Gerechtigkeit gibt, dann haben sie überlebt! Sie sind nicht tot! Sie sind nicht tot!!!"

°°Ich kann nachempfinden, wie schwer Euch die Akzeptanz dieser Tatsache fallen muss, Euer Majestät! Aber seht es positiv: Ihr werdet ihnen bald folgen!°° Damit löste sich seine Gestalt im Nichts auf und Cleo befahl den Beduinen, den Weg fortzusetzen, nachdem alle Störfaktoren beseitigt worden waren. Lock-Nah packte den apathisch wirkenden Meisterduellanten am Arm und zerrte ihn hinter sich her. Yami schluckte seinen Kummer hinunter. Nein, er würde nicht weinen! Noch hatte er keinen Beweis, ob sein Geliebter und die anderen wirklich tot waren, und er vertraute auf Bakuras Zähigkeit. Unkraut vergeht nicht, wie man so schön sagte, und der Grabräuber war unter Garantie das hartnäckigste Unkraut der Welt!

>>Ich werde dich wiedersehen, Aton! Dich, Marik, Shadi, Ishizu und Odeon! Ich lasse mir meinen Mut und meine Zuversicht nicht nehmen, wie brutal er es auch anstellen mag! Ich bin ein König und kein dahergelaufener Untoter wird meinen Willen brechen!!<<
 

Atemu sollte recht behalten. Odeons erstaunlichen Steuerfähigkeiten war es zu verdanken, dass er das Luftschiff mit Mühe so landen konnte, dass keiner der Passagiere zu heftigen Schaden nahm. Die Hülle des Ballons war zwar kaputt und auch sonst hatte das Gefährt einiges abbekommen, doch die Reisenden hatten den Angriff relativ glimpflich überstanden. Marik krabbelte unter der Ballonhaut hervor, die sich auf ihn herabgesenkt hatte und schaute sich um. Erleichtert stellte er fest, dass seine Schwester bis auf ein paar Schrammen unversehrt war und auch Shadi war zu seiner unaussprechlichen Freude nichts Nennenswertes passiert. Odeons Hände und seine linke Wange waren zerkratzt, aber das war harmlos.

"Du hast gute Arbeit geleistet! Niemand außer dir hätte uns in ganzen Stücken hier herunterbringen können! Anck-su-namun wird rasen vor Zorn, wenn wir ihr erneut in die Quere kommen! Kannst du das Schiff reparieren?"

"Vielen Dank, Meister Marik. Ja, ich denke, dass ich es wieder zusammenflicken kann. Natürlich wird das seine Zeit dauern, aber wenn Ihr und die anderen inzwischen aufbrechen, um den Pharao zu befreien...."

"Klar doch!" Er pfiff auf zwei Fingern und wie ein Pfeil schoss der schwarze Falke Hapi auf die Gruppe hernieder. Der Platinblonde band eine Nachricht an seinen Fuß, um die ihnen folgenden Truppen der Medjai über ihren Aufenthaltsort zu informieren und der Raubvogel erhob sich mit einem Kreischen in die Lüfte. "Aton? Wo bist du? Bist du in Ordnung?"

"Ganz ruhig, Kleiner! Ich lebe noch und meine Knochen sind alle heil geblieben! Unkraut vergeht nicht! Tja - da sind wir also, in Ahm Shere! Gut, dass die Goldene Pyramide von hier aus zu sehen ist, so kennen wir wenigstens den Weg. Odeon bleibt hier, um dieses fliegende Ungetüm wieder flott zu machen und wir suchen Atemu!" Er überprüfte, ob seine Waffen noch an Ort und Stelle waren und mit den beiden Gotteskriegern und der ehemaligen Priesterin des Amun-Ra schlug sich der Weißhaarige in die Büsche. Er wusste genau, dass seinem Liebsten nicht mehr viel Zeit blieb. Egal wie, aber sie mussten ihn finden und rechtzeitig zu dieser dämlichen Pyramide bringen, bevor das erste Licht des neuen Tages ihre Torgrenze erreicht hatte! Wenn nicht, war das sein Ende....Bakura schwang sein Schwert und zerteilte das üppige Grün mit gezielten Hieben. Damals hatte er meist für Gold gekämpft und erst seine Begegnung mit dem Pharao hatte ihn für andere, menschlichere Werte empfänglich gemacht....er hatte von ihm gelernt, welche Kräfte die Liebe im Herzen eines Mannes entfesseln konnte und er wollte keine dieser Erfahrungen missen.

>>Halte aus, Atemu! Ich komme!<<
 


 

Das war's für diesmal - schreibt mir doch bitte ein paar Kommis, ja??? *Lieb schau* Bei Kapitel 25 bekam ich kein einziges! *sniff* Heitert mich ein bisschen auf!

Die Stadt der Toten

Hm, es geht weiter! Ich habe wieder nur 2 Kommis bekommen! *schluchz* *schnüff* So schlecht kann diese FF doch gar nicht sein?? Na egal, jedenfalls wird sie beendet werden, das ist mal sicher! Allen, die diese Geschichte immer noch lesen, wünsche ich viel Spaß mit dem neuen Teil!
 

Kapitel 27: Die Stadt der Toten
 

Vier Tage einer beschwerlichen Reise durch die brennend heiße Wüste lagen hinter Seto und seinen beiden Begleitern. Auch der fünfte Tag verstrich ereignislos und als es Abend wurde, schlugen sie müde und erschöpft ihre Zelte auf. Der Millenniumsstab lag neben Kaiba und der Siebzehnjährige hatte die Arme im Nacken verschränkt. Das Artefakt leuchtete auf und Seth erschien vor seiner Wiedergeburt.

"Wie lange wird es noch dauern, bis wir Hamunaptra erreicht haben?"

"Am Morgen des siebten Tages wird die Sonne uns den Weg weisen."

"Was heißt das?"

"Der Sonnenaufgang wird eine Luftspiegelung der Totenstadt erzeugen - zuerst. Sobald die Sonne höher aufgestiegen ist, wirst du feststellen, dass es gar keine Halluzination ist, sondern real."

"Eine Art....Schutzzauber?"

"Nein, nur ein natürliches Phänomen, das unsere ägyptischen Architekten ausgenutzt haben (behaupte ich mal). Aber sei auf der Hut! Hamunaptra ist ein gefährlicher Ort, denn diese Stadt ist die Ruhestätte für die Söhne der Pharaonen und alle Reichtümer Ägyptens. Viele haben versucht, diese Schätze zu heben, aber niemandem ist es je gelungen, Hamunaptra wieder lebend zu verlassen."

"Die besten Voraussetzungen für uns, oder? Ich habe eine Frage an dich, Seth...."

"Ja?"

"Imhotep beherrscht doch die Gabe des Teleportierens. In einer Sekunde kann er von einem Ende der Welt zum anderen reisen, Entfernungen spielen für ihn gar keine Rolle. Warum begibt er sich dann auf dieselbe Art nach Hamunaptra wie wir?"

"Weil Hamunaptra ein heiliger Ort ist. Auch Imhotep hat trotz seiner Macht nicht das Recht, sich auf so respektlose Weise zu nähern. Die Zeremonie schreibt vor, dass ein Priester einen Weg der Läuterung durch die Wüste zurücklegt, die bei Anbruch des siebten Tages ihr Ende findet. Der einzige, der sich über dieses Ritual hinwegsetzen kann, ist der Pharao, aber einem Priester ist dies nicht gestattet. Eine Zuwiderhandlung gegen dieses Gebot durch einen Priester, einen Diener der Götter, würde ihren Zorn erregen....insbesondere den von Anubis, des Wächters der Totenstadt. Imhotep war nie ein ranghoher Priester, und aufgrund seiner Erziehung und seiner Lehre käme es ihm nie in den Sinn, in diesem Fall von seinen Kräften Gebrauch zu machen. Er geht den ,Weg der Läuterung', genau wie wir, um Anubis und den anderen Göttern Ehrerbietung zu bekunden."

"Ich verstehe."
 

Der Firmenchef erhob sich und betrachtete den Sternenhimmel. Nachts war es in der Wüste unangenehm kühl und es fröstelte ihn. Seth aber spürte, dass es nicht nur die Kälte war, die seinem Alter Ego zu schaffen machte, und so trat er hinter ihn und legte ihm die Hand auf die Schulter. "Du sorgst dich um Joey, nicht wahr?"

"....Das tue ich. Wenn man es recht bedenkt, ist es noch gar nicht so lange her, dass ich ihn in meinen Armen hielt, und doch scheint es mir wie eine Ewigkeit. Manchmal, nachts, wenn ich träume, erinnere ich mich an damals....spüre seine Lippen auf den meinen, seine weichen, wissenden Hände auf meinem Körper, sein langes goldenes Haar, das auf meine Haut fällt.... Genieße seine Nähe, seine Berührungen, seine Wärme....aber sobald ich aufwache, holt mich die Realität, das Jetzt, die Gegenwart ein und die Bilder des alten Ägypten verblassen vor meinen Augen....und Joe ist nicht bei mir....Seth....in jenem Moment, da Imhotep dir nahm, was dir das Wichtigste in deinem Leben war....was hast du da empfunden?"

"Es war....als wäre es über meinem Dasein für immer Nacht geworden, ohne die Hoffnung, dass die Sonne jemals wiederkehrt....Jono war meine erste große, einzige Liebe....Ich trage den Schmerz seines Verlustes immer noch in mir und genau deshalb werde ich nicht zulassen, dass du Joey ebenfalls verlierst! Ich habe dir beigebracht zu kämpfen, also mache Gebrauch von deinen geschulten Fähigkeiten!"

"Das werde ich. Weißt du....wenn ich so über das nachdenke, was in den vergangenen Monaten alles passiert ist, so bereue ich nichts von dem, was war, auch wenn schlimme Erfahrungen dazugehören....Ich habe Joe gestanden, was ich fühle und wie durch ein Wunder ist es mir geglückt, auch sein Herz für mich zu erobern....Ich habe dich getroffen und mein früheres Leben hat sich mir offenbart, mit all seinen Freuden und Kümmernissen....und....ich habe Freunde gefunden. Früher konnte ich dem ,Kindergarten' um Joe nichts abgewinnen, aber ich wusste, wollte ich ihn, musste ich die anderen akzeptieren....doch dann ist so viel geschehen und es hat sich gezeigt, dass auch Yugi, Ryo, Tristan und Duke mit der Vergangenheit zusammenhängen....Um in diesem Abenteuer bestehen zu können, musste ich mich auf ihre Gesellschaft einlassen, lernen, ihnen zu vertrauen....Ich habe mich verändert, Seth. Ich kann offener mit meinen Gefühlen umgehen, habe aufgehört, alles hinter einer eisigen Maske zu verstecken....Es gibt nun neben Mokuba noch andere Menschen, die mich von meiner verborgenen Seite kennen, und nicht nur den Geschäftsmann....und weißt du was? Irgendwie.... ist das ein sehr schönes Gefühl...."

Der Hohepriester lächelte und nickte. "Du wirst nie wieder einsam sein, Seto....und auch ich werde an deiner Seite bleiben. Erst wenn du stirbst, wird meine Seele erneut in einen tiefen Schlaf versinken und eines Tages vielleicht in einem eigenen Körper wiedergeboren werden....Bis dahin....betrachte auch mich als deinen Freund."

"Das habe ich immer getan."
 

Zur selben Zeit rasteten Imhotep und sein schöner Gefangener in einem Zelt, bewacht von einigen der Sandwesen. Joey aß kaum von der Linsensuppe, die man ihm serviert hatte, denn er hatte keinen Hunger, sondern war vielmehr besorgt und unruhig. Was mochte passiert sein, seit er mit dem Priester gegangen war? Auch musste er an Yami denken, der zu Beginn des siebten Tages sterben würde, wenn er die Goldene Pyramide in Ahm Shere nicht rechtzeitig erreichte.... dennoch war er überzeugt davon, dass zumindest Bakura unterwegs war, um ihn zu retten. Und Seto....Er streckte sich auf seinem provisorischen Lager aus und starrte in den Sternenhimmel. Der Mond leuchtete wie eine silberne Perle über ihm und irgendwie hatte er das Gefühl, dass sein Liebster ebenfalls zum Firmament blickte, um die Hoffnung, welche die sanften Lichter verbreiteten, in sich aufzunehmen. Er sehnte sich nach Setos Lächeln, nach seiner Nähe, nach seinen blauen Augen, nach allem, was er war....Bisher war Imhotep sehr freundlich zu ihm gewesen, aber davon einlullen ließ er sich nicht. Er wusste ganz genau, dass der Untote nicht hinter ihm, sondern hinter Jono her war, und seine unerwünschte Seele störte in einem solchen Fall. °°Süße Träume, Schönster!°° sagte sein Feind gerade zu ihm und entschwand in sein eigenes Zelt. Vier Wachen postierten sich vor dem Eingang und Joey seufzte. Das Henkelkreuz strahlte auf und Jono erschien neben dem Siebzehnjährigen.

"Vier Wächter, die noch dazu eigentlich nur aus Sand bestehen....würdest du deine Medjai-Fähigkeiten einsetzen, wären sie dir hoffnungslos unterlegen!"

"Ich weiß....aber selbst wenn mir eine Flucht gelänge, wo sollte ich hin? Außerdem hätte Imhotep mich rasch wieder in seiner Gewalt. Nein. Ich muss den Gehorsamen spielen, um den anderen Zeit zu verschaffen. Solange er sich um mich kümmert, kann er meine Freunde nicht angreifen und das ist gut so."
 

"Du hast recht. Du vermisst deinen Seto, was? Ich kann dich verstehen. Aber sei zuversichtlich. Warum wäret ihr wiedergeboren worden, wenn doch von vornherein schon alles verloren wäre? Nein, Joey. Das Schicksal wünscht nicht, dass die Tragödie von damals sich wiederholt. Egal wie, Seto wird dich finden und dich retten - er liebt dich zu sehr, um jetzt aufzugeben. Auch Seth wäre bis zum Ende gegangen....und ich vermute, dass er ihnen den Weg nach Hamunaptra zeigt. Er ist ein tapferer Mann und wird alles in seiner Macht stehende tun, um seiner Reinkarnation zu helfen, davon bin ich überzeugt. Deine Aufgabe ist es, am Leben zu bleiben, bis Seto bei dir ist!"

"Ich werde mein Bestes tun! Danke, Jono."

"He, wozu hat man Freunde?"

Das Kreischen eines Falken erfüllte die Luft und der Geist des Henkelkreuzes trat aus dem Zelt heraus. Seine Gestalt war durchsichtig und nicht greifbar, sodass die Beduinen ihn nicht bemerkten. Chons jagte nach seinem Abendessen und der Medjai musste unwillkürlich schmunzeln, trotz dem Ernst der Lage. Er entdeckte Imhotep, der in einiger Entfernung auf einem Hügel sass und meditierte. Plötzlich fasste er sich mit beiden Händen an den Kopf und die Aura um ihn herum wurde noch drückender. Jono spürte instinktiv, dass der Untote mental mit jemandem in Kontakt getreten war, eine der vielen Gaben eines Priesters, die auch Seth beherrschte. Ab und zu hatte er seinem Liebsten beigewohnt, wenn er diese Konzentrationsübungen ausführte und unerfahrene neue Priester in ihren spirituellen Fertigkeiten unterwies. °°Sehr interessant!°° meinte Imhotep und erhob sich. Der Krieger verfolgte, wie er eine Abordnung von zehn Sandsoldaten bildete und mit der gesamten Truppe in einem Wirbel verschwand. Was sollte das?
 

Tristan, Duke und Kaiba hatten sich zur Ruhe begeben, als sie von wildem Geschrei aus ihren Träumen gerissen wurden. Die drei jungen Männer bewaffneten sich und stellten sich dem Kampf gegen die roten Teufel. Die Pfeile des Schwarzhaarigen waren treffsicher und verfehlten ihre Wirkung nicht, doch auf einmal ragte ein Feind hinter ihm auf und holte zu einem tödlichen Schlag aus. Der Dungeon-Dice-Erfinder drehte sich erschrocken um, doch genau in dem Moment, da ihn die gegnerische Klinge aufzuschlitzen drohte, trennte ein geschickter Hieb den Kopf vom Körper und der Beduine zerfiel zu Sand. Tristan schwang sein Schwert und nickte zufrieden. "Bist du in Ordnung, Duke?"

"Ja, dank dir. Du hast schnell reagiert."

