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place for us

we can see the future and the dreams it's made of
von

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Mos Geheimnis

Als ich aufwache, ist es warm und wahnsinnig unbequem und die Scheiben sind komplett beschlagen. Mir tut so ziemlich alles weh und ich bin mir nicht sicher, wie ich überhaupt schlafen konnte bei all dem Schmerz in meinem Rücken. Mist. Ich setze mich auf und mir rutscht der Schlafsack von den Schultern. Es ist klirrend kalt im Auto und ich wische mit meinen Fingern über die beschlagene Scheibe. Draußen ist es sehr neblig und immer noch grau. Meine Güte, ich wünsche mir den Sommer zurück.
 

Ein leises Seufzen bringt mich dazu, hinunter zu Moritz zu schauen, der immer noch schläft. Er liegt auf der Seite in seinem dicken Pulli, die schwarzen Haare fallen ihm ins Gesicht und er hat den Mund leicht geöffnet. Jetzt sieht er wirklich ganz genauso aus wie Manu. Auch wenn Manus Mund sicherlich noch weiter geöffnet wäre und er garantiert laut schnarchen würde. Aber wenn er schläft, fehlt Moritz dieser versteinerte Gesichtsausdruck. Er sieht richtig friedlich aus. Unweigerlich denke ich an gestern und an die letzten Worte, die ich gehört habe, bevor ich eingeschlafen bin. Mein Gesicht wird ein wenig heiß und ich krieche über die umgeklappte Rückbank zur Autotür, entriegele sie, und steige aus.
 

Feuchte, kalte Luft schlägt mir entgegen und ich schaudere, aber ich muss wirklich dringend aufs Klo und ein bisschen Bewegung ist für meinen geschundenen Rücken vermutlich auch nicht allzu schlecht. Es ist noch nicht ganz hell und außer unserem Auto steht nur noch ein anderes auf dem Parkplatz. Ich fasse es nicht, dass mir das passiert. Es sind so viele Dinge in meinem Kopf, dass mein Gehirn schmerzt. Ich denke dauernd an Manu und hoffe, dass es ihm gut geht, aber ich bin auch leicht beruhigt, weil ich weiß, dass Moritz Bescheid wüsste, wenn ihm was Schlimmes passiert. Ich denke an Lena und an Lars und daran, dass Moritz jetzt plötzlich doch kein Arschloch ist. Obwohl ich ihm das mit meinem Kaninchen immer noch nicht verzeihen kann. Ich bin erleichtert, dass meine Eltern mich noch nicht mit Anrufen bombardieren, weil ich einfach so verschwunden bin. Vielleicht hoffen sie, dass ich überraschenderweise mit einem tollen Job und großartigen Zukunftsaussichten zurückkomme.
 

Toiletten auf Parkplätzen sind eine Gefahr für Menschen, die vor lauter Ekel Herpes kriegen. Ich gehöre Gott sei Dank nicht zu diesen Menschen, aber diese Toilette hätte mich beinahe auch infiziert, soviel steht fest. Nächstes Mal pinkle ich einfach ins Grüne. Pfui Teufel.

Fröstelnd und verspannt mache ich mich auf den Weg zurück zum Auto. Moritz ist mittlerweile auch wach und reibt sich müde die Augen. Er sieht total verschlafen und… irgendwie niedlich aus. Herrje.

»Du warst weg«, nuschelt Moritz anklagend und ich betrachte seine wild abstehenden, schwarzen Haare und die Schlaffalten auf seiner rechten Wange.

»Musste dringend meine Blase leeren. Ich kann das Klo hier nicht empfehlen, du solltest besser ins Grüne pinkeln«, gebe ich zurück und verziehe angewidert das Gesicht bei der Erinnerung.
 

»Du bist pingelig bei Sauberkeit… aber trotzdem unordentlich«, kommt es verschlafen zurück und ich beobachte, wie Moritz seinen Schlafsack langsam auf der ausgeklappten Rückbank zusammenrollt, wundersamerweise ohne sich dabei auch nur einmal den Kopf zu stoßen.

