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Liebe, Leid und Leben

Mamorus Jugend
von

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Mamoru hatte geduscht. Er hatte sich nicht nur den Dreck vom Körper, sondern auch von der Seele gewaschen; es war nötig gewesen. Davor hatte er die Pflaster entfernt, die nun ersetzt werden mussten. Er sah nun nicht mehr so sehr zum Fürchten aus, aber schlimm war es dennoch: Seine Lippe war teilweise ziemlich hässlich verkrustet, das rechte Auge war blau angelaufen und ziemlich dick, die Augenbraue darüber war stark geschwollen und eine Platzwunde der Größe eines kleinen Fingernagels zog sich darüber hinweg. Kioku hatte wie ein Rohrspatz geschimpft, dass Mamoru nicht viel eher die Tür geöffnet hatte. Wie auch immer, nun war es sowieso zu spät. Motoki brachte ein neues Pflaster über Mamorus rechtem Auge an, nachdem er es erneut behandelt und eingecremt hatte. Mehr konnte man nicht tun.

Motoki half Mamoru auch bei der Wahl der Kleidung. Die beiden entschieden sich für ein sportlich-elegantes Outfit. Eine schwarze Jeanshose, ein dicker schwarzer Pulli mit einem silbernen, aufgestickten Drachenmotiv, dazu Turnschuhe, die im schlichten schwarz und silber gehalten waren. Mamoru würde sich später einen chicen, schwarzen Ledermantel darüber anziehen, aber dafür war es momentan noch zu früh. Eigentlich wollte er sich schnell noch mal rasieren. Aber Motoki war der Meinung, es lohne sich nicht bei dem bisschen Bart, das Mamoru hatte.

Nun saßen die beiden Freunde also in Mamorus Zimmer und harrten der Dinge, die da kommen mochten. Motoki räkelte sich relaxed auf dem weichen Chefsessel herum, während Mamoru nervös an seiner Bettdecke herumzupfte und sich immer wieder durch die Haare fuhr, die, wie schon so oft, hinten zusammengebunden waren.

"Lass doch endlich diese Rumfummelei bleiben", bat Motoki, "das macht einen ganz wahnsinnig."

"Was soll ich erst sagen?", beschwerte sich Mamoru, "die ganze Situation ist viel zu viel für mich. Heute ist der mit Abstand längste Tag meines Lebens!"

"Und man soll den Tag ja nicht vor dem Abend loben, richtig?", brummelte Motoki. Er war irgendwie ziemlich müde. Die bisherigen Erlebnisse hatten schon ganz schön geschlaucht, und nun tankte er Energie für den restlichen Abend, wie lange dieser auch immer werden konnte.

"Motoki?", fragt Mamoru ganz leise.

"Ja?"

"Ähm, also, das muss meine Tante nicht unbedingt mitbekommen, aber... Du musst mich nicht unbedingt bis ins Café hinein begleiten. Du kannst auch gerne vorher schon gehen. Es ist doch sowieso bloß langweilig für Dich."

"Oh, nein, mein Lieber", wehrte Motoki ab, "es ist überhaupt nicht langweilig für mich, Dir dabei zuzugucken, wie Dir irgendwas Peinliches passiert. Ich werde genau hinter Dir sitzen, jedes einzelne Wort mithören, und herzhaft drauflos lachen, wenn Du ausrutschst, Deiner Angebeteten Kakao über den Rock schüttest oder eine Latte bekommst. Ist doch Ehrensache, mach ich doch gern!"

"Wozu sind Freunde sonst da?", seufzte Mamoru. "Hast ja großes Vertrauen in mich und meine Fähigkeiten."

"War schon immer so", antwortete Motoki vergnügt.

Mamoru warf einen Blick auf seine Armbanduhr. "Wollen wir gehen?"

"Is doch noch viel zu früh", beklagte sich Motoki und gähnte herzhaft.

"Trotzdem, Du kennst mich ja. Ich bin ein überpünktlicher Mensch. Und wer weiß, vielleicht kommt sie ja auch früher?", überlegte sich Mamoru.

