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Interitus

Schatten der Vergangenheit
von

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Quod me nutrid, me destriud

Das heftige Pochen an der Tür ließ ihn zusammen fahren. Er hob ruckartig den Kopf und blinzelte. Dann nahm er seine Brille ab und rieb sich mit müden Fingern über die Augen. Der Raum war zwar mit Unmengen von Schreibtischlampen bestückt, trotzdem taten ihm nach stundenlangem Lesen die Augen weh. Wieder ertönte das dringliche Klopfen und er räusperte sich kurz bevor er den dürren Mann herein bat, der hinter der Tür gestanden hatte. Sein schütteres Haar stand ihm wirr vom Kopf ab und er schwitzte, was die kleinen funkelnden Schweißperlen auf seiner Stirn verrieten. Er langte in die Innentasche seines Anzugs um sie mit einem Taschentuch fort zu wischen. "Ich habe das gesamte Archiv der Universität durchsuchen lassen Pater." Stotterte er nach dem er fertig war. " Wir haben wirklich jeden Winkel abgesucht, aber das von ihnen verlangte Werk befindet sich nicht in unserem Besitz." Entschuldigend breitete er die Arme aus. " Ich bin untröstlich." Anderson setzte die Gläser wieder auf und winkte erschöpft ab. " Machen sie sich darüber keine weiteren Gedanken Administrator. Ich werde an anderer Stelle meine Suche fortsetzten." Er rückte den Stuhl auf dem er saß nach hinten und sammelte die Blätter ein, auf denen er sich ein paar Notizen gemacht hatte. Er war nicht wirklich weiter gekommen. Noch immer war kein System sichtbar das die Ziele deren offenbarte, die für das Treiben verantwortlich waren. Das einzige was deutlich zu erkenn war, war die Manipulation der Geschichte. Auch hier waren Erinnerungen und Ereignisse verschwunden, wobei es seltsam war, das anscheinend nicht alle religiösen Abbildungen betroffen waren. Er sah aus einem der Fenster zur St. Johns Kapelle hinüber, deren Schatten die Dächer der übrigen Collegegebäude verdeckte. Der viereckige Turm war immer noch präsent und er hörte wie die Glocken dumpf anfingen zu schlagen, als sich die erste Morgenröte am Himmel zeigte.
 

In Integras Kopf kreisten immer noch die Bilder der Nacht umher. Das Gesicht des Mannes der ihr Ur, Urgroßvater gewesen war, verfolgte sie und seine stahlblauen Augen schienen sie wie zwei Pfeile zu durchbohren, als sie an sie dachte. Sie wandte unruhig den Kopf zur Seite. Sie hatte sich wie eine Katze in der engen Kiste zusammengerollt deren muffiger Geruch sie einnebelte. Vor Seras hatte sie es nicht so offen zugeben wollen, aber was sie wirklich am meisten interessierte war, ob ihr Ururgroßvater bereits mit seiner Arbeit begonnen hatte, die einmal das Leben der Familie Hellsing bestimmen sollte.
 

Weit fort von alle dem.....
 

Als die schwere Tür mit einem Knall ins Schloss fiel, dröhnte der Klang noch eine Weile von den steinernen Wänden nach. Die stummen Figuren akzeptieren den Eindringling, der die feierliche Ruhe mit seinen Schritten störte und ließen ihn gewähren, als er sich auf einem der schmalen Holzbänke nieder ließ um zu beten.

Seine Finger umschlossen den Rosenkranz in seinen Fingern als er stumm die Worte formte, die ihn daran erinnerten, welche Aufgabe er auf Erden hatte auch wenn sie schwieriger erschien als erwartet.
 

Anderson streckte sich ächzend, als er nach einer Stunde die Räume der Bibliothek verließ und sich über den Westflügel zum Haupteingang der Universität begab. Das Zwitschern der Vögel blies die Anstrengungen der Nacht aus seinen Gliedern und er macht sich auf um in einer der zahlreichen Gassen sein Frühstück einzunehmen.