»Was?«, gebe ich verwirrt zurück. Dann fällt mir ein, dass Moritz ja in Manus Kopf wohnt. Mist.

»Du weißt also wirklich alles über mich?«, hake ich misstrauisch nach und ernte einen verschlafenen Blick, der offenkundig fragt, ob ich bescheuert bin. Ich möchte sauer deswegen sein, aber Moritz sieht aus wie ein müder Dreijähriger und ich spüre meine Empörung schwinden.

»Das meiste, denk ich«, antwortet Moritz und zuckt mit den Schultern, als wäre es keine große Sache.

»Gib ein paar Beispiele«, fordere ich gegen besseres Wissen und sehe zu, wie Moritz seinen Schlafsack verstaut und dann langsam aus dem Auto gekrochen kommt. Er schaudert in der kalten Luft.
 

»Du hast dir mit zwölf das Bein gebrochen, als du versucht hast, eine Katze von einem Baum zu retten. Deine Lieblingsfarbe ist rot, du stehst auf Frauen mit kleinen Brüsten und schönen Zähnen, hast aber selber Angst vorm Zahnarzt. Du versteckst deine Pornos hinter deinen Sportklamotten im Kleiderschrank–«
 

»Ok, ok! Danke! Das reicht«, unterbreche ich Moritz mit flammenden Wangen und Ohren und fahre mir verlegen durch die Haare. Das gibt es doch nicht. Es ist, als wäre er Manu. Als hätte er das alles miterlebt, oder von mir erzählt bekommen.

»Wieso hast du dir das überhaupt alles gemerkt? Da müssen doch Infos über hundert Leute in Manus Kopf sein«, brumme ich verstört und ziehe mir meine Jacke über. Einen Kaffee werden wir hier wohl kaum bekommen, dafür müssten wir zum nächsten Rastplatz fahren. Wir putzen schweigend nebeneinander Zähne und essen etwas von dem Kram, den wir mitgenommen haben. Ich esse mehrere Müsliriegel, Moritz kramt abgepackte Muffins aus seinem Rucksack und verspeist zwei davon. Während wir frühstücken, wird es heller, auch wenn man nicht wirklich davon sprechen kann, dass die Sonne aufgeht. Es ist diesig und grau und ich seufze innerlich, weil diese Art von Wetter immer meine Stimmung drückt. Wenigstens tupfen die herbstlichen Bäume ein klein wenig Farbe in die Landschaft, auch wenn die meisten davon eher braun als bunt sind. Auf Fotos sieht der Herbst immer besser aus, als er in Wirklichkeit ist.
 

»Weiß nicht. Du bist halt mehr in Manus Kopf als andere Leute«, meint Moritz ausweichend und zieht schon wieder seine Schultern hoch. Wie eine Schildkröte, die in ihren Panzer kriechen will. Ob er das wohl oft macht, wenn er mit Manu irgendwo allein ist? Soweit ich weiß, hat Moritz wirklich kaum zu anderen Leuten Kontakt. All der plötzliche Umgang mit mir muss sehr ungewohnt für ihn sein. Dabei denke ich eigentlich immer, dass ich ein recht umgänglicher Mensch bin. Naja, wenn man mich nicht grad als Vierjährigen traumatisiert hat.

»Hast du irgendwas Neues gehört?«, frage ich, um das Thema zu wechseln, und wedele vage in Richtung von Moritz‘ Kopf. Er richtet sich gerade auf, schließt die Augen und runzelt die Stirn konzentriert. Es ist, als würde er versuchen, einen Radiosender rein zu bekommen, von dem er momentan nur unverständliches Rauschen empfängt.

»Nein. Nicht so wirklich. Aber wir sind näher dran«, erklärt er mir und seine grauen Augen klappen auf.
 