"Nun....ich war in meinem früheren Leben nicht umsonst ein erfolgreicher Feldherr!" erklärte er lachend und stieß seine Waffe tief in die Eingeweide des nächsten Kontrahenten, der ihn unvorsichtig glaubte. Der Firmenchef beschwor alles, was noch in seinem Gedächtnis verankert war und was Seth ihm beigebracht hatte, und der Sand der gefallenen Wesen türmte sich zu seinen Füßen. Doch während hitzig gekämpft wurde, schlich sich Imhotep lautlos wie ein Schatten in das Zelt und nahm grinsend die Millenniumsgegenstände an sich, die ihm noch fehlten: die Kette, die Waage und natürlich den Stab. Seine zehn Gefolgsleute waren mittlerweile zum Staub der Erde zurückgekehrt, doch sein Triumph war ihm gewiss und verlangte danach, ausgekostet zu werden. So rief er: °°Bemerkenswert! Ich hätte nicht gedacht, dass ihr so wenig Probleme damit haben würdet, meine Diener auszulöschen. Aber der Sieger in diesem Gefecht bin ich! Meine Schwester hat mich kontaktet und mir ihren Verdruss darüber mitgeteilt, dass ihr ein paar lästige Verfolger auf den Fersen sind. Selbstverständlich werde ich ihr helfen, diesen beklagenswerten Zustand zu ändern....und die restlichen Jahrtausend-Artefakte werde ich ihr auch übergeben!°° Er lachte höhnisch und arrogant und teleportierte sich unverzüglich zu dem Ort, an dem Anck-su-namun sich aufhielt. Tristan fluchte. "Verdammt!! Ein Ablenkungsmanöver! Wir hätten besser aufpassen müssen!"
 

"Das ändert nichts!" zischte Seto und seine Finger krampften sich um den Griff seines Schwertes. "Wir werden diese Nacht noch aufbrechen und seine Spur verfolgen! Jetzt, wo der Millenniumsstab weg ist, muss es eben ohne Seth gehen! Ich werde nicht kurz vor dem Ziel umkehren, es hängt viel zu viel davon ab! Werdet ihr mich weiterhin begleiten?"

"Was ist das für eine Frage?!" entrüstete sich Duke. "Klar! Erstens sind wir deine Freunde.... und zweitens kannst du das nicht allein schaffen! Wir waren in den Ereignissen vor fünftausend Jahren vielleicht nur kleine Räder im Getriebe, aber diese Sache betrifft uns trotzdem genauso wie dich! Wir stehen hinter dir!"

Braune und grüne Augen musterten ihn voller Entschlossenheit und Kaiba betrachtete die beiden Kameraden vor sich mit einer Mischung aus Erstaunen und leiser Freude. Er erinnerte sich, wie abfällig er oft von ihnen gedacht, wie kindisch und albern er sie eingeschätzt hatte. Und nun las er in ihnen mehr Reife und Verantwortungsbewusstsein, als er je vermutet hätte. Er hatte nach dem ersten Eindruck entschieden, so wie die anderen bei ihm - und beide Seiten waren einem Irrtum erlegen. Das war vorbei. Er hatte Freunde gefunden.

In aller Eile wurde also zusammengepackt und die Kamele beladen. Da sein Alter Ego ihm gesagt hatte, in welcher Himmelsrichtung Hamunaptra in etwa lag, verließ der Jungmillionär sich auf seinen Orientierungssinn und den Kompass und die kleine Karawane zog in die Dunkelheit davon.

Im Lager Imhoteps indessen wunderte sich Joey darüber, dass der Untote sich nicht mehr hatte blicken lassen, seit Jono ihn hatte verschwinden sehen.

"Was mag ihn dazu veranlasst haben, was meinst du?" erkundigte er sich bei dem Medjai, der nachdenklich eine seiner langen blonden Strähnen zwirbelte. Dann zuckte er die Schultern.

"Ich habe nicht die geringste Ahnung. Ich nehme an, dass seine Schwester ihm irgendetwas mitgeteilt hat, das sein sofortiges Handeln erforderlich machte. Immerhin war sie einmal Priesterin, einen Teil ihrer übersinnlichen Fähigkeiten besitzt sie sicher nach wie vor. Wer könnte sonst mit ihm in Verbindung stehen außer ihr? Es behagt mir nicht, dass er sich jetzt wahrscheinlich in die Reise nach Ahm Shere einmischt, denn das bedeutet, dass Aton, Osiris, Isis und dieser andere Medjai - wie hieß er noch? Ja, Odeon - in Gefahr sind."

"Das stimmt. Und wir können nichts tun, sie nicht einmal warnen! Wie mich das nervt! Ich bin ein Mann der Tat, und kann trotzdem nur hier herumsitzen! Wie lange wird es noch dauern, bis wir die Stadt der Toten erreicht haben?"

"Morgen sind es sechs Tage. Zu Beginn des siebten werden wir dort sein."

"Also haben wir nicht mehr viel Zeit....Yami....Atemu hat nicht mehr viel Zeit."

"Wegen des Armreifes von Anubis? Lass den Kopf nicht hängen. Eher verwandelt sich die Sahara in ein Paradies, als dass der Grabräuber zulässt, dass seinem Geliebten etwas zustößt. Ich kenne ihn, er ist stolz, stur und eigenbrötlerisch, aber ein guter Mann mit einem Herzen, das zu starken Gefühlen fähig ist. Wenn überhaupt einer den Pharao retten kann, dann er!"

Durch die Zuversicht Jonos gestärkt, streckte der Duellant sich auf den Laken aus und versank alsbald im Land der Träume. Der Hauptmann betrachtete ihn lächelnd und deckte ihn fürsorglich zu, bevor seine Erscheinung wieder eins wurde mit Ankh. Ihr verachtungswürdiger Feind Imhotep kehrte erst wieder am nächsten Morgen zurück, augenscheinlich sehr mit sich zufrieden. Der Blonde wurde misstrauisch und während er auf sein Kamel stieg, fragte er geringschätzig: "Wo bist du gewesen? Hast du meinen Freunden etwas angetan?"
 

°°Immer noch so schlecht auf mich zu sprechen, Schönster? Ich bin enttäuscht! Du solltest wissen, dass es immer besser ist, sich auf die Seite des Gewinners zu stellen!°°

"Noch hast du nicht gewonnen, Verfluchter!"

°°Aber bald. Ich habe die übrigen Jahrtausend-Artefakte in meinen Besitz gebracht und sie meiner Schwester zukommen lassen, damit sie die Armee der Schakale rufen kann. Danach habe ich mich um ihre Verfolger gekümmert. Unter ihnen war auch dieser grässliche Bandit, der Schwarze Skarabäus. Ich habe meine Kraft genutzt, um ihr Luftschiff abstürzen zu lassen. Ich bezweifele, dass sie das überlebt haben!°°

Joey war es, als verpasse ihm jemand einen dumpfen Schlag in die Magengegend. In seinem Kopf drehte sich alles. Er hörte sich schreien: "Ich glaube dir nicht!!"

°°Das ist deine Sache. Aber es würde dir die Trauer erleichtern, wenn du sie akzeptierst. Es gibt Dinge, die man nicht ändern kann!°°

"Hör nicht auf ihn!" erklang Jonos Stimme in seinem Inneren. "Die anderen leben noch! Ich fühle es! Ich kann dir nicht erklären, wie oder warum, ich weiß es einfach! Vertrau meinen Worten und glaub an sie! Wenn dein Herz aufgibt, verlierst du! Ich bin bei dir, aber das genügt nicht! Du musst dir deine eigene Stärke bewahren! Sie sind nicht tot....ich weiß es!" wiederholte er nachdrücklich und Joeys Augen wurden fest und hart. Seine Stimme war kalt, endgültig und duldete keinen Widerspruch: "Du lügst."

Imhotep verharrte in seinen Schritten, wandte sich aber nicht um. Er spürte den stechenden Blick in seinem Rücken und hatte den Eindruck, davon regelrecht durchbohrt zu werden. Irgendwie beschlich ihn plötzlich der Verdacht, dass der Japaner die Wahrheit sprach. Er hatte nicht überprüft, ob seine Gegner wirklich tot waren....und bei einem Mann wie diesem Aton bedeutete das, dass er noch lebte, solange es keine Leiche gab.

"Du schweigst? Also bist du dir unsicher. Gut so. Egal, was du tust, Imhotep - du wirst kein finsteres Königreich errichten. Wir werden dich aufhalten. Die Erfahrung sollte dich gelehrt haben, dass man einem Falken nicht in die Quere kommt."

Der Priester ließ seine Mundwinkel unbeeindruckt nach unten wandern. Was fiel diesem Bengel ein, so mit ihm zu reden, selbst wenn er Jonos Reinkarnation war?! Wie konnte er ihn bedrohen? Aber nein....dieser junge Bursche hatte doch eigentlich nicht gedroht. Er hatte einfach eine schlichte Tatsache ausgesprochen....Ein Schauer überlief ihn. Vielleicht stimmte es. Vielleicht hatte er noch nicht gewonnen....
 

Stunde um Stunde verstrich, die Nacht senkte sich auf alle hernieder und schließlich spitzte der erste Sonnenstrahl des siebten Tages über den Horizont. Es war Kaiba und den anderen gelungen, sich an die Fersen der Karawane des Untoten zu heften und nun wurden sie, auf Sicherheitsabstand bedacht, damit man sie nicht zu frühzeitig entdeckte, Zeugen eines großartigen Naturschauspiels. "Was geschieht nun?"

"Gleich wird man uns den Weg weisen, Duke." antwortete der Ältere und richtete seine Aufmerksamkeit auf den glutroten Edelstein, der sich langsam das Firmament hinaufschob. Nach und nach malte das morgendliche Licht ein Bild in die Landschaft, anfangs unklar und schwankend, wie eine Sinnestäuschung, eine Halluzination, doch je höher die Sonne stieg, desto realer wurde das Gebilde. Das Flirren ließ nach und endlich konnte man das monumentale Bauwerk deutlich erkennen.

Hamunaptra, die Stadt der Toten.

Die Gruppe stürmte aus ihrer Deckung hinter einigen Felsen hervor und ritt los. Imhotep sah das mit Bestürzung und Joeys Anfeuerungsrufe wirkten sich gleichfalls schlecht auf seine Laune aus. Waren diese Bastarde ihm doch gefolgt!! Er kletterte von seinem Kamel herunter und konzentrierte sich. Seine Arme streckten sich nach vorne und der trockene Wüstenboden begann zu beben. Unmengen von Sand stoben in die Höhe, als der Priester seine Hände hob und mit einem grausamen Lächeln schickte er einen Sandsturm auf die drei Reiter los. Das Grollen war gut zu hören und als Tristan sich umdrehte, um dem Geräusch auf den Grund zu gehen, ragte vor ihm eine tödliche Wand auf.

"Scheiße! He, Jungs, ich fürchte, wir haben ein Problem!!"

Das Entsetzen packte die Freunde und sie gaben den Kamelen die Sporen, doch gegen die rasende Geschwindigkeit des Sturmes war das aussichtslos. Er packte sie mit voller Wucht, riss die Tiere unter ihren Körpern fort und wirbelte sie gnadenlos herum. Joey schrie auf. "Genug!! Genug, sage ich!! Du bringst sie ja noch um!!" Imhotep lachte bösartig.

°°So ist es auch gedacht!°°
 

Verzweifelt beobachtete der Siebzehnjährige das furchtbare Spektakel, nach einer Lösung suchend. Da hatte er eine Idee. Er schwang sich von dem Wüstenschiff hinunter, rannte auf den Untoten zu und küsste ihn. Der Priester riss die Augen auf, während Joey ihn mit einem Ruck herumdrehte und somit den Bann brach. Der Sandsturm legte sich und Seto, Duke und Tristan landeten unsanft auf der Erde. Glücklich löste der Blonde sich von seinem Gegenüber und atmete erleichtert auf. Imhotep war wütend und sein stählerner Griff, der sich um das Handgelenk des jungen Mannes schloss, bewies, dass seine sogenannte Geduld jetzt zu Ende war. °°Wir sind nun bei Hamunaptra angelangt! Ich habe den Göttern meine Ehrerbietung bekundet! Jetzt muss ich keine Rücksicht mehr darauf nehmen!°°

Mit diesen Worten teleportierte er sich und seinen Gefangenen direkt in die Stadt hinein. Das Rettungskommando schüttelte die Benommenheit ab und zog Bilanz: ein paar Schürfwunden, eine Zerrung und ein ordentlicher Drehwurm, aber dank Joeys Geistesgegenwart nichts, was sich nicht verschmerzen ließ. Seto rieb sich den leicht geschundenen Nacken und blickte in Richtung Totenstadt. Dort würde er nicht nur wieder mit demjenigen vereint werden, den er liebte, sondern dort ruhte auch der Schlüssel zur Vernichtung Imhoteps, der Schlüssel zu ihrem Sieg: Das Goldene Buch des Amun-Ra....

Der Speer des Osiris

Diese Story liest offenbar keiner mehr, jedenfalls schreibt mir fast niemand mehr Kommis! Ich finde das zwar sehr schade, da ich mir viel Mühe mit der FF gegeben habe, aber was soll ich machen? Sie wird trotzdem komplett hier erscheinen, jawohl!!
 

Kapitel 28: Der Speer des Osiris
 

Ahm Shere war der reinste Dschungel. Die Geräusche von unzähligem Getier und weitere seltsame Laute erfüllten die riesigen Palmen und das andere grüne Gewächs, das ihnen das Weiterkommen erschwerte. Nachdem sie sich unter Mühen und deftigen Flüchen von Bakura stundenlang durch das Unterholz gearbeitet hatten, gelangten sie gegen Abend zu einem grausigen Ort. Menschenknochen lagen überall verstreut, Totenschädel waren zwischen verwesten Leichen aufgestellt worden und eine traurige, verhungerte Gestalt thronte über dem ganzen schaurigen Szenario, eingesperrt in einen wurmstichigen Käfig.

"Wer kann das bloß getan haben?" würgte Ishizu hervor und hielt sich die Hand vor den Mund, um nicht den abstoßenden Leichengestank ertragen zu müssen.

"Ich weiß es nicht, Schwester", stieß Marik angeekelt hervor, "....aber hier in Ahm Shere gibt es sicher viele zweifelhafte Wesen dunklen Ursprungs. Die Oase entstand durch Götterzauber, also wird es wohl so etwas wie verborgene Wächter geben, die alle Unbefugten töten, die sich hierherwagen."

"Falls uns das irgendwie beruhigen sollte, ist dir das nicht sonderlich geglückt!" giftete der Grabräuber aggressiv und ließ seinen Frust an einer Liane aus, die von dem Käfig zu einem Ast wucherte. Er schnitt sie auseinander, fuhr aber herum, als er wieder dieses eigentümliche Rascheln vernahm, das ihn schon seit einiger Zeit störte, da er es nicht einordnen konnte. Er war ein wenig nervös und außerdem unter Zeitdruck, denn es wurde langsam Nacht und morgen starb sein Atemu, wenn er ihn nicht endlich fand und zu dieser Pyramide verfrachtete! Das Rascheln wurde lauter und die Gruppe ging in Habachtstellung, bereit für einen Angriff. Die Lärmkulisse um sie herum wuchs an und schließlich brachen aus den Sträuchern und Gebüschen kleine, groteske Männchen hervor, mehr Knochen als Fleisch, mit spitzen Zähnen, scharfen Krallen und Messern ausgestattet. Ihre Augenhöhlen waren leer, was ihrem Gesichtsschädel einen gemeinen, bedrohlichen Ausdruck verlieh. Sie fauchten gefährlich im Chor und stürzten sich auf ihre neuen Opfer. Shadi und Marik traten sofort in Aktion und schwangen ihre Medjai-Waffen mit unnachahmlichen Talent. Ishizu verteidigte sich ebenfalls sehr gut und Bakura, der ohnehin schon zorngeladen war, verteilte brutale und endgültige Schläge mit seinem Schwert. Die Zahl ihrer wendigen Gegner stieg allerdings bald ins Unermessliche, bis ihnen als Alternative nur noch der Rückzug blieb. In wilder Hast rannten sie durch den Urwald, das hysterische Gezeter ihrer Verfolger immer in den Ohren. Ihre flinken Füße flogen über den Boden, vorbei an herrlich duftenden Blumen, gigantischen Palmen, summenden Insekten und Farnen mit großen, breitgefiederten Blättern. Sie sprangen über Steine und einen winzigen Bach, angeführt von dem Dieb, dessen Augen stets zu ihrem Ziel, der Goldenen Pyramide, zurückfanden. Plötzlich jedoch blieb er wie angewurzelt stehen und Shadi konnte nicht rechtzeitig anhalten, sodass er gegen den anderen lief.

"Au!! Pass doch auf, du Idiot!!"

"Entschuldigung....aber warum bleibst du auch so abrupt stehen, Aton?"

"Sieh selbst!"
 

