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Seelenschatten

wenn das Dunkel sich erhebt
von

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Rettung aus dem Ligusterweg

Behind Blue Eyes (Limp Bizkit)
 

No one knows what it's like

To be the bad man

To be the sad man

Behind blue eyes

And no one knows

What it's like to be hated

To be fated to telling only lies
 

No one knows what its like

To be mistreated, to be defeated

Behind blue eyes

No one knows how to say

That they're sorry and don't worry

I'm not telling lies
 

Rettung aus dem Ligusterweg
 

Als Harry aus dem Fenster sah, seufzte er leise und blickte dann wieder auf die Geburtstagskarten, die vor ihm auf dem Schreibtisch lagen. Er öffnete eine davon, obwohl er sie wohl schon tausend Mal gelesen hatte. Es war die von Hagrid. Er gratulierte Harry ganz herzlich in seinem und Madame Maximes Namen. Er hoffte, es gehe Harry gut, er solle sich von seinen Verwandten nicht ärgern lassen und Hagrid hätte schon tolle Ideen, was er nach den Ferien mit ihnen im Unterricht machen wollte. Leider könne er noch nicht mehr verraten.
 

„Super!“, dachte Harry. „Nur ein Brief und dann noch einer, der mich hoffen lässt, im nächsten Jahr doch mal ein oder zwei Finger in ´Pflege magischer Geschöpfe` einzubüßen.“
 

Die anderen Briefe waren nicht besser gewesen und noch nicht einmal ein Geschenk hatten sie diese Mal dazu gelegt. Warum nur hatten Ron und Hermine seit seinem Geburtstag nicht mehr geschrieben? Oder Dumbledore? Oder irgendjemand vom Phönix-Orden? Lupin… Tonks… ja sogar ein Brief von Snape wäre besser gewesen als gar nichts.
 

Er dachte kurz nach.
 

Naja, vielleicht auch nicht. Ihn schauderte jetzt schon, wenn er an das bevorstehende Schuljahr dachte. Nach den Erlebnissen mit dem Blick in die Vergangenheit seines Zaubertränke-Lehrers, wollte sich Harry lieber nicht ausmalen, was jetzt noch kam. Aber vielleicht würde er ihn weiter ignorieren, wie er es in den wenigen Stunden vor den Ferien getan hatte. Ihm blieb nur übrig auf genau das zu hoffen. Es waren nur noch zwei Tage, dann würde er wieder ach Hogwarts zurückkehren und die Dursleys, bei denen er jetzt lebte, für ein weiteres Jahr hinter sich lassen. Er konnte sich nicht entscheiden, was schlimmer war.
 

Plötzlich klingelte es an der Tür. Harry sah auf und hörte kurz drauf seinen Cousin Dudley die Treppe hinunterstürzen. „Ich mach schon auf!“, grölte er. Als wenn man das nicht sowieso schon wusste, nachdem das ganze Haus unter seinem Gepolter dröhnte.
 

Leise Stimmen, die mit einem Mal laut wurden drangen durch die halb geöffnete Tür. Dann schrie Onkel Vernon: „JUNGE! Komm sofort runter, du hast Besuch!“
 

Erstaunt erhob Harry sich und ging die Treppe hinunter. Als er die Tür ins Blickfeld bekam, machte sein Herz einen freudigen Sprung. Vor der Tür stand ein ihm wohl bekanntes Mädchen, das ihn unter einer üppigen, braunen Haarmähne heraus freudig anstrahlte. Bevor er sich versah, waren ihm Mädchen und Mähne bereits um den Hals gefallen. Ein wenig peinlich berührt schon Harry Hermine wieder von sich und ignorierte dabei stoisch den spöttischen Blick seines Cousins.

„Was machst du denn hier?“, raunte er ihr halblaut zu.

Hermine grinste jedoch nur, zwinkerte ihm verschwörerisch zu und richtete sie ihre Aufmerksamkeit wieder auf Onkel Vernon. „Meine Eltern haben noch einige Besorgungen zu machen und würden uns in einer Stunde abholen. Wäre Ihnen das recht?“
 

Onkel Vernon sah Hermine immer noch misstrauisch an, als erwarte er, dass sie jeden Moment den Zauberstab zückte und ihn in eine Kröte verwandelte. Sein Walross-Schnauzbart bebte vor Empörung. Doch Hermine lächelte nur und versuchte so unschuldig wie möglich auszusehen. Harry kannte das von ihr, wenn sie mal wieder etwas ausgefressen hatten und von einem Lehrer erwischt wurden. Es war unwahrscheinlich wie gut sie schauspielern konnte.
 

