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The Magic Of A Girl's Love

adult-Kapitel is on ^.~
von

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Neuanfang

Nach einer ewigen Autofahrt durfte Meg endlich aus dem Wagen steigen und sich nach 7 langen Stunden mal wieder die Beine vertreten.

"Ist es denn noch sehr lange bis wir da sind?", fragte sie den Fahrer, während sie sich ermüdet streckte.

"Nein - nur noch etwa 130 km! Aber keine Sorge, die Zeit wird diesmal schneller vergehen, wir haben es bald geschafft.", antwortete dieser aufmunternd.

"Na dann!" Meg seufzte und lachte ihrem Chauffeur zu. Als sie wieder im Wagen saßen und den Rest der Fahrt antraten, verging die Zeit tatsächlich überraschend schnell - fast rasend. Dabei waren es doch noch so viele Kilometer Fahrt. Das einzige an das sich Meg noch erinnern konnte, war der lange, sehr schwach beleuchtete Tunnel, den sie fast die ganze restliche Strecke lang durchfuhren und in dem man nicht einmal die bloße Hand vor Augen erkennen konnte. Es war seltsam dort durch zu fahren - als wäre man in einer ganz anderen Welt. Alles war so dunkel und geheimnisvoll. Meg war sehr aufgeregt und sie konnte es kaum erwarten bis sie ankamen. Sogleich konnte man schon wieder die schwachen Strahlen der Morgensonne sehen, die den Ausgang des Tunnels aufhellten. Meg traute ihren Augen nicht, als der Wagen wieder ins Freie gelangte. Die ganze Landschaft glich gerade zu einer wundervollen Traumwelt mit gewaltigen Grasflächen, die mit unzähligen Blumen in allem Farben und Formen überwuchert waren. Selbst als sie weiterfuhren gab es noch in der tiefsten Stadtmitte mehrere Parks, die zusammen mit den vielen modernen Gebäuden wie ein neuer Planet wirkten. Das alles übertraf völlig Megs Vorstellungskraft, denn solch eine schöne Gegend existierte bisher immer nur in ihrer Fantasie.

Etwas abseits der Innenstadt stand auch schon die riesige Schule die sie von heute an besuchen sollte. Eigentlich war es ja mehr ein Internat, denn es gab dort auch in mehreren Stockwerken Wohnungseinrichtungen für die meisten Schüler, wobei es nur vereinzelte Schüler gab, die nach dem Unterricht nach Hause gingen.

"Also dann, mach's gut! Und viel Glück!", sagte der Chauffeur und legte zum Abschied seine Hand auf Megs Schulter, nachdem er sie zum Schulgebäude begleitet hatte. "Pass gut auf dich auf!"

"Vielen Dank, das werde ich! Und bis bald!", sagte Meg mit einem herzlichen Lächeln und nahm ihm die beiden Koffer ab, die er für sie getragen hatte. "Ich schaff den Rest mit den Koffern schon - ich bin ja keine Memme!" lachte sie dem Chauffeur zu.

Mit einem letzten Nicken kehrte er ihr den Rücken zu und stieg wieder in den großen schwarzen Wagen ein. Kurz darauf fuhr er auch schon los und verschwand langsam immer mehr aus Megs Sicht.
 

Ratlos und verlassen stand sie nun still mit ihren Koffern in der Hand vor der großen Glastür, die ins Innere der Schule führte und betrachtete das Gebäude nun etwas genauer. Es schien wirklich eine mehr als nur moderne Einrichtung zu sein, denn als Meg einen Schritt auf die Tür zuging, schob sie sich gleichmäßig nach beiden Seiten auf, sodass sie ohne weiteres eintreten konnte.

Sie beschloss erst einmal den Rektor der Schule zu suchen, der ihr zufäl-lig auch schon sogleich im ersten Flur über den Weg lief. Unerwarteter Weise war der "Rektor" eine Rektorin, die Meg auch auf den ersten Blick erkannt zu haben schien.

"Ah, hallo!", sagte sie freundlich und streckte ihre Hand aus. "Du musst unsere neue Schülerin Meg Richards sein."

"Ähm, ja das bin ich!", antwortete Meg schüchtern und gab ihr die Hand.

"Damit du mich gleich kennen lernst: mein Name ist Ms. Sherry"

Nachdem sich beide kurz musterten und auch schon den ersten Eindruck von einander hatten, fuhr die Rektorin fort. "Na dann bring ich dich doch gleich mal in dein neues Zimmer, dann schleppst du wenigstens nicht die ganze Zeit deine schweren Koffer mit dir herum! Komm einfach mit!", forderte Ms. Sherry sie lächelnd auf.

Stumm folgte Meg ihr quer durch das mächtige Schulhaus, das an den Außenwänden hauptsächlich aus reflektierendem Glas bestand. Die Rek-torin schien gar nicht mal so übel zu sein, aber das konnte sich natürlich auch schlagartig ändern - Erwachsene sind auf den ersten Blick immer nett, doch wenn man sie erst einmal kennt, kann man sie gar nicht oft genug verfluchen, dachte Meg schmunzelnd bei sich. Nachdem sie zwei Stockwerke höher ankamen und einen langen Flur überquert hatten, blieb Ms. Sherry vor einer der mehreren Dutzend Türen, die alle auf demselben Gang verteilt waren, stehen. "So das hier ist ab jetzt dein Zimmer. Zimmer Nr.13!" Mit diesen Worten deutete sie auf die aus blau lackiertem Metall gefertigte Ziffer, die in der Mitte der Tür angebracht war. Gleich darauf öffnete sie auch schon die Tür mit einem ihrer vielen Schlüssel und trat ein. Schweigend folgte Meg Ms. Sherry in das große hell eingerichtete Zimmer.

"Deine Nachbarin ist gerade nicht da - sie ist zurzeit im Unterricht. Nun gut, dann werde ich dich erst einmal alleine lassen - mach dich erst mal mit dem Zimmer vertraut und pack schon mal deine Koffer aus. Wenn es du es bis zur zweiten Stunde schaffst, kannst du im Raum Nr. 111 am Unterricht teilnehmen. Er ist nur eine Etage tiefer. Ich hoffe du lebst dich hier gut ein und fühlst dich wohl bei uns!" Und wieder legte auch sie ih-re Hand auf Megs Schulter. "Wenn du irgendetwas brauchst, oder dir etwas auf dem Herzen liegt kannst du gerne immer zu mir kommen, ja?"

"Das ist sehr nett, vielen Dank!", sagte Meg mit einem gerührten Nicken. Meg war nun doch ziemlich von der Freundlichkeit ihrer neuen Rektorin überwältigt. Vielleicht konnte man sich ja doch mit ihr anfreunden.

Nachdem Ms. Sherry das Zimmer verlies, stand Meg noch eine Weile da und sah sich um. Es war ein recht großes Zimmer, mit zwei ebenfalls großen, zurechtgemachten Betten links und rechts, wobei das rechte Bett jedoch mit mehreren Kissen und Kuscheltieren übersät war. Zwischen den Betten befand sich ein weites Fenster mit modernem Design aus weißem Kunststoff und einem durchsichtigen, weißen Vorhang davor, auf dem vereinzelt leichtbunte chinesische Schriftzeichen aufgedruckt waren. Auf der rechten Seite neben der Tür stand ein Eckschreibtisch aus hellem Buchenholz, auf dem ein recht neuer Computer platziert war, und auf der linken Seite ein breiter Kleiderschrank mit einem ovalen Spiegel in der Mitte. An den Wänden hingen einige Poster mit - Megs Meinung nach - wunderschönen, mystischen Fantasie-Bildern, die sie lange Zeit fasziniert betrachtete. Ihre Zimmergenossin schien einen guten zu Geschmack haben.
 

"So! genug geträumt Meg!", rief sie sich selbst zu, um sich endlich ihrem Gepäck zu widmen. "Na dann wollen wir doch mal.", seufzte sie halb ermutigt, halb gelangweilt, öffnete den ersten Koffer und machte sich daran die andere Zimmerhälfte einzunehmen.
 

Zufällig schaffte sie es genau auf die Sekunde des Klingelns der Schul-glocke das Zimmer zu verlassen und sich auf die Suche nach ihrem neuen Klassenzimmer zu machen. Auf dem Weg dorthin wurde sie unentwegt von den neugierigen Schülern betrachtet, die sie anscheinend sofort als "Neue" entlarvt hatten. Meg war froh, als sie endlich das Klassenzimmer mit der Aufschrift "111" fand und trat schnell dort ein, um nicht länger wie auf dem Präsentierteller zur Schau gestellt zu sein.

Das eben noch ziemliche Getobe und Geschwätz im Raum hielt plötzlich inne und mindestens 25 Augenpaare starrten Meg gleichzeitig an.

"Oh Mann! Wär' ich bloß draußen geblieben!", dachte Meg in diesem Moment bei sich und sah sich hilflos um. Doch zu ihrem Glück saß schon einige Meter vor ihr ein Lehrer am Pult und winkte sie lächelnd und willkommen heißend zu sich heran. Wie auf Kommando ging das Getuschel weiter, als Meg beim Lehrer stand und sich mit ihm zu Unterhalten begann.

"Hallo Meg, herzlich Willkommen! Ms. Sherry war vorhin schon bei mir und hat dich angekündigt. Ich bin Mr. Smith, dein neuer Klassenlehrer." Der Lehrer streckte ihr die Hand hin.

"Hallo", sagte Meg nur kurz, erwiderte seinen Händedruck und wandte sich dann wieder zur Seite, um sich in der Klasse umzusehen.

"Du wunderst dich sicher warum es hier gerade so drunter und drüber geht, aber wir haben gerade Pause und nebenbei ist es auch nicht gerade üblich, dass wir mitten im Schuljahr eine neue Mitschülerin bekommen.

"Ach so...", sagte Meg erleichtert. "Und ich hab mich schon gewundert warum mich hier alle so seltsam anstarren..."

"Ja - hier kennen sich nun mal alle, da fällt so etwas schon auf.", lachte Mr. Smith.

Als er wieder ernst wurde fiel ihm auf, dass Meg noch immer etwas verloren vor ihm stand und auch noch gar keinen Sitzplatz hatte. "Ach ja - setz dich doch einfach dort nach vorne zu Sharon an den Tisch." Mr. Smith wies mit seinem Kugelschreiber auf den leeren Platz links vor ihm, zu dem Tisch, der an das große "U" angeschoben war, aus dem die Sitzordnung bestand. Ohne zu zögern lief sie nach vorne, um Sharon herum, stellte ihre Tasche neben den Stuhl auf den Boden und setzte sich auf den freien Stuhl. Sie spürte wieder, dass sie von der Klasse beobachtet wurde, aber es schien sie nun nicht mehr so sehr zu stören. Auf irgendeine Weise gefiel es ihr sogar so viel Beachtung zu bekommen, denn auf ihrer alten Schule hätte sie von so etwas nur träumen können.

Vorsichtig drehte sie schließlich ihren Kopf nach links und schaute das dunkelbraunhaarige Mädchen neben sich an, das eben noch etwas in ihr Matheheft schrieb. Unerwartet schaute auch sie zur Seite und blickte in Megs Augen. In diesem Moment durchfuhr es Meg schlagartig und ihr Herz begann schneller zu schlagen. Gleichzeitig spürte sie die Hitze in ihren Kopf steigen, doch sie konnte sich nicht genau erklären was gerade mit ihr los war. Sie war einfach nur überwältigt. Sharons geheimnisvoll funkelnde Augen hatten ein seltenes braungrün und sie waren von einem aufregenden Glanz erfüllt, wie es Meg noch nie zuvor gesehen hatte. Ihr Gesicht war zierlich und passte gut zu ihrem schulterlangen glatten Haar, das sanft über ihre Wangen fiel.

Nach einem kurzen "hi" wartete Meg noch kurz bis auch Sharon zurückgegrüßt hatte und drehte sich dann schnell wieder weg. Was war nur mit ihr los? Und warum fühlte sie sich auf einmal so geschwächt? Auf jeden Fall wollte sie nur noch dieser unangenehmen Situation ein Ende bereiten und erbetete in Gedanken das Schulklingeln, das auch schon nach wenigen Sekunden durch das Gebäude hallte.
 

Die nächste Stunde, die wieder aus Mathematik bestand, ging ziemlich langsam vorbei. Doch Meg war es eigentlich ziemlich egal, denn sie war sehr gut in Mathe und außerdem war ihr die momentane Ablenkung ganz recht, weil sie keine Ahnung hatte wie sie sich die nächste Pause über verhalten sollte.

Als es dann dummerweise doch noch irgendwann klingelte, holte sie schon mal ihren Block heraus und begann zu zeichnen. Es war ihr zu blöd nur schweigend auf ihrem Platz zu sitzen und zu warten, bis sie womöglich auch noch jemand ansprach; so konnte sie genauso gut ihrer Lieblingsbeschäftigung nachgehen.

"Meg?" Unerwartet hörte sie eine leise Stimme dicht neben ihrem Ohr.

Verwirrt richtete sie ihren Blick in die Richtung aus der die Stimme kam und sah schon wieder in Sharons ungewöhnliche Augen.

"J-ja?", fragte Meg irritiert.

Sharon lächelte sie an. "Aus welcher Gegend kommst du denn?", fragte sie interessiert, wobei sich auch eine andere Banknachbarin, mit der sie gerade noch sprach, auf die Tischkante setzte und Meg neugierig ansah.

"Aus dem Westbezirk..."

"Was?!", riefen Sharon und das andere Mädchen fast gleichzeitig aus und starrten Meg fassungslos an. "Aus dem.....Westbezirk??", wiederholten sie wieder.

"Äh, ja....! Warum, denn??" Meg war nun doch etwas verunsichert.

"Na ja - das...äh... ist doch ganz schön weit weg von hier...", antwortete das andere Mädchen schnell und versuchte freundlich zu lächeln. Sharon reagierte nicht auf Megs Frage sondern musterte sie nur nachdenklich.

"Namie, kommst du mal bitte?", rief nun eine der Clique quer durch die Klasse woraufhin sie auch sogleich aufstand und unauffällig zu der kleinen Gruppe lief. Meg war jedoch schlau genug um zu merken, dass Namie nun von den Mädchen auf der anderen Klassenzimmerseite ausgefragt werden würde. Es war ja auch kein Wunder, denn Sharons und Namies vorheriger, etwas lauter Ausruf, war in der Klasse nur schwer zu überhören. Doch Meg nahm es ihnen keinesfalls übel - sie war eben "die Neue" und jede Einzelheit, die man von ihr wusste, war anfangs noch höchstinteressant für die Anderen.

Schmunzelnd senkte sie ihren Kopf und wandte sie sich wieder ihrer Zeichnung zu.

"Du zeichnest gerne, oder?", fragte Sharon wieder.

"Ja, sehr gerne. Ist mein Hobby.", sagte Meg mit einem verlegenen Blick zur Seite. Sie wagte nicht Sharon anzusehen.

"Das sieht echt schön aus."

"Danke!", antwortete Meg leise und betrachtete kritisch ihre blumige Landschaft auf dem Papier.

"Sag mal..." Sharon zögerte ein wenig. "Kannst du auch Menschen zeichnen?" Mit tiefem Blick sah sie Meg an, die geschockt aufsah. Wieso kam ihr diese Frage nur so anders vor als sie vielleicht rüberkommen sollte?

Konzentriert malte sie tapfer weiter ihre Striche auf dem Blatt Papier. "Keine Ahnung... Wie lange geht denn die Pause noch?", lenkte sie schließlich schnell ab, denn die Situation wurde nun doch etwas brenzlig.

Sharon schaute auf die silberne Armbanduhr an ihrem linken Handgelenk. Bestimmt war sie Linkshänderin.

"Hm...noch ...7 Minuten."

"Oh!", gab Meg mit einem enttäuschten Seufzen von sich. "Mir kommt die Pause schon ewig vor..."

"Also wenn du willst kannst du mit nach drüben zu den Anderen kommen..."
 

"Nein, aber trotzdem danke...", sagte Meg nach kurzem Überlegen. "Ich bleib lieber hier."

