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Chaos in my heart, Confusion in my mind

Yami x Seto (Jonouchi x Yugi?)
von

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This sick existence

Disclaimer: Yu-Gi-Oh! gehört leider nicht mir und ich verdiene auch kein Geld hiermit (Aber Kommi-Spenden sind erwünscht^^)

Genre: Drama, Shounen-Ai, Alternative Universe (soll heißen, die Charaktere sind in “etwas” andere Lebensverhältnisse gesteckt worden und dadurch auch entsprechend verändert)

Pairing: Yami x Seto (ob sie wollen oder nicht~.^) und Nebenpairing Jonouchi x Yugi
 

As I walked across the golden sea

Wasn’ t it a pity

That I never found someone else

Than me?
 

Er zitterte und lehnte sich vorsichtig an die Wand. Bunte Schlieren tanzten vor seinen Augen und der Korridor wölbte sich. Der Boden bebte unter seinen Füßen und die Wand wich, aus ihrem festen Stand gebracht, zurück. Kälte zog sich über seinen Körper, bereitete ihm eine Gänsehaut. Stach wie Eisdornen in sein Fleisch. Er spürte, wie er in die Knie ging, seine Umgebung kaum noch wahrnehmend. Panik überfiel ihn, Schweiß brach ihm aus den Poren, trotz der Kälte, die er fühlte.

Er keuchte leise, fühlte, wie die Furcht sich in sein Innerstes fraß. Er wusste nicht, warum er sich fürchtete, dennoch zog sich dieses Gefühl durch sein Gehirn wie ätzende Säure, färbte die Schlieren vor seinen Augen gelb und grün. Wenn sie nur nicht schwarz würden - wenn sie schwarz wurden, bedeutete das nie etwas Gutes.

Der Boden wankte weiter, während er einfach nur dasaß und hoffte, dass es vorbeigehen würde. Kaum etwas von seiner Umgebung wahrnehmend, blickte er trüb vor sich hin, sah nur die grellen Abdrücke, oder sollte er besser sagen, Alpdrücke seines Gehirns, die mit pochendem Rhythmus, wie der Schlag seines Herzens, auf ihn zuzukommen schienen, sich wie die Angst in ihn fraßen.

Seine Haut kribbelte, hinter den Augen entstand ein mächtiger Druck. Er sehnte sich nach seinem blauen Freund, der immer für ihn da gewesen war. Doch heute nicht mehr. Schon zu lange - seit er kein kleines Kind mehr war - wusste er, dass sein blauer Freund nur eine Fantasie-Gestalt war, die er sich eingebildet hatte, nur, um von dem Schmerz abgelenkt zu werden, wenigstens einen kleinen Teil Geborgenheit in dieser Welt zu fühlen. Doch nun hatte diese Gestalt keinen wirklichen Bestand mehr für ihn. Nun war sie nichts weiter als ein blasser Schemen. Zu sehr hatte er sich der Realität gestellt, hatte erkannt, dass die Gestalt ihm nichts geben konnte, nicht wirklich da war und es auch niemals sein würde, so wie er es sich als kleines Kind erhofft hatte. Ja, irgendwie hatte er sich ersehnt, dass sein blauer Freund eines Tages in Form eines wirklichen Menschen vor ihm stehen würde. Doch nun, mit dem Älterwerden, war diese Hoffnung gänzlich verschwunden.

Sogar die Hoffnung darauf, dass es irgendwo auf der Welt einen Menschen geben könnte, der ihn verstünde, war verschwunden, verschwunden wie…

Die Gedanken endeten. . .
 

. . . Als er eine Hand in seinem Blickfeld auftauchen sah. Irritiert blickte er darauf und unheimlich langsam, wie es ihm schien, mit schreckgeweiteten Augen, wanderte sein Blick weiter zum Handgelenk über den schmalen und doch eindeutig einem Jungen gehörenden Arm, bis er bei einem schwarzen Gürtel zum stehen kam, welcher eine schmale Hüfte umschloss.
 

“Brauchst du Hilfe?”, erkundigte sich eine freundliche, warme Stimme, die ihm auf Anhieb gefiel - dennoch zuckte er vor Überraschung zusammen. Selten sprach ihn jemand an, kümmerte sich gar um ihn und wenn, dann hänselte man ihn höchstens. So war er den Umgang und die Nähe von anderen Menschen gar nicht gewohnt. Gezwungenermaßen blickte er hinauf in das Gesicht, welches gar nicht so weit über ihm aufragte, da der Junge vor ihm nicht sonderlich groß war. Blonde, in leichten Wellen fallende Strähnen, deren Spitzen gerade so die Schultern berührten, fielen ihm seitlich über die Wangen. Dies war aber gar nicht mal das ungewöhnlichste an seiner Frisur. In aufragenden Zacken stand der Großteil seiner Haare zu Berge, tiefschwarz mit rötlich-violetten Spitzen. Seine Augen wurden größer, als er diese Aufmachung betrachtete. Eine solche Frisur war ihm noch nie untergekommen und er ertappte sich dabei, regelrecht zu starren. Bei jedem anderen hätte er diese Haarpracht einfach nur unmöglich gefunden, aber an diesem kleinen, schmalen Jungen sah sie gar nicht mal so schlecht aus.
 

“Wie geht es dir?”, erkundigte sich dieser und hielt ihm immer noch seine Hand vor die Nase. Überrascht bemerkte er, dass sein Anfall vorüber war. Er zitterte nur noch leicht, aber die Umgebung hatte sich wieder in ihre festen Formen gefügt, die Farben waren wieder normal. Auch das Beben des Bodens hatte aufgehört. Er registrierte, dass er nassgeschwitzt war, was ihm ziemlich unangenehm war, besonders, da der Schultag erst angefangen hatte und er noch den ganzen Tag so verbringen musste.
 

“Es geht schon”, erklärte er, etwas außer Atem. Braune Haarsträhnen klebten ihm im Gesicht und er musste wohl einen mitleiderregenden Eindruck erwecken, denn der Junge vor ihm rührte sich nicht vom Fleck. Erst jetzt registrierte er, dass er die Arme um die Beine geschlungen hatte und so zusammengekauert an der Wand hockte. Er biss sich unwillkürlich auf die Lippen und bemerkte dabei, dass er dies wohl schon vorher getan hatte, da sie sich wund anfühlten.
 

“Na komm, ich helfe dir!”, forderte ihn der unbekannte Junge auf. Er jedoch ignorierte die Hand und stemmte sich stattdessen mit den Händen vom Boden ab, was ihm gar nicht leicht fiel, da er noch sehr erschöpft war. Aber er wollte allein aufstehen können. Etwas anderes wäre viel zu peinlich gewesen und wenigstens ein bisschen Stolz wollte er sich bewahren. Außerdem sah diese schmächtige Person vor ihm nicht gerade so aus, als könne sie ihn halten, besonders, da er doch ziemlich groß, wenn auch etwas zu dünn, war. Allerdings wusste er die Freundlichkeit des Jungen durchaus zu schätzen.
 

“Schon gut, ich schaffe das alleine.”
 

“Bist du dir sicher?”, wurde ihm ein besorgter Blick zuteil.
 

“Ja, ganz sicher!”, antwortete er heftiger als beabsichtigt, was ihm sofort leid tat, da der andere ihm ja nur hatte helfen wollen. Trotzdem sagte er nichts weiter und richtete sich langsam auf. Aber der fremde Junge schien sich gar nicht an seinem Tonfall zu stören, sondern lächelte ihn freundlich, offenbar erfreut darüber, dass er alleine aufstehen konnte, an. Ihm wurde unwillkürlich ganz warm ums Herz. So freundlich hatte ihn noch nie jemand angelächelt. Nun, nein, noch nie, wäre ungerecht zu sagen, gegenüber anderen Menschen, die ihm wegen seiner Krankheit bereits geholfen hatten - auch wenn dies sehr wenige waren - aber bei diesem Jungen hier vor ihm, fühlte sich dieses Lächeln irgendwie noch viel liebevoller und wärmer an, als bei jedem anderen zuvor und diese rötlichen Augen strahlten ihn geradezu an. Ihm schoss die Röte ins Gesicht, als ihm klar wurde, warum ihm das Lächeln dieses Jungen viel besser gefiel, als das seiner Terapeuthin, die wirklich sehr um ihn bemüht war. Es lag offenbar daran, dass er mehr auf Männer stand, als auf Frauen, wie ihm schon seit ungefähr drei Jahren klar war. Hoffentlich bemerkte der Junge vor ihm nicht, dass die Röte seiner Wangen nicht an seiner Erschöpfung lag. Auf jeden Fall ließ dieser sich nichts anmerken und erklärte:
 

“Hallo, übrigens. Ich bin Atemu Mûto, aber du kannst mich Yami nennen, das tun alle meine Freunde. Ich bin neu hier, wie man unschwer erkennen kann, und zwar zusammen mit meinem kleinen Bruder, obwohl er eigentlich nur ein paar Minuten jünger ist als ich. Ich vermute mal, wir gehen ab sofort in die gleiche Klasse, jedenfalls, wenn du ebenfalls dort hinein willst”, zeigte er mit dem Daumen auf die Tür hinter sich. “Wir sind reichlich zu spät dran, was?”, lächelte er etwas verschmitzt und fuhr sich kurz durch die Haare.
 

“Ja, dann gehen wir wohl in die gleiche Klasse”, erwiderte er wortkarg und zwang sich dazu, den Blick von Atemu abzuwenden und auf die Klassenraumtür zu richten. Er war wirklich viel zu spät dran - erst nicht aus dem Bett gekommen, weil nicht einschlafen gekonnt und dann dieser blöde Anfall - wieder einmal.
 

“Und, wie heißt du, wenn man fragen darf?”, zog Atemu kritisch eine Augenbraue in die Höhe und schien sich gar nicht daran zu stören, dass sie noch später kommen würden, wenn sie hier so gelassen herumstanden. Aber zumindest vorstellen, konnte sich der junge Herr doch! Dieser wurde sich gerade bewusst, dass er wieder mal einen Fauxpas begangen hatte und verfluchte sich innerlich selbst dafür, dass er so schlecht mit anderen Menschen umgehen konnte. Er war so in Gedanken gewesen, dass er sich nicht mal vorgestellt hatte, nachdem der andere das so freundlich getan hatte. Trotzdem war ihm die Sache furchtbar peinlich und so meinte er knapp, scheinbar unterkühlt:
 

“Du kannst mich Kaiba nennen!”, wandte er sich ab und der Klassentür zu, nur um sich im nächsten Augenblick selbst zu schelten, weil er diesem hübschen, netten Jungen nicht seinen Vornamen angeboten hatte, was dieser immerhin ebenfalls getan hatte. Aber nun stand er schon vor der Tür und war im Begriff sie zu öffnen, besaß nicht mehr den Mut, sich noch einmal umzuwenden und seine schroffe Art zu korrigieren.
 

Die Menschen um sich herum ignorierend, setzte sich Kaiba an seinen Tisch neben der Fensterreihe, ungefähr im zweiten Drittel des Raumes, während er sich knapp murmelnd für sein Zuspätkommen entschuldigte, was ihm doch ziemlich unangenehm war, da er es nicht mochte, sich bei jemandem zu entschuldigen, insbesondere auch noch vor so vielen anderen Leuten.
 

Trotzdem, dass er schon seit einigen Jahren auf diese Schule ging, kannte er kaum jemanden, da er alle Menschen um sich herum zwar gut beobachtete, allerdings nie jemanden an sich heranließ. Es war zwar nicht so, dass er unfreundlich gewesen wäre, allerdings reichte schon die Abwesenheit von Freundlichkeit und seine Weigerung zu reden, um ihn als Außenseiter zu isolieren. Er fühlte sich einfach sehr unwohl unter anderen Menschen und außerdem hasste er es, Fragen zu beantworten, insbesondere, wenn es sich um Fragen bezüglich seiner speziellen Krankheit handelte. Zudem hatte er verlernt, anderen Menschen zu vertrauen oder mit ihnen umzugehen. Aber dies störte ihn nicht mehr so sehr wie früher - so allein kam man doch auch ganz gut zurecht, dann brauchte man niemandem Rechenschaft für sein Handeln ablegen und konnte tun, was man wollte, war unabhängig und frei. Na ja, mal abgesehen von seinem Adoptivvater Gozaburo, der leider auch noch ein Wörtchen mitzureden hatte und dies Seto nur zu oft spüren ließ.
 

Zu dumm, dass er heute Morgen vergessen hatte, seine Tabletten zu nehmen und so einen Anfall praktisch provoziert hatte. Das konnte nur deshalb passiert sein, weil er diese Nacht so wenig geschlafen hatte und deshalb heute Morgen noch halb in Trance alles um sich herum vergessen hatte. Zum Glück hatte er aber noch einen Tablettenvorrat in seiner Schultasche, wovon er sich nebenbei schnell zwei in den Mund steckte. Er hätte sich zwar für heute krank melden können, aber einerseits hatte er schon zu oft gefehlt und wollte nicht noch mehr auffallen und andererseits wusste er, dass die Tabletten ihre Wirkung ganz gut erfüllten, so dass er den restlichen Schultag relativ gut überstehen würde, wenn auch etwas angeschlagen von dem Anfall eben.
 

Er seufzte leise und schalt sich im nächsten Moment selbst dafür, da er um keinen Preis irgendeine Schwäche zeigen wollte und seinen Mitschülern so einen Grund geben, ihn mal wieder aufzuziehen. Diese nutzten nämlich schon die geringste Kleinigkeit, ihn zu verspotten und zu beleidigen. Deshalb wollte er so wenig wie möglich von sich preisgeben und einfach anwesend sein, wie eine Statue oder ein Roboter.
 

Verstohlen wanderte sein Blick zu Yami hinüber, der sich erst zusammen mit seinem Bruder, der ihm zwar sehr ähnlich sah, aber doch wieder ganz anders, nämlich irgendwie viel kindlicher, der Klasse vorgestellt hatte und nun in der Mitte des Raumes an einem bisher leeren Tisch Platz genommen hatte. Er stellte fest, dass selbst Yamis Rückansicht, wenn auch leider die Stuhllehne das meiste verdeckte, entzückend aussah.

Er ertappte sich dabei, wie er ihn längere Zeit anstarrte und wandte schnell den Kopf ab. Hoffentlich hatte das keiner bemerkt. Sonst fand man noch heraus, dass er homosexuell war und das wollte er doch auf jeden Fall vermeiden, da man ihn damit sehr wahrscheinlich erst recht fertig gemacht hätte. Trotzdem konnte er nicht vermeiden, zwischenzeitlich immer wieder zu Atemu hinüber zu sehen. So ging dies eine ganze Weile den Vormittag über, bis sein Objekt der Betrachtung sich überraschend umwandte und ihm zuzwinkerte. Kaiba wurde rot. Wahrscheinlich so rot wie eine Tomate. Er fluchte still vor sich hin und blickte weg, als hätte er nichts wahrgenommen. Im schlimmsten Fall hatte Atemu bemerkt, dass er ihn die ganze Zeit heimlich beobachtet hatte und nun würde er ihn in Zukunft bestimmt ständig damit aufziehen. Er konnte es sich schon gut vorstellen, dieses Gespött und die Beleidigungen seiner Mitschüler, die ihn damit aufzogen, dass er auf Männer stand und Atemu selbst, der erste Junge, der von Anfang an so freundlich zu ihm gewesen war, ihn nun auslachen würde.
 

“Hey, Alter, wie mies sind wir denn heute mal wieder drauf?” Kaiba schreckte auf, als er laut von der Seite angesprochen wurde und registrierte mit Unbehagen und leichter Verärgerung, dass Jonouchi, der Klassenkasper, wie er ihn heimlich nannte, seine Nase mal wieder in fremde Angelegenheiten stecken wollte. Das war so typisch für ihn. Jeder andere - nun fast jeder andere - hatte kapiert, dass es besser war, ihn zu ignorieren, nur dieser blonde Hitzkopf natürlich nicht. Einen Vorteil hatte dies jedoch: Er war dadurch aus seinen Zweifeleien herausgerissen worden und bemerkte so, dass gerade die Pause begonnen und die Hälfte der Schüler den Klassenraum verlassen hatte. Er schalt sich selbst, dass er neuerdings so unaufmerksam war. Aber andererseits, wofür lohnte es sich eigentlich noch, aufmerksam zu sein? Das, was gerade im Unterricht behandelt wurde, hatte er aus Langeweile, weil er keine Freunde hatte, bereits zu Hause gelernt und der andere Teil interessierte ihn meistens einfach nicht. Er sah nicht ein, wieso er Dinge lernen sollte, die er in seinem späteren Leben ohnehin nicht brauchte und hangelte sich so durch die Fächer, die ihn nicht interessierten einfach durch, was erstaunlich gut funktionierte, dafür, dass er so wenig aufpasste.
 

Bedächtig stand er von seinem Tisch auf und bemerkte erleichtert, dass sein Kreislauf mitspielte und ihm nur leicht schwummrig im Kopf war. Nachdenklich blickte er noch mal aus dem Fenster, welches auf den Schulhof hinaus führte.
 

“Oh, man, was ist denn dem mal wieder über die Leber gelaufen?”, stöhnte Jonouchi und wandte sich ab, als er keine Reaktion bekam. Nun wandte sich auch Kaiba um, in Erwartung, der letzte im Klassenraum verbliebene Schüler zu sein und stutzte überrascht, als er Atemu bemerkte, der ihm mit einem Lächeln entgegenblickte.
 

“Ich dachte, wir könnten die Pause zusammen verbringen, wenn es dir nichts ausmacht. Außer meinem Bruder kenne ich hier niemanden, also…”
 

“Schon klar…”, meinte Kaiba und war über seinen eigenen abweisenden Tonfall überrascht, welcher so gar nicht verriet, welche Unsicherheit sich in seinem Inneren abspielte. Manchmal war er über sich selbst erstaunt, wie gut er sich verstellen konnte. Doch gerade diesmal hatte er das eigentlich nicht gewollt. Atemu gegenüber wollte er…offener sein, weil dieser so freundlich zu ihm gewesen war. Außerdem sah er verdammt gut aus, wie Seto innerlich fluchend über seine Schwäche für diesen Jungen, zugeben musste. Er räusperte sich. “Ich meine, wie du willst”, überwand er sich zu sagen. Na toll, er klang ja mal wieder sehr begeistert. Dabei freute er sich tatsächlich wie ein König, dass der andere ihm Gesellschaft leisten wollte und ihn so nett anlächelte. Warum konnte er, verdammter Trottel, der er war, das nur nicht zeigen? Es war, als hätte er verlernt, sich anderen Menschen gegenüber zu öffnen.
 

“Schön”, lächelte Atemu noch strahlender, ließ Setos Herz höher schlagen. “Gehen wir?”, wandte er sich um. Seto nickte mit einem feinen Lächeln, was sein neuer Klassenkamerad aber nicht mehr bemerkte, da er sich bereits umgedreht hatte.
 

“Ein schöner Schulhof”, bemerkte Yami um sich blickend. Überall waren grüne Nischen mit Blumenbeeten oder Bäumen eingerichtet, und Bänke standen davor, so dass man sich fast vorkam, wie in einem Park. Außerdem lag die Schule, zwar nicht im Wald, aber doch neben der Stadt in einem Gebiet mit vielen Kleingärten, was eine ziemlich angenehme Atmosphäre schuf. Yami hatte dies zwar schon vorher bemerkt, allerdings nur am Rande, da er zuvor nicht allzu viel Zeit für eine ausgiebige Betrachtung gehabt hatte. Aber auch die Schulpause war ja leider viel zu kurz.
 

“Wollen wir uns setzen?”, schlug Seto vor und deutete auf eine etwas abgelegen stehende Bank, wo sich nicht so viele Schüler aufhielten, da sie etwas weiter entfernt vom Schulgebäude lag. Hier saß er am liebsten, da er hier die meiste Ruhe genießen konnte.
 

“Oh, scheiße!”, rief Yami plötzlich aus und blieb stocksteif stehen. Seto zuckte zusammen. Hatte er irgendwas falsch gemacht? Sich mal wieder daneben benommen, ohne es zu bemerken? Dabei hatte er doch so sehr darauf geachtet, sich möglichst “normal” zu verhalten. Aber nein, das konnte nicht sein. Er hatte Yami doch nur hier her geführt und ihm die Bank als Sitzgelegenheit vorgeschlagen!
 

“Was ist los?”, erkundigte er sich vorsichtig.
 

“Ach!”, stöhnte Yami. “Ich Dummkopf habe mein Pausenbrot vergessen. Und mein Wasser auch. Geld hab ich auch keins dabei und ohne Essen sterbe ich!”, rief er kläglich aus und gab einen geradezu jämmerlichen Anblick ab, was Kaiba unwillkürlich zum Lachen brachte. “Was ist daran so komisch?”, erkundigte sich Yami leicht fauchend. “Du kommst vielleicht einen ganzen Tag ohne Essen und Trinken aus, aber ich nicht!”
 

“Schon gut”, schmunzelte Kaiba. “Hier, nimm das”, damit zog er einen Geldschein aus seinem Portmonee, welchen er Yami in die Hand drückte. “Kauf dir einfach was.”
 

“Aber, das…”, blickte der verwundert auf.
 

“Schon gut, das macht mir nichts aus.”
 

“Danke!”, strahlte Yami. “Bin gleich wieder da!”, und marschierte los, in Richtung Cafeteria - nur um Augenblicke später stocksteif stehen zu bleiben und wieder rückwärts anzumarschieren.
 

“Was ist? Hast du keinen Hunger mehr?”, verwunderte sich Kaiba.
 

“Erstens, ich weiß gar nicht, wo die Cafeteria ist. Und zweitens: Das Geld, das du mir gegeben hast, würde ausreichen, um einen ganzen Monat essen zu gehen! Kaiba, du kannst mir doch nicht so viel Geld geben, du kennst mich doch kaum.”
 

“Ach, das ist mir egal. Wem ich wie viel Geld gebe, ist ja wohl meine Sache. Komm und lass mich dir lieber die Cafeteria zeigen!”, wiegelte Seto peinlich berührt ab und marschierte nun seinerseits los, hoffend, dass Yami ihm folgen würde, ohne weiter Fragen zu stellen, warum er im Besitz von soviel Geld war. Allerdings war das wohl ein sinnloses Unterfangen, da er spätestens morgen sowieso herausfinden würde, dass er der Sohn des reichen und berühmten Geschäftsmannes Gozaburo Kaiba war. Oder besser gesagt, dessen Adoptivsohn. An Geld hatte es ihm daher nie gemangelt, im Gegenteil, Gozaburo stopfte ihn nur so damit zu - und hoffte, ihm allein dadurch ein guter Vater zu sein - dass es ihm schon zu den Ohren wieder herausquoll. Er wusste wohl besser als die meisten jungen Menschen, dass Geld allein nicht glücklich macht.
 

“Hier ist es”, deutete Kaiba unnötigerweise auf die Cafeteria, welche man aufgrund der sich darin drängelnden Menschenmassen kaum übersehen konnte. Er seufzte leise, als er bemerkte, dass Yami wohl den Rest der Pause damit verbringen würde, in der Schlange anzustehen und keine Gelegenheit mehr haben würde, sich mit ihm zu unterhalten. Aber naja, es gab immerhin noch mehr Pausen. Hoffentlich wollte Yami dann noch immer etwas von ihm wissen - und das nicht nur, wegen seines Geldes.
 

Als hätte Seto es geahnt, musste er mit ansehen, wie Yami ihm schon in der nächsten Pause keinerlei Beachtung mehr schenkte. Stattdessen hing er bei dem Köter und seiner Clique herum und schien sich köstlich zu amüsieren, wie er eifersüchtigen Blickes feststellte. Wenn er allerdings geahnt hätte, um was es bei dem Gespräch zwischen Yami und den anderen unter anderem ging, wäre er wohl eher erfreut gewesen . . .
 

Zur Erklärung: Da ich von Medizin nichts verstehe, habe ich mir die Krankheit von Kaiba selbst ausgedacht und mir kein wirklich existierendes Vorbild genommen.

Und was die Charaktere betrifft, ich weiß, die sind verändert - ich fürchte, ich habe zu viele von diesen Azuma-Doujinshis angeguckt und mich eher daran orientiert.

Übrigens ist die Geschichte noch längst nicht fertig geschrieben, aber ich wollte schon mal den Anfang posten, um zu sehen, ob sich überhaupt jemand für eine Fortsetzung interessiert, ansonsten lass ich es nämlich gleich ~.~

Na ja, ich muss sagen, nachdem einige Zeit vergangen ist, seit ich das erste Kapitel geschrieben habe, erscheint es mir jetzt doch etwas langatmig.

Advances

Vielen Dank noch mal für die lieben Kommentare. Da freu ich mich immer. Selbst wenn ihr mal was Negatives anzumerken habt, ist mir das lieber, als überhaupt keine Reaktion^^.

Ach ja, wer nicht weiß, was der Kapitel-Titel bedeutet...der darf jetzt im Wörterbuch nachschauen *das auch gemacht hab*
 

Yami pfiff fröhlich vor sich hin, als er auf dem Nachhauseweg war, während er seine Schultasche über die Schulter geworfen hatte. Seinem kleinen Bruder hörte er nur mit halbem Ohr zu, obwohl dieser schon die ganze Zeit auf ihn einredete.
 

“Yami, hörst du mir überhaupt zu?”, stellte dieser plötzlich treffend fest.
 

“Hm? Tut mir leid Yugi. Was hast du gesagt?”
 