Er musste nicht lange suchen. Schon an der nächsten Ecke winkte ein hölzernes Schild mit dem Abbild eines roten Löwen und als er durch die Tür in den kleinen gemütlichen Pub trat kam ihm der Besitzer mit lächelndem Gesicht und roten Backen schon entgegen. " Guter Morgen Hochwürden. Mit was darf ich einem Mann der unserem Herrgott so nah steht wie kein zweiter, denn so früh am Morgen schon eine Freude machen?" Anderson grinste leicht gequält zurück. Diese protestantischen Heiden waren wirklich schwer zu ertragen. " Ein gutes englisches Frühstück wäre mir recht." Der Mann nickte zufrieden und verschwand dann hinter der Theke. " Susan! Ein Frühstück für den Pater und das beste Geschirr freilich!" Er nickte wieder lächeln zu dem blonden Priester hinüber, der sich auf einem der Fensterplätze niedergelassen hatte. "Darf man fragen, was euch in unsere Gegend treibt? Mir scheint ihr kommt nicht von hier." Doch nicht so blöd wie er aussieht, dachte Anderson bevor er antwortete "Die Wissbegier mein Freund, die Wissbegier nach den unergründlichen Wegen des Herrn. " Wohl dann, wohl dann. Ich bin mir sicher das ihr sie hinter den zahlreichen Wänden unserer Bibliotheken finden werdet." Plötzlich öffnete sich die Tür und ein Zeitungsjunge kam herein. Er hob grüßen die Hand und sah sich dann rasch nach Kundschaft um. Er wollte sich schon frustriert umwenden, als die Stimme des Paters in innehalten ließ. " Eh, Junge was macht die Ausgabe?" "5 Pence Sir, heute mit einer großen Extraseite über das Treiben in London." Flink wie ein Eichhörnchen griff er nach dem Geldstück das Anderson ihm zuwarf und reichte ihm dafür eine zusammengerollte Ausgabe. Zufrieden trollte er sich und der Wirt begann den Tisch zu decken. Die grünen Augen huschten hinter der Brille emsig über die erste Seite. Wirklich interessant ein Stück Geschichte als Gegenwart in den eigenen Händen zu halten. Er wollte schon anfangen zu blättern, als sein Blick bei den Todesanzeigen hängen blieben. London 26 September 1847, Mit tiefer Erschütterung müssen wir den plötzlichen Tod unserer Tochter Lilie Elisabeth Fox bekannt geben, die in den frühen Morgenstunden an den Folgen ihrer plötzlichen Blutarmut verstorben ist. Die Familie in tiefer Trauer. Auf den ersten Augenblick schien diese Anzeige nicht weiter verwunderlich, doch es war nicht die einzige. Die Folgenden waren in einem ähnlichen Stil verfast und ein paar Zeilen weiter konnte man lesen. Die Bewohner Londons scheinen seit einigen Tagen mit einer nicht zu erklärenden Krankheit zu kämpfen, die in einigen Teilen der Stadt ihr Unwesen treibt. Die Betroffenen leiden an schrecklicher Erschöpfung und Appetitlosigkeit, die sie einige Tage ans Bett fesselt. Die Haut erscheint unnatürlich blas und manch einer beklagt sich über grauenhafte Alpträume. Einige erholen sich nach einigen Tagen Ruhe, andere wiederum erliegen ihrem Leiden ohne das eine angewandte Behandlung Wirkung zeigt. Es scheint sich um eine heimtückische Infektion zu handeln, die das Blut zu vergiften scheint. Die Ursache dafür ist aber weiterhin ungeklärt.

Langsam fuhr sich Anderson mit dem Finger übers Kinn. Eine geheimnisvolle Krankheit also, ihm schien es nur all zu klar, was der wirklich Grund für das plötzliche Sterben war.

Er begann die Seiten durchzublättern und auf der Vorletzten stockte er erneut. Es dauerte nur ein paar Minuten um den Artikel zu lesen. Zufrieden faltete Anderson die Zeitung zusammen und griff anschließend nach seinem Kaffee. Die letzte Nacht mochte nicht erfolgreich gewesen sein, da für die Nächste um so mehr.
 

Viele Stunden später....
 

