"Du gehörst zu mir!"
„Du gehörst zu mir!“
Ich wusste, dass diese Worte mein Leben verändern würden. Doch wie schwer es werden würde, damit hatte ich nicht gerechnet. Drake Lancer blickte mich an und machte mich zu der Seinen, ohne dass ich etwas dazu sagen durfte. Als ob ich etwas dagegen gesagt hätte, auch wenn ich gekonnt oder gewollt hätte. Dazu war ich erstens viel zu schüchtern und zweitens wollte ich auch gar nicht widersprechen. Er war mir schon öfter aufgefallen, obwohl er mich niemals bemerkt hatte. Warum auch? Ich war schüchtern und zurückhaltend und hätte mich niemals getraut einen Mann wie Drake anzusprechen.
Als er jetzt so vor mir stand, erlaubte ich mir ihn richtig anzusehen, obwohl ich dabei leicht errötete. Er hatte braune Haare, die ein wenig durcheinander waren, als wäre er mit der Hand hindurch gefahren, und seine grünen Augen schauten mich an, als würden sie alles über mich wissen. Das machte mir Angst und doch wurden meine Knie weich. Das schwarze Shirt ließ der Fantasie kaum freien Lauf, da man die Muskeln seines Oberkörpers und seines Bauches deutlich sehen konnte. Seine muskulösen Beine steckten in Jeans, die sich eng an seinen Po und sein Geschlecht schmiegten. Es war kein Geheimnis, dass er gut gebaut und wahnsinnig beliebt bei den Frauen war. Daraus machte auch er kein Geheimnis. Man konnte fast wöchentlich zuschauen, wie er die nächste Frau aussuchte. Aber das hatte nur einen Zweck: Er war auf der Suche nach seiner Gefährtin.
„Hast du mich gehört?“, fragte er nun ein wenig ungeduldiger, wobei mir auffiel, dass ich ihn nur stumm angestarrt hatte. Nun senkte ich ein wenig beschämt den Kopf und ich konnte spüren, wie sich meine Wangen röteten. Natürlich war es mir peinlich, dass er mich dabei erwischt hatte, wie ich ihn angestarrt hatte. Doch schließlich war er es gewöhnt, dass Frauen ihn ansahen, sodass er auch jetzt nur amüsiert grinste.
Drake war der Anführer der Wölfe, daher sagte niemand etwas über seine vielen Frauen. Schließlich war es die Pflicht eines Alpha sich seine Gefährtin, zu suchen. Viele glaubten, dass es vorherbestimmt war, welche die Frau an seiner Seite wurde. Denn sonst würde es niemals solange dauern bis Drake die geeignete Kandidatin gefunden hatte. Es hatten sich genügend Frauen bei ihm „beworben“ und keine schien davon die Richtige zu sein.
Nun stand Drake vor mir und blickte mich abwartend mit seinen grünen Augen an. Es wunderte mich, als er den kleinen Buchladen betreten hatte, in dem ich arbeitete. Ich hatte ihn vorher noch nie hier gesehen und als er direkt auf mich zugekommen war, hatte mein Herz heftig geklopft und auch jetzt hörte es nicht auf, wie wild zu schlagen. Drake musste es hören, denn seine Sinne waren besser, als die der Menschen und sogar besser als die, der anderen Wölfe. Sein Rudel bestand aus vielen Männern, die sich genauso wie er bei Vollmond in einen Wolf verwandelten. Daher suchte er weiter nach seiner Gefährtin um diesem Schicksal zu entkommen. Ich kannte nicht alle Einzelheiten, die mit den Wölfen verbunden waren und doch hatte ich das Gefühl, dass ich schon bald alles erfahren würde.