“Ach, nicht weiter wichtig. Aber was ist mit dir? Bist du etwa schon wieder verliebt?”
 

“Was heißt hier, schon wieder?”, empörte sich Yami.
 

“Weil du dich mindestens einmal im Monat neu verliebst”, seufzte Yugi genervt.
 

“Das stimmt überhaupt nicht!”, protestierte sein um ein paar Minuten älterer Bruder. “Du übertreibst maßlos!”
 

“Tu ich nicht. Weißt du noch, letzten Monat in den Sommerferien? Da war doch dieser Makoto…”
 

“Ach, der?”, Atemu machte eine wegwerfende Geste. “Das war doch nur ein Urlaubsflirt und außerdem ein Reinfall.”
 

“Und was ist mit Hikari aus unserer alten Schule? Mit dem hast du erst vorletzten Monat Schluss gemacht.”
 

“Ach, Yugi”, ein leicht genervtes Seufzen entkam dem Jungen. “Langsam glaube ich, du kennst dich in meinem Liebesleben besser aus als ich. Aber Hikari war schon nett, doch es ging eben nicht”, weiter wollte er auf das Thema nicht eingehen.
 

“So, und in wen hast du dich diesmal wieder verguckt? Etwa in diesen blauäugigen Eisblock?”
 

“Ach, bin ich so leicht zu durchschauen?”, bekam Yugi ein Schmunzeln geschenkt.
 

“War ja nicht schwer, wo du die ganze erste Pause mit ihm verbracht hast und ihn nach Möglichkeit angestarrt hast. Hast du mal wieder deine ‘ich habe kein Pausenbrot dabei und bin ja so am Verhungern!’ - Masche abgezogen?” Yami guckte seinen Bruder verblüfft an.
 

“Woher weißt du das?” Yugi antwortete nicht darauf, sondern meinte nur:
 

“Sei bloß froh, dass wir die Schule gewechselt haben, sonst müsstest du dir was Neues ausdenken.”
 

“Oh”, machte Yami und war plötzlich sprachlos. Sein kleiner Bruder hatte wohl doch mehr drauf, als er gedacht hatte. “Aber er ist so süß”, lenkte er nun wieder um. “Diese blauen Augen und dieses Feuer darin, wenn er sich ärgert. Und seine leckere Figur und wie er…”
 

“Oh, Himmel, jetzt fang nicht damit an!”, fuhr Yugi dazwischen. “Das ist ja nicht zum Aushalten!”
 

“Du warst eben noch nie verliebt. Und ich glaube, diesmal hat es mich richtig erwischt.” Yugi schnaubte abfällig.
 

“Ja, klar! Und das hast du nach der kurzen Zeit festgestellt!”
 

“Stimmt. Und was ist mit Jonouchi?”, ließ sich Yami nicht irritieren.
 

“W-was? Was soll mit ihm sein?”, Yugi wurde rot und wich seinem Blick aus.
 

“Ha, ich wusste es doch! Du stehst genauso auf Männer wie ich.”
 

“Tu ich gar nicht! Ich find Anzu süß, wenn du es genau wissen willst.”
 

“Ja, tu ich auch.”
 

“Häh?”
 

“Aber deswegen bin ich noch lange nicht hetero oder auch nur bi”, erklärte Yami.
 

“Was willst du mir damit sagen?”
 

“Ach, Yugi, du bist doch sonst nicht auf den Kopf gefallen. Ich will damit sagen, dass ich zum Beispiel einen Hasen auch süß finde, trotzdem will ich nicht mit ihm schlafen. War das jetzt einleuchtend?” Yugis Gesicht glich inzwischen einer Tomate.
 

“Pah!”, brachte er schließlich hervor. “Du willst doch nur davon ablenken, dass du dich mal wieder Hals- über Kopf in einen Jungen verknallt hast, von dem du noch nicht mal weißt, ob er überhaupt schwul ist.”
 

“Oh, doch, da bin ich mir 100 % ig sicher. Seto steht auf mich.”
 

“Ja, natürlich!”, betonte Yugi spöttisch.
 

“Nein, wirklich. Du hättest sehen sollen, wie sehnsüchtig er mich angeblickt hat. Wahrscheinlich vergeht der Arme vor Einsamkeit und sehnt sich geradezu nach einem Freund.” Yugis Augen wurden auf diese Aussage hin noch größer, als sie ohnehin schon waren.
 

“Du hast sie ja nicht mehr alle. Wie kommst du denn darauf, dass er einsam ist?”
 

“Ganz einfach: Während des gesamten Schultages habe ich ihn nicht einmal mit irgendjemandem reden sehen. Außerdem hat er so traurige Augen. Augen, die übrigens von so einem intensiven Blau sind, dass ich darin versinken könnte”, schwärmte Yami seufzend.
 

“Dir ist nicht mehr zu helfen!”, ging Yugi kopfschüttelnd voraus.
 

Kaiba indessen ahnte von alle dem nichts. Stattdessen saß er zu Hause herum und langweilte sich, nachdem er mit den Hausaufgaben und dem Lernen für die Schule fertig war. Auf Lesen oder Fernsehen hatte er ausnahmsweise mal keine Lust, obwohl er sonst immer sehr gerne las. Doch irgendwie wollten sich seine Gedanken einfach nicht konzentrieren und schwirrten ziellos in seinem Kopf hin und her. Vielleicht war er einfach nur müde?

Er blickte aus dem Fenster und dachte an seinen neuen Mitschüler Yami. Ob er wohl wirklich so süß war, wie er aussah und wie es den ersten Eindruck gemacht hatte? Seto hasste es, sich in Menschen zu täuschen und vermied es deswegen so weit wie möglich, überhaupt erst mit ihnen in Kontakt zu treten. Das brachte meist sowieso mehr Ärger als Vorteile. Außerdem hatten die Jungs in seiner Klasse eh nur hirnloses Zeug im Kopf. Das einzige Interesse, das er mit einigen teilte, war Duel-Monsters. Wobei die anderen das aber nur als Spaß für nebenher betrachteten, wogegen es für Seto eine richtige Leidenschaft war. Ihn konnte so leicht keiner besiegen. Ob Yami wohl mehr im Kopf hatte? Jedenfalls machte er einen zivilisierteren Eindruck.
 

Am nächsten Morgen spazierte Kaiba wie üblich zur Schule - sein Adoptivvater hätte ihn zwar am liebsten von seinem Chauffeur hin kutschieren lassen, aber davon wollte er schon seit einigen Jahren nichts mehr wissen. Laufen war gesünder und außerdem konnte er so seine Gedanken vor dem üblichen Alltag erst mal sortieren. Weit hatte er es ja nicht, ungefähr 15 Minuten zu Fuß. Und seit er recht gut auf seine Medikamente eingestellt war und solange er nicht wieder vergaß, sie einzunehmen, überanstrengte ihn das nicht - im Gegenteil, sein Arzt meinte, dass etwas Bewegung gesund sei. Pünktlich wie immer - von einigen Ausnahmen mal abgesehen - hatte er noch genügend Zeit, gemächlich dahin zu schlendern und sich die Gegend anzusehen. Es war zwar immer derselbe Trott, jedoch war die Umgebung wegen des Frühlings und der bunten Blüten überall, sehr schön anzusehen. Besonders die rosanen Kirschblüten entfalteten ihre ganze Pracht.

Kaiba seufzte. Das erinnerte ihn wieder ans Verliebt sein. Er war noch nie verliebt gewesen und hatte schon befürchtet, dass er das auch nie sein würde - immerhin hatten seine Mitschüler- und Schülerinnen schon Jahre früher mit diesem Kram, wie er es nannte, angefangen. Aber vielleicht könnte er sich in Yami verlieben? Immerhin schwärmte er auch das erste Mal für jemanden, vielleicht könnte mehr daraus werden?
 

Kaiba hatte die Schule schon fast erreicht und war, wie er mit einem Blick auf die Uhr feststellte, durch die ganze Nachdenkerei sehr knapp in der Zeit. In diesem Augenblick glaubte er, von einem plötzlich auftretenden Wirbelwind erfasst zu werden und zuckte zusammen, als dieser neben ihm zum Stehen kam. Er warf einen Seitenblick aus seinen blauen Augen auf das keuchende Etwas neben sich. Dieses rappelte sich auf und stützte sich wie selbstverständlich an seinem Arm ab. Kaiba zuckte zusammen und warf einen bösen Blick auf die halbe Portion neben sich.
 

“Entschuldige”, keuchte die Portion immer noch weiter und richtete sich langsam wieder auf, indem sie Seto losließ. “Ich bin ziemlich spät dran. Hab’ s gerade noch so geschafft. Wie geht’ s? Ist ein wunderschöner Morgen heute, was?”
 

“Yami!”, stellte Kaiba einsilbig fest und hätte sich beinahe auf die Lippe gebissen. “Morgen”, brachte er hervor und es klang wahrscheinlich so, als würde er das Wort auskotzen. Abrupt wandte er sich ab und marschierte mit langen, schnellen Schritten auf das Schulgebäude zu. Sein Gesicht brannte. Verdammt! Warum reagierte er plötzlich so empfindlich? Nur, weil er gerade daran gedacht hatte, er könnte sich in Yami verlieben? Nein, bloß nicht mehr daran denken, bevor er sich erst richtig peinlich benahm und jedes Mal rot anlief!
 

“Hey, warte doch!”, rief Yami hinter ihm her und versuchte, mit ihm Schritt zu halten. Erst, als sie das Schultor durchschritten hatten, wurde Kaiba langsamer und endlich holte auch der keuchende Yami ihn ein. “Urgh! Sport schon so früh am Morgen. Das kann ja nur Kummer und Sorgen bringen”, war sein Kommentar.
 

“Da bist du ja endlich, ich dachte schon, du kommst gar nicht mehr!”, kam Yugi auf seinen Bruder zu, auf den er offensichtlich gewartet hatte.
 

“Tja, ich habe es gerade noch so geschafft”, lachte der unbekümmert. “Du hättest also nicht vorlaufen müssen. Obwohl, bei deinen kurzen Beinen…, aua, das tut doch weh!”, protestierte Yami, als sein kleiner Bruder ihn in die Seite kniff.
 

“Morgen, Kaiba!”, grüßte ihn nun auch Yugi und strahlte ihn an, als wäre es der wunderbarste Morgen auf der Welt. Kaiba brummte nur vor sich hin und murmelte etwas von wegen:
 

“Der Unterricht fängt an”. Mit diesen Worten verschwand er Richtung Eingang.
 

“Man, da hast du dir ja einen arroganten Eisklotz ausgesucht”, stellte Yugi wenig angetan von diesen Manieren fest. “Bist du dir sicher, dass du dich mit dem einlassen willst? Oder besser gefragt, ob er sich überhaupt mit dir einlässt?”
 

“Ach, zu mir war er eben ganz nett”, meinte Yami optimistisch und blickte Kaiba verträumt hinterher.
 

“Dir ist wirklich nicht mehr zu helfen”, stellte Yugi wieder einmal fest.
 

“Hab ich’ s noch geschafft?”, fiepte eine atemlose Stimme hinter ihnen und die beiden erblickten einen Jonouchi, welcher ein halbes Häuflein Elend bildete, da er noch stärker keuchte, als Yami eben und so aussah, als würde er gleich umkippen, wobei ihm der Schweiß in Strömen übers Gesicht lief. Gleich hintendrein kam Honda angelaufen, der aber nicht so sehr außer Atem war.
 

“Immer das Selbe mit euch, Jungs”, stellte Anzu tadelnd fest, die überraschend hinter Yugi und seinem Bruder aufgetaucht war und die Fäuste in die Hüften gestemmt hatte. “Entschuldigt die Zwei, die werden sich nie ändern”, wandte sie sich mit einem Lächeln an die Beiden - und schickte gleich darauf noch einen bösen Blick in Richtung der beiden Fast-Zuspätkommer.
 

“Oh, die Schulglocke!”, stellten Jonouchi und Honda zusammenzuckend fest. “Jetzt aber dalli!”
 

In den Schulpausen versuchte Yami erneut, Kaiba näher zu kommen, was sich aber als gar nicht so einfach heraus stellte. Entweder hingen ihm Jonouchi, Honda, Anzu und sein Bruder auf dem Pelz, oder irgendwelche Mädchen versuchten, ihn anzuschmachten. Charmant wie er war, brachte er es aber nur schwer übers Herz, sie abzuweisen. Schließlich schaffte er es in der zweiten Pause, sie mit dem Kommentar, er müsse ganz dringend etwas mit Kaiba besprechen, abzuwimmeln. Die Mädels warfen ihm daraufhin nur noch mitleidige Blicke zu und eine äußerte sogar die Hoffnung, er möge “nicht von dem Eisblock eingefroren werden”.
 

Kaiba saß indessen ziemlich abseits des Trubels auf einer Bank und offenbar wagte es auch keiner, sich ihm zu nähern. Er war in ein Buch vertieft, so dass er innerlich zusammenzuckte, als Yami plötzlich neben ihm auftauchte.
 

“Was liest du denn da?”, erkundigte er sich neugierig. Kaiba zeigte kommentarlos das Cover vor, wobei er keine Miene verzog.
 

“Oh, das ist ja unser Physikbuch. Du bist also selbst in den Pausen fleißig, was?”
 

“Es interessiert mich einfach”, vermerkte Kaiba in seinem typischen, kühlen Unterton. Wahrscheinlich stufte ihn Yami jetzt auch als blöden Streber ein, genauso wie all die anderen. Umso überraschter war er, als Yami meinte:
 

“Das finde ich toll.” Schweigen breitete sich zwischen den beiden aus, während sie auf der Bank saßen und in Gedanken hängend über den Schulhof blickten. Doch es war kein unangenehmes Schweigen, beide genossen es. Kaiba war froh, dass Yami nicht auf ihn einredete und ihm Zeit ließ, sich an ihn zu gewöhnen. Viel zu schnell ertönte schon wieder die Schulglocke und beide kehrten zum Unterricht zurück. Dabei wurden sie in der Menge voneinander getrennt und Yami traf auf Jonouchi, der ihm auf die Schulter klopfte und meinte:
 

“Man, hast du Schwein gehabt, dass der dir nicht den Kopf abgerissen hat. Ich hab euch auf der Bank gesehen und ich dachte schon, gleich, gleich ist es soweit”, rief der blonde Hitzkopf und reckte theatralisch einen Arm in die Höhe. “Im nächsten Augenblick wird unser armer Yami vom eiskalten Drachen verschlungen! Dabei ist er doch gerade erst den zweiten Tag auf unserer Schule und erst 16 Jahre jung. Aber wie es scheint, hat sich der Ritter tapfer geschlagen.”
 

“Was faselst du hier für einen Dünnschiss, Jonouchi?”, warf Kaiba ein, der inzwischen zu Yami aufgeschlossen hatte. Normalerweise ignorierte er Leute, die über ihn herzogen, doch dieser spezielle Fall schaffte es immer wieder, ihn zu provozieren. Und dann redete er auch noch so in Gegenwart von Yami!
 

“Oh, ich krieg Angst”, spottete Jonouchi und versteckte sich hinter Yami. “Rette sich, wer nicht eingefroren werden will!” Verblüfft stellte er fest, dass Kaiba ihm nur ein amüsiertes Lächeln zuwarf, aber sich nicht wie sonst immer aufregte oder ihm die kalte Schulter zeigte. “Man, der hat ja heute richtig gute Laune. Was ist denn mit dem passiert?”, meinte er leicht fassungslos, als Kaiba im Schulgebäude verschwunden war.
 

“Wie auch immer, könntest du mich dann bitte loslassen?”, meinte Yami leicht genervt, da Jonouchi ihn immer noch an den Schultern festhielt.
 

“Oh, guter Gott, hat euch jemand vertauscht?”, witzelte Jonouchi und ließ ihn los.

Ice Time

So, da gerade Feiertage sind, nutze ich die Gelegenheit und lade ein neues Kapitel mal ausnahmsweise mitten in der Woche hoch^^. Ich hoffe, es gefällt euch.
 

Auch auf dem Nachhauseweg schloss sich Yami Kaiba an, was diesen wunderte. Konnte es sein, dass er sich wirklich für ihn interessierte?
 

“Es ist wunderbar warm heute Mittag, bestimmt wird es bald Sommer, was meinst du?”, versuchte er mit Kaiba ins Gespräch zu kommen.
 

“Hm”, meinte der zustimmend und ärgerte sich über sich selbst, weil er nicht mal ein anständiges Wort über die Lippen brachte - und selbst wenn, so hätte er nicht gewusst, was er sagen sollte, da sein Hirn gerade wie leergefegt schien. Verkrampft starrte er geradeaus und versuchte, sich nichts anmerken zu lassen.
 

“Geht es dir heute wieder gut?”, erkundigte sich Yami weiter und erinnerte damit an ihre erste Begegnung.
 

“Ja, bestens”, bekam er wieder eine knappe Antwort.
 

‘Oh, man. Da werde ich wohl noch ein ganzes Stück Arbeit vor mir haben um den Guten aufzutauen’, Yami dachte an Jonouchis Worte, der seinen heimlichen Angebeteten - seit gestern - als Eisblock Nr. 1 bezeichnet hatte. Er selbst fand ihn eher zum dahinschmelzen, trotz seiner abweisenden Art. Außerdem war Yami feinfühliger, als es manchmal den Eindruck machte und merkte wohl, dass Kaiba nicht so abweisend war, weil er nichts mit ihm zu tun haben wollte, sondern eher unbeholfen in Bezug auf den Umgang mit anderen Leuten schien. Apropos Dahinschmelzen - da kam Yami doch eine fabelhafte Idee!
 

“Hey, ich habe eine super Idee! Dieser schöne, warme Frühlingstag wäre doch eine wunderbare Gelegenheit, endlich wieder mal Eis essen zu gehen! Was ist, hast du Lust? Ich lade dich auch ein - dafür, dass du mir gestern Geld zum Essen geliehen hast.” Kaiba schaute ihn mit großen Augen an. Hatte er gerade richtig gehört? Hatte Yami ihn wirklich eingeladen? Also mochte er ihn wirklich! Seto fand das so unglaublich, dass er rot wurde und verlegen wegschaute als Yami ihn offen anlächelte. Verdammt, fluchte er innerlich, warum musste der Kleine auch nur so gut aussehen?
 

“Ja, gerne”, meinte er schließlich leise.
 

“Oh, super, komm mit!”, damit packte er ihn überraschend an der Hand und zog ihn hinter sich her. “Yugi und ich wohnen zwar erst seit kurzem hier, aber wir haben schon ein tolles Eiscafé entdeckt, das ganz in der Nähe ist.” Kaiba grummelte - worauf hatte er sich da nur eingelassen. Er hatte gar keine Lust, so von Yami bei der Hand genommen und hinter ihm hergezogen zu werden und das auch noch in einem Tempo, das er den kurzen Beinen vor sich gar nicht zugetraut hatte. Apropos Beine und. . . Hintern. Seto wurde nochmals rot um die Nasenspitze und starrte die ganze Zeit des Weges auf Yamis entzückende Rückansicht, wobei er seinen Unmut vollkommen vergaß.
 

“Und, was für ein Eis möchtest du?”, blickte Atemu von der Eiskarte auf, die er bis eben studiert hatte.
 

“Schokoeisbecher”, erwiderte Kaiba knapp, ohne einen Blick auf die Karte geworfen zu haben - er wusste sowieso, was er wollte. Die beiden saßen an einem Ecktisch am Fenster eines Eiscafés, das Kaiba zwar von außen sehr gut kannte, da er hier oft vorbei lief, doch wann er es das letzte Mal von Innen gesehen hatte, daran konnte er sich nicht mehr erinnern. Immer, wenn er sonst Eis aß, holte er sich das im Supermarkt oder nahm einfach draußen eine Waffel. “Aber glaub bloß nicht, dass du mich einlädst!”, stellte er klar. Schließlich hatte er genug Geld, wahrscheinlich sehr viel mehr als Atemu und wollte nicht zulassen, dass der sein Geld für ihn ausgab.
 

“Schokoeis - genauso süß wie du”, seufzte Yami plötzlich, ihn mit verträumtem Blick ansehend. Kaiba glaubte sich verhört zu haben und lief genauso rot an, wie sein Gegenüber, als ihm klar wurde, was ihm da gerade rausgerutscht war. Offenbar war er nicht ganz bei Sinnen. Schließlich kannte er Kaiba erst den zweiten Tag und durfte ihn noch nicht mal beim Vornamen nennen. Was hatte er sich da nur wieder eingebrockt? “Ich meine”, hustete Atemu verlegen, “ich, äh. Okay, jetzt ist es ohnehin zu spät, dann kann ich es dir auch gleich sagen. Also, ich bin schwul und stehe auf dich, deshalb habe ich dich eingeladen”, platzte es aus ihm heraus. “Wenn du mich jetzt verachten und beschimpfen willst, nur zu!” Kaibas Kopf glühte inzwischen wie eine Tomate.
 

“Du- du hast sie ja nicht mehr alle!”, sprang er auf und hätte dabei beinahe den Tisch umgestoßen. Mit riesigen Schritten, beinahe panisch, lief er aus dem Eiscafé und machte sich aus dem Staub. Oh, Himmel, hoffentlich folgte ihm Yami nicht! Aber andererseits - was tat er hier eigentlich? Wieso lief er wie ein Feigling davon? Dabei fühlte er doch die gleiche Sympathie für Yami, wie dieser für ihn. Aber es ging nicht anders. In dem Moment, da dieser ihn mit seinem Geständnis förmlich überfallen hatte, drängte alles in ihm nach Flucht. Die ganze Sache war ihm einfach nur furchtbar peinlich. So peinlich, dass er dem Drang, einfach davon zu laufen, nicht widerstehen konnte. Dafür hasste er sich selbst, begann sich erst richtig zu hassen, als er endlich Zuhause angelangt war und sich in seinem Zimmer verkrochen hatte. Hasste sich dafür, dass er Yami so gemein abgewiesen hatte und dafür, dass er seine Chance verpasst hatte, diesen netten Jungen näher kennen zu lernen. Der würde ihn jetzt sicher verachten und für einen Schwulenhasser halten.
 

Er ließ sich auf sein Bett fallen und schlang die Arme um die Beine. Er grübelte, dachte nach und zermarterte sich das Gehirn, was er nun am besten tun sollte, oder konnte. Schließlich rang er sich dazu durch, Atemu anzurufen. Er schluckte, was sollte er ihm denn sagen? Würde der ihn jetzt hassen? Aber erstmal musste er seine Telefonnummer herausfinden. Kaiba stellte fest, dass das gar nicht einfach war, da Atemu erst vor kurzem hier her gezogen war und deshalb noch keine Einträge zu finden waren. Na toll, jetzt konnte er sich nicht mal entschuldigen. Und morgen in der Schule? Vor allen anderen Leuten und Atemu dabei direkt in die Augen sehen müssen? Nein - Entsetzen packte Kaiba bei dem Gedanken. Niemals würde er sich so bloßstellen vor der ganzen Schule, sein Inneres so weit nach außen kehren. Das wäre mehr, als er ertragen könnte.
 

Als Kaiba am nächsten Morgen in der Schule auf Yami traf, ignorierte ihn dieser mit eindeutiger Verachtung im Blick, was ihm schmerzhafte Stiche in der Brust versetzte. Aber was sollte er tun, wenn dieser ständig von der Clique von Jonouchi und Co. umgeben war?
 

In der Pause setzte er sich wie immer auf eine Bank etwas abseits des ganzen Rummels und las ein Buch - zumindest versuchte er es, konnte sich aber überhaupt nicht konzentrieren. Ziellos schweiften seine Gedanken umher, aber zu einer Lösung seines Problems kam er so auch nicht.
 

“Hey!”, rief plötzlich eine laute Stimme neben ihm und ein Schatten fiel auf sein Buch. Irritiert blickte Kaiba auf und bemerkte Jonouchi, der, die Fäuste in die Hüften gestemmt, neben ihm stand. “Hör mir mal zu! Ich weiß nicht, was du gemacht hast, aber was auch immer es war, ich sage es dir nur einmal: Lass Yami in Ruhe, sonst kriegst du’ s mit mir zu tun, klar Alter!” Kaiba funkelte böse zurück.
 

“Was zwischen Atemu und mir vorgefallen ist, geht dich überhaupt nichts an”, stellte er abweisend fest.
 

“Und ob es mich was angeht”, blähte der blonde Junge die Backen auf. “Yami ist mein Freund und Freunde sind füreinander da. Aber so was verstehst du natürlich nicht!”
 

“Nach noch nicht mal drei Tagen seid ihr so dicke Freunde? Du musst es aber nötig haben”, spottete Kaiba und dachte gleichzeitig, dass er gut reden hatte, ging es ihm doch nicht anders.
 

“DU!”, stürzte sich Jonouchi plötzlich auf ihn. “Ich bin doch nicht schwul!“ Was zu viel war, das war zu viel! Gerade im letzten Moment kamen Atemu und Honda dazwischen und hielten Jonouchi auf.
 

“Das reicht jetzt!”, befahl Yami kalt und blickte Jonouchi fest in die Augen. “Meine Probleme mit Kaiba werde ich selbst klären, ist das klar?” Seto fuhr es eiskalt über den Rücken. Das war das erste Mal, dass er Atemu so düster und kalt erlebte. Man meinte fast, die zu Eis erstarrte Luft könne jeden Moment klirrend zerbrechen, so gespannt war die Lage plötzlich. Bis sich Jonouchi besann und mit einem ergebenen Seufzen meinte:
 

“Klar, wie du meinst, Alter. Aber, wenn du mit dem Kerl nicht fertig wirst, kannst du jederzeit auf mich zählen.” Aber, hallo! Da hatte sich ja jemand einen treudoofen Schoßhund zugelegt, dachte Kaiba säuerlich.
 

