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Nimm mich mit, mein geliebter Engel...

von

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Nimm mich mit, mein geliebter Engel...
 


 

Prolog:
 

Engel? Engelsflügel?
 

Gibt es Engel? Nein.
 

Eine neue Rasse von Menschen ist geboren worden. Die Meinungen der Welt über die Evolution des Menschen haben sich geändert.

Es gibt nicht viele, aber einige bilden sie doch aus. Es liegt in den Genen.
 

Flügel so weiß und schön, wie die eines Engels.

Doch Vorsicht, sag ihnen nicht, dass du ein "Angel" bist, denn sonst siehst du die, die du liebst nie wieder.
 

Flügel so weiß und stark, das sie dich tragen. Die gibt es noch nicht, aber vielleicht hast du sie?

Hüte dich davor es jemandem zu verraten.
 

1.

Es ist sehr merkwürdig wie einen eine Meeresküste verzaubern kann. Dort gab es keinen Sand, der wie kleine Diamanten zu glitzern schien, wenn die Sonne darauf fiel und auch keine überaus ansehnlichen großen Villen, die prächtig in die Landschaft sich fügten.

Es gab nur einen Kieselsteinstrand, ganz viele Palmen und Rhododendrenbäume, ein steiles weißes Gebirge, dass sich förmlich im Meer ergoss und ein angsterfüllendes, geheimnisvolles Meer. Geheimnisvoll deswegen, da es kristallklar und von einer unglaublich tiefen und leuchtend blauen Farbe war. Doch das was diesem geheimnisvollen auch noch das Angsterfüllende gab, war die Tatsache, dass sich dieses blau auch in den Augen der Bewohner dieser Perlenküste wiederspiegelte. Nur ein Blick und schon dachte man, sein gegenüber habe ihm alle Geheimnisse entlocken können, noch bevor man sich dazu entschied seinen Mund zu öffnen und etwas zu sagen.

Tortoi war eines der schönen altmodischen Örtchen, welches hier seinen Platz hatte. Das man dieses nicht als ein Dorf bezeichnete, grenzte schon an ein Wunder. Es gab genau acht Häuser, die sich mehr oder weniger in ihrem Äußeren ähnelten, und nur eine kleine Straße, die selten von Autos befahren wurde. Der Grund für diese Ruhe, war die nicht vor langer Zeit gebaute große Hauptstraße ziemlich weit oben am Hang. So hörte man nur gelegentlich das brummen eines vorbeifahrenden Lastwagens. Doch die kleineren Autos verstummten bei den leichten Schlägen der Wellen und dem Freudespiel des Windes mit dem Blätterwerk der Bäume.

Es gab aber noch etwas, was dem Ort seine Besonderheit gab. Nicht nur das es hier seinen Platz hatte, nein es war auch noch kaum von dem regen Tourismus, der überall anderswo sich eingeschmeichelt hatte, beherrscht. Jakob Raphell war der Mann der es geschafft hatte, dass der Ort so blieb, wie er war. Außer den anderen sieben Häusern und den dazu gehörigen Ländereien gehörte ihm nämlich der restliche Grund und Boden. Viele clevere und geldgierige Hotelbesitzer waren schon bei dem alten Mann gewesen und hatten versucht ihm nur ein bisschen seines Besitzes abzukaufen, doch dieser hatte es jedes Mal strikt abgelehnt. So hatte der Ort seinen Zauber behalten.
 