"Na gut - wie du willst!", meinte Sharon nur noch, stand lächelnd auf und lief zu der kleinen Mädchengruppe auf der anderen Seite, wo wieder alle gespannt auf neue Informationen über "die Neue" zu sein schienen. Doch kaum saß Meg wieder alleine am Tisch, wurde sie schon wieder gerufen.

"Hey Meg! Komm doch rüber zu uns...du musst doch nicht so alleine da hinten sitzen!", rief ihr Namie zu.

Nach kurzem zögern gab sie sich dann doch noch geschlagen. Na ja - warum eigentlich auch nicht? dachte Meg bei sich, stand auf und lief ebenfalls zu den Mädchen.

Sofort bekam sie eine Hand vor die Nase gestreckt.

"Hi, ich bin Carey! Na, gefällt es dir bis jetzt hier bei uns?", wollte das kurzhaarige, große Mädchen wissen, das Namie vorher gerufen hatte.

"Ja, es ist echt wunderschön hier. Ich hätte nicht gedacht dass diese Gegend so viel zu bieten hat", erzählte Meg beeindruckt, jedoch noch etwas zurückhaltend.

"Hm...na ja, wir sind das hier alles schon gewohnt - die meisten von uns wohnen ja schon immer hier.", sagte Sharon unbeeindruckt.

"Sag mal, in welchem Zimmer wohnst du eigentlich?", fragte Namie und auch die Anderen warteten neugierig auf Megs Antwort.

"Oh je...ich weiß nicht mehr genau...Moment...", Meg fasste sich nachdenklich an die Stirn. "Ah ja - ich hab's!! Zimmer 13. Das war's." Verlegen lachte sie in die Runde.

"Wow! Wirklich?", rief Carey erstaunt. "So ein Zufall - Sharon wohnt auch in diesem Zimmer." und sie deutete grinsend auf Sharon, die wohl ebenso erschrocken über diese Neuigkeit war. Das sah der Rektorin wieder mal ähnlich - immer für Überraschungen gut.

"Ist ja ein echter Zufall, dass du dort zugeteilt wurdest, normalerweise achtet die Rektorin nämlich nicht darauf, dass Schüler aus einer Klasse im selben Zimmer sind...auf diese Weise sollen sich die einzelnen Schüler besser kennen lernen.", erklärte ihr Sam, ein etwas kleineres Mädchen, mit vielen niedlichen Sommersprossen auf der Nase. Und sie hatte Recht, denn es gab ungefähr 6 Dutzend Zimmer - meistens waren es 3er-Zimmer - in diesem riesigen Schulhaus, von denen in mindestens 7 Zimmern noch ein freier Platz war und Meg wurde zufälligerweise gerade zu Sharon ins Zimmer gesteckt. Nicht, dass Sharon das nicht passte - im Gegenteil. Sie war froh endlich wieder jemanden in ihrem 2er-Zimmer zu haben und sie war auch sehr erfreut darüber, dass es Meg war, denn sie schien auf den ersten Blick recht nett und sympathisch zu sein. Und hübsch war sie auch...

Neue Schule, neue Sitten

Nach dem Unterricht lief Meg zusammen mit Sharon zu ihrem gemeinsamen Zimmer, um sich etwas auszuruhen und ihre momentane Freizeit zu genießen. Auf dem Weg durch das Gebäude, glaubte Meg ihren Augen nicht zu trauen: Alle paar Meter stand auf dem Flur ein Pärchen, das sich in den Armen hielt, oder sogar küsste. Das hätte Meg eigentlich auch nicht sonderlich irritiert, doch größtenteils bestanden diese Pärchen aus zwei Mädchen.

"Äh - was ist denn hier los?", fragte sie Sharon schließlich als sie wieder zur Sprache kam.
 

"Ach das ist ganz normal hier bei uns, das ist immer so!", antwortete diese gelassen. Interessiert und auch etwas amüsiert, beobachtete Sharon Megs verdutztes Gesicht, während sie an den Verliebten vorbei streiften.

Glücklicherweise kamen sie auch schon bald in ihrem Zimmer an und Meg ließ sich gleich aufs Bett sinken, da sie noch immer etwas perplex war.

Jetzt war erst mal etwas Ablenkung angesagt.

"Stört es dich wenn ich Musik anmache?", fragte Meg und deutete auf den CD-Player, der auf dem kleinen Tischchen neben Sharons Bett stand.

"Nein, nein - du kannst ruhig an machen!", antwortete Sharon, während sie begann sich umzuziehen. Nach kurzem Überlegen entschloss sich Meg zum Test eine ihrer J-Pop-CDs einzulegen, denn sie wusste ja nicht, ob Sharon den gleichen Musikgeschmack hatte.

Doch anscheinend gefiel es ihr.

"Das hört sich schön an...", sagte sie, als sie sich mit bequemem Top und kurzer Hose aufs Bett legte und es sich gemütlich machte. Sharon schien ziemlich müde gewesen zu sein, denn schon kurz darauf schloss sie ihre Augen und schlief langsam ein.

Als auch Meg auf ihrem Bett lag, dachte sie noch lange über den seltsamen neuen Ort nach, an dem sie sich befand. Alles war so anders: Die Menschen, die Umgebung - einfach alles. Es war so fremd und auch irgendwie vertraut. Vor allem diese Schule hatte zweifellos etwas sehr geheimnisvolles an sich. Außerdem ging es hier so unbeschwert und locker zu, wie sie es bisher von Internaten her nicht kannte - und besonders hatten es ihr die vielen Pärchen auf dem Flur angetan. Dass sie alle so in der Öffentlichkeit der Schule ihren Gefühlen freien Lauf lassen konnten, ohne sich Gedanken darüber zu machen erwischt oder von anderen fertig gemacht zu werden, gerade weil es fast alles Mädchen waren. An ihrer alten Schule wäre das undenkbar gewesen. Aber die Lehrer schien es auch nicht das Geringste zu stören, wobei selbst diese ziemlich komische Verhaltensweisen an den Tag legten. Das alles war Meg schon fast unheimlich. Sogar die Mädchen aus ihrer Klasse, die sie gerade erst kennen gelernt hatte, waren von Anfang an schon so offen und einfühlsam zu ihr. So etwas kannte Meg zuvor gar nicht von Fremden. Es war wie verzaubert - ja sogar schon fast wie eine Parallelwelt zur der ihrigen. Doch trotz den vielen Unterschieden fühlte sie sich dort unbegreiflicherweise sehr wohl - auch wenn sie völlig anders für ihre Mitschüler zu sein schien.

Die einzigen Ausnahmen, die Megs positive Auffassung zerstörten, waren 5 Mädchen aus ihrer Klasse, die mehr als nur seltsam waren. Zum einem waren sie immer nur zu 5. und nie mit anderen Mädchen zusammen anzutreffen. Sie sprachen noch nicht einmal mit Außenstehenden, außer es ging beim besten Willen nicht anders. Und nach den Aussagen ihrer neuen Freunde sollten diese Mädchen ziemlich brutal und gewalttätig sein. Doch solange Meg sich mit dem Rest der Klasse verstand und nicht mit dieser Clique in Konflikt geriet, verschwendete sie auch keine unnötigen Gedanken an diese mutwilligen Außenseiter - genauso wenig wie es die anderen Mädchen taten.
 

Obwohl Meg nun schon zwei ganze Wochen in dem neuen Internat wohnte und sich auch schon etwas besser eingelebt hatte, schien sie noch immer dieses seltsame Gefühl zu haben, dass sich seit ihrer Ankunft in ihr aufgebaut hatte. Sie war sich nicht genau sicher warum, aber sie war sich hundertprozentig sicher, dass es an dieser Schule nicht so ganz mit rechten Dingen zuging. Trotzdem wollte sie sich es nicht von Anfang an verderben, also verdrängte sie ihre unangenehmen Gedanken jedes Mal schnell, wenn sie wieder aufkamen und versuchte alles so zu genießen wie es eben war. Wenn das mal nicht der Fall war, wurde sie meistens von Sharon oder ihren anderen neuen Freunden immer so sehr auf Trab gehalten, dass sie ihre Sorgen bald schon wieder völlig vergaß.
 

Zu deren Glück stellte sich mit der Zeit heraus, dass Meg und Sharon tatsächlich ausgezeichnet miteinander auskamen. Seit Meg mit ihr dasselbe Zimmer bewohnte und sie sich langsam näher kennen lernten, waren sie fast überall zu zweit anzutreffen - wenn sie nicht gerade mit Namie, Carey und Sam zusammen waren.

Auch Sharons drei Freundinnen konnte diese sich immer besser entwickelnde Freundschaft nur schwer entgehen. Aber sie waren froh, dass Sharon nun endlich wieder etwas aufblühte und anfing fröhlich zu sein, was man ihr auch leicht ansehen konnte. Vielleicht war Meg ja diejenige, die aus Sharon das Mädchen machen konnte, dass sie noch vor kurzem war.
 

Damit sich die Schüler des Gymnasiums wie zu Hause fühlten und auch wirklich nichts vermissen mussten, war in der 4. Etage des Schulgebäudes ein Schwimmbad gebaut worden. Das besondere daran war, dass es sich direkt unter dem Glasdach befand, sodass man von dort oben eine unbeschreiblich schöne Aussicht hatte. Die Mädchen aus Megs Klasse hatten ihr zwar schon oft davon erzählt, doch bisher hatte sie leider noch nie die Gelegenheit gehabt, dorthin zu gehen, oder es kamen andere Dinge dazwischen, was sie jedes Mal wieder aufs Neue bedauerte.

Eines abends, kurz nachdem die Schulglocke zum Abendessen läutete und Meg und Sharon sich gerade auf den Weg zum Speisesaal machen wollten, standen Namie, Sam und Carey auch schon vor deren Zimmertür um sie abzuholen. Als sie die Treppen hinunter stiegen bemerkte Namie, die immer sehr aufmerksam war was ihre Mitmenschen anging, sofort Megs bedrücktes Gesicht und tippte kurzerhand Sharon auf die Schulter.

"Sag mal weißt du was mit Meg los ist? Sie sieht so traurig aus...!", fragte Namie ihre Freundin, der erst jetzt auffiel, dass etwas nicht mit Meg stimmte.

"Hm...nein, ich wüsste nicht was sie haben könnte - vor ein paar Minuten ging es ihr noch blendend!", sagte Sharon ratlos.

Tatsächlich schien es Meg selbst während dem Essen nicht besser zu gehen, denn sie saß immer noch mit trauriger Miene da, stocherte in ihrem Teller herum und brachte kaum einen Ton heraus. Da Sharon direkt neben ihr saß, nutzte sie die Gelegenheit und stupste Meg sanft in die Seite.

"Hey du! Was ist denn los mit dir? Du kuckst schon so besorgt seit wir aus dem Zimmer draußen sind. Na komm, du kannst ruhig mit mir darüber reden wenn dich etwas bedrückt.", bot Sharon hilfsbereit an und wartete auf eine Reaktion von Meg.

"Na ja, ich fühl mich hier immer noch so fremd und hab daher wohl etwas Heimweh..."

"Ach so!", sagte Sharon erleichtert und legte mitfühlend ihren Arm um Meg. "Aber mach dir da mal keine Sorgen, das legt sich bald wieder. Sobald du dich an alles gewöhnt hast, sieht die Welt schon ganz anders aus!"

"Ja, wahrscheinlich hast du recht!", gab Meg zu und sah auch gleich wieder etwas beruhigter aus, was zur Erleichterung aller auch noch das gesamte Abendessen lang anhielt.

Später, als die Schüler wieder in ihre Zimmer zurückkehrten, stand Sharon noch kurz mit Namie vor der großen Saaltür und berichtete ihr von Megs Sorgen.

"Kaum zu glauben, dass sie so sehr Heimweh hat - wo wir uns doch ständig um sie kümmern.", wunderte sich Namie und verzog nachdenklich ihr Gesicht.

"Ja, das versteh ich auch nicht so ganz, aber ich hab mir beim Essen was Tolles für sie überlegt - ich will ihr den Pool zeigen!"

Begeistert schlug Namie Sharon auf die Schulter. "Hey, das ist ja ne großartige Idee, das wird ihr sicher gefallen und sie auf andere Gedanken bringen. Vor allem jetzt, wo es so schön dunkel geworden ist...!" antwortete Namie und grinste ihr frech zu.

Sharon war froh, dass Namie dieser Idee so sehr zustimmte, denn sie war sich anfangs nicht sicher ob sie ihren Plan tatsächlich verwirklichen sollte.

"Eben!", stimmte sie ihrer Freundin mit funkelnden Augen zu, "ich werd sie schon ein wenig ablenken - diese Nacht wird sie sicher nicht mehr so schnell vergessen."
 

Als Meg in der Zwischenzeit schon einmal mit Carey und Sam die Treppen hinauf stieg, wurde sie schnell von Sharon eingeholt und hastig am Ärmel gepackt.

"Meg, hast du gerade Zeit?", fragte sie hastig, wobei man ihr ziemlich leicht ansehen konnte, dass sie irgendetwas vorhatte. Ihre Augen strahlten geradezu voller Aufregung.

"Was hast du denn nun schon wieder vor?", grinste Meg sie an, denn jedes Mal wenn Sharon so ankam, musste es etwas ziemlich wichtiges auf sich haben.

"Ich will dir was zeigen...!", flüsterte Sharon geheimnisvoll.

Da Meg nun natürlich mehr als nur neugierig geworden war, verabschiedete sie sich schnell von Sam und Carey, die bereits schon oben am Ende der Treppe angekommen waren und auf sie warteten, und lief mit Sharon davon.

Als sie schließlich im Flur des 4. Stockwerkes ankamen, hielt es Meg nicht mehr aus und hielt Sharon, dir gerade schon wieder die nächste Treppe hinaufeilen wollte, fest und zog sie an sich heran.

"Los Sharon! Sag mir doch endlich mal wo genau du mit mir hin willst!"

"Hey!", rief Sharon mit beleidigter Miene, "das soll doch eine Überraschung werden!"

Seufzend gab sich Meg geschlagen, sie wollte sich ja auch immerhin selbst nicht die Überraschung verderben. "Na gut, du hast gewonnen! Aber ich hoff es dauert nicht mehr so lange bis wir da sind."

"Nein, keine Angst - es wird dir gefallen! Glaub mir!" Kichernd nahm Sharon Meg wieder bei der Hand und rannte mit ihr in den 5. Stock und durch den langen dunklen Gang, der von gedämmten Wandleuchten aufgehellt wurde. Vor einer großen schwarzen Tür blieb sie plötzlich stehen, sah sich kurz um und schob sie langsam zur Seite, sodass es geradeso reichte um durch den Spalt zu schlüpfen.

"Augen zu!", befahl Sharon flüsternd und wartete kurz, bis Meg auch wirklich die Augen geschlossen hatte. Nachdem Sharon schließlich auf der anderen Seite stand, zog sie Meg vorsichtig herein und schob die Tür wieder zu.

"So, wir sind da...na los - dreh dich mal um!", sagte Sharon dann - voller Vorfreude und auf Megs Reaktion wartend - während sie mit ihrer Hand nach vorne wies. Als Meg wieder die Augen öffnete und sich ahnungslos umdrehte, war sie geradezu fassungslos. Vor ihr lag ein riesiger klarer Swimming-pool, auf dem sich der Mond, der durch das große Glasdach schien, auf der Wasseroberfläche funkelnd widerspiegelte. Und auch die Seitenwände der Schwimmhalle waren aus Glas, sodass man eine unbeschreiblich romantische Aussicht mitten auf die Stadt hatte, deren viele bunte Lichter in der momentanen Dunkelheit wunderbar zur Geltung kamen und eine traumhaft schöne Aussicht boten. Es war einfach ein herrlicher Anblick.

"Na, hab ich etwa zu viel versprochen?", fragte Sharon erfreut, als sie Megs verblüfftes Gesicht sah.

"Nein, nein - hast du wirklich nicht...! Wow.....so was hab ich ja noch nie gesehen...", staunte Meg und bekam dabei nur mit Mühe den Mund auf.

"Also los, worauf warten wir dann noch?", rief Sharon ungeduldig.

