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Und dein Herz wird weiterschlagen

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von

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Wie man einen alten Freund begrüßt…

Kapitel1: ~ Wie man einen alten Freund begrüßt… ~
 

Nami sah diesen stählernen Körper an, beobachtete wie sich seine Brust gleichmäßig hob und senkte. Muskeln spannten sich jedes Mal an, obwohl er fest schlief, hielten seine größten Schätze fest umschlossen, um sie vor etwaigen Feinden und Dieben zu schützen.

Sie kniete herab und beäugte diese weichen Züge, welche sonst immer so grimmig und angespannt waren, voller Zorn und Hass und nur selten positive Gefühle widerspiegelten.

Plötzlich öffnete er sein Auge, dessen dazugehörige Augenbraue bei ihrem Anblick sogleich skeptisch nach oben wanderte. Sie fiel rückwärts auf ihren Allerwertesten, geschockt von seinem überraschenden Aufwachen.
 

„Ich… ähm…“

„Beobachtest du mich etwa, wenn ich schlafe, Hexe?“

Nami sprang elegant auf ihre Beine und deutete mit einer kurzen Handbewegung in den Himmel.

„Du solltest doch oben im Krähennest sitzen und Ausschau halten, Schlafmütze!“, entgegnete sie leicht gereizt.

„Ja ich weiß. War aber müde.“, gähnte der Schwertkämpfer und schloss abermals die Augen.

Sofort entfielen Nami sämtliche Argumente, warum sie glaubte ihn vor einer Sekunde noch mit anderen Augen gesehen zu haben.

„Los, schwing deinen Hintern da rauf. Ich habe keine Lust dir das immer wieder sagen zu müssen.“

Seufzend überdrehte Zorro sein Auge und rappelte sich auf, seine Schläfen massierend fügte er hinzu: „Macht nichts, dann penne ich eben oben weiter…“

„Das wirst du garantiert nic… Woaaah!“

Das ganze Schiff schien plötzlich zu wanken, eine Gischt schwappte über die Reling.

Komisch, dachte Nami, ich hatte doch keine Veränderungen am Wetter bemerkt. Was ist hier nur los?
 

Sofort bekam sie es mit der Angst zu tun. Was, wenn sie alle von einem Sturm überrascht würden, wenn Nami in diesem kurzen Moment der Unachtsamkeit vergessen hatte, die Zeichen des Wetters zu deuten? Sie sah sich um. Alles war normal, keine Wolken, keine riesigen Wellen, kein Sturm. Sie Orientierte sich. Wieso schaukelte dieses Schiff nur so? Wurde es etwa von unten attackiert?
 

Das Folgende spielte sich innerhalb weniger Sekunden ab: Sofort nahm die Navigatorin die Beine in die Hand und warf sich an die Reling, die eben noch von Meereswasser umspült wurde und sah an der Sunny herab. Nichts. Das Schiff war dem Wasser, aufgrund der Schieflage, gefährlich nahe. Nur einige Meter trennte die Seite der Sunny von der Meeresoberfläche. Sie blickte an die andere Seite des Schiffes, die nach oben in den Himmel ragte. Von irgendwoher mussten sie angegriffen oder an irgendetwas aufgelaufen sein. Sie stürmte bergauf an die andere Breitseite des Decks. Die Navigatorin hatte noch mitbekommen, wie die Tür zur Kombüse aufgegangen war und die halbe Crew aufgeregt herauslugte.
 

Plötzlich wurde der jungen Frau flau im Magen. Die Seite des Schiffes, das gerade noch hoch oben schwebte, bewegte sich nun wieder auf das Meer zu. Namis Knie knickten ein. Im Nachhinein hätte sie schwören können, dass all dies sich über Minuten hinausstreckte. Sie sah die Wasseroberfläche auf sich zukommen und irgendwie hatte sie das Gefühl, nicht so schnell zu sinken wie das Schiff. Als würde sie in der Luft stehen bleiben. Ihre Knie waren wie Wackelpudding. Sie versuchte die Reling zu erreichen, war aber zu langsam. Alles ging so verdammt schnell…
 

Sie stand zwischen Reling und Masten, würde weder dort noch da hingelangen, bevor das Schiff endgültig die Position wechselte. Sie spürte, wie sie langsam in Richtung Reling und von der Wucht des Aufpralls über jene diese gedrückt wurde.
 

Zuletzt sah sie noch Zorros angsterfüllte Augen. Dieser Gesichtsausdruck galt ihr. Diese panisch verzerrten Lippen, die etwas Unverständliches sagten, die galten ihr. Er stürmte auf sie zu, hatte sich und seine Beine auf dem wackeligen Untergrund überaus besser unter Kontrolle. Mit einem ausgestreckten Arm sprintete er auf sie zu, um Namis Körper vor dem Überbordgehen zu bewahren. Doch auch er kam zu spät.
 

In letzter Sekunde spürte die Navigatorin etwas Warmes um ihren Körper, in der nächsten sah sie auf und wurde dicht an Ruffys Körper gepresst. Er hatte sich über einen Segelpfosten zu ihr geschwungen und sie vor dem sicheren Fall gerettet. Ihre Anspannung fiel sofort ab. Sie wusste, sie war nun in Sicherheit. „Verdammte Marine!“, brüllte dieser, als er den Grund des schweren Seegangs erkannte: Zwei gigantische Kanonenkugeln hatten die Sunny knapp verfehlt und verursachten somit diese unglaublichen Schwankungen. Gott sei Dank konnte nicht jeder so einen vorzüglichen Schützen wie die Strohhutbande haben…

In Gedanken beschäftigte sie sich schon damit, Zorro den Arsch aufzureißen, welcher durch Verweigern des Späherpostens Schuld an der ganzen Misere hatte. Ruffy und Nami landeten nach einer 180° Drehung um den Masten des Schiffes auf dem Deck. „Alles gut, Nami?“, wisperte der junge Kapitän seiner Freundin zu, diese nickte kurz und trug dann allen ihre Befehle aus. Sie erkannte das Marineschiff etwa 500 Meter von ihnen entfernt. Es holte mit enormer Geschwindigkeit auf. Plötzlich durchzuckte es Nami wie ein Messerstich: Das Wetter veränderte sich, und zwar in dieser Sekunde! Dichter Nebel legte sich über das Meer und ließ alles rundherum verschwinden.
 

