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Ab- und Ausgebrannt

Fanfic Adventskalender 2014 Tag 9
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Er hasste die Stadt zu dieser Jahreszeit.

Es war zu kalt, zu nass und die Nacht konnte nicht mehr als solche bezeichnet werden, seit selbst in jedem Wohnungsfenster grelle Beleuchtung angebracht war. Weihnachtliche Stimmung sollte das verbreiten. Ihm raubte es das bisschen Schlaf, den die Kälte zuließ. Zwar mochte er es kalt für die ein oder andere Nacht, aber im Dauerfrost des Winters ging selbst dieser Funken Zuneigung flöten. Vermutlich wurde es Zeit sich wieder irgendwo einen Unterschlupf zu suchen und die Straßen für die nächsten Wochen zu meiden. Wenn er es denn schaffte, sich lange genug in jemandes Wohnung einzunisten.

Deniz lehnte an einer Häuserwand und schnippte den Zigarettenstummel, der bis eben zwischen seinen Lippen gewohnt hatte, in die Schneewehe, die sich auf der anderen Seite des Bürgersteigs zwischen einigen Müllsäcken gebildet hatte. Passanten schlängelten sich an ihm vorbei, um zu ihren Autos oder irgendwelchen öffentlichen Verkehrsmitteln zu kommen und ignorierten ihn weitestgehend. Anders war es nicht zu erwarten. Er passte nicht zu ihnen. Mit dem ungewaschenen Haar, dem ungepflegten Dreitagebart, der zerrissenen Jeans, dem schmutzigen Shirt und der viel zu dünnen Jacke sah er genauso aus, wie sich alle einen Obdachlosen vorstellten. Ganz so falsch lagen sie damit nicht. Mit dem Unterschied, dass er unter normalen Umständen sehr gerne so lebte. Es waren keine Geldprobleme, keine Drogen oder schlechte Umstände, die ihn auf diese Weise sein Leben bestreiten ließen. Es war lediglich so, dass Deniz sich viel zu ungern dauerhaft an ein und demselben Ort aufhielt und wenn er ganz ehrlich war, war er auch kein großer Fan von Geld in jeglicher Form. Da ließ er sich lieber mit einem Essen bezahlen oder einer Nacht in einem Hotel oder Gästezimmer. Seinetwegen auch im Bett seines Arbeitgebers. Was auch immer sich eben anbot. Da war er offen, wie in vielerlei anderer Hinsicht ebenfalls.
 

Er reihte sich in den Strom von Passanten ein, um zum Bahnhof zu kommen. Dort würde er schnell mal in seine Tasche schauen, um sich ein paar andere Sachen auszusuchen und anschließend überlegen, wo er duschen gehen könnte. So sah zumindest der Plan aus. Als er jedoch eine blonde Frau in dem Gang entdeckte, in dem sein Schließfach war, hätte er am liebsten alles über den Haufen geworfen. Er ahnte was kommen würde, sobald sie seine Anwesenheit bemerkte und das war eigentlich Grund genug, gleich wieder zu verschwinden. Aber dafür war es bereits zu spät. Kaum einer kam hier herunter und darum konnte er schlecht hinter jemandem verschwinden, als sie sich herumdrehte, um langsam wieder in die andere Richtung zu gehen, so wie sie es seit einer kleinen Ewigkeit tat.

Sie sah ihn.

Sie lächelte ihn an.

„Deniz“, machte sie ihn auf sich aufmerksam. Doch er starrte sie einfach nur weiter an. Sie hatte diese unglaublich dicke Winterjacke an, die sie sich geholt hatte, als sie noch zusammen waren. Und während er bereits anfing den Kopf zu schütteln zog sie bereits eine weitere Jacke aus ihrer übergroßen Tasche. Sie bezeichnete es als eine Handtasche, aber Deniz war der festen Überzeugung, dass er all sein Besitz zweimal dort drin verstauen könnte.