"Was? Was meinst du?" Meg starrte ihre Freundin verwirrt an, woraufhin sich Sharon wieder kichernd die Hand vor den Mund hielt.

"Na was meinst du wozu wir hier sind? Um die tolle Aussicht zu genießen?"

"Ähm...also...du willst jetzt wirklich schwimmen?"

"Natürlich! Du etwa nicht?", fragte Sharon vorsichtig und ihr Gesicht sah schon nicht mehr ganz so fröhlich wie vorher aus.

"Doch, doch! Ich würde ja gerne!" antwortete Meg schnell "...aber...wir haben doch gar keinen Badeanzug dabei...!", gab sie zögernd zu bedenken.

"Na ja, wenn ich dir vorher gesagt hätte, dass du Badezeug mitnehmen sollst, wäre die Überraschung ja hin gewesen...!", erwiderte Sharon und begann sich ihr Kleid aufzuknöpfen. "Aber wir können ja auch so schwimmen. Es ist dunkel und wir sind hier eh ganz alleine...das heißt, falls es dir nichts ausmacht..."

Meg war zu Beginn noch immer leicht am Zögern, doch da sie sich diese aufregende Nacht auf keinen Fall entgehen lassen wollte, überwand sie ihre Scheu und begann sich ebenfalls auszuziehen.

Gerade als sie ihre Kleider neben den Beckenrand auf einen Stuhl platziert hatte, sauste Sharon auch schon an ihr vorbei und landete kurz darauf mit einem eleganten Hechtsprung in dem angenehm kühlen Wasser, dass sofort wild nach allen Seiten spritzte. Lachend tat Meg es ihr nach, und schon konnte das nächtliche Herumgeplantsche beginnen. Die beiden Mädchen tunkten sich, spritzten sich gegenseitig nass und schwammen um die Wette, wobei sie solchen unheimlichen Spaß hatten, dass sie gar nicht bemerkten wie schnell die Zeit verflog.

Nachdem sich beide endlich ausgetobt hatten und dringend eine Pause brauchten, schwamm Meg an den Beckenrand, hievte sich aus dem Wasser und krabbelte zu den großen Fenstern am Rande der Halle, die bis zum Boden hin eingebaut waren. Davor kniend bewunderte sie mit großen, glänzenden Augen die vielen bunten Lichter der Stadt, die geheimnisvoll in der Dunkelheit leuchteten. Nun kam auch Sharon aus dem Wasser und setzte sich dicht neben Meg.

"Ziemlich romantische Aussicht, was?", fragte sie dann und lächelte Meg mit einem seltsamen Gesichtsausdruck an.

"Ja, sehr!", antwortete sie, wobei sie ihren Blick gar nicht mehr vom Fenster abwenden konnte. Sharon schaute nun auch wieder nach vorne und legte verträumt ihren Kopf auf Megs Schulter, woraufhin diese ihren Kopf ebenfalls an Sharons anlegte.

Als es schließlich immer später geworden war und die Mädchen sich auch wieder angezogen hatten, beschlossen sie sich langsam lieber wieder auf den Rückweg zu ihrem Zimmer zu machen.

Sharons Zauber

"Und, Sharon, wie kommst du mittlerweile mit Meg klar?", fragte Namie sie nach einigen Tagen in der großen Pause.

"Sehr gut!", berichtete Sharon zufrieden. "Sie ist wirklich sehr nett und außerdem hat sie sehr viel mit mir gemeinsam... Wir sind sehr gute Freunde geworden...", fügte sie mit einem Blick auf Meg, die gerade mit Carey herumalberte, hinzu.

Natürlich wurde Namie darauf aufmerksam und musterte Sharon neugierig. "Aha...und sonst nichts...?", fragte sie mit ihrem typischen frechen Blick.

"Was meinst du?", wollte Sharon wissen und schaute Namie unschuldig und mit fragenden Augen an.

"Na ja - wie du wahrscheinlich schon mitbekommen hast, haben schon einige aus unserer Klasse ein Auge auf sie geworfen..."
 

Nun konnte sich auch Sharon ein kleines Lächeln nicht verdrücken. "Na ja, das ist ja auch kein Wunder! Schau sie dir doch mal an... und sie ist so...anders und sie hat auch irgendetwas Geheimnisvolles, Mysteriöses an sich. Ist ja klar, dass sie so viele interessant finden."

"Wie du meinst!" Namie zuckte mit den Schultern. "Aber du kannst mir erzählen was du willst - bei dir ist es etwas anders als bei den anderen, das sieht man dir an. Wie du von ihr redest und wie du sie jedes Mal ansiehst... und nebenbei versteht ihr euch doch auch mehr als nur blendend..." sagte Namie mit großer Überzeugung, denn sie hatte schön längst bemerkt, was mit Sharon los war und war sich ihrer Sache sehr sicher.

"Ach was!! Das stimmt doch gar nicht!", stritt Sharon stur jedoch nicht sehr überzeugend ab, "Das bildest du dir doch ein!"

"Ja, ja!", winkte Namie ab und hüpfte lachend zu Meg und Carey.
 

"Wo geht denn Sharon hin?", fragte Meg als sie sah, wie sie fast fluchtartig, das Klassenzimmer verließ.

"Ach die kommt sicher gleich wieder - die ist sicher nur mal für kleine Mädchen!", rief Namie vergnügt.

"Hm...ja ich glaub da werd ich jetzt auch mal hin gehen!", murmelte Meg, lief ebenfalls hinaus und ließ Namie und Carey beim Rest der Mädchen zurück.
 

Als sie im Toilettenraum ankam, wo sie auch Sharon vermutete, sah sie, wie einige Mädchen ein anderes Mädchen festhielten und gegen die Wand zwischen die Waschbecken drückten. Bei näherem hinsehen erkannte sie ebenfalls, dass es sich bei dem Mädchen um Sharon und bei der Gruppe um die seltsamen Außenseiter aus ihrer Klasse handelte.

"Hey! Was macht ihr denn da?", fragte Meg mit bösem Blick und lief auch sogleich auf die Mädchen zu. Sofort kam eines der Mädchen ihr entgegen und stellte sich Meg in den Weg.

"Das hier geht dich gar nichts an, also verzieh dich lieber, wenn du nicht aufgeschlitzt werden willst!", rief das Mädchen böse, packte Meg am T-Shirt und hielt ihr drohend ein Messer vors Gesicht. Es war Diane, die "Anführerin" der Clique. Doch Meg schien davon nicht gerade beeindruckt zu sein.

"Meinst du etwa, ich lass mir von jemandem wie dir Befehle erteilen?", fuhr sie Diane wütend an.

"Das solltest du wohl besser, wenn dir dein Leben lieb ist!" Ohne, dass Meg darauf gefasst war, zog Diane mit der Faust an ihrem T-Shirt und schnitt blitzschnell ein tiefes Langes Loch mit ihrem Messer hinein. Sie wollte gerade wieder ansetzten und zu stechen, als Meg plötzlich ihre Hand zu fassen bekam und so fest ihr Handgelenk drückte, dass Dianes Messer klirrend zu Boden fiel. Doch Meg dachte nicht daran sie loszulassen und riss ihr Handgelenk ruckartig nach hinten, so dass ein lautes Krachen zu hören war. Mit einem lauten Schrei sank Diane zu Boden und hielt sich ihr gebrochenes Handgelenk. Im selben Moment kamen auch nach und nach drei der vier Mädchen, die Sharon eben noch immer gewaltsam festhielten, auf Meg zu um Diane zu helfen. Nachdem die Erste von ihnen bei Meg ankam und sie gerade ins Gesicht schlagen wollte, fing Meg den recht schwachen Schlag mit der linken Hand ab und schlug das Mädchen mit der rechten Hand nach hinten, sodass sie eine der Anderen mit umwarf. Die Letzte, die auf sie losging schubste sie einfach schnell zu Seite, wobei diese hart mit dem Kopf gegen die Wand flog.

"Los komm!", rief sie Sharon zu und schaute dann mit drohendem Blick zu Melissa, die noch immer krampfhaft versuchte sie festzuhalten. Doch Sharon riss sich geschickt von ihr los und rannte zusammen mit Meg nach draußen und über den Flur.
 

Noch ein ganzes Stück vom Klassenzimmer entfernt blieben die beiden langsam stehen und Meg hielt kurz Ausschau nach ihren Verfolgerrinnen. Dann sah sie Sharon an, die vom vielen Rennen noch ganz aus der Puste war.

"Ist alles ok. mit dir?", fragte sie besorgt und strich ihr vorsichtig über die Stirn. Erst jetzt bemerkte sie, dass Sharon knapp über der linken Augenbraue blutete. "Oh je - du blutest ja...!", rief Meg erschrocken.

Prüfend, tastete Sharon ihr Gesicht ab.

"Halt, warte!" Meg hielt behutsam ihre Hand fest. "Lass uns ins Klassenzimmer gehen, da können wir die Wunde in Ruhe säubern. Außerdem können Diane und die anderen dort nicht viel anrichten wenn die ganze Klasse drumrum steht."

Sharon wusste noch immer nicht wie ihr geschehen war, als sie wieder den Flur Richtung Zimmer "111" entlang liefen. So kannte sie Meg noch gar nicht. Sie hatte tatsächliche diese brutalen und gefährlichen Mädchen, vor denen sich fast alle anderen aus der Klasse fürchteten, vermöbelt und sich für Sharon eingesetzt. Doch auch Meg begriff noch nicht so ganz was gerade eben noch vor sich ging, aber sie hatte gerade auch ganz andere Gedanken, die ihr durch den Kopf schossen. Sie war so wütend, wie sie es schon lange nicht mehr von sich gewohnt war - ganz zu schweigen von ihren neuen Freundinnen, die sie noch nie in solch einem Zustand erlebt hatten. Wie konnten diese dummen Weiber es nur wagen zu fünft auf die arme Sharon, die auch nicht gerade in der Lage war gegen so viele Gleichzeitig anzukommen, loszugehen? Es war ihr unbegreiflich. Gerne hätte sie Sharon gefragt, wie es zu all dem kam, aber sie wollte, dass sie sich erst einmal beruhigte. Die Hauptsache war, dass sie fürs erste weg von der Clique waren - später würde ihr Sharon immer noch alles in Ruhe erzählen können wenn sie bereit dazu war.
 

Als Meg und Sharon wieder das Klassenzimmer betraten und die anderen Mädchen bemerkten, wie die beiden zugerichtet waren, stürmten sie auch schon gleich auf sie zu, versammelten sich um sie und fragten wild durcheinander was denn passiert sei. Meg hatte gerade überhaupt keinen Nerv für so etwas und ging direkt an allen vorbei und zu ihrem Platz, um ein Tuch für Sharons Wunde zu holen. "Ach was, so schlimm ist es auch wieder nicht!", beruhigte Sharon derweil, ihre Freundinnen und versuchte tapfer zu lächeln, obwohl der Schock noch immer tief in ihr saß. Während Sharon erzählte, was sich gerade zugetragen hatte wurde sie von Meg verarztet. Kurz darauf lief Meg einige Schritte nach vorne und riss sich - zur Verwunderung aller - das von Diane zerfetzte T-Shirt runter und warf es nach kurzem Betrachten wütend und kopfschüttelnd in den Abfalleimer. Da sie darunter noch eng anliegendes Trägertop trug, wunderte die anderen Mädchen gar nichts mehr von den Geschehnissen, die Sharon soeben berichtet hatte. Erst jetzt konnte man Megs kräftigen und anscheinend durchtrainierten Oberkörper sehen, der sonst für gewöhnlich immer von weiten, T-und Sweatshirts bedeckt war.

Kurz darauf ging auch schon die Tür auf und Diane trat mit ihrer Gruppe ein. Mit bösen Blicken verfolgten die Mädchen die Clique, bis sie auf ihren Plätzen saßen. Sie wagten es nicht mal einen Ton von sich zu geben, sondern hockten nur mit finsteren Blicken da und rieben sich ihre Schmerzenden Stellen.
 

Mr. Smith kannte Diane und ihre gleichgesinnten Freundinnen nur allzu gut und konnte sich daher ein unterdrücktes Schmunzeln nicht verkneifen, als er sah, wie sie alle mit hochroten Köpfen auf ihren Plätzen saßen und es nicht wagten aufzublicken. Dann wurde sein Gesicht jedoch wieder ernst und er setzte sich auf den Stuhl am Lehrerpult, überschlug die Hände und ließ seinen Blick über die Klasse wandern.
 

"Also meine Damen, wer klärt mich bitte auf?" fragte Mr. Smith und schaute sich fragend und mit erwartungsvollem Blick in der schweigenden Klasse um.

"Diane wollte Sharon vermöbeln!" rief Carey auch schon gleich, woraufhin sie einige geschockte Blicke trafen. Kaum einer hätte es jemals gewagt Diane und ihre Clique zu verpetzen, doch Carey schien nicht im Geringsten von ihr eingeschüchtert zu sein. Mit drohendem Blick starrten Diane und ihre Freundinnen zu Carey, aber die schaute weiterhin gerade aus zu Mr. Smith.

Nickend lehnte er sich zurück in seinen Stuhl und warf einen Nachdenklichen Blick auf Diane und ihre Gruppe.

"Nach der Stunde bleibt ihr fünf bitte noch einen Moment hier im Klassenzimmer, in Ordnung?", forderte er die Mädchen mit festem und bestimmtem Ton auf.

Ohne eine Antwort zu geben schaute Diane finster auf ihren Tisch und ballte ihr noch heile Hand zu einer Faust. Als Mr. Smith nicht mehr hinsah, signalisierte sie Carey, die sie triumphierend anlächelte, dass es ein großer Fehler war sie verraten zu haben. Doch diese zuckte nur kurz mit der Schulter und wandte sich schließlich wieder gleichgültig ab.

"Das hast du nicht umsonst gemacht!", flüsterte Diane leise vor sich hin, woraufhin ihre Freundinnen viel sagende Blicke austauschten.
 

Nach Megs erstem aufregendem Ausflug zum Pool, beschloss Sharon nun öfters mit ihr dorthin zu gehen. Eigentlich hatte sie für den heutigen Tag auch etwas Besonderes für Meg geplant, aber sie war sich nicht sicher ob das nach diesen ganzen Ereignissen eine so gute Idee war. Aber andererseits sah sie es gar nicht ein sich wegen Diane und Co. alles verderben zu lassen. Also entschied sie sich doch dafür Meg mal wieder einen unvergesslichen Abend zu bereiten.

Diesmal musste Meg sogar noch mehr als das letzte Mal am Pool über sich ergehen lassen. Mit verbundenen Augen schob Sharon sie durch die Tür der Schwimmhalle und führte sie den restlichen Weg an der Hand am Beckenrand vorbei, bis sie Meg sanft festhielt damit sie stehen blieb.

"Mein Gott, Sharon! Du bist doch echt verrückt immer solche Aktionen mit mir zu veranstalten!" Mit gespielter Schmollmiene grinste sie in Sharons Richtung.

"He, ich geb' mir wenigstens Mühe für dich, oder? Du hast wenigstens jemanden der sich immer wieder was Neues für dich ausdenkt und wer kann das schon von sich behaupten?"

Nachdem Meg wie erwartet schwieg hielt Sharon die Augenbinde fest um sie herunterzuziehen.

"Bereit?"

"Sicher doch!"

Mit einem Ruck zog Sharon das Band auf und Meg musste sich erst kurz die Augen reiben bevor sie etwas erkennen konnte. Kurz darauf sah sie auch schon hunderte von kleinen Lichtern in der gesamten Halle brennen und direkt vor ihr war eine kuschelige Decke ausgebreitet auf der ein Korb platziert war, aus dem Trauben und Kirschen herausragten. Daneben standen zwei Becher, eine Flasche

Fruchtsaft und Sekt.

"Oh Sharon!", rief Meg begeistert und viel ihr voller Freude in die Arme. "Du kleine Spinnerin!"

Da Sharon nicht mit dieser Reaktion gerechnet hatte, stand sie nur regungslos da und erwiderte schüchtern Megs herzliche Umarmung.