Der sanfte Hauch seiner Lippen weckte sie aus ihrem unruhigen Schlaf. Auffordernd begannen sie ihre zu necken, indem sie frech nach ihnen schnappten. Integra schlug hastig die Augen auf. Für gewöhnlich liebte sie seine Art sie zu umgarnen, doch heute Nacht war sie einfach zu unruhig für dieses Spiel. Alucards Gesicht tauchte vor ihr auf, seine schwarzen Haarsträhnen fielen auf sie herab als er sie erneut küsste. " Alles in Ordnung?" fragte er, mit leicht hochgezogenen Augenbrauen. Sie lächelte matt. "Ja wieso?" "Du wirkst so aufgekratzt. Ich konnte es den ganzen Tag über fühlen, was ist los?" Sie versuchte ihrer Stimme einen möglichst natürlichen Klang zu geben. " Nichts, ich bin nur noch ein bisschen durcheinander was unsere Situation angeht." Er lächelte jetzt. " Dabei scheinen du und Seras ja ganz gut mit diesen neuen Umständen klar zu kommen, wenn ich das mal so sagen darf." Sein Gesicht glitt langsam an ihrem vorbei, so das seine Lippen ihr Ohr berührten. " Ich konnte deine Erregung spüren gestern Nacht, als du ihm nach gejagt bist." Integra fühlte wie sich trotz ihrer Gedanken ein Kribbeln auf ihrer Haut ausbreitete. Wieder hörte sie das Flüstern seiner Stimme. " Die Extase die einem die Angst der Opfer bereitet ist kaum auszuhalten nicht war." Integra stöhnte leise bei der Erinnerung und spürte wie seine Zähne begannen ihren Hals zu erkunden. " Nun, wie gefällt es dir zu sein wer du wirklich bist? Ist es nicht ein Genuss, sich seinen verborgenen Trieben hingeben zu dürfen, sich den Fesseln der Moral zu entziehen? Ich muss gestehen, ich habe mich nie besser gefühlt. Ein köstlicher Rausch, den du mir bereitest."

Mit einem leisen Knurren biss er zu und Integra warf mit einem heftigen Aufschrei den Kopf nach hinten.

"Es ist so eine amüsante Tatsache, das ausgerechnet wir dieses Vergnügen teilen und doch ist es genau das was uns davor bewahrt uns rechtfertigen zu müssen.

Ungebunden von Raum und Zeit, frei in seinem Handeln und Denken, einfach das zu tun wonach sich das Gefühl sehnt, nicht der Verstand.

In Zeiten wie diesen wird mir das besonders klar...."
 

Zufrieden musterte Anderson die silberne Klinge bevor er sie zusammen mit der anderen unter seinem Talar verschwinden ließ. Das schweißnasse Gesicht des Schmieds verzog sich zu einem glücklichen Lächeln als der Priester ihm ein kleines Dickes Säckchen in die schmutzigen Hände drückte. "Vielen Dank Hochwürden, es war mit ein besonderes Vergnügen ihren Wünschen nachkommen zu dürfen." Anderson nickte ihm stumm zu und wandte sich dann zum gehen. Auf der Straße atmete er durch. Am Horizont zeigten sich bereits die ersten Sterne, als er seine Schritte zu einer wartenden Kutsche führte. Es hatte ihn den ganzen Tag gekosten diese Arbeit verrichten zu lassen. Es war gar nicht so einfach gewesen die erforderlichen Mengen an hochwertigen Material aufzutreiben, aber schließlich galt es seiner Pflicht nachzukommen und da waren alle Möglichkeiten erlaubt. Als er sich in die ausgebeulten Sitze niederließ, faste seine rechte Hand nach den in Leder gebundenen Griffen. Sie lagen wie die anderen gut und sicher in den Fingern und das war wichtig, denn jeder Stich sollte ja schließlich ein Treffer sein. Die Kutsche bog jetzt in Richtung Süden ab, langsam wurden die Häuserreihen etwas lichter und dann blitzten die weiten Reihen offener Felder vor ihm auf. Mit einem breiten Lächeln im Gesicht begann er die Worte des Vaterunsers vor sich hin zu murmeln.
 

