Zum Inhalt der Seite

Samurai

[NejiTen] Teil 1 der Samurai-Trilogie
von

.
.
.
.
.
.
.
.
.
.

Seite 1 / 1   Schriftgröße:   [xx]   [xx]   [xx]

~ Prologue ~

Prologue:
 


 

Ihre Schritte hallten in der leeren Gasse wieder, ihr Schatten huschte an den Wänden entlang, dann war es still. Das Mädchen hielt inne und begann rasselnd Luft zu holen.
 

Für den Moment war sie den Dienern ihres Vaters entkommen. Das waren die unangenehmen Seiten, wenn man die einzige Tochter eines Fürsten war. Nie hatte man die Freiheit etwas selbst zu entscheiden, geschweige denn einen Schritt ohne Hilfe zu tun. Sie verzog das Gesicht zu einem spöttischen Lächeln. Ja, das wünschte sie sich: frei zu sein wie die Vögel, die selbst ihre Richtung wählen konnten. Aber was das bedeutete, war ihr zu diesem Zeitpunkt noch nicht klar...
 

Die neunjährige schreckte aus ihren Gedanken und sah sich um. War ihr auch niemand gefolgt? Misstrauisch sah sie sich um, konnte aber keine Menschenseele entdecken. Schließlich ging sie weiter; kaum vorstellbar, dass sie den Dienstboten so schnell hatte entwischen können.
 

Nach kurzer Zeit war sie – durch einige Umwege - am Markt angelangt. Das hatte sie schon immer mal machen wollen, sich alleine umsehen – ohne, dass ihr jemand sagte wohin sie zu gehen hatte und wohin nicht.
 

Das rege Treiben der Menschenmenge lenkte sie ab, sie konnte sich für einen kurzen Moment fallen lassen, bevor man sie wiederfand... Sie schlenderte an den verschiedenen Ständen vorbei, immer darauf bedacht nicht erkannt zu werden. Es war merkwürdig, aber genau so ein Leben wünschte sie sich. Eines wo man selbst arbeiten musste und die Früchte seiner Arbeit sehen konnte, sei es ein voller Marktstand mit den vielen verschiedenen Bodenerzeugnissen der Bauern oder die wagemutigen Vorstellungen der Gaukler, die die Zuschauer begeisterten. Man musste sich wirklich immer das wünschen was man nicht hatte. Was für eine Ironie, stellte sie fest.
 

Sie betrachtete die Früchte, die in der Auslage lagen und erwiderte das Lächeln, der rundlichen Verkäuferin. Plötzlich bemerkte sie neben sich jemanden. Als sie sich umdrehte sah sie einen Jungen etwa in ihrem Alter. Er hatte schulterlange schwarze Haare, sodass sie ihn fast für ein Mädchen gehalten hätte. Aber das Merkwürdigste an ihm waren wohl seine Augen: Sie hatte noch nie so helle Augen gesehen. Weiß, ohne sofort sichtbare Pupillen, im ersten Moment konnte man ihn wohl für blind halten. Doch durch die Art wie er seine Umgebung beobachtete, wusste sie, dass sie mit dieser Theorie Unrecht hatte.
 

Der fremde Junge schaute sie auf einmal warnend an, sein Blick wurde hart, als wolle er ihr sagen, dass sie ihm in diesem Moment nicht in die Quere kommen sollte. Ihr war so, als ob eine kalte Hand ihre Kehle umfassen würde.
 

Er hingegen überschlug seine Chancen hier unauffällig wieder rauszukommen, denn soweit er das beurteilen konnte, stammte das Mädchen neben ihm aus gutem Hause, ein Umstand, der dafür sorgte, dass sie fast nie unbeobachtet war. Sein Blick wanderte zu den Früchten, blieb hängen und er fasste einen Entschluss. Er brauchte diese Lebensmittel um seine Familie zu ernähren. Dann kam ihm eine Idee; er ließ unauffällig ein paar Äpfel in ihre Tasche gleiten und auch in seiner bereits mehrfach geflickte Tasche verschwanden einige.
 

„Hattest du vor die Ware zu bezahlen?“, sprach die nette Verkäuferin plötzlich mit schneidender Stimme. „Was?!“ Völlig verwirrt blickte das kleine Mädchen sie an. Doch dann wurde sie ruckartig an der Hand gepackt und mitgezogen. Durch die plötzliche Bewegung überrascht, ließ sie sich widerstandslos mitschleifen. „Feige Diebe!“, schrie ihnen die Verkäuferin nach. „Haltet sie auf!“ Doch auf sie hörte niemand, wen kümmerte es schon, wenn eine alte Frau um ein paar läppische Früchte betrogen wurde. Resignierend ließ sie sich auf ihren Stuhl zurücksinken und sah nur noch wie die beiden Kinder in der Menschenmenge verschwanden.
 