"Was ist denn der Anlass dafür?", fragte Meg mit strahlenden Augen.

"Na du!" Sharon sah sie wieder mit ihrem seltsamen Blick an der Meg bisher jedes Mal irritiert hatte und ein unbeschreibliches neues Gefühl in ihr auslöste.

"Wow, ich...bin sprachlos! Da hast du dir ja ganz schön Mühe gegeben."

Statt darauf zu antworten nahm Sharon nur Megs Hand und zog sie runter auf die Decke. "Na los, ich hoffe du hast Appetit. Hier, ich hab sogar deinen Lieblingssaft mitgebracht! Mit Erdbeersirup..."
 

Als der Korb fast leer war und die beiden Mädchen sich lange über alle möglichen Dinge unterhalten hatten, beschlossen sie noch zum Abschluss eine Runde schwimmen zu gehen. Da Meg jedoch etwas zu viel Obst gegessen hatte, wollte sie sich doch lieber noch eine Weile ausruhen. Der Tag war wirklich zu anstrengend gewesen.

"Ich geh mal wieder raus, ich bin etwas kaputt!"

"Ok...!"

Elegant und mit kräftigen Zügen schwamm Meg zur Leiter des Pools und schwang sich aus dem Wasser. Obwohl sie gerade zu ihrem Handtuch laufen wollte, blieb sie vor dem riesigen Glasfenster stehen und bewunderte den romantischen Sternenhimmel und den Mond, der über die schlafende Stadt wachte. Völlig in. Völlig in sich gekehrt setzte sie sich vors Fenster und blickte fasziniert nach draußen. Auch wenn sie das alles schon mal gesehen hatte, war es immer wieder aufs Neue aufregend.

Sharon legte sich am Beckenrand auf ihre Armbeuge und beobachtete Meg, wie sie am Fenster saß und die Augen nicht mehr von der wunderschönen Szene losreißen konnte, ebenso wie Sharon, die Augen nicht mehr von Meg losreißen konnte.

Irgendwie fand sie es unheimlich süß wie begeisterungsfähig Meg war. Völlig verträumt und mit einem Hauch von Lächeln beobachtete Sharon das traumhaft schöne Mädchen, das nur wenige Meter von ihr entfernt lag. Ja Namie hatte wohl recht mit dem, was sie vermutet hatte. Sie hatte wirklich besondere Empfindungen für Meg.

Da Sharon nach dem Vorfall mit Diane zum ersten Mal richtig Megs sportlichen Körper bei Tageslicht gesehen hatte, achtete sie nun bewusst auf ihre Bewegungen. Wie schön sie aussah wenn sie dort im Mondlicht saß und von Zeit zu Zeit Wassertropfen ihren ästhetischen Körper entlang rannen und auf die Fliesen tropften. Sie gefiel ihr wirklich sehr. Nie zuvor fand Sharon jemanden so anziehend wie sie. Nur zu gerne wollte sie wissen was in Meg vorging und was sie über sie dachte. Ob sie sie wohl auch so sehr mochte? Sie musste es unbedingt herausfinden... Außerdem interessierte sie sich auch unheimlich für Megs eventuelles früheres Liebesleben. Möglicherweise konnte sie dadurch mehr über sie erfahren. Nach kurzem Überlegen entschloss sie sich dazu, sie einfach zu fragen - mittlerweile würde sie vielleicht schon über solche Dinge reden können.
 

Meg saß noch immer fasziniert an der gleichen Stelle, ihren Kopf auf die angewinkelten Beine gestützt, die sie mit ihrem Armen umschlang, als

sie hörte wie sich Sharon aus dem Wasser hob, ihr Handtuch von der Stange nahm und zu ihr hin tapste. Sie lächelte unbewusst, als Sharon das große Tuch um ihre und Megs Schultern zog und sich dicht neben sie kauerte.

Nach längerer Stille begann Sharon endlich das große Schweigen zu brechen.

"Sag mal, hattest du eigentlich jemals eine Beziehung, dort wo du herkommst?", fragte sie vorsichtig und blickte Meg aus den Augenwinkeln an, als beide noch immer auf die beleuchtete Stadt blickten.

"Hm, nein leider nicht. Ich war kurze Zeit in einen Jungen verliebt, aber er hat mich nicht beachtet. Und trotzdem hat er es geschafft mir das Herz zu brechen.", sagte Meg leise. Ihr Blick senkte sich.

"Oh, Meg...das tut mir leid für dich...", antwortete Sharon voller Mitgefühl. Es war ihr unbegreiflich, wie jemand ein solches Mädchen verlassen konnte – und sei es nur unbewusst. "Kerle" dachte sie nur bei sich und schüttelte genervt den Kopf.

"Nein, das ist schon ok.", rief Meg schnell und machte wieder ein fröhliches Gesicht. "Jetzt bin ich ja hier. Hier wird alles anders... Und außerdem hab ich ja nun euch...beziehungsweise...dich!", fügte sie rasch getröstet hinzu und sah Sharon mit ihren warmen, weiblich geschnittenen Augen an.

"Ja, das hast du...", stimmte diese gerührt zu und lehnte sich wieder an Megs Seite. Meg war wirklich glücklich, schon jetzt solche netten und verständnisvollen Freunde gewonnen zu haben. Und vor allem war sie froh darüber, dass sie Sharon hatte. Sie wollte am liebsten nie mehr zurück nach Hause. Warum auch? Sie wurde dort oft genug verletzt und enttäuscht; doch das sollte nun ein Ende haben. Hier sollte sie glücklich werden, und Sharon und die Anderen gaben ihr die Kraft fest daran zu glauben und sich nicht entmutigen zu lassen.
 

So leise wie möglich machten sich Meg und Sharon schließlich nach einigen Stunden wieder auf den Weg zu ihrem Zimmer, da es wie üblich schon ziemlich spät geworden war und sie nur noch wenige Stunden zu schlafen hatten bis sie wieder geweckt werden würden.

Während sie durch den langen Gang, auf dem sich die Klassenzimmer befanden, entlang liefen, blieb Meg plötzlich bei einem der Klassenzimmer stehen und horchte. "Was ist denn?", fragte Sharon verwundert und blieb ebenfalls stehen, als sie bemerkt hatte, dass Meg nicht mehr neben ihr lief. Doch Meg hörte sie gar nicht und stand noch immer vor der Tür, die sie dann auch kurz darauf langsam und lautlos einen Spalt weit öffnete. Was sie dort sah, war jedoch ein regelrechter Schock für sie, auf den sie keinesfalls gefasst war. Direkt vor ihren Augen lagen ihr Klassenlehrer und irgendeine andere Lehrerin über einen der Tische gebeugt und waren derartig wild miteinander beschäftigt, dass es nur schwer zu überhören war.

"Meg?", hörte sie plötzlich dicht neben sich eine recht unerwartet laut flüsternde Stimme sagen. Ruckartig zuckte sie zurück und starrte Sharon geschockt an. "Was ist denn da...?", fragte diese verwirrt und schaute ebenfalls durch den Spalt und erkannte auch gleich im schwach erhellten Klassenzimmer das Pärchen das immer noch ungestört zugange war. "Wow...", flüsterte sie sofort mit großen Augen und begann zu grinsen. Auch Meg, die sich mittlerweile wieder von ihrem Schrecken erholt hatte, kam nun wieder näher und schob ihren Kopf dicht neben Sharons um wieder etwas sehen zu können. Was ging hier nur vor sich?

"Seltsame Schule." dachte sie verwirrt bei sich.
 

"Sag mal...", begann Sharon schließlich, "...stehst du auf so was?", fragte sie leise und blickte kurz zu Meg, die sie daraufhin erst geschockt anstarrte, dann verlegen auf den Boden blickte.

"Du meinst... ob ich ...auf Männer stehe? Na... eigentlich nicht besonders...", antwortete sie zögernd.

"Aber du stehst doch auf Jungs, oder?", hakte Sharon weiter nach.

"Nun...nach der Geschichte von früher nicht mehr!", antwortete Meg schließlich entschlossen.

"Wirklich?", fragte Sharon und starrte sie nachdenklich an. Mit einem kurzen Nicken schloss Meg nun wieder leise die Tür und schaute Sharon direkt ins Gesicht.

"Ja...", sagte sie dann und wartete ihre Reaktion ab. Doch Sharon sagte nichts, sondern schaute sie nur wieder mit einem seltsamen Blick an. Meg hätte nur zu gerne gewusst, was in diesem Moment in Sharon vorging.

"Wollen wir weiter gehen?", fragte diese dann auch schon, als ihr das lange Schweigen etwas zu unangenehm wurde. Mit einem Lächeln kam Meg auch sogleich auf sie zu, nahm Sharon bei der Hand und lief zusammen mit ihr in Richtung "Zimmer 13".

Als sie dort angekommen waren und ihre Nacht-Shirts anhatten, saßen beide still schweigend auf ihren Betten und sahen sich an. "Bist du schon müde?", fragte Sharon nach einer Weile, woraufhin sie ein eindeutiges Kopfschütteln als Antwort bekam.

„Nein, kein Stück“ gab Meg hilflos schmunzelnd zu.

"Wenn du Lust hast können wir ja noch ein wenig reden...", ergänzte sie schnell.

"Ja, klar! Gerne...", stimmte Sharon munter zu und krabbelte zu Meg aufs Bett als hätte sie nur darauf gewartet.

Während die beiden Mädchen langsam begannen sich zu unterhalten, ließ Meg nebenher wieder eine ihrer J-Pop CDs laufen, die Sharon so sehr liebte.

"Sag mal, lebst du wirklich schon immer hier?", fragte Meg gleich zu Beginn, denn sie hatte bisher nie gewagt Sharon so direkt danach zu fragen.

"Ja.", antwortete Sharon. "Ich lebe schon immer in dieser Stadt und bin auch schon seit sehr vielen Jahren hier auf der Schule. Warum? Stimmt etwas nicht?", fügte sie etwas verunsichert hinzu, als sie Megs verwirrtes Gesicht sah.

"Nein, nein - das ist es nicht... mir kommt hier nur alles so anders vor... als befände man sich in einer völlig fremden Welt. Alle haben eine so ungewöhnliche Ausstrahlung und alles hier geht so extrem harmonisch und unbeschwert zu." Meg blickte abwartend zu Sharon, die sie jedoch nur fragend anstarrte. Ob sie verstand, was Meg da gerade erzählt hatte? Oder zumindest, was sie meinte?

"Na ja, ich weiß ja nicht, wie es bei dir zu Hause zugegangen ist, aber ich kann dich beruhigen - alles ist in bester Ordnung. Du brauchst dich nicht unwohl oder fremd zu fühlen. Keine Sorge, bald hast auch du dich an unsere Schule gewöhnt.", ermutigte sie Sharon und lächelte ihr voller Zuversicht zu.

"Ja, du hast Recht. Ich bin ja noch nicht allzu lange hier - das hat sich sicher schnell wieder gelegt.", redete Meg sich nach kurzem Überlegen selbst zu und legte wieder ihren Kopf an Sharons Schulter. Trotzdem konnte sie ihr ungutes Gefühl nicht vollständig vertreiben, doch sie nahm sich fest vor sich endgültig keine Gedanken mehr darüber zu machen.
 

Sie spürte, wie Sharon auf einmal ihre Hand nahm und sie zärtlich streichelte. Megs Herz begann sofort schneller zu schlagen. Es fühlte sich an als ob man es durchs ganze Gebäude hören konnte und sie spürte eine seltsame Wärme in sich aufsteigen. Sharon ließ Megs Hand wieder los und strich ihr über die Wange. Schließlich setzte sie sich auf und stützte sich vor Meg, sodass diese ihr direkt in die Augen sehen musste. Mittlerweile raste ihr Herz geradezu und sie begann zu schlucken. Was passierte da gerade? Was war mit Sharon los? Und warum lies sie zu was Sharon da tat?

Etwas verunsichert wich sie Sharons Blick aus und versuchte nicht die Beherrschung zu verlieren. Sharon streichelte noch immer ihr Gesicht und sah sie dabei wieder mit diesem üblichen merkwürdigen Gesichtsausdruck an, den Meg mittlerweile zwar gut kannte, aber nie wusste was Sharon damit sagen wollte. Nun war sie sich sicher was dieser Blick zu bedeuten hatte und ebenso wusste sie auch was sie selbst wirklich aus tiefstem inneren wollte: Sharon ganz nah zu sich ziehen, sie spüren und sie küssen.

Sharon hielt plötzlich inne und wich ein wenig von Megs Gesicht zurück, das mittlerweile eine leicht blasse Farbe angenommen hatte.

"Ist alles in Ordnung mit dir?" flüsterte sie leise und sah Meg fragend an.

Meg musste wieder schlucken. Ein leichtes Gefühl von Übelkeit überkam sie plötzlich und ihr wurde fast schwindelig vor Aufregung. Was waren das nur für unbeschreibliche Gefühle die in ihr aufstiegen? In Megs Kopf begann sich alles zu drehen und ein starkes Kribbeln fuhr durch ihren Körper.

"Meg?" Sharons Gesicht sah nun besorgt aus. Doch bevor sie weitere Fragen stellen konnte führte Meg mit ihren Fingerspitzen Sharons Kopf zu sich und küsste sie.

Nachtgeflüster I

Mit ernstem Gesicht stand Namie vom Bett auf und lief zum Fenster ihres Zimmers.

"Was hast du denn, Namie? Ist alles ok?", fragte Sam besorgt und setzte sich in ihrem Bett auf.

"Nein, ich hab nichts.", antwortete sie leicht lächelnd und völlig in ihren Gedanken versunken. "Ich muss nur gerade daran denken, wie es damals war, als du neu zu uns gekommen bist..."

Sie sah noch immer aus dem Fenster, den Blick auf die unzähligen Sterne gerichtet, die aus dem tiefdunklen Himmel heraus schimmerten.

"Oh..." Sam senkte den Blick und ihr Gesicht mit der kleinen sommersprossenübersäten Nase errötete leicht.

Auch Sam war damals eine "Neue" gewesen, die nun jedoch schon seit einem Jahr diese Schule besuchte und sich später auch Namie und Sharon angeschlossen hatte, einige Zeit bevor auch Carey hinzu kam.

Damals hatte sich Namie, die mit ihr in dieselbe Klasse ging und auch neben ihr saß, von Anfang an ständig um sie gekümmert und wurde schließlich ihre beste Freundin.

Sam erinnerte sich gerne an diese Zeit zurück, denn es war die aufregendste und die schönste Zeit, die sie jemals durchlebt hatte.

Plötzlich begriff sie, warum Namie sich auf einmal solche Gedanken darüber machte. Sie dachte an Meg.

"Denkst du, dass sie schon bereit dafür ist?", fragte Sam dann nach einer Weile und ging zu Namie hinüber, die noch immer aus dem Fenster sah.

"Ich weiß es nicht." sagte sie noch immer sehr nachdenklich. "Aber Sharon wird schon das Richtige tun - da bin ich mir sicher." Sie sah Sam wieder lächelnd an und griff nach ihrer Hand. Mit der anderen strich sie sanft über Sams zartes junges Gesicht, das nur leicht vom Mondlicht erhellt wurde. Sam schluckte und kam langsam näher an Namie heran, so dass sie ihren Atem ganz nah bei sich spüren konnte.

"Ich bin so glücklich mit dir." flüsterte sie leise und schloss ihre Augen, woraufhin Namie sie zärtlich küsste.
 

"Nicht zu fassen was sich diese Kuh alles herausnimmt!", schrie Diane wütend und lief in ihrem Zimmer auf und ab. Melissa und Jill, die ihre Zimmerpartnerinnen waren, saßen auf einem der drei Betten und tauschten nervöse Blicke aus.

"Hey komm, jetzt beruhig dich doch erst mal wieder. Das bringt uns jetzt auch nichts wenn du hier deine Aggressionen raus lässt.", rief ihr Jill besänftigend von ihrem Bett aus zu und versuchte Dianes enorme Wut zu bändigen. Doch Diane schien sie gar nicht gehört zu haben. Mit ihrer heilen Hand herumfuchtelnd lief sie weiter aufgebracht im Zimmer umher.