„Noch einmal 15° Steuerbord und dann sagen wir den Vollpfosten Adieu, Franky!“ „Verstanden, Nami!“

Alle klammerten sich fest und warteten auf den Schub. Und der ließ nicht lange auf sich warten…
 


 

Letztendlich konnten die Strohhutpiraten weiteren Salven durch einen Coup de Burst entgehen und der dichte Nebel hinderte die Marine an der Verfolgung. Allerdings waren die Strohhüte nun meilenweit von ihrem eigentlichen Kurs abgekommen, was den Kapitän jedoch wenig störte. Auch Nami beschäftigte sich eher mit dem aufkommenden Nebel, der das Navigieren schwer machte.
 

Sie trat aus der Tür auf das Deck, wo die Mannschaft versammelt wartete. Durch diese Turbulenzen vor etwa einer Stunde war die junge Frau völlig durchnässt worden und hatte sich nun etwas Trockenes übergezogen. Zwar klebte das Salz des Wassers noch immer an unangenehm an ihrem Körper, das müsse jedoch warten. Es gab wichtigeres zu klären.
 

Als sie auf dem Zimmer trat war die Stimmung zwar ausgelassen und erleichtert, jedoch konnte man deutlich spüren, dass Nami gleich an die Decke gehen würde. Jemand hatte versagt. Jemand war schuld, hatte ihre Befehle nicht ausgeführt und somit die Besatzung, im besonderen Nami selbst, in Gefahr gebracht.
 

Mit großen Schritten ging sie auf den Schwertkämpfer zu, welcher wie zuvor am Masten gelehnt vor sich hindöste. Von der Panik und dem angstverzerrtem Gesicht von vorhin war rein gar nichts mehr zu erkennen. Als sie ihn erreicht hatte, packte Nami den Mann am Kragen und zog ihn, mit ungeahnten Kräften, auf die Beine. Überrascht starrte er ihr in die Augen, die plötzlich groß und bedrohlich vor ihm aufblitzten. Er rechnete damit, Ärger zu bekommen, jedoch war er Seiten Namis Wutausbrüche und Schimpftiraden gewöhnt. Diese bedrohliche und absolut hasserfüllte Nami ließ ihm mulmig zumute werden.
 

„Du…“, zischte sie und starrte ihn eisig an. Sie brauchte einen Moment, um ihre Worte zu sortieren, ließ ihn los und trat einen Schritt zurück, wurde dadurch nicht weniger Angst einflößend. „Das war deine Schuld. Hättest du darauf gehört, was ich dir aufgetragen habe… Hätte Ruffy nicht so schnell reagiert, wäre ich draufgegangen.“

Zorro überdrehte die Augen, versuchte die Spannung mit einem Scherz abzuspitzen: „Ach, Unkraut vergeht nicht.“
 

Ein Fehler.
 

Eine Sekunde lang schien Nami beinahe zu explodieren. Ihr Kopf wurde rot, ihre Atmung flach. Doch dann, von einer auf die andere Sekunde, verflog ihre Wut und sie sah durch Zorro hindurch. Keinerlei Emotionen ließen sich erschließen. Sie stand nur da und sah durch ihn hinweg. Dann machte sie auf der Ferse kehrt, sah etwas verwirrt aus, als hätte ihr jemand einen Streich gespielt, und wandte sich an die anderen. Sie legte ihren trinären Log-Port ab und drückte ihn Robin in die Hand.
 

„Kümmere dich drum.“, sie deutete auf die vorderste der Kuppeln, dessen Pfeil geradewegs in eine Richtung zeigte. „Zurück sollten wir nicht. Die Gefahr ist zu groß, der Marine über den Weg zu laufen. Wir wechseln den Kurs. Diese Insel sollte ganz in der Nähe sein. Ich nehme ein Bad.“

Mit diesen Worten stapfte die junge Frau schwerfällig die Treppen hinauf in Richtung des Badezimmers der Sunny und hinterließ verwunderte Gesichter. Während Chopper, Robin und Ruffy die ganze Szene mitverfolgten und Zorro unmittelbar miteingebunden war, bemerkte der Rest der Crew nicht allzu viel, da dieser beschäftigt war, das Schiff wieder einigermaßen in Ordnung zu bringen.
 

Ruffys Augen richteten sich zu Zorro, der Nami skeptisch nachstarrte. Sein Blick verriet, dass er sich in einer Zwickmühle befand, dass er innerlich einen Streit ausfocht, den er verlieren würde. Zorro wusste, Nami hatte Recht gehabt mit dem, was sie eben sagte.

Zorro blieb Ruffys plötzliches Grinsen nicht verwehrt, mit dem er den Vizen bedachte.

„Was?“, brummte er halb desinteressiert.

„Du wirst dich bei Nami entschuldigen!“

Ein kurzes Gurgeln kam dem Kapitän aus, welcher die Idee anscheinend ungeheuer lustig fand.

„Wie kommst du denn da drauf?“

„Ich befehle es dir!“ Immer noch dieses weite Grinsen von Ohr zu Ohr, langsam jedoch bekam es einen schadenfrohen Beigeschmack.

„Niemals.“

Zorro wollte sich schon abwenden, doch da entgegnete Ruffy laut und lachend: „Oh doch, denn ich bin der Captain und das Letzte was wir brauchen ist eine zickige Navigatorin.“
 

Wieso haben wir sie denn dann überhaupt dabei, dachte sich Zorro im Stummen, kletterte den Masten hoch und verschwand im Ausguck.
 


 

Ich lebe.

Ich habe keine Ahnung wie, aber ich lebe.

Es ist kalt hier, und dunkel.

Ich kann mich kaum bewegen.

Alles schmerzt.

Aber ich lebe.

Und der erste Mensch, an den ich denken kann, ist mein Bruder.
 


 

Der Nebel lichtete sich etwas. Immerhin konnte man nun mehrere Meter weit sehen. Die Insel, die sie ansteuerten, war klein und unspektakulär. „Tja“, seufzte Sanji und steckte sich eine Zigarette in den Mund. „Besonders schön ist es hier nicht.“

„Aber vielleicht gibt es etwas zu Essen hier… und zumindest sind wir alleine und können die aktuellen Umstände etwas beruhigen lassen.“, rechtfertigte Robin und zwinkerte Zorro zu, welcher beleidigt zur Seite starrte. Diesen Seitenhieb würde er sich gefallen lassen, aber das war’s dann! Ruffy ging mit einem dicken Rucksack voraus, woraufhin Robin, Lysopp, Brook und Sanji sich anschlossen. Kurz bevor der Nebel sie verschluckte machte der Kapitän noch einmal kehrt und winkte seinem Vizen grinsend zu. „Du weißt, was du zu tun hast!“ Dann gingen sie weiter und wurden vom Nebel und den ersten Bäumen, die den Strand säumten, umhüllt. Alles was man hörte, was die stille See und ein gespenstisches „Yohohoho“ von Brook.
 