Das hatte ja besser geklappt als angenommen, dachte sich der Junge, als er anhielt und in der nächsten Gasse zum Stehen kam. Die neunjährige keuchte und sah dann den Missetäter aus vor Wut blitzenden Augen an. „Was sollte das? Wie kommst du dazu mich einfach mitzuziehen und mir Diebstahl unterzuschieben?“ Sie holte tief Luft und fuhr fort: „Wer zum Teufel bist du eigentlich? Elender Dieb“ Sie fluchte. “Stehlst einfach das Essen, hast du dir schon mal überlegt, dass die Frau dafür hart arbeiten musste? Aber nein, der Herr muss es sich ja bei anderen Leuten klauen und nebenbei noch unschuldige Passanten in die Sache reinziehen! Ich will eine Erklärung und ich hoffe für dich, dass sie gut ist.“
 

Von ihrer plötzlichen Wut überrumpelt, erwiderte er erst mal gar nichts. Warum zum Teufel war sie plötzlich so verdammt sauer? Ok wäre er ja auch, wenn man ihm einfach etwas unterstellen würde, ihn anschließend in eine dunkle Gasse schleppt und dann noch nicht mal eine vernünftige Erklärung für all das zu erhalten. Der Schwarzhaarige hatte von einer adeligen etwas ganz anderes erwartet. Das sie um Hilfe schrie vielleicht, wie es anscheinend unter ihnen üblich war. Aber mit einem Zusammenstauchen ihrerseits hatte er nicht gerechnet. Neji war ernsthaft verwirrt, Mädchen waren ihm absolut unbegreiflich. Jedoch behielt er nach außen hin seine kühle Fassade. Mit einem emotionslosen Blick ließ er alle Anschuldigungen über sich ergehen. Nur am leichten Zucken seiner linken Augenbraue konnte man erkennen, dass er gereizt war.
 

Doch dann wollte er nicht mehr alles über sich ergehen lassen und unterbrach ihre Schimpftirade, als sie gerade wieder Luft holte, um ihm die nächsten Beleidigungen an den Kopf zu werfen „Jetzt beruhig dich mal, nicht jeder lebt so wie du, der einfache Bürger muss selbst sehen wie er über die Runden kommt!“, fauchte er „und nenn mich nicht einen Dieb! Glaubst du ich mache das gerne? Das meiste ist ja sowieso nicht für mich.“
 

„Wie heißt du?“, funkelte sie ihn an. Er seufzte und sagte betont höflich: „Neji, sehr erfreut Ihre Bekanntschaft zu machen, junge Dame. Darf ich fragen mit wem ich das Vergnügen habe?“ Sie beäugte ihn misstrauisch. „Tenten“, sagte sie und strich ihrem Kimono glatt.
 

„Und was machen wir jetzt?“, fragte Tenten.„Ich brauche die Äpfel, die du noch hast.“ Resigniert seufzte sie auf, kramte die besagten Äpfel aus ihrer Tasche und legte sie in seine ausgestreckte Hand. Mit einer schnellen Bewegung ließ er sie ebenfalls in seiner Tasche verschwinden.
 

„Sagst du mir wenigstens wozu du das Essen so dringend brauchst, dass du es stehlen musst, anstatt dafür zu arbeiten?“Er runzelte die Stirn, aber sie gab sich nicht zufrieden und hielt seinem Blick stand. “Du bist mir noch was schuldig“, erinnerte sie ihn. „Na gut“, gab er sich geschlagen, „aber nicht hier.“Er drehte sich um und bedeutete ihr ihm zu folgen.
 

Seufzend folgte sie ihm. So jemanden hatte sie wirklich noch nie gesehen, erst neun oder höchstens zehn, also nicht viel älter als sie und trotzdem war er viel erwachsener. Tenten hatte bis jetzt nämlich noch keinen Gedanken für die Ernährung ihrer Familie verschwenden müssen; sie lebten im Überfluss genau wie er es erkannt hatte. Wieder etwas, das er ihr anscheinend voraus hatte: Er fragte nicht, er beobachtete.
 

Sie hatte sich nur deshalb auf einen Handel mit ihm eingelassen, da sie die Wahrheit wissen wollte und ihm die Möglichkeit zu geben sich zu erklären. Falls er denn überhaupt eine gute Erklärung parat hatte.Ohne zu zögern, würde sie ihm nicht sofort glauben.
 

„Wir sind da“, riss er sie aus ihren Gedanken. Tenten stoppte abrupt und betrachtete eine sonnendurchflutete Lichtung; es war ihr gar nicht aufgefallen, dass sie durch den Wald gegangen waren.
 

Ohne sie zu beachten, ließ er sich auf dem Gras nieder. Sie blinzelte in das Sonnenlicht und setzte sich dann zu ihm. Schweigend blieben sie eine Weile sitzen und schauten sich den Himmel an. „Ich wäre gerne so wie ein Vogel“, durchbrach Neji die Stille. “So frei. Ich habe niemanden mehr außer meiner Cousine.“ Er schwieg wieder. “Früher, als ihr Vater noch gelebt hat, war es anders. Er hat sich um uns gekümmert und uns ein zu Hause gegeben. Wir hatten nicht viel, aber es hat gereicht, aber jetzt...“ Sie beobachtete ihn. “Er ist vor zwei Jahren gestorben, da war ich sieben. Seitdem schlagen wir uns alleine durch, aber solche Sachen wie eben...“ „Den Diebstahl meinst du wohl“, unterbrach sie ihn. „Wenn du es so nennen willst, ich bevorzuge Nahrungsbeschaffung.“ „Oh“, sagte sie nur.„Jedenfalls kann Hinata das nicht, dafür ist sie nicht gemacht; sie macht eher kleinere Handarbeiten, für die sie dann Geld bekommt.“ Er schwieg einen Moment. “Das ist das erste Mal, dass dir so was passiert, oder?“
 

Sie schaute in diese verblüffend weißen Augen und sah dann weg. „Ich bin die Tochter des Fürsten, es ist fast ein Wunder für mich einmal mit jemandem alleine zu reden. Ständig ist jemand von den Dienstmädchen da, die den ganzen Tag um mich herumwuseln“, seufzte sie.
 