Amy Agram stand an dem kleinen Aussichtspunkt und schaute unruhig auf das Meer hinaus. Ihr braunes lockiges Haar spielte fröhlich mit dem Wind, und ihr grünes Sommerkleid schmiegte sich sanft an ihren wohlgerundeten Körper. Sie aber drehte sich nach einer Weile um, seufzte kurz und hob ihren Blick nach oben in den Himmel. Vor ihr stand eine große bronzene Skulptur eines kämpfenden Soldaten mit einem Gewehr im Arm, bereit zum Abschuss, dem unruhigen Meer zugewandt. Es war warm und die Sonne stand noch hoch am Himmel, so dass sie erst etwas blinzeln musste, bevor sie sich die vor ihr stehende Figur richtig ansehen konnte. Sie war ein Überbleibsel aus dem zweiten Weltkrieg und sollte an die erfolgreich geführten Schlachten erinnern. Doch für Amy war es nur ein Zeichen für Tod und Zerstörung. Aber immer wieder führte ihr Weg sie hierhin, an diesen Ort, und immer wieder fühlte sie sich hier frei und geborgen.

Während sie langsam eine ihrer wilden Strähnen zu zähmen versuchte, bemerkte sie dass ihre Hand blutrot gefärbt war. Es hatte also wieder angefangen. Obwohl sie keine Schmerzen verspürte, war sie fest davon überzeugt, dass sie keine Zeit verlieren sollte. So nahm sie die unzähligen Stufen bis zur Straße schnellen Schrittes, aber mit jedem aufsetzen ihrer kleinen Füße, durchzog sie ein Stich zwischen ihren Schulterblättern. Und ihr Kleid färbte sich zu einem rostigen braun, vollgesaugt von ihrem Blut, dass sich seinen Weg aus ihrem Körper bahnte. Es war nicht sehr weit, nur noch ein paar Meter und dann war sie sicher im eigenen Heim, doch diese paar Meter kamen ihr wie eine Ewigkeit vor. Ihr ungutes Gefühl hatte sich also Bewahrheitet, dieses Mal war es also so weit. Diese Qualen bedeuteten nichts anderes, als dass ihre Flügel ihren Weg endlich nach draußen suchten.

Schweren Schrittes ereichte sie endlich das geborgene Eisentor und trat durch dieses hindurch. Sie hatte es geschafft, ihr Geheimnis würde auch dieses Mal bewahrt bleiben. Doch plötzlich fiel sie nach vorne um und blieb so liegen. Es hatte sie einfach zu viel Kraft gekostet.

Doch zwei starke Arme beugten sich zu ihr herunter und hoben sie hoch. Schnell ging der Mann in Richtung des Hauses, von wo ihm eine ältere Frau sichtlich besorgt entgegenkam.

"Was ist passiert Jakob, geht es Amy gut." Sie sprach leise während sie zu ihm trat.

"Nein Frau, diesmal ist es schlimmer. Ich werde zu Edward Langstone gehen müssen."

Sie schlug ihre Hände vor ihr Gesicht und folgte erschrocken ihrem Mann. Die Zeit war also gekommen, nun mussten beide der Wahrheit ins Gesicht sehen.
 

Die hellblauen Vorhänge im Zimmer von Amy waren zugezogen. Allmählich begann es draußen dunkel zu werden. Doch die Dunkelheit war nicht der Grund für diese Vorhänge. Es war die Angst um das bis jetzt sorglose Leben eines jungen Mädchens von fast sechzehn Jahren.

Sie lag auf dem Bauch, denn zwei große weise Flügel hinderten sie daran sich auf den Rücken zu legen. Sie selbst war eingeschlafen, aber ihr Gesicht war von Schmerzen gekennzeichnet. Neben dem Bett standen zwei ältere Menschen, ihre Großeltern Maria und Jakob Raphell. Und unweit von ihnen stritten ein Vater und sein Sohn.

Der heftige Streit führte dazu das Amy ganz langsam und vorsichtig ihre Augen öffnete. Im ersten Moment sah sie nur die Zeiger ihrer Uhr, die sich unausweichlich auf halb sieben zuschoben. Während sie ihren Kopf in die Richtung zu drehen versuchte, wo die für sie bekannten Stimmen immer lauter zu werden schienen, bemerkte sie erst was sie da auf dem Rücken hatte. Es waren zwei große weise Schwingen. So engelhaft und zart, wie man sie meistens nur auf Bildern sah. Doch die größte Überraschung war, dass sie tragfähig waren. Sie hätte locker mit ihnen fliegen können. Aus den Erzählungen ihres Großvaters wusste sie, dass es solche Flügel bis jetzt noch nie gegeben hatte.
 