Zorro seufzte schwer und lehnte sich mit dem Rücken an die Reling, Franky beobachtend, der das Schiff nach eventuellen Schäden untersuchte. Von Chopper war nichts zu sehen. Nami hatte er seit ihrer Auseinandersetzung nicht mehr gesehen, wahrscheinlich war sie noch immer im Badezimmer. Zorro stutzte. Das musste schon Stunden her sein, mindestens fünf! Brauchte eine Frau wirklich so lange für ein Bad oder was sonst etwas passiert?
 

Kurz wunderte sich der Schwertkämpfer über sich selbst. Seit wann machte er sich denn solche Sorgen? Was sollte denn immerhin schon passiert sein? Sie würde wohl kaum in der Wanne ertrinken. Aber was erklärt sonst ihre stundenlange Abwesenheit? War sie schon vor langem ins Zimmer gegangen, ohne dass es jemand merkte? Sicher nicht, er hatte er kurz bevor die Gruppe auf der Insel ankam vom Ausguck aus Licht im Badezimmer gesehen und niemand anders war hineingegangen. Er hatte sich nichts dabei gedacht doch nun kam er ins Grübeln. Ohne recht lange darüber nachzudenken steuerte automatisch zum Heck des Schiffes und stand vor der Tür zum Bad. Er lauschte, doch man hörte nichts. Jedoch brannte eindeutig Licht, es fiel durch den Türschlitz am Boden.
 

„Nami?“

Niemand rührte sich. Etwas lauter. „Nami?!“

Wieder nichts.

Zorro wurde nervös, befand sich zum zweiten Male dieses Tages in der Zwickmühle.

Vorsichtig legte er die Hand an den Knauf und drehte ihn, öffnete die Tür einen Spalt.

„Ich komme jetzt rein, Nami!“

Wieder nichts. Nun bekam er es mit der Angst zu tun, riss die Tür auf und bereitete sich schon auf das Schlimmste vor: Eine bewusstlose und nackte Navigatorin aus dem Bad zu hieven und sie zu Chopper zu tragen.

Doch da saß sie, inmitten eines Schaumbades und ein Waschlappen auf der Stirn. Ihre langen Haare waren nass, hingen aus der Wanne und hinterließen eine kleine Pfütze am Boden. Sie sah ihn mit einer hochgezogenen Augenbraue an. „Was gibt’s?“

Zorro wurde puderrot, wollte sich die Unannehmlichkeit der Situation aber nicht eingestehen und blieb deshalb an Ort und Stelle stehen.

„W-Wieso hast du nicht… Du bist schon ewig hier! Wieso sagst du denn nichts wenn ich vor der Türe stehe und nach dir rufe, du Ziege?“

Desinteressiert lehnte sie ihren Kopf in den Nacken und richtete sich den Lappen auf dem Kopf zu Recht, schloss die Augen.

„Ich dachte, es könne bestimmt warten.“

„Du bist noch immer sauer? Kannst du mir nicht wie immer eine verpassen und gut ist’s?“

„Keiner hat gesagt, dass ich sauer bin, Zorro. Ich brauche nur etwas Ruhe.“
 

Er lachte herablassend, wusste aber sonst nichts zu sagen. Er wollte nicht diskutieren, wozu auch? Sie war nicht sauer, wenn er sie einfach ein paar Tage ignorieren würde wäre sich alles wieder gut. Aber… Hat das Übel nicht genau da begonnen? Als er ihre Befehle ignorierte?
 

„Es-Es tut mir leid.“, murmelte er, was allerdings wenig nach einer Entschuldigung klang.

„Schon gut.“ Auch bei Nami war der Tonfall wenig überzeugend. Sie hatte Zorros ungeschickte Entschuldigung wohl ebenso wenig ernst genommen, wie er selbst.

Mehr gab es wohl nicht zu sagen. Erst als Zorro die Tür schon fast geschlossen hatte hörte er ihre enttäuschte Stimme: „Ich bin es ja gewöhnt von dir.“

Das saß. Tief. Er überlegte einen Moment, wieso diese Traurigkeit in ihrer Stimme ihm wohl so unangenehm war.

„Hört zu…“, setzte er an, doch weiter kam er nicht.

Verzweifelte Rufe nach Ruffy klangen hinter ihm und bescherten ihm Gänsehaut.
 


 

Ich bin zurück.
 


 

„Chopper, was ist hier los?“

Im Nu war Zorro am Deck angelangt und auch Nami hatte sich in Windeseile etwas übergezogen und dackelte ihm mit nassen Haaren nach.

Der kleine Elch kniete da, über Ruffy gebeugt, welcher reglos im grünen Gras der Sunny lag, als würde er schlafen. Doch das war kein normaler Schlaf. Er schwitzte, am gesamten Körper. Von den anderen fehlte jede Spur. Was war passiert? Angst durchströmte Namis Körper. Was kann das nur bedeuten?
 

„Er hat einen Schock“, erklärte der Arzt und fühlte Ruffys Puls, „Er ist in Ohnmacht gefallen!“

Zorro und Nami blickten sich kurz an. All der Ärger war plötzlich vergessen. Nur die Sorgen um ihren gemeinsamen Kapitän waren anwesend. Franky kam hinzu und hob den jungen Mann vorsichtig auf. „Was sollen wir mit ihm machen?“

Nami hatte nun das Gesicht des Schwarzhaarigen erkennen können und sie knickte beinahe auch zusammen, konnte sich aber noch an Zorros Schulter festhalten. Die andere Hand hielt sie sich vors Gesicht, ihre Augen vom Anblick weit aufgerissen.
 

Das Gesicht ihres liebsten Kapitäns war zu einer unnatürlichen Fratze verzogen, als hätte er dem Teufel höchstpersönlich ins Antlitz geblickt. Und sogar das hätte ihm nicht so aus der Fassung gebracht. Es musste also etwas weitaus Schlimmeres gewesen sein, was ihn so verstörte. Er hatte weder Verletzungen noch deutete sonst ein Zeichen auf einen Kampf hin. Lediglich ein paar Striemen verunstalteten sein Gesicht, die ihm die Bäume und Sträucher zugefügt haben mussten, als er durch den Wald gelaufen ist. Aber was könnte das nur sein, wovor der tapfere Strohhut weglaufen könnte? Sogar seine Freunde hatte er zurückgelassen.
 