“Ich weiß, danke Jonouchi”, meinte Yami mit einem liebevollen Blick zu seinem neuen Freund, der Kaiba erneut wie ein Stich durch die Brust fuhr, weil Atemu diesem dummen Köter einen solchen Blick schenkte, aber nicht ihm.
 

“Yami…”, begann er, wobei er das Gefühl hatte, sein Mund wäre schlagartig ausgetrocknet.
 

“Mûto”, korrigierte Atemu böse. “Yami nennen mich nur meine Freunde.” Kaiba schluckte, dieser Blick aus den feurigen roten Augen wirkte so, als wolle er ihn jeden Moment erdolchen. Wie sollte er ihm nur klar machen, dass er die Sache im Eiscafé nicht böse gemeint hatte, sondern nur ein dummer Feigling gewesen war? Zumal ihm der Gedanke, dies zuzugeben, auch nicht sonderlich gefiel. Er wollte gerade den Mund aufmachen, als er von der Schulglocke unterbrochen wurde. “Die Stunde fängt an”, mit diesen Worten wandte Atemu sich ab und Kaiba fragte sich, wie ein Mensch zwei so unterschiedliche Seiten haben konnte. Einerseits war er so warm und fürsorglich, wenn er jemanden mochte, aber auf der anderen Seite konnte er eiskalt sein und seine Blicke wie tödliche Waffen einsetzen.
 

“Hey, warum bist du denn schon den ganzen Tag so mies drauf?”, erkundigte sich Yugi auf dem Weg nach Hause vorsichtig bei seinem Bruder, da er wusste, wie schnell der abgehen konnte, wenn er mal wirklich sauer war.
 

“Ach, ich bin einfach so was von enttäuscht”, stellte Atemu fest. “Ich dachte echt, Kaiba wäre in Wirklichkeit ein netter Kerl, der einfach etwas zurückhaltend ist. Ich dachte, man müsste ihn nur auftauen und es würde sich herausstellen, dass er ein liebenswerter Mensch ist. Aber das war ja wohl ein totaler Reinfall. Ich hätte auf die anderen hören sollen. Denn kaum, dass mir rausrutscht, dass ich auf ihn stehe, beleidigt er und versetzt mich. Dabei hätte ich schwören können, dass er mich auch attraktiv findet, aber, tja, so kann man sich täuschen. Oder aber, er ist einer von den Typen, die zwar selbst schwul sind, aber nicht damit klar kommen und sich und andere dafür hassen.” Gefrustet beendete Atemu seine Erklärung.
 

“Das tut mir leid”, meinte Yugi und wusste nicht so recht, wie er seinen Bruder trösten sollte.
 

“Ach, ist schon gut”, wiegelte der ab. “Aber sag mal”, glitzerten seine Augen plötzlich heimtückisch, “wie ist das eigentlich mit Jonouchi und dir?”
 

“W-was? Was soll denn mit uns sein?”, stotterte Yugi, rot werdend. Atemu neckte ihn, indem er ihm den Ellenbogen leicht in die Seite stieß.
 

“Na, gib doch zu, dass du ihn süß findest. Und er scheint dich auch zu mögen.”
 

“Das ist ja totaler Blödsinn! Nur weil du schwul bist, musst du nicht dauernd denken, dass es deine ganze Umgebung auch ist!”, rief Yugi aufgebracht und lief davon.
 

“Ach, kleiner Bruder, du bist ja so schüchtern”, lächelte Atemu hinter ihm her.
 

Am nächsten Morgen schienen die letzten drei Tage wie weggewischt. Kaiba redete sich ein, dass er die Erlebnisse mit Yami ebenso gut vergessen könnte. Es war ein neuer, schöner Tag und wer brauchte schon einen Freund? Er jedenfalls nicht. Außerdem hatte er ja noch Mokuba, obwohl er diesen in letzter Zeit auffallend selten gesehen hatte. Wo trieb sich der Kleine nach der Schule nur immer rum? Vielleicht sollte er der Sache mal auf den Grund gehen. Das würde ihn auch von Atemu ablenken. Apropos Atemu - diesen würde er ja gleich in der Schule wieder sehen und seine Gegenwart den ganzen Tag ertragen müssen. Kaiba seufzte und starrte in Gedanken versunken seinen Kleiderschrank an. Es hatte ja doch keinen Sinn, sich etwas vorzumachen. In Wirklichkeit sehnte er sich nach nichts mehr, als dass Atemu ihn wieder mochte. Vielleicht sollte er sich doch entschuldigen? Kaiba hasste es, sich zu entschuldigen, selbst, wenn er wusste, dass es richtig war und er es auch wollte. Trotzdem, das dumme Gefühl dabei, dass er am liebsten im Boden versinken würde, blieb. Besonders vor Yami wollte er nicht so ‘entblößt’ da stehen. Doch es würde ihm wohl nichts anderes übrig bleiben, wenn er wieder Freundschaft mit ihm schließen wollte.
 

‘Also gut, auf in den Kampf’, ein weiterer Seufzer entkam ihm. Nein, um Entschuldigung bitten, war wirklich nicht sein Fall.

An embarrassing excuse

‘So ein Mist!’, schimpfte Yami in Gedanken über sich selbst. Der Grund war der, dass sein Blick immer mal wieder zu Kaiba hinwanderte, obwohl der schräg hinter ihm saß. Dabei war er doch immer noch sauer auf ihn und würde das auch noch sein, wenn die Hölle zufror, sollte der sich nicht bei ihm entschuldigen - und das musste schon eine sehr gute Entschuldigung sein.

Trotzdem sah der braunhaarige, großgewachsene Junge mit den intensiv blauen Augen einfach zu gut aus, als dass jemand wie Yami da wegschauen könnte - oder vielmehr vermeiden, hinzuschauen. Gestern noch war er so sauer gewesen, dass er eine Entschuldigung wahrscheinlich kaum wahrgenommen hätte, doch jetzt war ein Großteil seiner Wut verraucht und nur noch eine unglaubliche Enttäuschung blieb in ihm zurück.
 

In der Pause stand Atemu wieder mit seinem Bruder, Jonouchi und Co. auf dem Schulhof, nahm aber kaum wahr, was die anderen redeten, sondern starrte nur nachdenklich vor sich hin.
 

“Hey, Yami, alles klar?”, lächelte ihm Jonouchi aufmunternd zu und er wunderte sich kurz über den irgendwie leicht verzweifelt wirkenden Blick, den Yugi ihm dabei von der Seite her zuwarf.
 

“Ja, klar”, erwiderte er schwach. “Ich war nur in Gedanken.” Plötzlich zuckte er zusammen, als ihn überraschend jemand von hinten am Ärmel zupfte.
 

“Hey, was willst du denn hier, Kaiba?”, kündigte Jonouchi den Besucher an, bevor Atemu ihn überhaupt erkannt hatte. “Scher dich vom Acker, Mann!” Kaiba allerdings schenkte dem aufbrausenden Jungen kaum einen Blick und presste stattdessen, unter Aufbietung all seines Willens, hervor:
 

“Ya-, Mûto, kann ich mal kurz mit dir sprechen?” Nach diesen etwas unsicher hervorgebrachten Worten starrte die ganze Clique Kaiba an, als wäre er der Weihnachtsmann. So hatte man den Sohn des reichen Geschäftsmannes Gozaburo Kaiba noch nicht erlebt. Stets war er kalt und abweisend gewesen, höchstens Mal spöttisch, aber noch nie hatte er jemanden um etwas gebeten, noch dazu in dieser etwas zögerlichen Art.
 

“Nur zu”, meinte Atemu schließlich. “Was gibt’ s?”
 

“Nicht hier. Ich würde gern allein mit dir sprechen.” Atemu warf ihm einen leicht misstrauischen Blick zu, war aber zu neugierig, was der andere sagen würde und folgte ihm.
 

Etwas abseits vom ganzen Trubel der Schülermassen, blieben die beiden schließlich stehen. Kaiba konnte Atemu irgendwie nicht in die Augen schauen und starrte mal nach Rechts, mal nach Links oder auf den Boden. Nachdem ungefähr eine Minute vergangen war, verlor der Junge mit der dreifarbigen Frisur langsam aber sicher die Geduld.
 

“Also, was wolltest du mir jetzt so Wichtiges sagen?”
 

“Ich, also . . .”, begann Kaiba. Ihm wurde bewusst, dass es noch tausendmal schwieriger war, sich zu entschuldigen, als er geglaubt hatte. Am liebsten wäre er jetzt auf nimmer Wiedersehen im Boden versunken. Sein Kopf war schon ganz heiß vor lauter Scham. Als einige lange Sekunden vergingen und er immer noch keinen weiteren Ton herausgebracht hatte, wandte Atemu sich enttäuscht ab. Überrascht blieb er stehen, als er spürte, dass Kaiba ihn am Jackenärmel festhielt. Er vernahm ein kaum hörbares: “Es tut mir Leid” und wandte sich erstaunt wieder um.
 

“Was. . .?”
 

“Ich meine, das vorgestern im Eiscafé. Ich wollte dich nicht beleidigen”, kam es Kaiba plötzlich über die Lippen und jetzt begann er auch langsam, wieder aufzuschauen, wenngleich er Atemu immer noch nicht richtig in die Augen sehen konnte. “I-ich war nur überrascht und. . .ich wusste nicht, wie ich reagieren sollte.” Er zuckte mit den Schultern. “Ich habe gelernt, dass Angriff die beste Verteidigung ist und deshalb einfach reagiert ohne Nachzudenken. Ich meinte es wirklich nicht so.” Atemu schmunzelte.
 

“Was war denn an meinen Worten so schlimm, dass du dich verteidigen musstest?”
 

“Du hast gesagt, dass ich. . .” Kaiba stockte und wurde rot. “Ach, vergiss es, du weißt, was du gesagt hast”, wandte er den Kopf ab, wobei ihm seine etwas zu lang geratenen braunen Haare ins Gesicht fielen. “Wenn du meine Entschuldigung nicht annehmen willst, dann lass es eben!”
 

“Ich glaube, du solltest mal wieder zum Friseur gehen”, grinste Atemu.
 

“Höh?”, machte Kaiba irritiert. Wieso wechselte der Junge plötzlich das Thema?
 

“Ich meine, weil man dann dein wunderschönes Gesicht besser sehen könnte.”
 

“D-du hast sie ja nicht mehr alle!”, wiederholte Kaiba seine Worte von vorgestern - diesmal würde er sie aber bestimmt nicht wieder bereuen - und stürmte peinlich berührt davon. Pah! So was hatte ihm ja noch niemand gesagt. Er und ein schönes Gesicht, das war doch lächerlich! Wenn hier jemand ein schönes Gesicht hatte, dann war das Ya- hey! Was dachte er da gerade?
 

Er schüttelte den Kopf um diese peinlichen Gedanken zu vertreiben. Das hätte er besser nicht tun sollen, denn nun wurde ihm schwindlig. Allerdings war das Gefühl so intensiv, dass es nicht vom Kopfschütteln allein herrühren konnte. Kaiba stöhnte. Eben fühlte sich sein Kopf an, als hätte man mit einem Hammer darauf geschlagen. Dabei hatte er doch genug von seinen Tabletten genommen. Daran konnte nur die Aufregung Schuld sein. Oder hatte er sich etwa eine Grippe eingefangen?

Jedenfalls ließ die Wirkung der Tabletten ziemlich nach und die Umgebung schien sich wie Schlangen um ihn zu winden. Oh, nein, nicht doch! Nicht hier vor Yami! Der hatte zwar schon mal gesehen, wie er zusammengebrochen war, doch das war nicht in einer solch peinlichen Situation gewesen. Außerdem hatte er ihn da noch gar nicht gekannt und es hatte ihm deswegen weniger ausgemacht, so gesehen zu werden - so schwach. Er wollte Yami keine Schwäche zeigen. Wie sollte der ihn dann noch mögen?
 

Kaiba riss sich zusammen und spannte seinen Körper an, damit dieser nicht nachgab und er in seinem Schwindel noch hinfiel. Das war aber leichter gedacht als getan… Wenn er sich doch nur irgendwo hinsetzen könnte, bloß einen Moment ausruhen. Aber alle Bänke waren von Schülern besetzt und auf den Boden würde er sich bestimmt nicht setzen! Mal abgesehen davon, dass das sicher eher wie ein Zusammenbruch aussehen würde, als ein einfaches Niederlassen. Nein - er biss die Zähne zusammen - er würde jetzt nicht einfach nachgeben und sich fallen lassen, egal wie schwer ihm sein Körper zu schaffen machte.
 

Schweißtropfen bildeten sich von der Anstrengung, nur um auf den Füßen stehen zu bleiben, auf seiner Haut. Alles drehte sich um ihn und die Farben der Umgebung schienen sich zu verzerren und ineinander zu verschwimmen. Plötzlich kroch auch noch das Gefühl dieser unnatürlichen Furcht in ihm hoch. Er kannte es nur zu gut. Er fürchtete sich vor nichts und dennoch fühlte er die Angst. Einfach so, wie wenn man einen Lichtschalter anknipst. Ohne jegliche Erklärung.
 

Er schrak zusammen, als jemand ihn plötzlich von hinten am Arm umfasste. Er wirbelte herum und wäre dabei beinahe zu Boden gestürzt, hätte der andere ihn nicht fest gehalten.
 

“Du siehst nicht gut aus”, stellte Atemu fest und blickte ihm besorgt in die Augen.
 

“Ach ja? Eben hast du noch gesagt, ich hätte ein wunderschönes Gesicht.”
 

“Hm”, lächelte Yami. “Und ich meinte es auch so. Aber du siehst wirklich krank aus.”
 

“Nur ein paar Kopfschmerzen, weiter nichts”, wiegelte Kaiba ab. Wenn er nicht bald hier weg kam, würde er durchdrehen! Nur weg von hier, von den vielen Menschen, die eventuell erfahren könnten, wie krank er wirklich war. Die seine Schwäche sehen und ausnutzen könnten. Die ihn auslachen und auf ihm herumtreten würden . . . Schon der Gedanke an die höhnisch lächelnden Gesichter machte ihn noch kränker. Er fuhr sich fahrig durch die braunen Haare und stellte fest, dass sie feucht waren.
 

“Nur ein paar Kopfschmerzen?”, zweifelte Yami und stützte ihn. “Du siehst aus, als würdest du gleich umkippen.” Kaiba erschrak. Er hätte nicht gedacht, dass man es ihm so stark ansah, wie schlecht es ihm ging.
 

“Es geht wirklich”, versicherte Kaiba noch einmal abwehrend und wollte weiter gehen, bemerkte aber, dass Atemu ihn immer noch an den Armen festhielt und ihn offenbar so schnell nicht wieder los lassen wollte. “Was soll das werden?”, fuhr er ihn schroff an. “Du kannst mich jetzt los lassen, ich kann auch alleine gehen!”
 

“Ich mache mir nur Sorgen”, erklärte er mit einfühlsamer, warmer Stimme und blickte mit seinen rötlichen Augen zu ihm auf. Kaiba stockte. Solch wunderschöne Augen hatte er noch nie gesehen und jetzt, wo der andere ihm so nahe war, fiel ihm das erst richtig auf. Er schluckte und konnte seinen Blick gar nicht mehr abwenden. Wieder begann sich alles um ihn zu drehen, aber er vermochte nicht zu sagen, ob es an seiner Krankheit lag oder an diesen wunderschönen Augen. Jedenfalls fühlte der Schwindel sich gar nicht mehr so schlimm an. Gefangen in diesem Augenblick, stieg Wärme in ihm auf, die ihn tief ausfüllte. Als Yami ihn mit einem wissenden Grinsen bedachte, brach der Moment und er riss sich peinlich berührt los. Sein Herz klopfte wie wild, aber wenigstens ging es ihm jetzt besser, wenn er sich auch noch ziemlich schwach fühlte, während sein Gleichgewichtssinn immer noch ein wenig verrückt spielte. “Wir sehen uns!”, rief Yami hinter ihm her.
 

“Ja, sicher”, meinte Kaiba ohne sich noch einmal umzudrehen. Seine Stimme klang aber ganz und gar nicht so, als wäre er darüber erfreut. Er war sich wirklich nicht sicher, ob er Yami wieder sehen wollte. Natürlich würde er ihm in der Schule begegnen, aber das hier… Nein, er war sich wirklich nicht sicher, ob er das wollte. Es war einfach zu…merkwürdig, irgendwie. Zu peinlich, man müsste zuviel Vertrauen schenken, zu viel Nähe zulassen und womöglich noch sein Innerstes bloßlegen. Das war wirklich nichts für ihn. Aber andererseits - Yami war so…anziehend.

Chewing Gum and Blue Eyes White Dragon

“Mokuba, wo steckst du nur?”, fragte sich Kaiba laut. Sein kleiner Bruder ließ sich wirklich immer seltener blicken. Da musste doch was faul sein. Oder war es normal, dass ein Elfjähriger den ganzen Nachmittag und bis spät Abends weg blieb? Nein, sicher nicht. Um diese Zeit lag ja sogar Seto schon im Bett, wollte er am nächsten Tag ausgeschlafen sein. Fragen wich er ebenfalls aus und ihr Adoptivvater kümmerte sich nicht darum. Ihn interessierte nicht, was Mokuba tat. Das einzige, was er wollte, war, dass Seto noch mehr lernte, damit er später mal in seiner Firma mitarbeiten und sie irgendwann übernehmen konnte, sollte er in den Ruhestand gehen. Er sah nicht, dass es seinem Sohn oft schlecht ging, spielte seine Krankheit herunter und meinte, das sei doch nichts. Offenbar hielt er das für so eine Art chronische Erkältung oder Allergie. Dass viel mehr dahinter steckte, wollte er wohl nicht wahrnehmen. Hauptsache Seto funktionierte. Und Mokuba interessierte ihn nur insofern, dass sein großer Bruder ihn brauchte.

Kaiba beschloss, mal in Mokubas Zimmer nachzusehen. Normalerweise sollte man so was ja nicht machen, aber was zu weit ging, ging zu weit.
 

Dunkelheit, nur schwach von Laternen zurückgedrängt, lag über den Straßen, als eine Gruppe von Jungen, mit Taschenlampen bewaffnet, möglichst unauffällig versuchte, ihr Handwerk zu verrichten.
 

“Jetzt beeilt euch doch!”, rief einer der Jungs, der offenbar Wache hielt und langsam nervös wurde. “Wie lang dauert das denn noch?”, scharrte er mit den Füßen.
 

“Ja, ja! Wir haben’ s gleich!”, erwiderte ein anderer genervt. Plötzlich gab es ein knackendes Geräusch und ein Dritter meinte begeistert:
 

“Ja, wir haben’ s geschafft!”
 

“Was habt ihr geschafft?”, ertönte plötzlich eine Stimme, die laut und selbstbewusst über den Platz hallte. Die Kinder zuckten zusammen und schrieen erschreckt auf, um dann so schnell wie die Karnickel davon zu rennen. Man hatte sie erwischt! Nur einer kam nicht davon, da er fest am Kragen gepackt wurde.
 

“Hey, Seto”, erklang eine unsichere Stimme unter der Kapuze hervor. “W-was machst du denn hier?”
 

“Nach was sieht es denn aus? Ich halte meinen kleinen Bruder von einem Diebstahl ab”, erklärte Kaiba und schleifte den Kleinen am Jackenkragen hinter sich her. “Obwohl es korrekter zu sagen wäre, ich hole dich vom Tatort weg, denn er Sachschaden ist ja schon angerichtet“, meinte er mit einem abfälligen Blick zurück. “Wenn du freiwillig mit kommst, lasse ich dich los.”
 

“Ist ja gut”, murrte Mokuba und tappte wie ein geprügelter Welpe hinter seinem großen Bruder her. Was würde der jetzt wohl mit ihm anstellen? Ihn übers Knie legen? Ihm die nächsten Wochen böse sein und mit abwertenden Blicken bedenken? - Letzteres mochte jetzt nicht so schlimm klingen, doch für Mokuba war es die Hölle, wenn ihm sein großer Bruder böse war.
 

Eine Weile gingen sie schweigend hintereinander her. Mokuba getraute sich vorerst nicht, ein Wort zu sagen. Als sie sich aber der Kaiba-Villa näherten, meinte er ängstlich:
 

“Was wirst du jetzt tun? Ich meine, was ist meine Strafe?”
 

“Das ist wohl nicht meine Entscheidung.”
 

“NEIN!”, rief Mokuba entsetzt. “Du wirst es doch nicht Gozaburo sagen?! Bitte, du kannst alles mit mir machen, nur sag es ihm nicht!”, flehte der Junge mit den langen schwarzen Haaren.
 

“Mokuba, ich hätte nie gedacht, dass du so weit gehst.” Seto blieb stehen und blickte seinen kleinen Bruder enttäuscht an. Und das war noch schlimmer für diesen, als hätte er nur böse geguckt.
 

“A-aber es war doch nur ein Kaugummiautomat”, brachte der Kleine hervor.
 

“Ach ja, NUR! Und was soll es als nächstes sein? Vielleicht ein Auto?”, wurde Seto plötzlich laut und der Kleine schrak zusammen. “Ich bin wirklich enttäuscht von dir Mokuba”, damit wandte er sich wieder ab und ging mit schnellen Schritten weiter, so dass sein Bruder Mühe hatte, ihm zu folgen. So abweisend hatte er Seto noch nie erlebt, nicht ihm gegenüber. War er etwa wirklich zu weit gegangen? Traurig dachte er daran, dass er und sein großer Bruder sich in letzter Zeit wirklich auseinander gelebt hatten. Als sie noch im Heim gewesen waren, bevor Gozaburo sie adoptiert hatte und auch noch einige Zeit danach, hatten sie immer zusammengehalten und waren füreinander da gewesen, egal was passiert war. Sie hatten viel Spaß zusammen gehabt, trotzdem, dass es ihnen im Heim nicht gefallen hatte. Seto hatte sich um ihn gekümmert und ihn beschützt und Mokuba hatte seinen großen Bruder gepflegt, wenn der mal wieder einen seiner merkwürdigen Anfälle gehabt hatte - soweit er das als kleiner Junge eben hatte tun können.

Doch in den letzten drei, vier Jahren hatte sich alles verändert. Erst nur ganz langsam, so dass sie es gar nicht bemerkt hatten, doch vor kurzem war es plötzlich offensichtlich geworden - Seto und Mokuba hatten sich irgendwie so weit voneinander entfernt, dass sie sich nicht mehr alles anvertrauten, die meiste Zeit in ihrer eigenen Welt lebten und nicht mehr mitbekamen, was den anderen bewegte. Wie es soweit gekommen war, das war Mokuba nicht ganz klar. Lag es vielleicht daran, dass Seto sich immer mehr von seiner Außenwelt abschottete und selbst ihn nicht mehr wirklich an sich heran ließ? Oder war er selbst Schuld, weil er nur noch mit seinen Schulfreunden herumhing und keine Zeit mehr für seinen großen Bruder hatte?
 

“Seto, bitte sag es nicht Gozaburo, bitte nicht”, flehte Mokuba noch einmal mit herzerweichender Stimme.
 

“Schon gut”, seufzte der schließlich und seine Haltung entspannte sich etwas. Wer wusste, was ihr Adoptivvater mit dem Kleinen anstellen würde, wenn er erfuhr, womit dieser seine Freizeit verbrachte. Oder wäre es ihm egal? Schließlich lag ihm nicht viel an Mokuba, das hatte er immer wieder gezeigt. Nur auf Seto war er immer stolz. Weshalb eigentlich? Müsste er nicht eher enttäuscht sein, weil er nie hundertprozentig ‘funktionieren’ würde? Denn seine Krankheit würde er niemals loswerden.
 

“Warum hast du das getan?”, fragte Seto schließlich.
 

“I-ich weiß nicht”, stammelte Mokuba. Einfach zu sagen, dass es ihm Spaß gemacht hatte und er das aufregend fand, erschien ihm irgendwie zu banal. “Ich dachte einfach…”
 

“Was? Bekommst du nicht genug Taschengeld, dass du dir Massenweise Kaugummis für dich und deine Freunde kaufen könntest?” Mokuba schwieg bedrückt.
 

“Das ist es ja nicht. Es war einfach…etwas Neues, Aufregendes. Ich wollte etwas erleben und…ich weiß nicht, was ich sagen soll.”
 

“Und du und deine Freunde hattet eine Menge Spaß, was?”, Seto konnte sich ein kleines Schmunzeln nicht verkneifen, obwohl er die Sache eigentlich alles andere als lustig fand. Sein kleiner Bruder bemerkte das aber und sprang sofort darauf an:
 

“Ja stimmt! Ich wollte auch mal was Tolles machen, so wie du! Und wenn ich schon nicht gut in der Schule sein kann, dann will ich eben in was anderem gut sein!”
 

“Im Stehlen?”, bekam er einen verwunderten Blick geschenkt.
 

“Nein, das meine ich nicht. Aber die Jungs in meiner Clique finden meine Ideen toll!”
 