Eine zweite Gruppe stand ihnen gegenüber, offenbar gleichfalls auf der Flucht vor den messerwetzenden Pygmäen. Es handelte sich um einen Teil der Sandsoldaten, vorrangig unter ihnen der finstere Lock-Nah, ihr Hauptmann, der die unerwünschten "Störfaktoren" mit zusammengezogenen Brauen musterte; ferner um Cleo alias Anck-su-namun und natürlich ihren Gefangenen, den Pharao. Seine violetten Augen verschmolzen mit denen Bakuras und er erkannte schweren Herzens den Kummer, die Sorge und den Schmerz der vergangenen Tage darin. Beklommen und bewegt ahnte er, wie sehr sein Liebster gelitten haben musste. Mehr als alles andere wollte er sich jetzt in seine Arme werfen, sich an ihn schmiegen und seine Anspannung vergessen, doch das war nicht der richtige Moment, das wusste er.

"Ihr lebt noch?!" spie die Kuratorin wütend und fassungslos aus und ihr attraktives Antlitz wurde von einem geradezu teuflischen Hass verzerrt. Der Weißhaarige knirschte mit den Zähnen und erwiderte eisig: "Sieht ganz so aus, als wäre dein hochgeschätzter Bruder doch nicht so unfehlbar wie du dachtest, was? Aber das spielt ohnehin keine Rolle! Unsere Freunde sind ihm bereits auf den Fersen und sie werden Joey aus seinen Klauen befreien!"

"Das glaube ich kaum! Bis dieser verdammte Hohepriester und sein Gefolge meinen Bruder aufgespürt haben, wird längst der Skorpionkönig zurückgekehrt sein - und mit ihm die stärkste Armee der Welt! Ihr seid in der Erfüllung eurer Mission gescheitert! Ihr solltet lieber aufgeben, anstatt euer Leid durch unsinnigen Kampf zu verlängern!"

"Ihr schafft das Leid, das ihr wie einen Becher Gift über den Menschen dieses Planeten ausschütten wollt!" mischte sich Shadi in das Gespräch ein. "Niemals werden wir tatenlos dabei zusehen, wie Imhotep eine Tyrannei der Schrecken errichtet!"

"Dein Gesicht....! Ich kenne dich! Du bist Shadires, einer der Sieben Hüter! Man hat dir die Waage anvertraut, aber dann wurde sie gestohlen und offensichtlich von einem politischen Verbannten außer Landes geschafft! Das nenne ich einen schönen Priester! Es wundert mich, dass jemand wie du Mitglied des Hüterkreises werden konnte! Hast du dir deinen Status erkauft oder dich für die Liebesdienste bei anderen Priestern bezahlen lassen?"

"Sei still!!!"

"Oho, da habe ich wohl einen wunden Punkt getroffen? Ja, ein Versager warst du, unfähig, ein so wichtiges und kostbares Artefakt zu beschützen! Und du willst uns aufhalten?! Ha! Das ist das lächerlichste, was ich je gehört habe!!"

Der Schwarzhaarige wand sich, denn Cleos Worte versetzten ihm einen Stich. Damals war er nie darüber hinweggekommen, dass er in seiner Aufgabe, die Waage zu bewachen, versagt und seinen Herrn, den ehrenwerten Akunadin, enttäuscht hatte. Selbst heute, wiedergeboren in dieser modernen Zeit, quälte ihn die Gewissheit, die Last eines großen Fehlers mit sich herumzutragen. "Schluss damit!" rief Marik aus, den es zutiefst schmerzte, seinen Freund so schuldbewusst und traurig zu erleben. "Er wurde von Dieben überrumpelt und niedergeschlagen! Er konnte überhaupt nichts dafür und Akunadin hat ihm niemals Vorwürfe gemacht! Nicht nur Shadires wurde bestohlen, sondern auch Mahado!"
 

Bakura grinste hinterhältig. "Das ist zwar richtig, aber du vergisst, dass ich es war, der den Millenniumsring raubte! Ich war der sogenannte ,König der Diebe', der Schwarze Skarabäus. Mahado war hellwach, als ich mich eines Nachts in den Tempel schlich....aber er hat nicht mehr von mir bemerkt als einen flüchtigen Schatten. Das kann man wohl kaum vergleichen, also wirf mich nicht mit diesen Anfängern in einen Topf! Jemanden niederzuschlagen, um sich heimlich Zugang zu irgendetwas zu verschaffen, zeugt von miserablem Stil....Dennoch. Wenn Shadires wirklich bewusstlos war, trifft ihn keine Schuld! Halt also deine Klappe, du Schlange von einer Priesterin! Selbst verraten und für den eigenen Ehrgeiz über Leichen gehen, aber andere anklagen! Du bist das Letzte!"

Shadi sah verwirrt auf. Sogar der Grabräuber sprach sich für ihn aus! Marik trat an ihn heran und meinte sanft: "Ich weiß, dass du mit Selbstvorwürfen nicht gespart hast, weder im alten Ägypten noch heute. Aber es ist genug. Du hast so viel Mut und Verständnis bewiesen und nie habe ich an dir gezweifelt. Du warst immer für mich da und doch habe ich dir so selten etwas von deinem Trost und deiner Freundlichkeit zurückgezahlt. Das soll anders werden!"

"Oh wie rührend!" unterbrach die Kuratorin die Konversation und spuckte aus, als hätte man ihr etwas Ekelerregendes gezeigt. Ihr harter Blick verblieb eine Weile auf Ishizu, die das allerdings nicht sonderlich beeindruckte. Eine gespenstische Stille breitete sich über den beiden Feindesparteien aus, die Pygmäen hatten ihr kreischendes Hinterherlaufen aufgegeben und verbargen sich wieder im Unterholz, um auf ihre Opfer zu warten. Lock-Nah zog sein Krummschwert und Cleo befahl: "Tötet sie!!"

Eine Schlacht entbrannte, begleitet von den kleinen mörderischen Männchen, die mitunter in dem unübersichtlichen Getümmel auftauchten. Sie unterschieden nicht nach Gut oder Böse, sondern taten nur, wofür sie geschaffen worden waren: Eindringlinge umzubringen. Die ehemalige Priesterin des Amun-Ra hatte angesichts der Übermacht der Gegner größere Schwierigkeiten, sich zu behaupten, doch Marik und Shadi deckten ihr fleißig den Rücken. Der Grabräuber war in ein hitziges Duell mit Lock-Nah verwickelt, beim Aufeinanderprallen ihrer Klingen ertönte ein lautes Klirren, der hünenhafte Anführer attackierte seinen Widersacher mit erbarmungslosen Hieben und Bakura musste sich eingestehen, dass er nicht häufig mit einem so gewandten Kämpfer zusammengetroffen war. Er spähte ab und zu in Richtung Yami und fluchte derb, als ihm klar wurde, dass Anck-su-namun den allgemeinen Tumult dazu genutzt hatte, sich klammheimlich aus dem Staub zu machen....mitsamt den Millenniumsgegenständen.

Da der frühere Regent Ägyptens gefesselt war, konnte er nur ausweichen, wenn eine Waffe nach ihm schlug, doch einer der Angriffe zertrennte die festgezurrten Seile. Er befreite seine geschundenen Gelenke und hob eines der Messer auf, das eine der Pygmäen fallengelassen hatte, als Marik ihr den Schädel spaltete, um gleich darauf einen rotgekleideten Beduinen in einen Haufen Sand zu verwandeln. Er kam seinem Geliebten zu Hilfe und von zwei so geschickten Kriegern in die Mangel genommen, wechselte Lock-Nah in die Defensive.
 

"Ihr seid arme, bedauernswerte Narren! Was könnt ihr schon Meister Imhotep entgegensetzen! Er wird euch vernichten! Ihr seid viel zu blind, als dass ihr seine Größe begreifen könntet!"

"Größe? Du wagst von menschlicher Größe zu sprechen, obwohl derjenige, dem du dienst, von krankhaftem Ehrgeiz, Rachedurst, Hass und fleischlichen Gelüsten zerfressen ist!! Er hat einen Kelch aus dem Schatz meines Vaters entwendet und sein Grab entehrt!! Er ließ mich glauben, Aton sei der Schuldige und seinetwegen landete er im Kerker!! Seinetwegen hatte ich mein Vertrauen in ihn verloren!! Er hat meinen besten Freund ermordet, weil er seinen Körper nicht haben konnte, um seine Gier zu befriedigen!! Er hat meinen Cousin in den Tod getrieben!! Und du willst mir etwas von seiner Größe erzählen?!?!"

Bakura versteinerte beinahe. Er wurde soeben mit der Kehrseite des ruhigen, besonnenen und fürsorglichen Herrschers konfrontiert, dem Atemu, unter dessen unerschütterlicher Fassade ein Vulkan schlummerte, der mit aller Gewalt ausbrach, wenn man unvorsichtig genug war, dieses Feuer zu entfachen. So war er als Kriegsherr - unüberwindbar, tödlich, zornig und unerbittlich.

Mit einem Schrei stieß er das Messer in Lock-Nahs Körper und schnitt ihm den Bauch der Länge nach auf. Sandkörner brachen aus der Wunde hervor, ehe er zu Boden sackte und sich endgültig in leblose Substanz auflöste. Yami wischte sich den Schweiß von der Stirn und wandte sich zu dem Dieb um. Das schwache Mondlicht umhüllte seine schlanke, athletische Gestalt, in seinen Augen züngelten noch immer die Flammen seiner Wut und er verströmte eine fast beängstigende Aura von Macht und Majestät. Überwältigt von diesem Bild, sank Bakura in die Knie und neigte ehrfurchtsvoll das Haupt. Der Bunthaarige warf die Waffe achtlos zur Seite, kam näher und sagte leise: "Erhebe dich, Aton."

Er gehorchte und betrachtete seinen Gegenüber schweigend für einige Minuten, als sähe er ihn zum ersten Mal. Dann schloss er ihn fest in seine Arme und vergrub sein Gesicht in dem weichen Haar. "Du zitterst ja." flüsterte der Pharao zärtlich. "Ich bin doch jetzt bei dir?"
 

Statt einer Antwort presste Aton seinen Geliebten noch enger an sich und Atemu genoss still die wunderbare Wärme, die von ihm ausging. Marik durchbohrte unterdessen den letzten ihrer Feinde und schüttelte nach getaner Arbeit zufrieden seine platinblonde Mähne. Als er jedoch zum Horizont blickte, erschrak er. "Da!!" Alle folgten seinem ausgestreckten Zeigefinger. Die schmale rötliche Linie der Sonne blinzelte ihnen entgegen.

"Der siebte Tag bricht an! Zur Goldenen Pyramide, los!!" Bakura fasste den ehemaligen König an der Hand und zerrte ihn hinter sich her. Da Yami nicht so schnell laufen konnte, warf ihn sich der Grabräuber einfach über die Schulter. "He!!"

"Tut mir leid, aber für Höflichkeit haben wir leider keine Zeit!!"

Das goldene Licht kroch über die Oase und der Dieb rannte wie noch nie zuvor in seinem Leben. Er war von den Kampfhandlungen erschöpft, verringerte sein Tempo aber um kein Stück. Wie von blutrünstigen Bestien gehetzt, flog er dahin, ohne sich umzudrehen, gleichgültig gegen alles, das hinter ihm lag. Vor ihm tauchte dafür die ersehnte Pyramide auf und er spürte, wie die hellen Strahlen der Sonne den neuen Morgen einläuteten. Er steigerte seine Geschwindigkeit und zwang sich bis zu seiner ultimativen Grenze, bis er durch das Tor geschlüpft war und im Eingangsbereich des Bauwerks anhielt. Am Ende seiner Kräfte, wurden ihm die Knie weich und er ließ sich in den Sand rollen. Yami landete dadurch ein wenig ungemütlich, aber er lauschte dem keuchenden Atem des Weißhaarigen und war glücklich. Dass er sich so weit getrieben hatte, um ihn zu retten! Da öffnete sich der Verschluss des Armreifs und der Meisterduellant entfernte ihn eiligst von seinem Arm.

"Weißt du", begann Bakura grinsend, "....es ist wirklich verdammt schwierig, mit dir zusammen zu sein!"

"Das gebe ich zu. Aber du machst diesen Job ziemlich gut!"

Sie lachten, und dieses Lachen löste die Angst und die Spannung der letzten Stunden. Auch Ishizu, ihr Bruder und Shadi trafen endlich bei der Pyramide ein. Auf einmal aber sprang Anck-su-namun mit gezücktem Dolch aus einem Versteck hinter ein paar Säulen hervor, stürzte sich wie eine Viper auf Marik und wollte schon zustechen, als der Schwarzhaarige sich dazwischen warf. Die Schneide drang durch ihn hindurch und ein Röcheln entfloh seiner Kehle. Imhoteps Schwester zog die Klinge fein säuberlich aus der Wunde und begab sich rasch in das Innere der Pyramide, wo sie die Millenniumsgegenstände abgelegt hatte. Aton und Atemu eilten erschrocken auf Shadi zu, der von Marik behutsam auf den Sand gebettet wurde.
 

"Oh Ra, nein....halt durch, mein Freund...."

"Es tut mir leid....jetzt kann ich euch nicht einmal mehr in diesem letzten wichtigen Gefecht beistehen....ich mache immer alles falsch...."

"Was redest du da für Unsinn! Du bist ein fabelhafter Medjai und hast unserem Geheimbund viel Ehre gebracht! Was damals war, zählt nicht mehr, sondern das, was du in diesem Leben erreicht hast! Wir sind gemeinsam aufgewachsen und du hast mir versprochen, dass wir für immer Freunde bleiben!"

"Ich....werde....mein Versprechen wohl nicht halten können....Bitte....hilf dem Pharao....du bist im Besitz des Speeres von Osiris....du hast die Waffe, die den Skorpionkönig töten kann....bring diese Mission für mich zu Ende...."

"Schluss damit! Du wirst nicht sterben! Du sprichst, als wäre es bereits aus mit dir! Davon will ich nichts hören! Komm schon, reiß dich zusammen!" Seine Stimme klang zermürbt und schwach. Aus seinen lilafarbenen Augen quollen heiße Tränen.

"Weine nicht....du musst jetzt stark sein, Marik....ich habe dich beschützt, so gut ich konnte.... Verzeih mir, dass ich nicht mehr für dich tun konnte...."

"Was hast du nicht alles für mich getan! Ich kenne dich, seit wir beide kleine Jungen von sechs, sieben Jahren waren! Du warst mein bester Freund, mein Bruder, mein Trost, meine Unterstützung, mein Ansporn, mein Vorbild, meine Zuversicht! Ich bin es doch, der dir das nie vergolten hat! Wenn ich verzweifelt oder unglücklich war, warst du immer an meiner Seite, ohne dass ich danach fragen musste! Ohne dich schaffe ich es nicht! Du musst bei mir bleiben! Was soll ich denn machen ohne dich?! Du hast mir dein Vertrauen, deine Freundschaft....deine Liebe geschenkt....und jetzt willst du mich allein lassen?!"

"....Ich kann nicht....ich...." Blut rann über seine Lippen und er konnte einen Moment nicht weitersprechen. "Bitte....vergiss eines nie....Ich liebe dich....ich habe....dich immer geliebt...."

Sein Kopf kippte nach hinten und seine Lider schlossen sich. Ishizu erstickte einen Aufschrei mit ihrer Hand und der Pharao und der Grabräuber verharrten in respektvollem Schweigen, um den Krieger zu ehren, der nun in das Reich von Anubis eintrat. Marik starrte wie betäubt auf den toten Leib in seinen Armen, als könne er nicht verstehen, was soeben geschehen war.

"Shadi....? Shadi....das....das kannst du mir nicht antun....!! Ohne dich....wie soll ich....? Warum? Warum nur?! DAS KANNST DU DOCH NICHT MACHEN!!!! KOMM ZURÜCK!!! KOMM ZURÜCK!!!!" Ein grauenhafter, kalter, grausamer Schmerz flutete durch sein Herz und schnürte ihm förmlich die Luft ab. Seine Schreie verebbten in einem heiseren Schluchzen und seine Tränen tropften auf das dunkelblaue Medjai-Gewand. Seine hübschen Züge waren von Trauer und einer plötzlichen, ungläubigen und nicht weniger schrecklichen, weil sinnlosen Erkenntnis gezeichnet. "Bruder?" sprach Ishizu ihn unsicher an.
 

"Bei Ra....wie konnte ich bloß....so....blind sein?! Die ganze Zeit über....und ich habe es nicht begriffen....! Ich....ich habe ihn geliebt!!! ICH HABE IHN GELIEBT UND ICH HABE ES NICHT ERKANNT!!!!"

Fast an seinen Tränen erstickend, grub er sein Gesicht noch tiefer in den Stoff und murmelte: "Ich war verblendet....durch die Gefühle meiner früheren Existenz....ich sah nicht, was ich wirklich empfand....für WEN ich es empfand....Ist das die Strafe, die die Götter mir auferlegen? Könnte ich doch nur....könnte ich ihn wissen lassen....oh Ra, warum....warum?!?!"