"Und was machen wir heute Nacht? Ich schlage vor wir kümmern uns mal um eine Möglichkeit von hier weg zu kommen oder diese Zeitveränderungen gehen unaufhaltsam weiter." Migel sah jeden an, dann blickte er aus dem Fenster. " Anscheinend hält sie zwar gerade etwas auf, aber ich befürchte das wird nicht von all zu langer Dauer sein." Alucard nickte und zog die Schleife um seinen Hals zu recht. " Die Frage ist nur wo suchen und vor allem wo nach. Die kleine Brillenschlange hat wohl schon eine Spur aufgenommen, sonst wäre er schon längst wieder aufgetaucht, ich bin nur gespannt, wann er uns davon in Kenntnis setzt." Er setzte sich seinen Zylinder auf und streckte Integra hilfreich die Hand entgegen. " Was ist dein Vorschlag?" Sie zögerte kurz bevor sie ihm antwortete " Ich würde sagen wir teilen uns noch mal auf. Du und Migel versuchen es heute mal in der Nationalbibliothek und Seras und ich wir," sie zögerte erneut, " Wir klappern alle möglichen kirchlichen Bauten ab, vielleicht ergibt sich ja einen Sinn aus den Veränderungen." Sie verließen gemeinsam das Haus. Wie auf Kommando hielt vor dem Tor eine Kutsche. Alucard öffnete die Tür und ließ die Frauen einsteigen. " Gut, wir treffen uns dann bei Tagesanbruch wieder hier, einverstanden?" Integra nickte hinter der halbgeschlossenen Scheibe, dann ließ der Kutscher die Pferde antraben. Als sie hinter der nächsten Straßenecke verschwunden waren, drehte sich Alucard mit einem vielsagenden Lächeln um. " Wenn du nichts dagegen hast würde ich zuvor noch eine Kleinigkeit erledigen. Ich komme dann nach." Migel breitete mit einer leichten Verbeugung die Arme aus. "Kein Problem. Ich habe mich schon gefragt wann du deinen Schüler endlich besuchen willst, wo er doch schon so ungeduldig auf dich wartet."
 

Als die beiden Vampire aus ihrem Sichtfeld verschwunden waren beuget sich Integra aus dem Seitenfenster. Seras konnte hören wie sie dem Kutscher etwas zu rief, dann zog sie wieder den Kopf zurück. " Wohin fahren wir denn jetzt?" Integra runzelte die Stirn. " Dahin wo wir gestern aufgehört haben."
 

Das Geschrei der Insassen wurde langsam leiser. Krachend ließ der Wächter die vergitterte Tür hinter sich ins Schloss fallen. Mit einem heftigen Ruck riss er sich den hölzernen Helm vom Kopf, der ihn vor den unkontrollierten Schlägen und Tritten der Kranken schützte, doch vor dem ekelhaften Geruch ihrer Exkremente konnte auch er nichts ausrichten. Langsam begann er den Wasserschlauch zusammenzurollen, der wie eine leblose Schlage vor seinen Füssen lag. Wenn die Doktoren ihre abendliche Runde beendet hatten war das eiskalte Wasser oft nicht mehr von Nöten um die Schlimmsten unter ihnen im Zaum zu halten. Das besorgte dann das Opium, das man ihnen in die Venen spritzte. Erst begaren sie sich wie wilde Tiere, bis das Gift ihre zermürbten Gehirne erreicht hatte und sie mit verzückten Augen und sabbernden Mündern in eine Traumwelt holte, aus der das Erwachen den schlimmsten Alptraum darstellte. Er setzte sich zu seinem Kollegen in die kleine Kammer und gemeinsam begannen sie ihre Nachtwache mit einem ordentlichen Schluck Bier. Als er ein Stück Schinken hinterher schob, dachte er an den Patienten in Zelle 4, der erst seit einer geraumen weile hier herumschrie. Ein ehemaliger Rechtsanwalt der von heute auf Morgen den Verstand verloren hatte. Die Ärzte vermuteten eine heimtückische Krankheit die sein Gehirn befallen hatte, anscheinend hatte er sie aus seiner letzten Dienstreise eingeschleppt. Wieder griff er nach seinem Bierkrug. Egal was es war dem armen Kerl war eh nicht mehr zu helfen. Der begann fortwährend alles in sich hineinzustopfen, was in seiner Zelle herum krabbelte, bei dem Gedanken daran wurde ihm übel und er begann hastig mit seinem Kollegen über den neusten Klatsch der Umgebung zu diskutieren.
 