Onkel Vernon öffnete den Mund, klappte ihn wieder zu um dann schließlich doch ein gebrummtes „Also schön.“, von sich zu geben. „Aber wenn hier irgendwelche Autos herumfliegen oder ich nur eine einzige Eule zu Gesicht bekomme, bleibt der Junge hier.“
 

Doch Hermine setzte ein ernstes Gesicht auf. „Mister Dursley, da kann ich sie beruhigen. Meine Eltern sind ganz normale Mu… ich meine Menschen. Sie können nicht…ähm…“

Harry warf ihr einen beschwörenden Blick zu. Nur nichts erwähnen, was irgendwie nach „zaubern“ klang.

„Meine Eltern sind Zahnärzte.“, vollendete sie schließlich den Satz. „Sie fahren einen Volkswagen und wohnen in einer Vier-Zimmer-Wohnung im westlichen London.“
 

Damit schien Onkel Vernon zufrieden zu sein, denn er drehte sich einfach um und ließ die drei Jugendlichen im Flur stehen. „Aber ich biete ihnen nichts zu trinken an.“, murmelte er noch und schloss dann die Tür zum Wohnzimmer hinter sich.
 

Dudley grinste und sah zwischen Harry und Hermine hin und her. „Ist das deine Freundin?“, fragte er dann und sein Grinsen zog sein fettes Gesicht noch stärker in die Breite.
 

„Du spinnst… „ wollte Harry schon auffahren, doch Hermine unterbrach ihn. Sie stellte sich vor Dudley hin und lächelte zuckersüß. „Aber ja. Und du musst Dudley sein. Ist ja nicht möglich, aber du bist noch bescheuerter, als ich es nach Harrys Erzählungen für möglich gehalten habe.“ Dann drehte sie sich um und fügte noch hinzu. „Ich bin übrigens Klassenbeste in Verwandlung in Hogwarts. Wenn es dich also nicht stört, dich eventuell in einen Frosch zu verwandeln, lass dich nicht aufhalten, mir auf die Nerven zu gehen.“
 

Dudley schluckte. „D-das darfst du gar nicht. Du darfst das nicht. Ich weiß das.“, stotterte er, doch trotz seines Einwandes war alle Farbe aus seinem Gesicht gewichen.
 

Hermine warf ihm einen abschätzigen Blick zu. „Woher willst du wissen, dass ich nicht schon volljährig bin und es somit doch darf. Außerdem hat Harry letztes Jahr auch gezaubert und ihm ist nichts passiert. Willst du es drauf ankommen lassen, Dudley?“ Sie griff in ihre Jackentasche als hätte sie dort eine Waffe versteckt.
 

Harrys Cousin krächzte etwas Unverständliches und hastete dann mit einer, für seine Körperfülle recht erstaunlichen Geschwindigkeit die Treppe hinauf. Harry hörte, wie sich der Schlüssel in der Zimmertür zweimal drehte. Dann sah er Hermine an, die sich vor Lachen fast am Treppengeländer festhalten musste. „Ist der wirklich so dämlich oder nur ein begnadeter Schauspieler, Harry?“, fragte sie dann, als sie sich einigermaßen wieder beruhigt hatte.
 

„Nein, das ist alles echt.“, grummelte Harry finster. „Aber was machst du hier. Und warum kommen deine Eltern nachher hierher?“
 

„Ach ja, das hatte ich fast vergessen. Du musst deine Sachen packen. Wir kommen dich hier rausholen.“ Sie machte eine Schritt auf ihn zu und umarmte ihn noch einmal „Und Herzlichen Glückwunsch nochmal zum Geburtstag, Harry. Ron kann es schon gar nicht mehr erwarten, bis du dein Geschenk siehst. Er ist aufgeregter als du, obwohl er doch schon weiß, was es ist.“
 