Drake verschränkte die Arme vor der Brust und blickte mich weiterhin abwartend an. Bis jetzt hatte ich kein Wort herausgebracht und ich war mir nicht sicher, ob sich das in den nächsten Minuten ändern würde. Er hatte mich so unerwartete erwischt, dass ich mich einfach nicht richtig darauf vorbereiten konnte. So musste es immer bei mir sein. Ich hasste Überraschungen, denn wenn etwas unerwartetes auf mich traf, wusste ich nie, wie ich zu reagieren hatte. Das war lästig, aber so war es schon immer bei mir gewesen. Ich musste mich vorbereiten und innerlich wissen, dass ich dafür bereit war. Doch Drake stellte mich nun auf die Probe.
Nach einigen Sekunden bemerkte ich, wie mich jemand von hinten anstieß und sich räusperte. Ich schüttelte leicht meinen Kopf und wandte meinen Kopf nach hinten. Es war Jill, meine Arbeitskollegin. Gelegentlich gingen wir was zusammen essen und kamen uns so ein wenig näher. Ich hatte nur wenige Freundinnen gehabt, sodass ich Jill erst langsam vertrauen konnte. Doch sie kannte mich einfach zu gut und jetzt wollte sie mir helfen. „Sag was, Heather! So eine Chance bekommst du nicht noch mal.“, schien sie mir mit den Augen zu signalisieren und deutete mit dem Kinn auf Drake. Sie hatte recht. Wenn ich jetzt nicht reagieren würde, würde er wahrscheinlich gehen und mich nie wieder ansprechen. Doch ich kannte ihn viel zu wenig, sodass ich mich täuschen sollte.
Ich hörte ihn genervt seufzen und er kam einen Schritt näher auf mich zu. „Eigentlich ist es mir egal, was du zu sagen hast. Ich habe keine Zeit um mich mit irgendwelchem Kinderkram zu beschäftigen.“ Jetzt blinzelte ich einige Male, ehe ich meinen Kopf hob und ihm direkt in die Augen blickte. Das machte mich schon ein wenig wütend. Kinderkram? Was bildete er sich denn ein? Das er einfach in den Laden kommen kann und über mein Leben bestimmt? Anscheinend dachte er das wirklich. Auch wenn ich erst 22 war, benahm ich mich älter, als die meisten in meinem Alter. Das sagten mir zumindest viele. Sogar mein letzter Freund hatte gesagt, dass ich zu erwachsen für ihn war, obwohl er 4 Jahre älter war als ich. Das war nun einige Jahren her und seitdem hielt ich mich von Männern fern. Ich kam auch ohne sie klar. Drake war da keine Ausnahme, auch wenn er ein ganze besonderes Exemplar ist. Soweit ich wusste, war er auch erst 29. Doch bei Werwölfen war das sicher anders. Oder?
Ich räusperte mich. „Ich versichere dir, dass ich mich noch nie mit irgendwelchem Kinderkram beschäftigt habe.“ Das war normalerweise nicht meine Art, aber ich musste es einfach sagen. Auch er schien verblüfft darüber zu sein, denn alle in der Stadt kannten mich als die Ruhige. Niemals war ich jemandem gegenüber frech geworden. Es gab wohl wirklich für alles ein erstes Mal. „Und ich verstehe nicht wirklich, was du meinst. Du kannst doch nicht hier rein kommen und... und...“
Ich brachte es einfach nicht über die Lippen. Da war nun wieder die alte Heather.
Drake schien sich wieder gefasst zu haben, denn er löste seine Arme vor der Brust und beugte sich zu mir vor. Ein selbstsicheres Lächeln lag auf seinen Lippen. „Natürlich kann ich das. Du musst doch schon davon gehört haben. Schließlich ist es nicht das erste Mal, dass ich es zu einer Frau sage. Doch ich glaube, dass du die Letzte sein wirst. Ob du nun willst oder nicht.“ Leicht legte er den Kopf auf die Seite und unterbrach den Blickkontakt nicht. Mir wurde heiß bei seinen Worten, ohne das ich es verhindern konnte. Sein Blick ging mir durch und durch und ich musste mich leicht auf der Theke abstützten. Er wusste, was er für eine Wirkung auf Frauen hatte und das nutze er aus. „Bislang habe ich dir keine Beachtung geschenkt, doch das war ein Fehler. Jetzt kann ich es spüren. Nur du allein kannst meine Gefährtin sein.“ Seine Stimme jagte mir eine Gänsehaut ein und ich schluckte hart. Fasziniert starrte ich auf seinen Mund, obwohl ich es versuchte zu lassen.