Ungläubig sah er sie an, sie hatte den Stand einer Prinzessin! „Du bist die Tocher von Mao–Chéng-Sama? Ich wusste ja das du adelig sein musst, so wie du dich kleidest, aber die Tochter eines der mächtigsten Fürsten ganz Japans?! Er hat mehr Macht und Reichtum als jeder andere Fürst im Land, ich hätte nie gedacht, dass er Kinder hat.“ „Du musst mich jetzt nicht siezen, sag einfach Tenten.“ „Das hatte ich auch nicht vor“, sagte er. „Höchstens in der Öffentlichkeit, Tenten-Hime“, fügte er hinzu.
 

Tentens Blick folgte einem vorbeifliegenden Vogel. „Was ist mit deinen Eltern?“, fragte sie dann. Erstaunt dass sie sich gemerkt hatte, dass er seinen Onkel und nicht seine Eltern erwähnt hatte, wandte er sich um. Wieder schwiegen beide eine Weile. „Meine Mutter ist bei meiner Geburt gestorben, meinen Vater habe ich noch nie gesehen, aber meinem Onkel zufolge, ist er noch im selben Jahr gestorben“, sagte er dann. “Das einzige was ich von ihm weiß ist, dass er die gleich Tätowierung hatte wie ich.“„Was denn für eine Tätowierung?“ Wortlos öffnete er sein Stirnband, was er bis dahin getragen hatte und offenbarte das Zeichen für seinen Sklavenstand.
 

Tenten stockte der Atem; die Geschichte kam dem neunjährigen Mädchen doch langsam unheimlich vor. Zuvor war sie noch nie mit dem Leben der einfachen Bauern konfrontiert worden wie bei Neji. „Warum?“, brachte sie noch heraus. „Um zu zeigen, dass ich weniger wert bin als solche Menschen wie du“, sagte er tonlos. „Das einzig merkwürdige ist, dass die anderen Sklaven und Diener ein anderes Zeichen auf dem rechten Oberarm haben, nicht auf der Stirn.“
 

Dann herrschte wieder eine Weile Stille.„Und was willst du jetzt machen?“, fragte die junge Adelige. „Wie meinst du das?“, erwiderte er.„Na ja, ich mein, willst du weiterhin stehlen? Die anderen Leute arbeiten hart für ich ihr Überleben, irgendwas musst du doch machen“, sagte Tenten . „Geh doch bei einem Handwerker in die Lehre, so könntest du auch dich und deine Cousine ernähren.“
 

„Das wäre ein Argument“, sagte Neji, „aber mein Traum ist es Samurai zu werden, für das Recht zu kämpfen, mir selbst zu beweisen, dass ich stark bin und die die mir nahe stehen beschützen kann, aber ...“ - dann seufzte er tief - „warum erzähl ich dir das eigentlich alles? Mein Traum wird nie in Erfüllung gehen... kein noch so mächtiger Herrscher würde so jemanden wie mich ausbilden.“
 

„`So jemanden wie dich?’ Aber du bist doch auch ein Mensch und hast Gefühle, wo ist der Unterschied zwischen dir und den anderen?“„Der Unterschied? Du fragst mich ernsthaft nach einem Unterschied? Sieh mich an, ich bin ein Niemand, ich lebe von der Hand in den Mund!“, rief der Junge bitter. „So jemand wie ich hat keine Zukunft, das kannst du nicht verstehen.“
 

Tenten war geschockt, noch nie hatte jemand so mit ihr geredet und gleichzeitig wurde ihr klar, dass sie es nicht oder zumindest jetzt noch nicht verstehen würde. Neji hatte ihr mittlerweile den Rücken zugekehrt.
 

Tenten betrachtete angestrengt ihre Umgebung. Die Lichtung hatte etwas mystisches an sich. Die vielen Bäume waren alt, aber dennoch schienen sie ihr in diesem Moment beinahe lebendig, als die Sonne sie sanft in helles Licht tauchte. Das Rauschen der Blätter über eine beruhigende Wirkung auf sie aus. Was sie jedoch wieder daran erinnerte warum sie alles so genau beobachtete und Neji nicht in die Augen sehen konnte. Aber so konnte es nicht weiter gehen, früher oder später müssten sie wieder miteinader reden.
 

Dann sagte sie leise: „Du hast Recht, ich kann es nicht verstehen. Wir beide sind so verschieden wie Tag und Nacht, so wie Feuer und Wasser, du bist arm und ich bin reich... und doch sind wir irgendwie gleich.Wir sind wie Yin und Yang...“ An dieser Stelle hielt sie inne und begann auf einmal in ihrer Tasche zu kramen.
 