Harrys Laune besserte sich ein wenig. „Und das sagst du erst jetzt? Ich bin sofort fertig. „Er wollte die Treppen hinauf stürzen, wartete dann aber, bis Hermine ihre Jacke aufgehängt hatte und ihm folgen konnte. Oben angekommen, blieb er an der Tür seines Zimmers stehen. „Es ist aber nicht aufgeräumt.“, warnte er Hermine noch vor, doch die kümmerte sich überhaupt nicht darum. „Ich war schon in eurem Schlafsaal“, erinnerte sie ihn. „Da sieht es auch immer aus wie Kraut und Rüben. Oder in Rons Zimmer. Dagegen ist es hier fast sauber.“
 

Sie schob ein paar Kleidungsstücke auf dem Bett zusammen, unter denen Harry auch einige Teile benutzter Unterwäsche erkenne konnte, und setzte sich. Er hingegen wurde knallrot, sagte aber nichts, sondern nahm den Stapel und feuerte ihn einfach in den Kleiderschrank. Dann fiel ihm ein, dass er ja packen sollte, und er öffnetet den Schrank mit einem Seufzer wieder.

„Warum könnt ihr mich nicht mal vorwarnen.“, murrte er und zog den Koffer unter dem Bett hervor. „Jedes Mal die selbe Tour. Ich stehe da, nichts ist fertig und ich hab nur ne Stunde Zeit zum Packen.“
 

„45 Minuten“, berichtigte ihn Hermine und wollte sich wieder erheben. „Soll ich dir helfen, Harry?“
 

„NEIN!“, rief er entsetzt. Das hatte ihm gerade noch gefehlt, dass Hermine in seiner nicht ganz frischen Wäsche herumfuhrwerkte. Sein Blick fiel auf den Schreibtisch, auf dem sich die Bücher und Pergamentrollen nur so stapelten. „Oder vielleicht doch. Du könntest meine Schulsachen zusammensuchen. Da kennst du dich am besten aus.“
 

Sie nickte nur und begann das Chaos auf dem Schriebtisch zu sichten. Er wandte sich wieder seinem Kleiderschrank zu und tatsächlich hatten sie nach einer halben Stunde alles eingepackt. Hedwig klapperte nach Aufmerksamkeit heischend mit dem Schnabel.

„Du solltest sie vielleicht lieber fliegen lassen, Harry. Sie sieht nicht sehr glücklich aus.“
 

„Würde ich ja gerne, aber dann kriegt Onkel Vernon einen Anfall und ich muss ganz hier bleiben. Oder in dieses Heim für schwererziehbare Jungendliche, von dem er immerzu faselt.“ Harry ließ sich auf Bett fallen. „Wie war dein Sommer?“
 

„Och, nicht besonders spannend. Wir haben zwei Wochen Urlaub in Schottland gemacht. Meine Eltern stehen auf Schottland. Du weißt schon, Nessie und der ganze Quatsch. Mich würde mal interessieren, ob da nun wirklich was dran ist. Wenn wir wieder in Hogwarts sind muss ich mal…“
 

„Lass mich raten: In die Bibliothek gehen?“, lachte Harry. „Aber du warst doch da. Hast du nichts gesehen.“
 

Hermine guckte ihn zweifelnd an. „Selbst wenn dort ein magisches Geschöpf haust, würde es wohl kaum so dumm sein, den Kopf mitten am Tag aus dem Wasser zu strecken, wenn dreihundert Muggel nur darauf warten Fotos von ihm zu machen. Als ehrlich, Harry. Manchmal glaube ich, du hältst die ganze Sache mit der Geheimhaltung für einen Witz.“
 

Er sah auf den schmuddeligen Teppichboden und schwieg. Ausgerechnet er sollte über diese Sache lachen? Er hatte schließlich am meistens unter diesem Zwang zu leiden gehabt. Er war es doch, der hier den ganzen Sommer über im blöden Ligusterweg festsaß und von der übrigen Zauberwelt völlig abgeschnitten war. Sicher kannte er jetzt den Grund dafür, aber das machte das Zusammenleben mit den Dursleys nicht unbedingt einfacher.
 

Sein Pate war eine Chance gewesen, dem Ganzen zumindestens ein paar Tage des Sommers zu entfliehen. Doch er war tot und Harry wieder völlig alleine. Er war schwer, von etwas Abschied zu nehmen, was man nie richtig gehabt hatte du das nach seinem Verschwinden nur ein unbestimmtes Gefühl der Leere zurückließ.
 