"Nein, nein und nochmals nein."

"Erik..." weiter kam Edward Langstone nicht, denn sein Sohn unterbrach ihn schon wieder. Öffnsichtlich wollte er nicht zuhören.

"Du spinnst ja Paps. Ich werde das nicht tun. Sie ist ja noch ein kleines Kind."

"Komm schon, hab dich nicht so. Sie ist fast sechzehn Jahre alt und du bist auch nur ein Jahr älter als sie. Tu es endlich, oder willst du, dass ich dich dazu zwinge." Versuchte Edward diesmal auf diese Art und Weise seinen Sohn zu überzeugen. Seine dunkle Mähne war deutlich von ein paar grauen Strähnen durchzogen, was aber der Ähnlichkeit zwischen Vater und Sohn keineswegs schadete, sondern diese nur noch deutlicher unterstrich.

"Warum muss ich es tun?" Erik machte eine abwehrende Geste.

"Weil du noch Jungfrau bist."

"Vielen dank Paps, binde es mir auch noch auf die Nase."

"Du hast mich ja gefragt und ich habe dir nur geantwortet. Na los Junge tue es endlich. Nur du kannst es rückgängig machen."

"Was soll er tun?" Alle drehten sich in die Richtung, aus der diese Stimme gekommen war. Erst jetzt merkten sie, das Amy wach war und das sie alles mit angehört hatte. Ihre glockenklare Stimme weilte noch eine Weile im Raum, bevor Erik Langstone sie durchbrach.

"Na toll, jetzt ist sie auch noch wach." Er klang völlig genervt. Man sah ihm an, dass er am liebsten so schnell wie möglich aus dem Zimmer abgehauen wäre.

"Los, bring es hinter dich mein Junge. Du bist der Einzige, der von dieser Sache Bescheid weiß. Und ich möchte auf keinen Fall noch jemanden hinzuziehen." Sagte Edward zu Erik, nachdem er ihn zu sich gedreht hatte und ihn an den Schultern festhielt.

"Ich vertraue dir mein Sohn."

Erik ging darauf hin zum Bett von Amy und setzte sich neben sie. Sie schaute ihn nur müde und völlig erschöpft von der Seite an. Irgendwie hatte sie es unter diesen heftigen Schmerzen geschafft sich aufzurichten und sich hinzusetzen. Sein Gesicht verfärbte sich immer mehr in Richtung rot.

"Bilde dir bloß nichts darauf ein." Sagte er und küsste sie dann ganz sanft auf ihre Lippen. Amy wollte sich zuerst wehren, aber als sie spürte wie ihre Schmerzen nachließen, öffnete sie willig ihren Mund. In dem Moment war das Zimmer erfüllt von weisen Federn. Die Flügel waren verschwunden. Sie waren in ihre Einzelteile zerfallen. Doch der Kuss dauerte etwas länger an. Erst ein paar Sekunden später löste sich Erik von ihr. Er stand auf und verließ das Zimmer. Zuvor sagte er aber noch:

"Verlangt bloß nicht von mir, dass ich so etwas Nocheinmahl mache. Das werde ich bestimmt nicht tun." Und mit einem lauten Knall war er schon draußen.

Jakob und Maria schauten besorgt zu Amy hinüber. Auf ihren Gesichtern zeichnete sich ein ängstlicher Blick.

"Wie geht es dir Liebling?" Fragte die Großmutter ihre Enkelin.

"Viel besser ich habe merkwürdiger Weise keine Schmerzen mehr."