Neji, der ihr bis dahin aufmerksam zugehört hatte, horchte auf.„Hier“, sagte Tenten, „ich bitte dich den anderen Teil zu nehmen.“ Mit diesen Worten zeigte sie ihm eine traditionelle Yin und Yang Kette, brach sie in der Mitte durch und fädelte den schwarzen Anhänger durch ein Lederband. Wortlos nahm Neji den Anhänger entgegen und betrachtete den perlweißen Glanz. „Das kann ich nicht annehmen, das ist viel zu wertvoll für jemanden wie mich“, sagte er dann, „ich könnte dir nie etwas Ähnliches geben.“
 

„Du musst“, grinste sie, „du willst dich doch nicht der Tochter des Fürsten widersetzen, oder? Ich gebe sie dir als Geschenk.“Dann beugte sie sich zu Neji hinüber und band ihm die Kette am Nacken zusammen. Schweigend ließ er die Prozedur über sich ergehen. „Geht das wirklich in Ordnung, ich mein...“, fing Neji wieder an. „Sagte ich nicht, sie ist ein Geschenk? Ich besitze das Gegenstück dazu“, antwortete sie. „Ursprünglich gehörte sie meiner Mutter, sie hat immer gesagt, ich soll das Gegenstück einem Freund schenken.“
 

„Freund?“. Neji ließ sich das Wort auf der Zunge zergehen, als hätte er es noch nie gehört, „Du betrachtest mich als Freund, obwohl du mich erst einen Nachmittag kennst, obwohl ich dich in einen Diebstahl hineingezogen habe?“
 

„Du bist kein schlechter Mensch und ich entscheide selbst wer meine wahren Freunde sind, kein anderer“ , sagte sie . Mit diesen Worten band sie ihren Teil der Kette hinter ihrem Hals zusammen - und bemerkte erschrocken, dass es schon dämmerte.
 

Die untergehende Sonne tauchte die Baumwipfel in blutrotes Licht und verlieh der kleinen Lichtung einen majestätischen Glanz. Beide hatten gar nicht gemerkt, wie schnell die Zeit vergangen war, was aber auch zum Teil daran lag, dass sich beide noch nie so ungezwungen unterhalten hatten. Neji sah das Mädchen neben sich aus den Augenwinkeln an, irgendetwas an ihr faszinierte ihn. Vielleicht war es die elegante Frisur, in der ihr Haar zu zwei Knoten zusammengehalten wurde und sie somit älter erscheinen ließ als sie eigentlich war. Vielleicht aber auch ihre sanften braunen Augen, die so seltsam funkelten, wenn sie sich in Rage redete. Tenten war ganz anders als die anderen wohlhabenden Töchter aus gutem Hause. Zumindest hatte er sich die anders vorgestellt. Irgendwie oberflächlicher, die sich nicht um das Wohl des Volkes scherten. Tenten war anders. Sie hatte zwar den Rang einer Prinzessin inne, doch gab sie sich freier, betrachtete ihn als ebenbürtig...Wahrscheinlich hatte er aber auch einfach nicht hinter die Kulissen geblickt, wie viele es bei ihm ja auch nicht taten. Sie sahen ihn immer nur als den Dieb, ohne nach seinen Gründen zu fragen. Vielleicht ... konnten sie ja wirklich ‚Freunde’ sein, auch wenn er Tenten in dem Punkt über ihre Unterschiede durchaus Recht geben musste. Er lächelte, etwas was bei ihm eher selten vorkam. Sie waren wirklich wie Yin und Yang. Neji fühlte sich seit langen wieder vollkommen glücklich, ohne dass er sagen konnte, warum das so war.
 

„Ich nehme sie an“, sagte er. Tenten lächelte. „Hey ich war noch nicht fertig“, empörte er sich. „Ich verspreche dir bei dieser Kette, dass ich einmal Samurai werde und dann kann ich dich beschützen. Irgendwann werden wir uns wiedersehen.“„Versprichst du mir auch, dass wir jetzt Freunde sind?“, fragte sie.Er wandte sich ab. „Freunde, oder so was Ähnliches.“ Sie merkte, dass dieses Thema ihn ein wenig in Verlegenheit brachte und ließ es fallen.Er war der erste Mensch, mit dem sie allein Freundschaft geschlossen hatte, ohne dass es für ihren Vater nützlich gewesen wäre und dabei war es ihr egal, dass er zerschlissene Kleidung trug und anders war als die meisten Jungen.Dann sah sie wie die Sonne langsam unterging und bemerkte, dass sie eigentlich hätte längst zu Hause hätte sein müssen. Sie konnte sich die gewaltige Suchaktion, die ihr Vater ihretwegen in die Wege geleitet hatte, schon bildlich vorstellen. Sie seufzte.
 

„Ich muss gehen“, flüsterte sie, „bevor mein Vater noch die ganze Stadt auf den Kopf stellt bei dem Versuch mich zu finden“.„In Ordnung“, meinte Neji. „Ich bring dich noch bis zum Waldrand.“ Er erhob sich von dem Gras und schulterte seine schon arg in Mitleidenschaft gezogene Tasche, die seine heutige ‚Beute’ enthielt.
 

Schweigend liefen beide nebeneinander her. Der Boden knirschte unter ihren Füßen, hier und da brach ein Ast. Dann hatten sie den Wald hinter sich gelassen und befanden sich auf einem Hügel, von dem man die Stadt sehen konnte.„Ich muss jetzt gehen“, sagte Tenten, „vergiss unser Versprechen nicht.“„Wir werden uns wiedersehen“, sagte Neji. Tenten war schon ein Stück gegangen, als sie sich noch einmal umdrehte und ihm zurief: „Gib nicht auf! Ich glaube daran, dass du irgendwann ein Samurai bist!“ Als Antwort lächelte er nur, drehte sich um und warf ihr einen letzten Blick aus seinen weißen Augen zu, die in dem Schein der Sonne eine einzigartige Schönheit ausstrahlten. Dann verschwand er.
 