"Ich bring sie um! Was denkt sich Carey eigentlich dabei uns zu verpetzen? Ist die lebensmüde? Und vor allem diese Meg wird noch bitter bereuen was sie getan hat!" Als ob sie auf eine Bestätigung wartete, blickte sie Jill durchdringend mit ihren eisigen Augen an.

"Klar, du hast schon Recht - es war ziemlich übermütig von Carey uns zu verraten, aber sie weiß eben noch nicht, wie es bei uns abgeht. Sie ist ja auch noch relativ neu hier an der Schule, genau wie Meg. Allerdings hätte ich ihnen so was nicht zugetraut.", erwiderte Jill beeindruckt und starrte auf Dianes geschientes Handgelenk, das vor kurzem von der Schulärztin behandelt wurde.

"Genau das meine ich ja!" rief Diane. "Die blöden Frischlinge machen nur Ärger und versauen uns voll die Tour!"

Melissa saß nur stumm an die Wand gelehnt da und blickte zu Boden. Auch sie hätte nie gedacht, dass sich jemals ein Mädchen gegen Diane erheben würde. Sie erinnerte sich an Megs Blick, kurz bevor sich Sharon losgerissen hatte. Ihre Augen blitzen nur so vor Zorn und Leidenschaft und man spürte sofort wie viel ihr an Sharon lag. Melissa bekam eine Gänsehaut. Wie sehr hatte sie selbst sich gewünscht jemals so geborgen bei jemandem sein zu können. Sie beneidete Sharon und ebenso würde sie nur zu gerne mit ihr tauschen. Zwar lag das größtenteils daran, dass Melissa sehr fasziniert von Meg war, doch vor allem gönnte sie Sharon dieses Glück keinesfalls. Vor noch gar nicht allzu langer Zeit teilte Melissa noch mit Shawnah ein Zimmer. Shawnah war gleichen Alters, bildhübsch und sie hatte dieses gewisse Etwas - genau wie Meg. Shawnah verstand sich schon gleich zu Beginn ausgezeichnet mit Melissa und ihre Beziehung begann sich weiter zu entwickeln. Beide waren unheimlich ineinander verliebt, doch weil Shawnah dringend wieder nach Hause musste, ließ sie schweren Herzens Melissa zurück und verschwand eines Tages ohne ein Wort zu sagen und Melissa erfuhr nie den wahren Grund für ihr Verschwinden. Das Schlimmste an der ganzen Sache war, dass Melissa immer der Ansicht gewesen war alles sei in bester Ordnung. Sharon war die einzige, die scheinbar etwas Genaueres wusste. Doch obwohl Melissa immer wieder versuchte mit Sharon zu reden, wurde sie jedes Mal zurückgewiesen mit der kurzen Begründung, dass das eine Sache zwischen ihr und Shawnah wäre. Und so war Shawnah für immer fort und Melissa sah sie niemals wieder. Seitdem hasste sie Sharon und es war auch mitunter ein Grund für Melissa, bei dem Überfall auf sie im Waschraum mitzuwirken. Immerhin war sie daran schuld, dass sie den wichtigsten Menschen in ihrem Leben verlor und somit die schlimmsten Qualen durchlitt. Nicht, dass sie ihre jetzige Clique nicht mochte - sie konnte nur nicht wirklich das erfüllen, was Melissa mehr als alles andere brauchte: eine wahre unerschütterliche Freundschaft. Und Shawnah. Alles hatte sie verloren.

Sie sah hinüber zu Jill und Diane, die nun eng aneinander gerückt auf dem Bett gegenüber saßen und sich flüsternd unterhielten. Jill schien es tatsächlich gelungen zu sein Diane zu besänftigen. Sie war wohl die einzige, die richtigen Einfluss auf sie hatte und die Diane an sich heran ließ.

Zu dritt wohnten Jill, Diane und Melissa in einem Zimmer zusammen am Ende des Flurs weit entfernt von Meg und ihren neuen Freundinnen.

Weil Melissa zuletzt zur Clique kam und nicht mehr in ihrem alten Zimmer bleiben wollte, wurde sie zu Jill und Diane ins Zimmer gesteckt, wodurch sie sich manchmal wie das dritte Rad am Wagen fühlte, wenn die beiden mal wieder etwas intimer wurden. Zwar versuchten beide Melissa nicht allzu sehr auszuschließen, doch schließlich konnten sie sie auch nicht an allem Teil haben lassen was sie taten, auch wenn das früher einmal anders war.

Die anderen beiden Mädchen Liz und Karen, die ebenfalls zur Clique gehörten, lebten im Zimmer direkt gegenüber und wenn sie nicht gerade mit Diane und den anderen die Zeit verbrachten, genossen auch sie ihre Stunden zu zweit.

Melissa drückte auf den Knopf ihrer Nachttischlampe und drehte sich mit dem Gesicht zur Wand um nichts mehr davon sehen zu müssen, was auf der anderen Zimmerhälfte geschah.

Als sie irgendwann, mitten in der Nacht aufwachte und eine Weile der dunklen Stille lauschte, beschloss Melissa nach draußen zu gehen. Die lange verdrängten Erinnerungen an Diane, Jill und vor allem Shawnah, begannen sie nun wieder einzuholen. Das Zimmer schien immer enger zu werden und sie musste dringend an die frische Luft.

Melissas Flashback (adult)

[Dieses Kapitel ist nur Volljährigen zugänglich]

Nachtgeflüster II

Der lange Flur, der sich durch das Schulgebäude erstreckte sah in der Dunkelheit doppelt so lang aus als bei Tageslicht und die schwachen Wandleuchten verliehen ihm eine unheimliche Atmosphäre. Nachdem Melissa endlich am Fenster am Ende des Flurs ankam und es leise öffnete, konnte sie spüren wie gut der kühle frische Nachtwind ihr tat. Sie verschränkte ihre Arme auf dem Fensterbrett und legte ihren Kopf darauf, während sie auf die dunkle Stadt nieder blickte. Doch sie wurde sofort wieder von dem unerträglichen Gefühl eingeholt, das tief in ihr saß. Es war die Einsamkeit, die sich immer mehr in ihrem Körper auszubreiten schien und einfach nicht zu verdrängen war. Das einzige was noch Größer war, war der Schmerz, den sie empfand immer dann wenn sie an die Vergangenheit dachte. Sie erinnerte sich an die Zeit als Shawnah noch bei ihr war und ihr wurde wieder bewusst wie sehr sie sie vermisste. Sie und ihre Zärtlichkeiten, zu welchen sie fähig war. Melissa musste Schlucken und wollte alles wieder sofort verdrängen, doch es misslang ihr und sie konnte auch nichts mehr gegen die Tränen tun, die in ihr aufstiegen und langsam und zaghaft ihre Wangen hinab rannen.
 

Obwohl es schon spät war konnte Meg nicht schlafen. Sie war hellwach und verarbeitete gerade die letzten Stunden, die in ihrem Kopf ein totales Chaos ausgelöst hatten. Sie spürte Sharons Körper ganz nah bei ihrem und fühlte wie ihr Herzschlag im selben Takt wie ihr eigenes pochte. Selbst im Schlaf streichelte Sharon noch immer ganz leicht über Megs Schulter. Meg fühlte sich so wohl wie schon lange nicht mehr, es übertraf alles was sie sich nur vorstellen konnte. Es war ein unbeschreibliches Gefühl in Sharons Arm zu liegen. So lange hatte sie danach gesucht - nach der Verbundenheit die sie nun zwischen Sharon und sich spürte. Es war als wäre sie schon ewig an ihrer Seite gewesen und als würden sie sich in- und auswendig kennen. Zumindest kam es Meg so vor als würde es Sharon genauso gehen. Als hätte auch sie gefunden wonach sie ewig gesucht hatte.

Zärtlich drückte Meg einen Kuss auf Sharons Hals. In diesem Moment öffnete Sharon ihre Augen und lächelte Meg sanft an.

"Oh tut mir Leid, ich dachte du schläfst schon..."

Ohne darauf zu antworten rollte sich Sharon über Meg, die sie noch immer im Arm hielt und kam mit ihrem Gesicht ganz nah an sie heran.

"Das macht doch nichts." flüsterte sie. Sie machte eine kurze Pause und blickte zur Seite. "Ich...hab mich noch gar nicht bei dir bedankt...für deine Hilfe heute Morgen." Sie sah Meg wieder tief in die Augen.

Sofort wurde Meg wieder rot im Gesicht und wich ihrem Blick aus.

"Ach… das ist doch wirklich nicht der Rede wert. Kein Thema, das... war doch selbstverständlich." stammelte sie nervös vor sich hin.

Sharon lächelte.

"Du bist so süß!"

Erschrocken starrte Meg zu ihr und sah sie dann nachdenklich an.

"Sag mal...was... ist das was da gerade mit uns passiert? Ich meine, passiert da etwas?" fragte sie verunsichert.

Sharon legte den Kopf schief.

"Was fühlst du denn?" fragte sie zurück. "Fühlst du dich wohl in meiner Nähe? Und bekommst du Herzklopfen wenn du mich ansiehst? Und kribbelt es in deinem ganzen Körper wenn ich dich küsse oder dich berühre?"

Schon allein bei dem Gedanken an all diese Dinge lief es Meg eiskalt den Rücken hinunter und sie bekam einen Gänsehautschauer am gesamten Körper.

"Ja... Aber ist es denn bei dir genauso?"

Ohne zu antworten nahm Sharon Megs Hand und zog sie an ihre Brust wo ihr rasendes Herz schlug.

"Ich spüre genau dasselbe wie du. Ich fühle mich dir so nah und ich kann mir

diese Gefühle nicht richtig erklären, die ich empfinde wenn du in meiner Nähe

bist. Ich weiß nur dass es das schönste ist, was ich jemals empfunden habe."

Überglücklich über Sharons Antwort schlang Meg zärtlich ihre Arme um sie und beide versanken erneut in liebevollen Berührungen und Küssen.
 

"Ronda? Bist du noch wach?"

Verzweifelt versuchte Carey ihre Zimmerpartnerin aufzuwecken. Unglücklicherweise befand sich diese scheinbar gerade in ihrer Tiefschlaf-Phase, denn Carey bekam nur ein lautes Schnarchen als Antwort. Sie seufzte. Also blieb ihr nichts anderes übrig als sich alleine auf den Weg zu den Toiletten in der Mitte des Flurs zu machen. Da sie jedoch eine riesen Angst im Dunkeln hatte, schlich sie sich mit großer Vorsicht aus dem Zimmer und sah sich nach jedem Schritt um ob jemand hinter ihr stand. Erleichtert knipste sie schließlich das Licht im großen Waschraum an und begab sich in eine Kabine.

Auf dem Rückweg blickte sie wieder in alle Richtungen und wollte gerade zurück zum Zimmer gehen, als sie vor Schreck erstarrte. Da stand doch jemand im Flur... Genau vor dem Fenster war ein dunkler großer Schatten zu sehen... Doch wer konnte um diese Uhrzeit noch draußen herumschleichen? Carey war kurz davor in Panik zu geraten, als sie auf einmal den langen geflochtenen Zopf von Melissa erkannte, der jetzt über ihrem hellen Bademantel deutlich zu erkennen war.

"Was macht die denn mitten in der Nacht hier draußen??" flüsterte sie vor sich hin. Nach kurzem Zögern schloss sie die Toilettentür und schlich langsam zu ihr hinüber.

Kurz bevor Carey bei ihr ankam schrak Melissa zusammen und sah sie erschrocken an.

"Ach du! Mein Gott, du spinnst wohl dich so an mich ran zu schleichen!" fuhr

sie Carey laut flüsternd an.

"Tut mir leid." Carey verzog beleidigt ihr Gesicht. "Ich wollte nur mal sehen was du hier so allein und mitten in der Nacht treibst." Im selben Moment erkannte sie, dass Melissa geweint haben musste, denn ihre Wangen waren noch immer feucht von ihren Tränen und ihre Augen sahen leicht verquollen aus.

"Das geht dich gar nichts an." antwortete Melissa giftig. Doch nach kurzem Überlegen fand sie es unfair Carey so anzufahren, wo sie sich doch schließlich nur Sorgen gemacht hatte. Mit nachdenklichem Blick sah Melissa in Careys Gesicht. Es war seltsam so allein mit ihr zu sein. Sie waren schließlich irgendwie Feinde, wobei sie allerdings nie wirklich ein persönliches Problem miteinander hatten. Das einzige was sie auseinander hielt waren die beiden Cliquen.

"Tut mir leid, ich wollt dich nicht so anfahren." sagte sie dann leise.

"Schon ok! Ich kann verstehen, dass du einen Hals auf mich hast." erwiderte Carey ernst. "Aber was ihr heute mit Sharon getrieben habt war auch nicht wirklich besser!" Sie trat neben Melissa und lehnte sich seitlich an den Fensterrahmen.

Melissa hatte gerade wieder eine gemeine Antwort parat, als sie sich plötzlich um entschied.

"Eigentlich... wollte ich das doch gar nicht!"

"Ach nein?" Carey sah sie ungläubig an. "Was sollte das dann?"

"Das verstehst du doch eh nicht!" fuhr Melissa sie wütend an, "Dazu bist du noch nicht lange genug bei uns, Frischling!"

"Ich weiß mehr als du denkst." sagte Carey mit ruhiger Stimme und wartete bis Melissa ihr in die Augen sah. "Du hast doch sicher nur mitgemacht um dich an Sharon zu rächen, oder?"

Mit offenem Mund starrte Melissa sie an. "Woher...weißt du davon?"

"Das spielt doch jetzt keine Rolle. Aber ich weiß auch, dass du so etwas bestimmt nicht aus freien Stücken gemacht hättest. Dazu bist du nicht fies genug, auch wenn du es nicht zugeben willst. Die Mehrheit von euch wurde doch eh nur von Diane angestachelt."

Melissa schnaubte empört auf. "Seit wann weißt du denn bitte so genau über mich bescheid? Du kennst mich doch überhaupt nicht!"

"Und wenn doch?" Carey blickte ihr tief in die Augen. Melissa war nun sehr verunsichert, dass konnte man ihr ansehen. Sie wusste nicht wie sie darauf reagieren sollte und lehnte sich nur mit dem Rücken gegen die Fensterbank. Carey spürte wie unangenehm Melissa dieses Gespräch war.

"Na ja, was ich dir eigentlich sagen will ist, dass du ganz sicher nicht auf Diane und ihre krummen Mittel angewiesen bist. Damit schaffst du dir nur unnötige Feinde und einen schlechten Ruf. Und das gönne ich dir wirklich nicht nach allem was du durchgemacht haben musst."

Zögernd und mit bösen Augen schaute Melissa zu Carey. Sie wollte keine Moralpredigt hören, vor allem nicht von einer Neuen, die meinte sie könne eine Runde Psychologin mit ihr spielen nur weil sie irgendwelche Geschichten aufgeschnappt hat. Das konnte sie im Moment absolut nicht gebrauchen.

"Ich geh jetzt ins Bett, ich hab keine Lust auf so ein Gespräch!" Ohne noch etwas zu sagen lies sie Carey einfach stehen und lief über den Flur zu ihrem Zimmer. Sie war sehr müde und brauchte nun dringend schlaf, diese Nacht hatte sie zu sehr geschafft. Doch irgendwie musste sie sich eingestehen, dass Carey mit dem was sie sagte Recht hatte, ob sie nun wollte oder nicht.

Geheimnisse

Am nächsten Morgen wurde Mr. Smith, der die erste Stunde in seiner Klasse hatte, nur von der einen Hälfte der Klasse begrüßt, während die Andere damit kämpfte nicht mit dem Gesicht auf den Schulheften einzuschlafen.

„War da gestern irgendeine unerlaubte Party im Gange von der ich nichts mitbekommen habe?“, witzelte der Lehrer als er sich seinen Stuhl vom Tisch zog um sich zu setzten.

Zur Antwort bekam er ein schadenfrohes Kichern von den munteren und ein angenervtes Brummen von den Mädchen, die in der Nacht nicht viel geschlafen hatten.