Ein erleichtertes Aufatmen aller Anwesenden war daraufhin im Zimmer zu hören. Nachdem sie überprüft hatten, dass die Flügel wirklich weg waren, verließen sie das Zimmer. Obwohl Amy dachte, dass sie nach dem heutigen Vorfall nie mehr einschlafen würde können, war sie schon nach ein paar Minuten im Traumland.
 

Die Sonne war schon vor ein Paar Stunden untergegangen. Erik saß alleine am Strand und schaute hinaus aufs Meer. Der Mai war ausgesprochen kühl in diesem Jahr. Es wehte eine leichte Brise vom Meer herüber, und man hörte das leise Rauschen der Wellen und der Palmen, die sich im Wind hin und her bogen. Er aber berührte immer wieder mit seinen Fingern seine Lippen. Irgendetwas beschäftigte ihn gewaltig. Die Schönheit der Natur war ihm im Moment total unwichtig, er schaute nur hinaus mit seinen kühlen grauen Augen.
 

2.

Das leise Zwitschern der Vögel und ein greller Lichtstrahl, der sich seinen Weg durch eine Ritze der hellblauen Vorhänge bahnte, bewirkten, dass Amy am nächsten Morgen sehr früh aufwachte. Sie fühlte sich noch etwas schwach, aber sie hatte wenigstens nicht mehr diese schrecklichen Schmerzen. Nachdem sie sich angezogen hatte, begab sie sich ins Esszimmer.

Während der ganzen Zeit, dachte sie noch Mal über alles nach. Sie wusste schon seit langem welches Schicksal sie erwartete. Das sie ein "Angel" war, war ihr nicht unbekannt. Und gestern war es endlich geschehen. Sie hatte ihre ersten Flügel gekriegt. Zwei große weise Schwingen. Aber nun waren sie nicht mehr da. Nur ganz viele weise Federn lagen an diesem Morgen in ihrem Zimmer verstreut. Also war sie dieses Mal der Militärpolizei entwischt, aber warum bloß? Sie fragte sich, welche Rolle der Kuss von Erik bei dem Allem gespielt hatte. Ihr erster Kuss.

Bei diesem letzten Gedanken musste sie unwillkürlich wieder an ihn denken. Erik war ein Aufschneider und ein Playboy in der Schule. Okay er sah gut aus mit seinen schwarzen Haaren und seinen durchtrainierten Body. Aber Amy hatte ihn nie gemocht. Wenn man mit ihm befreundet war, dann bedeutete dieses nichts anderes als den Ärger in seiner reinen Form am Hals zu haben. Sie merkte wie sie abschweifte.

"Guten morgen Großmutter, Großvater." Die beiden älteren Menschen drehten sich ruckartig herum. Sie saßen am Esstisch und beide hätten noch nicht erwartet, dass Amy so schnell wieder auf den Beinen sein würde.

"Morgen Liebling, geht es dir wieder besser?" Fragte Maria ihre Enkelin.

"Das siehst du doch, also warum fragst du?" Mischte sich Jakob ein.

"Ja mir geht es wieder besser. Ich habe schon einen Riesenhunger auf deine supertollen Pfannkuchen Oma." Amy setzte sich an den Tisch zu ihren Großeltern und frühstückte sehr ausgiebig.
 

Als Amy gerade auf dem Weg ins Wohnzimmer war um sich vor ihren geliebten Fernseher zu setzen, wurde sie von ihrem Großvater aufgehalten.

"Amy, bitte komm mit in mein Arbeitszimmer. Wir müssen reden."

Sie folgte ihm widerspruchslos. Ihr Großvater war ein großartiger Mann. Er erfüllte ihr jeden Wunsch von den Augen, war immer lieb und nett. Aber er konnte auch anders sein. Amy war ihm deswegen nicht böse. Sie wusste ganz genau wie schwierig sie selbst manchmal sein konnte. "Verwöhnt" war das richtige Wort mit dem man sie beschreiben konnte.