“Das glaube ich.” Der große Kaiba fasste sich an den Kopf. Es war wirklich nicht sein Ding, Kinderpsychologe zu spielen, aber was tat man nicht alles für seinen kleinen Bruder. “Hör mal, Mokuba”, wandte er sich ihm nun ernsthaft zu und beugte sich zu ihm hinunter. “Wie kommst du eigentlich darauf, dass du nicht gut in der Schule sein kannst? Du müsstest nur mehr lernen und nicht ständig mit diesen Idioten herumhängen.”
 

“Hey, das sind keine Idioten, sondern meine Freunde!”
 

“Wenn sie dich beim Stehlen anfeuern, sind es Idioten und damit basta! Such dir lieber anständige Freunde!”
 

“So wie du?” Das hatte gesessen. Mokuba wusste nämlich genau, dass er keine Freunde hatte. “Du verstehst ja überhaupt nichts und dabei dachte ich, auf dich könnte ich immer zählen”, rief der Kleine und rannte wütend und traurig davon. Seto seufzte, das hatte er ja wieder mal super hingekriegt. Nicht mal mit seinem Bruder konnte er normal reden.
 

Yugi war gerade dabei, sein Bett zu machen und pfiff derweil fröhlich vor sich hin. Es war Samstag und somit hatte er genügend Zeit, den Tag langsam angehen zu lassen, allerdings konnte er nicht wirklich ruhig bleiben, da ihm irgendwie ganz kribbelig zumute war, so als würde ihm etwas Besonderes bevorstehen. Dabei war er bloß mit Jonouchi und Honda verabredet, die ihm die Stadt zeigen wollten.
 

“Na, Kleiner?”, kam gähnend sein Bruder durch die offen stehende Tür ins Zimmer. “Wie lange bist du denn schon wach?”, blinzelte er noch ganz verschlafen.
 

“Seit sechs”, meinte der ganz beiläufig und strahlte gedankenverloren vor sich hin.
 

“Was? Seit wann fällst du denn mit den Hühnern aus dem Bett?” Yami war verblüfft.
 

“Ach, ich hab mich einfach nur an das frühe Aufstehen gewöhnt. Immerhin müssen wir zur Schule auch um diese Zeit aus den Federn und da bin ich jetzt halt auch aufgewacht.”
 

“Das ist ja mal was ganz neues. Sonst konntest du dich nie daran gewöhnen. Genauso wenig wie ich”, fügte er hinzu und machte sich verschlafen aus dem Staub - wahrscheinlich nur, um sich noch eine Runde hinzulegen.
 

“Sag, mal, Yami…”
 

“Hm?” Angesprochener war schon fast außer Sichtweite.
 

“Was ist eigentlich mit Kaiba?”, grinste er fies vor sich hin, ohne dass es sein Bruder sehen konnte. Doch der ließ sich leider nicht so leicht aus der Fassung bringen, wie Yugi leider erkennen musste, denn er meinte nur:
 

“Was soll mit ihm sein? Schöner Tag übrigens, heute. Schön, um noch eine Runde zu schlafen”, lächelte er irgendwie geheimnisvoll über die Schulter zurück, so als führe er etwas im Schilde. Yugi zuckte nur die Schultern und bereitete sich auf seinen Ausflug in die Stadt vor.
 

“Hey, Alter!”, begrüßte Jonouchi in seiner typischen Art und Weise grinsend Yugi.
 

“Hallo”, gab Yugi etwas vorsichtig zurück. Einerseits bewunderte er Jonouchis selbstbewusste und offene Art, aber andererseits war ihm der Große manchmal doch etwas zu stürmisch.
 

“Hy”, grüßte auch Honda, wesentlich zurückhaltender.
 

“Also, auf in die Stadt”, schnappte sich Jonouchi Yugi bei der Schulter. “Schade, dass dein Bruder nicht mitkommen wollte. Was hat er eigentlich so Wichtiges vor?”
 

“Keine Ahnung. Er tut mal wieder so geheimnisvoll. Dabei will er wahrscheinlich nur Kaiba wiedertreffen.”
 

“Ach, nein! Was findet er nur an DEM?”, regte sich Jonouchi auf. “Merkt er nicht, dass dieser arrogante Schnösel keine Freunde haben will?”
 

“Ach, du kennst Yami schlecht. Wenn der sich mal was in den Kopf gesetzt hat, dann lässt er so schnell nicht mehr locker”, lächelte Yugi etwas verlegen, fügte aber nicht hinzu, dass sein Bruder mehr als nur Freundschaft von Kaiba wollte. Er würde es zwar nicht verleugnen, aber unbedingt jedem auf die Nase binden, dass Atemu schwul war, musste er ja auch nicht.
 

Eigentlich hatten Jonouchi und Honda vorgehabt, Yugi die Stadt zu zeigen, doch davon hatten sie nicht viel gesehen, da sie schneller als geplant, in einer Spielhalle gelandet waren und dort erstmal alle möglichen Spiele ausprobierten, wobei Yugi fast jedes Mal gewann.
 

“Man, bist du gut, Alter. Wo hast du das nur gelernt?”, wunderte sich Jonouchi, Kopf kratzend.
 

“Ach, das ist doch nichts”, lächelte Yugi verlegen. “Man muss nur ein wenig üben.”
 

“Genau und irgendwann wird’ ich dich besiegen! Hey, ich hab’ ‘ne Idee. Lasst uns was Essen gehen, mir knurrt schon wie verrückt der Magen!”
 

“Vielfraß”, neckte Honda und wich geschickt Jonouchis strafender Hand aus.
 

“Also, ich finde, das ist eine gute Idee”, stimmte dagegen Yugi zu. “Gibt es hier in der Nähe einen Hamburger-Laden?”
 

“Klar gibt es den”, grinste Jonouchi.
 

“Was, du arbeitest hier?”, wunderte sich Kaiba und starrte Atemu an, der gerade Regale um- und einräumte. Dieser kleine, nett anmutende Spielelladen hatte erst neu eröffnet und warb mit seiner umfangreichen Duel-Monsters Collection, so dass Kaiba einfach nicht hatte widerstehen können und ihm einen Besuch abstattete, wo er zu seiner Verwunderung nun seinen neuen Klassenkameraden entdeckte.
 

“Stimmt, dieses Geschäft gehört meinem Großvater”, schenkte ihm Yami ein kleines Lächeln. “Ich helfe ihm eben ein wenig aus.”
 

“So? Dann kannst du mir doch auch sicher eure seltensten und wertvollsten Duel-Monsters Karten zeigen?”, grinste Seto zurück.
 

“Sicher.” Kaiba fiel auf, dass Atemu sich in diesem Umfeld viel reservierter gab, als in der Schule. Er suchte eine Reihe von Karten heraus und legte sie auf den Tresen.
 

“Der Schwarze Magier ist eure wertvollste Karte?”, runzelte Kaiba nach der Begutachtung enttäuscht die Stirn. Dabei hatte er erst gestern Abend eine andere Information erhalten. Atemu schüttelte den Kopf.
 

“Nein, eigentlich. . .”, beugte er sich zu Seto über den Tresen und bedeutete ihm, näher zu kommen, so dass der sich auch vorbeugte. “Tatsächlich versteckt Opa eine noch wertvollere Karte bei sich, aber die wird er niemals raus rücken”, sprach er leise, damit es niemand anders hören konnte.
 

“Und was ist das für eine Karte?”, erkundigte sein Gegenüber sich neugierig. War es etwa tatsächlich die, nach der er schon so lange suchte? Yami beugte sich noch weiter vor und flüsterte Kaiba ins Ohr:
 

“Der Blauäugige Weiße Drache mit Eiskaltem Blick.” Ein Schaudern lief ihm über den Rücken und seine Augen wurden groß, als er das hörte. Diese überaus seltene Karte sollte tatsächlich hier sein? Der legendäre Weiße Drache! Das musste sein Glückstag sein! Kaibas Augen leuchteten wie die eines kleinen Kindes zu Weihnachten.
 

“Ganz genau!”, rief plötzlich eine laute Stimme hinter Atemu, was diesen erschreckt die Augen aufreißen ließ.
 

“O-opa”, stammelte er. “W-was. . ., woher?”
 

“Du hast dem jungen Mann hier von dem Blauäugigen Weißen Drachen mit Eiskaltem Blick erzählt, nicht war?” Beim Nennen der Karte, senkte er die Stimme zu einem Flüstern herab und hielt die Hand an den Mund. Atemu nickte verblüfft. Woher wusste sein Opa das?

In diesem Moment ging die Klingel der Ladentür und Yugi trat mit Jonouchi und Honda zusammen ein.
 

“Oh, schon wieder zurück?”, grüßte Großvater Mûto fröhlich. “Und das sind dann wohl deine beiden neuen Freunde, was?”
 

“Ähm, ja”, meinte Yugi etwas verlegen. “Ich wollte ihnen mal deinen Laden zeigen.”
 

“Dann nur hereinspaziert, die jungen Herren!”, rief er fröhlich. “Seht euch nur um!”
 

“Und, was ist nun mit dem Blauäugigen Weißen Drachen mit Eiskaltem Blick?”, erkundigte sich Kaiba und Yami wunderte sich über das Feuer, das plötzlich in dessen Augen loderte. Diese Karte musste ihm wirklich viel bedeuten, denn so hatte er seinen Klassenkameraden noch nie erlebt.
 

“Ho, ho, du willst ihn also wirklich sehen?”, tat Opa Mûto verschwörerisch. Kaiba nickte ungeduldig. “Also gut, ich hole ihn aus dem Tresor.” Damit verschwand er durch einen roten Vorhang hinter dem Tresen, um kurze Zeit später mit einem wunderschön verzierten Holzkästchen wieder zurückzukommen. Dieses stellte er vor Kaibas neugierige Nase und klappte es auf. Der blauäugige Junge riss die Augen auf, als wäre ihm gerade der Mann im Mond begegnet und beugte sich vor, um die Karte besser betrachten zu können.
 

“Die ist echt!”, stellte er mit ehrfürchtiger Verwunderung fest.
 

“Aber natürlich, mein Junge. Was dachtest du denn? Sie ist das Geschenk eines alten Freundes. . .und leider unverkäuflich”, zog er das Kästchen rasch wieder zurück, als er Kaibas gierige Augen bemerkte. Verdutzt blickte Atemu seinen Klassenkameraden an. Diese überschwängliche Begeisterung war schon richtig unheimlich.
 

“Sind Sie sich da sicher?”, hakte Kaiba nach. “Ich kann Ihnen jeden Preis zahlen, egal, was es kostet.”
 

“Tut mir leid, Kleiner”, meinte Opa Mûto, obwohl Seto ihn ein ganzes Stück überragte. “Aber diese Karte bedeutet mir sehr viel und ich würde sie nicht mal für eine Million hergeben.”
 

“A-aber”, warf Kaiba ein, plötzlich wieder von Wolke Sieben auf den bitteren Boden der Wirklichkeit zurückgezogen. Doch Atemus Großvater schüttelte nur den Kopf und verschwand mit der Karte wieder hinter dem Vorhang.
 

Atemu hatte sich kurzerhand frei genommen, um noch ein wenig Zeit mit Seto verbringen zu können. Dabei wunderte er sich, dass der die ganze Zeit, während sie durch die Stadt spazierten, in Gedanken versunken war und er es überhaupt nicht schaffte, mal seine Aufmerksamkeit zu erregen, obwohl das gestern noch ganz leicht gegangen war. Doch diesmal schien ihn Kaiba nicht mal wahrzunehmen.
 

“Denkst du immer noch an den Weißen Drachen?”, erkundigte sich Yami schließlich, während sie durch den hübschen Stadtpark Dominos wanderten. Und tatsächlich, endlich brachte er den Jungen mal zu einer vernünftigen Reaktion.
 

“Ach, weißt du, schon als kleines Kind habe ich mir den Weißen Drachen mit Eiskaltem Blick gewünscht. Diese Karte - oder besser gesagt, das Bild davon - hat mich schon immer fasziniert. Er hat irgendwie - ich weiß, das klingt verrückt - mit mir gesprochen. Immer dann, wenn ich alleine war und nicht weiter wusste, hat er mir Mut gemacht. Ich war zwar nie wirklich allein, da mein kleiner Bruder Mokuba immer bei mir war, doch ihn konnte ich nicht mit meinen Sorgen belasten. Er hat zu der Zeit sowieso schon zuviel gelitten. Diese Karte war wie ein Trost für mich, ein Sinnbild, das mir Mut gemacht hat. Ich wusste, wenn ich mich nur genug anstrengen würde, dann wäre ich irgendwann so stark wie der Weiße Drache. Heute bin ich mir da nicht mehr so sicher”, fügte er traurig hinzu und seufzte leise. “Hältst du mich jetzt für verrückt, oder kitschig?” Inzwischen hatten sie sich auf einer Parkbank niedergelassen.
 

“Nein, ich kann dich gut verstehen. Ich habe auch eine Schwäche für eine Karte”, grinste Yami ihn an und holte aus seiner Gürteltasche eine Duel-Monsters Karte hervor.
 

“Der Schwarze Magier”, stellte Kaiba fest. “Wenigstens ist deine Lieblingskarte eine, die du erreichen kannst.”
 

“So ist das nicht, Seto”, schüttelte Yami den Kopf und Kaiba fragte sich, wann dieser eigentlich damit begonnen hatte, ihn beim Vornamen zu nennen. Jedenfalls hatte er nichts dagegen. “Auch, wenn der Schwarze Magier nicht so selten und wertvoll ist, wie der Weiße Drache, so ist er doch auch etwas ganz besonderes. Selbst wenn man eine Karte besitzt, gehört sie einem nicht wirklich, so lange man sie nicht in sein Herz lässt und sie versteht”, lächelte Atemu und legte eine Hand auf seine. Kaibas Wangen röteten sich. So gut hatte ihn noch nie jemand verstanden - wahrscheinlich hätte ihn jeder andere für verrückt erklärt - und dann diese Hand. Er war erstarrt wie eine Salzsäule und konnte sich nicht entscheiden, ob er die Situation genießen oder fliehen sollte.

Bevor er sich noch entscheiden konnte, rückte Yami plötzlich näher zu ihm und beugte sich vor. Kaiba dachte, er wollte ihm noch etwas sagen, doch als kein Wort die Lippen des Jungen verließ, öffnete er leicht seinen Mund, um sich zu erkundigen, was los sei. Bevor er jedoch dazu kam, spürte er plötzlich dessen Lippen auf seinen und riss die Augen auf. Das hier passierte jetzt nicht wirklich, oder? Als Kaiba klar wurde, dass das kein Traum war, sondern die gnadenlose Realität, überwand er die Schrecksekunde und stieß Atemu ruckartig von sich, so dass dieser hintenüber von der Bank fiel.
 

“Au, sag mal, spinnst du? Das tut doch weh!”, protestierte der so unsanft auf dem Boden gelandete und rieb sich den schmerzenden Hintern.
 

“Wer hier spinnt, das bist ja eindeutig du!”, entgegnete Kaiba außer sich. “Wie kannst du mich einfach so küssen?”, schrie er mit hochrotem Gesicht. Einige Leute drehten sich zu ihnen herum und begannen zu tuscheln, doch davon bekamen sie nichts mit.
 

“Nun, ich dachte, die Stimmung war doch ganz romantisch”, versuchte Atemu unschuldig zu klingen und wickelte verlegen eine seiner blonden Haarsträhnen um den Finger.
 

“T-tu, das nie wieder!”, rief Kaiba, bebend wie ein Vulkan vor dem Ausbruch, um anschließend davon zu stapfen.
 

“Ach, er ist ja so süß, wenn er wütend ist”, seufzte Atemu unbeeindruckt hinter ihm her.
 

*Na, was meint ihr wohl, aus welcher "unbekannten" Quelle Seto die Info mit dem Weißen Drachen bekommen hat *g*?

Some Trouble

So, damit ihr nicht länger rätseln müsst, woher Kaiba seine Info mit dem Weißen Drachen bezogen hat, erklär ich das mal hier.

Das war nämlich Yami, der dieses "Gerücht" in die Welt gesetzt hat. Er hat zwar nicht gewusst, dass Kaibas Lieblingskarte der Weiße Drache ist, aber er wusste, dass dieser Duel-Monsters sehr gern mag und da der Weiße Drache die seltenste und wertvollste Karte seines Großvaters ist, hat er ihn halt damit angelockt^^. So und nun wünsch ich euch viel Spaß mit dem nächsten Kapitel.
 

“Und, hast du morgen Zeit?”, erkundigte sich Jonouchi. “Wir könnten wieder was zusammen unternehmen.”
 

“Gerne”, strahlte Yugi. Er war überglücklich darüber, dass der blonde Junge in seiner neuen Klasse war und er ihn so hatte kennen lernen können. Noch nie war jemand so nett so ihm gewesen. Jonouchi war zwar manchmal ein bisschen verrückt, aber andererseits machte das die Zeit mit ihm immer so aufregend. Mit ihm wurde es nie langweilig, da er immer neue Ideen hatte.
 

“Also dann, bis morgen! Ich hol dich ab”, damit war er schon um die nächste Ecke verschwunden. So ein Mist, dabei hatten sie doch gar keine Zeit ausgemacht. Da musste er den Hitzkopf wohl noch mal anrufen.
 

“Was ist denn mit dem los?”, wunderte sich Mokuba, der nach seiner kleinen “Exkursion” mal wieder längere Zeit zu Hause verbringen durfte, wofür sein großer Bruder schon gesorgt hatte, indem er die Hausdiener, insbesondere Roland, damit beauftragte, ihn nicht aus dem Haus zu lassen. Das war wirklich sehr ärgerlich. In seiner Wut hätte er beinahe sein ganzes Zimmer zertrümmert, was gar nicht so einfach bei dessen Größe war. Doch jetzt wunderte er sich gerade über Setos Verhalten, da dieser wie ein Verrückter, mit grimmiger Miene, durch das ganze Haus hin- und her tigerte. Dabei fluchte er leise vor sich hin und sein Gesicht glich einer reifen Frucht. Mokuba musste sich vorsehen, wenn er in seine Nähe kam, da es passieren konnte, dass ihn sein großer Bruder gar nicht wahrnahm und in seinem Zorn womöglich statt wie jetzt mit der Faust an die Wand, ihn schlug. Vielleicht konnte er die Situation ja ausnutzen? Dazu müsste er Seto aber erstmal besänftigen, damit dieser ihn überhaupt wahrnahm.
 

“Du, großer Bruder?”, säuselte er lieb und machte große, unschuldige Augen. Das wirkte immer - na ja, fast immer. Stocksteif blieb der größere Kaiba stehen und schien plötzlich in die Welt der Lebenden zurück zu kehren.
 

“Was gibt es?”, erkundigte er sich schroff. Wahrscheinlich fiel er nur deshalb nicht über ihn her, weil er sein kleiner Bruder war.
 

“Ähm, dir scheint es nicht so gut zu gehen. Was ist denn los?” - Erstmal versuchen, Seto von Level 180 herunter zu holen. Dessen Miene entspannte sich auch gleich ein kleines Bisschen.
 

“Ich habe IHN gesehen”, verkündete er schließlich mit verklärtem Blick.
 

“Was, hast du dich in einen Jungen verknallt?”, erkundigte sich Mokuba frech.
 

“Nein!”, fuhr Seto ihn unwirsch an und wunderte sich. Mokuba fragte das so selbstverständlich, als wisse er genau, dass sein großer Bruder schwul war. Und damit erinnerte er ihn wieder an diesen Idioten Atemu. Er wollte gar nicht daran denken. “Ich spreche vom Weißen Drachen mit Eiskaltem Blick. Endlich habe ich ihn gefunden. Er ist so nahe und trotzdem so weit weg”, fügte er schon weniger euphorisch hinzu. Mokuba blinzelte. Er wusste ja, das Seto verrückt nach dem Weißen Drachen war, aber dass er so fanatisch drauf war. . .
 

“Wieso denn nicht? Könntest du nicht jeden Preis bezahlen?”
 

“Das stimmt. Nur leider hilft mir das nicht weiter, weil der Alte den Drachen nicht verkaufen will. Ich bin schon die ganze Zeit am überlegen, was ich tun soll.”
 

“Wie wär’ s mit klauen?”, erkundigte sich Mokuba wie selbstverständlich und kam damit wieder auf sein Thema zurück. Seto schnaubte.
 

“Das sieht dir ähnlich.”
 

“Eben. Ich kann mich zwar leider noch nicht Meisterdieb nennen, aber ich habe doch so einiges auf dem Kasten.”
 

“MOKUBA! Hatten wir das Thema nicht durch? Das gibt noch mal eine Woche Hausarrest extra!”
 

“Ach, du bist ja so ein Spielverderber! Dabei wollte ich dir nur helfen, aber das werde ich wohl nie wieder versuchen!”, damit stürmte er aus dem Zimmer. Seto seufzte, das hatte er ja mal wieder prima hingekriegt. Aber was sollte er auch machen, wenn Mokuba nicht mit dem Klauen aufhörte? Allerdings hatte er Recht - Stehlen war wohl die einzige Möglichkeit, an den Weißen Drachen heranzukommen. Er schüttelte den Kopf. Das konnte er doch nicht machen.

Aber vielleicht gab es noch eine weitere Möglichkeit. Er dachte an Atemu. Und schauderte. Einerseits war er so wütend auf ihn, dass er ihn am liebsten geschlagen hätte, andererseits aber, wenn er mal intensiver darüber nachdachte, oder genauer gesagt, über den Kuss nachdachte, dann begannen plötzlich seine Lippen zu kribbeln und ihm wurde ganz warm. Schnell schüttelte er den Kopf. Trotzdem war Atemu ein Idiot, ihn einfach so zu überrumpeln. Schließlich kannten sie sich erst ein paar Tage und dann wurde er schon so aufdringlich. Das war immerhin sein erster Kuss gewesen! Dem würde er noch gehörig den Kopf waschen! Aber erst einmal musste er sich überlegen, wie er an den Weißen Drachen herankam.
 

“Hey, Jonouchi! So sieht man sich wieder!”, grinste ein großer, breiter Typ mit Schnauzbart sie an. Neben ihm standen drei weitere Kerle, die ebenso hämisch grinsten. Yugi fühlte sich plötzlich noch kleiner, als er ohnehin schon war.
 

“Hey, Jonouchi, wer sind die?”, flüsterte er dem Großen zu.
 

“Ich glaube, das willst du gar nicht wissen. Ich war mal so doof, mich mit ihrer Clique abzugeben. Ich glaube, sie wollen sich revanchieren, weil ich ausgetreten bin.”
 

“Oh, was hast du denn da für einen kleinen, süßen Freund? Seit wann gibst du dich mit Grundschülern ab? Oder betreibst du neuerdings Babysitting?”, spottete der offensichtliche Anführer der Gang.
 

“Hey, ich bin kein Grundschüler!”, wagte es Yugi zu protestieren. Sah man das nicht auch an seiner Schuluniform, die er selbst sonntags trug, um solche Missverständnisse zu vermeiden? Normalerweise war er nicht so mutig, solchen Riesen zu widersprechen, doch wenn es um seine Größe ging, konnte er sich einfach nicht zurückhalten. “Ich bin schon Sechzehn!”
 

“Ach, sieh mal einer an! Der Kleine kann ja sprechen.” Die Typen lachten. Doch plötzlich wurden sie schlagartig ernst. “Hey, lasst uns keine langen Worte machen. Du weißt, weshalb wir hier sind, Jonouchi. Wir haben dich gewarnt. Wer aussteigt, muss die Konsequenzen tragen. Willst du es dir nicht noch mal überlegen?”
 

“Keine Chance!”, gab Jonouchi zurück. “Aber haltet den Kleinen da raus, er hat nichts damit zu tun!” Yugi sackte enttäuscht in sich zusammen. Jetzt nannte ihn auch schon Jonouchi “Kleiner” und versuchte ihn zu beschützen wie ein kleines Kind.
 

“Tja, wie sagt man so schön? Mitgehangen, mitgefangen.” Die Typen kamen auf sie zu und lachten hämisch.
 

“Okay, Yugi. Jetzt wird’ s ernst. Lauf, so schnell du kannst.”
 

“A-aber. . .”
 

“Jetzt ist es sowieso zu spät, um wegzulaufen”, meinte einer aus der Gang. In der Tat, sie waren eingekreist.
 

“Lasst meinen kleinen Bruder in Ruhe!”, rief plötzlich eine selbstbewusste Stimme laut über den Platz. Die Truppe horchte auf, bis plötzlich einer aufprustete und lachend meinte:
 

“Noch so ein Knirps!“, da Atemu nur ein bisschen größer als sein Zwillingsbruder war. “Was willst du, hä?”

Yami, der auf dem flachen Dach eines nahen Hauses stand, lächelte unbeeindruckt. Mit fiesen Typen kannte er sich aus, die machten ihm keine Angst. Denn zum Glück waren sie meistens auch dumm und diese hier sahen auch nicht gerade intelligent aus.
 

“Was ich will?” Ein spöttisches Grinsen zierte Atemus Züge. “Ich will euch sagen, dass ihr miese Feiglinge seid. Vier gegen zwei, die schwächer sind als ihr. Ich wette, ihr traut ich noch nicht mal, gegen mich alleine anzutreten.”
 

“Sag das noch mal, du Zwerg!”, fauchte der Anführer der Truppe zornig. “Willst du ‘ne Tracht Prügel?”
 

“Dazu musst du mich erstmal kriegen. Oder hast du Angst, dass du nicht mit mir fertig wirst?”
 