„Ich gehe sie suchen!“, beschloss Zorro mit fester Stimme und holte Nami somit aus ihrer Gedankenwelt. Mit diesen Worten sprang er vom Deck und landete im knietiefen Wasser. Als er schon festen Boden unter den Füßen spürte, hörte er Nami hinter sich.

„Ich komme mit, hier kann ich sowieso nicht viel ausrichten.“

Einen Moment lang wollte Zorro schon widersprechen, stimmte dann jedoch mit einem kurzen Brummen zu. Als bräuchte sie seine Zustimmung…
 


 

Ich lebe.
 


 

„SANJI, LYSOP!“

Es ist ein altbekanntes Phänomen, dass ein Raum immer dann größer erscheint, wenn man etwas sucht. Ein Zimmer, in welchem man ansonsten keinen Platz hat, wirkt plötzlich riesig, wenn man etwas verloren hat. Auf einmal fallen einem all die Ecken und Winkel auf, die dieser Raum besitzt, in der das gesuchte Objekt verschwunden sein könnte.

„Halt doch die Klappe, oder willst du den Feind auf uns aufmerksam machen?“, zischte der Grünhaarige von der Seite.

„Sag mir nicht, was ich tun soll, du Idiot!“

„Na toll… Müssen wir genau jetzt damit anfangen, du Zicke? Ging das nicht ein bisschen früher?“

Mit höchster Konzentration kämpften sich die beiden durch den dichten Dschungel, immer darauf bedacht nicht zu laut zu streiten.

„Also ich finde den Zeitpunkt perfekt. Aber ich vergaß, du tust und denkst ja sowieso immer nur das Gegenteil von dem, was ich für richtig oder falsch halte.“

„PSSST! Kannst du vielleicht ein bisschen leiser Unfug reden?“

„Ach, du hälst das was ich sage für Unfug? Dann weiß ich ja jetzt, wieso du dich sämtlicher meiner Befehle widersetzt und uns alle in Gefahr bringst!“

Zorro seufzte und bog einen weiteren Ast zur Seite, um zu passieren.

„Ach komm, es ist ja nichts passiert.“

„Ja, weil Ruffy da war und mich gerettet hat. Nicht mal das bekommst du auf die Reihe.“

In einem Anflug von tiefster Verachtung für die eben ausgesprochenen Worte der jungen Frau ließ Zorro den Ast, den er eben noch gehalten hatte, ohne nachzudenken los und grinste noch kurz in sich hinein. Der Ast schnalzte zurück und genau in Namis Gesicht, traf sie auf der Lippe. Sie stieß einen kurzen, leisen Schmerzensschrei aus und in dem Moment hasste Zorro sich selbst. Was war ihm da nur eingefallen?
 

Geschockt über seine Tat drehte er sich um und blickte in zutiefst entsetzte Augen. Über ihre Lippe lagen ihre zögerlichen Finger, die Augen fixierten ihn, drangen durch bis zu seinem Herzen und versetzten es in Eile. „Nami, ich…“

Sie ließ ihre Finger, die eben noch auf ihrer Lippe ruhten, über eben diese gleiten und betrachtete sie mit gesenktem Blick. Etwas Blut klebte an ihnen. Nicht viel, aber es reichte, um Zorro noch mal einen herben Stoß in die Magengrube zu versetzen. „Ich wollte dir nicht… Scheiße, zeig mal…“
 

Als wäre alles andere gerade nur halb so wichtig machte er einen Schritt auf sie zu und legte eine Hand auf ihre Wange, die andere drückte ihr Kinn hoch, um die Wunde betrachten zu können. Es war nicht schlimm, nur eine kleine Stelle, an der der Ast ihr die Lippe aufgeschürft hatte. Zorro aber fühlte sich hundsmiserabel, nicht zuletzt der Blicke wegen, mit denen Nami ihn die ganze Zeit über bestrafte. Ohne ein Wort, ohne einen Wutanfall. Sie sah ihn einfach an mit dieser Mischung aus Enttäuschung, Angst und Erschrockenheit.
 

Er wischte ihr das restliche Blut ab, die Wunde hörte sofort auf zu bluten und er zog die eine Hand, die an Namis Kinn lag, zurück. Die andere jedoch wanderte zu ihrem Nacken, der sich zu verkrampfen begann.

„Du bist manchmal so eine Zicke, dass ich oft die Lust habe, die zu knebeln und zu fesseln. Aber heute hattest du Recht.“

Überrascht von dieser Einsicht wurde Namis blick weicher, fragend.

„Ich weiß wie klug du bist und wir alle vertrauen dir. Ich werde mich in Zukunft an die Befehle, die das Schiff betreffen, halten.“
 

Nun lag kein Fünkchen Hass mehr in ihren Augen, nur Neugier und Ungläubigkeit. Sie entspannte sich und sah ihm tief in die Augen. Da waren sie wieder, diese weichen Züge in seinem Gesicht, die ihn um etliches liebevoller aussehen ließen. Es kam ihnen vor, wie eine Ewigkeit, in der sie so dastanden, seine Hand in ihrem Nacken, schweigend.
 

Plötzlich – ein Beben, Vögel verließen gehetzt ihre Nester. Zorro legte schützend eine Hand um Namis Schulter und zog sie mit sich auf den Boden. So verharrten sie, bis das Beben zu Ende war. „Was war das, zum Teufel?“

Schnell richtete sich Zorro auf, ließ dabei Nami los, um sprintete davon. Ehe Nami begriff, was geschehen war, startete sie ihm auch schon hinterher. Das unwegsame Gelände machte die Verfolgungsjagd nicht leicht. Sie sah Zorro auf eine Lichtung zusteuern. Nein, keine Lichtung, es war das Ende des Waldes! Sie hatten die Insel wohl einmal durchquert und waren nun an einem anderen Teil des Strandes angekommen. Von hier aus ging das Epizentrum des Bebens. Sie erkannte schemenhafte Figuren. Erst jetzt fiel ihr auf, dass sich der Nebel gelichtet hatte und die Sonne wieder zum Vorschein kam.
 

Sie rannte, versuchte mit Zorro mitzuhalten. Dieser sprang aus dem Wald und Nami folgte ihm, rechnete jedoch nicht damit, dass ihr Freund gleich vor ihr zum Stillstand kam. So krachte sie mit ungedrosseltem Tempo in den Schwertkämpfer hinein, wollte sich schon lauthals bei ihm beschweren, als sie geradeaus auf den Strand blickte. Da saß jemand.
 