Das Arbeitszimmer ihres Großvaters war sehr spärlich eingerichtet. An einer Wand befand sich ein Regal vollgestopft mit Büchern und Akten und an der anderen Seite stand ein großer Schreibtisch mit einem gemütlichen Ledersessel.

"So Liebling. Ich weiß das dir bekannt ist, dass du ein "Angel" bist. Und du weißt auch ganz genau, dass kein anderer davon erfahren darf, denn sonst würde man dich uns wegnehmen und in eines der Camps stecken. Was man dann dort mit dir machen würde, kannst du dir sicherlich gut vorstellen. Ich muss dabei immer an David Langstone denken."

Amy wusste genau wovon ihr Opa da sprach. Es war überall bekannt, dass es Menschen gab die die Fähigkeit hatten Flügel zu entwickeln. Es war schon seit über zwölf Jahren kein Geheimnis mehr. Das bekannteste Beispiel war Edward Langstones ältester Sohn. Alle waren sehr stolz gewesen, als man von dieser Neuigkeit erfuhr. Doch seit über fünf Jahren hatte keiner mehr etwas von dem Jungen gehört. Er war zum "Angel-Camp" gebracht worden. Und diese Tore waren und sind auch noch heute für die Öffentlichkeit versperrt. Man wusste von den Kindern, aber man sah sie nicht.

"Es ist also endlich passiert. Du hast gestern deine Flügel gekriegt. Ich weiß aber nicht wie lange die Phase jetzt andauern wird, bevor es nochmals passiert."

"Was für eine Phase, meinst du etwa, die kommen wieder?" Amy hatte sehr erregt gesprochen und die Freude in ihrer Stimme war deutlich zu hören.

"Bitte Liebling ich habe es dir schon einmal gesagt, wie gefährlich solche Flügel sind. Wir möchten dich auf keinen Fall verlieren. Du darfst dir nicht wünschen, dass sie wiederkommen."

Amy nickte nur einmal. Sie hatte dieses Thema mit ihren Großeltern schon tausendmal durchgekaut. Aber vorher hatte sie noch nie ihre Flügel richtig bekommen. Nun waren sie aber da und auch wieder nicht. Irgendwie verwirrte sie das Ganze.

"Ich habe dir noch nicht alles gesagt, als ich mit dir damals über deine Flügel gesprochen habe. Es gibt nämlich einen Weg, wie man sie verschwinden lassen kann. Dabei ist aber das einzige Problem, dass sie wiederkehren. Und was ich dir dabei auch noch nicht ersparen kann, sind die Schmerzen. Sie werden wiederkehren."

"Der Kuss..." murmelte Amy vor sich hin. Endlich war ihr alles klar.

"Ja, der Kuss ist das entscheidende dabei. Aber dabei geht es nicht um irgendeinen Kuss. Er muss rein sein."

"Ich verstehe nicht!" Sagte Amy und blickte ihrem Großvater in seine freundlichen blauen Augen.

"Wie soll ich dir das erklären." Nun war Jakob Raphell das Gespräch unangenehm. Er hatte gehofft das Amy ihn auch so verstehen wurde.

"Der Junge der dich küsst, muss noch eine Jungfrau sein." Nun war es raus.

Amy begann lauthals zu lachen. Ihr Großvater schaute sie unschlüssig an.

"Und du meinst dieser Angeber Erik ist noch eine Jungfrau. Schon wieder wurde sie von heftigen Lachanfällen überrannt.

"Ja." War dann die Antwort.
 

Der zum Angriff bereit stehende Soldat blickte immer noch Richtung Meer. Aber heute war er wieder nicht allein. Amy saß am Sockel der Statue. Sie hatte das Bedürfnis gespürt nachdenken zu müssen und dazu war ihr Lieblingsplatz einfach der beste Ort. Hier musste sie nicht fürchten von irgendjemanden unterbrochen zu werden.