Dass Manu gut aussieht, weiß ich ja. Aber über Moritz hab ich so noch nie nachgedacht. Wenn ich Leute nicht mag, dann sehen sie für mich meistens auch nicht gut aus. Jetzt stelle ich zum ersten Mal fest, dass Moritz schon… hübsch ist. Ich sollte wirklich aufhören, ihn immerzu mit Manu zu vergleichen, aber das ist bei Zwillingen einfach sehr schwierig.

Nach unserem spärlichen Frühstück setzen wir uns ins Auto, Moritz stellt das Radio an und ich sehe erneut davon ab, meinen MP3-Player anzumachen, und wir fahren los. Die Tatsache, dass Moritz so ruhig ist, seit wir unterwegs sind, beruhigt mich, was meine Sorgen um Manu angeht.

»Wann… äh… wirst du diesen Typen anrufen?«, fragt Moritz irgendwann aus heiterem Himmel und ich hatte schon wieder ganz vergessen, dass ich das ja beizeiten tun wollte, um endlich Moritz das Mysterium zu lüften.
 

»Ich könnte es jetzt mal versuchen«, schlage ich vor und mustere Moritz von der Seite. Wenn meine Augen mich nicht täuschen, wird er blass und schluckt.

»Dann fahr ich ran«, sagt er leise.
 

»Was? Wieso? Du sollst ja nicht telefonieren«, gebe ich verwirrt zurück, aber Moritz biegt in den erstbesten Feldweg, der von der Landstraße abgeht, ein und hält dann.

»Ruf an«, sagt er, ohne eine weitere Erklärung abzuwarten und ich schüttele verständnislos den Kopf, ehe ich die Nummer in meinem Telefonbuch heraussuche und den grünen Hörer auf meinem Display drücke. Es klingelt und ich bin tatsächlich etwas aufgeregt. Oli, du Horst! Reiß dich zusammen!

»Hallo?«
 

Huch. Das ist nicht Lars‘ Stimme. Das war ziemlich eindeutig eine junge Frau.
 

»Ähm, hi! Hier ist Oli. Ich wollte eigentlich mit Lars sprechen?«, antworte ich fragend und spiele mir nervös in den Haaren herum. Zu meinem großen Entsetzen kommt vom anderen Ende ein Schluchzen.

»Tut mir Leid! Vielleicht hab ich mich auch verwählt!«, rufe ich hastig gegen das Schluchzen an und bin schon drauf und dran wieder aufzulegen, als…

»Lars ist gestern Nacht auf dem Heimweg überfahren worden.«
 

Ich blinzele. Mein Herz setzt ein paar Schläge aus und stolpert dann weiter, mein Magen zieht sich zusammen.
 

»Was?«, gebe ich dusselig zurück.
 

»Er ist schon auf dem Weg ins Krankenhaus ge… ge…«
 

Gestorben.

Ich lasse das Handy sinken und drehe den Kopf. Moritz starrt geradeaus, als wäre dieser beknackte Feldweg unglaublich spannend. Mein Finger drückt den roten Hörer und ich öffne den Mund, um etwas zu sagen, aber ich weiß nicht, was.
 

»Der Hase stirbt bald.«
 

Ich sehe den schwarzhaarigen Vierjährigen vor mir stehen, die Augen groß und grau und gar nicht bösartig. Tatsächlich ist das meine frühste Erinnerung. Das war mir nie so wirklich klar. Aber die erste Erinnerung meines Lebens ist von Moritz, wie er vor mir steht und auf meinen Hasen zeigt und mir sagt, dass er bald sterben wird. Und dann war das Kaninchen kurze Zeit später tot.
 

»Du…«
 

Meine Stimme ist heiser und sackt ab und ich muss schlucken und erneut ansetzen.
 