„Ich hab deine Jacke dabei“, sagte sie und hielt ihm das Kleidungsstück entgegen. „Du hast sie bei mir gelassen.“

„Du hast sie gekauft, Sadia.“ Alles was sie ihm geholt hatte, war nicht mit ihm ausgezogen. Sie würde die Sachen vielleicht nie wieder brauchen, aber es war halt auch nicht seines und Deniz hatte nicht vor, in ihrer Schuld zu stehen.

„Aber es ist deine und du schaust schrecklich verfroren aus. Also nimm sie.“ Deniz sträubte sich, deswegen kam sie noch näher, bis sie ihm die Jacke auf die Schultern legen konnte. Dagegen wehrte er sich nicht. „Und wenn du mit mir einen Kaffee trinkst, bin ich auch gleich wieder weg.“ Es war ja nicht so, als wüsste sie nichts davon. Es war ihm auch mehr als deutlich anzusehen, wie wenig er das alles wollte. Trotzdem würde sie nicht so schnell aufgeben.

„Ich hab gar keinen Durst.“

„Dann setz dich einfach mit mir an den Tisch und hör mir zu. Klingt das nach etwas, das dein Stolz zulassen kann?“

Allein sie anzusehen löste etwas aus, das er nicht beschreiben konnte. Zwar war es noch immer ein wenig so wie damals, nach ihrem ersten Kennenlernen, aber es hatte sich so vieles geändert. Sein Blick wanderte tiefer und er bemerkte, wie gut die dicke Jacke ihren Körper verbarg. Deniz ertappte sich dabei, wie er sich fragte, wie viel wohl bereits zu sehen war. Seit ihrem letzten Gespräch waren einige Monate vergangen und sicher wäre der Bauch bereits deutlich zu sehen.

Er hätte mehr auf ihren Wunsch pochen sollen. Darauf, dass sie wenigstens ein einziges Mal sagte, dass sie ein normales, gesundes Kind wollte und nicht so etwas wie ihn.

Mehr hatte er doch gar nicht gewollt.

Wollte er noch immer nicht. Das allein war der Grund dafür, dass er zustimmte. Er würde mit ihr reden müssen, ob er es wollte, oder nicht.
 

Die heiße Dusche würde wohl noch warten müssen. Wo er doch noch nicht genau wusste, wohin er dafür gehen sollte. Aber wenigstens hatte er sich schon einmal umziehen können. Es war schon schrecklich jedem anderen, aber nicht sich selbst Wünsche erfüllen zu können. Natürlich war es möglich mit zu Sadia zu gehen und dort auch den restlichen Winter über zu bleiben. Auf dem Weg zu diesem Café hatte sie das bereits vorgeschlagen – mehrmals. Doch Deniz war bereits einmal gegangen. Zu diesem Zeitpunkt war es zwar eher von ihr aus gewesen, aber er hielt sich nun lediglich an ihre Worte:

'Wenn du jetzt gehst, brauchst du auch nicht mehr wiederkommen!'

Hatte sie vergessen, dass sie es so wollte?

Oder hatte sie sich umentschieden?

Nun so wie es aussah, war ihre Meinung nun eine andere, auch wenn er nicht verstand, weswegen. Klar, da war dieses Kind, von dem er erst später erfahren hatte. Vielleicht war es ein Versuch gewesen ihn irgendwie dazu zu bringen, sein Leben umzustellen. Deniz verstand sie einfach nicht und es bereitete ihm Kopfschmerzen, es auch nur zu versuchen.

Zu allem Überfluss durfte man hier drin nicht rauchen und sicher würde es jemand bemerken, wenn er es heimlich versuchte, auch wenn sie in einer der hinteren Ecken saßen. Mit ein wenig Ruhe vor den anderen Gästen.