“Pah, der Knirps mit der komischen Frisur macht sich über mich lustig”, rief der Große seiner Gang zu. “Der glaubt wohl, mich verarschen zu können. Aber nicht mit mir! Kommt, Leute, um die zwei da”, damit deutete er auf Yugi und Jonouchi, “können wir uns auch noch später kümmern.” Mit diesen Worten lief er auf das Haus zu, auf dem Atemu stand. Mit einem zufriedenen Lächeln auf den Lippen, dass sein Plan soweit funktioniert hatte, begann er, auf der anderen Seite des Daches wieder hinab zu steigen.
 

Yugi und Jonouchi stießen erstmal erleichterte Seufzer aus, als sie plötzlich nicht mehr umzingelt waren und rannten dann der Truppe her, in dem Versuch, dabei möglichst ungesehen zu bleiben. Schließlich könnte es sein, dass Yami Hilfe brauchte. Was dachte der sich überhaupt dabei? Glaubte er etwa, mit seinen kurzen Beinen vor der Vierer-Truppe davon laufen zu können? Jonouchi sah den armen Atemu schon halbtot irgendwo in einer Gasse liegen und schauderte. Und das alles wäre seine Schuld!
 

“Mist, wir haben sie verloren!”, stellte Jonouchi nach einer Weile fest und blieb keuchend stehen. Irgendwo in einer dunklen Gasse hatte sich die Spur zu der Gang und Atemu verloren. Und Yugi, mit seinen kurzen Beinen, war auch nicht mehr hinter her gekommen und wartete einige Straßenecken weiter entfernt. Jonouchi konnte nur hoffen, dass Atemu nichts passierte. Traurig machte er sich auf den Weg, Yugi abzuholen und ging mit ihm gemeinsam zu dessen Haus.
 

Die Beiden staunten nicht schlecht, als sich ihnen dort eine, lässig an den Tresen des Spieleladens gelehnte, Gestalt präsentierte.
 

“Na, endlich. Ich dachte schon, ihr kommt nicht mehr”, meinte Atemu, als wäre er bloß von einem Spaziergang zurückgekommen.
 

“Ey, Alter! Wieso bist du denn schon vor uns hier? Und wie bist du überhaupt der Gang entkommen?”, staunte Jonouchi mit offenem Mund.
 

“Ach, das!”, wiegelte Atemu ab. “Diese Jungs sind ja so doof. Ich habe sie in ein altes, leerstehendes Lagerhaus gelockt, an dem ich vorher vorbeigekommen war und dort abgehängt. Die haben nicht mal aufgepasst, wo sie hintreten und sind auf dem Dachboden auf eine morsche Stelle gekommen und dort eingebrochen. Das gab einen Krach, kann ich euch sagen”, amüsierte sich Yugis Bruder. Die beiden staunten nicht schlecht auf diese Erklärung hin.
 

“Danke, du hast uns gerettet”, meinte Yugi. “Aber trotzdem, das war unverantwortlich von dir! Es hätte dir sonst was passieren können!”
 

“Ach, mach dir mal keine Sorgen, Kleiner”, wuschelte Atemu ihm durchs Haar. “Mir passiert so leicht nichts.”
 

“Hey, ich bin nicht klein! Ich bin bloß ein paar Minuten jünger als du!”
 

“Trotzdem bin ich ein ganzes Stück größer als du!”
 

“Bloß ein paar Zentimeter, du Angeber!”
 

“Du meinst, ein paar viele Zentimeter.”
 

“Hey, Jungs! Immer mit der Ruhe!”, versuchte Jonouchi die beiden von ihrem kleinen Streit abzuhalten. “Du sag mal, Yami. Woher wusstest du eigentlich, dass wir in Schwierigkeiten geraten würden?” Yami schüttelte den Kopf.
 

“Das wusste ich nicht. Ich bin euch nur zufällig begegnet.”
 

“Ach ja, nur zufällig?”, Yugi zog misstrauisch seine Augen zusammen und Atemu fühlte sich ertappt.
 

“Nun ja, mir war langweilig und da habe ich mal nachgesehen, was ihr so treibt”, gab er zu.
 

“Du hast uns hinterher spioniert!”, stellte Yugi wütend fest.
 

“Hey, immer mit der Ruhe! Ich hab euch nicht hinterher spioniert. Ich wollte doch nur”, stoppte er auf einmal, um sich vorzubeugen und etwas in Yugis Ohr zu flüstern. Der lief schlagartig rot an und schrie dann seinen Bruder an:
 

“Ah, du bist ja so blöd! Du verstehst überhaupt nichts!”, mit diesen Worten verschwand er nach oben in sein Zimmer und ließ die beiden dort unten stehen.
 

“Was hast du denn zu ihm gesagt?”
 

“Ach, ich wollte ihm doch nur zu seinem Liebesglück verhelfen, aber der Kleine schämt sich eben so”, grinste Atemu schamlos.
 

“Häh?”, machte Jonouchi. “Ach so, das hättest du mir doch sagen können. Das hätte ich doch übernommen! Pass auf, das nächste Mal gehe ich mit ihm irgendwohin, wo es viele hübsche Mädels gibt und versuche, seinem Glück auf die Sprünge zu helfen!”, meinte Jonouchi begeistert und schwieg einen Moment. Schließlich fragte er: “Sag mal, wo könnte so ein Ort sein?” Atemu gab nur ein entnervtes Seufzen von sich.

Confrontation

Einige werden sich vielleicht gewundert haben, dass letzte Woche kein neues Kapitel kam. Doch leider komme ich mit dem Schreiben momentan einfach nicht weiter und werde nur noch zweiwöchentlich hochladen und hoffe, dass ich wenigstens das schaffe. Im Moment geht nämlich leider gar nichts, sorry.
 

“Morgen, Yami!” Angesprochener schaute überrascht auf, als er ein bekanntes Gesicht in der Menge vor dem Schultor entdeckte.
 

“Kaiba!”, rief Atemu freudig überrascht. Er hatte geglaubt, dieser würde ihn entweder ignorieren, mit bösen Blicken erdolchen oder irgendetwas Schlimmes mit ihm anstellen. Deshalb war er überrascht, dass der Junge ihn so freundlich begrüßte - freundlich für seine Verhältnisse, versteht sich. “Wie geht es dir?”, erkundigte er sich fröhlich.
 

“Könnte besser sein”, erwiderte Kaiba mit einem etwas beleidigten Unterton, von dem sich Atemu schon genau denken konnte, wo er herrührte. Er seufzte leicht in der Erinnerung an den süßen Geschmack von Setos Lippen und lächelte selig vor sich hin. “Woran denkst du?”, brummte Kaiba etwas verärgert, da er schon einen leisen Verdacht hegte.
 

“Ach nichts”, wiegelte Atemu ab. Länger konnten sie sich auch nicht unterhalten, da sich eine Masse von anderen Schülern um sie herum drängelte, denn die erste Stunde begann gleich.
 

Während des Unterrichts dachte Kaiba über seinen Plan nach, wie er an den Weißen Drachen herankommen wollte. Eigentlich hatte er ja gewisse Skrupel, Atemu so zu benutzen, doch erstens, wenn der auf seinen Deal eingehen würde, wäre er selbst Schuld und zweitens musste er den Drachen unbedingt haben, koste es, was es wolle. Denn dieser war nicht einfach nur eine Karte für ihn. Er war wie das Symbol seiner Stärke, ohne ihn war er verloren, ein Nichts. Diese Karte war einfach perfekt und ein besserer Freund, als irgendein lebender Mensch es jemals sein könnte, davon war er überzeugt. Und Atemu hatte es sowieso nicht besser verdient - ihn einfach, ohne Erlaubnis zu küssen! Somit war sein Plan beschlossene Sache.
 

“Yami?”, wandte er sich nach der Schule freundlich lächelnd an Atemu. Diesem kam das sehr merkwürdig vor, da er Kaiba noch nie so lächeln gesehen hatte. Es wirkte irgendwie, als würde er sich gleich an seiner eigenen Freundlichkeit vergiften.
 

“Ja, was gibt es denn?”, fragte er trotzdem neugierig.
 

“Was hältst du davon, wenn ich dich am Wochenende zu mir einlade? Ich möchte dir gern mal mein Haus zeigen, nachdem du neulich so nett warst, mir den Spieleladen deines Großvaters zu zeigen.” Es schien, als sei Kaiba wie ausgewechselt. Das kam Atemu immer merkwürdiger vor, trotzdem ließ ihn die Aussicht, Seto zu Hause besuchen zu können, jegliche anderen Gedanken vergessen und seine Augen leuchteten auf, wie das eines Kindes, dem man einen Ausflug ins Wunderland versprochen hat. Seto schien ihm den Kuss von neulich also nicht mehr übel zu nehmen.
 

“Oh, gerne! Danke, Seto! Ich freue mich schon so”, erklärte er begeistert und wäre dem anderen Jungen beinahe um den Hals gefallen, hätte er sich nicht im letzten Moment zurückgehalten.
 

“Keine Ursache”, lächelte Kaiba noch immer mit seiner aufgesetzten Freundlichkeit und wunderte sich ein wenig über sich selbst, wie gut er schauspielern konnte.
 

“Uh, wie gruselig. Kaiba, du siehst aus, wie eine grinsende Geisterpuppe aus einem Horrorkabinett”, stellte Jonouchi treffend fest, der plötzlich neben ihnen aufgetaucht war. “Dieses Lächeln steht dir überhaupt nicht.” Kaibas Gesichtsausdruck entgleiste und verwandelte sich in eine wütende Fratze, die tatsächlich einem Gruselfilm entstiegen sein könnte, vor allem, da er heute besonders blass aussah, wie Atemu bemerkte. Im letzten Moment fing er sich jedoch und meinte nur herablassend:
 

“Tja, Jonouchi, wir wissen ja alle, wie schreckhaft du bist. Du traust dich doch nicht mal in eine Geisterbahn für Kleinkinder.” Der Blick, den er dem blonden Jungen zuwarf, schien tödliches Potential zu haben.
 

“Hey! Was soll das heißen?”, brauste Jonouchi auf. “Ich bin doch kein Angsthase! Du willst nur davon ablenken, dass du ein mieser Kotzbrocken bist, jawohl!” Hätte Atemu nicht zwischen den beiden gestanden, hätte sich der Hitzkopf wahrscheinlich auf Kaiba gestürzt.
 

“Hey, Jonouchi, lass es gut sein. Könnt ihr euch nicht einmal vertragen?”, versuchte Yami zu schlichten.
 

“Nein!”, erwiderten beide wie aus einem Munde. Atemu schüttelte den Kopf. Denen war nicht mehr zu helfen.
 

Mit großen Augen sah sich Atemu am folgenden Samstagnachmittag vor der Kaiba-Villa um. Jonouchi und die anderen hatten ihm zwar erzählt, Seto sei ein “reicher Schnösel”, doch dieses riesige Anwesen mit einem parkähnlichen Garten hatte er nicht erwartet.
 

“Ich freue mich, dass du gekommen bist”, begrüßte ihn Kaiba mit einem “freundlichen” Lächeln, welches Tote hätte auferwecken können, nachdem Atemu von einem merkwürdigen, kleinen Hausdiener in die Villa und dort in den Warteraum für Gäste geführt worden war. Er war noch immer ganz geplättet, von dem umfangreichen Luxus um sich herum.
 

“Danke, das ist wirklich zu freundlich”, erwiderte Atemu reserviert und musterte Kaiba unauffällig, der einen äußerst schick aussehenden weißen Mantel trug, welcher ihn erwachsener aussehen ließ.
 

“Folge mir, ich möchte dir etwas zeigen.” Irgendwie schwang da ein befehlender Unterton in der freundlichen Stimme mit. Atemu fragte sich, was hier verkehrt lief. Oder bildete er sich das nur ein? Jedenfalls folgte er Kaiba, welcher ihn durch einige Gänge zu einem Fahrstuhl führte. Dieser brachte sie in das dritte und letzte Kellergeschoss, wie Atemu unbehaglich feststellte.
 

“Da wären wir!”, erklärte Kaiba feierlich und Stolz schwang in seiner Stimme mit, als sich die Fahrstuhltüren öffneten und eine riesige Halle preisgaben.
 

“Das sieht aus wie…”
 

“Das ist eine Duell-Monsters Arena. Nur für den Hausgebrauch”, Kaiba lachte schallend. Atemu fragte sich mittlerweile, ob dieser irgendwie schizophren sei, da er ihn so noch nie erlebt hatte. “Und ich werde mich mit dir duellieren!”, bestimmte er, ein fanatisches Glitzern in den Augen und zeigte mit dem Finger auf ihn.
 

“Ah, ach ja?”, erwiderte Atemu, während sich ein Schweißtropfen auf seiner Stirn bildete.
 

“Ja, genau. Und wenn du gewinnst, dann kannst du dir von mir wünschen, was du willst. Es ist egal, ich habe Geld genug. Aber, wenn ich gewinne, dann…” Kaiba kniff die Augen zu Schlitzen zusammen.
 

“Dann was?”
 

“Dann bekomme ich von dir den Blauäugigen Weißen Drachen mit Eiskaltem Blick!”, dröhnte Kaibas Stimme gebieterisch durch die Halle, während wieder dieses Funkeln in seine Augen trat.
 

“Äh, Moment mal”, wandte Atemu ein, der sich irgendwie überrumpelt fühlte. “Der Weiße Drache gehört mir doch gar nicht.”
 

“Ich weiß. Dann musst du eben sehen, wie du an ihn herankommst”, meinte Kaiba zweideutig und wandte sich ab, um auf die andere Seite der Arena zu gehen und auf das Spielerpodest zu steigen. “Was ist, willst du dich nun mit mir duellieren?”
 

“Kaiba, das geht nicht”, erklärte Atemu entschieden.
 

“Ach, nein? Und was ist, wenn ich dir verspreche, falls du gewinnen solltest, dann kannst du mit mir machen, was du willst, einen ganzen Tag lang. Du kannst mich küssen und ich werde mich nicht wehren. Oder anderes…” Kaibas Stimme nahm plötzlich einen verführerischen Tonfall an. Atemu schluckte. Wo hatte sein neuer Klassenkamerad nur seine Schüchternheit gelassen? Und dann dieses Angebot…ihm schwirrte der Kopf. “Aber du wirst sowieso nicht gewinnen”, fuhr Kaiba fort. Aha, vielleicht war er deshalb nicht unsicher, weil er glaubte, ohnehin nicht in die Verlegenheit zu kommen, seine Wettschulden einlösen zu müssen, weil er dachte, auf jeden Fall zu gewinnen.
 

Atemu grinste voller Vorfreude vor sich hin. Kaiba hatte ja keine Ahnung, mit wem er sich da auf ein Duell einließ. Ansonsten hätte er sich wohl mehr Sorgen gemacht. Aber Halt, was war, wenn er wider Erwarten doch verlor? Er konnte doch unmöglich seinem Großvater den Weißen Drachen klauen. Atemu verwarf den Gedanken jedoch gleich wieder. Es war äußerst unwahrscheinlich, dass Kaiba gewinnen würde.
 

“Also gut”, meinte er daher. “Und, bist du dir auch sicher, dass du dich darauf einlassen willst?”
 

“Ganz sicher!”, meinte Kaiba und wirkte nun irgendwie wütend. Ob das wohl an Yamis unverschämtem Grinsen lag?
 

Somit war es beschlossene Sache und die beiden begannen ihr Duell. Atemu hatte wie immer sein Deck im Gürtel und so war auch das kein Problem. Die Arena, in der sie standen, bediente sich der hochmodernsten Technologie der Kaiba Corporation und war dazu in der Lage, Holografien der aufgerufenen Monster zu projizieren. Kaiba hoffte, damit Atemu irritieren zu können, da dieser die eindrucksvollen Holografien nicht gewohnt war und sich bestimmt ablenken lassen würde. Ein zusätzlicher Vorteil also, den er allerdings wahrscheinlich sowieso nicht gebrauchen würde. Immerhin war er Duel-Monsters Weltmeister. Seltsam, dass Atemu das nicht wusste, da das Spiel immerhin dessen Hobby war. Denn wenn er es gewusst hätte, hätte er sich sicher nicht so zuversichtlich auf das Duell eingelassen.

Und so kam es denn, wie es kommen musste: Kaiba brachte Atemu ziemlich in Bedrängnis und meinte schließlich:
 

“Yami, willst du nicht lieber aufgeben? Aus dieser Lage kannst du dich eh nicht mehr retten.” Atemu blickte, angestrengt nachdenkend, auf. Dass Kaiba so gut war, hätte er nicht erwartet. Allerdings hätte er damit rechnen müssen, dass jemand, der im Besitz einer so großen Arena war, sich auch sehr oft mit dem Spiel beschäftigte. Aber aufgeben? Das kam für ihn nicht in Frage, schon gar nicht bei dem Preis, der ihm winkte. Hatte er eben noch leicht verzweifelt gewirkt, so lächelte er Kaiba plötzlich wieder an.
 

“Keine Sorge, mein Lieber. Ich überlege mir grade, was wir Morgen miteinander unternehmen werden.” Kaiba stutzte. Wie konnte sein Gegner jetzt noch auf den Gedanken kommen, er könne gewinnen? Dessen Lage war so gut wie aussichtslos.
 

“Wahrscheinlich haben dir deine Hormone das Hirn verätzt. Sonst würdest du erkennen, dass du keine Chance mehr hast.”
 

“Oh, ho. Da ist aber jemand frech. Doch wessen Hormone bald verrückt spielen werden, das werden wir ja gleich sehen. Ich nehme an, du bist mit deinem Zug fertig.”
 

“Das bin ich”, erklärte Kaiba düster, während er die Faust in die Seite gestemmt hatte.
 

“Gut, dann ziehe ich jetzt die nächste Karte.” Yamis Augen blitzten auf, als sein Blick auf die neue Karte fiel. “Und zu deinem Pech, ist es Austausch.”
 

“Nein!”
 

“Du scheinst ja was Gutes in der Hand zu haben, so entsetzt wie du bist. Also, dann zeig mir mal deine Karten!”, forderte Atemu auf. Kaiba kam widerwillig auf ihn zu und die beiden trafen sich in der Mitte der Arena. “Hm, ich nehme diese”, erklärte Yami und zog eine Karte aus Kaibas Hand, wobei er diese “zufällig” berührte. Der zuckte zusammen und biss die Zähne wütend aufeinander. Was wollte Yami denn mit ausgerechnet dieser Karte? Sollte er etwa das unverschämte Glück haben und… Aber nein, wenn dem so war, würde er diesen Plan ganz schnell vereiteln. Schließlich bekam er im Austausch noch eine Karte von Atemu. Der zeigte ihm nun auch seine Karten.
 

“Gut, ich nehme die”, verkündete Kaiba mit einem süffisanten Grinsen und nahm sich eins der Fusions-Monster aus Atemus Hand. Tja, da hatte der Kleine wohl nicht weit gedacht. Ohne sein Monster konnte er mit der Fusionskarte, die er sich von ihm geschnappt hatte, nicht viel anfangen. Doch halt, wieso grinste Atemu jetzt trotzdem so überlegen? Hatte er etwa noch eine Karte in der Hinterhand?
 

“Tja, Kaiba, wenn ich diese beiden Monster hätte miteinander fusionieren wollen, von denen du mir eines abgenommen hast, dann hätte ich wirklich verloren. Aber eigentlich will ich ja zwei andere Karten miteinander verbinden. Und dazu aktiviere ich meine Zauberkarte: Wiedergeburt. Sie bringt den Schwarzen Magier wieder aufs Feld, den ich vorhin abgelegt hatte, als du mich gezwungen hast, zwei Karten auf den Friedhof zu legen.” Der Schwarze Magier erschien mit einem Strahlen auf dem Feld und positionierte sich vor Atemu.

“Anschließend rufe ich das Schwarze Magier Mädchen, wofür ich meine Mystische Elfe opfere.” Das Schwarze Magier Mädchen erschien mit einem fröhlichen Zwinkern auf dem Feld neben ihrem Meister und hielt ihren blauen, spitzen Hut mit der einen Hand fest und mit der anderen ihren langen Zauberstab.

“Und nun aktiviere ich meine verdeckte Karte. Es ist eine Zauberkarte, sie nennt sich ‘Vereinte Magie’ und erlaubt mir, Karten vom Typ ‘Schwarze Magie’ in Fusionsmonster zu verwandeln, so dass sie sich ebenfalls mit der Zauberkarte ‘Fusion’ miteinander verbinden lassen.”
 

Kaiba staunte nicht schlecht, was Atemu da auffuhr, jedoch sah er auch seinen Plan, an den Weißen Drachen zu kommen, gerade einstürzten und blickte entsetzt auf das sich nun entwickelnde Geschehen. Sein eigenes Monster war nämlich zu schwach, um den Angriff der fusionierten Magier abzuwehren und hinzukam, dass er nicht mehr genug Lebenspunkte übrig hatte, um diesen Angriff zu überstehen. Zu allem Überfluss war er auch nicht in der Lage, ihn anderweitig abzuwehren. Kaiba knirschte mit den Zähnen. Viel zu schnell zeigte sein Display Null Lebenspunkte an. Frustriert ließ er den Kopf hängen. Er hatte versagt! Er, der Weltmeister bei Duel-Monsters! Wenn irgendjemand von dieser peinlichen Niederlage erfuhr! Und noch viel schlimmer war die Tatsache, dass er den Blauäugigen Weißen Drachen mit Eiskaltem Blick nun nicht bekommen würde.
 

“Ach, ich freue mich schon auf Morgen”, rief Atemu fröhlich, als gäbe es nichts Besseres auf der Welt und als hätte er nicht gerade den Duel-Monsters Weltmeister besiegt. Aber das schien er ja nicht mal zu wissen. Voller Vorfreude kam er auf Kaiba zugetappt und meinte:
 

“Natürlich bin ich nicht so unfair, etwas von dir zu verlangen, was dir zuwider ist. Auf was hast du denn Lust?” Kaiba blickte überrascht auf. Atemu fragte ihn, was er wollte, wo er ihn doch gerade besiegt hatte?
 

“I-ich… Das ist mir egal. Jetzt ist eh alles egal.”
 

“Was? Wie meinst du das denn?”
 

“Ach, vergiss es!”, brummte der frustriert.
 

“Nein, ich finde nicht, dass es egal ist. Ich möchte etwas zusammen mit dir unternehmen, was dir auch Spaß macht.”
 

“A-aber, wieso? Du hast gewonnen, du kannst alles von mir verlangen, was du willst. Wieso willst du das nicht ausnutzen?” Das schien Kaiba völlig unverständlich.
 

“Ganz einfach, weil ich dein Freund sein möchte. Sag mir ganz ehrlich - bist du mir noch böse wegen dem Kuss neulich? Du hast zwar so getan, als würde es dir nichts mehr ausmachen, aber das war nur gespielt, oder? Du wolltest unbedingt den Weißen Drachen haben und hast deshalb so getan, als wäre es dir egal. Es tut mir leid, dass ich dich so bedrängt habe. Verzeihst du mir?”, lieb lächelnd blickte Atemu zu Kaiba hoch, dem schon wieder ganz anders wurde. Himmel, Seto hatte ja nicht gewusst, dass noch andere Menschen außer seinem kleinen Bruder diesen Dackelblick drauf hatten. Nur, dass Atemus Blick ihn zusätzlich noch schwindeln ließ. Aber es frustrierte ihn, dass seine schauspielerischen Künste offenbar doch nicht so gut waren, wie er gedacht hatte. Sogar der Köter hatte ihn ja durchschaut gehabt, wie er sich jetzt erinnerte.
 

Kaiba befand sich gerade in einem riesigen Zwiespalt. Einerseits war er sauer auf Atemu, weil dieser ihn einfach geküsst hatte und außerdem kam er jetzt nicht an den Weißen Drachen heran, weil er von ihm besiegt worden war. Also zwei gute Gründe, Atemu zu hassen. Aber andererseits, so lieb, wie dieser sich gerade entschuldigte… Und außerdem konnte er nicht leugnen, dass er immer noch eine Schwäche für ihn hatte. Der Weiße Drache hatte ihn das vergessen lassen. Aber nun, wo er wieder am Anfang stand…

Kaiba wurde rot, während ihm der andere Junge so in die Augen starrte.
 

“Du bist wirklich seltsam”, meinte er schließlich. “Also gut, ich verzeihe dir”, erklärte er mit einem Brummen, während er die Arme vor der Brust verschränkt hatte und starrte derweil intensiv in eine Ecke der Halle, die sehr interessant zu sein schien. Diese ganze Situation brachte ihn schon wieder ins Schwitzen. Er hasste es, wenn Atemu ihn so anblickte, als würde er bis an den Grund seiner Seele sehen können. Auch, wenn er den Jungen attraktiv und sympathisch fand - mal abgesehen von einer gewissen Kuss-Attacke und der Tatsache, dass dieser ihn gerade bei Duel-Monsters besiegt hatte - so war es ihm dennoch unangenehm, wenn ihm jemand so nahe kam. Dann hatte er immer das Gefühl, als würde etwas in ihm zerbröckeln. So als würde seine Seele an der Tatsache, dass jemand sehen könnte, wie er wirklich war zerbrechen. Oder besser gesagt, daran, was besagter jemand, ihm mit diesem Wissen antun könnte. Besonders vor Atemu fiel es ihm so unglaublich schwer, seine Fassade aufrecht zu erhalten, dass allein das Bemühen darum schon fast körperlich wehtat.
 

“Und, was würdest du nun morgen gern machen?”, wiederholte Atemu seine Frage und schreckte Kaiba damit aus seinen Gedanken.
 