Die Kutsche hielt erneut vor dem grünen Tor, das im Mondlicht aufleuchtete, als Integra mit Seras die Kutsche verließ. Leise entfernten sich die klappernden Hufe und die beiden Frauen liefen langsam an der dicht bewachsenen Mauer entlang in der ein leichter Wind die Blätter rascheln ließ. Außer dem blassen Strahlen des immer noch vollen Planenten herrschte tiefe Dunkelheit um sie herum, doch für Integras Augen war es taghell und sie griff plötzlich nach einer nackten Stelle dich sich zwischen dem satten Grün das sich engumschlungen an den Steinen empor schlängelte auftat. "Hier können wir durch" flüsterte sie leise und dann war sie auch schon verschwunden. Seras stellte sich an die gleiche Stelle und auch sie durchglitt die Barriere in einem Augenblick. Sie standen jetzt in einem prächtig gepflegten Garten, deren feingeschnittener Rasen wie ein Teppich zu einer kleinen Terrasse einer ebenso prachtvollen Villa führte. Hinter den hohen Fenstern brannten Lichter und die Seras konnte die emsige Bewegung zweier Schatten ausmachen, die sich hinter dem Glas bewegten. "Was jetzt?" fragte sie vorsichtig. Sie hatte sich zwar schon gedacht, das Lady Integra nicht einfach so an der Türglocke ihrer Ururgroßvaters klingeln wollte, aber was genau die Lady vorhatte konnte sie beim besten Willen nicht ahnen. Die holt auf einmal tief Luft. "Du wartest hier, ich bin gleich wieder zurück." Dann verschmolz ihr Körper mit der Umgebung und Seras konnte nur noch einen schwarzen Umriss ausmachen, der sich langsam über die Grashalme in Richtung des Hauses davon machte.
 

"Meister, Meister! Ich warte auf dich! Ich bin hier!" krächzte er und schlug dabei immer und immer wieder mit seinem Blechdampf gegen die Eisenstäbe vor seinem Fenster. Trotz der Zwangsjacke hatte er es geschafft seine Arme aus den dicken Ärmeln zu befreien und die Wärter scherten sich nicht darum, so lange er sie nicht versuchte anzugreifen. Aber warum sollte er, sie waren diese Mühe eh nicht Wert und wenn er erst mal das bekommen hatte was sein Meister ihm versprochen hatte, dann waren sie eh nicht mehr als ein paar lästige Fliegen für ihn die er mit einem Schlag beseitigen konnte. Ein heftiger Hustenanfall zwang ihn für einen Moment seine Arbeit zu unterbrechen. Er spuckte keuchend aus. Kleine, schwarze Sprenkel verteilten sich vor ihm auf dem Boden und das Mondlicht ließ sie wie funkelnde Diamanten aufleuchten. Er schluckte angeekelt, die bitteren Körper waren gar nicht das Schlimmste, die harten, rauen Schalen kratzen viel mehr im Hals, wenn er sie nicht im ganzen runter bekam und sie wohl oder übel erst zerbeißen musste, aber grinsen sah er mit zwinkernden Augen in die Nacht hinaus, bald würde er etwas besseres bekommen, das wusste er und darum nahm er all dieses Leiden in Kauf.
 

Integra hatte jetzt die Terrasse erreicht und sah nun durch eines der Fenster in eine gemütliche Stube hinein in der ein knisterndes Feuer in einem prachtvollen Kamin vor sich hin brannte. Vor dem Kamin waren zwei mit rotem Samt bezogene Ohrensessel gestellt worden die durch einen kleinen Tisch getrennt wurden, auf denen zwei volle Gläser standen. In einem der Sessel saß jemand. Doch durch die große Ohrenfläche konnte Integra nur den Körper der Person ausmachen, die in einer eleganten Haltung die Beine über einander geschlagen hatte und die behandschuhten Hände auf dem wippenden Knie ruhen ließ. Auf einmal hörte das Wippen auf und eine Tür öffnete sich. Wieder zog Integra tief die Luft ein. Im Rahmen stand der Mann, der gestern vor ihren Augen die Kutsche bestiegen hatte, der Mann dessen Gesicht einmal neben dem ihres Vaters hängen sollte. Seine strahlenden blauen Augen richteten sich auf den Ohrensessel, als er nun eintrat und die Tür hinter sich schloss. Die Gestalt rührte sich nicht. " Es ist mir eine Freude sie in meinem Hause begrüßen zu dürfen. Ich befürchtete schon sie würden meiner Einladung nicht folgen, auch wenn ich inständig hoffte das sie es täten." Noch immer blieb der Besuch im Sessel stumm. Der alte Mann ging nun auf das Feuer im Kamin zu, das immer noch hohe orange Flammen in den Abzug schickte. " Ihr seid ein faszinierendes Wesen, das meinen Respekt verdient. Ihr habt einst alles verloren Graf was euch auf Erden lieb und teuer war. Eure Habe, euren Ruhm und zum Schluss sogar euer Leben." Plötzlich ertönte eine Stimme, die Integra einen Schauer über den Rücken jagen ließ. " Verrat war es der mich umbrachte. Der Neid derer die gerne selbst an meiner Stelle gestanden hätten Doktor!" Das bärtige Gesicht des kleinen Mannes verzog sich nun zu einem freundlichen Lächeln, als er sich jetzt in den leeren Sessel setzte und nach dem Glas griff. " Ich kenne eure Geschichte Prinz Dracul, habe sie ausführlich studiert. Ein ungekrönter König, dessen Fall nicht sein Untergang sondern seine Auferstehung war."