Die ganze Geschichte ihres Großvaters kam ihr etwas merkwürdig vor. Also, wenn sie alles richtig verstanden hatte, dann hieß es, dass ihre Flügel wieder zurück kehren würden. Und wenn das geschehe, dann bräuchte sie nur noch einen Jungen zu küssen, und dann wurden sie für eine Weile wieder verschwinden. Bis dann eines Tages diese nochmals unter heftigen Schmerzen sich ihren Weg aus ihrem Körper rausbahnen würden.

Nein, Moment mal, sie hatte etwas vergessen. Dieser Junge musste eine Jungfrau sein. Sie musste jetzt schmunzeln. Erik war also doch nicht so einer, wie die Gerüchte überall besagten. Eigentlich hieß es, dass sich jedes Mädchen vor ihm verstecken und sich davor hüten müsste, sich in ihn zu verlieben. Denn er war nicht der Typ für die Liebe. Vergnügen ja, aber Liebe nein, lautete seine Devise. Doch er hatte ihr etwas anderes bewiesen. Er war also doch nicht der harte Kerl, den er immer raushängen ließ. Irgendwie fing er ihr an sympathisch zu werden.
 

Das große Museum in der Hauptstadt Agram wurde auch heute sehr rege besucht. Viele Menschen gingen hinein und schauten sich die wunderschönen Gemälde der berühmtesten Künstler an. Auch eine Man mit kurzen braunen Haaren in einem grauen Anzug ging hinein. Er schaute sich aber die Bilder nicht an. Es schien so, als ob diese ihm egal wären. Denn er hatte eine bestimmte Tür im Sinn. Auf dieser stand: Zutritt verboten. Nur für Mitarbeiter. Doch er ging hinein und der Wachposten der daneben stand, sagte gar nichts. Das Museum war nämlich das Versteck des Geheimdienstes. Nachdem der Mann eine zweite Tür Mithilfe einer Karte geöffnet hatte, wurde er drinnen schon von einem Jungen erwartet. Dieser hatte auf seinem Rücken zwei kleine weiße Flügel und sein Gesichtsausdruck zeigte Freude, als er den Mann sah.

"Endlich!" Rief dieser vor Freude.

"Ja David. In fünf Tagen sind wir wieder in Tortoi." Sagte der Mann und umarmte den Jungen, der schon selbst fast ein Mann war.
 

3.

Ein paar Tage später stand Amy an der Hauptstraße und wartete zusammen mit ihrer Kusine Viktoria und ihrer besten Freundin Ann Hansen auf den Schulbus. Alle drei Mädchen gingen nämlich gemeinsam in die gleiche Schule. Und heute hatten sie sich wieder an der Hauptstraße verabredet um nach Granja zu gelangen.

Granja war eine der größten Städte an der Perlenküste. Sie war förmlich vom Tourismus überflutet, denn überall erstreckten sich große weise Hotels. Im Frühling war aber die Stadt fast leer, denn das Wetter war immer noch etwas zu wankelmütig. Am meisten hörte man zu dieser Zeit, dass Geräusch von Kindern, die von überall aus den kleineren Orten hierhin anreisten um zur Schule zu gehen. So mussten auch Amy, Viktoria, Ann und alle anderen Kinder aus Tortoi mit dem Schulbus bis nach Granja fahren.
 

"Nun sag schon, wie war dein Ausflug nach Agram." Löcherte Viktoria gerade Ann über ihren Wochenendaufenthalt aus.

"Hmmm." Immer, wenn Ann Viktoria auf etwas neugierig machen wollte, tat sie genau das Gleiche: Sie zögerte alles hinaus.

"Nun sag schon. Ich platze vor Neugier und Amy bestimmt auch, oder?" Diese Frage hatte Amy gegolten, doch sie war mit ihren Gedanken woanders. Heute wurde sie nämlich wieder Erik sehen.