"Hättest Du wohl gern, wie?", erkundigte sich der Blonde.

Mamoru bekam rote Wangen und nickte lächelnd. Darauf verdrehte Motoki nur die Augen. "Mann, Du bist echt nicht mehr zu retten. Meinetwegen, gehen wir." Er stand auf, setzte eine bedeutsame Miene auf und erklärte feierlich: "Bedenket, oh, ihr ungläubigen Sterblichen, dass heute, Dienstag, der 19. Februar 1991, der Tag ist, an dem die Welt von Grund auf verändert wurde."

"Spinner!", lachte Mamoru und zog den übermütigen Freund hinter sich her.

Noch während Die beiden Jungs Jacken und Schuhe anzogen, meinte Motoki: "Du solltest Dir besser keinen Kaffee bestellen, wenn Hikari bei Dir ist."

"Wie kommst Du denn darauf?"

Daraufhin lachte Motoki: "Sonst kriegst'n Kaffee Latte" ...
 

Draußen war es schon dunkel geworden. Und drinnen im Café herrschte auch nur gedämpftes Licht. Es war eine sehr gemütliche Atmosphäre. Der Raum war ziemlich groß und rustikal eingeräumt. Auf geschmackvolle Art verband er das Alte mit dem Neuen: Zum einen standen überall massive Holzmöbel, deren Bezüge alle in kräftigen Rot- und Blautönen gehalten waren, und in die große Theke waren beeindruckende Reliefs eingeschnitzt; und zum anderen befand sich an einer Wand eine mittelgroße Bühne, um die einige Boxen aufgestellt waren. Immer mal wieder hatten jugendliche und jungerwachsene Bands hier Auftritte, und die verschiedensten Musiksorten wurden gespielt: von der Ballade über Reggae bis hin zu Heavy Metal. Daher auch der Name des Cafés: "Jugend rockt".

Zur Zeit hingen überall Plakate, die darauf aufmerksam machten, dass die heutige Band "Dezibel" hieß und Musik vom Feinsten versprach. Was das auch immer heißen mochte. Denn Geschmäcker sind ja immerhin verschieden.

Mamoru saß mit Motoki an einem kleineren Tisch etwas am Rande des Cafés und sah sich staunend um. Er war zwar schon ein paar Mal da gewesen, aber dieses Ambiente beeindruckte ihn immer wieder. Es waren nicht viele Leute da, und die Band baute gerade erst die Instrumente auf. Bis hier mehr los war, konnte noch gut eine Stunde vergehen.

Die beiden Jungs hatten darauf verzichtet, sich etwas zu trinken zu bestellen. Mamoru wollte warten, bis Hikari da war, und Motoki sollte, auf Mamorus Wunsch hin, die Kurve kratzen, sobald sie auftauchte und sichergestellt war, dass sie allein kam. Also saßen sie da und warteten, während sie nur dann und wann ein paar Worte wechselten. Sie waren viel zu früh angekommen, und Mamorus Hoffnung, auch Hikari könnte etwas eher auftauchen, hatte sich nicht bestätigt. So hockten sie eine ganze Weile, Motoki leicht gelangweilt, und Mamoru nervös am Tischtuch rumzupfend.

"Sag mal, Mamoru", begann Motoki, "ist Dir eigentlich bewusst, dass das hier Dein erstes Date ist?"

"Mein erstes... was?", fragte Mamoru überrascht nach, "...ja, Du hast Recht... Darüber hab ich noch gar nicht nachgedacht. Wow. Eigenartiges Gefühl."

<Hätte ich Hikari doch etwas mitbringen sollen?>

"Ist es wirklich ein... ein Date?", stellte er unsicher fest, "immerhin ist sie ja offiziell mit Chikara zusammen. Wir treffen uns ja nicht, um zu flirten."

"Genau, warum trefft ihr euch eigentlich?", fragte Motoki mit hochgezogenen Augenbrauen.