»Du wusstest, dass das passiert«, bringe ich schließlich hervor und in meinen Ohren rauscht es. Ich hab mich immer gefragt, ob Moritz auch irgendwas kann. So wie sein Zwilling. Ich dachte immer, wenn die beiden telepathisch kommunizieren können und Manu was Aufregendes kann, dann muss Moritz auch irgendwas können. Aber ich hab Manu nie gefragt und er hat es mir nie erzählt.
 

Moritz dreht den Kopf sehr langsam und schaut mich an. Schon wieder hat er die Schultern hochgezogen. Auch das hat er als Kind schon gemacht.

»Manu kann lügen und du kannst… sehen… scheiße…«

Ich reiße die Autotür auf, stolpere zwei Schritte und übergebe mich erneut. Mitten auf einen Acker. Diesmal steigt Moritz nicht aus, um mir Wasser zu reichen und zu fragen, ob ich mir die Zähne putzen möchte. Als ich mich wieder zum Auto umdrehe, hat er seinen Kopf aufs Lenkrad gelegt und atmet schwer. Ich weiß nicht, was ich denken soll. Alles in meinem Gehirn dreht sich im Kreis und ich komme mit diesem neuen Stück Wahrheit nicht klar. Scheiße. Scheiße, scheiße, scheiße. Lars ist tot. Der Typ, mit dem ich gestern noch geredet hab, ist gestorben. Und Moritz wusste das vorher.
 

»Du hättest es ihm sagen sollen. Du hättest irgendwas machen sollen«, sage ich zittrig, während ich zum zweiten Mal heute meine Zahnbürste hervorkrame. Moritz sieht nicht auf, als er antwortet.

»Hilft nichts. Glaubst du, ich hätte das nicht schon versucht?«
 

Scheiße.
 

»Gott, tut mir Leid. Ich weiß nicht, was ich sagen soll. Ich… scheiße, Mann«, stammele ich und kriege die Zahnpasta kaum aufgeschraubt, weil meine Finger so beben.

»Immerhin glaubst du«, murmelt Moritz und bin froh, dass ich die Zahnbürste im Mund habe und so nicht antworten muss. Stimmt. Andere Leute… die würden das nicht glauben. Ich glaube es nur, weil ich Manu kenne, seit wir gemeinsam im Kindergarten waren. Ich spucke auf den Boden und suche fahrig nach dem Wasser.

»Haben eure Eltern…?«
 

Die Frage ist noch nicht komplett heraus, da wird mir klar, dass Moritz es auch bei seinen Eltern vorher gewusst haben muss. Oh Gott. Er kann Manu nichts davon erzählt haben, der war vollkommen geschockt und fassungslos.

»Nein. Haben sie nicht. Mit dem Kind stimmt was nicht, haben sie immer gesagt. Ich hab mehr Therapeuten gesehen, als ich zählen kann. Bis ich kapiert hab, dass ich einfach nicht drüber reden darf. Dass das mein Geheimnis bleiben muss. Und dann haben sie mich in Frieden gelassen und von Manu haben sie ja nie was gemerkt. Der musste nie zu irgendeinem Therapeuten…«
 

Ich lege mich auf die Rückbank, nachdem ich nur noch Zahnpasta im Mund schmecke und starre an die Wagendecke. Kein Wunder, dass Moritz Angst vor Menschen hat, dass er keine Freunde hat, dass er als Kind schon komisch war. Was für ein krasser Vertrauensbruch das sein muss, wenn man als kleines Kind seinen Eltern erzählt, dass man irgendwie anders ist, und die schicken einen zum Therapeuten, weil sie dir nicht glauben. Ich meine, ja, irgendwie kann ich das verstehen. Aber wenn sie sich die Mühe gemacht hätten, sich damit zu beschäftigen, dann hätten sie ja gemerkt, dass Moritz sich das nicht ausdenkt. So wie ich gerade.
 

Und Manu… Manu hatte es immer so einfach. Seine Lügen haben ihm immer alles leichter gemacht. Da wäre ich auch der besser gelaunte Zwilling.