Zuerst erkannte sie das Skelett, dann Sanji. Robin schien auch wohlauf zu sein, und dort stand Lysop, mit zittrigen Knien wie immer. Einige hundert Meter vom Strand stand ein Marineschiff in Flammen und war gerade dabei, zu versinken. Sie glaubte zu erkennen, dass es dasselbe von heute Vormittag sei. Aber dann stand da noch jemand, ihnen den Rücken zugewandt, auf welchem eine große Narbe prangte. Die letzten Reste eines Tattoos schienen sich aus der Wunde herauszukrümmen. Die Person schien dem brennenden Schiff zuzusehen, dann wandte sie sich den Neuankömmlingen grinsend zu.
 

Es war Puma D. Ace.

Wie man zu den Lebenden zurückkehrt…

Kapitel2: ~ Wie man zu den Lebenden zurückkehrt… ~
 

Als Kind hatte Nami immer wieder von der Sekunde geträumt: Der Moment, in dem ein todgeglaubter Mensch wieder zum Leben erwacht. Der Moment, in dem sie Bellemere gegenübersteht und sie würde lachen: „Das war alles nur ein Traum.“
 

Nun war der Moment da, nur die Hauptfigur war eine andere und Nami hatte Angst. Es war so unwirklich. So grotesk. Es war wie ein Schleier, der sich langsam über alles legte. Zum dritten Mal an einem Tag schien ein Moment nicht vergehen zu wollen. Erst als Ace zu sprechen begann glaubte sie ihren Augen.
 

„Nami, nicht wahr? Und Lorenor Zorro. Anscheinend habe ich meinem kleinen Bruder einen ganz schönen Schrecken eingejagt.“ Er grinste. Wie konnte er in so einer Situation nur grinsen, dachte die Navigatorin. Sie fröstelte, plötzlich verstand sie, was ihrem Kapitän diese unglaubliche Angst gemacht hat, wieso sein Gesicht so von Schmerz und Elend belegt war: Er glaubte wahnsinnig zu werden.
 

Hätte Nami hier und jetzt Bellemere gesehen, sie hätte genauso reagiert. Sie hätte sich zusammengerollt und wäre wahrscheinlich nie wieder aufgestanden. Sie hätte geglaubt, den Verstand zu verlieren. Ruffy tat ihr auf einmal unglaublich Leid, obwohl sie sich doch hätte freuen müssen für ihn. Sie hätte sich in diesem Moment freuen sollen, dass Ace wohlauf war, wenn auch nicht wissend, wie das eigentlich funktionieren kann.
 

„Ace?“

Er grinste eine Spur breiter.

„Na, habt ihr dann bald eure ganze Crew durch den Wald gejagt oder kümmert sich auch jemand um meinen kleinen Bruder?“

„W-Wa…“

Nami starrte zu den anderen, die zwar auch noch leichenblass waren, jedoch die Situation schon einigermaßen verdaut hatten. Sanji schien sogar ziemlich entspannt zu sein und puffte an seiner Zigarette, während er erklärte: „Wir haben nach Essbarem gesucht, als Ruffy plötzlich wie aus dem Nichts und von der Tarantel gestochen auf den Strand hier zulief. Als würde er jemanden spüren.“

„Wir sind ihm gefolgt“, setzte Nico Robin fort, „Und trafen auf ihn. Ruffy stand wie angewurzelt da, es verging eine Minute bis er kehrt machte und durch den Wald jagte wie ein wildes Tier.“

„Kurz darauf hat uns die Marine entdeckt, ich habe mich fast zu Tode erschreckt. Dabei bin ich ja schon tot, yohohoho. Und nun seid ihr hier.“, endete das Skelett.
 

Sie konnte ihre Augen nicht von Ace nehmen. Er ist hier, er lebt. All die Tränen, all die Trauer und Verzweiflung… Die Hölle durch die Ruffy gegangen ist… Es hat ihm das Herz zerquetscht, wieder und wieder. Nami hatte ihn beobachtet, hatte diese Momente wahrgenommen, in denen er nicht so unbekümmert war wie sonst. In denen er einfach nur in die Leere starrte. Sie konnten in wenigen Sekunden vorbei sein und sie konnten stundenlang dauern, diese Momente in dem etwas in seinen Augen erlosch und er sich in sich zurückzog. In diesen Momenten, das wusste Nami, brach ihm das Herz, weil sein tatsächlich größter Schatz ihm genommen wurde – sein Bruder. Und jetzt sollte er einfach wieder da sein? Einfach von den Toten auferstanden?
 

Nami wusste, die Frage des ‚Warum’ war noch nicht geklärt, aber vorrangig war es nun, den Kapitän wieder aufzupäppeln, der momentan ein zweites Mal durch die Hölle ging.

„Lasst uns nach ihm sehen.“

Ace blickte zu Nami und ihr wurde unwohl zumute. Ihre Augen sahen ihn als Mensch, doch ihr Verstand konnte ihn noch immer nur als Geist betrachten. Nervös wandte sie sich ab. Sie zog Vergleiche mit Bellemere, fragte sich, wie um alles in der Welt es nur möglich war. Sie ging voran, spürte seinen Blick im Rücken. Ihre Reaktion war ihm nicht verborgen geblieben.
 

Bei der Sunny angekommen schockierte die Nachricht die zwei übrigen Mitglieder der Crew ebenso. Keiner konnte sich einen Reim aus Aces Auftauchen machen, es gab wohl niemanden, der eine Sekunde nicht an seinem gesunden Menschenverstand zweifelte. Jedoch hielt Ace die Antwort auf alles im Verborgenen. Er will es wohl erst nach Ruffys Genesung preisgeben, so der Gedankengang der jungen Frau, entweder das oder er ist sich selber nicht ganz sicher.
 

Ruffy wurde in Choppers Behandlungszimmer gebracht. „Er ist stabil, er schwebt in keinerlei Gefahr. Sein Kreislauf ist nur total aus dem Gleichgewicht. Aber nach den Neuigkeiten wundert mich seine Reaktion überhaupt nicht.“ Der kleine Arzt schielte zu Ace und beäugte ihn ungläubig. Er schien anhand Aces Wunde wohl eine Diagnose zu stellen, wie lächerlich klein wohl seine Überlebenschancen zur Zeit der Schlacht gestanden hatten. Es gab theoretisch überhaupt keine Chance. Wichtige Organe wurden einfach verbrannt, herausgerissen, zerstört.
 