„Wie ist es?“, hörte er sie fragen und Deniz musste zugeben, dass er so sehr in seinen Gedanken gewesen war, dass er ihr nicht zugehört hatte. „Wie ist was?“

„So zu sein, wie du bist“, erklärte sie und nippte an ihrem heißen Kakao, nachdem ihr eher gewesen war, kaum dass sie an einem Tisch saßen. Sadia konnte beobachten, wie Deniz den Keks, der mit ihrem Getränk gekommen war, klaute und aß, bevor er ihrem Blick wieder Aufmerksamkeit schenkte.

„Es ist nicht anders als so zu sein wie jeder andere. Nur mit mehr Regeln.“ Wieder fing er an sie anzulügen. Was genau war, weswegen sie so schlecht auf ihn zu sprechen gewesen war, als sie noch zusammen lebten. Das und sein Fremdgehen.

„Hmm“, machte sie leise und rührte ihren Kakao um. „Ich habe ein wenig über Dschinn gelesen aber irgendwie gibt es mehrere … Sorten... Arten? Jedenfalls gibt es widersprüchliche Informationen und darum... Kannst du mir nicht mehr darüber erzählen? Was genau bedeutet es?“

Natürlich könnte er ihr alles erzählen, auch wenn er dann gegen die erste Regel seines ganz eigenen Fight Clubs verstoßen würde. Wie das enden würde, konnte Deniz nicht sagen. Bislang hatte er schon gegen viele Regeln verstoßen, diese jedoch nicht und das war bei weitem die Wichtigste. Entsprechend antwortete er nicht. Er schaute sich nur um, während der Drang nach einer Zigarette dringender wurde.

„Deniz...“

„Nein!“ Der Angesprochene schüttelte den Kopf. „Ich kann dir nichts sagen. Darüber nicht. Vielleicht noch was mit dem Kind wird, wenn es ein Dschinn sein sollte, aber das wichtigste weißt du davon bereits.“

Sadia schwieg und wusste nicht so recht, was sie tun sollte. Also saßen sie weiter zusammen, nur das sie beide schwiegen. Deniz wurde immer unruhiger, was ihm selbst erst auffiel, als Sadia ihre Hand auf seine legte, um ihn daran zu hindern, weiter auf der Tischplatte zu klopfen.

„Wie geht das mit den Wünschen eigentlich?“, fragte sie, kaum dass er sie ansah. Vermutlich, um ihn abzulenken.

„Hm?“, machte Deniz leise und wusste nicht so recht wie er das erklären sollte. „Du sagst mir was du dir wünscht, ich erfülle es...“

„Muss man einen Wunsch aussprechen, damit es geht, oder reicht es ihn nur zu denken?“

Deniz lachte leise und schüttelte den Kopf. „Nene, man muss das schon sagen. Zwar kann ich einen Wunsch spüren und damit in vielen Fällen sagen, was derjenige sich wünscht, ohne dass er es mir sagt, aber es muss ausgesprochen werden, bevor ich es auch erfülle. Nicht das ich mich irre und was vollkommen anderes dabei rauskommt.“

Wobei das bei dem ein oder anderen sogar bewusst nach hinten losging. Manchmal einfach nur, weil etwas wörtlich genommen wurde, oder aber weil der Wünscher ein Idiot war, dem man es nicht gönnte. Da gab es halt ein paar Schlupflöcher und Möglichkeiten.

Deniz überlegte, was seine Ex mit der Frage bezweckte. Vielleicht befürchtete sie, dass er in ihr einen Wunsch sah und erfüllen würde. Aber da war erstaunlicherweise nur ein Einziger, den er so oder so nicht erfüllen könnte.

Mit Liebe hatte er nichts am Hut.

Nicht einmal jetzt. Oder eher besonders jetzt nicht, wo alle um ihn herum eine gefühlte Milliarde Wünsche in sich trugen. Jedes Jahr zur gleichen Zeit. Als er das das erste Mal erlebt hatte, wäre er beinahe durchgedreht. Inzwischen war er abgehärtet, was das anging.