Mamoru versuchte sich an den Vormittag zu erinnern. An das Gespräch mit Hikari. Er hatte sie gefragt, ob sie Chikara tatsächlich liebe. Und sie hatte so was geantwortet wie, dass man das nicht in einem Satz erklären könne. Im Prinzip trafen sie sich, um über Hikaris Beziehung zu Chikara zu sprechen... ein tolles Thema.

Mamoru zuckte mit den Schultern. "Wir werden wahrscheinlich über Gott und die Welt tratschen. Keine Ahnung."

<Klar, werden wir. Wenn sich Chikara für einen Gott hält... oder wenn Hikari ihn für einen Gott hält... was, wenn er wirklich ihre Welt ist? Wenn er ihr echt viel bedeutet? Was mach ich dann?>

Er musste tief seufzen.

<Cool bleiben.>

Inzwischen hatte die Band "Dezibel" sämtliche Instrumente aufgebaut und beschäftigte sich gerade mit dem Sound-check. Solange die Geräte und Instrumente noch nicht richtig auf einander abgestimmt waren, erklang nichts als scheußliches Gequäke aus den Boxen, allerdings gnädigerweise nur sehr leise eingestellt.

"Was ich Dich schon die ganze Zeit fragen wollte: wie schaffst Du das eigentlich? Noch vor wenigen Stunden hast Du auf Deinem Bett gesessen und aus allen Poren gesaftet. Du hast wirklich ausgesehen, als wärst Du in Freddy Krüger reingerannt. Und nun sitzt Du hier und hast nichts besseres zu tun, als Falten in diese Tischdecke zu machen... verdammt noch mal, lass das endlich! Das nervt!"

Mamoru zog die Finger zurück und murmelte ein "Entschuldigung."

Dann lehnte er sich zurück, versuchte es sich gemütlich zu machen und antwortete endlich mit angespannter Stimme: "Ich weiß auch nicht. Hikari... sie bedeutet mir viel, weißt Du?"

Motoki schüttelte verständnislos den Kopf. "Mein lieber Scholli, die hat Dir ganz schön den Schädel verdreht. Ich drück Dir alle drei Daumen, dass das nicht zum Schluss ne totale Pleite gibt. Aber keine Bange, mein Gefährte, ich steh zu Dir, egal was kommt. Verlass Dich drauf!" Er zwinkerte Mamoru zu. Dann sah er auf die Uhr. Es war 19:05Uhr.

"Sie kommt zu spät", stellte er missmutig fest.

"Hauptsache, sie kommt überhaupt."

"Und wenn nicht? Wenn Du hier sitzt bis Du verreckst?"

"Dann weiß ich wenigstens, dass Du mich in die Hölle begleitest", grinste Mamoru.

"Wieso das?"

"Du sagtest doch gerade, Du stehst zu mir, egal was kommt."

"Das ist Haarspalterei, was Du da machst", erklärte Motoki abwehrend. Beide lachten vergnügt. Dennoch wurde Mamoru weiterhin von einer schier unerträglichen Spannung belastet. Auch er sah jetzt auf seine Uhr. Er merkte gar nicht, wie er wieder damit anfing, die Tischdecke zu bearbeiten. Motoki übersah dies großzügig.

"Wieso verschanzen wir uns eigentlich in dieser dunklen Ecke hier, anstatt es uns an den heller gelegenen Tischen gut gehen zu lassen?", fragte er.

Nur sehr zögerlich antwortete Mamoru: "Es muss ja nicht gleich jeder sehen, dass ich eine aufs Maul bekommen hab, oder?"

"Stört Dich das etwa?", fragte Motoki beiläufig nach, "Ich meine, ich könnte ja gut verstehen, dass Du vor Hikari nicht gerne zeigst, dass Du verloren hast, aber so nah, wie sie Dir heute vermutlich kommen wird, bemerkt sie es so oder so. Warum sich deswegen also verkriechen? Ist nur unnötige Arbeit und nützt keinem was."

"Trotzdem", meinte Mamoru bestimmt. Aber irgendwie hatte Motoki schon Recht.