"Oh, oh unser Prinzeschen ist gerade im Traumland bei ihrem Prinzen. Na?" Neckte Viktoria Amy nun.

"Was, wie, oh entschuldige Vicki ich war gerade in..."

"Ja, ja wir wissen es. Du hast gerade an deinen Liebsten gedacht." Neckte nun auch Ann Amy.

Doch die Reaktion von Amy ließ ihre beiden Freundinnen ganz schön dumm aus der Wäsche gucken. Amy lief ziemlich rot an. Sie konnten es einfach nicht glauben. Das Mädchen, dass immer so tat, als ob sie die Jungs nicht ausstehen konnte, dachte gerade an einen von diesen. Wie konnte das möglich sein, fragten sich beide gleichzeitig.

Für den Rest des Weges bis zur Schule blieben alle drei sehr ruhig.

Am Eingangstor erwartete die drei aber eine Überraschung. Erik stand nämlich dort und unterhielt sich gerade mit einem Mädchen. Amy schaute zu ihm rüber und als sich ihre Blicke trafen, nickte ihr Erik zu und Amy erwiderte auf die gleiche Weise seine Begrüßung.

"Oh wie ich sehe interessierst du dich für meinen ehrenwerten Cousin?" Sagte Ann, nachdem sie alle drei im Klassenzimmer angelangt waren. Dabei verzog sie ihr Gesicht zu einem kleinen Grinsen.

"Das stimmt doch gar nicht. Was redest du denn da für einen Unsinn?" Wehrte sich Amy. Doch ihr Gesicht sprach das Gegenteil. Es war knallrot.

"Nein, ich glaube es einfach nicht. Du hast dich doch nicht in ihn verliebt. Bitte nicht. Du solltest dich lieber von ihm fernhalten. Er ist dafür bekannt, dass er jedes Mädchen erst mal ganz schamlos ausnützt und dann fallen lässt." Mischte sich nun auch Viktoria in das Gespräch ein. Sie hatte genau wie Ann das Verhalten von Amy genau bemerkt und sie hoffte, dass sie sich jetzt irrte.

"Viktoria hat recht. Erik ist der Schlimmste der Langstone Familie. Er ist sozusagen das Schwarze Schaf." Auch Anns Gesichtsausdruck wurde nun etwas ernster. Jeder in Tortoi, aber auch in der Schule wusste von Eriks Lebensstil genau Bescheid. Und genau wie Viktoria wollte auch sie Amy vor dem schlimmsten bewahren.

"Wen ihr nur wüsstet?" Sagte Amy und begann ganz laut zu lachen. Sie hatte ja selber vor kurzem erfahren, wie viel diese Gerüchte Wert waren.

Ann und Viktoria schauten ihre Freundin aber besorgt an. Sie waren sich sicher, dass Amy etwas für Erik empfand. Aber nun befürchteten sie schon, dass etwas zwischen den beiden vorgefallen wäre. Diese Situation war einfach zu ernst, um sie unter dem Tisch zu begraben. Und wäre die Lehrerin nicht in dem Moment ins Zimmer reingeschneit hätten sie Amy so lange gelöchert, bis diese ihnen die Wahrheit verraten hätte. Doch aufgeschoben, hieß nicht gleichzeitig aufgehoben. Sie hatten ja noch den ganzen Tag vor sich.
 