Tenten wusste damals noch nicht, dass ihr Versprechen jahrelang nicht eingelöst werden konnte, oder dass sie diese verblüffend weißen Augen eine lange Zeit nicht mehr sehen würde...
 


 

~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~
 

Hallo!!!Schön dass du (ihr?) hergefunden habt.Dies ist meine erste ff. Dementsprechend habe ich natürlich noch nicht so viel Erfahrung. Da ich aber sehr (das ist wörtlich gemeint)viel lese, hoffe ich dass das meine noch nicht vorhandene Erfahrung ausgleicht^^So und wie die meisten würde ich mich natürlich sehr über ein kommi freuen. Ich freue mich über Lob genauso wie über konstruktive Kritik, denn nur so kann ich etwas verbessern. Falls jemandem Inhaltsfehler auffallen, sagt mir doch bitte bescheid. Wer eine ens möchte, kann sich einfach melden.
 

Ach ja , Neji und Tenten werden natürlich noch älter, beim nächsten kappi sind sie 17 und 18. Ich würde gerne wissen, ob ihr noch wollt, dass ich vielleicht ein paar Nebenpairings einbaue.Wenn dann wäre es aber nur dezent, denn die Story dreht sich um Neji und Tenten.So jetzt kommt die große frage: und wie wars, wär gut wenn ihr ehrlich antwortet.
 

So bis zum nächsten kappi!
 

eure

moonlight_005

~ Kapitel 1: Loss ~

~ Kapitel 1: Loss ~
 


 


 

Die Sonne ging auf und tauchte die Umgebung in gleißendes Licht. Die warmen Sonnenstrahlen weckten langsam alles Leben und vertrieben die Dunkelheit. Hätte man dieses Schauspiel ohne alle Vorbehalte betrachtet, hätte man wohl von vollkommener Harmonie gesprochen. Doch wie fast alles täuschte der Schein. Was war heute schon wirklich, nicht verfälscht? Wer sagte schon stets noch die Wahrheit? Wer trug heute keine Maske, zeigte der Welt kein falsches Gesicht?
 

Ohne Frage, viel hatte sich in den vergangenen acht Jahren verändert. Der Frieden, der noch vor gar nicht so langer Zeit angehalten hatte, war ins Wanken geraten. Das einst so prachtvolle Land stand vor einer Katastrophe. Überall kam es zu Überfällen. Mord und Diebstahl waren beinahe schon an der Tagesordnung. Die vielen Obdachlosen und Bettler waren kaum mehr zu zählen.
 

Es war längst kein Verbrechen mehr, das Verbrechen nicht zu verhindern. Es hätte für die meisten sowieso zu viele Umstände bedeutet. Man konnte es sich nicht leisten, irgendjemandem zu helfen. Es war ein Zustand, bei dem man zuerst an sich selbst denken musste.
 

Und dann gab es da noch die Ausgestoßenen, die in die Verbannung geschickt wurden, oder wegen verschiedener Arten von Verrat geflohen waren. Oftmals unschuldig.

Angeblich führten diese einen erbitterten Kampf gegen die Streitmacht des Fürsten. Sie ließen es jedoch nie auf offene Gefechte mit dem Heer Mao-Chéng’s ankommen. Die Rebellen griffen systematisch die mächtigsten Truppen Samurai des Herrschers an und schwächten seine Streitkraft erheblich. Ihr Anführer galt als Phantom. Niemand hatte ihn jemals zu Gesicht bekommen. Trotz allem war man sehr gut informiert; das Phantom galt als schlauer Stratege und meisterlicher Kämpfer. Woher diese Gerüchte allerdings kamen, wusste niemand so genau. Fest stand, dass die Rebellen dem Herrscher die Schuld an ihrer Situation gaben und sahen den Krieg als die einzige Möglichkeit, den Frieden wieder herzustellen. Doch dafür musste es erst einmal einen neuen Anführer geben...
 

Der Fürst hatte sich zwar stets um das Wohl seines Volkes bemüht und sich so um die Anerkennung vieler seiner Untertanen verdient gemacht, doch jetzt wirkte er wie ausgewechselt. Der von Krankheit geplagte Mann gab verheerende Entscheidungen bekannt, die selbst seine treuesten Anhänger nach dem Grund fragen ließen.
 

Das Fürstentum Konoha stand kurz vorm Bürgerkrieg. Die um ihre Existenz kämpfenden Bürger machten ihren Fürst für den mangelnden Schutz vor Angriffen verantwortlich, obwohl keiner wirklich hätte sagen können, woher diese plötzliche Welle der Gewalt gekommen war. Doch die Tatsache, dass Mao–Chéng in seinem riesigen Anwesen, das beinahe die Ausmaße eines gigantischen Palastes hatte, von Gewalt jeglicher Art verschont blieb und auf keine der Vorwürfe reagierte, bestärkte die Anschuldigung sogar.
 

~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~
 


 

Hinata erwachte langsam. Erst allmählich gewöhnten sich ihre Augen an das helle Licht. Dann reckte sie sich und gähnte verhalten. Was gäbe sie dafür mal so richtig auszuschlafen, nur einen Tag nicht zu schuften? Wehleidig dachte sie an den Berg Arbeit, der auf sie wartete.
 