“Ich weiß nicht”, erklärte er nach kurzem Zögern. Er war noch nie mit jemandem ausgegangen und hatte keine Ahnung, was er da tun sollte. Außerdem fiel ihm in dieser verkrampften Haltung sowieso nichts ein.
 

“Ach, weißt du was, das macht nichts, denn ich habe eine super Idee!” Atemus Augen funkelten vor Begeisterung. “Wie wär’ s, wenn wir zuerst ins Future-Wonder-Land gehen und danach in ein schickes Restaurant und etwas essen?” Erwartungsvolle, rote Augen blickten zu Kaiba auf. Dieser schluckte.
 

“Das mit dem Vergnügungspark ist ja eine gute Idee, doch das Restaurant kannst du dir schenken”, erwiderte er frostig.
 

“Was, wieso denn?”, kam es enttäuscht zurück.
 

“Ja, wo hast du denn deinen Verstand gelassen? Wenn uns irgendjemand sieht, der uns wieder erkennt, dann sind wir geliefert. Hast du eine Ahnung, was es bedeutet, wenn die Öffentlichkeit erfährt, dass wir…” Kaiba ließ den Satz unvollendet.
 

“Dass wir ein liebendes Pärchen sind? Oh, du bist ja so süß, Seto!”, mit diesen Worten fiel Yami ihm um den Hals. “Aber deswegen brauchst du dir doch keine Sorgen zu machen.”
 

“Was?! Nein, wir sind doch kein Liebespärchen, was soll der Quatsch? Und lass mich gefälligst los!” Kaiba versuchte, sich aus Yamis Umarmung zu befreien, was gar nicht so leicht war, da dieser einen ziemlichen Klammergriff drauf hatte und damit fest seine Hüfte umschlang. Wie kam dieser, …dieser Giftzwerg nur dazu, sich ihm so aufzudrängen? Aber andererseits war es schon seltsam. Rein in seiner Fantasie, hatte er es schön gefunden, sich vorzustellen, Yami wäre ihm tatsächlich so nahe. Doch nun, wo er es wirklich war, war ihm diese Sache einfach nur peinlich und furchtbar unangenehm. Die Realität war eben doch anders, als die Fantasie. Doch mit dem Gedanken daran, erlahmte seine Gegenwehr und er ließ es geschehen, dass Atemu ihn wirklich umarmte. Dabei wurde er ganz rot und versuchte, irgendwo anders hinzusehen, nur nicht in Yamis Augen. Nun fühlte er mit einem Mal auch die Wärme, die von der Umarmung ausging. Vielleicht war das doch gar nicht so schlecht?
 

Kaibas Herz schien für einen Moment auszusetzen, als Yami plötzlich seinen Kopf auf seiner Brust ablegte. Er erstarrte zur Salzsäule und fragte sich, was das jetzt werden sollte. Versuchte Atemu gerade tatsächlich, ihn zu verführen? Und wie weit würde er dabei gehen? Auf jeden Fall wusste er nicht, ob er enttäuscht oder erleichtert sein sollte, als der Junge von ihm abließ.
 

“Du bist unmöglich!”, brachte er hervor, doch es klang bei weitem nicht so böse, wie es sollte.
 

“Tut mir leid, ich weiß ja, dass wir kein Liebespärchen sind. Meine Gefühle sind wohl gerade mit mir durchgegangen”, erklärte Atemu, sich verlegen am Kopf kratzend. “Ich versteh’ schon, du machst dir Sorgen, jemand könnte erfahren, dass du auf Männer stehst.” Kaiba gab einen undefinierbaren Ton von sich, der offensichtlich seinen Unmut bekunden sollte und verschränkte die Arme vor der Brust, während er ein Loch in die Wand neben Yami zu starren versuchte. Es hatte ja jetzt eh keinen Sinn mehr, dem anderen gegenüber zu leugnen, dass er ebenfalls auf Männer stand. Außerdem, wollte er das überhaupt?
 

“Das ist doch egal”, meinte er schließlich, während er mit seinen Augen - die in der, außerhalb der Arena nur dämmrig beleuchteten Halle, in einem seltsamen Grauton zu glänzen schienen - eine Ecke begutachtete. Denn eigentlich war das Argument, jemand könne sie zusammen sehen, nur vorgeschoben gewesen. Zwar machte er sich darüber auch Sorgen, doch in Wirklichkeit ging ihm das hier einfach viel zu schnell. Woher sollte er wissen, ob er Atemu überhaupt vertrauen konnte? Außerdem schienen die Gedanken und Gefühle so schnell in seinem Kopf umherzuwirbeln, dass er nicht mehr klar denken konnte und ihm schon ganz komisch war, so als bekäme er bald keine Luft mehr, als würde Atemu ihn nicht atmen lassen. Er verkrampfte die Finger in seinem weißen Mantel und überlegte fieberhaft, was er nun tun sollte, denn eigentlich mochte er den anderen doch.
 

“Ach, habe ich schon erwähnt, dass dir dieser weiße Mantel fantastisch steht?”, bemerkte Atemu lächelnd.
 

“Wie?”, für einen Moment war Kaiba völlig aus dem Konzept gebracht. “Wie auch immer”, meinte er schließlich unwirsch und hatte plötzlich das Verlangen, diese peinliche Situation so schnell wie möglich hinter sich zu bringen. “Also gut, wir treffen uns morgen, bei dir!”, bestimmte er nun zerknirscht. Es klang eher so, als würde er eine besonders schmerzhafte Zahnoperation durchstehen müssen, als nach der Freude auf ein Rendezvous.
 

Nun, endlich war Yami gegangen und Kaiba atmete tief durch. Erst jetzt bemerkte er, dass seine Hände zitterten und er sich fühlte, als hätte er gerade sonst was durchgemacht. Eigentlich könnte er jetzt was zu Essen vertragen, um diesen Energiemangel wieder wett zu machen, jedoch kam es ihm so vor, als müsse er sich bei dem kleinsten Bissen übergeben, weshalb er sich entschloss, es lieber zu lassen.
 

Er schrak zusammen, als sich plötzlich die Tür öffnete und wirbelte herum. Yami würde doch nicht etwa schon wieder zurückkommen?
 

“Seto, was du dir heute erlaubt hast, war wirklich das Letzte! Eine absolute Schande für den Namen Kaiba!” Seto fühlte sich, als würde ihm gerade der Boden unter den Füßen weggezogen, als er die Worte seines Adoptivvaters vernahm, der gerade herein gekommen war.
 

“Wie meinst du das?”, erkundigte er sich unsicher. Hatte er etwa beobachtet, wie er gegen Yami verlor?
 

“Du weißt genau, was ich meine. Du bist, nein, du warst Duel-Monsters Weltmeister. Das war eine gute Publicity für die Kaiba-Corporation, auch wenn unsere Firma eigentlich Waffentechnologie produziert. Doch jetzt, wo die ganze Welt erfahren hat, dass du verloren hast und dich dabei noch wie ein Idiot gegenüber diesem Jungen benommen hast, wird sich das ins Gegenteil verkehren.” Die Stimme Gozaburos bebte vor unterdrücktem Zorn und sein Gesicht war schon ganz rot angelaufen.
 

“Aber es muss doch niemand erfahren. Atemu wird sicher nichts erzählen, wenn ich ihn darum bitte.” Seto schwante übles.
 

“Das dachtest du dir so. Doch leider ist es dafür zu spät. Da du es nicht weißt: Ich habe bemerkt, dass du dich duellieren wolltest und dachte mir, es wäre eine nette Aktion, das Spiel auf unserem Privatsender live zu übertragen.”
 

“Nein! Du hast was? Das kann nicht dein Ernst sein!”
 

“Oh, doch, mein Lieber! Sei bloß froh, dass ich rechtzeitig abgeschaltet habe, so dass niemand deine idiotische Turtelei mit diesem Jungen mitbekommen hat, den du übrigens nie wieder sehen wirst, damit das klar ist! Denn du wirst ja hoffentlich wissen, was passiert, wenn herauskommen sollte, dass mein, *mein* Adoptivsohn, schwul ist. Du solltest dich lieber ganz schnell umorientieren, das lass dir gesagt sein, Freundchen. Im Übrigen weißt du ja, was du nun zu tun hast, nicht wahr? Außerdem wirst du die Konsequenzen zu tragen haben”, bestimmte Gozaburo und verschwand wieder durch die Tür, durch die er gekommen war, ohne besagte Konsequenzen noch zu benennen. Wahrscheinlich konnte sich sein Adoptivsohn schon denken, was er meinte.
 

Seto zitterte und ihm war plötzlich ganz kalt. Er wusste, dass sein Adoptivvater so wütend wie noch nie auf ihn war. Zwar hatte dieser seine Wut im Zaum gehalten, aber das war schlimmer, als wenn er sie gleich heraus gelassen hätte. Denn das bedeutete, dass dies nur die Ruhe vor dem Sturm sein konnte und dass Gozaburo so enttäuscht von ihm war, dass er es nicht mal mehr für nötig befand, ihn anzuschreien, weil er es für unter seiner Würde hielt, sich weiter mit ihm zu befassen und zu außer sich war, um seiner Wut Ausdruck zu verleihen.

Und nicht nur, dass jetzt die ganze Welt von seiner peinlichen Niederlage bei Duel-Monsters wusste - nein, nun hatte auch noch Gozaburo mitbekommen, dass er auf Männer stand und ihm verboten, homosexuell zu sein. Seto schwankte zwischen Wut und Entsetzen, wobei er momentan eher zur Wut neigte. Er würde sich von Gozaburo ganz bestimmt nicht seine sexuelle Orientierung vorschreiben und auch nicht verbieten lassen, mit Yami auszugehen! So weit käme es noch! Doch andererseits, wenn er sich nicht fügte, könnte dies zur Folge haben, dass sein Adoptivvater ihn enterbte, da kannte der Alte keine Skrupel. Also blieb wohl oder übel nur, es heimlich zu tun. Und da Gozaburo ihm ganz bestimmt nachspionieren lassen würde, dürfte er sich auf keinen Fall am Sonntag mit Atemu treffen, denn diese Verabredung hatte der ganz bestimmt mitbekommen. Aber andererseits erfüllte er seine Wettschulden immer und konnte nicht einfach wegbleiben… Vielleicht konnte er Yami anrufen und das Treffen auf nächstes Wochenende verschieben und bis dahin zusehen, das Gozaburo nichts mitbekam?

Seto wunderte sich über den eigenen Trotz und die Wut, die ihn aufrecht hielt und verhinderte, dass er wie sonst in ein schwarzes Loch fiel. Ob das daran lag, dass er diesmal etwas gefunden hatte, was ihm wirklich wichtig war? Etwas, für das es sich zu kämpfen lohnte? War Yami das wert? Nun, er wollte es auf jeden Fall herausfinden.

Boring Sunday?

Hallöchen,
 

oh, man. Dieses Kapitel war eine schwere Geburt, kann ich euch sagen. Deshalb hat es auch so lange gedauert. Erinnert ihr euch überhaupt noch an diese Geschichte?

Jedenfalls hab ich irgendwie das Gefühl, dass ich generell scheiße schreibe und es bis jetzt nur noch nicht bemerkt habe. Ich ärger mich jedenfalls über mich selbst, dass ich das nicht besser hinkriege.
 

Ha, wisst ihr, was lustig ist: Mein Rechtschreib-Programm will Kaiba immer in Kaaba umwandeln und die Kaiba-Corporation dementsprechend in die Kaaba-Corporation XD. Es ist also der festen Überzeugung, dass Kaiba in Wirklichkeit Kakao herstellt.

Na ja, jedenfalls viel Spaß mit dem neuen Kapitel.

- Silfier
 

Atemu seufzte traurig, während er am Sonntag daheim saß und sich zu Tode langweilte. Dabei hatte er eigentlich etwas Besseres vorgehabt, und zwar mit Seto Kaiba auszugehen. Aber der hatte ja mit einer fadenscheinigen Erklärung, von wegen, er müsste etwas ganz Wichtiges für seinen Vater Gozaburo erledigen, abgesagt und ihn auf nächsten Sonntag vertröstet. Wenn es denn zu dem Termin nächsten Sonntag überhaupt kam. Atemu hatte nämlich so das Gefühl, dass Seto ihn nur hatte abwimmeln wollen. Wer wusste denn, was für eine Ausrede er sich nächstes Mal einfallen lassen würde. Dabei hatte er geglaubt, ihm dieses Mal ein wenig näher gekommen zu sein. Aber das war ja wohl der totale Reinfall gewesen. War Seto vielleicht immer noch nur hinter dem Weißen Drachen her?
 

Atemu seufzte noch einmal, kippte mit seinem Stuhl auf die Hinterbeine und balancierte so weit wie möglich nach hinten. Er hatte auch so gar keine Lust, irgendetwas anderes zu unternehmen. Die ganze Zeit hatte er nur Setos blaue Augen im Sinn, die ihn irgendwie traurig anschauten, ein anderes Mal fanatisch leuchteten oder leer vor sich hin starrten. Irgendwie hatte er ein ganz ungutes Gefühl und bekam seine umherschweifenden Gedanken nicht mehr unter Kontrolle. Diese machten mal einen Ausflug hier hin und mal dorthin, ließen sich aber nie auf einen Punkt konzentrieren und in ein klares Bild fassen. Das einzig Klare war daran, dass er eben an Seto, und alles was mit ihm zu tun hatte, dachte. Als überraschend Yugi in sein Zimmer hereinplatzte, fiel er mit dem Stuhl auch noch nach hinten um und hatte den Rest des Tages mit Rückenschmerzen zu kämpfen. Soviel dazu.
 

Seto Kaiba plagte sich mit ganz anderen Sorgen, fühlte er sich doch ständig von seinem Adoptivvater beobachtet, oder besser gesagt, von dessen Angestellten. Nur gut, dass er Atemu abgesagt hatte. Jetzt musste er sich nur noch überlegen, wie er die “Gefängniswärter” loswerden und gleichzeitig Gozaburo besänftigen sollte. Er hatte auch schon eine Idee, wie er das anstellen könnte, allerdings wollte er diese nur als letzte Möglichkeit einsetzen, wenn gar nichts anderes klappte. Er war nämlich nahe daran, eine durchbrechende Erweiterung der von ihm erfundenen Holografietechnologie zu entwickeln, wegen der jeder Gozaburo als Genie feierte, weil dieser Seto die Erfindung geklaut hatte und nun als Abwehrwaffe, um Feinde zu abzuschrecken und abzulenken, einsetzte. Und Seto hatte keine Lust, seinem Adoptivvater noch mal so auf die Sprünge zu helfen, zumal er Waffentechnologie zutiefst verabscheute. Also hieß es, sich etwas anderes einfallen zu lassen. Und wobei konnte man besser nachdenken, als bei einem Spaziergang durch die frische Luft?
 

Aus diesem Grund lief er nun durch den Stadtpark, wobei ihm das warme Frühlingswetter zustatten kam. Die Sonne schien heute besonders hell und die rosafarbenen Kirschblätter leuchteten auch schon in ihrer ganzen Pracht, als wollten sie mit allen Mittel darauf hindeuten, dass heute ein besonders romantischer Tag sei. Kaiba fühlte sich allerdings alles andere als romantisch - im Gegenteil, seine Stimmung war ziemlich düster und dafür gab es genau drei Gründe: Erstens hasste er es, wenn so viele Menschen um ihn herum waren und der Stadtpark war an diesem Sonntag sehr gut besucht, um nicht zu sagen überfüllt. Zweitens wurde er immer noch von Gozaburos Wachhunden verfolgt und drittens hätte er sich doch gerne mit Atemu getroffen. Jedenfalls wäre ihm das viel lieber gewesen, als ziellos durch die Gegend zu laufen und zu versuchen, sich unter dem Menschengedränge und der Beobachtung einen Plan zu überlegen, wie er die negative Aufmerksamkeit seines Adoptivvaters wieder von sich ablenken könnte.
 

Gedankenversunken schritt er schnell aus, da er ziemlich ruhelos war und so eine langsame Herumtrödelei wie bei einigen anderen Leuten, nicht seine Art war. Gleichzeitig musste er immer wieder aufpassen, dass er nicht mit anderen Menschen zusammenstieß, da viele, besonders diese nervigen Kleinkinder, die Angewohnheit hatten, plötzlich geradewegs in seinen Weg zu laufen. Es verging kaum eine Minute, da er sich nicht wieder darüber ärgerte, dass er deswegen aus seinen Gedanken gerissen wurde. Vielleicht war der Stadtpark an einem schönen Sonntagnachmittag doch nicht der richtige Ort um ungestört nachzudenken.

Endlich schaffte er es einmal, sich richtig zu konzentrieren, da wurde er auch schon angerempelt. Er fuhr auf, um sich zu beschweren, als ihm sein Gegenüber, der mindestens einen Kopf größer war als er, zuvorkam.
 

“Hey, kannst du nicht aufpassen, wo du hintrittst, du Lackaffe!”, fuhr ihn ein muskelbepackter Riese an und funkelte ihn wütend an.
 

“Wer kann hier nicht aufpassen?!”, schnappte Kaiba zurück um auch schon eine Hand an seinem Kragen zu haben. Offenbar war der Typ vor ihm auf Streit aus.
 

“Entschuldige dich gefälligst, Bohnenstange!”
 

“Ich glaube, derjenige, der sich entschuldigen sollte, bist eher du!”, fauchte Kaiba zurück. Offenbar realisierte er gerade nicht, dass der Mann vor ihm viel stärker war und sich auch noch seine Freunde um ihn aufgebaut hatten, die nun nicht schlecht staunten, dass Kaiba überhaupt ein Widerwort wagte. Vielleicht war es ihm aber auch ziemlich egal, da seine Stimmung gerade einen Tiefpunkt erreicht hatte.
 

“Was sagst du da? Niemand rempelt Bighead einfach so an und ist dann auch noch so frech!” Kaiba schmunzelte böse zurück.
 

“Woher hast du denn den Spitznamen? Weil dein Kopf so groß ist, aber nichts drin?” Dem so Beleidigten fielen vor Wut und Ungläubigkeit, dass es jemand Schwächeres wagte, ihn so zu anzusprechen, fast die Augen aus dem Kopf, ebenso wie seinen Kumpanen.
 

“Der hat sie doch nicht mehr alle!”, meinte nun auch einer dessen Freunde. “Offenbar weiß er nicht, was ihm blüht, wenn er Bighead beleidigt.” Jener nickte zustimmend.
 

“Hast du vielleicht noch ein letztes Wort zu sagen, bevor ich dich zu Bohnenbrei verarbeite?”
 

Kaiba lächelte unbeeindruckt und meinte:
 

“Seht euch mal um. Vielleicht solltest du lieber über deine letzten Worte nachdenken.” Irritiert blickte sich die Gang um und sah sich plötzlich von einer Gruppe schwarz gekleideter Männer umgeben.
 

“Oh, man! Jetzt weiß ich, warum der Typ mir so bekannt vorkam”, rief nun einer von Bigheads Kumpanen. “Das ist Seto Kaiba, der Adoptivsohn von diesem reichen Pinkel, Gozaburo. Nichts wie weg hier!” Schneller als der Streit entstanden war, war die Gruppe auch schon wieder verschwunden und ließ nur eine Staubwolke hinter sich. Verächtlich blickte Kaiba hinter ihnen her und hasste sich gleichzeitig dafür, dass er auf die Hilfe seines Adoptivvaters und dessen Wachhunde angewiesen war. Eigentlich waren ihm diese ja nicht als seine Bodyguards mitgeschickt worden, sondern als Aufpasser, aber wenn es hart auf hart kam, griffen sie auch ein. Jedenfalls machte ihm dies mal wieder deutlich, wie abhängig er eigentlich von Gozaburo war und diese Tatsache hasste er aus tiefstem Herzen.

Ohne ein Wort des Dankes oder auch nur einen Blick zu seinen Rettern, ging er schnellen Schrittes weiter und versuchte so gut wie möglich, sie zu ignorieren.
 

“Man, du bist aber auch blöd!”, stellte Yugi treffend fest, während er den Rücken seines Bruders mit einer merkwürdigen Salbe ihres Großvaters einrieb, die angeblich bei Rückenschmerzen helfen sollte.
 

“Au, jetzt sei doch nicht so grob!”, beschwerte sich Atemu. “Alle sagen sie immer, du seiest klein, zierlich und schüchtern. Wenn die wüssten, mit was für Eisenfingern du mich hier anfasst, dann. . .” Weiter kam er nicht, denn Yugi hatte kurzerhand mit einem kräftigen Druck die Salbe verteilt. “Das war jetzt aber Absicht, oder?”, maulte Atemu.
 

“Pass du mal lieber auf, dass du nicht wieder mit dem Stuhl kippelst und dann hinten überfällst!”, wies Yugi seinen Bruder an und klang dabei ziemlich oberlehrerhaft.
 

“Schon gut, schon gut. Ich hab’ s ja kapiert”, schmollte Atemu. Nicht, dass ihm sein kleiner Bruder noch mehr Schmerzen zufügte, als er schon hatte.
 

Als er die Folter seitens Yugis endlich überstanden hatte, ließ er sich auf sein Bett zurücksinken und versuchte möglichst eine Position zu finden, in der sein Rücken am wenigsten schmerzte. Anschließend schaltete er den Fernseher ein und zappte gelangweilt durch die unterschiedlichen Kanäle. Er wollte schon gerade gefrustet wieder abschalten, als in einer Nachrichtensendung plötzlich der Name Kaiba fiel. Ein Moderator verkündete gerade:
 

“. . . wurde heute live auf dem Privatsender der Kaiba-Corporation - der zweitgrößten Waffenproduktionsfirma Japans - übertragen. Das Ergebnis überraschte nicht nur Fans des Kartenspiels Duel-Monsters, die sich nun mit einem neuen Weltmeister anfreunden müssen. Wer ist jener mysteriöse Junge namens Yami? Diesbezügliche Anfragen bei der Kaiba-Corporation wurden nicht kommentiert. Man nimmt jedoch an, dass es sich um einen Freund oder Bekannten von Herrn Kaibas Adoptivsohn handelt.

Nun zu den Sportnachrichten . . .”
 

Atemu und Yugi machten große Augen, während sie noch ein Weilchen perplex auf den Bildschirm starrten.
 

“Hab ich richtig gehört? Du hast gestern den Weltmeister in Duel-Monsters geschlagen und das ist, oder besser gesagt, war, Seto Kaiba?”, wiederholte Yugi ungläubig.
 

“Sieht so aus”, brachte Atemu ebenso verblüfft hervor und kratzte sich mit dem Zeigfinger nachdenklich am Kinn. “Ahhh!” Mit einem Schrei sprang er plötzlich auf. “Ich habe den Duel-Monsters Weltmeister besiegt und das ist Seto!”, schien er erst jetzt zu begreifen. “Au, au, au!”, mit diesen Schmerzenslauten ließ er sich wieder auf das Bett zurückfallen, als ihn sein Rücken daran erinnerte, dass er nicht bewegt werden wollte.
 

“Also du bist mir einer”, schüttelte Yugi den Kopf.
 

“Du klingst schon wie Großvater”, blinzelte Yami zu ihm hinauf.
 

“Ach ja, tu ich das?”, erwiderte Yugi böse grinsend und schnappte sich schnell ein Kissen, mit dem er seinem Bruder mal ein paar ordentliche Schläge verpasste, der ihm diesmal wegen seines schmerzenden Rückens leider ausgeliefert war. Sonst war es bei solchen Kissenschlachten nämlich immer der schmächtigere Yugi, der sehr schnell unterlag.
 

Ruckartig blieb Seto Kaiba stehen, denn ihm war plötzlich eine Idee gekommen. Er würde sich zwar reichlich lächerlich machen, aber gerade dadurch würde man ihm nicht so schnell auf die Schliche kommen. Still lächelte er vor sich hin, während er sich umwandte und durch den Park zurücklief.
 

Zurück in der Kaiba-Villa, begab er sich zunächst auf sein Zimmer und hielt sich dort eine ganze Weile auf, so dass es schien, als wolle er dort nicht mehr so schnell herauskommen. Irgendwann, in einem stillen Moment jedoch, öffnete er die Tür und trat auf den Gang. Seine Hoffnung wurde jedoch enttäuscht, denn einer seiner Aufpasser stand immer noch vor der Tür und zwinkerte ihm nun spöttisch zu. Kaiba blickte böse zurück und meinte:
 

“Könnt ihr nicht wenigstens vor der Haustür warten? Ich werde schon nicht über das Dach wegfliegen.”
 

“Das glaub ich auch nicht, Schätzchen. Aber es ist nun mal so, dass dieses Haus auch einen Hintereingang hat, dass heißt, es müssten zwei Leute gleichzeitig aufpassen, wo du deinen süßen Hintern hinbewegst. So reicht auch einer von uns.”
 

“Ach, und wofür werdet ihr bezahlt? Dass ihr zeitweise schwänzen könnt? Auch, wenn mein lieber Adoptivvater gerade sauer auf mich ist, so wird ihm das doch nicht gefallen, wenn ich es ihm erzähle”, drohte Kaiba und versuchte, die komischen Bezeichnungen, mit denen ihn der Wachmann titulierte, zu ignorieren. Innerlich jedoch kochte er vor Wut, denn Gozaburo hatte seinen Leuten bestimmt erzählt, dass er auf Männer stand, ansonsten konnte er sich das nicht erklären. Dabei hatte er geglaubt, dass dieser kein Sterbenswörtchen darüber verlauten lassen würde, damit auch bestimmt nichts an die Öffentlichkeit drang. Oder bezeichnete dieser Wachmann ihn aus einem anderen Grund als “Schätzchen”?
 