„Aber... könntest du es in einem... Ausnahmefall?“

Wieder schüttelte Deniz den Kopf. „Das ist auch besser so, glaub mir. Ansonsten könnte ich dem Kerl dahinten in der Ecke den Wunsch erfüllen Berühmt zu werden. Oder den Wunsch der pinkhaarigen Quasselstrippe dort, ein Mann zu sein.“

„Du weißt wirklich, was die Leute hier drin sich wünschen?“ Deniz seufzte. Hatte er das nicht eben gesagt?

„Ja. Nicht hundertprozentig, aber zum größten Teil.“

Wieder schwieg sie und die kleine aber tiefe Falte auf ihrer Stirn verriet ihm, das sie nachdachte „Könntest du nicht ein paar Wünsche erfüllen, wenn man die Leute dazu bringt sie zu verraten?“ Deniz entgleisten beinahe die Gesichtszüge bei der Frage. „Warum sollte ich das?“

Sadia zuckte mit den Schultern. „Weil du es kannst?“

Der Dschinn schüttelte den Kopf. „Auf keinen Fall!“

„Aber warum? Du könntest so viel Gutes tun.“ Sie klang dabei so, als hätte sie vollkommen vergessen, wie wenig er sich um andere kümmerte. Was gingen ihn diese ganzen Menschen an, die in den meisten Fällen nur ihr Ego fütterten? Ohne Rücksicht auf Verluste nur auf ihren Vorteil bedacht.

„Da käme nichts Gutes bei raus“, versuchte er seine Argumente in Worte zu fassen. „Wenn ich damit anfange, dann falle ich früher oder später auf. Kannst du dir vorstellen, wie das Endet? Wenn ich das wollte, hätte ich auch gleich in meinem alten Leben bleiben können.“

Sadia versuchte ernst zu bleiben, während sie zustimmend nickte, aber es klappte nicht. Immer weiter wurde ihr Grinsen, was sie auch hinter ihrer Hand nicht weiter verstecken konnte.

„Was?“, fragte er wenig erfreut.

„Nichts, nichts. Du hast ja recht, auch wenn ich noch immer nicht weiß, wie dein früheres Leben ausgesehen hat.“ Sadia versuchte sich zu beruhigen. „Aber ich dachte eben, du könntest dich ja tarnen. Mit einer roten Jacke und einer roten Mütze... schön ausstaffiert und mit Bart.“

Deniz wusste zuerst nicht worauf sie hinaus wollte, bis ihm wieder einfiel, was für eine Jahreszeit hier gefeiert wurde. „Nein!“

„Aber es wäre eine Idee und du könntest mal was Gutes oder wenigstens Nettes tun, statt immer nur als Griesgram durch die Stadt zu ziehen.“

Darauf antwortete Deniz nicht einmal mehr. Er sah sie nur an und zog dabei ein Gesicht, das ihrer Bezeichnung für ihn alle Ehre machte.

„Nur heute Abend?“, versuchte sie es dennoch weiter. Sie kannte ihn gut genug, um zu wissen, dass er das noch eine ganze Weile ertragen könnte, bevor er wirklich wütend wurde.

„Ich werde mich nicht als Weihnachtsmann verkleiden!“
 

Sadia hatte es tatsächlich geschafft. Deniz hatte zugestimmt und nicht nur dazu, sie nach Hause zu begleiten. Er würde zwar nicht lange bei ihr bleiben, aber sie sah es ganz offensichtlich als Teilerfolg an. Statt wie gewöhnlich ein Taxi zu nehmen gingen sie zu Fuß. Die Straßen waren erstaunlich leer, was Deniz den kalten Wetter zuschob, während Sadia sich darüber aufregte.