Heute musste sie beim Wäschewaschen helfen. Eine schwere Arbeit, die ziemlich langwierig war. Vor allem, wenn einem nur ein Scheuerbrett und ein Stück Kernseife zur Verfügung standen. Dass die Steuern auf die Seife fast wöchentlich stiegen, machte die Sache auch nicht gerade besser.
 

Woher sollte sie denn das Geld bitte nehmen, wenn man so gut wie gar nichts hatte?

Als sie das ihren Arbeitgebern erklären wollte, hatten diese sie nur verständnislos angeblickt und ihr geraten, dass ihre Arbeit zufriedenstellend zu sein hatte, wenn sie sich weiter ein wenig Geld verdienen wollte.
 

Diese Reichen verstanden ihre eigene Politik nicht.

Auch sie fragte sich oft, was da zum Teufel in den Fürsten gefahren war, dass er solch vermaledeiten Entscheidungen traf. Also würde mal wieder alles an ihrem Cousin hängen bleiben.
 

Neji war, dank seiner nun zahlreichen Erfahrung, zu einem der gerissensten Diebe der Gegend geworden. Es gab ein stillschweigendes Einverständnis zwischen ihnen, dass beide nicht aussprachen. Gab Hinata ihm in einem Gespräch einen Hinweis auf etwas, das sie benötigte, dann lag es am nächsten Morgen dort, wo es gebraucht wurde. Die Schwarzhaarige wünschte sich im Stillen auch mal etwas für, ihrer Meinung nach, viel zu verschwiegenen Cousin zu tun. Es war wie ein Wunder, dass er noch nie erwischt worden war. Jedenfalls soweit sie wusste.
 

Resignierend seufzte sie auf. Es hatte ja doch keinen Zweck. Sie schlug die Bettdecke weg und streckte sich. „Auf in den Kampf“, dachte sie ironisch. Hinata stand endlich auf, auch wenn ihr ihr Bauch sagte, dass sie hätte besser im Bett bleiben sollen.
 

Mal sehen ob sie, statt einer Bezahlung, die Seife abarbeiten könnte. Wohl eher nicht, denn die Prozedur, die nötig war, um wirklich gute herzustellen, war sehr aufwendig. Sie wusste zwar nichts Genaues darüber, aber fest stand, dass man sie als kochend heiße Suppe herstellte.

Das erklärte auch, warum die Arme der Verkäufer oftmals viele Narben hatten, die von versehentlichen Spritzern herrührten. Außerdem waren diese Händler meist unglaubliche Sturköpfe, die sich nichts erklären ließen und schon gar nicht vernünftig verhandeln wollten.
 

Das junge Mädchen zog sich indes ihr altes Leinenkleid und ihre zerschlissene Schürze an.

Sie hatte oft die feinen Stoffe der Adeligen bewundert, sie beneidet und sich gewünscht auch mal eins ihrer prachtvollen Kleider zu tragen. Sie hatte zwar Geschick beim Nähen, jedoch glich ihr nicht vorhandenes Talent beim Feilschen über den Preis ihrer Arbeit den möglichen Gewinn gleich wieder aus.
 

Das alte Holz knirschte unter ihren Füßen, als sie langsam auf die Tür der kleinen Holzhütte zuging. Mit einem Quietschen öffnete sie die Tür. Fünf Uhr morgens. Die Reichen und Mächtigen lagen längst noch in ihren wunderbar weichen Himmelbetten und schliefen selig.

Neji war wohl schon aufgebrochen. Er war ein Frühaufsteher schlechthin, aber dass er sich schon um vier Uhr morgens auf die Socken machte, erstaunte sie immer wieder. Als sie ihn einmal gefragt hatte, was er denn um vier tat, dass er so früh aufstand, hatte er ihr nur monoton geantwortet, er ginge spazieren; das wäre seine freie Zeit und sie solle sich lieber um ihren eigenen Kram kümmern. Typisch.
 

Sie betrachtete noch einmal ihr Zuhause. Auch wenn die kleine Hütte eher ärmlich wirkte, fühlte sie sich hier wohl.

Neji und sie hatten sie zusammen gebaut, indem sie verbotener Weise im Wald Holz geschlagen hatten. Es war zwar viel Arbeit gewesen, aber besser als unter der Brücke zu schlafen war es allemal. Neji hatte sogar ein neues Talent für Schnitzerei bei sich entdeckt und kurzerhand, die Fensterrahmen verziert. Sie hatte die Vorhänge gemacht, was eine sehr beruhigende Arbeit war, wie sie feststellte – und das Haus zumindest ein bisschen behaglich erscheinen ließen.
 

Hinata warf noch einen letzten Blick zurück und machte sich dann auf den Weg.

Es war kein weiter Weg bis zum Markt und nun schlenderte sie aufmerksam an den Ständen vorbei. Ihr Cousin war schließlich nicht der einzige Dieb.
 

Endlich erreichte sie die Stände der Seifenhändler – und erstarrte: der Preis war schon wieder gestiegen. Diese horrende Summe könnte sie nicht mal in einem Monat mit zusätzlicher Arbeit auftreiben.
 