Der Elch schüttelte resignierend den Kopf, trat von Ruffys Körper zurück und ließ Ace herankommen. Dieser grinste breit und schüttelte dann lachend den Kopf. Nami verstand seine Reaktion nicht und verließ das Zimmer.
 

Sie trat an Deck, um das Wetter zu checken. Der Wind wurde rauer, fast hätte Nami die Sache mit der Marine vergessen. Falls sie Verstärkung angefordert hatte musste die Truppe schleunigst von hier weg. Sie warf einen Blick auf den Log-Port. Eine Nadel zeigte vibrierend in eine Richtung, die anderen beiden hielten ganz still. Sie würde sich wohl oder übel für eine Richtung entscheiden müssen, nun, da ihr Kapitän handlungsunfähig war.
 

„Du würdest gerne wissen was passiert ist, nicht wahr?“

Sofort versteifte sich etwas in ihr. Die kühle Abendluft verwandelte sich und schien nun elektrisch aufgeladen zu sein. Er stand neben ihr, lässig mit dem Rücken an die Reling gelehnt und den Kopf ihr zugewandt. Unbehaglichkeit stieg in ihr auf und sie wollte nicht hier sein, nicht mit ihm, alleine. „Du bist mir unheimlich.“, platzte sie unvorbereitet heraus, ließ Aces Augenbraue hochschnellen. Dann lachte er kurz, hielt es für einen Scherz, doch er bemerkte gleich, dass Nami keinerlei scherzhaften Ton angeschlagen hatte und verstummte wieder, ein nervöses Grinsen auf den Lippen.
 

„Dachte ich mir.“, gestand er und seufzte, „Ich habe es gleich bemerkt. Ist nicht gerade das, was ich mir wünsche. Ich will niemandem Angst einjagen, schon gar nicht Ruffy oder seiner Crew. Und dennoch habe ich es geschafft.“

Er stand da, beide Hände demonstrativ in der Höhe, als würde er sich präsentieren.

„Tut ganz schön weh, so was zu hören.“, fügte er hinzu und drehte sich von Nami weg, beobachtete einen unbekannten Punkt in der Ferne.

„So habe ich das nicht gemeint… Ich meine, diese Situation ist einfach… Und Ruffy…“

Nami schaffte keinen halbwegs anständigen Satz fertig zu stellen, also schwieg sie einfach nur in Demut. Dann stellte sie sich neben ihn an die Reling und blickte ebenfalls in die Ferne.
 

„Ich weiß, es hört sich jetzt vielleicht falsch an, aber ich denke nur nach, wieso… Es so ungerecht ist. Ich kann mir gut vorstellen, dass du aufgrund deiner Teufelskräfte noch hier bist, sie müssen dich irgendwie gerettet haben. Und ich halte es für unfair.“, sie blickte auf ihr Armband und wusste, wie egoistisch sich das anhörte, „Wieso dürft ihr das? Wieso ist es euch gegönnt? Warum werden ‚normale‘ Menschen getötet und kommen nie wieder zurück und ihr dürft das?“
 

Sie lächelte ihn traurig an. „Tut mir leid, ich fasse es nur einfach noch nicht und bin verwirrt. Mehr als verwirrt.“

„Ich verstehe dich.“
 

Nami blickte skeptisch drein. Sie hatte ihm gerade vorgeworfen am Leben zu sein und er verstand sie? Sie sah ihn lächeln. Er und Ruffy glichen sich in vielen Dingen. Doch die auffälligste, liebenswerteste Ähnlichkeit war diese unvoreingenommene Fröhlichkeit. Sie lachte ebenfalls und fühlte sich plötzlich nicht mehr so unwohl in seiner Nähe, ganz im Gegenteil. Sie hatte auf einmal das Gefühl, ihm ganz nahe zu sein. Als wäre es ihr Kapitän selber, mit dem sie gerade hier draußen stand.
 

Sie bemerkte, von ihm beobachtet zu werden und sah ihn fragen an, doch er lächelte nur.

„Nami also… Du siehst noch hübscher aus.“

Mit diesen Worten, die er ganz beiläufig und ungeniert äußerte, ging er und hinterließ eine verdatterte Navigatorin. Nun ja, sie waren sich eben nur beinahe gleich…
 

Es war schon spät und Nami war alleine, als sie bei ihrem Captain saß und stumm über ihn wachte. Seine Gesichtszüge hatten sich ein wenig entspannt und vor einigen Minuten hatte er die Augen aufgeschlagen, jedoch kein Wort gesagt. Nami sah ihn an, wie verwirrt er noch immer war. Sie kannte diese leeren Augen nur zu gut. Keiner von den beiden sprach etwas. Auf die Idee die anderen zu verständigen war sie noch gar nicht gekommen, sie wollte ihn sich erstmals erholen lassen.
 

„Nami.“

Endlich, nach langen Minuten des Schweigens sprach er. Nami machte auf ihrem Stuhl einen kleinen Sprung nach vorne und lauschte. Seine Augen blickten nicht gänzlich starr gen Decke, sondern vibrierten vielmehr in ihren Höhlen. Als würden sie einfach keinen Frieden finden.

„Nami, ist es wahr? Oder bin ich verrückt.“, fragte der junge Kapitän letztendlich.

Sie lächelte sanft, um ihr Mitleid zu verschleiern.

„Nun ja, ich hoffe mal es ist wahr. Ansonsten bin ich auch verrückt.“

Die Muskeln seiner Stirn zuckten, wollten damit gar nicht mehr aufhören. Nun erst hatte er es begriffen. Ace war wieder da. Er setzte sich im Bett auf. Das Stirnrunzeln, so stellte sich heraus, war ein Kampf, seine Mimik nicht völlig entgleisen zu lassen. Doch den Kampf verlor er. Dicke Tränen sammelten sich in seinen Augen. Seine Nasenflügel plusterten sich auf und er atmete einmal unkontrolliert ein, hielt die Luft an.
 

Nami wusste nicht, was sie tun sollte, also nahm sie ihn behutsam in den Arm. Er schien die Luft wieder langsam aus seinen Lungen entweichen zu lassen und drückte sich an sie, weinte sich an ihrer Schulter aus. Sein Körper bebte, als würde ein Vulkan in ihm toben, der zu lange verschlossen gewesen war. Er hatte es nun begriffen, die Realität hatte ihn eingeholt. Sein Bruder lebte.
 