Hermine schien seine verbitterte Mine gesehen zu haben. „Entschuldige.“, sagte sie leise. „Wie geht es dir eigentlich?“
 

Harry antwortete nicht gleich, denn er wusste nicht was er sagen sollte. Die einfache Antwort wäre „gut“ gewesen, doch das wäre eine Lüge. Die richtige Antwort hätte „mies“ lauten müssen, doch dann hätte er erklären müssen warum. Und dazu hatte er keine Lust. Er war sich ziemlich sicher, dass Hermine, so gerne er sie auch hatte, seinen Schmerz nicht nachvollziehen können würde. Sie hatte schließlich nicht mit ansehen müssen, wie ihr Pate durch diesen schrecklichen Vorhang verschwand. Immer wieder hatte er in diesem Sommer wachgelegen und überlegt, ob es wohl einen Weg zurückgab, von dem noch niemand wusste. Irgendwann hatte er diese Idee aufgegeben, weil sie ihn mehr aufregte denn beruhigte. Es war so ungerecht… Doch all das wollte er Hermine nicht erzählen. Also entschloss er sich zu einem halbherzigen „Es geht so. Lass uns über was anderes sprechen, ja?“
 

Hermine nickte. Sie sah ebenfalls bedrückt aus. Eine Weile schwiegen die beiden, bis Hermine sich schließlich zu einem aufmunternden Lächeln durchrang.

„Du kannst dich aber schon mal auf dein Geschenk freuen, Harry.“, sagte sie. „Du wirst Augen machen.“

Dann sah sie auf ihre Armbanduhr. „Wir müssen runter, sie kommen gleich.“
 

Die beiden schleppten Harrys Koffer zur Haustür, öffneten sie und setzten sich im warmen Sonnenschein auf die kleine Treppe davor. Als vor dem Haus ein Wagen hielt, stand Hermine auf und ging zum Tor. Sie begrüßte eine unscheinbare Frau Ende dreißig und einen seriös wirkenden Herren in etwa demselben Alter. Harry stand auf und schüttelte beiden die Hand, als sich auch schon die Tür öffnete und Onkel Vernon gefolgt von Dudley aus dem Haus trat.
 

Er wischte sich möglichst unauffällig die Hand an der Hose ab und begrüßte die Grangers mit einem derart übertriebenen Lächeln, das sich Harry auf die Lippe beißen musste um nicht laut loszulachen. Offensichtlich verfügte Hermines Vater jedoch über eine bessere Menschenkenntnis, als Onkel Vernon glaubte. Nach einem kurzen Gespräch verabschiedete er sich höflich aber bestimmt von dem schnauzbärtigen Mann, der so eben anfangen wollte, mit ihm über seine Weisheitszähne zu philosophieren.
 

„Nur weg.“, wisperte er den beiden Jungendlichen zu und wuchtete Harrys Gepäck in den Kofferraum eines schon etwas betagten Passats. Hedwig quetschte er ganz selbstverständlich auf den Rücksitz, ohne nur ein einziges Mal was über die herumfliegenden Federn zu sagen. Schließlich verabschiedete auch Harry sich kurz von seinem Onkel und seinem Cousin und stieg mit Hermine zusammen ein. „Nur weg!“, dachte auch er und schien sich da mit der gesamten Familie Granger ziemlich einer Meinung zu sein.
 

Als sie aus dem Ligusterweg heraus fuhren, sah er, dass sein Onkel auf der Straße stand und sich offensichtlich überzeugen wollte, dass der Wagen nicht zu guter Letzt doch noch abhob. Gegönnt hätte Harry es ihm. Aber nichts passierte und sie fuhren wie ganz normale Leute in einem ganz normalen Auto durch Little Whinging. Ganz und gar nicht normal, war jedoch das Gesprächsthema im Inneren.
 

Hermines Mutter war sehr interessiert an Harry und seinen bisherigen Erlebnissen, dass Hermine ihre Mutter irgendwann genervt unterbrach. „Mama!“, warf sie ärgerlich ein. „Lass Harry doch mal ein bisschen durchatmen. Schließlich haben wir ihn mal wieder von jetzt auf gleich entführt.“
 

Da schlug Hermines Vater vor, doch schon mal ein bisschen „vorzufeiern“ wie er es nannte und dabei den anderen vielsagende Blicke zuwarf. Verständnislos sah Harry Hermine an, doch die schüttelte nur den Kopf. „Das wird ne Überraschung. Du wirst es abwarten müssen.“
 

Nachdem sie einige Zeit später in einem dieser knallbunten "Fress-Tempel" ihre Bestellung aufgegeben und einigermaßen unbeschadet zu einem der Plastiktischchen bugsiert hatten, konnte Harry Hermine dabei beobachten, wie sie mit voller Inbrunst in einen der pappigen Hamburger biss.
 