Wie sinnlos erschien ihm jetzt seine Einsicht! Erst, als es zu spät war, hatten sich ihm seine wahren Gefühle offenbart, nun, wo Shadi nicht mehr lebte. Aus, vorbei. Seine Schwester umarmte ihn sanft und sagte: "Wir haben noch eine Aufgabe zu erfüllen. Sei tapfer und bringe es zu Ende, so wie er es sich gewünscht hat."

Der Ägypter erhob sich und wischte sich nachlässig die Tränen fort. Seine Finger klammerten sich um den Speer des Osiris. "Lasst uns gehen. Wir müssen sie aufhalten!"

"Aber lass Shadi nicht hier. Wir sollten ihn mitnehmen."

"Ihr habt recht, Pharao. Er....verdient ein würdiges Begräbnis." Er nahm seinen toten Freund auf die Arme und trug ihn hoheitsvoll in die Pyramide, dicht gefolgt von den anderen. Begrüßt wurden sie von Anck-su-namuns triumphalem Gelächter. Vor einer Skorpionstatue aus Gold hatte sie die sechs Millenniumsgegenstände im Kreis angeordnet; an der Stelle, an der eigentlich Ankh liegen sollte, sass sie selbst in Meditationshaltung.

"Ihr kommt zu spät!! Nur noch eine letzte heilige Formel muss gesprochen werden, um die Macht der Artefakte zu entfesseln und das Siegel zu brechen!"

"Das ist nicht wahr! Dir fehlt das Henkelkreuz! Der Kreis der Sieben ist nicht komplett!"

"Dumm und unwissend wie immer, Isis! Ihre Kraft basiert auf heiliger Energie, einer Energie, die jeden Priester und jede Priesterin in gleichem Maße durchfließt! Ich brauche das Symbol des Lebens nicht, meine eigene Magie kann den Zauber eines Jahrtausend-Talismans sehr wohl ersetzen! Das ist euer Ende!"

Rasch rezitierte sie den abschließenden Vers einer alten ägyptischen Beschwörungsformel und die einzelnen Gegenstände begannen zu glühen, bis auch die Kuratorin selbst von einem hellen Licht umgeben war. Die einzelnen Lichtströme flossen auf die Figur zu, die sie förmlich in sich einzusaugen schien. Ein kurzes Beben durchlief die Pyramide und der Schatten eines Skorpions breitete sich von Ahm Shere bis in die Wüste aus, wo unlängst die Medjai-Truppen der zwölf vereinigten Stämme angekommen waren. Er hinterließ ein riesiges Gebiet mit schwarzem Sand, der an Asche erinnerte. Langsam verwandelte er sich in eine Armee aus halb Mensch, halb schakalartigen Soldaten, deren Waffen und Beißer einen schnellen Tod ankündigten. El-Bahr zog sein Schwert und rief: "Denkt daran, man kann einen Anubiskrieger nur töten, wenn man ihm den Kopf abschlägt! Amun-Ra möge uns beistehen! Für Seine Majestät, den Pharao! Für unser Erbe! Und für diese Welt!" Ein vielstimmiger Kampfschrei war die Antwort und die berittenen Medjai und die Schakale stürmten aufeinander zu und verstrickten sich in einen tödlichen Reigen.
 

Bald nach der Befreiung der teuflischen Armee war Anck-su-namun in die Halle geeilt, in der der Skorpionkönig ruhte. Die Wände waren prachtvoll geschmückt, Fackeln warfen einen schemenhaften Glanz auf steinerne Fresken und goldenen Zierrat. Wie im Fieber flirrten ihre Augen zu dem schweren Tor, dessen Riegel sich, befreit von ihrem Bann, von selbst zurückschoben und eine Kreatur ausbrechen ließen, die für alle Ewigkeit hätte weiterschlafen müssen. Ein ungeschlachtes Geschöpf, die eine Hälfte menschlich, die andere wie die eines Skorpions, mit Gliederbeinen, einem Stachel und messerscharfen Scheren, kam zum Vorschein, der Blick rasend vor Zorn. Der Skorpionkönig wusste, dass jemand hier war, der ihn töten wollte, denn nur wer ihn töten würde, könnte die Kämpfer, die er bewachte, wieder zurück in ihre Gruft schicken. Das Wesen stieß einen unartikulierten Laut aus und stürzte sich auf Cleo, da sie ihm am nächsten war. Doch sie reagierte flink, warf sich ihm zu Füßen und rief auf Ägyptisch: "Ich bin deine Dienerin! Aber sie sind gekommen, dich zu vernichten!" Und sie wies auf den Pharao, Bakura, Marik und Ishizu, die soeben im Türrahmen auftauchten. Der Skorpionkönig knackte mit seinen Scheren und attackierte die entsetzten jungen Männer. Die Kuratorin lächelte verächtlich und mischte sich in den ungleichen Kampf ein, indem sie den Platinblonden mit ihren klauenartigen Fingernägeln zu kratzen versuchte. Er wehrte ihre Hände ab und stieß sie mit den Beinen von sich, doch Anck-su-namun jubilierte.

"Du bist ein Narr! Ich wollte nur den Speer von Osiris in meinen Besitz bringen, und es ist mir gelungen, in dir zu entreißen! Wer den Wächter der Armee besiegt, wird über sie befehligen! Mit dieser geheiligten Waffe wird es mir ein Leichtes sein....!"

Da traf sie ein harter Schlag, der ihr den Handrücken aufschlitzte und der Stab polterte zu Boden. Cleo drehte sich um, Wut verunstaltete ihr Antlitz. Langsam ging sie zu einer Statue, die zwei Spieße umschlungen hielt, zog sie heraus und fixierte ihre alte Gegnerin. "Isis....!"

Ishizu schwang ihre eigenen Spieße elegant herum und umschloss ihre Griffe fest und entschieden, ihren Blick kalt und unerschütterlich auf die andere Frau richtend.

"Anck-su-namun....!"
 

Marik, dessen rechte Wange ein blutiger Striemen zierte, sah sich verzweifelt nach seinem kostbaren Speer um und hechtete ihm hinterher, während seine Schwester ihre Feindin in ein Duell verwickelte. Der Skorpionkönig war damit beschäftigt, Yami und Bakura zu jagen wie eine Katze die Maus, und der junge Medjai ahnte, wenn er sich nicht beeilte und herausfand, wie er dieser Waffe würdig sein konnte, dann würde der Pharao es erneut büßen! Der Grabräuber hatte seinem Liebsten eines der Messer übergeben, die er mit sich führte, er selbst verwendete sein Schwert, um sich gegen die mächtigen Hiebe der Kreatur zu wehren. Der Sechzehnjährige indessen, war in die Ecke gesprungen, in die sein wertvoller Besitz gekullert war und nahm ihn rasch an sich. "Ehrenwerte Gottheit Osiris! Ich rufe dich an, mein Namens- und Schutzpatron! Du hast mir diesen Speer anvertraut, doch ich kann seine verborgene Gabe nicht nutzen! Sage mir, wieso nicht?! Habe ich dich enttäuscht?"

Die Medjai-Tätowierung auf seinem Handgelenk begann zu leuchten und das Licht kroch bis hinauf in den goldenen Stab, bis aus dem sternförmigen Aufsatz an der Spitze eine Gestalt hervorbrach, deren Bild vor Marik in die Höhe projiziert wurde. Es war der Gott Osiris in seiner Darstellungsform als bereits balsamierter Herrscher Ägyptens, der die Pharaonenkrone, den Pschent, auf dem Haupt trug und mit den königlichen Insignien, dem künstlichen Bart, dem Krummstab und der Peitsche, ausgestattet war.

"Junger Krieger, der ich dich damals als einen der Tapfersten unter den Medjai auswählte - du hast darin versagt, mir die Stärke deines Herzens zu beweisen. Du hast dich den Dämonen in dir selbst nicht gestellt und deine Schuld verleugnet, die in jenen fernen Tagen auf deinen Schultern lastete! Ich musste dir die Handhabung dieser Waffe absprechen, denn ja....du hattest mich enttäuscht."

"Meine Schuld....? Welche Schuld?"

"Die Schuld einer Tat, die du zwar nie begangen hast....die du aber begangen hättest, hätte das Blut von deinem Blut dich nicht aufgehalten."
 

Warum mussten Götter immer in Rätseln sprechen?! Der Ägypter seufzte und rief sich Eindrücke und Erlebnisse aus seinem früheren Leben ins Gedächtnis zurück. Plötzlich verstand er und seine Stimme zitterte, als er erwiderte: "Blut von meinem Blut....meine Schwester. Ja, sie war es, die mich aufhielt....in jener schicksalshaften Nacht....Imhotep hatte sich mit mir befreundet und zu diesem Zeitpunkt ahnte ich noch nichts von seiner wahren Natur. Aufgrund meiner unerfüllten Liebe zu Jono war ich ein willkommenes Werkzeug für ihn und seine giftigen Einflüsterungen....Ich schlich mich zu den Gemächern von Oberpriester Seth....mit einem Dolch....und....ich....ich wollte ihn töten....Ich....hätte ihn getötet....!!"

"Du hast diese Schuld nie zugegeben. Seth war ein Mitglied der königlichen Familie. Kein Gotteskrieger darf Hand an jemanden legen, den zu schützen er geschworen hat, denn das entehrt ihn!! Noch dazu, wo du als Grabwächter ausersehen warst, eine Auszeichnung, die nicht viele erhalten! Am Tag deines Todes hätte man deinen Sarkophag in der Nähe des Pharaos untergebracht, damit du ihm im Leben nach dem Tod hättest beistehen können! Doch heute, da du vor mir deine Schuld hast verlauten lassen, will ich meinen Speer in deine Obhut übergeben!" Damit erlosch die Erscheinung des Gottes und das Licht verblasste. Dafür klappten die Verschlüsse an dem Stab auf und Marik zog ihn aus, bis er seine eigentliche Form, die des Speeres, angenommen hatte. Voller Zufriedenheit und fast kindlichem Erstaunen betrachtete er die makellos gearbeitete, perfekt geschliffene Spitze dieser schönen Waffe. Ein Aufschrei riss ihn jäh aus seinen Gedanken.

Ishizus linker Arm war blutig aufgerissen und Cleo lächelte maliziös, als hätte sie es nicht anders erwartet. Ihr Bruder fühlte heißen Zorn in sich aufsteigen. Sie hatte Shadi auf dem Gewissen!!! Und nun wagte sie es auch noch, seine Schwester zu verletzten!! Er musste....!! Er musste....? Seine Augen fokussierten Bakura und Yami, die sich immer noch verzweifelt gegen den Skorpionkönig verteidigten. Dieses Geschöpf hatte das Verderben über Alexandria gebracht....durch ihn endete die Regentschaft von Pharao Atemu II. - und er war ein Medjai, ein Gotteskrieger, ein Beschützer des Herrschers. Noch einmal sah er zu Ishizu hinüber, die wütend in das spöttische Gesicht ihrer Rivalin starrte und plötzlich mit dem Kopf vorschnellte, sodass die beiden Schädel hart zusammenstießen. Anck-su-namun taumelte zurück und die andere platzierte einen pfeilgleichen Hieb. Die Kuratorin hielt sich die Hand vor und schmeckte Blut auf ihrer Unterlippe. "Ich habe dazugelernt, seit wir uns das letzte Mal begegnet sind. Das eben habe ich von meinem Bruder!"
 

Mariks schweißnasse Hand packte den Speer. Einst war königliches Blut vergossen worden.... Königliches Blut musste es rächen!! Mit aller Kraft, die er aufbringen konnte, schleuderte er die Waffe zu den beiden Bedrohten. "Mein Pharao!!!"

Atemu wandte sich in Richtung des Rufes und fing den Speer mit unnachahmlichen Geschick auf. Der Skorpionkönig schnappte nach ihnen und sein giftiger Stachel raste auf sie hernieder, wieder und wieder. Der Bunthaarige schubste den Dieb aus dem Gefahrenbereich, als erneut eine der Scheren sie attackierte. Das Ziel des Mannes, der diese Bestie einmal gewesen war, hatte darin bestanden, all seine Feinde zu eliminieren....und dazu zählte auch der Pharao. Wieselflink sprang dieser an der riesigen Kreatur vorbei und lockte sie von seinem Geliebten und dem Medjai fort. Geschmeidig wie ein Raubtier wich er den erbarmungslosen Schlägen aus, auf eine Gelegenheit lauernd, den Speer des Osiris in den abstoßenden Körper rammen zu können. Auf einmal merkte er, dass er nicht mehr weiterkam - er stand mit dem Rücken zur Wand! Sein Widersacher hatte ihn in die Enge getrieben!

"Das war also dein Plan, du Alptraum aus vergessenen Zeiten? Denkst du, mich damit einschüchtern zu können?! Wofür hältst du mich?!"

Bakura wollte dazwischen gehen, doch der Blick, den der ehemalige Monarch Ägyptens auf den Skorpionkönig warf, hielt ihn davon ab. Yami wusste sehr wohl, dass er dem personifizierten Tod gegenüberstand, doch seine feurigen, amethystfarbenen Augen verrieten keinerlei Furcht. Sein aristokratisches Antlitz war kühl und hoheitsvoll, seine Haltung stolz und stark. Selbst in diesem Moment war er ein wahrer König! Marik neben ihm sog ungläubig die Luft ein.

"Welch eine....Majestät! Und das jetzt....! Ich beginne zu begreifen, warum du ihn so sehr liebst, Aton. Er ist....er ist...."

"....unbezähmbar? Ja. Dieser Mann wurde geboren, um zu herrschen. Seine Gesten, seine vornehme Art, die stille Würde, die ihn umgibt...." Der Weißhaarige unterbrach sich. Er ahnte, dass Atemus Herz angesichts dieses Ungeheuers vor ihm voller Angst sein musste, doch er verbarg sie wie unter einer undurchdringlichen Maske. Er war einfach....wundervoll!

In dieser Sekunde holte das Wesen zu einem vernichtenden Angriff aus, doch das Reaktionsvermögen seines auserwählten Opfers war schneller als angenommen. In einer fließenden, kraftvollen Bewegung von dynamischer Anmut und tödlicher Präzision stieß der Pharao den Speer tief in die Eingeweide des Skorpionkönigs.
 

Während der dramatischen Ereignisse im Inneren der Goldenen Pyramide fochten El-Bahr und seine Truppen eine hoffnungslose Schlacht. Schwarzer Sand türmte sich zu den Hufen ihrer Pferde, doch der Strom der Feinde wollte nicht abreißen. Manch ein Medjai hatte bereits sein treues Reittier verloren und musste sich so behaupten. Der alte Herr köpfte mit Mühe ein paar weitere Schakale, bis alles um sie herum zu Staub zerfallen zu sein schien. Ein Warnschrei von Hapi veranlasste ihn jedoch, auf einen erhöhten Hügel zu rennen, von dem aus man die Kampfebene besser überblicken konnte. Und vor ihm....ein Meer aus Anubiskriegern, als wären die Tausenden zuvor nur ein kleines Aufgebot gewesen. El-Bahr atmete tief ein und richtete sein Schwert gen Himmel. Seine klare Stimme hallte über den Dünen der Wüste wider: "Meine Brüder! Dies ist vermutlich das letzte Gefecht, das unsere Verbindung je bestreiten wird! Seien wir tapfer!! Amun-Ra möge uns helfen!! Kampf!!!"

"Kampf!!!" scholl es kühn zurück und die zwölf vereinigten Stämme bereiteten sich auf ihr Ende vor, als die schwarze Flut aus Schakalen auf sie zu raste. El-Bahr sprach ein abschließendes Gebet und hoffte, dass es wenigstens dem Pharao, dem Grabräuber und seinen Schülern gelang, Ahm Shere wieder lebend zu verlassen.
 

Atemu zog den Speer sauber aus der Wunde und die Kreatur sank röchelnd in sich zusammen. Die gesamte Pyramide fing an zu beben und der Leib des Skorpionkönigs löste sich in dicken Rauch auf, der zu sämtlichen Öffnungen des Bauwerks hinaus quoll. Seine Züge im Rauch zeigten einen stummen Schrei, ehe das abscheuliche Schwarz in die Pyramide zurückfloss und verschwand. Eine gewaltige Erschütterung erfasste die gesamte Oase und im Saal des Skorpions zerbarst der Boden unter den armen Menschen, die sich immer noch dort aufhielten. Unter Marik und Bakura tat sich ein Abgrund auf, in dem die unglücklichen Seelen all derer ruhten, die hier ihr Leben gelassen hatten. Der Platinblonde rollte sich rasch zur Seite und hievte Shadi in Sicherheit, aber der Dieb stürzte in die Schlucht.