»Wir sollten weiterfahren. Du kannst ja erst mal liegen bleiben«, sagt Moritz leise und ich schlucke. Aber ich kann nichts sagen, also bleibe ich einfach liegen, während Moritz die Beifahrertür zuzieht und den Wagen erneut startet. Vermutlich ist das illegal. Aber gut, mir wurde gerade am Telefon gesagt, dass ein Typ, den ich gestern noch gesehen habe, tot ist und dass der Kerl, mit dem ich unterwegs bin, das vorher gewusst hat. Scheiße.
 

Mein Gehirn ist ein einziges Knäuel und wenn ich vorher schon zu viele Sachen im Kopf hatte, dann wurde das jetzt alles überspült von den neusten Entwicklungen dieser überstürzten Reise. Manu, Lena, meine Eltern, die Zukunft, Manu, Manu…

Ich wollte eigentlich mit Moritz darüber sprechen. Über alles. Weil ich neugierig war. Aber jetzt weiß ich nicht mehr, was ich sagen soll und ich habe das Gefühl, dass sich das auch nicht ändern wird. Vielleicht kann ich auch ein paar Fragen stellen. Allerdings bin ich nicht sicher, ob ich diese Dinge überhaupt wissen will. Ich meine, ich hab grad eben gekotzt, als ich von Moritz‘ Fähigkeit erfahren hab. Alles an Einzelheiten könnte dazu führen, dass ich einfach ins Koma falle, weil mein Gehirn durch Informationen überladen wurde.
 

»Wann hast du aufgehört mit deinen Eltern drüber zu reden?«, frage ich leise. Ich hab die Augen geschlossen und hoffe, dass mir auf diese Art vom Fahren nicht schlecht wird. Meine Güte. Mir war nie klar, was für einen nervösen Magen ich habe.

»Mit neun. Ich glaube, sie waren sehr dankbar dafür und haben es als Phase abgetan. Aber so richtig vergessen haben sie das nie. Ich weiß noch, wie sie mich schief angeschaut haben, als unsere Großeltern gestorben sind. Als hätten sie drauf gewartet, dass ich irgendwas dazu sage. Sowas wie ‚Ich hab’s vorher gewusst.‘. Ich meine… ich hab es vorher gewusst. Aber ich hab es keinem gesagt. Manu weiß zwar, was ich kann, aber ich hab auch mit ihm nie wieder wirklich drüber geredet. Was ja auch gewissermaßen egal ist, da er sowieso in meinem Kopf drin steckt, aber ich bin sehr viel besser als er, ihn auszusperren. Seine Gedanken sind leicht zu lesen wie ein Buch. Bei mir fällt ihm das nicht so leicht…«
 

Ich glaube, ich hab Moritz noch nie so viel an einem Stück reden gehört. Vielleicht ist er ja erleichtert, dass er mal darüber reden kann? Es läuft keine Musik im Auto und die einzigen Geräusche sind die des Wagens und das Rauschen des Windes draußen. Mein Handy vibriert, aber ich ignoriere es geflissentlich. Wahrscheinlich sind es meine Eltern, die sich bei mir beklagen, dass ich mich noch nicht gemeldet habe.

»War Manu sauer, dass du… dass du ihm das mit euren Eltern nicht gesagt hast?«, frage ich unsicher. Ich weiß ehrlich gesagt gar nicht, wie ich reagieren würde. Will man so etwas vorher wissen? Ist es leichter, wenn man eine Woche vorher Bescheid weiß? Keine Ahnung. Ich musste mich bislang noch nie von jemandem, der mir wichtig war, verabschieden. Außer von meinem Kaninchen – und seien wir ehrlich, das ist nicht wirklich vergleichbar.
 