Sein Gegenüber lachte schallend dann beugte er sich nach vorn und Integra sah sein Gesicht das sie schon seit so langer Zeit kannte. Die rotglühenden Augen die unter den langen Haaren amüsiert und gleichzeitig herausfordernd ihren Vorfahren anblitzen. "Und was seid ihr, wenn ich fragen darf? Ein Wissenschafter? Ein Genie oder doch nur ein naiver, kleiner Naseweis, der nicht weiß welchen Mächten er den Krieg erklärt hat, die ihn mühelos zwischen ihren Fingern zerketschen könnten?" Van Hellsing nahm jetzt einen Schluck aus seinem Glas, er wirkte ruhig und zufrieden, als wenn er nur dabei war mit einem alten Freund ein nettes Schwätzchen zu halten. Dabei saß ihm eine Kreatur gegenüber, die alles andere als harmlos war. "Ihr solltet die Wissenschaft und die Möglichkeit die sie einem bietet nicht unterschätzen Graf." Er streckte plötzlich einen Arm aus und deutete auf die Wand hinter sich, an der Integra Regale voller Bücher erkennen konnte. "Viele Geheimnisse liegen zwischen diesen Zeilen verborgen die sich in diesen Bändern aneinander reihen. Es ist die unbändige Neugier des Menschen die sie zwingt sich zu offenbaren."

"Aber verbietet euer Gott euch nicht diese Art von Wissbegier wie ihr sie hegt?" Jetzt schlossen sich auch die Finger des Grafen um sein Glas. Die Augenbrauen des Doktors verengten sich. " Ich diene in meinem Handeln den Seelen die in ihrem Unglück verdammt wurden, von Wesen wie euch, die sich dem Wesen Gottes entsagt haben. Meine Aufgabe ist das Bestreben sie zu befreien und die Dämonen der Hölle in ihre Schranken zu weisen die ihnen das angetan haben. Doch ich bin mir im Klaren, das meine menschlichen Kräfte bei weitem nicht ausreichen um im Kampf gegen sie zu bestehen daher," Er sah dem Vampir jetzt direkt ins Gesicht "bin ich zu dem Entschluss gekommen euch dieses Angebot zu machen." Der Angesprochene lehnte sich jetzt wieder zurück. " Warum sollte ausgerechnet ich euch in eurem Kampf gegen meine eigenen Art beistehen?" Jetzt war es der Doktor der sich nach vorne beugte. Das Blau seiner Augen schien im Licht des Feuers noch intensiver zu werden. "Weil ihr ein Krieger sei Graf, ein Jäger und weil euer Geist nach Perfektion strebt, so wie der meinige nach Wissen. Es ist die Aussicht des Preises den ich euch biete der euch heute hierher geführt hat und seid ehrlich das Schicksal der anderen eurer Rasse ist euch einerlei ihr seid ein Einzelgänger. In den Schlachten die ihr geführt habt, war es nicht allein der Glaube der euch das Schwert in die Körper eurer Gegner getrieben hat sondern die Herausforderung des Kampfes, der Geschmack des Sieges. " Für einen Moment herrschte schweigen zwischen ihnen, doch Integra ahnte was für eine Mimik sich hinter der Lehne auf dem Gesicht vollzog. Dann fuhr der alte Hellsing fort. " Ich biete euch eine Macht die den anderen Teufeln der Nacht verborgen bleibt, wenn ihr dafür bereit seid fortan an meiner Seite zu dienen und euch dem Willen des Namens Hellsing unterwerft. Ich weiß das ist viel von euch verlangt aber ihr werdet bald verstehen, das ich euch nicht mehr frei auf Gotteserde wandeln lassen kann." Sein Blick glitt kurz in die Flammen, die dabei waren die letzten Reste des Holzes die zwischen ihnen lagen zu verschlingen. Alucards Kopf tauchte erneut hinter dem Sessel auf. "Ihr zahlt also mit Macht und ich mit meiner Freiheit, sehe ich das richtig?" Ein kurzes Nicken war die Antwort. " Wenn der letzte Spross meiner Familie stirbt seid ihr wieder ein freier Mann Graf, bis dahin wird jeder Nachkomme meiner Familie dafür sorgen, das eure Fähigkeiten weiter gedeihen und euch für seine Dienste gebrauchen. Ihr werdet diesen vollkommen unterworfen sein, egal was ein Hellsing von euch verlangt."