"Aton!!!" hörte er Yamis panikerfüllten Schrei und seine Arme schossen reflexartig hoch. Er war allerdings nicht der einzige, der sich gerade in einer misslichen Lage befand, denn Ishizu war es gelungen, Anck-su-namun in die Defensive zu drängen. Als sie zu ihrem letzten Schlag ausholte, verlor ihre Gegnerin das Gleichgewicht und leistete dem Weißhaarigen unfreiwillig Gesellschaft. Ihr Bruder und sie sowie Yami standen in der Nähe des Eingangs und waren relativ sicher, doch während alles um sie herum zusammenbrach, klammerten sich vier verzweifelte Hände an die Felsspalte. Aton sah, dass sein Liebster Anstalten machte, durch das Chaos zu ihm zu eilen, um ihn zu retten und er verdrehte die Augen.
 

"Komm nicht mal auf diese Idee, du Idiot!! Raus hier, ihr drei!! Und nehmt Shadi mit!! Verflucht, steh da nicht dumm rum und gaffe!! Hau endlich ab, Atemu!! Atemu....! Nein!!!" Aber zu spät. Der Bunthaarige duckte sich vor herabfallenden Gesteinsbrocken und arbeitete sich angestrengt weiter vor, bis seine starken Arme die von Bakura zu fassen bekamen. Halb gezogen, gezerrt und geschoben, wurde der Dieb nach oben befördert.

"Du bist ein Teufelskerl....wirklich ein Teufelskerl! Aber völlig übergeschnappt....!" meinte er frech und drückte dem anderen einen stürmischen Kuss auf den süßen Mund.

"Ich betrachte das als Kompliment! Los, lass uns verschwinden!"

Cleo blieb zurück und beim nächsten Schub des Bebens musste sie loslassen und versank in den unergründlichen Tiefen der Unterwelt, wo die verdammten Seelen sie empfingen. Der Zauber von Ahm Shere war gebrochen. Die Armee von Anubis zerstob in Milliarden schwarzer Sandkörner, als die Klage vom Tod ihres Wächters am Horizont erschien und der Ansturm verpuffte im Nichts. Der Jubel war groß, aber El-Bahr konnte ihn noch nicht teilen, denn jene, denen sie diese glückliche Wendung verdankten, waren nach wie vor in Gefahr. Sämtliche Pflanzen, Tiere und selbst die Pygmäen wurden von der Pyramide eingesogen und der wild tosende Wirbel verhinderte, dass irgend jemand nach draußen gelangen konnte. So blieb der Gruppe nur die Flucht zur Spitze übrig, doch das war keine endgültige Lösung. Ishizu hielt sich krampfhaft fest, Aton umarmte seinen Geliebten und Marik hatte sich Shadi auf den Rücken geworfen, während die Oase zugrunde ging. Wenn nicht bald ein Wunder geschah, würde diese grüne Hölle ihr Grab werden. Sollte das ihr Ende sein?

Imhoteps Ende

So, die letzten beiden Kapitel, danach ist die FF abgeschlossen! An dieser Stelle ein herzliches Dankeschön an Jeanne, die mir immer noch Kommis schreibt, das baut mich auf! *knuddel*

Die ägyptischen Formeln in diesem Teil sind nach Gehör aufgeschrieben, ich habe keine Ahnung, wie man sie richtig schreibt, weil ich ja nur das Gesprochene aus dem Film kenne. Das sollte aber nicht weiter stören!^^
 

Kapitel 29: Imhoteps Ende
 

Seto, Tristan und Duke eilten durch einen Korridor, der in einer großen Halle mündete. Merkwürdige Gegenstände waren dort untergebracht, unter anderem auch Messer, Gestelle aus Eisen und eine Schakalsmaske. "Was ist das hier?"

"Das sieht aus wie ein Vorbereitungsraum", erklärte der Schwarzhaarige seinem koibito und beleuchtete die Umgebung mit einer der Fackeln, die den Eingangsbereich Hamunaptras erhellt und die sie kurzerhand mitgenommen hatten.

"Vorbereitung worauf?"

"Auf das Leben nach dem Tod. Hier wurden Mumien präpariert."

"Und diese ganzen malerischen Werkzeuge? Dienten die zum....Ausnehmen?"

"Ja. Soll ich dir mal erzählen, wie man das Gehirn entfernte? Man schob eine glühende Zange ins Gehirn, verquirlte alles ein bisschen und riss es dann durch die Nasenlöcher heraus...."

"Könntest du bitte damit aufhören?! Mir wird gleich schlecht!"

"Was willst du eigentlich? Die betreffenden Personen, die dieser Prozedur unterzogen wurden, waren schon tot!"

"Nicht alle", mischte sich der Firmenleiter ein und stolperte weiter durch einen der düsteren Gänge. "Menschen, die sich eines schweren Verbrechens schuldig gemacht hatten, wurden, wenn man sie nicht gleich hinrichtete, zur Mumifizierung bei lebendigem Leibe verurteilt. Solche Männer hatten zumeist etwas Furchtbares getan....so wie Imhotep. Ich hatte damals zwar meinem Leben bereits ein Ende gesetzt, als Gericht über ihn gesprochen wurde, aber mittlerweile weiß ich, dass man ihn mit dem Hom-Dai belegte."

"Imhotep wurde....lebendig mumifiziert?!" stieß Tristan hervor. Er sah ein wenig grünlich um die Nasenspitze aus, als Kaiba nickte. "Diebstahl eines Kelches aus dem Grabschatz des Pharaos, Ermordung des Hauptmanns der Königlichen Leibwache...."

"Nicht zu vergessen das Attentat auf Atemu, das ihm später nachgewiesen werden konnte und bei dem ich dem Herrscher das Leben rettete." warf Duke ein. "Ein Stein im Torbogen über seinem Gemach war gelockert worden und hätte unseren Freund zermalmt, wenn ich nicht zufällig in der Nähe gewesen wäre und ihn zur Seite gestoßen hätte. Ein Medjai erzählte, er hätte Imhotep zur fraglichen Zeit im Palast gesehen, obwohl er eigentlich im Tempel beim Gebet hätte sein müssen. Tja...."
 

Sie gelangten in eine zweite finstere Halle, in die nur von außen ein schwacher Lichtstrahl fiel. Allerdings umrahmte er das Gestell eines Spiegels und der ehemalige Hohepriester lächelte. Er zog eine seiner beiden Pistolen aus dem Brustgürtel und schoss. Die Kugel donnerte gegen das ausgewählte Ziel und der Spiegel schwang in der Halterung nach vorne, sodass er jetzt das Licht reflektieren konnte. Wie bei einem Dominoreflex warf ein zweiter Spiegel das Licht zurück zu einem dritten und immer so weiter, bis auch der letzte Rest Dunkelheit verschwunden war. Vor ihren ungläubigen Augen entfaltete sich die fantastische Pracht einer gigantischen Schatzkammer, zum Bersten voll mit Gold in allen Formen: Statuen, Schmuck und Geschirr.

"Und es ward Licht....ein alter ägyptischer Trick, aber er funktioniert noch immer. Los, kommt, wir müssen uns beeilen und das Buch des Amun-Ra finden!"

"Das ist grandios! Schade, dass Bakura nicht hier ist - er wäre vor Glück vermutlich in Ohnmacht gefallen! Könnten wir nicht....?"

"Nein, Tris, können wir nicht! Wir müssen Joey retten!"

"War doch nur eine Idee...."

Während die drei jungen Männer auf der Suche nach der Statue des Horus durch Hamunaptra wanderten, hatte Imhotep es gewagt, tief in die Stadt einzudringen und das Schwarze Buch der Toten aus seinem geheiligten Ruheplatz zu stehlen. Er benötigte es, um Jonos Seele in Joeys Körper zu übertragen und die momentane Lage des Blondschopfs war mehr als ungemütlich. Seine Handgelenke waren von Ketten umschlossen und er selbst lag auf einem steinernen Altar aufgebahrt, neben ihm stand ein zweiter, das Henkelkreuz Ankh obenauf. Der Priester murmelte einige Beschwörungsformeln und aus der Wand vor ihm brachen sich krümmende, halb verweste Gestalten hervor, die sich ehrerbietig vor ihm verneigten.

"Was sind denn das für Typen?!"

°°Meine Diener! Ich hatte keinen hohen Rang inne, aber ich war dennoch Priester! Und einem Priester steht eine gewisse Dienerschaft zu! Sie werden meine Feinde eine Weile beschäftigen! Geht! Und weckt die anderen!°°
 

Es erwies sich, dass die Mumien mit ihrem Auftrag nicht zögerten. Kaum hatten Kaiba und Co. die Schatzkammer bis zur Mitte hinter sich gebracht, als aus dem sandigen Boden zu ihren Füßen Hände nach oben stießen und sich schließlich schwankende, röchelnde Kreaturen auf sie zu bewegten. "Entzückend! Wer sind denn die?"

"Diener von Imhotep! Er muss sie geschickt haben, um uns loszuwerden! Aber ich fürchte, wir haben keine Zeit für Spielchen!" Ein Hagel aus Kugeln und Pfeilen ergoss sich auf die armseligen Wesen und nachdem man ausreichend für Ordnung gesorgt hatte, nahm man die Beine in die Hand. Seto wusste nur zu genau, dass die Mumien sich von diesem Rückschlag bald erholen würden, also war Eile geboten. Obwohl er sich zur Ruhe ermahnte, pochte sein Herz wie rasend gegen seinen Brustkorb, wenn er an seinen Geliebten dachte, der immer noch auf seine Befreiung wartete. Endlich erreichten sie die Statue des himmlischen Falken und bargen achtsam das kostbare Buch des Amun-Ra in ihren Händen. Unglücklicherweise meldeten sich ihre untoten Verfolger wieder und Tristan ließ sein Katana aus der Scheide schnellen. "Ihr macht euch schon mal auf zu Joey! Das hier erledige ich!"

"Bist du verrückt?! Welche Chance hast du denn, allein gegen diese grausame Horde?!"

"Irgend jemand muss euch Deckung geben, während ihr es mit Imhotep zu tun habt! Ich werde nachkommen, sobald es mir möglich ist! Geht jetzt!"

"Das....kann doch nicht dein Ernst sein....!" flüsterte Duke fassungslos und seine grünen Augen schienen sich förmlich in die seines Gegenübers zu brennen. Warme weiche Hände legten sich auf seine Wangen und heiße Lippen pressten sich auf die seinen, ehe Tristan auf den Korridor zusteuerte, aus dem sich ihre Angreifer näherten. Bevor er darin verschwand, sagte er noch: "Ich liebe dich." Dann war er fort. Für eine Sekunde stand der Schwarzhaarige wie paralysiert, bis der Firmenleiter ihn am Arm packte und hinter sich her schleifte.

"Er wird es schaffen, mach dir keine Sorgen! Aufgrund seiner Vergangenheit ist er von uns dreien der beste Krieger! Wir werden woanders gebraucht!"
 

Die Zeremonie war in vollem Gange, als Kaiba und Duke die Halle betraten: Einige Diener des Priesters waren zurückgeblieben und beugten die Köpfe im gleichmäßigen Rhythmus der Zauberworte, die Imhotep vor sich hin murmelte. Vor ihm lag aufgeschlagen das Schwarze Buch der Toten und das Henkelkreuz war von einem merkwürdigen Glühen umgeben. Das Bild Joeys, der an den steinernen Altar gefesselt war, entfachte eine Woge des Zorns in dem Jungmillionär und er zog sein Schwert, die blauen Augen von wilder Entschlossenheit erfüllt. "Imhotep!! Ich glaube, wir beide habe noch eine Rechnung offen!!"

Der Angesprochene wandte sich um, ein namenloser Hass breitete sich in seinem Antlitz aus und er befahl seinem Gefolge, ihm diese Störenfriede vom Hals zu schaffen. Seto betete, dass er gegen diese Übermacht bestehen konnte und stürzte sich ins Gefecht. In geschmeidigen Bewegungen zerteilte er seine abstoßenden Feinde und schließlich gelang es ihm, eine der Ketten zu zerschlagen, die seinen Liebsten gefangenhielten.

"Ich bin froh, dich wiederzusehen." meinte der Blonde mit einem schwachen Lächeln, als sich von hinten plötzlich eine Mumie anschlich und dem Brünetten einen Hieb auf die Schädeldecke verpasste. Er sank bewusstlos zu Boden und Duke, der sich bisher im Hintergrund gehalten hatte, versteckte das Buch des Amun-Ra in einer Mauernische, ehe er seinen Bogen von der Schulter nahm und der Mumie mit einem gezielten Schuss den Garaus machte. Mit flinken Fingern ergriff er Pfeil um Pfeil und dezimierte ihre Widersacher wirksam und für immer. Langsam erwachte Kaiba wieder aus seiner unfreiwilligen Ohnmacht und benommen sah er sich um, als könne er sich nicht darauf besinnen, wo er sich befand.

"Seto, Achtung!!"

Diese Warnung seitens Joey brachte ihn abrupt in die Realität zurück, denn eine der Mumien wankte auf ihn zu, mit einem schweren Hieroglyphenstein in den Händen, offenbar begierig darauf, ihn damit zu zerquetschen. Wo war sein Schwert?! Es lag neben ihm, an der Stelle, wo es ihm zuvor entglitten war, als man ihn auf eine unliebsame Reise ins Land der Träume geschickt hatte. Die abgeschlagene Hand eines anderen Kontrahenten kroch gerade darauf zu. So abartig diese Situation auch war, sie gereichte dem Siebzehnjährigen zum Vorteil, denn mit dem fremden Arm am Griff konnte er die anfangs zu weit entfernte Waffe ohne Probleme packen. Die Kreatur, die ihn unter dem Stein begraben wollte, fühlte einen Ruck durch sich hindurch gehen und wenig später lag sie mit zerschnittenen Beinen rücklings auf dem Boden, das Mordinstrument auf ihr drauf. Imhotep erkannte mit geringer Begeisterung, dass sich die Sache nicht so entwickelte wie geplant und spie einen ägyptischen Befehl aus. Kaum war dies geschehen, marschierten aus einer Grabkammer verweste Knochensoldaten heraus, in voller Montur, mit Klingen, Speeren und Schilden ausgestattet.
 

"Ein paar Freunde von dir, mein Schatz?" neckte Joey, der sich selbst in diesem Moment nicht seinen unerschütterlichen Optimismus nehmen ließ.

"Nein. Nach ihren Gesichtern zu urteilen, dachte ich, es wären Freunde von dir!" gab der Imperiumsleiter prompt zurück und zückte sein Schwert. Den ersten der Wächter konnte er ohne Schwierigkeiten erledigen, doch als ihn die übrigen zu jagen begannen, musste er sich etwas einfallen lassen. Sein Fluchtweg führte über einen flachen Teich, durch dessen Oberfläche vereinzelt menschliche Gebeine spitzten und einer der Soldaten war dicht hinter ihm. Seine Klinge zertrennte das Seil, an dem ein schwerer Käfig befestigt war, der mit lautem Getöse hernieder sauste und die Mumie zerdrückte. Doch ehe der Firmenleiter ein wenig aufatmen konnte, tauchte die nächste Abordnung Krieger auf, die er unter großer Anstrengung in Schach halten konnte. Zweien schlitzte er den Bauch auf, der dritte wurde durchbohrt und den vierten, der den Brünetten mit einem kräftigen Hieb auf den Boden schickte, zündete er an, da er eine der Fackeln zu fassen bekam, die der Umgebung ihr Licht spendeten. Ab und zu schwirrte ein hilfreicher Pfeil heran, aber Dukes Köcher leerte sich und Setos Ideen bezüglich dem Beseitigen der mumifizierten Wesen erschöpften sich. Imhotep widmete sich nun seiner eigentlichen Aufgabe und las erneut die Inschrift in dem Schwarzen Buch. Joey versuchte verzweifelt, sich von der letzten Kette zu lösen, aber die eisernen Klammern waren erbarmungslos. Das Leuchten um Ankh wuchs an, bis die durchsichtige Gestalt Jonos sich zeigte. Er zitterte und seine Reinkarnation erkannte deutlich, dass er sich gegen die antike Beschwörung wehrte, sich weigerte, in einen Körper einzufahren, der ihm in Wirklichkeit nicht gehörte. Heiser drangen seine Worte zu dem Oberschüler: "Es können nicht zwei Seelen in einem Körper existieren! Wenn ich in dir bin, muss er dich töten, um deine Seele aus dieser Hülle zu vertreiben! Ihr müsst....das Ritual unterbrechen!"
 

Der Dungeon-Dice-Erfinder hatte sich währendem mit einer Klinge der gefallenen Soldaten bewaffnet und kämpfte Seite an Seite mit Kaiba. Eine der Kreaturen holte mit dem Speer aus und zielte in die Richtung des Schwarzhaarigen, aber sie konnte ihr tödliches Werk nicht vollenden, da ein Dolch sie in die Schläfe traf und unschädlich machte. Oben an der Treppe stand Tristan, verschwitzt und aus mehreren kleinen Wunden blutend, sein Hemd war aufgerissen und schmutzig, das Gesicht von Erschöpfung gezeichnet. Aber als Duke ihn ansah, war er für ihn immer noch der schönste Mann der Welt.