In der Kombüse wurde geredet, gekocht und vor allem getrunken. Das Schiff war schon seit mehreren Stunden wieder auf Kurs und trieb sachte am Wasser dahin. Nami wusste, dass sich dies jeden Moment ändern konnte und blieb, trotz jüngster Geschehnisse, aufmerksam, beobachtete den Wind und das Meer. Doch nun galt es, Ruffy zu unterstützen. Die beiden standen vor der Tür zur Küche und Ruffy lauschte der Stimme seines Bruders, grinste dabei verträumt.
 

„Bereit?“, fragte Nami, nervöser als er. Ruffy nickte zur Bestätigung und die junge Frau stieß die Türe auf. Alle Augen waren auf sie gerichtet, die Unterhaltungen endeten abrupt. Sie ging durch die Tür und warf Ace eine Blick zu, trat beiseite, sodass Ruffy ihn sehe konnte.
 

Sie starrten sich an. Sie starrten sich lange, lange Zeit einfach nur an. Keiner sagte etwas, keiner tat etwas, nur ein emotionsloser Blick vom einen zum anderen. „Wieso?“, fragte Ruffy und seine Stimme war benetzt von Wut und tiefer Kränkung. Doch dann grinste Ace.

„Wieso denn nicht?“

Ruffy schien, entgegen jeder Vernunft, zufrieden mit dieser Antwort. Ace stand auf, ging auf ihn zu und streckte ihm die Hand entgegen. Sein jüngerer Bruder schlug ein, ergriff sie gleichzeitig und sie sahen sich tief in die Augen. Es war eine Art Bündnis, ein Abkommen, stumm und doch so voller Worte.
 

Namis Magen überschlug sich und sie war bewegt.

„Yohohoho, die Brüder haben sich wiedergefunden, yohoho.“

„Ja, lasst uns darauf anstoßen!“, feierte Sanji und Brook stimmte ein Lied an, während sich die beiden immer noch anstarrten. Was keiner wusste war, dass sie niemand hören konnte. Denn sie waren zwar hier, aber nicht da. Sie hatten sich wiedergefunden und diese wenigen Sekunden gehörten nur ihnen. Niemand sonst durfte in diese vertraute Blase, nur Ace und Ruffy. Nur die zwei Brüder. Zwar nicht im Blute, aber im Herzen.
 

Nami war früh gegangen und suchte ihr Zimmer noch vor allen andere auf. Das war auch ok, der Tag war anstrengend und lange gewesen. Schon nach wenigen Krügen Bier bemerkte sie, wie ihr Körper vom Alkohol kribbelte und sie sich entspannte. Schlaf war genau das, was sie nun brauchte. Sie band ihre lange Mähne zu einem Zopf und zog sich um. Sie würde im Nu einschlafen, davon war sie überzeugt. Und damit hatte sie nicht Unrecht, nur wenige Minuten nachdem sie es sich unter ihrer Decke gemütlich gemacht hatte driftete sie ab. Sie sah ein wankendes Schiff, einen dichten Wald, der unzählige Wege besaß. Und dann war da ein toter Bruder neben einer älteren Frau. Sie saßen im Sand vor dem Wald, lachten und spielten Karten. Nami rief nach ihnen, sie drehten sich um und es war Bellemere.
 

Nami schrak auf, als sie jemanden gegen Robins Bett krachen hörte. Das konnte nicht ihre anmutige Freundin sein, sie hatte einfach ein seltsames Gefühl. Schnell setzte sie sich im Bett aufrecht hin und betätigte die Lampe, die neben ihr auf einer Kommode stand. Der Raum wurde schwach beleuchtet, dennoch konnte sie den Übeltäter erkennen.
 

„Was machst du denn hier, hast du dich verlaufen?“

Der Angesprochene winkte ab und rieb sich das Schienbein. „Scheint so, tut mir leid, ich kenne euer neues Schiff leider noch nicht gut genug. Ich dachte hier wäre die Männerkajüte.“

Nami schüttelte noch immer leicht erschrocken den Kopf, vergaß sie doch glatt, den vor Erstaunen geöffneten Mund wieder zu schließen.

„Was ist, hast du einen Geist gesehen.“, scherzte der junge Mann und zwinkerte ihr verschwörerisch zu, als hätte er gerade einen besonders originellen Witz gerissen.
 

Sie sah ihn skeptisch an. „Nein, Ace, aber du bist immer noch da und das zerstreut mich.“

Ungeduld klang in ihrer Stimme mit. Ein Attribut von vielen, das Nami ausmachte.

„Mein kleiner Bruder hält sehr viel von dir. Er sagt du bist unheimlich klug.“

„Tja, aus Ruffys Sicht muss das wohl so sein.“

„Und auch talentiert.“

„Nicht nur Talent, das war auch jahrelange, harte Arbeit.“

„Und schön.“

„Bei den vielen Männern die er täglich um sich hat ist das kein großes Kompliment.“

Ace war nicht aus der Fassung zu bringen. „Du hörst nicht gerne Gutes über dich, stimmt‘s?“

Mit nur halbernster Stimme sagte sie noch: „Mach dass du hier rauskommst.“, und lachte dabei. Sie wusste auch nicht wieso, sein ständiges Schmunzeln war ansteckend wie eine schöne Krankheit. Langsam machte er kehrt und murmelte dabei noch gespielt beleidigt: „Andere wären von meiner Anwesenheit hellauf begeistert!“

Bevor er aber die Türe schloss kehrte er sich der Navigatorin ein letztes Mal zu und deutete mit dem Kinn auf sie.

„Süßer Pyjama.“
 

Erst nachdem die Tür für einige Sekunden geschlossen war, wagte die Navigatorin einen Blick an sich herab zu werfen. Ihr knappes Top war nur noch eine Idee von ihren Brustwarzen entfernt. An und für sich war das Bild ja nicht zu verachten, würde es sich auch dem richtigen Mann darbieten. Seufzend deckte sie sich zu. Doch der Schlaf kam nicht mehr. Sie war nun hellwach, konzentriert. Sie leckte mit der Zunge über ihre Lippen und erinnerte sich an den Vorfall mit Zorro.
 

Von Gedanken verunsichert und gequält rappelte sie sich auf und wurde von ihrem Körper sofort wieder dran erinnert, dass sie doch noch leicht angetrunken war. Sie hüllte sich in einen geschmeidigen Pullover und trat nach draußen, bis sie vor dem Masten steht, wo sich heute Vormittag eine Tragödie in drei Akten zugetragen hatte. Die junge Navigatorin blickte auf und bemerkte, dass im Ausguck noch schwaches Licht glomm. Es konnte sich nur um Zorro handeln, niemand sonst benutzte den Trainingsraum.
 