»Ja, war er. Er war auch schon damals sauer, als das mit unseren Großeltern war. Aber andererseits hat er sich auch nie großartig die Mühe gemacht, mit mir über diese Sache zu reden. Er hat zu viel mit sich selbst und seiner tollen Fähigkeit zu tun.«

Moritz klingt sehr bitter. Mein erster Impuls ist es, Manu zu verteidigen. Allerdings sagt eine rationale Stimme in meinem Kopf, dass Moritz es einfach hundert Mal beschissener in seinem Leben hat als Manu, und dass er durchaus das Recht dazu hat, bitter zu sein.

»Manu ist der wichtigste Mensch in meinem Leben. Aber… manchmal hasse ich ihn richtig«, murmelt Moritz so leise, dass ich ihn kaum verstehen kann. Ich schlucke und beiße mir auf die Unterlippe. Manu ist auch der wichtigste Mensch in meinem Leben. Irgendwie hab ich jetzt Angst davor, ihn wiederzusehen, nach all dem Zeug, das ich erfahren hab. Die Lüge über seine Eltern und das Erbe, mal abgesehen von den anderen Lügen, die er mir womöglich erzählt hat… Die Sache mit Moritz…
 

»Ist es ok, wenn ich dich Mo nenne?«
 

Manchmal redet mein Mund, ohne sich vorher mit meinem Gehirn abzusprechen. Es folgt eine ziemlich lange Stille und ich frage mich, ob das wohl ‚Nein‘ bedeutet.

»Obwohl du mich nicht leiden kannst?«

Mein Magen verknotet sich ein wenig und ich zwinge mich, sehr ruhig zu atmen, um nicht das Auto vollzusauen.

»Eventuell habe ich meine Urteil revidiert«, sage ich bemüht würdevoll. Erneute Stille.
 

»Eventuell?«
 

»Vielleicht auch nicht nur eventuell. Ich hab mich wie der letzte Arsch verhalten. Tut mir echt leid«, sage ich reuevoll und wage es nicht, einen Blick in Richtung Fahrersitz zu werfen. Wer weiß, ob Moritz jetzt total sauer aussieht, oder angewidert, oder…
 

»Ok. Dann kannst du mich Mo nennen.«
 

Klingt er… erleichtert? Ich weiß nicht. Ich hab so selten mit Mo geredet, dass ich es nicht so richtig einordnen kann, wie er sich gerade fühlt. Mein Herz legt jedenfalls einen Zahn zu und ich schlucke verlegen. Plötzlich, oder vielleicht auch nicht plötzlich, ist alles zwischen Mo und mir sehr, sehr anders als vorher, und ich hab mich noch nicht entschieden, wie ich damit umgehen will. Aber wer weiß, wie lange unsere Reise noch dauert. Währenddessen kann ich mir überlegen, was genau das zwischen mir und Mo geworden ist.



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Kommentare zu diesem Kapitel (3)

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Von:  Selkie
2014-02-15T15:08:40+00:00 15.02.2014 16:08
Der gesamte erste Abschnitt hat bei mir erst einmal wunderbare Erinnerungen wachgerufen :D und ich kann das gesamte "im Auto ist es ein bisschen uerghs und draußen ist es kalt und Zähneputzen bei Mecces" nachvollziehen. Herrlich <3

Ich finde Mo sehr interessant :) (und nicht nur, weil er sehen kann, wenn Leute bald sterben. Was ich mir ziemlich ätzend vorstelle :/ der Arme.) und es macht Spaß ihre Unterhaltungen zu lesen.