„Na, na, Mädchen! Nun reißt euch mal die letzten paar Monate noch zusammen bis das Schuljahr rum ist. Danach könnt ihr so viele Nächte durchmachen, wie ihr wollt. Aber jetzt widmen wir uns erst mal wieder der geliebten Trigonometrie.“

Ein lautstarkes Stöhnen fuhr durch den Klassenraum, welches Mr. Smith amüsiert zur Kenntnis nahm.

„Die kann der sich sonst wohin stecken! Der will doch nur von seiner eigenen Verpenntheit ablenken.“ brummte Sharon Meg, die genauso gegen ihre Müdigkeit kämpfte, zu. „Dabei wird der wohl selbst kein Auge zugetan haben, nachdem was wir da letzte Nacht mit ansehen durften.“ Ein leichtes Grinsen huschte über die Gesichter der beiden Mädchen und artete in unterdrücktes Kichern aus.
 

Carey betrachtete die Szene von ihrem Platz aus, der nur einen Meter hinter den beiden lag und schüttelte ratlos den Kopf.

„Meine Güte, so eine Laune hätt’ ich jetzt auch gern.“, murmelte sie im Halbschlaf vor sich hin. Auch sie hatte die letzte Nacht nicht besonders viel geschlafen. Hatte sie überhaupt geschlafen? Das einzige an was sie sich erinnern konnte war, dass sie noch stundenlang wach lag und über ihre Begegnung mit Melissa nachdachte. Nachdem was Ronda, ihr vor einiger Zeit erzählt hatte, waren Sharon und Melissa einmal sehr gute Freunde. Das war zu dem Zeitpunkt als Shawnah noch in dieselbe Klasse ging. Sie und Melissa zählten damals noch zu einem der glücklichsten Pärchen der Stufe. Dadurch war auch Shawnah eine gute Freundin von Sharon geworden, mit der sie über alles Reden konnte. Dann kam es zu einem heftigen Streit zwischen den beiden und Shawnah entschloss sich trotz ihrer Liebe zu Melissa die Schule zu verlassen. Komischerweise war plötzlich auch Diane, die damals im Vergleich zu heute noch recht umgänglich war, wie ausgewechselt und sie wurde schlagartig fies und gemein zu Sharon und auch Namie und Sam bekamen ihre Launen regelmäßig zu spüren. Seitdem war ein riesen Streit in der Klasse ausgebrochen der diese in mehrere Grüppchen teilte. Das alles war vor genau einem Jahr. Wahrscheinlich war Melissa deshalb zurzeit so verletzlich.
 

Selbst Diane und Jill waren an diesem Morgen am Ende, denn während Melissa nach draußen geflüchtet war, hatten die beiden einen teuflischen Plan gegen Carey, Meg und Sharon ausgetüftelt. Selbstverständlich waren auch Liz und Karen mit eingeweiht, nur Melissa wusste bis jetzt noch nichts davon. Sie saß völlig abwesend neben Karen und stierte zu Carey rüber. Das Gespräch von der gestrigen Nacht ließ sie einfach nicht los. Melissa fing nun sogar tatsächlich an, ihre Freundschaft zu Diane, Jill, Karen und Liz in Frage zu stellen. Auch wenn sie schon seit ca. einem Jahr mit den vier Mädchen befreundet war, musste sie sich eingestehen, dass sie sich dort nie richtig wohl gefühlt hatte. Das lag vermutlich daran, dass diese so genannte Freundschaft einen negativen Ursprung hatte und erst durch ihren riesigen Streit mit Sharon begann, woraufhin sich plötzlich Diane mit ihr aus heiterem Himmel anfreundete. Melissa hatte zwar schon länger den Verdacht, dass Diane auch etwas mit der Sache zu tun hatte, doch sie wollte ihr nie verraten, was passiert war und warum sie Sharon so sehr hasste. Aber Carey musste wohl doch mehr wissen als man ihr zutraute, auch wenn sie zu dieser Zeit noch nicht auf dieser Schule war. Aber wer außer Ronda könnte es ihr sonst gesagt haben? Sharon verlor nie wieder ein Wort über den Vorfall und die einzige, die trotzdem über alles bescheid wissen musste, war ihre ältere Schwester. Da sie ja zusammen mit Carey in einem Zimmer war, konnte es gar nicht anders gewesen sein – Ronda war diejenige, die Carey alles erzählt hatte. Konnte es sein, dass sie sogar mehr wusste als sie selbst? Kritisch betrachtete Melissa sie, während sie sich gerade an der Tafel mit einem gleichschenkligen Dreieck auseinandersetzte. Sie musste dringend noch mal mit ihr reden. Allein.
 

Laut tönte die Schulglocke zur Pause durchs Gebäude. Zum Mittagessen trafen sich Diane, Jill, Karen und Liz immer vor dem Klassenzimmer um gemeinsam zum Speisesaal zu gehen. Doch diesmal mussten sie zu 4. gehen.

„Geht ruhig schon mal vor ich komm sofort nach, ok?“, sagte Melissa und schickte sie mit einer Handbewegung weg.

„Gut, aber trödle nicht so sehr. Wir treffen uns in fünf Minuten vorm Speisesaal, ja?“

„Ok, bis gleich!“

Sofort machte sie sich auf den Weg zu den Toiletten um es so aussehen zu lassen als müsste sie dorthin. Als die anderen schließlich außer Sichtweite waren, rannte sie wieder zum Klassenzimmer um Carey abzufangen. Doch zu ihrem Pech war auch Sam noch bei ihr. Nach kurzem Überlegen entschloss sie sich doch zu ihr zu gehen. Was sollte die kleine schüchterne Sam schon sagen?

Gerade wollte Carey aus dem Klassenraum laufen, als sich Melissa auch schon vor sie drängte. Erschrocken fuhr sie zurück bevor sie Melissas Gesicht erkannte.

„Hey Carey, hast du einen Moment Zeit?“ Aus den Augenwinkeln konnte sie Sams geschockten Gesichtsausdruck erkennen. Wie erwartet sagte sie jedoch nichts, sondern blieb einige Schritte hinter Carey stehen, die sich mittlerweile wieder gefangen hatte.

„Ähm…ja, hab ich.“ Sie drehte sich zu Sam um. „Geh schon mal vor ich komm sofort.“

Ohne zu zögern nickte Sam nur etwas verwirrt und drückte sich an Carey und Melissa vorbei in den Gang.

Nachdem sie sich kurz umgeschaut hatte, trat Melissa ins Zimmer, in dem nur noch sie beide waren und schloss leise die Tür. Verlegen drehte sie sich dann zu Carey um und schaute ihr ins Gesicht.

„Ich wollte dich nur kurz was fragen.“ Sie machte eine Pause.

„Ja?“ Carey sah sie fragend von unten an und zog eine Augenbraue hoch.

„Du hast letzte Nacht gesagt, du wüsstest über diese Sache mit Shawnah bescheid, oder?“

„Ja...“ Sie zögerte. „also ein wenig zumindest…“

Melissa sah sie ungläubig an.

„Was meinst du damit? Ich dachte du weißt so genau bescheid?“

„Na ja, ich weiß, dass du lange mit Shawnah zusammen warst und dass sie dann auf einmal abgehauen ist. Und ich weiß, dass du davor auch sehr gut mit Sharon befreundet warst.“

Etwas enttäuscht lehnte sich Melissa gegen die Säule neben der Zimmertür und schnaubte leicht. „Das kann doch nicht alles sein, oder? Du bist doch mit Sharons Schwester in einem Zimmer, hat sie dir sonst nichts gesagt?“

Langsam wurde es Carey zu viel. „Nein, hat sie nicht! Mein Gott, wenn du mehr wissen willst, dann frag Sharon doch selbst.“

Aufgeregt stieß sich Melissa wieder von der Säule weg.

„Meinst du etwa ich bin blöd? Was glaubst du wie oft ich das schon versucht habe?“ Verzweifelt schüttelte sie den Kopf. „Aber Sharon sagt kein Wort. Trotzdem weiß ich, dass sie etwas damit zu tun haben muss, dass Shawnah gegangen ist. Sonst würde sich Sharon nicht immer so seltsam verhalten wenn man sie darauf anspricht.“

Carey hatte plötzlich irgendwie Mitleid mit Melissa und wurde ungewöhnlich sanft. „Sag mal, warum willst du denn unbedingt wissen was damals passiert ist? Ich meine, was hast du davon? Sharon wird schon ihre Gründe haben nichts zu sagen. Vielleicht würde dich die Wahrheit verletzen und das will sie nicht…“

Mit skeptischem Blick kam Melissa näher an Carey heran und blieb direkt vor ihr stehen. Durchdringlich sah sie ihr tief in die Augen, woraufhin Carey erschrocken zurück wich.

„Weißt du eigentlich was es für ein Gefühl ist jemanden so sehr zu lieben, dass es schon weh tut?“ fragte sie kaum hörbar. „Ich glaube ich wäre für sie gestorben wenn sie es gewollt hätte.“ Traurig sah sie zu Boden. „Seit sie weg ist fühle ich mich so einsam und so leer, als hätte man mir das Herz herausgerissen. Weißt du wie sich so was anfühlt? Bestimmt nicht, oder?“ Als Carey in Melissas Augen blickte, erkannte sie Tränen, die kurz davor waren ihre Wangen hinab zulaufen.

„Nein, das weiß ich wirklich nicht…“ sagte Carey leise, “aber manchmal würde ich es gerne wissen.“

Irritiert starrte Melissa sie an. „Wie meinst du das?“

„Mag ja sein, dass du es anders empfindest, aber ich finde, dass es schlimmer ist, niemals das Gefühl zu haben jemanden zu lieben oder von jemandem geliebt zu werden. Aber ich kann bei so was ja eh noch nicht mitreden, stimmt’s?“ Frustriert blickte sie zur Seite.

„Carey...“ Alles was Melissa herausbrachte war ein Flüstern. Es tat ihr Leid zu hören was Carey soeben gesagt hatte. Ohne darüber nachzudenken zog sie Carey sanft zu sich und schloss sie in die Arme. Erschrocken riss Carey die Augen auf. Sie begriff nicht was gerade passierte. Wann wurde sie das letzte Mal umarmt? Und seit wann konnte sie mit jemandem so offen über ihre Gefühle sprechen, die sie selbst bisher immer verdrängt hatte? Immer galt sie als die coole, lustige Carey, die ständig sorglos und unbeschwert ihr Leben lebte ohne auch nur das geringste Anzeichen von Schwäche zu zeigen. Und nun stand sie da, ausgerechnet in Melissas Armen und war den Tränen nahe. Das war zuviel für Carey. Aufgelöst riss sie sich von Melissa los, stürmte aus dem Zimmer und blieb erst wieder stehen als sie ohne Bedenken ihren Tränen freien Lauf lassen konnte.
 

„Sag mal, wollte Carey nicht bald nachkommen, Sam?“ Fragend sah sich Namie im Speisesaal um, der nun schon völlig mit Schülern und Lehrern überflutet war.

„Doch, wollte sie...zumindest hat sie das gesagt. Aber ich weiß auch nicht worüber Melissa mit ihr geredet hat.“, antwortete sie nachdenklich.

„Hm, na aber wenn es nur Melissa war ist es ja nicht so schlimm, oder? Diane und die anderen drei sind jedenfalls schon hier, dann können sie nichts mit ihr vorgehabt haben.“, bemerkte Sharon. Wie auf Kommando schielten Namie und Sam mit misstrauischen Blicken auf die kleinere Gruppe, die einige Tische weiter saß und auch Meg lugte über ihre Schulter hinweg um die offiziellen Rivalinnen zu orten.

„Hoffen wir es mal. Denen trau ich mittlerweile alles zu!“, grummelte Meg genervt und rührte in ihrem Teller herum.

Namie begann auf einmal zu kichern.

„Ha! Und selbst wenn sie sich wieder an Sharon vergreifen wollen, werden sie ihr blaues Wunder erleben, nicht wahr Sharon?“ Amüsiert betrachtete sie Sharon und Meg, die sich verlegen anblickten und kurz darauf rot anliefen.

„Meine Güte, seid ihr zwei süß!“, rief Namie mit breitem Grinsen. „Oh je, Sam! So wie das hier aussieht wollen die uns tatsächlich Konkurrenz machen.“

Lächelnd rückte Sam näher an ihre Freundin und sah ihr verliebt in die Augen. „Da mach ich mir keine Sorgen, das schafft keiner so schnell...“

Nun musste sogar die souveräne Namie rot werden, denn mit einer solchen Antwort von Sam, hatte sie wirklich nicht gerechnet.

Fast gleichzeitig seufzten Meg und Sharon auf, erleichtert darüber, dass Namie nun endlich still gestellt war und sie in Ruhe essen lies.
 

„Hey, da ist ja Melissa!“, rief Karen verwundert, als sie diese mit einem seltsamen Gesichtsausdruck auf die Gruppe zukommen sah.

Verwundert schauten die anderen auf.

Ohne einen Ton zu sagen setzte sich Melissa zu ihnen an den Tisch.

„Was hast du denn so lange gemacht?“, wollte Diane wissen.

„Ich war auf Toilette...!“, log sie ohne sich etwas anmerken zu lassen.

„So lange?“, fragte Jill und runzelte verwundert die Stirn.

„Hab meine Tage!“, antwortete Melissa lahm. „Sagt mal soll das hier ein Verhör werden, oder was?“ Gereizt blickte sie sich in der Runde um.

„Tschuldigung!“

Abwehrend hoben Diane und Jill die Hände und Melissa widmete sich endlich ihrem Teller.

„Ach ja, was wir dir schon die ganze Zeit erzählen wollten…“ begann Diane von neuem, „wir haben endlich einen Plan ausgetüftelt!“ Sie machte eine Pause um Melissas Reaktion abzuwarten.

Doch Melissa wusste gerade absolut nicht was Diane von ihr wollte und sah verwirrt von ihrem Teller auf. „Einen Plan?!“, brachte sie nur schwer verständlich mit noch halb vollem Munde hervor.

„Wegen Sharon, Meg und Carey!?“ Vorwurfsvoll schüttelte Diane den Kopf. „Was ist denn heute nur los mit dir?“

„Ach gar nichts... ich hab nur nicht wirklich viel geschlafen letzte Nacht.“, antwortete Melissa mit finster gesenktem Blick.

Mit dieser Antwort mussten sich die vier wohl oder übel zufrieden geben und ohne noch weiter auf Melissas seltsames Verhalten einzugehen, erzählten sie ihr stolz ihr perfides Vorhaben. Doch Melissa hatte gerade ganz andere Sorgen. Sharon - schön und gut, aber sie wollte sich doch eigentlich gar nicht an Carey rächen. Selbst wenn sie am Vortag etwas übermütig gewesen war, hatte sie trotzdem absolut nichts mit der ganzen Sache zu tun. Und dann war da noch Meg. Das neue Mädchen, das zur falschen Zeit am falschen Ort war. Auch sie war einfach nur in diese verschärfte Situation hinein gerutscht, ohne zu wissen was vor sich ging. Ihr etwas anzutun wäre weder fair, noch sinnvoll. Trotzdem hieß das noch lange nicht, dass der Rest der Gruppe das genauso sah. Aber Melissa kannte Diane mittlerweile gut genug, um zu wissen wozu sie in der Lage war. Also sollte sie sich schleunigst eine Alternative überlegen. Sie könnte zwar Diane und den anderen auf keinen Fall erklären, dass sie gegen deren Plan war, aber das hinderte sie noch lange nicht daran ihn zu durchkreuzen...
 

Selbst nach dem Essen, war von Carey keine Spur.

„Das ist doch sehr merkwürdig, findet ihr nicht auch?“ Mit besorgtem Gesicht verschränkte Namie die Arme und sah sich noch immer nach Carey um während sich Ronda, die selbst gerade auf dem Weg in ihr Zimmer war, interessiert zu ihnen gesellte und ihrem Gespräch lauschte.

„Hoffentlich ist ihr nichts passiert…“, gab Sam zu bedenken. „Vielleicht wäre es doch besser gewesen, wenn ich auf sie gewartet hätte…“, sagte sie zerknirscht.