„Da brauch man mal ein paar Leute auf der Straße und keiner ist da. Aber versuch mal morgens den Bus um halb sieben zu bekommen, da sind sie alle auf den letzten zehn Metern deines Weges.“ Sie grummelte leise weiter, was Deniz nicht weiter beachtete. Wenn niemand da war, musste er wenigstens nicht deren dummen Wünsche erfüllen. Dass sie ihn dazu gebracht hatte...

Aber was tat er nicht alles für ein paar Zigaretten. Wobei er insgeheim auch ein wenig hoffte, dass er sie so endlich dazu bringen könnte, sich ein normales Kind zu wünschen. Dann könnte er beruhigter schlafen und auch endlich aus dieser Stadt verschwinden. Wenn er so überlegte, war er tatsächlich nur noch wegen ihr hier. Alles was sich an Problemen vor ihm aufgebäumt hatte, war inzwischen erledigt und nur noch Sadia trennte ihn von irgendeinem, hoffentlich wärmeren Ort. Eigentlich gar kein so schlechter Gedanke. Mit den Jahreszeiten gehen, wie die Zugvögel.

„Hörst du mir überhaupt zu?“ Ein leichter Schlag auf seinen Oberarm holte ihn aus seinen Plänen und die Zigarette, die er noch gar nicht so lange rauchte, fiel in den Schnee.

„Natürlich tu ich das“, log er und bereute es sogar ein klein wenig, bei ihrem wissenden Blick. Sie kannte ihn tatsächlich schon zu gut. Soweit hätte es nie kommen dürfen. Deniz zündete sich eine neue Zigarette an, um sich nun tatsächlich anzuhören, was Sadia zu sagen hatte.

„Also ich dachte mir, dass wir einfach mal klingeln könnten. Wir machen eine Art Umfrage oder so was, um so die Leute dazu zu bringen ein paar Wünsche loszuwerden. Dann können wir immer noch entscheiden, ob wir... naja – du ihn erfüllst.“

„Das ist keine gute Idee.“ Aber da war Sadia bereits auf den ersten Stufen das nächsten Hauses, um zu klingeln.

„Hallo“, begrüßte sie die ältere Dame, die ihr öffnete. „Ich und mein Freund sind eben auf dem Weg nach Hause und wir haben uns darum gestritten, wie selbstsüchtig Menschen sein können. Ich sage, dass wenn jemand einen Wunsch frei hat, er ihn sicher für etwas positives für mehrere einsetzen würde. Er sagt, dass es etwas für sein Ego wäre. Also haben wir beschlossen, einfach mal zu fragen.“ Sie ließ der armen Frau gar keine Möglichkeit zu widersprechen, so schnell plapperte sie. „Also, wenn sie einen Wunsch frei hätten, was würden sie sich wünschen?“

Vollkommen perplex sah die Dame Sadia an und schüttelte den Kopf, bevor sie endlich dazu kam die Tür zu schließen. Dabei murmelte sie hörbar: „Diese Jugend... Schwanger und trotzdem betrunken...“

Sadia zog ihre Jacke, die sie seit dem Café offen gehabt hatte, soweit es ging um ihren Körper und drehte sich zu Deniz, der noch immer auf dem Bürgersteig auf sie wartete und lediglich die Schultern hob. Es war ihm anzusehen, dass er liebend gerne sagen würde, dass er es ja gesagt hatte, aber er schaffte es sich zurück zu halten.

„Das also... das...“, stotterte Sadia noch, als sie wieder bei ihm war. „Wie kann die das denn einfach so behaupten also... Tz.“

Deniz legte einen Arm um ihre Schultern und zog sie mit sich, damit sie gar nicht erst auf den Gedanken kam, dass bei noch mehr Häusern zu versuchen.

„Wie wäre es, wenn ich dir etwas weihnachtliches erfülle?“ Ein oder zwei Wünsche wären sicher nicht so tragisch.

„Egal was?“

„Solange es in meiner Macht steht.“

Deniz konnte schon spüren, dass er ganz sicher einen Fehler gemacht hatte. In Sadia wuchsen eine ganze Menge kräftezehrende Wünsche heran.