Wieder lachte der Graf. " Nun gut eine wirklich interessante Möglichkeit, die ihr mir da bietet und ein wirklich hoher Preis." Plötzlich riss er den Kopf herum und starrte durch das Fenster, direkt in Integras Gesicht die vor Schreck zurückfuhr. " doch ich bin mir sicher das sie es Wert ist."
 

Mit langsamen Schritten ging er auf den dunklen Eingang zu, der ihn wie ein hohles, schwarzes Auge anzustarren schien. Doch das erschreckte ihn nicht im Gegenteil, seine Vorfreude steigerte sich mit jedem Schritt der ihn näher zu seinem Ziel führte. Quietschend öffnet sich das kleine Tor und als sich die Wolken, die sich kurz vor den Mond geschoben hatten verzogen, konnte er sie im weißen Licht deutlich erkennen, wie kleine Soldaten standen die Steine nebeneinander ohne sich zu rühren. Reihe für Reihe zogen sie sich vor ihm lang und erwarteten stumm seinen Auftritt. Mit einem breiten Grinsen ging er nun zwischen ihnen hindurch, auf die Krypten zu, die sich im hinteren Teil des Friedhofes verbargen.

Dabei zog er die silbernen Klingen langsam unter seinem schwarzen Stoff hervor.
 

Poltern ließ er den Becher auf die Erde fallen. Er wurde langsam müde. Immer schwerer fiel es ihm, die Lider offen zu halten. Wütend wischte er sich über die Augen. Das kam von ihren gemeinen Spritzen, die sie ihm jede Nacht in den Arm jagten, kurze bevor die Wärter einen letzen Rundgang machten. Wieder hustete er. Diese Ärzte, diese verdammten, hochnäsigen Idioten, die sich mit schlauer Mine über ihn beugten und ihn untersuchten. Die sich zu ihm setzten und mit ihm reden wollten um ihm anschließend zu sagen wie krank sein Geist war, dabei wusste er es doch viel besser als sie. Er kicherte leise. Oh ja sie hatten keine Ahnung und ihr kleiner Geist würde das auch nicht begreifen können, selbst wenn sie es wollten. Nur der eine Doktor. Er angelte kurz nach einer kleinen Spinne, die sich unvorsichtiger weise, vor ihm abseilte, nur der eine Doktor, der war irgendwie anders. Der war immer freundlich zu ihm und der stellte auch ganz andere Fragen. Fragen nach seinem Meister und nach den Dingen die er ihm versprochen hatte. Dabei hatte er sich am Anfang nur ein wenig verplappert, als er ihm von seinem Herrn erzählt hatte und von dem großen Geschenk das er ihm machen wollte, das Geschenk des ewigen Lebens. Oh ja der Doktor hatte große Augen deswegen gemacht und ihm dann gebeten noch mehr zu erzählen und dann war es einfach alles so aus ihm herausgesprudelt.

Seit dem bekam er von dem Doktor viel mehr Besuch und einmal da kam auch seine Frau mit. Ein wohliges Gefühl durchströmte ihn bei der Erinnerung an diese zierliche Gestalt mit den langen blonden Haaren und den großen grünen Augen, die ihn schüchtern gemustert hatten. Sie hatte ihn an eine Puppe erinnert die er einmal in einem Laden gesehen hatte, eine Porzellanpuppe die zu zerbrechen drohte, wenn man sie berühren wollte.