„Ausgerechnet du magst Junk-Food?“, grinste Harry hinter einem großen Milchshake hervor zu Hermine hinüber.
 

„Naja, man kann nicht immer nur vernünftig sein.“, gab sie ein wenig ertappt zurück. „Außerdem sind das jede Menge Suchtstoffe drin und hinter der Zusammensetzung eines Hamburgers steht eine mehrseitige, psychologische Studie über die Wirkung von …“
 

„Hermine!“, unterbrach Harry ihren Redefluss. „So genau will ich das gar nicht wissen. Lass es dir doch einfach schmecken.“
 

Er bedankte sich mehrmals bei Hermines Eltern, die ihn großzügigerweise eingeladen hatten und dann fiel er pappsatt auf den Rücksitz des Passats. „Bis jetzt war´s der beste Tag seit langem. Was kommt jetzt?“ Denn offensichtlich war Hermine nicht gewillt mehr zu verraten als unbedingt notwendig. Wieder mal.
 

„Wir fahren erstmal zu uns.“, gab sie jedoch unbeteiligt zurück und grinste, als sie sein frustriertes Gesicht sah. „Du wirst es schon noch erfahren. Alles zu seiner Zeit, Harry Potter.“

„Ich weiß, wie ich heiße.“, fuhr er sie an. Im selben Moment tat es ihm auch schon wieder leid und er fühlte sich genötigt, seine Reaktion zu erklären. „Tut mir leid, aber diese Ungewissheit macht mich noch wahnsinnig. Es ist genau wie letztes Jahr. Nur dass wir diesmal schon wissen, dass Voldemort wieder da ist.“ Als er jedoch die besorgten Blicke der Erwachsenen aus dem vorderen Teil des Autos sah, verstummte er. Warum musste er auch gerade jetzt daran denken. Er hatte und war nicht mehr bei den Dursleys. Aber anstatt sich zu freuen, meckerte er wider nur rum.
 

Doch Hermine schien nicht böse zu sein. Ein wenig mitleidig blickte sie über Hedwigs Käfig zu ihm herüber, was ihn komischerweise nicht be-, sondern im Gegenteil noch mehr aufregte. Der so eben gegessene Hamburger zog sich in seinem Magen zu dem Pappmacheeklumpen zusammen, der er bei objektiver Betrachtung wahrscheinlich auch war, und versuchte krampfhaft wieder ans Tageslicht zu kommen. Harry schluckte angestrengt, denn er wollte sich ganz bestimmt nicht auf diese Weise wieder von dem Teil trennen, doch Hermines Mutter sah sofort, dass es ihm nicht gut ging.
 

„Ist dir schlecht, Harry?“, fragte sie besorgt.

„Ein bisschen. Ich bin so reichhaltige Kost nicht gewöhnt.“, redete er sich heraus, was eigentlich noch nicht einmal gelogen war. Tante Petunia zwang ihn immer noch Dudleys Diät mitzumachen. Die besuchte an diesem Tag sogar einen speziellen Kochkurs, deren Ergebnis Harry immer vorkosten durfte. Die letzten Wochen waren grausam gewesen. Kein Mensch konnte wirklich „Gedünstete Möhren an roten Linsen mit Tofuwürstchen“ essen wollen.
 

Er hätte besser nicht daran denken sollen, denn das machte alles nur noch schlimmer, so dass ihn Hermines Mutter in der Wohnung der Grangers sofort ins Bett steckte. Er schlief fast sofort ein.
 

Alpträume plagten ihn, in der ein lachender Hamburger immer wieder mit seinem Paten Sirius Black, um den Steinbogen n der Mysteriums-Abteilung des Ministeriums für Zauberei tanzte und aus vollem Halse die Schulhymne von Hogwarts sang. Harry wollte dieses irre Schauspiel unterbrechen, aber er steckte bis zum Bauch in einem riesigen Milchshake und konnte sich nicht rühren.
 

Schweißgebadet wachte er auf. Draußen dämmerte es bereits und Hermine saß an seinem Bett. "Hey, das wird aber auch Zeit. Wir wollten schon alles absagen."