"Was habt ihr euch denn da für Kerle angelacht?!"

"Imhotep hat sie gerufen! Sicher sind es Wächter der Totenstadt, die hier in ihr Leben nach dem Tod eintreten sollten! Es müsste eine Inschrift darüber geben!...." Kaum hatte der Sechzehnjährige diese Vermutung ausgesprochen, als ihm der Gedanke keimte.

"Verdammt, ich bin sowas von dämlich! Tris! Ich habe das Buch des Amun-Ra in dieser Mauernische neben dir verborgen! Du musst die Inschrift finden, mit der man diese Typen kontrolliert!"

"Alles klar!"

Bei der Erwähnung der einzigen Möglichkeit, ihn zu vernichten, schoss Imhotep herum und fixierte den ehemaligen Feldherren mit zusammengekniffenen Augen. Jonos Seele schwebte nun über Joey, das Messer, mit dem er aus dem Dasein scheiden sollte, wurde missmutig auf dem Altar abgelegt.

°°Gib mir dieses Buch!!°°
 

Seto nutzte die Unaufmerksamkeit seines Widersachers, um den Blonden endgültig von seinen Fesseln zu befreien und dieser angelte nach der erstbesten Klinge, die er in die Hände bekam, um ihren Angreifer das Fürchten zu lehren. Der Priester war unlängst zu Tristan geeilt und stieß ihn brutal die Treppe hinunter. Obwohl ihm alle seine Knochen schmerzten, rappelte er sich hoch und klappte das Buch auf. Einst hatte Dukedas sein Alter Ego in Ägyptisch unterwiesen, aber er war nicht davon überzeugt, die Hieroglyphen richtig entziffern zu können. Manches schien ihm bekannt, manches verstand er nicht, bis er endlich über die richtige Seite stolperte.

"Ich hab's! Hu....tashem....Duke! Ich kann das letzte Zeichen nicht lesen!"

In diesem Moment warfen die vier verbliebenen Krieger den Schwarzhaarigen und den Brünetten hart gegen die Wand und näherten sich Joey. Elegant drehte er sich herum und spaltete dem einen den Schädel, wobei er dem anderen gleichzeitig die Beine wegtrat, sodass er stürzte und er nur noch seinen Torso in der Mitte durchschlagen musste. Der dritte war ein zäherer Brocken, denn er parierte hervorragend und der Duellant wurde in die Enge getrieben. Das Wesen grinste zahnlos und stach zu, aber flink wie ein Wiesel duckte der Blonde sich weg, kickte mit voller Wucht gegen den modrigen Bauch und schnitt ihm den Hals durch.

"Könntest du....dich ein bisschen beeilen?!" keuchte er und Tristan entwischte gerade noch Imhoteps mörderischen Händen.

"Wie sieht das Zeichen denn aus?!" rief Duke, noch halb benommen von dem üblen Zusammenstoß mit der Mauer aus festem Stein.

"Es ist ein Vogel....ein Storch!"

"Amenophus!"

In dieser Sekunde wurde Joey von seinem Feind hochgehoben und die verwesenden, knochigen Finger würgten ihn gnadenlos. Er wusste, dass der Priester einen toten Körper benötigte, um Jonos Selbst darin zu versiegeln, also würde er der Mumie keinen Einhalt gebieten.

"Hu-tashem-amenophus!"

Der Befehl hing scheinbar endlos in der Luft, bis der Krieger den jungen Mann losließ und salutierte. Der einstige Anführer der Medjai hustete und rang nach Atem. Seine Kehle schmerzte von dem ungewohnten Druck, dem sie ausgesetzt worden war und seine Augen brannten. Imhotep schickte sich an, dem früheren Römer seine Faust in die Eingeweide zu rammen, als eine scharfe Schneide ihm den Arm von den Schultern trennte. Es floss kein Blut und der Untote setzte sich den Arm wieder an als wäre nichts gewesen. Seto musterte ihn verächtlich und erklärte: "Du wolltest mich doch töten! Was ist? Ich warte!"
 

Sein Kontrahent lächelte halb mitleidig, halb boshaft, packte ihn am Kragen und schleuderte ihn durch die Gegend als wäre er eine Puppe. Dem Meisterduellant dröhnte der Kopf, er war verletzt und fast am Ende seiner Kräfte angelangt. Durch einen Schleier aus Pein und Qual blickte er auf Joey, der sich das Buch des Amun-Ra gegriffen hatte und nun mit Dukes Hilfe darin nach der richtigen Formel forschte. Kurz verschmolzen ihre Augen miteinander und Kaiba verstand die stumme Botschaft, die diese wunderbaren Topase ihm sandten: "Ich liebe dich! Gib nicht auf!", bevor er noch einmal durch den Raum geworfen wurde und unsanft gegen einen der Altäre prallte. Er sackte in die Knie und schmeckte etwas Blut auf seiner Unterlippe.

°°Jetzt stirbst du!!°°

"Da, das ist es! Diese Zeile musst du lesen!"

"Kadish-mal, kadish-mal!! Par-ret uhz, par-ret uhz!!"

Imhotep schrak zusammen und ein Peitschenknall ertönte. Von bläulichem Licht durchflutet, erschien der Gott Anubis mit einem Vierergespann und rollte geradewegs auf den Verfluchten zu. Er fuhr mitten durch ihn hindurch und nahm seine Seele mit sich. Fassungslos und zornig zugleich, wandte er sich zu dem Jungmillionär um, der mit einem gewagten Satz aus seiner Reichweite sprang. Allerdings holte ihn der Priester rasch wieder ein, denn der Siebzehnjährige war extrem geschwächt. Joey hechtete zu einem Schwert, das einer der Mumien gehört hatte und zielte genau. Geschickt fing Seto die heranfliegende Klinge auf und stieß sie tief in Imhoteps Magen, als dieser ihn attackieren wollte.

"Hätte ihn nicht schon der Zauber erledigen sollen?"

"Das tut er auch. Erinnere dich an Akitomo-sans Worte. Er ist sterblich!"

Mit ungläubig geweiteten Augen taumelte der Priester rückwärts, beide Hände auf seinen Bauch gepresst. Über seine braune Haut rann in dicken Rinnsalen das Blut und zu seinen Füßen tat sich eine Art Schlund auf, der ihn endgültig in die Unterwelt verbannte. Sein Aufschrei ließ die gesamte Stadt erbeben und plötzlich begann Sand aus sämtlichen Wandöffnungen zu rieseln. Die Bodenplatten unter ihnen zerbarsten und ein Schwall schwarzer Käfer sprudelte nach oben. "Skarabäen!"

Joey schnappte sich das Henkelkreuz und hängte es sich um, während Duke das Buch des Amun-Ra nahm und Tristan das Buch der Toten. Danach rannten sie los, zurück durch die verwinkelten Gänge, die sie in diese geheimnisvolle und grausame Welt geführt hatten, die mit Magie ebenso gespickt war wie mit Menschenfallen. Die Mauern senkten sich und verschlossen nach und nach sämtliche Ein- und Ausgänge.

"Was geschieht hier?!"

"Ich bin nicht sicher, Seto, aber soweit ich mich erinnere, wurde Hamunaptra so konstruiert, dass es komplett im Sand verschwinden konnte! Ich nehme an, seit Imhotep verflucht wurde, hängt die Existenz der Stadt mit seinem Schicksal zusammen! Wenn er stirbt, geht auch sie unter!"
 

Mit knapper Not schafften sie es nach draußen, wo bereits die Säulen umstürzten. Wie die wilde Jagd stoben sie hinaus aus dem Gefahrenbereich, während Hamunaptra in einer Explosion aus Sand und Staub unterging. Nachdem das Krachen und Poltern verstummt war, meinte Tristan ein wenig enttäuscht: "Wisst ihr, was schade ist? Dass wir alle diese wundervollen Schätze zurücklassen mussten!"

Kaiba betrachtete das Antlitz seines Liebsten, streichelte ihm zärtlich durch das goldene Haar und lächelte. "So würde ich das nicht sagen."

Sein Gegenüber erwiderte das Lächeln und seine Finger berührten sanft die Konturen dieses makellosen, noblen Gesichts. Ja, es mochte von Schweiß benetzt, von Kratzern zerschunden und ausgemergelt sein vor Erschöpfung....aber die Liebe, die in diesen saphirblauen Augen strahlte, war dieselbe wie vor fünftausend Jahren. Mit bangem Herzen erkannte er die Sorge und den Kummer, die Seto auf seiner Reise stets begleitet hatten. Der einst so kühle und unnahbare ehemalige Hohepriester umarmte ihn voller Leidenschaft und unbeschreiblicher Erleichterung und Joey fühlte, dass er zitterte. Gedämpftes Schluchzen erreichte seine geschulten Ohren. Nach all den Strapazen tröstete er nun einen großen, unerschütterlichen Geschäftsmann, der leise vor sich hin weinte, wie ein müdes Kind.

"Oh mein Geliebter...." hauchte er und umfasste die Wangen des anderen mit beiden Händen. Ein paar Tränen schimmerten noch in den dunklen Wimpern und unfähig, seine Gefühle noch länger zurückzudrängen, küsste er den Älteren heiß und innig auf den sinnlichen Mund. Der Firmenchef seufzte in den Kuss hinein und genoss es, sich wieder einmal von seinem stolzen Falken unterjochen zu lassen. Sie schmeckten sich, erkundeten, kosteten sich, verflochten ihre Zungen in einem süßen, sehnsüchtigen Kampf, als lägen Monate zwischen ihrer letzten Liebkosung. Dieser Kuss war Feuer, Verlangen, aber auch ein Versprechen von Wärme, Schutz und Geborgenheit. Als sie sich voneinander lösten, warf der Blonde einen Blick zurück.

"Es ist vorbei. Lasst uns gehen."

Sie marschierten zu der Stelle, an der die Karawane des Untoten Halt gemacht hatte. Mit Imhoteps Ende verblasste auch seine Macht und die übriggebliebenen Beduinen waren zu Sand zerfallen. Man sattelte vier Kamele, verstaute sorgsam die zwei kostbaren Bücher und stieg auf.

Jono erschien neben seiner Wiedergeburt und grinste den Jüngeren verschmitzt an.
 

"Hatte ich nicht recht, an deine Freunde zu glauben? Sie haben dich befreit und gemeinsam habt ihr diese Welt vor einem teuflischen Tyrannen gerettet. Der Fluch ist gebrochen. Aber wenn es dich nicht stört, würde ich gerne weiterhin an deiner Seite sein."

"Weshalb sollte mich das stören? Du bist mir in schweren Stunden beigestanden und warst für mich da, als ich dich brauchte. Das macht einen guten Freund doch aus, nicht wahr? Als diese Geschichte anfing, vertraute ich dir nicht, aber jetzt ist es anders. Wir alle haben uns verändert, die einen mehr, die anderen weniger. Und weißt du was? Ich bereue nichts, so furchtbar es oft gewesen ist. Denkst du, Yami und Bakura waren erfolgreich bei ihrer Mission?"

"Wenn nicht, hätten wir das gewiss bemerkt. Vermutlich warten sie in Kairo schon auf euch!" Joey nickte und die Gruppe ritt auf den Horizont zu, wo die Sonne gerade versank. Die goldorangene Scheibe malte feurige Nebel über den Himmel und beschwor ein friedliches Bild voller Harmonie und Romantik herauf, etwas, das den jungen Mitgliedern der Karawane in den letzten Tagen verlorengegangen war. Ehe Jono in dem Millenniumsartefakt verschwand, sagte er: "Sieh nach vorne! Du hast um deine Zukunft gekämpft! Nun ist sie da - nutze sie!"

"Das werde ich."
 

Was war unterdessen in Ahm Shere geschehen? Das undurchdringliche Grün wirbelte um die verzagten Gestalten auf der Spitze der Goldenen Pyramide herum und ein Happy End schien fraglich zu sein. Plötzlich aber vernahm Ishizu eine vertraute Stimme und sah hoch. Über ihnen schwebte das Luftschiff! Es war Odeon gelungen, das Fluggerät zu reparieren und er hatte eine Strickleiter ausgeworfen, die wie eine Rettungsleine vor ihnen baumelte. Die Schwarzhaarige kletterte zuerst nach oben, danach folgte Marik mit der Last von Shadis Körper auf seinen Schultern, als dritter der Pharao und schließlich Aton. Aufgrund des Sturmes aus Pflanzen war es alles andere als ein leichtes Unterfangen, auf der hin und her schwankenden Leiter vorwärts zu kommen und Bakura, der ohnehin manchmal meinte, das Pech gepachtet zu haben, verlor das Gleichgewicht und wäre abgestürzt, wenn Yami sein Fußgelenk nicht gepackt hätte.

"Bring uns hier raus, Odeon!" brüllte er gegen das Tosen an, doch der Grabräuber war offensichtlich nicht damit einverstanden, denn er hatte den goldenen Aufsatz auf der Spitze der Pyramide entdeckt, dem sie ihren Namen verdankte.

"Runter! Lass mich runter, nur ein kleines Stück!"

"Bist du völlig übergeschnappt?! Dieses Ding ist dein Leben nicht wert!"

"Oh doch, ist es!!"

Wie ein kleiner Junge, dem man kein Spielzeug kaufen wollte, fingerte der Weißhaarige nach dem Schatz und er erwischte ihn auch tatsächlich. Freudestrahlend ließ er sich nach oben zerren und während das Luftschiff sich von dem, was einst die Oase Ahm Shere war, entfernte, wurde der Dieb mit Mühe an Deck verfrachtet. Atemu funkelte ihn wütend an und baute sich drohend vor ihm auf. Das Klatschen einer Ohrfeige war zu hören.

"AUA!!! He, was soll das, verdammt nochmal?!"

"Du blöder Idiot!! Wie kannst du mich so erschrecken?! Das hätte schief gehen können!!"

"Ich weiß. Aber es ist nicht schief gegangen und gelohnt hat sich das ganze Theater jetzt auch! Ist doch perfekt! Kein Grund, mir gleich eine herunterzuhauen!"

"Das war für diese verrückte, typisch bescheuerte Banditen-Idee! Und das....ist dafür, dass du mich gerettet und überlebt hast."

Damit riss er den total überrumpelten Bakura in seine Arme und küsste ihn verzehrend. Dieser hatte ursprünglich antworten wollen, doch die fleischigen Lippen des Pharaos ließen ihn jeglichen Widerstand vergessen. Ishizu musste schmunzeln, bis ihr Blick auf ihrem Bruder haften blieb, der ihr gegenüber sass und Shadi betrauerte. Sein Tod war ein herber Verlust.... aber wenn das Schicksal ihnen treu war, musste er nicht endgültig sein. Aus irgendeinem Grund ahnte sie, dass es für diese Liebe noch eine Chance gab....

Mein geliebter Feind

Und das letzte Kapitel! Nun ist die FF also auch auf animexx komplett! Ich danke an dieser Stelle allen, die sie gelesen haben und so geduldig waren, immer brav auf die neuen Teile zu warten! Denkt an mich, wenn Ihr Euch die Mumien-Filme anseht, okay? *zwinker*
 

Kapitel 30: Mein geliebter Feind
 

Eine Woche später hatte man wieder die Hauptstadt Ägyptens, Kairo, erreicht und die Freunde begrüßten sich unter dem Jubeln aller versammelter Medjai mit Umarmungen und Schulterklopfen. El-Bahr trat vor und verneigte sich vor den Japanern.

"Ihr habt euch den Dank und das Vertrauen meines Volkes erworben. Keine Worte der Welt genügen, um auszudrücken, was wir empfinden."

"Das ist sehr nett von Ihnen, El-Bahr. Aber dennoch haben wir einen Verlust zu beklagen." erklärte Yami und Marik schob sich in den Vordergrund des Geschehens, mit Shadis leblosem Körper auf den Armen. Die Züge des alten Mannes erstarrten zu einer bestürzten Maske.

"Oh Ra....das wusste ich nicht. Wer hat das getan?"

"Das war Anck-su-namun, aber das Schicksal hat sie bereits zur Rechenschaft gezogen", antwortete der Platinblonde mit einer ganz seltsamen, fremd klingenden Stimme. "Er war ein tapferer Krieger und verdient ein ehrenvolles Begräbnis."

"Nein. Er würde es verdienen, noch unter uns zu weilen. Aber wir können keine Seele aus der Welt der Toten zurückrufen...."

"Doch, vielleicht können wir das!" widersprach Joey und holte aus einer der Satteltaschen seines Kamels das Schwarze Buch hervor, das sie aus Hamunaptra mitgebracht hatten. Die Anwesenden sogen hörbar die Luft ein und El-Bahr nickte entschlossen.

"Ja....das wäre eine Möglichkeit. Aber wir benötigen einen Priester, der die Inschriften lesen kann und zugleich die Heilige Magie von einst in sich trägt...."