Von:  Seto
2014-02-10T21:32:22+00:00 10.02.2014 22:32
Okay, ein wenig habe ich mit Mo's Geheimnis gerechnet, das Kaninchen war aber auch ein guter Hinweis. Trotzdem war ich ein wenig baff und mir tut der kleine ziemlich leid /:

Im Übrigen wurde ich schon ein Mo-Fan als Oli seine Leberflecken auf der Wange beschrieben hat, ich hab so einen kleinen Leberfleck-Fetisch, haha <3
Aber nun bin ich sehr gespannt wie es verlaufen wird, im Grunde ist Oli nun der erste der Mo's Geheimnis kennt und es glaubt. Und während Mo immer weiter ins richtige Licht gerückt wird, kommen immer mehr neue und hässliche Sachen über Manu ans Licht und obwohl Manu noch gar nicht aufgetaucht ist mag ich ihn schon/noch nicht. Ich hoffe das Manu sich nicht als das her rausstellt, was mir gerade so im Kopf herumschwirrt.

Und der Oli soll den Mo ruhig mal zum lachen bringen, dann verliebt er sich sicher sofort <3
Ich erwarte sehnsüchtig den nächsten Teil, weiter so <3<3<3
Von: abgemeldet
2014-02-09T23:53:11+00:00 10.02.2014 00:53
Aaaaaahhhh!! Sorry, ich habe mich nur wirklich gefreut, zu sehen, dass ein neues Kapitel rausgekommen ist ^^' Hatte mich gerade gefragt, ob ich es heute mal früher ins Bett schaffen würde, aber anscheinend doch nicht XD

Das Wort "diesig" habe ich noch nie gehört, das musste ich direkt nachschauen XD Manchmal kommt mir vor, mein Vokabular ist äußert beschränkt .///. Argh, ich liebe Muffins <3 Irgendwie tippe ich hier einfach, was mir in den Sinn kommt, während ich lese, sorry XD Ein "squeeeeeeeeeee" hätte ja auch ziemlich effizient meine Stimmung rübergebracht, aber das wäre dann wohl nicht sehr wünschenswert oder konstruktiv XD Ich liebe es aber einfach, das zu lesen, was du geschrieben hast ^^ Awkward moment @_@~

Ich finde ehrlich gesagt, dass der Herbst wirklich wunderschön ist! Die ganzen Farben gibt es wirklich XD Und ich liebe es, wenn der Wind die am Boden liegenden Blätter aufwirbelt und ihnen für kurze Zeit den Anschein verleiht, sie würden schweben.

Aaaahhh, als bei mir der Groschen gefallen ist!! D: Solche Twists liebe ich aber ^^ Tausendmal lieber als: "Das ist dein Vater! Und dein Bruder ist dort. Ja, du hast auch noch eine Schwester. Oh, und deine Mutter ist eigentlich diese Person! Ihr seid alle verwandt!" oder solche, die man schon ewig kommen sieht, nur die Charaktere wollen es einfach nicht schnallen ^^' Die EntführerInnen wollen wohl Manus Fähigkeit ausnutzen? @_@~ Oder es ist alles ein Missverständnis D: Arrrgh, und falls Oli und Mo zusammenkommen und zusammenbleiben, und Oli aber dann irgendwann früher stirbt, dann wüsste es er ja schon vorher D: Oder Manu @_@~ Das wäre total schrecklich Q_Q Ich denke wohl zu weit voraus? ^^' Lass es mich auf die Müdigkeit schieben XD
Neiiiin, ich habe ein tiefes Mitgefühl für Moritz (ich wollte eigentlich Mitleid sagen, aber das hat ja noch niemandem geholfen ^^'), ich würde ihn am liebsten in den Arm nehmen. Aber das würde er wohl wahrscheinlich nicht wollen, also würde ich es dann doch nicht machen. Was schreibe ich denn nun schon wieder? @_@~

Ich habe die beiden einfach richtig ins Herz geschlossen??

Uwah, ich klinge wohl irgendwie wie ein quietschendes Fangirl? Q_Q Dabei wollte ich das doch so gar nicht ^^' Konnte es aber irgendwie nicht zurückhalten, tut mir Leid!! @_@~

Jedenfalls kann ich gar nicht wirklich in Worten ausdrücken, wie sehr ich mich gefreut habe, das zu lesen!! :) Vielen Dank, dass du es geschrieben hast!


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