„Was absagen?“, nuschelte er verschlafen und griff nach seiner Brille.
 

„Ne deine Nach-Geburtstags-Party, du Clown.“, lachte Hermine. Auf sein verblüfftes Gesicht fügte sie hinzu: „Nun mach schon, wir müssen los. Fred und George erwarten uns schon. Sie haben sich alle Mühe mit den Vorbereitungen gegeben. Ich wäre also vorsichtig, was du isst. Nicht dass sie wieder Kanarien-Creme irgendwo untergemischt haben.“
 

Harry sah sie an, als hätte sie soeben erzählt, Voldemort stehe persönlich vor der Tür. Doch dann fasste er sich. „Eine Geburtstag-Party?“, meinte er immer noch zweifelnd. Eigentlich war ihm gar nicht nach Feiern. Immerhin war sein Geburtstag schon eine ganze Weile her. Außerdem schwankte sein Magen immer noch bedenklich, so dass die Aussicht auf Punsch, Kuchen und Würstchen im Schlafrock nicht unbedingt verlockend war.
 

Hermines enttäuschtes Gesicht holte ihn aus seinen Gedanken zurück. Was dachte er sich eigentlich dabei. Seine Freunde machte sich solche Mühe und er wollte sich nur verkriechen. Seufzend richtete er sich auf. „Tut mir leid, Hermine. Aber die Erwähnung der Kanarien-Creme hat mein Magen ein wenig übel genommen. Natürlich freue ich mich.“

Nicht besonders überzeugt stand sie auf. „Wenn du noch ins Bad willst, das ist gegenüber. Ich bin dann im Wohnzimmer am Ende des Ganges.“ Dann verließ sie das Zimmer.
 

Er stand auf und schlüpfte in seine viel zu weite Hose. Eigene Sachen kauften ihm die Dursleys immer noch nicht, aber zumindestens hatte ihr Geschenk dieses Jahr in einem neuen Gürtel bestanden, nachdem der andere gerissen war. Er sah sich um. Die vielen Bücher, die wenigen Stofftiere und ein tadellos aufgeräumtes Regal mit einigen Fotos und Briefen von Ron und ihm selber zeigten ihm, dass dies Hermines Zimmer sein musste. Wäre er besser drauf gewesen, hätte er die Gelegenheit vielleicht genutzt, um seinem rothaarigen Freund einige Informationen zu besorgen, wie er Hermines Herz gewinnen konnte, doch auch das riss ihn nicht aus seiner betäubten Stimmung.
 

Er schwankte ein bisschen, als er das kleine, aber sehr saubere Bad betrat. Unsicher stützte er sich auf dem Waschbeckenrand ab und sah in den Spiegel. Ihm gegenüber stand ein blasser Sechzehnjähriger mit strubbeligen, schwarzen Haaren, die in alle Richtungen abstanden. Harry gefiel nicht besonders, was er sah. Die dunklen Ringe unter seinen Augen zeigten deutlich, dass es mit ihm nicht besonders weit her war. Er hätte es gerne ausschließlich auf seine Magenverstimmung geschoben, doch er wusste, dass das nicht stimmte. Er war auch sich selber gegenüber kein besonders überzeugender Lügner. Zu wenig Schlaf, zu viele düstere Gedanken und die Trostlosigkeit seiner Nicht-Wahlheimat über die Sommerferien hatten unweigerlich Spuren hinterlassen. Schließlich riss er sich von dem Spiegel los und wusch sich kurz mit kaltem Wasser über das Gesicht. Als er die Brille wieder aufsetzte, war zumindestens die Blässe ein wenig verschwunden. Das musste für heute Abend reichen.
 