“Wie du meinst”, zuckte der die Schultern und schnippte seine Zigarette aus, nur um sich dann langsam und gemächlich zum Hauseingang zu begeben und seinen Partner zu benachrichtigen.
 

“Und übrigens, im ganzen Haus herrscht Rauchverbot, dass das klar ist!”, rief Kaiba ihm noch hinterher, ohne jedoch eine Reaktion zu erhalten. Jedenfalls war er erstmal erleichtert, dass er nun freie Bahn hatte und begab sich dorthin, wo die Hausangestellten ihre Kleidung aufbewahrten. Glücklicherweise ungesehen, da gerade alle bei der Arbeit waren, gelangte er dorthin und schnappte sich den Arbeitsdress eines ziemlich großen Hausmädchens und ein Kopftuch. Das würde hoffentlich verhindern, dass ihn jemand erkannte. . . Wenn doch, dann würde er erstens seinen Besuch bei Atemu vergessen können und sich zweitens für den Rest seines Lebens lächerlich machen.
 

Daheim bei Mûtos hatten sich Yami und Yugi derweil eingekriegt und lagen nun wieder faul auf ihren Betten, als es plötzlich an der Tür läutete und kurz darauf Opa Mûto zu ihnen hinauf rief:
 

“Atemu, da ist Besuch für dich! Eine hübsche, junge Dame, hö, hö!” Yami stöhnte. Offenbar spekulierte sein Opa schon darauf, ihn bald verheiraten zu können. Wenn der wüsste, dass er auf Männer stand, würde er bestimmt ausrasten. Doch wer mochte wohl diese “junge Dame” sein? Vielleicht irgendein Mädchen aus der Schule, das sich hier her traute? Das konnte doch eigentlich nur Anzu sein, mit der sie sich schon ganz gut angefreundet hatten, oder?

Neugierig ging Atemu nach unten ins Wohnzimmer und auch sein kleiner Bruder folgte ihm.
 

Dort stand bereits eine große, schlanke Frau in einer Art Hausmädchendress und mit Kopftuch mit dem Rücken zu ihnen gewandt, mitten im Zimmer, welches Großvater Mûto gerade verließ, natürlich nicht, bevor er Atemu noch kurz vertraulich zugezwinkert hatte.
 

“Ähm, hy”, machte jener, unschlüssig, was er mit der Situation und vor allem, dem unbekannten Mädchen anfangen sollte. Dieses drehte sich nun um, zog sich dabei das Kopftuch herunter und schüttelte sich, dass die kurzen Haare flogen.
 

“Man, ich dachte, ich erstickte gleich”, ächzte Kaiba, während Atemu glaubte, den ersten Herzinfarkt seines noch jungen Lebens zu erleiden. Auf den Schreck, dass Seto Kaiba in einem Hausmädchenkostüm steckte, musste er sich erstmal setzen. Yugi hinter ihm begann derweil zu prusten und zu glucksen.
 

“Was, du…”
 

“Ja, guck nicht so blöd. Glaubst du, ich mache das freiwillig? Leider konnte ich meinem Herrn Adoptivvater nicht anders entkommen, aber ich halte meine Wettschulden eben ein”, erklärte er, verächtlich schnaubend.
 

“W-wie meinst du das? Was ist denn passiert?”
 

“Vielleicht hast du es ja mitbekommen”, begann Kaiba und fuhr sich derweil durch seine zerzausten und verschwitzten Haare, um sie ein wenig in Ordnung zu bringen. Eine einfache Geste, die Atemus Verstand gerade auf den Kopf stellte. Außerdem stand Kaiba dieser Dress doch gar nicht so schlecht. “Mein Adoptivvater” - Seto spuckte dieses Wort förmlich aus - “hat zufällig mitbekommen, dass ich mich mit dir duelliert habe und dieses Duel auf seinem Privatsender ausgestrahlt.”
 

“I- ich, wir, haben es vorhin im Fernsehen gesehen”, stellte Atemu fest. “Du bist Duel-Monsters Weltmeister, stimmt das?“ Kaiba nickte. “Ich war es”, zischte er, was sein Gegenüber unwillkürlich zusammen zucken ließ. “Allerdings ist das noch nicht alles. Gozaburo hat auch mitbekommen, wie wir, ich meine, dass du und ich…, dass wir uns eben verabredet haben und hat mir verboten, dich zu treffen. Deshalb habe ich mich im Arbeitsdress eines unserer Hausmädchen hinausgeschlichen und, nun ja, das Ergebnis siehst du hier. Ich löse eben meine Wettschulden ein, egal wie schwer es mir fällt”, knurrte er unwillig und verschränkte die Arme vor der Brust. “Und wehe, du lachst jetzt!”, dabei warf er einen glühenden Blick zu Yugi hinüber, der schon die ganze Zeit vor sich hin gluckerte.
 

“Ähm, okay. Ich lass euch beide dann mal alleine”, verkündete jener nun und lief hastig wieder die Treppe zu seinem Zimmer hinauf.
 

“Wieso sollte ich lachen, du siehst süß aus in diesem Kleid”, schmeichelte Atemu. Kaiba wurde unwillkürlich rot und guckte ihn perplex an. Mit allem hatte er gerechnet: Damit, dass er ausgelacht wurde, verspottet oder gar beschimpft, aber nicht mit einem Kompliment. Außerdem, jetzt bezeichnete ihn dieser verdammte Junge schon wieder als süß!
 

“Ich bin nicht süß!”, wies er energisch ab und funkelte Atemu empört an. “Und überhaupt, wo kann ich mich umziehen? Ich will endlich dieses schreckliche Kleid loswerden.” Yami schüttelte lächelnd den Kopf und führte ihn zusammen mit seinem Koffer, in dem er offenbar seine normale Kleidung hatte, ins Bad.
 

Kaiba war heilfroh, als er sich das mittlerweile nassgeschwitzte Kleid ausziehen konnte und fluchte vor sich hin, weil man ihn in dieser lächerlichen Aufmachung gesehen hatte. Nun ja, zumindest schien Atemu sich nicht über ihn lustig zu machen. Endlich hatte er wieder normale Kleidung an, sprich, eine schwarze Hose und einen gleichfarbigen Rollkragenpullover. Eigentlich ein bisschen zu warm für das milde Wetter, jedoch mochte er das lieber.
 

“Hm, das hier steht dir aber auch nicht schlecht”, stellte Atemu, ihn nun musternd, fest.
 

“Hör auf damit!”, grummelte Kaiba ärgerlich.
 

“Womit denn?”, tat Atemu unschuldig.
 

“Damit, mich mit deinen Blicken auszuziehen.”
 

“Ach ja, tue ich das?”
 

“Ja, tust du!”
 

“Sehr interessant, was du alles von mir denkst. Eigentlich bewundere ich nur, wie gut dieses schlichte Schwarz deinen Körper betont. Aber, wenn du dir gerne vorstellst, dass ich dich mit meinen Blicken ausziehe. . .”
 

“Duuu! Mach dich nicht über mich lustig!”, zischte Kaiba und packte Atemu beim Kragen. Da hatte er befürchtet, dieser würde sich über den Hausmädchendress lustig machen, dabei fing er jetzt mit seiner normalen Kleidung an.
 

“Schon gut, schon gut. War doch nicht so gemeint.” Kaiba erstarrte, als er plötzlich zwei Arme fühlte, die sich um seinen Körper schlangen. “Ich mag dich nämlich, aber ich glaube, das weißt du schon, oder?”
 

“Huh?”, machte er überrumpelt. Wie kam Atemu jetzt auf einmal dazu, so etwas zu sagen? Schließlich war er gerade dabei gewesen, sich mit ihm zu streiten! Aber aus welchem Grund eigentlich? Kaiba konnte sich plötzlich nicht mehr erinnern, als er in diese rötlichen Augen schaute, die ihn mit ihrem Glanz scheinbar aufsaugen wollten. Und dann diese Hände auf seinem Rücken… Er erinnerte sich an die letzte Umarmung dieser Art, wobei ihm unwillkürlich heiß wurde. Erstarrt versank er in diesem Anblick. Yami lächelte ihn warm an und…
 

“Nein!”, protestierte Kaiba. “Du küsst mich nicht schon wieder!”, schob er ihn energisch von sich.
 

“Was denn, hatte ich das denn vor?”, mimte Atemu den Unschuldigen. Kaiba guckte ihn perplex an. Stimmte ja, er war einfach davon ausgegangen, dass Yami plante, ihn zu küssen, aber dass er das tatsächlich vorgehabt hatte, stand ja nicht fest. “Oder hast du dir das unterbewusst gewünscht?”, fuhr Atemu fort.
 

“N-nein, natürlich nicht! Sag, mal, was redest du da für einen Mist! Aber bei dir kann man ja nie wissen, d- du Kussmonster!”
 

“Was?”, prustete Yami. “Ich und ein Kussmonster? Ich hab doch nur einmal…”
 

“Ja, und das war genau einmal zuviel.”
 

“Sag bloß, du trägst mir das immer noch nach, nachdem ich mich bei dir entschuldigt habe.”
 

“Nein, das nicht”, schaute Kaiba peinlich berührt zur Seite. “Stimmt, du hast dich dafür entschuldigt und ich habe dir verziehen und damit sollte ich die Sache vergessen.”
 

“Vergessen… das musst du aber nicht. Nicht, wenn du nicht willst und dieser Kuss im Nachhinein vielleicht doch eine schöne Erinnerung für dich sein könnte.”
 

“I-ich…”
 

“Möchtest du vielleicht… Darf ich dich noch einmal küssen, diesmal mit deinem Einverständnis?”, fragte Yami sanft. Kaiba lief auf diese Frage hin rot an. Eigentlich war die Vorstellung doch gar nicht so schlecht, aber andererseits hatte er irgendwie panische Angst davor, Atemu so nah an sich heran zu lassen. In seinem Kopf begann eine kleine Maschinerie anzulaufen - der eine Teil sagte ja, der andere nein und beide Teile waren gleich stark, trafen aufeinander und setzten sich gegenseitig Matt. Deshalb starrte Kaiba Atemu nur wie gelähmt an und wurde von der Anstrengung, unbedingt eine Entscheidung treffen zu müssen, schon ganz blass im Gesicht und begann zu zittern.

Schließlich seufzte Yami und meinte:
 

“Du musst nicht, wenn du nicht willst. Ehrlich, ich bin dir nicht böse.”
 

“Nein, es ist ja nicht so, dass ich es nicht will . . . Es ist nur so, dass ich . . . kann das einfach nicht”, brachte er endlich hervor.
 

“So und warum nicht?”, in Atemus Augen blitzte es auf, da er offenbar doch noch seine Chance witterte, während er einen Schritt auf Kaiba zumachte, welcher daraufhin unwillkürlich zurückwich und schluckte.
 

“Weil . . ., ach, frag doch nicht so blöd! Ich weiß es einfach nicht.”
 

“Du hast Angst, weil es dein erster richtiger Kuss wäre, nicht wahr?”
 

“Hmpf. Das geht dich überhaupt nichts an. Ich will dich nicht küssen, und damit basta!”
 

“Ah, eben hast du aber noch was anderes gesagt.”
 

“Das war, bevor du mich so genervt hast. Und jetzt lass uns lieber unsere Verabredung hinter uns bringen, damit es bald endlich ein Ende hat!”
 

“Hach, das ist jetzt aber blöd.”
 

“Was? Ich dachte, du freust dich.”
 

“Das tue ich auch, aber jetzt ist es schon fast Abend und du hast mir doch einen ganzen Tag versprochen. Und außerdem scheint es mir so, als hättest du heute keine Lust mehr.”
 

“Das stimmt nicht, ich. . . Okay, du darfst mich küssen. Los, setz dich!”, forderte Kaiba ruppig und schubste Yami förmlich auf das Sofa, um sich ihm gegenüber zu setzen. Nun schloss er die Augen, kniff die Lippen zusammen und harrte der Dinge, die da kommen sollten. Als nach endlosen Sekunden jedoch immer noch nichts geschah, öffnete er verwirrt die Augen und begegnete dem Blick eines mitleidig lächelnden Yamis.
 

“Seto, das habe ich doch nicht gemeint. Ich seh doch, dass du dich dabei nicht wohl fühlst. Ich will dich nicht küssen, wenn du Angst davor hast.”
 

“Ich habe keine Angst!”, beharrte Kaiba. “Los, mach schon! Oder willst du warten, bis der Nordpol abgetaut ist?” Auf diese Aussage hin grinste Yami ungeniert.
 

“Gut, wie du willst.” Er berührte mit seinen Händen Kaibas Wangen und löste allein schon dadurch eine Gänsehaut bei ihm aus. Wie lange war ihm schon niemand mehr so nahe gewesen? Atemus Gesicht näherte sich dem seinen. Jetzt war sein Mund nur noch wenige Zentimeter entfernt und Kaiba hielt erschrocken die Luft an und machte die Augen zu. Im nächsten Moment spürte er tatsächlich - er konnte es gar nicht glauben, dass das wirklich geschah - Atemus Lippen auf seinen und riss die Augen wieder auf. Kurz starrte er auf die geschlossenen Augenlider seines Gegenübers und kniff dann selbst wieder die Augen zusammen.
 

“Hey, wenn du dich so verkrampfst, kannst du es ja gar nicht genießen”, streichelte Atemu ihm über die Arme. Das gefiel Seto schon eher.
 

“Halt mich einfach fest, bitte!”, flüsterte er plötzlich und schlang seine Arme um Atemu. Irgendwie hatte er sich seinen ersten richtigen Kuss anders vorgestellt - spektakulärer. Doch das hier war - lag es wirklich daran, dass er zu verkrampft gewesen war? Oder war er doch nicht wirklich in Atemu verliebt? Jedenfalls gefiel ihm diese Umarmung viel besser und die streichelnde Hand in seinem Rücken jagte ihm einen Schauer nach dem anderen über die Haut. Er seufzte genüsslich auf, nur um im nächsten Moment vor Scham ganz rot zu werden. Was, wenn Yami das mitgekriegt hatte? Ach, was, das hatte er gar nicht ignorieren können. Und jetzt? Kaiba zuckte zusammen, als sein Freund ihn plötzlich aufs Ohr küsste. Das fühlte sich . . . Auch ziemlich gut an. Und dann ein Kuss in der Halsbeuge und er konnte keuchte unwillkürlich auf. Wie peinlich!
 

“Du bist so empfindlich”, flüsterte Atemu in sein Ohr.
 

‘Ach, verdammt, selbst seine Stimme…’, fluchte Seto innerlich, kniff die Augen zusammen und hielt die Luft an, in der Hoffnung, dann nicht mehr keuchen zu müssen. Als er sich plötzlich jedoch ausgestreckt auf der Couch wieder fand und Atemu auf ihm saß, entwich dennoch ein überraschter Laut seinen Lippen. Sein Freund beugte sich zu ihm hinunter und küsste ihn noch mal. Und diesmal fühlte es sich aus irgendeinem Grund ganz anders an - so berauschend. Seto streckte verlangend seine Zunge aus, um damit an Yamis Lippen zu lecken - und zuckte im nächsten Moment, erschrocken über seine eigene Tat, zusammen. Jedoch schien Atemu das als Einladung verstanden zu haben und strich nun seinerseits mit der Zunge über seine Lippen. Seto verfluchte sich selbst dafür, dass er seinen Mund nicht davon abhalten konnte, sich zu öffnen, jedoch fühlte sich das einfach zu gut an. Und nun war ihm Atemu so nahe, so unbeschreiblich nahe, wie noch kein Mensch zuvor und fast hätte er heulen können vor Glück.
 

“Hey, was…, aua!”, jammerte Atemu, der plötzlich wieder einmal auf seinem schmerzenden Rücken gelandet war, nachdem Kaiba ihn ganz unerwarteter Weise von sich geschmissen hatte. Dabei hatten sie sich eben doch noch so innig geküsst. Sein Schmerz war schon wieder vergessen und er seufzte selig in der Erinnerung daran. Doch warum hatte Seto ihn plötzlich von sich geschubst? Dieser lag auf dem Sofa und schien nach Luft zu ringen.
 

“Was ist los? War ich so gut?”, grinste Atemu selbstbewusst und kam wieder auf die Beine. Kaiba ignorierte ihn jedoch und stand stattdessen nach Atem ringend auf und stürmte aus dem Raum. “Hey, was ist denn los?” Schnell lief er ihm hinterher und entdeckte seinen Freund im Bad, wo dieser sich über die Kloschüssel gebeugt hatte und sich übergab.
 

“Ach, verstehe. So schrecklich findest du mich also?”, stellte Atemu enttäuscht fest. Wie hatte er auch nur glauben können, Seto würde ihn wirklich freiwillig küssen wollen? Bestimmt wollte er nur seine Wettschulden einlösen. Oder es war so eine Art Experiment für ihn gewesen - wie eklig kann Küssen sein?
 

Zitternd hielt sich Kaiba an der Kloschüssel fest und ahnte nichts von diesen Gedanken. Jedoch schämte er sich furchtbar, dass ihm ausgerechnet jetzt übel werden musste. Und Atemu stand auch noch daneben und guckte ihm zu. Als ob das nicht schon peinlich genug wäre. Was würde er jetzt von ihm halten?

Rigourousness

Hallöchen,

ja, ich weiß, es hat sehr lange gedauert, und ich dachte schon, ich würde diese FF nie fortsetzten. Doch endlich hab' ich es geschafft, mal ein neues Kapitel zu schreiben. Ich hoffe, es gefällt euch^^.
 

Nachdem sich Kaiba wieder einigermaßen erholt hatte, wusch er sich erstmal Gesicht und Hände und versuchte, den ekelhaften Geschmack des Erbrochenen loszuwerden. Atemu hatte sich derweil wieder ins Wohnzimmer verzogen. Deprimiert schaute Kaiba in den Spiegel und fragte sich, was bei ihm bloß verkehrt lief. Da hatte er einmal so ein Glück und musste es sich dann selbst vermiesen, weil er die Nerven verlor und sein Körper rebellierte. Doch es hatte ja keinen Zweck, in Selbstmitleid zu versinken, also verließ er das Badezimmer wieder und stellte sich neben die Couch, auf der Atemu saß, um ihn entschuldigend anzublicken. Der bemerkte seinen Blick jedoch nicht mal, sondern starrte nur sauer vor sich hin.
 

“Und nun? Hast du bekommen, was du wolltest?”, erkundigte sich Atemu frostig, ohne aufzublicken.
 

“W-wie meinst du das?”
 

“Na ist doch klar, so ’begeistert’ wie du über meinen Kuss warst . . . Mich würde doch mal interessieren: Wieso hast du dich überhaupt darauf eingelassen, wenn es dir gar nicht gefällt? War das so eine Art Experiment für dich?”
 

“Ach, glaubst du das wirklich? Du bist so ein Idiot!”, fauchte Kaiba wütend, schnappte sich ein Kissen und warf es Atemu an den Kopf.
 

“Hey! Von Kissen hab ich heute schon genug abbekommen!”, protestierte jener.
 

“Nun dann wirst du eben noch mehr davon abgekommen, bis in deinen Dickschädel reingeht, dass ich nicht einfach zum Spaß jemanden küsse!”, mit diesem Worten nahm er sich noch ein weiteres Kissen, mit dem er Atemu bewarf.
 

“Ach ja, und warum kotzt du dann?”, warf Atemu die Kissen zurück.
 

“Weil. . .” Plötzlich wurde Seto still und strafte die Kissen mit Ignoranz. Sollte er Yami jetzt von seiner ganzen Krankheitsgeschichte erzählen? Für was für einen Jammerlappen würde er ihn dann halten? Nein, das konnte er nicht machen. Also entschloss er sich zu einem Kompromiss. “Mein Körper reagiert eben ziemlich empfindlich auf . . . Stress oder Aufregung. Das ist bei mir ganz normal. Glaubst du, ich fand es toll, plötzlich kotzen zu müssen? Und du Idiot hast nichts besseres zu tun, als mir Vorwürfe zu machen!” Nun guckte ihn Atemu perplex an. Er stellte fest, dass Seto wirklich immer mehr auftaute, seit er ihn kannte. Vorbei waren die schönen Zeiten, wo er meist nur ein ‘Morgen’ oder ähnlich kurze Kommentare von sich gegeben hatte. Schuldbewusst blickte er nun zu ihm auf.
 

“Du hast ja Recht.” Kaiba glaubte, seinen Ohren nicht trauen zu können. “Nun ja, die Vorstellung, dass jemand aus Ekel vor dir kotzt, ist eben nicht gerade toll. Ich hatte ja keine Ahnung, dass du einfach nur empfindlich auf Stress reagierst.” Yami legte den Kopf schief, was ihn in Setos Augen irgendwie süß aussehen ließ. “Also hat dir der Kuss doch gefallen?”, erkundigte er sich zaghaft, was so gar nicht zu seinem sonst so selbstbewussten Verhalten passen wollte.
 

“Ja”, hauchte Kaiba kaum hörbar, wobei sein Kopf wie ein Feuerlöscher aufglühte. Nun kam Yami auf ihn zu, nahm ihn sanft in die Arme und verkündete:
 

“Ach, ich liebe dich!”
 

“WAS? Wie kannst du das jetzt einfach sagen?”, protestierte Seto, vollkommen überrumpelt.
 

“Warum denn nicht? Ich sage nur, was ich fühle”, erklärte sein neuer Freund übertrieben.
 

“A-aber du kennst mich doch kaum”, bebte Setos Stimme.
 

“Schon mal was von Liebe auf den ersten Blick gehört?”, kuschelte sich Yami an ihn.
 

“An so was glaube ich nicht”, erklärte dieser abweisend. Das hier war so was von peinlich! Okay, er hatte Yami geküsst und ihn auch vom ersten Augenblick an attraktiv und sympathisch gefunden. Aber das konnte man höchstens verliebt sein nennen und nicht Liebe. Liebe war für ihn immer noch etwas anderes. Etwas tiefergehendes, absolutes, das man nicht einfach so auf den ersten Blick empfand oder geschenkt bekam. Etwas, für das man etwas tun musste. Trotzdem konnte er nicht leugnen, dass er Yami mehr mochte, als er es selbst jemals für möglich gehalten hätte und das schon nach dieser kurzen Zeit.
 

“Ach so, dabei dachte ich, du magst mich auch ein bisschen?”, erkundigte sich Yami zaghaft.
 

“Ja, gut. Ich mag dich und jetzt hör auf damit!”, mit diesen Worten riss sich Kaiba aus der Umarmung und flüchtete auf den Balkon, um erstmal frische Luft zu schnappen. Diese ganzen Gefühle, die auf ihn einstürmten, waren im Moment einfach zu viel für ihn. Es war alles so überwältigend. . .
 

“Was hast du?”, wollte Yami besorgt wissen, der ihm gefolgt war.
 

“Nichts”, wehrte jener ab.
 

“Wirklich nicht?”
 

“Nein, gar nichts. Es nur alles so ungewohnt. Ich hatte noch nie . . . einen Freund.” Das zuzugeben, fiel Seto unglaublich schwer. Und er fragte sich, was Yami jetzt wohl von ihm halten würde.
 

“Hm, Seto, das finde ich schön, dass du dich als mein Freund bezeichnest”, sagte jener zu seiner Überraschung und hakte sich ungefragt bei ihm ein.
 

Beide schauten schweigend hinaus auf den Hintergarten der Mûtos und hingen ihren Gedanken nach.
 

Kaiba wusste nicht, was er denken sollte, alles war so neu. Er konnte noch gar nicht recht glauben, dass er Yami geküsst hatte. Vielleicht war das nur ein Traum? Es war alles so verrückt - erst schlich er in einem Hausmädchendress hier her und dann . . . Er hätte nie gedacht, dass er jemals ein Kleid anhaben würde.
 

“Ich glaube, ich gehe jetzt besser”, verkündete Kaiba. “Bevor jemandem auffällt, dass ich verschwunden bin.” Yami nickte.
 

“Und, sehen wir uns morgen in der Schule wieder?”
 

“Ja, warum nicht? Mein Adoptivvater hat mich zwar unter Dauerbeobachtung gestellt, aber nicht verboten, dass ich zur Schule gehe.”
 

“Schön, also dann, bis morgen!” Mit diesen Worten kam Atemu auf Seto zu und küsste ihn. Dieser guckte ihn überrascht an.
 

“Was denn? So was nennt man einen Abschiedskuss. Daran wirst du dich in Zukunft gewöhnen müssen”, verkündete Atemu fröhlich. “Schließlich bist du jetzt mein Freund”, lächelte er.
 

“Ja”, lächelte Kaiba zurück und kam sich dabei irgendwie doof vor, da er nie damit gerechnet hatte, jemals so dusselig verliebt zu sein. Trotzdem, er konnte nichts dagegen machen. Yami war einfach zu . . . süß.
 

Glücklich vor sich hin strahlend, ging Kaiba die Straßen entlang, zurück nach Hause. Den Hausmädchendress hatte er nicht wieder angezogen. Sollten sich seine Aufpasser doch wundern, wie er verschwunden war. Auf jeden Fall wären sie diejenigen, die Ärger bekommen würden, wenn sie Gozaburo meldeten, dass sie Seto aus den Augen verloren hatten. Um genau zu sein, würde der sie bestimmt feuern und da sie das sicher nicht riskieren wollten, würden sie auch nichts sagen. Erst recht nicht, wenn sie ein stattliches extra Trinkgeld bekämen.
 