Plötzlich wurde ihm kalt und er rollte sich auf sich wie eine Katze auf seinem Lager zusammen. Doch die Kälte blieb, sie kroch ihm die Beine hinauf, wie eine Spinne die Wand und er merkte wie er anfing zu zittern. Diese Kälte kam nicht von Draußen, sie kam aus der Erinnerung als er als einzigster den Schatten bemerkt hatte, der sich an der Wand abgezeichnet hatte. Der Doktor hatte ihn nicht gesehen, dabei war er so deutlich gewesen, hinter ihrem Rücken war er gewachsen, wie ein Raubtier, das sich gleich auf sie stürzten wollte. Er hatte schreien wollen doch etwas hatte ihm die Luft abgedrückt, hatte sich um seinen Hals gelegt und ihn daran gehindert auch nur einen Ton heraus zu bekommen und der Doktor hatte immer weiter gefragt. Immer die selbe Frage " Was glauben sie Renfield ist sein Streben? Die alleinige Gier nach Blut, nach Macht über Leben und Tod oder ist es noch viel mehr?" Die Antwort darauf war ihm in diesem Moment klar geworden und doch hatte er es ihm nicht sagen können.

Die Kälte wurde jetzt immer stärker und mit einem mal wurde ihm schlagartig bewußt, das es kein bloßes Gefühl war. Jemand riss ihn plötzlich hoch und er baumelte in der Luft. Sein entsetzter Aufschrei wurde durch einen heftigen Schlag ins Gesicht je unterbrochen und er merkte wie etwas in seinem Mund knirschend nachgab, dann füllte sich sein Mund mit warmen Blut und er spuckte es röcheln aus. Ein leises Lachen drang an sein Ohr und das Zittern seiner Glieder wurde stärker als je zuvor. " Meister, ich habe doch getan was ihr von mir verlangt habt!" quiekte er und ein weiterer Schlag traf ihn. " Oh, ja das hast du und du hast dir mein Kompliment verdient." Krachend landete er wieder auf dem Boden. " Aber ich werde langsam das Gefühl nicht los, das deine Loyalität mir gegenüber langsam schwindet." Keuchend versuchte Renfield Luft zu holen. Sein Unterkiefer brannte und er merkte das er ihn nicht mehr richtig bewegen konnte. " Ich habe die Befürchtung, als ob du dem lieben Herrn Doktor bald mehr erzählen möchtest als ich dir aufgetragen habe." Ein dunkler Schatten stellte sich jetzt vor das Fenster und alles was Renfield noch erkennen konnte, waren zwei rote Punkte, die ihn fixierten. Er versuchte zu sprechen, doch ein brennender Schmerz in seinem Gesicht hinderte ihn daran. Nur ein paar schnaufende Laute brachte er heraus, die in den weiteren Worten die er jetzt hörte untergingen. " Nun mein treuer Diener, was ist mein wahres Streben? Was ist es wonach ich mich wirklich verzehre?" Damit riss er ihn wieder hoch und was die anderen Insassen dann hörten, war das immer wieder kehrende Geräusch von klirrenden Gitterstäben.



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Kommentare zu diesem Kapitel (4)

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Von: abgemeldet
2006-02-15T10:02:04+00:00 15.02.2006 11:02
der arme renfield ^^
ist wirklich extrem spannend diesmal :D
zum glück hab ich gleich wieder ein kapitel zum lesen *g*
soso, alucard und die hellsing frauen... jaja ;)
du schaffst es wirklich jedesmal so ne stimmung rein zu bekommen, das finde ich extrem klasse! ich liebe es deine geschichte zu lesen. ist immer wieder ein genuss *lob*
Von:  Integra-sama
2005-10-24T08:58:52+00:00 24.10.2005 10:58
Du hast dich mal wieder selbst übertroffen! Das Kapitel war noch fesselnder und packender als das letzte. Einfach klasse.
Von:  Kopfnuss
2005-10-22T07:38:42+00:00 22.10.2005 09:38
Jep, es war wirklich sehr gut,
also das Kapitel mein ich. Konnte es nich früher lesen.
Andersen betrat nun endlich auch wieder die Bühne.
Was soll man noch sagen, war einfach perfekt.
Von: abgemeldet
2005-10-17T14:58:45+00:00 17.10.2005 16:58
Wie kannst du nur an so einer Stelle aufhören?
Nein ich meine nicht das Ende des Kapitels sondern diese Stelle:
..direkt in Integras Gesicht die vor Schreck zurückfuhr. " doch ich bin mir sicher das sie es Wert ist."

Sowas kannst du uns doch mnicht antun.
Das Kapitel war wieder mal einfach genial
schreib bitte ganz schnell weiter.
*hundeblick aufsetz* biiiiiiiiiiiitte


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