<Alles, was ich jetzt nicht brauchen kann, ist ein verklemmtes Auftreten. Ich muss Selbstsicherheit vortäuschen! ...oder besser: ich sollte selbstsicher sein...>

Mamoru bekam langsam Kopfschmerzen. Er spürte ein dumpfes Pochen in seiner verletzten Augenbraue, und eine leichte Müdigkeit gesellte sich zur allgemeinen Anspannung. Der Tag hatte nicht nur Spuren an Mamorus Äußerem hinterlassen. Eigentlich brauchte er dringend etwas Schlaf, um sich zu regenerieren. Doch den wollte er sich um nichts in der Welt gönnen. Hikari war viel wichtiger.

Dennoch nagten leichte Zweifel an Mamoru. War sie es wirklich wert? Immerhin litt seine Gesundheit akut unter ihr und all dem Stress, den sie unweigerlich verursachte. Ohne sie hätte er sich diese Verletzungen nie zugezogen.

Und wenn sie es wert war? Dann würde er sich nie verzeihen, wenn er diese kleine Chance jetzt sausen lassen würde.

Erneut starrte er unruhig auf seine Uhr. Es war inzwischen 19:15Uhr. Und die Tischdecke sah schon schwer mitgenommen aus.

Auch Motoki hatte mittlerweile einen nervösen Tick entwickelt: er trommelte unablässig auf dem Tisch herum, während er alle fünf Sekunden einen Blick auf die Uhr warf. Er schüttelte resigniert den Kopf. "Die kommt nicht."

"Oh, doch, die kommt. Wart nur ab."

"Ich hatte befürchtet, dass Du das sagst", antwortete der Blonde augenrollend.

Unterdessen war die Band mit ihrem Sound-check fertig. Der Bandleader von "Dezibel" trat ans Mikro, stellte sich und die Band kurz vor, entschuldigte sich dafür, dass alles so lang gedauert hatte und erklärte nun: "Unsren ersten Song, den kennt ihr sicher alle: <She's Like The Wind> von Patrick Swayze. Viel Spaß!"

Motoki stöhnte auf. "Na, wenn das mal kein Wink mit dem Zaunpfahl ist", brummte er.

Die Band brachte den Song wirklich gut rüber, und der Sänger gab sich alle Mühe, eine sanfte Stimmung in sein Lied zu legen:

"Just a fool to believe, I have anything she needs... She's like the wind..."

Und in genau diesem Augenblick schwang die Tür des Cafés auf, und eine bildhübsche junge Dame trat ein. Sie blickte sich einen Moment lang etwas verloren um, bis ihre Augen erspäht hatten, wonach sie gesucht hatte. Zielstrebig kam sie auf Mamoru und Motoki zugestöckelt...
 


 

[Anmerkung des Autors:
 

Ok, ich weiß, dieses Kappi ist extrem kurz geraten. Aber das ist pure Absicht.

(Denn ich bin gemein, wisst ihr? *teuflisch grins*)

Nee, nee. Also, ich kann versichern, dass das nächste Kappi dafür mehr hergibt. Und dann gibt es kein Zurück mehr, dann ist das Treffen mit Hikari unumgänglich fällig.

Lasst euch überraschen! Ich versichere euch, diese Story birgt noch einige Wendungen und Überraschungen!
 

Denn erstens kommt es anders, und zweitens als man denkt!]



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Kommentare zu diesem Kapitel (2)

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Bitte keine Beleidigungen oder Flames! Falls Ihr Kritik habt, formuliert sie bitte konstruktiv.
Von:  Bunny_T
2005-04-13T13:56:43+00:00 13.04.2005 15:56
Der arme Mamoru. Hoffentlich hat er sich nicht noch mehr ärger eingehandelt. Bin ja mal gespannt was bei dem treffen noch passiert. ^^
LG
Bunny_T
Von: abgemeldet
2005-04-07T22:50:13+00:00 08.04.2005 00:50
Ich fiebere richtig mit Mamoru mit, der arme kann einem wirklich leid tun. Mal wieder ein supi Kapitel. Ich bin schon sehr gespannt, was für Wendungen noch auftreten, von denen du gesprochen hast. Schreib schnell weiter! ^^


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