Sie kletterte mühevoll hoch und betrat das kleine Zimmer. Im Inneren schien das Licht sogar noch düsterer, als es von unten den Anschein hatte. Zorro saß, mit einem Krug Bier, in der Ecke und starrte sie an. Er sah sie an mit einem Blick, den sie nicht einzuschätzen vermochte. Etwas Durchdringendes lag darin, etwas Zerschneidendes, seine Pupille war riesig und sein Blick getrübt vom Alkohol. Seine Wangen glommen und er schien plötzlich flacher zu atmen.
 

Warum, nochmal, war sie heraufgekommen? Sie hatte es komplett vergessen. Ihr Hirn war leer, ihre Augen ebenso fahl wie die seine. Was zum Teufel suchte sie hier nur und warum – diese Frage erschien ihr in der Sekunde noch viel essenzieller – konnte sie nicht einfach wieder gehen? Sein Blick hielt sie da, zurrte sie nieder und machte sie hilflos. Während sie nur dastand und ihn ansah, stand der Schwertkämpfer auf, stellte den Krug beiseite und ließ seinen Kimono von seinen Schultern rutschen, als er langsame Schritte auf sie zumachte. Seine Brust war enthüllt, sein perfekter Körper bewegte sich auf sie zu.
 

Die Luft schien zu brennen, es war furchtbar heiß. Bis er endlich vor ihr stand fühlte sie sich unbehaglich, beobachtet, da er seinen Blick nicht von ihr abwand. Sein tiefes, gleichzeitig stechendes Auge, das von einem Schleier belegt war. Als er vor ihr stand hob sie eine Hand, strich vorsichtig mit den Fingerkuppen über sein geschlossenes Auge. Er tat es ihr gleich, hob die Hand, legte sie aber wie heute im Wald auf ihre Wange und strich mit dem Daumen über ihre kleine Wunde an der Lippe.
 

So, als ob er plötzlich wach geworden war betrachtete er sie voll ehrlichem Bedauern und schüttelte fast unmerklich den Kopf. Wie konnte ich nur, dachte er und der Gedanke ließ ihn nicht mehr los. Wie, wie, wie, wie, WIE? Nami war inzwischen in der Hitze, die sein Körper ausstrahlte, versunken. Ob er das dem Alkohol zu verdanken hatte, der sein Blut in Wallung brachte und diese Wärme verursachte? Sie war völlig in Trance, gedachte nicht mehr, von alleine aus jener aufzuwachen. Sie fühlte sich so geborgen, behütet und zuhause.
 

„Verzeih mir.“

Seine Worte, nicht mehr als ein Wispern, holten Nami aus ihrem Taumel und mit einem mal war der Zauber für sie zu Ende. Sie schlug die Augen auf und nickte, doch dieser Augenblick, in dem sie eins waren – er war vorübergezogen. Auch Zorro blieb diese Tatsache nicht verborgen und er zog seine Hand unschlüssig zurück. Wenn er diese Frau, die ihm eigentlich am Arsch vorbei ging, jemals küssen wollte – dies war der Augenblick. Niemals sonst würde sich die Gelegenheit bieten, um eine eventuelle, tiefere Beziehung der beiden festzustellen. Niemals wieder könnte er erforschen, ob sich unter der zankenden und streitenden Oberfläche doch etwas viel innigeres verbarg. Doch anstatt die Gunst der viel zu späten Stunde zu nutzen, ließ er von ihr ab. Nami nahm die Gelegenheit und ergriff auf der Stelle die Flucht, zurück in ihr Zimmer, zurück in ihr Bett. Sie träumte weiter von toten Brüdern und Müttern, die miteinander Karten spielten und ihr den Rücken zudrehten. Sie selbst stand nicht weit von den beiden, doch dachte sie nicht daran, einen Schritt zu wagen.


Nachwort zu diesem Kapitel:
Na, hattet ihr alle nen schönen Schock? Gut so... ^^
Kritik/Lob ist immer erlaubt und gern gesehen. In diesem Sinne, einen guten Rutsch ins neue Jahr, ich versuche das nächste Kapitel bald hochzuladen! Komplett anzeigen

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Kommentare zu dieser Fanfic (17)
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Von:  Namisa
2014-12-14T03:00:52+00:00 14.12.2014 04:00
Super Story ;)
Von:  onepiecefan21701
2014-08-16T16:54:32+00:00 16.08.2014 18:54
Kommt vielleicht ein bisschen spät von mir
aber super kapi ; )
Ich hoffe doch stark,dass das nächste Kapitel
bald nachkommt und es genauso spannend und cool
wie die andern beiden wird .

LG onepiecefan21701
Von:  DasHasi
2014-05-26T17:20:49+00:00 26.05.2014 19:20
Juhu! Endlich gehts weiter! *_*
Von: abgemeldet
2014-05-26T14:54:47+00:00 26.05.2014 16:54
Das lässt sich wirklich schön lesen :)
Und Namis Gefühle sind interessant, das kann sich noch spannend entwickeln^^
Von:  Sunnyfun
2014-05-26T12:01:15+00:00 26.05.2014 14:01
sehr schön geschrieben, ich hoffe es geht bald weiter :)
Von:  BloodyVampir
2014-05-26T07:23:28+00:00 26.05.2014 09:23
Sehr schön geschrieben :) bitte mach ne zoxna draus :)
Lg bloody
Von:  MiezMiez
2014-05-25T20:27:37+00:00 25.05.2014 22:27
Hallo,
das Kapitel hast du wirklich gut geschrieben. Bin sehr gespannt wie es weiter geht.
lG MiezMiez
Von:  ice_cold
2014-05-13T14:42:14+00:00 13.05.2014 16:42
Super FF! Ich glaube das wird noch echt spannend.. ich freu mich schon total wenns weiter geht :)
Von:  MiezMiez
2014-02-10T20:56:04+00:00 10.02.2014 21:56
Yeah! DAS wird ja ein schönes Gefühlschaos!
Freu mich schon auf die weiterführenden Kapitel.
lG MiezMiez
Von:  kimi-san
2014-01-18T18:38:15+00:00 18.01.2014 19:38
Eine super ff, total klasse geschrieben und jetzt kommt Ace auch noch ins Spiel :D Super! freue mich schon aufs nächste Kapitel :) LG


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