Doch was sollte er nur machen, wenn sein Adoptivvater weiter auf stur schaltete? Wie lange würde er ihn noch unter Dauerbeobachtung stellen? Zu dumm aber auch - da war er gerade mal so gut gelaunt und dann musste Gozaburo ihm alles verderben, so dass er jetzt schon wieder wütend wurde. Aber dem würde er es noch zeigen! Wenn er meinte, mit Seto könnte er machen, was er wollte, hatte er sich aber gewaltig geschnitten!
 

Seto biss sich nachdenklich auf die Unterlippe und erinnerte sich daran, dass morgen wieder ein Termin bei seiner Therapeutin anstand. Seit vielen Jahren besuchte er sie schon, von daher waren die Termine nicht mehr so oft wie früher, sondern nur noch einmal im Monat. Wenn alles so gut weiterlief wie bisher, konnte er sogar darauf hoffen, gar nicht mehr hin zu müssen. Hoffentlich fiel seiner Therapeutin nicht auf, dass er sich irgendwie anders verhielt als sonst. Er hatte nämlich keine Lust davon zu erzählen, dass er sich verliebt hatte und erst Recht nicht davon, dass Gozaburo mal wieder Schwierigkeiten machte. Trotz all der Therapiegespräche und dem Vertrauen, dass sich zwischen ihm und dieser Frau entwickelt hatte, war Seto nämlich immer noch nicht sonderlich gesprächig, schon gar nicht, wenn es um brenzlige Themen ging. Die Arme musste ihm immer jedes Wort einzeln aus der Nase ziehen. Mittlerweile sah er auch keinen Sinn mehr in diesen Therapiestunden.
 

“Wo waren Sie denn, Seto-sama?”, erkundigte sich einer seiner Aufpasser besorgt, als er das Kaiba-Anwesen wieder betrat. Zum Glück war es nicht derjenige, der ihn Schätzchen genannt hatte. Ohne eine Antwort drängte sich Seto an dem Mann vorbei und ging in Richtung seines Zimmers. Der Wachmann lief hinter ihm her.
 

“Warten Sie, Seto-Sama!”, rief er hinter ihm her. “Ihr Vater hat nach Ihnen verlangt.” Seto blieb plötzlich stocksteif stehen. Das bedeutete, dass der Alte doch mitgekriegt hatte, dass er sich aus dem Staub gemacht hatte. Aber was wollte er eigentlich von ihm? Würde er ihm nun seine Strafe verkünden?
 

“Wo ist er?”, erkundigte sich Seto schließlich und wünschte sich, er hätte eine Ersatztablette griffbereit, da seine Krankheit bei Stress immer stärker hervortrat, und davon hatte er für heute ja bekanntlich schon genug gehabt. Und jetzt wollte ihm auch noch der Alte auf den Geist gehen.
 

“Im großen Wohnzimmer im Erdgeschoss”, antwortete der Wachmann.
 

“Gut”, machte Seto und gab sich selbstbewusster, als er sich fühlte, während er in Richtung des Verderbens marschierte.
 

“Na endlich, Seto!”, empfing ihn Gozaburo und wandte sich zu ihm um. “Ich dachte schon, du wärest ausgerissen. Aber anscheinend erinnerst du dich doch noch, wo du hingehörst. Ich hoffe, du hast nicht diesen perversen Jungen getroffen”, meinte er mit vor Abscheu leicht verzogenem Gesicht.
 

“Nenn ihn nicht pervers!”, wagte Seto zu widersprechen.
 

“Ich spreche nur die Wahrheit aus, die du offensichtlich nicht vertragen kannst. Wahrscheinlich deshalb, weil du genauso bist. Nein, warte! Einen Unterschied gibt es doch zwischen euch: Er hat dich besiegt und du hast verloren”, verkündete er verächtlich. Seto knirschte mit den Zähnen, riss sich aber zusammen, da er nur alles schlimmer machen würde, wenn er irgendwelche Widerworte wagte.
 

“Nun ja”, fuhr Gozaburo fort. “Ich habe deine Erziehung wohl zu sehr vernachlässigt und dir in letzter Zeit zu viele Freiheiten gegönnt, weil ich glaubte, du wärst erwachsener geworden. Doch das war wohl leider ein Irrtum, wie man jetzt sieht.” Setos Adoptivvater hatte sich eine Zigarre hervorgeholt und paffte jetzt gemütlich daran, als führe er nur ein ganz normales Gespräch, das nicht weiter von Bedeutung war. Für ihn stand die Sache offensichtlich schon klipp und klar fest.
 

“Setz dich doch, Seto”, forderte er ihn auf, was aber eher einem Befehl gleichkam. Der ließ sich auf dem Sessel ihm gegenüber nieder, blieb aber angespannt wie ein Flitzebogen.
 

“Ich habe mir überlegt, dass du jemanden brauchst, der sich mal ordentlich um dich kümmert. Mir fehlt ja leider die Zeit dazu. Also habe ich für dich einen anderen Therapeuten gesucht, der für deine Bedürfnisse besser geeignet ist, als diese Frau - wie hieß sie noch gleich, aber das ist ja auch egal - zu der du immer gehst. Er ist genauso wie ich der Auffassung, dass Homosexualität nur eine psychische oder physische Störung ist. Er wird herausfinden, welche von beiden Ursachen bei dir zutrifft und eine entsprechende Behandlung einleiten. Gegen eine physische Ursache gibt es leider noch keine Behandlungsmöglichkeit, aber ich bin überzeugt, dass man mit einem starken Willen auch dagegen ankämpfen kann. Und welcher der beiden Fälle auch immer zutrifft, dieser Mann wird dir helfen, wieder auf den rechten Weg zurückzukehren.”
 

Seto glaubte nicht, was er da gerade gehört hatte und war erstmal sprachlos. Wie konnte es Gozaburo wagen, ihn aufgrund seiner Neigung krank zu nennen? Das schien ihm offenbar noch viel mehr zu stören, als seine tatsächliche Krankheit. Wahrscheinlich, weil man letztere mit Hilfe von Medikamenten ganz gut behandeln konnte, Homosexualität aber nicht.
 

“Gut, also morgen nach der Schule hast du den ersten Termin bei diesem Therapeuten. Roland wird dir noch alle nötigen Daten geben. Ach und noch etwas: Ich habe für Ende nächsten Monats eine Veranstaltung geplant, bei der alle wichtigen Geschäftspartner und deren Angehörige sowie Freunde anwesend sein werden. Dort erwarte ich dich natürlich auch.

Und zuguterletzt, und das muss ich dir hoffentlich nicht noch mal sagen: Triff diesen Jungen nicht wieder, oder ich werde härtere Konsequenzen ergreifen, als dich nur zu einem Therapeuten zu schicken. Am besten lernst du stattdessen mehr. Unser Hauslehrer wird dich sicher dabei unterstützen.” Mit diesen Worten wandte sich Gozaburo ab, ohne noch einen Kommentar seines Adoptivsohnes abzuwarten. Diesem war auch so klar, dass die Empfehlung, mehr zu lernen, nicht nur ein bloßer Vorschlag war.
 

Das war es also: er sollte Yami nie wieder sehen und obendrein noch hetero werden! Seto zitterte innerlich vor Wut, aber auch Angst. Er war schon ganz blass im Gesicht, so sehr machte ihm die Sache zu schaffen, als er sich schließlich vom Sessel erhob und dabei etwas wankte, da sein Kreislauf protestierte. Schnurstracks lief er auf sein Zimmer, knallte die Tür hinter sich zu und drehte den Schlüssel im Schloss. Was bildete sich Gozaburo nur ein? Wütend schlug Seto auf das Bett ein, als wäre das an allem schuld. Er würde sich nicht so herumkommandieren lassen, nicht dieses Mal. Denn dieses Mal ging es nicht einfach darum, mehr und mehr zu lernen, die Regeln zu lernen, die sein Adoptivvater aufstellte, sondern diesmal ging es um…Liebe. Seto lachte hysterisch auf und hörte auf, das arme Bett zu drangsalieren. Stattdessen ließ er sich lieber darauf fallen. Woher wollte er eigentlich wissen, dass das wahre Liebe war? Oh ja, er war in Yami verliebt, das wollte er gar nicht leugnen. Aber ging dieses Gefühl von beiden Seiten wirklich so tief, dass es länger als nur ein paar Wochen oder Monate halten würde? War es das wert, sein ganzes Leben, sein Erbe dafür zu riskieren?
 

Atemu schwebte im Gegensatz zu Seto gerade im siebten Himmel. Er tanzte fröhlich durch’ s Haus und schien nichts um sich herum mehr wahrzunehmen. Er fand keine Ruhe, tollte so durch die Gegend und suchte nach einer Beschäftigung - am liebsten wäre er gleich zu Seto gelaufen und hätte ihm einen nächtlichen Besuch abgestattet. Aber da das nicht ging, musste er irgendetwas anderes tun. Doch was? Er konnte sich einfach auf nichts konzentrieren. Yugi fand seinen Bruder ganz schön nervig, da dieser nun ihm auf den Geist ging, nachdem er nicht wusste, wohin mit seiner Energie.
 

“Soll ich dir vielleicht Baldrian-Tropfen verabreichen?”, erkundigte er sich mit einem genervten Unterton bei Atemu.
 

“Was, wieso? Mir geht es bestens! Ich weiß nur gerade nicht, was ich machen soll”, tat der unschuldig.
 

“Eben, das ist es ja gerade. Wenn du hier noch zehnmal durchs Haus läufst wie der Trampel vom Dorf höchstpersönlich, werde ich wahnsinnig! Dann stell ich dich ruhig, bis du schläfst wie ein Toter”, verkündete Yugi.
 

“Was? Das schaffst du ja eh nicht”, lachte Yami. “Und ich lauf durchs Haus so oft ich will.”
 

“Das werden wir ja sehen.” Und schon war eine neue Kissenschlacht im Gange.
 

Seto wusste nicht, was er tun sollte. Er hatte Kopfschmerzen und vor seinen Augen zuckten kleine Blitze, als wolle sich seine Netzhaut ablösen, aber er wusste, dass die Ursache seine Krankheit in Verbindung mit Stress war, die nun seine Nerven überreizte.
 

Sich heimlich mit Yami treffen? Aber nein, da würde Gozaburo ganz schnell dahinter kommen, schließlich war er nicht dumm. Sein Erbe aufgeben und abhauen? Nein, das war nicht Setos Art und außerdem war da ja noch Mokuba, den er nicht einfach zurücklassen konnte. Und wer wusste überhaupt, ob Yami nicht wieder ganz schnell aus seinem Leben verschwinden würde, wenn ihm erstmal klar wurde, mit welchen Problemen er sich da einließ, wenn er mit Seto zusammen sein wollte.
 

Zitternd hielt sich Seto den Kopf und versuchte, nachzudenken. Doch es wollte ihm einfach keine Lösung einfallen. Was sollte er nur machen? Er ging zum Fenster und schaute nachdenklich hinaus. Natürlich, es gab nur eine Lösung, auch wenn sie ihm schwer fallen würde. Er hätte es ja wissen müssen, dass er immer allein bleiben würde, so wie all die Jahre zuvor. Er hatte zwar immer noch Mokuba, aber der konnte auch keine Beziehung ersetzen.



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Von: abgemeldet
2009-04-01T19:31:45+00:00 01.04.2009 21:31
wuhu!
Ich kanns ned glauben!
du hast echt weiter geschrieben!
Boah ich hab mcih so gefreut ^^
man hätte ich doch früher in mein GB gekuckt... aber jetzt hab ichs ja endlich gelesen...
Oh mann seto kann einem richtig leid tun.... dieser fiese Gozaburo... mein gott... was geth es ihn an dass seto yami liebt!?
außerdem ist homosexualität keine Krankheit... also kanns ned geheilt werden gott...
aber seto sollte wirklich ned so leicht aufgeben... aber cih glaub... mein erbe würde ich acuh ned so leicht aufs spiel setzten XD
MACH BITTE SCHNELL WEITER!!! PLLLZZZZ
Von:  -Fynnian
2008-12-29T20:19:24+00:00 29.12.2008 21:19
Oje, dem armen Seto geht es ja reichlich schlecht.
Er will doch jetzt nicht wirklich den Kontakt zu Yami abbrechen?
Geht er denn noch zur Schule und sieht ihn dort, oder war die Andeutung bezüglich des Hauslehrers ein Hinweis darauf, dass Seto in Zukunft das Haus nicht mehr verlassen wird ohne seinen Vater, weder für Schule noch für andere Aktivitäten?
Ich fand das jedenfalls sehr schön. Besonders die Szene, wo Atemu ganz schüchtern fragt, ob Seto der Kuss denn gefallen habe. Diese Stelle ist so süß! Du hast sie auch so schön beschrieben.

Dann bin ich mal gespannt, wie es den beiden weiter ergeht.
Und natürlich finde auch ich es toll, dass es mit dieser Fanfic weitergeht.
Von:  Kassia
2008-12-28T15:59:49+00:00 28.12.2008 16:59
Ich finds schön, dass du hier weitergeschrieben hast. Ich muss zugeben, dass ich, nachdem du den Status auf abgebrochen gesetzt hast, die FF bereits aus meiner Favoliste geworfen hatte. Umso besser, dass du mich benachrichtigt hast. Also gut, ich habe das vorherige Kapitel noch mal grob überflogen und denke, dass ich jetzt wieder mehr oder weniger auf dem Laufenden bin. Seto kriegt bzgl. Yami mehr Selbstvertrauen und Yami, der zwar bei weitem noch nicht alles weiß, hat zumindest schon mal eine Ahnung, dass mit Seto körperlich was nicht stimmt und Yami deshalb Kaibas Verhalten nicht zwangsläufig persönlich zu nehmen braucht. Gozaburo mit dem Therapeuten finde ich gut. Ich kann mir das richtig gut vorstellen, wie auch Serien-Gozaburo der Meinung wäre, homosexualität sei "heilbar". Auch gut fande ich Setos inneren Konflikt - Yami, Mokuba, sein Erbe...ist die Beziehung wirklich von Dauer oder nur ein Flirt. Ich persönlich hasse das, wenn in Stories sich die beiden Propaganden ineinander verlieben und plötzlich nichts anderes mehr zählt außer ihre "twu luv" (true love, um es mal mit dem schönen, verarschenden englischen Begriff auszudrücken). Auch Kaiba wird früher oder später eine Entscheidung treffen müssen, aber zumindest hat er sich die Zeit genommen, um wenigstens mal über die Konsequenzen nachzudenken.
Hatte Mokuba mittlerweile mal einen Auftritt? Ich glaube fast, dass du mit dem Kleinen nichts anzufangen weißt XD (sag ich, die ich Mokuba selber auch noch nie geschrieben habe *hust*)

Nun ja, wie gesagt: Ich finds toll, dass du geupdate (das Wort sollte auch verboten werden ^^°) hast, auch wenn die Zeit wahrscheinlich nicht die beste ist (Leser im Urlaub, Feierstress o.a.).
Von: abgemeldet
2008-03-07T17:31:08+00:00 07.03.2008 18:31
Hallo xD
Vllt kennste mich noch, wenn nich geb ich dir nen Tipp, ich war ein begeisterter Fan deiner FF auf ff.deXD
Ich war geschockt als deine FF nich mehr zu finden war, aber da ich deine FFs ab und an hier gesehen hab, hab ich ein bissl rumgestöbert und gefunden was ich gesucht habe^^
Ich hab mich extra wegen dieser FF hier angemeldet-.-*
Ich glaub man kann mich jetzt für verrückt erklären so veil Stress wegen ner FF, wenn auch ne gute xD
Jedenfalls freu ich mich wieder deine Kunstwerke lesen zu können ^^
Nun zum Kapitel: Endlich kam der Auftritt mit Gozaburo ^^
Es ist fies, dass er Seto den Kontakt mit Yami verweigert aber jetzt ist Seto umso mehr an Yami interessiert. Und als ich das mit dem Dienstmädchenkostüm gesehen hab, musste ich mich schief und krumm lachen
Aber Seto muss darin durchaus sexy aussehen ^.-
Aber warum hat er sich übergeben als Yami ihn geküsst hat? Das hab ich nicht verstanden ..
Naja egal...
Wir sehn uns
(oder auch nich, bei der Anmeldung hab ich ganz schln viel falsch gemacht, wenn da mein Account nich gelöscht wird xDAber sei dir gewiss deine FF werde ich trotzdem lesen^^)
Von: abgemeldet
2008-03-03T22:19:59+00:00 03.03.2008 23:19
Hey du!
Wie könnte ich diese Story vergessen? Wo sie doch wirklich sehr gut ist *lach* Hm, du bist kritisch, das ist manchmal ganz gut. Aber sei nicht zu selbstkritisch. Hab ein bisschen mehr Vertrauen zu dir selbst. Du schreibst gut!! Natürlich kann man immer besser werden, aber wir sind doch alle noch jung *lach*

Atemu hat sich ja ur auf das Treffen mit Seto gefreut. Kein wunder, dass er enttäuscht ist, wenn der ihn so abwimmelt.
Seto wird von seinem Adoptivvater ja ziemlich an der kurzen Leine gehalten. Wenn er ihm sogar Bodyguards aufdrängt, die ihm auf Schritt und Trott folgen. So sieht wahrscheinlich ein goldener Käfig aus. Obwohl solche Bodyguards manchmal recht nützlich sein können. Man siehe die Szene im park *lach*
Trotzdem würden sie mir mit der zeit gewaltig auf den Wecker gehen. Vor allem wenn einer von ihnen anfängt, seinen „Schützling“ schätzchen zu nennen. Das geht doch nicht mit rechten dingen zu.
Irgendwie ist das ur süß von Seto, was er sich alles antut, nur um Atemu zu sehen. Im Dienstmädchenoutfit. Es stand ihm sicher ganz wunderbar *lach*
Hm… langsam scheint Seto aufzutauen, wenn auch nur ganz langsam. Er lässt sogar zu, dass Atemu ihn küsst, zwar widerwillig, aber er hat sich überwunden. War eigentlich verständlich, dass er gerade in diesem Moment, wo sein Körper unter so großer Anspannung stand, einen Anfall erleiden muss. Wie nun wohl Atemu reagieren wird?
Ich freu mich schon ur auf das nächste chap! *knuddel*

…bastet

Von: abgemeldet
2008-03-02T20:39:54+00:00 02.03.2008 21:39
also das mit dem kleid stell ich mit verdammt süß vor XDDDDDDD
aber das er sich übergeben musste versteh ich nicht so ganz...
naja is ja auch egal ich freue mich aufs nächste kapi ;)
Von:  -Fynnian
2008-03-02T19:47:20+00:00 02.03.2008 20:47
Ich find deine Fanfic total toll^.^
Wie du Setos innere Gefühle beschreibst ist einfach toll!
Aber sag mal, gehst du irgendwann nochmal näher auf Setos Krankheit ein?

Und ist es nicht etwas seltsam, dass Seto plötzlich so stur an Ati hängt, obwohl er nur Minuten zuvor am liebsten abgehauen wäre?
Von:  Kassia
2008-03-02T10:46:13+00:00 02.03.2008 11:46
Also ich erinnere mich sehr wohl noch an diese FF XD
Und zur Not "nerv" die Leser doch einfach mit ner kurzen Nachricht im Gästebuch. Das Layout der neuen persönlichen Startseite ist ja doch gewöhnungsbedürftig und die Option Updatebenachrichtungen muss man auch erst extra anwählen, bevor sie angezeigt wird. Hättest du mir nicht Bescheid gesagt, dann hätte ich das Update auch übersehen.

Na gut, auf zum Kapitel, was ich übrigens gar nicht so schlecht finde, wie du in deinen AN befürchtest. Ist doch klasse geworden.
Ich hab erst gedacht, dass Kaiba so vom ersten bis zum jetzigen Kapitel ja doch mehr Selbstvertrauen gekriegt hat (siehe der Umgang mit den Wachen und mit Bighead und auch, als er Yuugi angeschnauzt hat), aber zum Schluss hin, war er ja wieder völlig aus der Fassung gebracht worden dank Yami ^^ Die Szene hat mir sehr gut gefallen. Es war witzig, wie Yami jedes von Setos Worten ihm im Mund verdreht und nach Belieben ausgelegt hat. Der arme Seto kam ja gar nicht mehr aus seiner Verlegenheit raus und auch, dass Seto von seinem ersten richtigen Kuss erst doch enttäuscht war, weil er ihn sich spektakulärer vorgestellt hat, hat irgendwie was rührendes an sich.
Auch toll fand ich mal zu sehen, wie Kaiba unter Gozaburos Fuchtel zu kämpfen hat, also dass jeder seiner Schritte überwacht wird und, statt das Sagen zu haben, nur selber Befehle von seinem Adoptivvater entgegennehmen muss.
Kaibas Plan zu Atemu zu kommen hat ja prima geklappt, jetzt kann man nur hoffen, dass er ebenso heil wieder nach Hause kommt. Im Übrigen interessiert mich auch, warum ihn diese eine Wache "Schätzchen" genannt hat, denn eigentlich kann ich mir nicht vorstellen, dass Gozaburo Setos Präferenzen weiter erzählt hat. Immerhin hat er sie zutiefst missbilligt und will nicht, dass das öffentlich bekannt wird, wie Seto ja auch bereits bemerkt hat.
Wirklich Pech für Seto, dass ihm am Ende so schlecht wurde. Vielleicht ist ja der ganze Stress daran schuld, aber auf jeden Fall scheint das ja noch was mit Atemu zu geben, denn der denkt Seto wäre angeekelt von dem Kuss, während Seto das ganze nur mal wieder unglaublich peinlich ist.
Von: abgemeldet
2008-02-03T17:34:12+00:00 03.02.2008 18:34
boah ich mag gozaburo nicht -.- der war mir schon in der serie unsympatisch udn seto tut mir echt leid.
mach aber schnell weiter ich will wissen wie yami reagiert!
Von:  Kassia
2008-02-03T16:42:38+00:00 03.02.2008 17:42
Ich finds schön, dass du das Duell geschildert hast, wenn natürlich auch nicht alles, aber doch die wichtigsten Punkte. Ich finds immer schade, wenn Autoren das übergehen, weil es ihnen zu schwierig bzw. zu mühselig ist und einfach nur zwischendurch erwähnen, wer gewonnen hat. Setos Idee an die Karte zu kommen, war eigentlich gar nicht so übel. Wäre natürlich noch besser für ihn gewesen, wenn er vorher gewusst hätte, dass Atemu so gut ist. Aber ich glaube selbst dann hätte es ihn nicht davon abgehalten, Atemu herauszufordern. Dafür ist sein Vertrauen in seine Fähigkeiten als (jetzt ehemaliger) Champion einfach zu groß gewesen. Außerdem wollte Seto Atemu zwar ausnutzen und Atemu dazu kriegen, ihm die Karte zu besorgen, aber ich find diese Methode immer noch besser als Mokubas Klauidee. Zumindest wusste Atemu, auf was er sich, sollte er verlieren, einzulassen hätte.

Und Jounouchi ist ja mal nervig - der mischt sich echt überall ein. Sehr IC und sehr, sehr unsympathischer Zug von ihm. Als könnte Atemu nicht für sich selber sprechen. Kaibas falsches Lächeln und seine aufgesetzte Freundlichkeit stell ich mir irgendwie merkwürdig vor - so mit irrem Blick inklusive, weil ihm das ja mal so gar nicht liegt XD

Es war süß von Atemu, dass er Kaiba seinen Versuch an den Drachen zu kommen, nicht übel genommen hat und Kaiba zu nichts zwingen will, obwohl er es hätte tun können. Wettschulden sind schließlich Ehrenschulden und Kaiba hat ja selbst gesagt, dass er eigentlich immer dazu steht. Der Subplot mit Gozaburo gefällt mir. Ich hätte nicht erwartet, dass der überhaupt noch auftaucht, stattdessen aber ist er mitten im Geschehen und stellt mal eben, unabsichtlich, sich, seine Firma und Seto bloß.
Zumindest hatte er genug Anstand, wenn natürlich auch aus eigenem Interesse, die Übertragung abzubrechen, als er die "Turtelei" von Atemu und Seto mitbekommen hat. Und er hat gewartet bis Atemu weg war, bevor er Seto zur Rede stellte, obwohl Atemus Reaktion bestimmt lustig gewesen wäre. Ich glaube nämlich nicht, dass er sich das von Gozaburo gefallen lassen würde.
Mal eben von Seto zu verlangen, seine Orientierung zu ändern, ist auch ein starkes Stück, wenngleich ich verstehen kann, dass er schwul und seine Firma nicht in Verbindung gebracht haben will. Homosexualität und Waffen passen imagemäßig wirklich nicht besonders gut zusammen.
Tja, dafür regt sich jetzt in Seto der Widerstand, was Gozaburo auf lange Sicht bestimmt schlimmer zu stehen bekommt, denn z.B. Mokuba als seinen Erben kann ich mir so gar nicht vorstellen.

Okay, ansonsten bleibt mir wohl nur zu hoffen, dass du deine Schreibblockade möglichst schnell überwindest, aber zweiwöchig ist immer noch wesentlich besser als gar keine Updates. Also lass dir die Zeit, die du brauchst. Wäre ja auch schade, wenn die Story sonst qualitätsmäßig darunter zu leiden hätte oder abgebrochen wird.


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