„Entschuldigen Sie, mein Herr, aber kosten diese vier Seifen nicht dreimal soviel wie vor einer Woche?“ „Wovon reden Sie? Es gab nie einen anderen Preis“, antwortete der Verkäufer mürrisch. „Aber ich weiß doch, was ich das letzte Mal bezahlt hab“, versuchte Hinata es erneut. „Dann hast du dich eben geirrt, das ist und war der Preis. Zahl ihn und du bekommst die Seife, wenn nicht, gibt es genügend andere Käufer.“

„Aber mein Herr, das kann ich nie aufbringen, das ist zu teuer.“ „ Das ist dein Problem, verschwinde, du vergraulst mir die Kundschaft!“, gestikulierte er wild. „Kann ich den Preis nicht abarbeiten? Sie würden doppelt so viel Seife haben und noch Gewinn machen“, argumentierte sie verzweifelt. „Ich glaube, ich habe mich klar genug ausgedrückt... verschwinde, hau ab, einer wie dir habe ich nichts zu verkaufen!“ „Aber mein Herr...“ „Verschwinde!“, brüllte er. Eingeschüchtert biss sich Hinata auf die Lippe und rührte sich nicht vom Fleck.
 

Durch den Tumult aufmerksam geworden drehten sich nun auch einige Passanten zu den Streitenden um, wandten ihr Interesse aber sofort wieder ab, als aus einer Nebenstraße der Ausruf: „Die Steuereintreiber sind da!“ erschallte. Augenblicklich verwandelte sich der ruhige Marktplatz in ein gehetztes Durcheinander. Die Menschenmenge war einem Schwarm Bienen plötzlich gar nicht mehr so unähnlich. Aus der Ferne war bereits Hufgetrappel zu hören.
 

Hinata schreckte aus ihrer Trance und ihr Gehirn arbeitete auf Hochtouren. Sie musste weg von hier. „Nun gut dann kann man nichts machen, mein Herr, hoffentlich finden Sie noch Käufer.“ Ohne auf eine Antwort zu warten, ließ sie den verdutzten Händler stehen und begab sich fluchtartig Richtung Stadtrand. Das Mädchen wusste schon, warum sie hierher nach Ame hatte ziehen wollen und Neji dazu überredet hatte. Der Grund waren eben diese Soldaten des Fürsten gewesen, die den ohnehin schon armen Leuten, den wenigen Gewinn wieder abnahmen und sie schlicht ausbeuteten. Sie hatte wirklich gedacht, dass sie hier in Sicherheit wären und nicht Gefahr liefen den Steuereintreibern des Fürsten zu begegnen.

Wie sehr man sich doch irren konnte...
 

Die Gruppe Reiter waren jetzt schon in der Mitte des Platzes angekommen und nahmen den Menschen ihre hartverdienten Ersparnisse ab. Auf ihren Vollblutrössern bahnten sie sich einen Weg durch die Menge - direkt auf Hinata zu.
 

Für einen kurzen Moment überlegte sie, ob es nicht doch besser gewesen wäre, hin und wieder mal Steuern zu zahlen, aber ihr liebenswerter Cousin, den sie in diesem Moment zum Teufel wünschte, hatte ja gesagt, dass es in Ordnung wäre. Verflucht!
 

Es schepperte und Hinata’s einziger Fluchtweg war versperrt. Direkt auf ihrem Weg war ein Ochsenkarren mit einem lauten Knall auf der Erde zerborsten. Durch den Krach wurden die Menschen aufmerksam - und die Steuereintreiber kamen direkt auf sie zu. Es gab kein Entkommen. Jetzt musste sie ihnen die Wahrheit gut verpackt verschönen.
 

Zunächst schien alles noch gut verlaufen. Der Befehlshaber drückte dem entsetzten Besitzer des Karrens Geld für Beschädigung des Staatseigentums ab und beachtete sie nicht weiter.

Das war ihre Chance, jetzt oder nie! Das Mädchen rannte los.
 

Urplötzlich riss sie etwas zurück, Hinata landete auf dem dreckigen Boden und scheuerte sich die Knie auf. Einer der Soldaten war auf sie aufmerksam geworden und hatte sie am Handgelenk gepackt „ Du hast noch nicht bezahlt“, sagte er mit schnarrender Stimme.

Hinata brach der Schweiß aus. Sie hatte es ja gewusst, sie hätte sich einfach noch mal umdrehen und einmal in ihrem Leben ausschlafen sollen.
 

„Ich... ich... kann nicht, mein Herr, ich habe kein Geld...“ Missbilligend blickte er auf das Häufchen Elend, das Hinata war. Dann drehte er sich um. „Hey Chef, wir haben ein Problem, die Kleine kann nicht bezahlen!“ Langsam kam der Oberbefehlshaber auf das Mädchen zu.

„Du willst die Steuern nicht zahlen?! Dafür kam man dich für Verrat anklagen, ist dir das bewusst?“
 

Eingeschüchtert nickte die Schwarzhaarige. „ Aber Sir, ich will doch zahlen, aber ich habe kein Geld, keine Arbeit, ich... ich... weiß nicht womit... ich meine Schuld begleichen kann.“ Das sie noch einen Cousin hatte, der ihnen auf nicht gerade ehrliche Weise manchmal etwas Geld beschaffte, verschwieg sie lieber.

„Das ist kein Problem, der ehrwürdige Fürst, Mao-Chéng-Sama, gibt jedem Arbeit, der bereit ist zu arbeiten und glaub mir eins, Fräulein, du wirst arbeiten.“
 

„Du!“, sprach er den Soldaten an, der Hinata aufgehalten hatte. „Sieh nach, ob in ihrem Haus noch irgendetwas von Wert ist!“ „Jawohl Dosu-sama“, salutierte er. „Sie wohnt am Dorfrand“, hörte man Stimmen aus der Menge. „Sie lebt wie eine Ausgestoßene“, konnte man ein Flüstern vernehmen.
 