Bakura verdrehte die Augen gen Himmel, kletterte in das Luftschiff zurück, das in einiger Entfernung vertäut war, und kehrte mit einem Rucksack zu den Wartenden zurück. Er öffnete ihn und schüttete den Inhalt heraus: die sechs verbliebenen Millenniumsgegenstände.

"Wann....wann hast du....?"

"Allmählich sollte man meinen, dass du mich etwas besser kennst, Atemu!" bemerkte der Grabräuber säuerlich. "Erstens kann ich meine Finger nicht von Gold lassen....und zweitens stecken unsere Alter Egos immer noch dadrin fest, wenn ich dich daran erinnern darf! Ich war früher ein Meisterdieb! In dem ganzen Chaos war es kein Problem für mich, das Zeug zusammenzusammeln! Aber dass du mich immer noch unterschätzt....!"

"Pass bloß auf, dass du dich eines Tages nicht überschätzt!"

"Soll das etwa eine Drohung sein?"

"Nein, eine Prophezeiung!"

"Halt die Klappe!"

"Aton, du weißt doch, dass ich königlichen Geblüts bin, oder?"

"Natürlich."

"Dann hör auf, mich herumzukommandieren!"

"Ich geb's auf...."

"Wird auch Zeit, dass du endlich so etwas wie Vernunft annimmst."

Nachdem Bakura und der Pharao sich fertiggezankt hatten, nahmen sie das Puzzle und den Ring an sich und begrüßten ihre jüngeren Ebenbilder, die bei dem gesamten Abenteuer ein wenig ins Hintertreffen geraten waren. Kaiba angelte nach dem Stab und lächelte leicht, als er Seths Stimme in seinem Inneren hörte, die ihn zu ihrem Sieg beglückwünschte.

>>Danke, mein Freund. Aber jetzt brauche ich deine Hilfe.<< erläuterte er dem Hohepriester auf mentale Weise. >>Shadi ist getötet worden, doch da wir nun im Besitzt des Totenbuches sind, könnten wir ihn ins Leben zurückholen. Was sagst du?<<

>>Selbstverständlich. Es muss ihm vergönnt sein, diesem Triumph über das Böse beizuwohnen. Außerdem hält das Schicksal noch so viel für ihn bereit. Ist es dir aufgefallen? Osiris - Marik - ist von Trauer gebeugt. Ich glaube, er hat begriffen, wem sein Herz in diesem Leben gehört.<<
 

Damit wechselte Seth in den Körper des Firmenchefs und er befahl dem blonden Ägypter, Shadi vor ihm auf den weichen Sandboden zu legen.

Mit geschmeidigen Fingern klappte er das Schwarze Buch auf und suchte die entsprechende Seite, auf der die notwendigen Beschwörungsformeln eingraviert waren. Mit geschlossenen Augen, vollkommen versunken in seiner Trance und höchst konzentriert, murmelte er in einem sanften singenden Ton die rituellen Worte vor sich hin. Aus dem Buch quoll plötzlich eine merkwürdige, schwarze Gestalt hervor, die wie aus Wasser gebildet wirkte. Nach und nach materialisierte sich Shadis Gesicht und die Umstehenden erkannten, dass es sich hier um seine Seele handelte. Langsam schwebte sie auf ihre irdische Hülle zu und verschmolz damit, während Seth die letzten abschließenden Verse rezitierte. Nach der Zeremonie blieb es einen Moment gespenstisch still, als der vormals tote Körper sich regte und der Brustkorb sich zu heben begann. Marik rannte darauf zu und schlang seine Arme um die elegante Erscheinung, genau in der Sekunde, als der Schwarzhaarige seine dunkelblauen Augen aufschlug.

"Ma....Marik....?" flüsterte der Ältere schwach und verwirrt, unsicher, ob er gerade nicht einfach aus einem Traum erwachte oder etwas weit Schlimmeres hinter ihm lag. Sein Kopf schmerzte noch, aber allmählich erinnerte er sich wieder an das, was passiert war. Fragend blickte er hoch zu dem anderen, dessen Antlitz vor Liebe und Dankbarkeit leuchtete.

"Ja, ich bin gestorben....und das muss der Himmel sein...."

"Aber nein, du bist zurück in der Welt der Lebenden!" rief der Sechzehnjährige aus und kämpfte gegen seine Tränen an, Tränen, die diesmal aus reinem Glück geboren wurden und sein Herz ermatteten, als flössen all seine Gefühle mit ihnen über seine Wangen. "Der Oberpriester hat dich zurückgeholt. Das Schicksal ist so gnädig zu mir, mir noch eine zweite Chance einzuräumen. Ich habe endlich verstanden, was du mir tatsächlich bedeutest. Als ich dich verloren hatte, traf es mich wie bei einer Offenbarung....Kannst du mir meine Dummheit, meine Blindheit verzeihen, Shadi? Es tut mir so leid....Ich....ich liebe dich....vergib mir...."

Sein Jugendfreund konnte ihm nicht antworten. Er konnte kaum begreifen, wie dieses Wunder geschehen sein mochte, aber dieses Geständnis aus Mariks Mund bewegte ihn zutiefst. Seine Stimme verweigerte ihm den Dienst, so stark wogten die Emotionen in ihm....und so zog er den Jüngeren zu sich herunter und küsste sowohl zärtlich als auch fordernd und leidenschaftlich diese wundervollen Lippen. Ishizus Bruder ergab sich praktisch sofort; seine Sinne vernebelten unter dem Feuer, das sich einem Inferno gleich seinem gesamten Wesen mitteilte und ihn verzehrte. Erst als die Übrigen zu applaudieren anfingen, lösten sie sich keuchend voneinander. "Marik....sag mir, dass das kein Traum ist...."

"Das ist kein Traum, mein Liebster. Ich werde nie wieder an dem zweifeln, was ich für dich empfinde. Unsere Feinde sind vernichtet....und wir werden zusammenbleiben. Für immer."
 

El-Bahr klatschte immer noch in die Hände, während er sich mit einem strahlenden Lächeln, das sich über sein ganzes zerfurchtes Gesicht ausbreitete, an Joey wandte: "Ehrenwerter Jono - ich weiß nicht, ob es Euch recht wäre, aber....würdet Ihr unserer Verbindung beitreten? Sicher, Ihr lebt in Japan und werdet bei Seiner Exzellenz, Hohepriester Seth, Seiner Majestät dem Pharao und Euren Freunden bleiben wollen....dennoch würde ich mich sehr freuen, wenn der ruhmreichste Krieger aus unserer Ahnenreihe sich uns anschließen würde, und sei es nur formell."

"Das ist eine große Ehre für mich und ich erkläre mich damit einverstanden." Der alte Herr sprang vor Begeisterung in die Höhe wie ein junges Fohlen und schon bald hatte man eine provisorische Initiationsfeierlichkeit in die Wege geleitet. Der Blondschopf erhielt die Tätowierung ins rechte Handgelenk, die ihn als Medjai kennzeichnete und man schenkte ihm ein offizielles Beduinengewand und ein gebogenes Schwert. Die beiden kostbaren Bücher aus Hamunaptra wurden Eigentum des Museums für Ägyptische Geschichte, denn dort waren sie, unter den wachsamen Augen der Verbindung, am sicheresten aufgehoben. Die anfangs streng protokollgemäße Initiation verwandelte sich im Laufe des Abends in ein kleines Fest und als es am nächsten Tag Zeit war, sich auf Kairos Flughafen voneinander zu verabschieden, herrschte eine eher betrübte als fröhliche Atmosphäre vor.

"Hab vielen Dank für alles, Joey. Ich bedaure, dass wir uns nicht näher kennen gelernt haben, da wir einst die besten Freunde waren, aber...."

"Ich betrachte dich als meinen Freund, Marik. Du hast nun dein Glück gefunden und ich freue mich für dich. Wenn ihr hier je wieder Hilfe brauchen solltet, wegen Mumien, rachsüchtigen Göttern, verfluchten Untoten oder sonst irgendwas, du weißt ja, wo du mich erreichen kannst!"

"Ja, ich weiß es."

Ein paar Umarmungen gingen hin und her, bis man sich endlich zum Einchecken begab. Das Gepäck wurde verladen und die Maschine Richtung Tokyo rollte über die Startbahn. Odeon, Ishizu, ihr Bruder, Shadi und El-Bahr winkten wie wild und das Flugzeug hob ab. Ein aufregendes Abenteuer neigte sich seinem Ende zu....ein Abenteuer, das viele Veränderungen mit sich gebracht hatte....Liebende hatten einander gefunden. Ein jahrtausendealter Fluch war gebrochen worden. Neue und ehrliche Freundschaften hatten sich entwickelt. Ein einsames, erkaltetes Herz hatte gelernt, sich anderen zu öffnen und ihnen zu vertrauen, ohne es zu bereuen. Diese Menschen, die nun in ihre Heimat unterwegs waren, waren nicht mehr ganz dieselben wie zu Beginn der Geschichte....und genau das war vielleicht das größte Geschenk, das sie mit sich nahmen....
 

~~ Drei Jahre später ~~
 

Ein chromblitzender Wagen stoppte vor dem Tor der Kaiba-Villa. Die Autotür wurde schwungvoll geöffnet und zuerst schlüpfte ein Jugendlicher von ca. vierzehn Jahren heraus, mit einer langen schwarzen Mähne und blauen Augen. Er steckte in Jeans, einem gelben Muscle-Shirt und Turnschuhen und joggte auf die Einfahrt zu.

"Jetzt kommt schon, ihr Schlafmützen! Roland kann das Auto doch nachher in die Garage bringen! Ich will endlich an meinen Computer, um meine mails zu überprüfen! Und ich wette, auf meinem Handy sind eine Million Telefonanrufe und noch mehr SMS eingegangen! Warum durfte ich es eigentlich nicht mitnehmen?!"

Sein älterer Bruder Seto, einundzwanzig Jahre alt, seines Zeichens Leiter der Kaiba-Corporation und Gelegenheitsarchäologe, entstieg grummelnd dem fahrbaren Untersatz und erklärte: "Weil ich es nicht ausstehen kann, wenn dein Handy ständig klingelt, während wir unsere Ausgrabungen machen! Außerdem sind Ferien!"

"Na und?"

"Musst du denn unbedingt immer und überall erreichbar sein, sogar in Griechenland?"

"Ja, das muss ich! Und meine Stereo-Anlage hat mir auch gefehlt! Endlich kann ich mir wieder was Ordentliches reinziehen anstatt dieses unsägliche griechische Gedudel!"

"Ich bevorzuge dieses ,unsägliche griechische Gedudel', wie du dich ausdrückst. In Anbetracht deines Musikgeschmacks müsste ich genaugenommen verleugnen, mit dir verwandt zu sein."

"Ach Seto! Was gefällt dir denn nicht an Techno?"

"Vor allem gefällt mir nicht, dass du es aus Prinzip in voller Lautstärke hörst, dass die Wände wackeln und Joe und ich jedesmal das Gefühl haben, kurz vor einem Weltuntergang zu stehen. Musst du denn immer so aufdrehen?"

"Wenn ich nicht aufdrehe, gibt's kein richtiges Disco-Feeling!" erwiderte Mokuba gleichmütig und verschwand im Inneren des Hauses. Hinter dem Firmenchef tauchte sein Lebensgefährte Joseph Wheeler auf, von seinem Liebsten "Joe" genannt. Er hatte sein schulterlanges blondes Haar zu einem festen Zopf im Nacken zusammengebunden und grinste seinen Schatz vieldeutig an. "Ich weiß, ich weiß. Manchmal wünscht man sich, das mit der Pubertät würde noch ein paar Jahre warten, was?"

"Wohl wahr....Aber was wolltest du mir vorhin eigentlich zeigen?"

"He? Ach ja, richtig. Ich habe einige Internet-Recherchen betrieben und bin auf eine sehr interessante Sache gestoßen. Es soll in der Nähe von Luxor einen geheimen Tempel geben, der unter dem Sand der Jahrhunderte verborgen liegt. Und dort soll ein wertvolles Artefakt versteckt sein, das ,Auge der Kobra'!"
 

Während Joey weiter von seiner erstaunlichen Entdeckung berichtete, verfrachtete der Brünette ihr Gepäck in die Eingangshalle der Villa und unterbrach seinen Gegenüber: "Joe....ich weiß, was du jetzt denkst. Und die Antwort lautet nein! Wir sind gerade erst von unserem archäologischen Urlaub in Athen zurückgekommen!"

"Und genau darin besteht der Vorteil - wir haben schon gepackt!"

"Warum nennst du mir nicht einen guten Grund, Schatz?"

"Es ist doch nur ein Tempel....Darling." flüsterte der Blondschopf einschmeichelnd und zog seinem Geliebten langsam den eleganten Ledermantel von den Schultern. "Ein kleiner, hübscher, schmucker Tempel."

"Hm....so einer mit hohen Säulen und einer prächtigen Freitreppe, Fresken und Statuen....und wir sitzen auf den Treppenstufen, träumen in den Sonnenschein und trinken Cocktails...."

"Richtig. Klingt das nicht gut?"

"Zu gut. Wo ist der Haken?"

"Dort ist die angebliche Ruhestätte des Schlangengottes Apophis."

"Siehst du? Und schon hat die Sache einen Haken!"

Kaiba steuerte auf Mokubas Zimmer zu, der seinen Koffer unten gelassen und dafür seine Stereo-Anlage eingeschaltet hatte, um die beiden jungen Erwachsenen mit den aktuellen Techno-Charts zu berieseln.

"Mach dir keine Gedanken. Laut der Legende erwacht Apophis nur alle 6000 Jahre einmal!"

"Und wenn ihn niemand tötet, radiert er die ganze Welt aus!"

"Woher weißt du das?"

"Habe ich geraten! Ist doch immer die selbe Geschichte! Mokuba! Stell diesen infernalischen Lärm ab, sofort! Oder benutz wenigstens Kopfhörer!"

"Viele berühmte Männer haben bereits nach diesem Tempel gesucht, zum Beispiel Ramses der Zweite. Er ist mit über tausend Männern dorthin aufgebrochen...."

"....und nicht einen hat man je wiedergesehen."

"Ja, woher weißt du das?"

"Habe ich auch geraten."

"Also, jedenfalls wollte Ramses der Zweite das ,Auge der Kobra' finden, da es der Legende nach ewiges Leben verleihen kann. Und dann waren da natürlich noch Alexander der Große, Julius Cäsar...."

"....von dem hört man auch nichts mehr Neues!"

"....und Napoleon...."

"Ja, aber wir sind klüger als er....und größer!"

"Genau. Und deswegen werden wir den Tempel finden."

"Weil wir größer sind?"

Joey grinste breit und küsste seinen Seto liebevoll auf den Mund. "Nein. Weil wir Übung darin haben, uns übersinnlichen Kreaturen zu stellen."
 

"Ich könnte darauf verzichten, die Bekanntschaft von diesem Apophis zu machen."

"Ich dachte, du glaubst nicht an solche Dinge?"

"Fassen wir zusammen: Ich besitze ein Alter Ego aus der Vergangenheit, hatte ein früheres Leben und bin die Reinkarnation eines Hohepriesters. Mein Lebensgefährte ist die Wiedergeburt eines berühmten Kriegers und mein Freundeskreis besteht aus einem Pharao, einem Grabräuber, einem römischen Feldherren und einem Sklaven. Außerdem hatte ich es mit Mumien, Besessenen und Beduinen aus Sand zu tun und nicht zu vergessen mit einem größenwahnsinnigen, fünftausend Jahre alten Untoten und seiner Schwester. Offengestanden, das kann einen schon bekehren."

"Also kein Apophis?"

"Kein Apophis." meinte der Meisterduellant entschieden und sein Ton verriet, dass er keinerlei Widerspruch gestattete. Mokuba war dazu übergegangen, seine Umgebung nicht länger zu malträtieren und verwendete wie verlangt Kopfhörer, während das Paar einen Teil des Reisegepäcks ins Schlafzimmer trug. Der Blonde riss sämtliche Fenster auf und trat hinaus auf den Balkon, um die frische Luft bis tief in seine Lungen zu saugen. Seto folgte ihm und legte behutsam seine Arme um den kräftigen Oberkörper.

"Froh, wieder hier zu sein?"

"Ja. Domino City ist und bleibt mein Zuhause. Da fällt mir ein: Wir müssen uns beeilen, damit wir pünktlich sind! Yugi hat heute Geburtstag!"

"Die Feier habe ich völlig vergessen....haben wir denn überhaupt ein Geschenk?"

"Vorausschauend wie ich bin, habe ich natürlich daran gedacht, eines zu kaufen!"

"Gut zu wissen."
 

Yami holte gerade einen Kuchen aus dem Ofen, als Bakura in der Küche erschien und ihn auf die Wange küsste. "Du kannst backen?"

"Stell dir vor! Wo steckt denn das Geburtstagskind? Wir haben die Girlanden aufgehängt, den Tisch gedeckt und das Essen vorbereitet, aber Yugi lässt sich einfach nicht blicken!"