„Also...“, sagte sie bereits leise, aber Deniz hielt sie auf, indem er mit ihr zusammen anhielt und ihr einen eisigen und wohl auch nach Zigarette riechenden Finger auf die Lippen legte.

„Überleg es dir gut“, ermahnte er sie. „Bei zu viel mach ich nicht mit.“ Mit einem Nicken bestätigte sie, dass sie noch genauer darüber nachdenken würde, aber Deniz konnte nicht spüren, dass die Wünsche dadurch weniger oder einfacher wurden. Nun gut, dann würde er sich wohl erst anhören müssen, was sie alles wollte.

Gemeinsam gingen sie weiter, um endlich ihre Wohnung zu erreichen.

„Ich wünsche mir“, fing sie an, doch Deniz schüttelte den Kopf, was sie stocken ließ.

„Du hast noch Zeit und bei dem, was ich da an Wünschen spüre, hoffe ich, dass da irgendwo was eigennütziges bei ist, was mich angeht – und damit mein ich nicht den Wunsch, den ich nicht erfüllen kann.“

„Nope!“, kam es sofort von ihr und sie nahm eine seiner eisigen Hände. „Für den müssen wir noch etwas aushandeln.“ Und er ahnte schon was. „Wobei … dennoch was eigennütziges dabei ist. Ist ja nicht so...“ Sie grinste und brachte ihn dazu seine Hand mit in ihre Jackentasche zu stecken. Das war zwar unbequem, aber warm.

„Dann mal los, sobald du dich bereit fühlst.“
 

Deniz saß vor dem Haus, auf der schneebedeckten Treppe um zu rauchen. Noch hatte er keinen von Sadias Wünschen erfüllt, aber er wusste bereits, dass es nicht gerade ein Kinderspiel werden würde.

„Keiner soll hungern müssen, niemand frieren – ohohohoh... Warte das muss ich besser formulieren...“ Das hatte Deniz sich den ganzen Weg anhören dürfen und er bereute es schon. Was genau ihn geritten hatte, ihr so einen Vorschlag zu machen, wusste er nicht mehr genau. Vielleicht hatte sie ihm einfach nur Leid getan. Ganz sicher war jedoch, dass er morgen ganz dringend ausschlafen wollte, wenn er tatsächlich keinen hungern lassen durfte und niemand frieren sollte. Wobei das sicher als ein Weihnachtswunder gezählt werden würde.

Das gefiel ihm ganz und gar nicht!

„Wie wäre es, wenn du es zu aller erst einmal anfangen lässt zu schneien?“, hörte er Sadia neben sich und sie setzte sich neben ihn.

„Ist das nicht ein wenig kalt für dich?“, wollte er wissen.

„Sitzkissen!“ Sie zwinkerte und nahm seine freie Hand, kaum dass die Möglichkeit dazu bestand. Als er zu ihr sah, konnte er bereits erkennen, dass sie am liebsten nachgehakt hätte, wo denn ihr Schnee blieb, doch da fielen schon die ersten dicken Flocken auf ihr Gesicht.

„Also ich find ja, es liegt bereits genug Schnee“, murmelte Deniz und schnippte seine Zigarette in eine Schneewehe, die sich zwischen einem Baum und einem abgestellten Fahrrad gebildet hatte.