„Nein, das glaub ich nicht.“, beruhigte sie Sharon schnell. „Dianes Clique ist doch beim Essen komplett gewesen, also können sie sich schlecht an Carey vergriffen haben. Wer weiß, was Melissa von ihr wollte…“

Sofort versuchte Ronda, die aufgewühlte Gruppe zu beruhigen. „Keine Sorge, sie wird wohl auf dem Zimmer sein. Ich werd gleich mal rauf gehen und nach ihr sehen. Ich komm dann später noch mal bei euch vorbei, okay?“ Zuversichtlich nickte sie in die Runde.

„Na gut. Wir sind dann im Gemeinschaftsraum, vielleicht finden wir sie ja auch dort. Bis später!“ Mit einer leichten Umarmung verabschiedete sich Sharon wie üblich von ihrer großen Schwester und nahm dann Megs Hand um mit ihr und den anderen in den 2. Stock zu gehen. Der vorherige Besuch im Waschraum gehörte allerdings ebenfalls zu den Ritualen der Mädchen.

„Ich mach mir wirklich Sorgen um Carey. Sie hat doch noch nie beim Essen gefehlt. Es muss ihr wirklich schlecht gehen.“, murmelte Sam während sie direkt nach Namie durch die Tür der Mädchentoiletten trat.

Wie nach Absprache begannen alle vor den Spiegeln ihre Frisuren zu richten oder die Kleidung zurecht zu zupfen.

„Ach Sam, mach dich doch jetzt nicht so verrückt!“ Behutsam strich ihr Namie über die lockigen Haare und stupste mit der Stirn an ihre.

„Genau.“, stimmte Meg zu. „Sie hat doch nur das Mittagessen versäumt. Wir warten einfach ab, was Ronda herausgefunden hat und wenn sie Carey nicht gefunden hat, oder es ihr wirklich so schlecht geht überlegen wir uns was anderes!“

„Und sollten wir damit immer noch nicht weiter kommen, gibt’s ein kleines Verhör mit Melissa. Die müsste ja wissen was mit ihr los ist.“, fügte Namie hinzu.

„Die weiß auch wie man sich vor den Hausaufgaben drückt!“, motze Sharon mit gespielt verärgertem Unterton dazwischen.

Sofort bekam sie von Namie einen kleinen Ellbogenstoß in die Rippen. „Mann, hast du heute eine Laune! Ihr zwei solltet die Nacht das nächste Mal besser zum Schlafen nutzen, statt eure Triebe auszuleben...!“ Kichernd rannte sie von Sharon verfolgt zur Tür heraus und den Flur entlang, wobei Meg und Sam ihnen seufzend folgten.
 

Kaum war es still im Vorraum der Mädchentoilette, ging auch schon die Tür vom Toilettenraum auf und ein großes, schlankes Mädchen mit Brille lugte nach draußen, um zu sehen ob sich noch jemand im Raum befand.

„Hast du das gehört, Karen?“, fragte Liz ihre Freundin, die auch schon im nächsten Moment hinter ihr stand.

„Allerdings…“, antwortete diese und grinste fies vor sich hin.

„Was meinst du? Ob das Diane interessieren wird?“

Karen setzte einen verschwörerischen Blick auf und kicherte leise. „Es gibt nur einen Weg, um das heraus zu finden...“
 

„Carey? Carey, bist du hier?“ Vorsichtig öffnete Ronda die Zimmertür und sah sich suchend um. Dann sah sie, dass sich Careys Bettdecke auffällig bewegte und hörte darauf folgend ein gedämpftes schniefen.

Ronda lächelte und durchquerte mit langsamen Schritten das Zimmer. Schließlich kam sie am Bett an, setzte sich auf die Kante und zog langsam die Decke beiseite. „Hey, Süße…“, flüsterte sie Carey zu, doch diese hielt sich nur die Hände vors Gesicht und krümmte sich noch mehr zusammen während sie noch immer vor sich hin schluchzte.

Ronda streichelte ihre obere Hand und zog sie sanft an sich. „Willst du mir nicht sagen, was mit dir los ist?“, fragte sie mit ihrer unglaublich sanften und ruhigen Stimme und wartete Geduldig bis sich Carey ein wenig beruhigt hatte.

Doch sie konnte Ronda unmöglich erklären was sich zwischen ihr und Melissa zugetragen hatte, vor allem war sie selbst die einzige, die wusste und verstand wie sie selbst sich fühlte. Mit einem leichten Schütteln senkte sie den Kopf. Bisher konnte sie noch nie mit jemandem darüber reden, denn Melissa war die erste, die solche Gefühle in ihr wachgerufen hatte. Carey dachte an den Moment als Melissa sie umarmte und spürte eine angenehme Wärme in sich aufsteigen. So etwas hätte sie ihr niemals zugetraut. Aber gerade das war es, was sie so sehr bewegte.

Ronda zögerte einen Augenblick, entschied sich dann aber doch dazu einen neuen Versuch zu starten.

„Also, Sharon, Namie, Sam und Meg machen sich schon ziemliche Sorgen um dich weil du nicht beim Mittagessen warst.“

Sofort wurde sie von Carey unterbrochen.

„Schon gut, ich geh gleich zu ihnen und sag, dass alles in Ordnung ist.“ Sagte diese plötzlich mit einem unerwartet nüchternen Ton. Seufzend zog sie sich zur Bettkante und stand auf um aus dem Zimmer zu flüchten, bevor Ronda doch noch versuchen wollte sie auszuquetschen. Ronda gehörte zwar absolut nicht zu der Sorte von Mädchen, die alles immer gleich ausplauderten, aber Carey brauchte noch ein wenig Zeit zum verdauen bevor sie reden konnte.

„Warte, Carey!“ Ronda eilte ihr hinterher bevor sie das Zimmer verlassen konnte.

Mit der Hand auf der Türklinke blieb Carey stehen.

„Was denn?“

„Du musst nicht zu ihnen gehen. Ich mach das schon für dich, wenn du nicht willst.“

Carey sah kurz zu Boden und dann mit durchdringendem Blick in Rondas Augen. „Danke!“ brachte sie schwach heraus, öffnete die Tür und verschwand nach draußen.
 

Melissa schaffte es geschickt Diane und Jill abzuwimmeln als sie kurz nach Meg und ihren Kumpanen den Speisesaal verließen. Liz und Karen waren kurz vorher in Richtung Waschraum verschwunden.

„Wir sehen uns dann später im Zimmer, ich muss noch schnell was erledigen.“

Rief sie ihnen zu und ohne, dass Diane oder Jill noch darauf antworten konnten, rannte sie auch schon davon und ließ ihre beiden Freundinnen im Gang stehen.

Gerade wollte Melissa die Treppen hinauf stürmen, damit sie nicht doch noch verfolgt werden konnte, als plötzlich Carey um die Ecke kam und mit ihr zusammenstieß.

„Hey, pass doch auf!“ rief Melissa aufgebracht, bis sie auf einmal Carey erkannte die abwehrend die Hände hob.

„Tut mir leid, war keine Absicht!“ Schüchtern wich sie einige Schritte zurück und wich Melissas Blick aus.

„Oh… schon ok.“ Melissa wurde sofort wieder ruhig und sah etwas irritiert drein. „Ich hab nicht erkannt dass du es bist. Aber ich wollte sowieso gerade zu dir.“

Mit unsicherem Blick sah Carey sie an. „Ach wirklich? Warum denn?“

„Na ja…ich wollte nur sehen was mit dir ist…weil du nicht beim Essen warst und so…“

Careys Schüchternheit war auf einmal wie verflogen und ihr Blick wurde böse. „Was interessiert es dich denn was mit mir ist? Was soll ich schon haben?“

Mit skeptischem Blick legte Melissa ihren Kopf schief und sah sie durchdringend an. „Du brauchst dich bei mir nicht zu verstellen, Carey, ich…“

Sofort unterbrach sie Carey aufgebracht. „Ach sind wir jetzt auf einmal die besten Freunde?“ Sie wagte noch immer nicht Melissa anzusehen.

Nun war Melissa doch etwas gekränkt. Beherrscht biss sie die Zähne zusammen. Normalerweise hätte sie jedem der sie so bloßstellte eine fiese Antwort oder sogar ihre Faust ins Gesicht geknallt. Doch sie wusste, dass es Carey nicht ernst meinen konnte. Melissa hatte einfach nur einen wunden Punkt erwischt und Carey versuchte dagegen anzukämpfen ihre Gefühle zuzulassen, weil sie das als Schwäche ansah.

„Ich weiß ja nicht wie du das wirklich siehst, aber… ich denke schon, dass wir dabei sind uns anzufreunden…“

Careys eisiger Blick wurde plötzlich weich und sie suchte unsicher Melissas Blick. „Im Ernst?...“

Melissa schenkte ihr ein warmes Lächeln. „Ja!“

Nun versuchte auch Carey wieder einigermaßen freundlich auszusehen und reichte Melissa die Hand. „Na gut. Aber so ist es mir ehrlich gesagt lieber.“

Erleichtert nahm Melissa Careys Hand. „Ok – keine Umarmung mehr! Versprochen!“
 

„Das gefällt mir gar nicht!“ Böse verzog Diane ihr Gesicht.

Auch Jill schien nicht besonders begeistert von der Szene zu sein, die sie gerade von einer unbeobachteten Ecke aus mitverfolgt hatten. Allerdings konnten sie von ihrem Versteck aus nichts von dem Gespräch verstehen. Doch es sah nicht gerade aus, als ob sich dort zwei Erzfeindinnen unterhielten.

„Haben wir es nicht gesagt?“, flüsterte Liz halblaut und verschränkte die Arme vor der Brust.

Diane tippte nachdenklich ihren Zeigefinger an die Lippen.

„Glaubt ihr, dass Carey uns Ärger machen wird?“, fragte Karen besorgt in die Runde.

„Ehrlich gesagt weiß ich es nicht...“, musste Diane zugeben. „Melissa war zwar immer loyal und stand zu uns egal was passiert ist. Trotzdem hat sie uns nichts von ihrem plötzlich so guten Verhältnis zu Carey erzählt.“

„Vielleicht sollten wir erst mal abwarten wie gut ihr Verhältnis wirklich ist. Ich meine, ich glaube wirklich nicht dass die beiden von heute auf morgen die besten Freunde sind, die haben sich ja noch nie zuvor unterhalten…“ gab Jill zu bedenken.

„Ja genau - wer weiß?“ warf Liz dazwischen. „Es könnte doch sein dass sie nur so auf Freundschaft macht um Sharon und die Anderen auszuspionieren.“

Nur zu gerne hätte Diane Liz Glauben geschenkt, doch dazu kam ihr Melissas Verhalten zu merkwürdig vor. Immerhin müsste sie es doch vorher mit ihnen abgesprochen haben, wenn sie irgendwelche Intrigen geplant hätte.
 

Carey war sehr erleichtert, sich mehr oder minder mit Melissa ausgesprochen zu haben. Das hieß zwar nicht, dass ihr der Gedanke an das vorherige Ereignis zwischen ihnen beiden nicht mehr unangenehm war, denn wenn sie eines hasste, dann war es Gefühle und somit Schwäche zu zeigen. Aber nun konnte sie wenigstens wieder etwas Souveränität vor ihren Freundinnen zeigen, wenn sie später vor sie treten würde. Sofort machte sie sich auf den Weg zum Aufenthaltsraum, in der Hoffnung Ronda noch rechtzeitig abfangen zu können. Sie würde früher oder später sowieso mit Fragen gelöchert werden, also konnte sie genauso gut selbst den ersten Schritt machen. Zudem erschien es ihr mittlerweile doch recht albern, wenn Ronda für sie das Kindermädchen spielen musste – immerhin war sie alt genug um sich selbst aus dieser Situation zu manövrieren.

„RONDA!!“

Gerade, als sie die Tür zum Raum öffnen wollte, fing Carey sie ab, nur dass Ronda durch ihren etwas zu lauten Ausruf nur knapp einem Herzinfarkt entkommen war.

„GOTT! Carey!!“, rief Ronda erschöpft und hielt sich eine Hand vor die Brust. „Ihr Jungspunde wollt mich echt noch vor Schulabschluss ins Grab bringen, oder?“, rief sie theatralisch und grinste Carey frech zu.

„Hehe...sorry!“, entschuldigte sie sich mit einem Kichern. „Ich wollte dich nur schnell erwischen, bevor es zu spät ist...“

„Verstehe, dir geht’s wieder besser?“, stellte Ronda zufrieden fest und legte den Kopf schief.

„Jupp! Ich werd das lieber selbst klären.“ Verlegen zog sie ihre Mundwinkel nach außen.

„Find ich gut!“, erwiderte Ronda mit einem zwinkern, drehte sich elegant um und lief davon.

Carey stand noch eine Weile da und sah ihr nach. Ronda war echt cool. Und immer für einen da, wenn man sie brauchte. Sie war wirklich dankbar sie als Zimmerpartnerin zu haben.

Nach einem kraftschöpfenden Atemzug öffnete Carey die Tür zum Aufenthaltsraum um ihre Freundinnen endlich aufzuklären. Der Tag schien sich doch noch zum Guten gewendet zu haben.
 

Wer Melissa gut kannte, konnte fast behaupten sie würde ein kleines, unscheinbares Lächeln auf ihren Lippen tragen. Wer hätte gedacht, dass sich ihr Verhältnis zu Carey auf einmal so gut entwickeln würde? Sie jedenfalls nicht, soviel stand fest. Wenn sie die Situation etwas näher bedachte, war das Ganze vielleicht auch ein bisschen naiv, vor allem aber absurd. Immerhin war Carey eine gute Freundin von Dianes und somit auch ihrer Erzfeindin. Was dachte sie sich eigentlich dabei? Konnte sie es sich wirklich leisten gerade jetzt eine Freundschaft mit Carey aufzubauen? Was wäre, wenn die anderen davon Wind bekämen?

Melissa blieb plötzlich mitten im Gang stehen, sodass fast ein Mädchen der Oberstufe, welches ihren Weg kreuzte, in sie gerannt wäre.

„Was…will ich eigentlich von ihr?“, murmelte sie leise vor sich hin, wobei sie sofort die Antwort auf diese Frage wusste. Carey war zu der Verbindung geworden, die sie schon so lange gesucht hatte. Durch sie gab es nun die Möglichkeit endlich an die langersehnte Wahrheit heranzukommen, der sie nie zuvor so nah zu sein schien, wie in diesem Moment. Bald schon würde sich der Schleier lüften, um ihren Qualen und den unzähligen Fragen um Shawnahs Verschwinden ein Ende zu bereiten. Auch wenn Carey behauptete, nicht viel zu wissen und damit vielleicht sogar die Wahrheit sagte, war es nur noch eine Frage der Zeit. Und wenn sie nun wirklich sowas wie ihre Freundin war, hatte sie umso bessere Karten, denn Freunde halfen sich schließlich gegenseitig, oder?

Sie begann weiter zu laufen und kaute gedankenverloren auf ihrer Unterlippe herum.

Es war ja nicht so, dass sie Carey nur ausnutzte – nein, so dreist war sie nun auch wieder nicht. Sie mochte sie schließlich auf eine gewisse Art. Doch wenn Melissa ehrlich mit sich war, stand das, was sie von Carey wollte an erster Stelle. Und um das zu bekommen, musste sie nun mal auch etwas riskieren, ob es nun das Vertrauen von Carey, oder Diane und ihrer Clique war. Sicher würde sie sehr vorsichtig sein, dass Diane keinen Verdacht schöpfte, aber da Melissa zu gut wusste, dass alles im Leben doch immer anders kommt, war es nicht verkehrt auf das schlimmste gefasst zu sein. Doch darüber konnte sie sich auch noch den Kopf zerbrechen, wenn es tatsächlich soweit kam.
 