"Hmmm....er und Ryo machen im Moment ,Hausaufgaben'!"

"Warum betonst du das so komisch?"

"Weil Semesterferien sind, die Uni hat also geschlossen!"

Der Pharao hob eine seiner anmutig geschwungenen Augenbrauen und musterte den Grabräuber von Kopf bis Fuß. Ein Lächeln huschte über seine Züge.

"Ach so....diese Art von ,Hausaufgaben'....!"

Ihre Existenz als Geister lag nun schon drei Jahre zurück, seit El-Bahr sie aus Kairo angerufen und ihnen etwas sehr Wichtiges mitgeteilt hatte: Nämlich, dass die sieben vereinten Millenniumsgegenstände über die Macht verfügten, die durchsichtige Gestalt einer Seele in eine feste Form aus Blut, Fleisch und Knochen zu verwandeln und selbstredend hatten Bakura, Yami, Jono und Seth nicht lange gezögert. Die Geister von einst konnten jetzt ein normales Leben führen und waren unabhängig. Der ehemalige Anführer der Medjai und der Oberpriester weilten zur Zeit in den USA, um einen in ihren Augen neuen und modernen Brauch des 21. Jahrhunderts zu befolgen: Flitterwochen. Verheiratet im eigentlichen Sinne waren sie natürlich nicht, aber eine Liebe, die fünftausend Jahre Trennung überstanden hatte, rechtfertigte die Reise, wie auch das andere Paar aus dem alten Ägypten meinte, das sich Gedanken über einen ähnlichen Urlaub machte. Endlich beehrten auch Ryo und Yugi sie mit ihrer Anwesenheit.

"Alles Gute zum Geburtstag, Hikari! Hmmm....du siehst ein bisschen unordentlich aus. Steck das Hemd in die Hose, unsere Gäste müssen nicht wissen, was ihr beiden gerade getrieben habt!" Yugi errötete sichtbar und stopfte alles dorthin, wo es hingehörte. Seine kindliche Ausstrahlung hatte sich verloren, ebenso wie die des Weißhaarigen und sie glichen ihren Alter Egos nun wirklich in fast jeder Kleinigkeit. Unterscheiden konnte man sie allerhöchstens noch an der Kleidung und beispielsweise anhand der Tatsache, dass Ryo nach wie vor mit einem freundlichen Gesichtsausdruck herumlief, obwohl Aton der Ansicht war, er würde damit sein Äußeres verschandeln. Da klingelte es und Muto Junior öffnete.

"Happy Birthday, Kumpel!"
 

Hinter dem Blumenmeer, das zur Tür hereinkam, begrüßten ihn Duke und Tristan. Im Anschluss daran tauchten ebenso pünktlich Seto, Joey und Mokuba auf.

"Hallo, ihr alle! Nanu? Wo ist denn Serenity?"

"Mein Schwesterchen zieht gerade durch die Kaufhäuser von Domino, auf der Suche nach einem passenden Kleid für den Abschlussball ihrer Tanzschule! Deswegen lässt sie sich entschuldigen. Sie kommt später nach."

Kaiba musterte den Pharao zunächst verblüfft und hustete in seine Handfläche, als Yami ihm einen niederschmetternden Blick zuwarf.

"Stimm irgendwas nicht, Cousin?!" erkundigte er sich in halb ernstem, halb scherzhaftem Ton.

"Eine interessante Küchenschürze, Yami. Aus dem Sommerschlussverkauf, wie ich befürchte?"

"Was willst du eigentlich? Sie war billig!"

"So sieht sie auch aus."

"Ignorier die Blümchen doch einfach! Ich wolle eine ohne jegliches Muster, aber es gab keine mehr, nur noch die Ladenhüter! Und zum schmutzig machen taugt sie genug!"

Unter Gelächter eilte die Gesellschaft in den Garten, wo Großvater Muto am Grill stand und Würstchen briet. Man hatte ihn in die Geschehnisse von damals und das Geheimnis seines Enkels eingeweiht, denn die Existenz eines zweiten Yugi verlangte eine Erklärung. Man setzte sich auf die aufgestellten Bänke und ließ sich von dem alten Herrn mit allerlei Köstlichkeiten versorgen, bis den vormals so hungrigen Gästen nichts anderes übrig blieb, als stöhnend zu protestieren. Der Kuchen, nunmehr fertig glasiert und mit zwanzig Kerzen geschmückt, wurde als Nachtisch serviert. Es wurde gespeist und getrunken, die Gruppe unterhielt sich angeregt und als Serenity einige Stunden später eintrudelte, wollte sie unbedingt ihr Ballkleid vorführen. Mokuba beobachtete seinen großen Bruder während der gesamten Feier verstohlen aus den Augenwinkeln und lächelte zufrieden. Es stimmte - früher einmal hätte er für ein solches Beisammensein nichts übrig gehabt; er hätte die Nase gerümpft und sich darüber erhaben gedünkt. Vielleicht hätte er auch einfach nicht den Mut aufgebracht, sich der vergnügten Runde anzuschließen. Doch heute sass er mitten unter ihnen, beteiligte sich am Gespräch und lachte offen, ohne sich dessen zu schämen.

>>Du hast gelernt, deine eigenen Schwächen zu akzeptieren, Onii-san....den Menschen anzunehmen, der du bist. Deine Einsamkeit und deine Angst vor Vertrauen liegen hinter dir.... du verdankst das Joey und seinen Freunden, und du weißt das.<<
 

Tristan und Duke verschwanden im Haus, um etwas Naschwerk und Knabberzeug zu holen, und während der Brünette im Regal nach der Chipstüte angelte, meinte der Dungeon-Dice-Erfinder: "Hättest du jemals gedacht, dass Seto eines Tages zu uns gehören würde?"

"Nein. Aber das war, bevor die Geschichte mit Imhotep anfing. Hättest du jemals gedacht, dass du eines Tages ,Seto' zu ihm sagen würdest, ohne von ihm gevierteilt zu werden?"

"Auch wahr. Übrigens, Tris....?"

"Ja?"

"Wir alle haben jetzt unsere kompletten Erinnerungen zurück. Ich weiß endlich, was aus Dukedas' Schwester geworden ist, von der er getrennt wurde....und wie du zu der Millenniumskette gekommen bist. Es war während Tristanus' diplomatischer Mission in Ägypten....ich besichtigte den Tempel des Amun-Ra, als ich einer jungen Priesterin begegnete. Wir waren uns sympathisch und wir freundeten uns an. Da ich lange nicht mehr in Alexandria gewesen war, bot sie sich an, mir zu zeigen, was sich verändert hatte. Ihr Name war....Mana."

"Mana? War sie nicht ein Mitglied des Kreises der Sieben Hüter?"

"Genau. Ich - Dukedas - fragte sie nach ihrem bisherigen Leben und wie sie Priesterin geworden war....und ihr Schicksal war, was ihre Familie und ihre Aussetzung betraf, völlig identisch mit dem meinen. Ich sprach meine Vermutung ihr gegenüber nie aus, aber ich erzählte ihr von mir und meinen Gefühlen für dich...."

"Ich erinnere mich. Bei der ersten Schlacht gegen den Skorpionkönig hast du mir die Kette umgehängt und gesagt, sie würde mich beschützen....soll das heißen....Mana hat....?"

"Sie hat sie mir gegeben, ja. Das war im Grunde ein Frevel, aber ich glaube, tief in ihrem Herzen ahnte sie es, ebenso wie ich....sie ahnte, dass ich ihr älterer Bruder war....und sie wollte mir irgendwie....helfen. Möglicherweise wusste sie durch die Magie der Kette, dass du sterben würdest, und sie hoffte, mir auf diese Weise deinen Verlust ersparen zu können...."

"Duke...." sagte Tristan zärtlich und hob das Kinn des Schwarzhaarigen behutsam an, "Sei nicht traurig. Mein Tod war Schicksal und dagegen hätte auch die Macht der Artefakte nichts ausrichten können. Und warum Trübsal blasen? Jetzt bin ich doch bei dir....und ich werde dich nie wieder allein lassen!"

Damit drückte er seinem Liebsten einen innigen Kuss auf die schönen Lippen und Duke seufzte glücklich auf. Es spielte keine Rolle, ob Rom, Alexandria oder Domino City....seine Heimat war der Ort, an dem auch Tristan war....(siehe Kapitel 20)
 

Als der Abend dunkler geworden war, wurden Lampions angezündet, die den Garten in ein verzaubertes Licht tauchten. Leise Musik wurde eingespielt und Yami und Bakura tanzten eng umschlungen im romantischen Glanz der Lampions und des Mondes, der silberne Kringel auf die Erde malte. Yugi und Ryo sassen aneinander gekuschelt auf dem Boden, eingewickelt in zwei Decken und tauschten süße Küsse aus, während Mokuba und Serenity Großvater Muto in der Küche beim Abspülen zur Hand gingen. Als das Lied endete, entfernten sich der Pharao und der Grabräuber in Richtung der kleinen Laube, die sich in einer abgeschirmten Ecke des Gartens erhob. Der Dieb war sehr schweigsam und Atemu wunderte sich darüber.

"Stimmt etwas nicht, Liebster? Du wirkst irgendwie....bedrückt."

"Nein, es ist nichts. Es scheint mir....alles seltsam unwirklich. Ich sitze nun hier, du an meiner Seite, und die Gefahr ist gebannt....ich kann kaum fassen, dass unser verzweifelter Kampf schon drei Jahre her ist....Werde ich sentimental?"

"In so einer verträumten Atmosphäre kann das sogar dir passieren!" neckte ihn der Bunthaarige und schmiegte sich an ihn. "Wir haben ein neues Leben begonnen....und dieses Leben möchte ich mit dir teilen, denn damals wurden wir viel zu früh auseinander gerissen!"

"....Du hast recht. Wir bleiben zusammen. Ich habe dir einmal versprochen, dich niemals allein zu lassen. Diesmal....werde ich mein Versprechen halten."

Und wo hielten sich Joey und Seto indessen auf? Die beiden standen auf dem Balkon, der zum Gästezimmer gehörte, in dem Ryo normalerweise schlief und betrachteten den Nachthimmel. Der Firmenchef erklärte dem Jüngeren ein paar Sternbilder und dieser erzählte ihm im Gegenzug eine alte Sage über Perseus und Andromeda, die ebenfalls am Firmament leuchteten.

"Seto?"

"Hm?"

"Bist du glücklich?"

Eine lange Stille antwortete dem Blonden und seine braunen Augen wanderten neugierig zu dem Jungmillionär hinüber, der eine Weile stumm darüber nachgrübelte.

"Ich bin lange unendlich einsam gewesen, Joe. Ich fürchtete mich davor, anderen zu vertrauen und mich ihnen zu öffnen. Ich habe mein Herz ignoriert, als wäre es eine Krankheit, die man nicht wahrhaben will, habe mich hinter meiner Arroganz und meiner Kälte versteckt, obwohl mir das nur noch mehr Kummer bereitete. Glücklich bin ich erst, seit es mir vergönnt war, deine Liebe zu gewinnen. Du hast mir zu meinem Glück verholfen. Du, der du dir von mir nie etwas hast bieten lassen. Du, der du nie klein beigegeben hast, egal, wie oft ich dich gedemütigt habe. Du, der du frech und impulsiv warst. Du, dessen Temperament und Stolz mich reizten. Du, der du mein ewiger Rivale gewesen bist. Dir habe ich es zu verdanken...." Er schloss seine Arme um Joey und küsste ihn voller Zärtlichkeit. "....mein geliebter Feind."
 


 


 

ENDE
 

*schnüff* - es ist vorbei! Noch einmal vielen Dank an alle meine Leser! *Alle umarmt* Eure Autumn



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Kommentare zu dieser Fanfic (117)
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Von:  Lunata79
2015-06-01T18:35:46+00:00 01.06.2015 20:35
Wieder eine Wahnsinns-FF von dir, die ich gefunden habe.
Spannung pur, bis zum Schluss hin. Einfach toll. Ich liebe deinen Schreibstil.

Lg
Lunata79
Von:  jyorie
2013-03-26T20:48:27+00:00 26.03.2013 21:48
Hi ~.*

was ein schönes Ende, das hat mir sehr gut gefallen. Vor allem weil
alle glücklich sind, aber ich hab auch schmunzeln müssen, weil Aton
noch die Millenniumsgegenstände eingesackt hat *ggg*

Find ich sehr gut, dass du alle Glücklich gemacht hast und sogar Shadi
zurück holen konntest, für irgendwas muss das Buch ja gut sein^^

Tolle FF, hat mir echt viel Spaß gemacht !!

CuCu Jyorie

Von:  jyorie
2013-03-26T15:22:41+00:00 26.03.2013 16:22
Hi ~.*

boahhh das war echt total spannend und sie haben es gepackt,
jetzt bin ich echt erleichtert!!! Die ersten die es geschafft haben
diese Stadt zu überleben *ggg*

Malik hat noch hoffnung?? Da bin ich aber gespannt :D

CuCu Jyorie

Von:  jyorie
2013-03-25T16:29:01+00:00 25.03.2013 17:29
Hi ~.*

was ein tragischer Kampf, mir tut Malik so leid, das er erst gesehen hat, was er für Shadi empfindet, als es zu spät ist. Ich hoffe die Freunde kommen da noch raus und können sich retten, jetzt geht es ja „nur“ noch um die Flucht … aber die wird wohl auch noch schwer genung und sie ist keinem zuvor gelungen. Ich drücke die Daumen.

CuCu Jyorie

Von:  jyorie
2013-03-25T16:28:54+00:00 25.03.2013 17:28
Hi ~.*

fast gepackt, fast haben sie endlich ihre Verfolger erreicht und sie stellen können, jetzt wird es schwer, Imothep wird sicher nicht klein beigeben und er hat ja immer noch die beiden Geiseln in seiner Gewalt.

CuCu Jyorie

Von:  jyorie
2013-03-24T21:32:50+00:00 24.03.2013 22:32
Hi ~.*

XD finde ich witzig, das du gerade
vor diesem Kapitel Urlaub erwähnst,
ich bin nämlich ebenfalls gerade am
Kofferpacken.. ^^

ich finde es toll, das Atemu einen weg
gefunden hat, Nachrichten zu überlassen
hatte mich nämlich gefragt, wie das aus
einem fahrenden Zug heraus gehen soll.
hi hi (daran das der Zug auch mal hält hab
ich natürlich nicht gedacht :( *wähh*)

CuCu Jyorie

Von:  jyorie
2013-03-24T21:32:18+00:00 24.03.2013 22:32
wie gemein ... noch kein Kommi auf dies Kapitel ...




Hi ~.*

Ahhh :) wie niedlich :) als sich Bakura
und yami in bekleitung ihrer Wirte
wieder getroffen haben :))))

Oh nein *lacht* Bakura wird auf
Kamelen seekrank ... Da hat er
Scheinbar mit dem Luftschiff doch die
bessere Wahl erhalten >.<

Hm... Bin mal gespant, was sich yami
ausgedacht hat, um seinen Freunden
etwas mitzuteilen :)

CuCu Jyorie

Von:  jyorie
2013-03-24T21:31:55+00:00 24.03.2013 22:31
Hi ~.*

Juhu ... Wieder etwas aus Ägypten :()
Atemu und Bakura waren toll, wie er ihn
Gerettet hat, wie du erzählt hast das er
Nicht vor atemus macht zitterte, und
auch das er der einzige ist dem sich atemu
von sich aus hingeben würde.

*schüff* und dann wie Duke den ersten
Schritt getan hat, um Tristan näher zu
kommen, und das es nicht sein Herr war,
der es eingefordert hat.

>.< und zuletzt noch Seth und jono, die
Übereinkommen und die Liebschaft des
Pharao decken

<3

CuCu Jyorie

Von:  jyorie
2013-03-22T11:08:17+00:00 22.03.2013 12:08
Hi ~.*

Jetzt ist auch noch Atemu verschleppt worden? Oh nein und das
was du über den Armreif erzählt hast, schmeckt mir auch nicht,
Yami schwebt in größter Gefahr.

Was du sehr, sehr gut beschrieben hast, waren die Gefühle die
Marik und Shadi haben. Auch die Beschreibung von Bakura im
Mondenschein und Atemus Begeehren war toll in Worte gefasst.

CuCu Jyorie

Von:  jyorie
2013-03-21T17:24:14+00:00 21.03.2013 18:24
Hi ~.*

*brrr* dieser Imotheph ist ja ungemein gefährlich und wenn er noch mehr
Macht bekommt … nicht auszudenken, was dann alles passieren könnte.
Joey hat sich also umsonst geopfert. Aber wer selbst Ehrenhaft ist, denkt
halt nicht daran, das es andere nicht sein könnten. *beeil dich Seto!*

CuCu Jyorie



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