„Aber dann hättest du keinen Grund bei mir zu bleiben.“



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Kommentare zu diesem Kapitel (5)

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Von:  RhapsodosGenesis
2014-12-13T12:24:50+00:00 13.12.2014 13:24
Wow! Was fuer eine nette Weihnachtsgeschichte! Ich finde die Sache mit dem Dschinn ja sehr interessant - und Weihnachten muss wirklich hart fuer ihn gewesen sein xD Kein Wunder, dass er angefangen hat, Wuensche zu ignorieren.
Ausser, wenn sie ihm Vorteile einbringen - als waere er ein Geschaeftsmann. Und dass Sadia das so gut fuer sich einsetzen kann - auch wenn ich mir sicher bin, dass sie ihm tiefer geht, als er das zugeben moechte!
Und am Anfang habe ich mich auch gefragt, was mit dem Kind los ist - und dann versteht man es. Er muss sich durch sein Wesen wirklich gequaelt fuehlen, wenn er sich so sehr wuenscht, dass sie einen Menschen zur Welt bringen wird ... Und da kann er einem echt leid tun - wenn er es schaffen koennte, dass keiner mehr hungert, seinen eigenen Wunsch aber nicht erfuellen kann ...
Und Sadia finde ich beachtlich - dass sie ih trotz seiner Fehler bei sich behalten will. Das ist dann wohl das Wunder der Liebe - und die stille Hoffnung, dass er ueber seinen Egoismus springen und bei ihr bleiben kann. Auch wenn es andererseits makaber ist, dass sie ihn so egoistisch an sich bindet und ...
Da bleibt dann die Frage offen, ob man sowas als Happy Ending bezeichnen kann - solange er seine Zigaretten hat, wird es wohl gehen!

Aber die Geschichte hat mir sehr gut gefallen - und sie regt zum Denken an. Wie egoistisch waere mein groesster Wunsch?

Sehr gut, weiter so!! :)

Liebe Gruesse, Geni!
Von:  ChocolateChip
2014-12-10T17:21:21+00:00 10.12.2014 18:21
Hey!
Deine Geschichte gefällt mir richtig gut! Zuerst war ich verwirrt wegen des Kindes und was das Problem war, doch dann hast du ja geschrieben dass Deniz ein Dschinn ist und da war alles klar ^^
Ich kann mir gut vorstellen dass für ihn Weihnachten die Hölle ist wegen den Wünschen und so xD Was ich mir wünschen würde würde ich einem Dschinn begegnen wüsste ich nicht xD

LG
Choco
Von:  MissImpression
2014-12-09T22:07:00+00:00 09.12.2014 23:07
Das ist eine schöne Weihnachtsgeschichte, ein Dschinn als Weihnachtsmann find ich klasse :D schade, dass Deniz da nicht so richtig mitmachen möchte... :P
Wirklich toll geschrieben und eine tolle Idee!

LG
Tanja
Von:  _Myori_
2014-12-09T16:59:13+00:00 09.12.2014 17:59
Eine tolle Weihnachtsgeschichte :)
Obwohl ich ja am Anfang etwas verwirrt war, was jetzt genau nicht normal an dem Kind sein soll, aber dann kam ja die Erklärung und es machte Klick ;)
Ich schließe mich meiner Vorschreiberin an: du hast einen wunderbaren Schreibstil! Und ich sollte mir mal vornehmen, mehr von dir zu lesen... Deniz hat mich auf jeden Fall neugierig gemacht ^^
Ein Dschinn-Grinch :D
Von:  Zennor
2014-12-09T13:29:36+00:00 09.12.2014 14:29
Hey
Es ist schon ne Ewigkeit her, dass ich mir mal die Zeit genommen habe, um etwas von dir zu lesen.
Wirklich viel zu lange - mit Sicherheit ein paar Jahre und Himmel, wie du schriebst! Hät ich mir doch nur etwas öfter Zeit dafür genommen, du schreibst ja wie der Wahnsinn mittlerweile! (Also früher ja auch schon gut, weißt du ja.. aber jetzt konnt ich gar nicht mehr aufhören weiter zu lesen und das obwohl die Waschmaschine so nervig piepst!)
Ich bin ja nicht besonders gut mit Reviews.. aber an der Stelle wird es doch langsam mal wieder Zeit, sowas los zu werden :)
Also danke für die tolle Geschichte, bei dem miesen Wetter hat sie mir grade viel bessere Laune gemacht!


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