Er öffnete die Tür und ging in das hell erleuchtete Wohnzimmer. Das Licht tat ein wenig in den Augen weh, aber Hermine hatte offensichtlich nur gewartet, dass er kam und sprang auf, kaum dass er durch die Tür war. „Da bist du ja. Können wir los?“
 

„Los?“, fragte er verwirrt. „Wohin denn?“
 

„In den Tropfenden Kessel. Da steigt nämlich die Party. Eigentlich hätte ich es dir auch gar nicht verraten sollen. Vielleicht tust du mir den Gefallen und schaust überrascht, wenn wir ankommen. Aber du hast so traurig ausgesehen, da konnte ich es nicht abwarten, dich ein bisschen aufzuheitern.“
 

Sie sah ihn bittend an. Offensichtlich war ihr klar, dass sie ihm das Geheimnis relativ umsonst verraten hatte. „Ist gut, ich bemühe mich.“, meinte er matt. „Ist vielleicht besser, wenn ich auf Kanariencreme und Würgezungen-Toffees schon mal vorbereitet bin. Hoffentlich sind die Zwillinge nicht zu erfinderisch gewesen. Sonst kann man heute Abend gar nichts essen.“
 

Die beiden wurden von Hermines Eltern noch bis zum Eingang in die Winkelgasse gebracht, wo sich das Pärchen verabschiedete. „Wir wären gerne geblieben, Harry.“, meinte Hermines Mutter. „Aber wir müssen morgen früh bei einem Kongress in Berlin sein. Da wir noch heute Abend fliegen müssen, können wir leider nicht bleiben. Aber trinkt mal ein Glas von diesem köstlichen Kürbissaft für uns mit.“
 

Sie umarmte ihre Tochter noch kurz und dann machten sich Harry und Hermine auf zu der Feier im „Tropfenden Kessel“.

„Deine Eltern sind nett.“, sagte Harry noch, bevor sie in den Pub gingen.
 

„Ja, aber manchmal wünschte ich mir, sie wären auch Zauberer. Es ist echt schwierig, mit ihnen darüber zu reden, weil sie so vieles nicht verstehen.“, seufzte Hermine.
 

Harry verdrehte innerlich die Augen. Er wünschte sich, er hätte wenigstens irgendjemanden gehabt, mit dem er überhaupt reden konnte.
 

Er riss sich zusammen und folgte Hermine durch die offene Tür.



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Kommentare zu diesem Kapitel (6)

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Von:  DisorientedDarcy
2010-11-27T22:09:00+00:00 27.11.2010 23:09
gutes kapi.
ähmm ich halt mich jetzt auch nicht lange mit schreiben auf sondern lese weiter :)

Nighty
Von: abgemeldet
2004-12-03T16:52:33+00:00 03.12.2004 17:52
toll.. echt gut geworden... freu mich schon auf weitere kapitel..
Von: abgemeldet
2004-11-25T23:14:44+00:00 26.11.2004 00:14
Na, das macht doch mal wieder Lust auf mehr! Und das, wo ich nächsten Montag schon wieder ne Klausur hab...schlechtes Timung.
Wie gesagt, sehr guter Anfang, nur zwei Dinge gehen etwas zu schnell:
Nach dem fastfoodrestaurant-Vorschlag von Hermines Eltern ist der nächste Satz gleich, dass Harry hinter seinem Milchshake hervorguckt.
Wie wäre es mit: "..." sagte Harry und blickte hinter seinem Milshshake hervor, nachdem sie eine Viertelstunde im Fastfoodrestaurant ihre Bestellung entgegengenommen hatten (oder so).

Die andere Sache ist das mit dem Schlaf von Harry. Er schläft ein und im nächsten Satz wacht er schon wieder auf.
Füge am besten noch einen satz ein, wie: Er schlief lange und unruhig und würde von seltsamen Aplträumen geplagt, in denen riesige fettriefende Burger ihn rund um die quietschbunten Fastfoodtische jagten und mit Dudleys Stimme immer wieder seinen Namen riefen...

Oder so. Ziehe die Schlafphase etwas, immerhin schläft er ja mehrere Stunden. Das muss man beim Lesen etwas mitvollziehen können.

Oh, ich quatsche wieder zuviel...

RH
Von: abgemeldet
2004-10-10T08:11:18+00:00 10.10.2004 10:11
oh, ma wieda ne coole FF von dir!!!! *schon zwei andere gelesen hab* wann gehts weiter??? ^^
Von:  Allonsy-Alonso
2004-10-09T20:15:24+00:00 09.10.2004 22:15
Ich würde glaube ich auch so reagieren wie Harry es im moment tut!
Und bin deshalb schon gspannt wie es weiter geht!
Deine SD
Von: abgemeldet
2004-10-09T20:02:25+00:00 09.10.2004 22:02
hey ^.^
der teil war super!
ich bin schon ganz doll gespannt wie es weiterghet!
also scheib schenll weiter, ja?
freu mich auf den nächsten teil
susui


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