Als Melissa die Tür zu ihrem Zimmer öffnete, herrschte eine unheimliche Stille, die nichts Gutes zu verheißen schien. Zudem war es stockfinster, da der Rollladen offensichtlich bis zum Anschlag herabgelassen wurde. Kaum war sie eingetreten, schlug Liz auch schon die Tür wuchtig hinter ihr zu und versperrte ihr den Weg, indem sie davor stellte. Melissa vernahm kurz darauf das klackende Geräusch des Türschlosses und fuhr erschrocken herum. Da noch ein winziger Spalt am Fenster das Tageslicht hinein ließ, versuchte sie ihre Augen so schnell wie möglich an die Dunkelheit zu gewöhnen, die den Raum erfüllte. Auch der Lichtschalter war durch Liz unerreichbar. Das sah Diane wieder mal ähnlich: ein fieses Verhör im abgeschotteten Raum. Es war nicht das erste Mal, dass Melissa dieses Szenario miterlebte. Allerdings hatte sie dabei noch nie selbst die Opferrolle übernehmen müssen. Bedeutete das etwa, dass sie etwas ahnte? Aber woher? Sie war bisher jedesmal alleine mit Carey gewesen und dass Sam sie verpetzt hatte, war mehr als unwahrscheinlich.

„Melissa…“ Dianes Stimme war ruhig, doch ihr drohender Unterton war kaum zu überhören.

Verdammt! Melissa schluckte. Sie weiß es…

„Ich glaube du hast uns etwas zu erzählen…?“ Ihre Stimme kam näher und Melissa wurde zunehmend unruhig. Zwar erkannte sie mittlerweile ihr Umrisse, doch sie wusste auch, dass noch zwei weitere Mädchen im Raum anwesend waren, die sie jederzeit überwältigen konnten.

„Na los! Sag schon, Melissa! Was zur Hölle hast du bei Carey verloren?“

Dianes Stimme klang jetzt laut und zornig und Melissa begriff den Ernst der Lage. Das schlimmste war früher eingetroffen, als sie befürchtet hatte.

Zwischen den Fronten

Der Nachmittag im Aufenthaltsraum verlief angenehm und harmonisch zwischen Carey und ihren Freundinnen. Alles war geklärt und es gab keine nachträgliche Fragerei oder böses Blut, weil sie mit Melissa gesprochen hatte. Zwar hatte sie bei ihrer Erzählung den Sachverhalt etwas verharmlost, indem sie sagte, Melissa hätte sich nur im Namen der Clique für das, was sie Sharon angetan hatten, entschuldigen wollen. Doch die Anderen schienen sich im Großen und Ganzen damit abzufinden und ließen die Sache damit vergessen sein. Die Einzige die auf Careys Erklärung hin merkwürdig schweigsam geworden war, war Sharon. Mit nachdenklicher Miene saß sie stumm auf der großen dunkelblauen Couch, neben einem der mächtigen aber durchaus modernen Bücherregale und fuhr hin und wieder Meg, die auf ihrem Schoß lag, geistesabwesend durchs Haar. Namie saß am Tisch und ließ sich verzweifelt von Sam bei den Mathehausaufgaben helfen, während Carey auf einem der restlichen freien Stühle den beiden gegenüber saß und in einem Martial-Arts-Manga herumblätterte. Gelegentlich wagte sie einen Blick zu Sharon, doch auch wenn sie diese nun schon fast ein Jahr kannte, fiel es ihr ziemlich schwer, ihren Gesichtsausdruck zu deuten. Carey besorgte nicht, dass sie ihr womöglich die Geschichte von vorhin nicht abkaufte, sondern eher die Sache mit Melissa und Shawnah.

Was hatte sie nur zu verbergen?

Was war damals passiert?

Carey musste es unbedingt herausfinden und das nicht nur um Melissas Willen…
 

Als es einige Stunden später bald wieder Zeit zum Abendessen war, verabredeten sich die Freundinnen vorm Speisesaal, bevor sie sich noch mal auf ihre Zimmer begaben.

„Wollen wir noch schnell duschen gehen?“, fragte Sharon mit einem frechen Zwinkern, als sie sich von den Anderen getrennt hatten und hakte sich bei Meg ein.

Sofort blieb sie mitten im Gang stehen, sodass Sharon fast nach vorn gefallen wäre.

„W…was??“, rief Meg überrumpelt und starrte sie mit leicht geröteten Wangen an.

„Wieso denn nicht? Du schämst dich doch nicht etwa, oder?“ Sharon kicherte leise, während sie sich an Meg und diese somit an die Wand drängte.

Meg schluckte und riss die Augen auf, als ihr bewusst wurde, was Sharon anstrebte.

„Ehm…nein das...das ist es nicht. Das kam nur so plötzlich und…“

„Ich habe dich doch schon einmal nackt gesehen…mehrmals um genau zu sein.“, unterbrach Sharon sie leise und näherte sich ihrem Ohr, sodass Meg ihre Lippen spüren konnte während sie sprach.

„Schon, aber…es war…völlig dunkel...“, stammelte sie hilflos und sah Sharon aus ihren schwach geöffneten, glänzenden Augen an.

Sharon konnte manchmal wirklich gefährlich werden, wenn sie ihr Wissen über die Schwächen ihrer Freundin gnadenlos einsetzte. Sie versuchte gar nicht erst die aussichtslose Konversation aufrecht zu erhalten, denn die Idee Megs Hals zu küssen, während sie ihr Bein zwischen ihre schob, gefiel ihr um einiges besser.

Meg zuckte sofort zusammen und hielt sich an Sharons Ärmel fest, um nicht zu Boden zu sinken. Ihr schwerer Atem schwebte heiß an Sharons Wangen vorbei.

„OKAY!“, rief Meg plötzlich so laut aus, dass Sharon erschrocken innehielt, bevor sie vorsichtig zurückwich, um ihre Freundin mit hochgezogener Braue anzustarren.

Meg räusperte sich und senkte ihre Stimme bevor sie weiter sprach.

„Lass uns duschen gehen…“

Sofort schwand Sharons fragender Blick und sie grinste schelmisch.

„Cool, na dann los!“

Ohne, dass Meg noch reagieren konnte, wurde sie auch schon von Sharon mit ins Zimmer gezogen, sah zu wie sie sich den Waschbeutel und Handtücher schnappte, sie mit nach draußen nahm und auch schon wieder an der Hand Richtung Duschraum zerrte. Unwillkürlich musste Meg an ihr Hündchen zu Hause denken, das sich jedes Mal ähnlich aufführte, sobald es die Leine sah. Sie lachte leise und ihr wurde wieder einmal bewusst, wie gern sie Sharon doch hatte. Sie hatte ihr bisher eine so unglaublich schöne Zeit geschenkt und sie viel zum Lachen gebracht. Und sie hatte ihr Dinge gezeigt, die Meg nie gedacht hätte je kennen zu lernen.

Schweigsam folgte sie Sharon in den Duschraum auf selbiger Etage, der gerade angenehm leer war, da der große Andrang meist kurz vorm schlafen gehen herrschte.

Wie gewohnt stellte Sharon Duschgel und Shampoo auf die dafür bestimmte Ablage und legte die Handtücher auf den gegenüberliegenden Spind. Dann trat sie an Meg heran, die noch etwas verunsichert dastand und musterte sie grinsend von Kopf bis Fuß.

„Möchtest du dich denn nicht ausziehen? Das könnte sonst problematisch werden…“

„Stress mich nicht so, du hast doch selbst noch deine Klamotten an.“ Mit einer Schmollmiene drehte Meg den Kopf zu Seite, konnte aber nicht verhindern, dass ihr erneut die Hitze ins Gesicht stieg.

„Okay…“

Mit einem Gesichtsausdruck, der Meg irgendwie noch unruhiger machte, trat Sharon einen Schritt zurück und griff mit überkreuzten Armen nach dem unteren Teil ihres Shirts.

„Dann fang ich eben an!“ mit einem verführerischen Lächeln zog sie in einer Bewegung ihr Oberteil aus, indes Meg mit angehaltenem Atem und zuckendem Auge zusah. Ohne zu zögern fuhr sie mit ihrer Hose und den restlichen Kleidungsstücken fort, bis sie nur noch Slip und BH trug. Meg stand nach wie vor unverändert vor ihr und zögerte. Sie wusste selbst nicht, weshalb sie sich so anstellte; womöglich weil es einfach so ungewohnt hell im Raum war. Zwar hatte sie nach dem Sportunterricht auch schon andere Mädchen beim Duschen gesehen, doch bei Sharon war es anders, denn für sie hatte Meg Gefühle und ihr nackt gegenüber zu stehen war doch etwas sehr intimes und fiel ihr deshalb auch unheimlich schwer.

Seufzend kam Sharon auf sie zu und hielt ihre Hand an Megs Wange.

„Ach komm schon, Süße. Das brauch dir nicht unangenehm zu sein.“ Sie lächelte warm.

Meg sah ihr einen Moment lang tief in die Augen und fand das Vertrauen, dass sie gesucht hatte, um sich endlich zu überwinden. Mit einem Nicken lächelte sie ihrer wunderschönen Freundin zu und begann sich auszuziehen. Sharon entledigte sich ebenfalls dem Rest ihrer Kleidung und lehnte sich mit dem Rücken an die Spindwand, während sie Meg aus dem Augenwinkel beobachtete. Diese warf noch einen flüchtigen verstohlenen Blick zu Sharon, bevor sie auch endlich ihre Unterwäsche abstreifte und dann in leicht verkrampfter Pose und mit rotem Kopf vor ihr herumstand.

„Komm.“ Sanft nahm sie Megs Hand und lief mit ihr zur Dusche.

Das eiskalte Wasser, das mit den ersten Strahlen aus dem Duschkopf schoss, ließ die Mädchen kreischend zurück springen und brach endlich das Eis. Kichernd stellten sich beide unter das mittlerweile warme Wasser und verstummten erst wieder, als sich ihre Lippen trafen.
 

„Was macht ihr zwei denn jetzt?“, wollte Carey von Namie und Sam wissen, die sich gerade wieder so verdächtig in Richtung ihres gemeinsamen Zimmers verdrücken wollten.

Carey erkannte amüsiert, wie Namie für den Hauch einer Sekunde zusammen zu zucken schien, bevor sie stehen blieb, ohne sich zu ihr umzudrehen.

„Öhm…na ja…Zweisamkeiten und so…“ murmelte Namie kurz über ihre Schulter hinweg.

„Ach nennt man das jetzt so?“, witzelte Carey frech, legte den Kopf schief und baute sich mit verschränkten Armen. Nicht dass sie ohnehin schon um einige Zentimeter Namie überragte, ganz zu schweigen von der etwas kleinwüchsigen Sam.

„Sag doch gleich ihr wollt ungestört rummachen, ich hab schon kein Problem damit wenn du direkt bist!“

Sofort fuhr Namie herum und hielt ihr den ausgestreckten Zeigefinger vor die Nase.

„Das glaub ich dir aufs Wort, aber ich möchte DICH mal erleben, wenn du dich eines Tages schüchtern und mit Tomatenröte im Gesicht zu deiner Liebsten zurück ziehen möchtest und nicht ein Wort davon über die Lippen bringst, wenn wir davon Wind bekommen.“

Mit siegessicherem Grinsen betrachtete sie Careys empörtes Gesicht und Sam, die sich daneben ein Kichern verkniff.

„Pah, ich hab so ein Rumgeschnulze gar nicht nötig!“, sagte sie weniger glaubhaft, als geplant war.

„Carey, Carey…“, sagte Namie nur mit weiser Tonlage und einem Kopfschütteln, das man von seiner Mutter kennt, die gerade versucht einen zu belehren.

„Du wirst früher oder später auch noch drauf kommen, glaub mir. Und dann wirst du dir denken »Hätte ich doch damals nur auf Namie gehört, sie weiß es einfach besser…«“, rief sie übertrieben dramatisch und zwinkerte ihr neckisch zu.

Carey, die mittlerweile absolut nicht mehr so selbstsicher wirkte, sank bedröppelt zusammen und wank nur noch ab.

„Ja, ja… viel Spaß dann und bis später.“, murmelte sie, als sie sich schon abgewandt hatte und kapitulierend das Weite suchte.

Schulter zuckend sah Namie ihr nach, bevor sie sich wieder mit einem Seufzer zu Sam umdrehte.

„Komm, wir gehen rummachen.“, zitierte sie Carey und genoss den Anflug von Schock, der ihrer Geliebten im nächsten Moment im Gesicht stand.
 

Carey verließ das Gebäude durch eine der riesigen Glasfenster-Hintertüren, die zum Hof der Schule führten. Um diese Uhrzeit verbrachten viele Mädchen ihre Zeit auf den Bänken, der Wiese oder den Sportanlagen, wenn das Wetter ihnen nicht gerade einen Strich durch die Rechnung machte. Manche lasen ein Buch, andere genossen einfach nur ihre Freizeit mit Faulenzen und Nichtstun.

Als sie den Pflastersteinweg entlang spazierte, der durch den kleinen Park verlief, hielt sie plötzlich inne und musterte kritisch einen Baum, der ein wenig abseits des Weges stand. Nach genauerem Hinsehen, erkannte sie, dass das was ihren Blick auf sich gezogen hatte, ein korallenroter geflochtener Zopf war, der zwischen den sprießenden Ästen hervorstach.



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Kommentare zu dieser Fanfic (34)
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Von:  Angel-of-the-Night
2010-01-30T21:52:37+00:00 30.01.2010 22:52
Na ja du hast zwar schon lange kein neues Kapitel mehr on gestellt, aber ich wollte trotzdem meinen Senf dazu geben^^
Aaaalllssssoooo^^
DIE FF IST SUPER!!!
Ich liebe Geschichten über Mädcheninternate eh total und deine spricht mich sehr an XD,
ich war selber mal auf einem <grins>
Na ja ich hoffe du schreibst bald mal weiter^^ würd mich irre freuen
Bis dann hoffentlich ;D
LG
Von:  radikaldornroeschen
2008-11-12T09:47:14+00:00 12.11.2008 10:47
oja, bitte bitte weitermachen ^^ ist seeeeehr schön geschrieben ^^~~~
Von: abgemeldet
2008-06-27T11:49:01+00:00 27.06.2008 13:49
maaan >.<
das is so gemein !
genau da schluss zu machen *shnief*
weiter schreibsöln *schnaub*
Von:  Zwiesi
2008-06-26T18:03:54+00:00 26.06.2008 20:03
Juhu, weida!!!!!!!!

Aber des is scho a bissle kurz....
Schnell weida machen, ja?
*knuddel*
cu
Von: abgemeldet
2008-06-26T11:18:38+00:00 26.06.2008 13:18
Yay du hast weitergemacht :)))))))))))))9
Freue mich auf mehr >.<
Mach weiter so :)
Von:  Cinity
2008-06-26T09:31:48+00:00 26.06.2008 11:31
...weils noch nicht fertig ist ^^"
aber ich werd heut auf jeden fall noch mehr hochladen - versprochen ^.~
ich wollte nur andeuten, dass es endlich weiter geht xDD
Von:  cloe04
2008-06-26T09:15:57+00:00 26.06.2008 11:15
aah warum so kurz *shnief*
Von:  Yanosuke
2008-06-13T09:50:38+00:00 13.06.2008 11:50
Och meno ich will doch auch wissen was da ab gegangen ist.
Aber ich kann es nur noch mal sagen ich finde die FF voll schön und auch das du so viele Charas unter einem Hut bringen kannst.
Schade das die Bilder in den Steckis nicht gehen die hätte ich nur zu gerne mal gesehen.

lg suke
Von: abgemeldet
2008-06-11T17:09:08+00:00 11.06.2008 19:09
Hab endlich das neue Kapitel gelesen ^^
ich freu mich schon auf die fortsetzung!
Bin mal gespannt wie es zwischen Melissa und Carey weitergeht ^^

Von:  Yanosuke
2008-06-10T13:17:40+00:00 10.06.2008 15:17
wow das ist ja süß.
Am Anfang war das echt verwirrend zu lesen ich musste den text zwei mal lesen.
*g*
Aber jetzt habe ich auch verstanden wie du es gemeint hast. Ich finde es super das du die drei Mädchen nicht nur als die Bösen da stehen lässt sondern richtig erklärst warum sie so sind und auch das sie noch eine andere Seite haben als die "Böse" Seite....

lg suke


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