Der Schultag verging wie immer ziemlich ermüdend. Für Amy war er an diesem Tag vor allem sehr anstrengend. Sie verspürte wie sie manchmal von Schwindelgefühlen ergriffen wurde. Eigentlich war sie eine ausgezeichnete Schülerin, aber heute fiel es ihr ungeheuer schwer sich zu konzentrieren. An dem heutigen Tag hatte sie auch noch Schwimmunterricht, an dem sie leider nicht teilnehmen würde. In Sport war sie schon immer ziemlich schlecht gewesen, so dass es ihr nicht sehr schwer fiel, nicht dabei zu sein. Denn sie hatte von ihrer Lehrerin die Erlaubnis gekriegt früher nach Hause zu gehen, da sie sich nicht wohl fühlte. Irgendwie war sie auch froh darüber, dass sie heute keine Rechenschaft Vicki und Ann mehr schuldig war. Bis morgen hatte sie dann noch genug Zeit sich etwas einfallen zu lassen, um ihnen nicht die Wahrheit zu sagen. Ihre Schwindelanfälle waren schlimmer geworden. Gerade als sie das Schulgebäude verlassen wollte, erblickte sie Erik, wie er angelehnt an einem der Schultore stand.

"Wohin gehst du?" Fragte er sie, als sie an ihm vorbeiging.

"Nach Hause. Ich fühle mich nicht gut." Es hatte sie überrascht, dass er sie angesprochen hatte.

"Ich begleite dich." Seine Worte klangen endgültig, so dass sie nicht wiedersprach. Aber sie brauchte irgendwie auch im Moment eine Begleitung. Sie verspürte wie die Schmerzen wiederkamen. Es waren erst drei Tage vergangen seit ihrem ersten Anfall.

"Hast du denn keinen Unterricht mehr."

"Nein." Schon wieder kriegte sie nur eine einsilbige Antwort. Während sie sich zum Busbahnhof begaben, sprachen sie nicht mehr miteinander.

Irgendwo kurz vor dem Bahnhof spürte Amy, wie alles vor ihren Augen verschwamm. Sie fiel nach vorne um.

Doch Erik war schnell genug gewesen und hatte sie kurz vor dem Aufprall aufgefangen. Er hob sie auf seine Arme. Sie war ohnmächtig geworden.
 

Keiner von beiden hatte den heimlichen Beobachter gesehen. Gloria Raft, die mit Erik in die selbe Klasse ging, arbeitete für die Schülerzeitung. Für sie, die sensationelle Geschichten liebte, war das, was sie eben gesehen hatte, ein gelungener Leckerbissen für die erste Seite. Für die nächste Ausgabe hatte sie die beste Schlagzeile gefunden, die sie finden konnte. "Ein ungleiches Paar: Der Schulplayboy Erik und die Schulbeste Viktoria. Wohin soll das führen?" Ein Foto als Beweis hatte sie auch geschossen, der Kuss zwischen den beiden würde letztendlich auch jeden überzeugen können.
 


 

That's not true. I can see angel wings on your shoulders. (The Cherry Project)
 

Ich habe diese Geschichte schon fünfmal bis jetzt umgeschrieben. Ich hatte schon fünfzehn Kapitel hinter mir, als ich merkte, dass das Ganze viel zu schlimm war. Also, hieß es noch Mal dran. Alles löschen und von vorne anfangen.

Im großen und ganzen ist es nun so geworden, wie ich es mir vorgestellt habe. Aber es gefällt mir immer noch nicht.

Am Anfang passiert so viel, dass es mir sehr schwer fiel alle Infos richtig unter zu bringen. Über Kommentare würde ich mich sehr freuen. Vielleicht hat jemand von euch die Idee, wie ich die Geschichte besser machen könnte. Die übrigen Kapitel stehen auch schon fest, aber... wie schon gesagt, ich muss sie noch verbessern.
 

ANA VI



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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Von: abgemeldet
2004-04-16T23:24:30+00:00 17.04.2004 01:24
*den erste teil les*
geill ich schau gleich ma weiter...aber...ich war leicht verwundert...Unzwar beim letzen Teil:

Ein ungleiches Paar: Der Schulplayboy Erik und die Schulbeste Viktoria. Wohin soll das führen?" <---war Viktoria net die Cousine und Amy ist umgekippt *verwirrt guck*

Aber dein Schreibstil ist einfach genial..wird bestimmt auch weiterhin so toll sein^^ (vielleicht noch etwas verbessert XD)

By Shi


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