Ich konnte nur da stehen und ihm zuhören, während Jill sich um die Kunden kümmerte. Zum Glück war es heute nicht voll im Laden und sie kam gut allein zurecht. Doch die wenigen, die da waren, sahen ebenfalls neugierig zu uns rüber und versuchte etwas von dem Gespräch mit zu bekommen. In einer Stunde würde jeder in der Stadt wissen, dass Drake bei mir gewesen war. Besonders den Frauen würde das nicht gefallen.
Ich holte tief Luft und zwang mich ihm in die Augen zu blicken. „Mag sein, dass du das glaubst, aber ich bin mir da gar nicht sicher. Schließlich weiß jeder in der Stadt, wie du zu den Frauen stehst. Wahrscheinlich bin ich nur die einzige, die du noch nicht hattest.“ Ich nahm das Buch, dass vor mir auf der Theke lag und ging hinüber zu einem Tisch, um es einzupacken. Drake ließ sich nicht abschütteln und folgte mir. Die ganze Zeit war ich mir seiner Nähe bewusst und das gefiel mir gar nicht. Ich versuchte mich auf das Einpacken zu konzentrieren, was gar nicht so einfach war, weil er fast direkt hinter mir stand. Ich konnte seinen männlichen Duft einatmen und konnte sogar seine Wärme spüren. Eins wusste ich noch: Werwölfe waren immer ein wenig wärmer, als die normalen Menschen. Diese Wärme zog mich fast magisch an und umhüllte mich. Ich konnte nur mit Mühe widerstehen und den Drang bekämpfen, mich an ihn zu lehnen.
„Ich denke, du musst mir in dieser Sache schon vertrauen. Ich habe mehr Erfahrung damit, als du. Auch wenn du dich jetzt noch dagegen sträubst, wirst du bald einsehen müssen, dass ich recht habe. Jetzt, wo ich dich gefunden habe, wird die Sehnsucht und das Verlangen zwischen uns nur größer.“, hauchte er leise und sein Atem streifte meinen Nacken. Nur mit Mühe konnte ich ein Seufzen unterdrücken, biss mir auf die Zunge und zwang mich dazu, dass Buch weiter einzupacken. Drake hatte sich zu mir hinunter gebeugt, sodass unsere Körper sich fast berührten. „Schon bald wirst du nicht mehr ohne mich können, genauso wie ich mich nach dir sehne. Du spürst es schon jetzt, nicht wahr?“ Bei seinen Worten beugte er sich noch tiefer hinunter und ich konnte spüren, wie er mit seiner Nase über meinen Hals strich. Er atmete meinen Duft ein und ich konnte hören, wie er auf seufzte. Ein erleichterter Laut, als wäre er endlich am Ziel. „Wann hast du Feierabend?“ Mittlerweile hatte ich die Augen geschlossen und den Kopf leicht in den Nacken gelegt. Das Buch war vergessen. Seine Nähe berauschte mich und ich wollte mehr davon.
Als ich seine Frage hörte, wurde mir wieder bewusst, wo wir waren und ich riss erschrocken die Augen auf. Ich drehte mich zu ihm um und schob ihn ein wenig von mir weg. So vieles wollte ich ihm an den Kopf werfen. Ich wollte ihn anschreien und ihm eine Ohrfeige geben. Doch alles was ich heraus brachte war: „Um 7.“ Meine Stimme klang rau. Fremd für meine Ohren.
Drake grinste mich nur an und nickte leicht. „Ich werde auf dich warten.“
Mit diesen Worten drehte er sich um und verließ den Laden. Ich hatte das Gefühl keine Luft mehr zu bekommen, als er außer Sicht war. Hatte er das mit seinen Worten gemeint? Spürte ich schon jetzt diese unerklärliche Sehnsucht nach ihm?