Hinata war starr vor Angst. Dann, urplötzlich übernahm ihr Instinkt die Oberhand. Sie rannte los. Floh, auch wenn es keinen Sinn hatte. Sie würde sich nicht für nichts gefangen nehmen lassen. Schon während sie loslief, wusste sie, dass es aussichtslos war. Abermals landete sie auf dem Boden. Ihre Knie waren beinahe taub vor Schmerzen.
 

Der General blickte sie spöttisch an. Aus seinen Augen konnte sie höhnische Schadenfreude ablesen. Ohne ein Wort zu verlieren fuhr er mit seinen Befehlen fort.
 

Der Soldat machte sich auf den Weg dem Befehl seines Herrn zu folgen. „Und du“, erst jetzt sprach Dosu wieder mit ihr und als hätte es den Zwischenfall nie gegeben fuhr er sie an, „geh zu den anderen, die ebenfalls nicht bezahlen konnten, oder wollten, wie auch immer!“ Mit diesen Worten gab er einem anderen Soldaten ein Zeichen. Derjenige kam auf Hinata zu, packte sie grob am Arm und zerrte sie zu einem großen Karren, auf dem schon einige Menschen saßen.

Das Mädchen sah in die verzweifelten Augen und erkannte einige der Dorfbewohner wieder. Sie wusste, dass ihre Augen die gleiche Verzweiflung ausstrahlten. Mit einer der Frauen hatte sie Wäsche gewaschen und sich mit ihr über Strickmuster ausgetauscht.
 

Dann wandte sie den Blick ab und versuchte sich der unvermeidbaren Tatsache zu stellen, dass sie hier ganz sicher nicht mehr rauskommen würde. Langsam begann sich der Karren in Bewegung zu setzen. Eine einzige Träne lief ihr die Wange hinunter...
 


 

~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~
 


 

Neji schlenderte gemütlich die Straßen entlang. Er hatte seinen morgendlich Sparziergang hinter sich gebracht – das einzige, was er sich täglich gönnte. Kleine Annehmlichkeiten brauchte der Mensch, so war es doch, oder?!
 

Der mittlerweile Achtzehnjährige hatte sich verändert. Seine Haare waren länger geworden. Er hatte sie lässig mit einem Band zurückgebunden.

Seine Haltung war kaum dieselbe geblieben: aufmerksam, raubtierhaft, aber gleichzeitig zeichneten ihn geschmeidige Bewegungen aus. Seine Züge waren markanter geworden - ohne Zweifel sah er gut aus, jedoch wurde alles gleich von seiner ärmlichen Kleidung überschattet. So achtete niemand auf ihn und er fiel weniger auf. Sollte er den Leuten im Gedächtnis bleiben, konnte er gleich alle Diebstähle, die ihnen das Leben sicherten, vergessen.

Das Einzige was gleich geblieben war, waren seine Augen. Noch immer perlweiß. Allerdings hatten sie mittlerweile an Härte gewonnen. Sein Leben war nicht gerade einfacher geworden, aber irgendwie hatte er sich durchgeschlagen.
 

Es hatte aber auch Lichtblicke gegeben, z.B. als er gelernt hatte Bäume zu fällen oder zu reiten, obwohl er doch manchmal ein paar ‚kleine’ Schwierigkeiten gehabt hatte. Im Grunde war er zufrieden mit sich - und doch, etwas fehlte ihm immer noch. Er war seinem Traum keinen Schritt näher gekommen. Wie auch? Also blieb ihm nichts anderes übrig, als das Leben so hinzunehmen, wie es gerade kam.
 

Der Schwarzhaarige war mittlerweile in den Seitenstraßen Ames angekommen. Schon von Weiten konnte er die Leute hören. Aber es waren nicht die normalen Gespräche. Eine greifbare Panik und Angst lagen in der Luft, die Neji dazu veranlasste den Gesprächen aufmerksam zu lauschen und auf jede Bewegung in seiner Umgebung konzentriert zu achten.
 

Die Spannung war fast greifbar. Und Neji wusste noch nicht einmal, was die Menschen so aufgewühlt hatte...
 

Er musste unbedingt den Grund erfahren. Der junge Mann fing an zu rennen; die schemenhaften Gestalten huschten an ihm vorbei. Schließlich erreichte er den Marktplatz.
 

Er schluckte. Zu großen Teilen herrschte das Chaos. Obst rollte auf dem Boden herum; die Stände waren verwüstet. In der Ferne konnte er einen umgestürzten Ochsenkarren sehen, der eine ganze Straße versperrte.
 

„Was ist hier passiert?“, fragte er einen älteren Mann. „Mein Junge, die Frage ist nicht ‚was’, sondern ‚wer’.“ „Also, wer? Nun reden sie schon !“ „Sie haben Leute mitgenommen, wie Vieh auf den Karren geladen.“ Neji wurde langsam wirklich ungeduldig und ihn plagte ein schrecklicher Verdacht: Seine Cousine wollte heute auf den Markt gehen. Hatten ‚sie’ Hinata erwischt, war sie verletzt? „Wer ?“, seine Stimme wurde lauter. „Sie kamen im Befehl des Fürsten...“, brachte er krächzend heraus, denn Neji hatte ihn am Kragen gepackt. „Warum haben sie die Leute verschleppt? Wie viele haben sie mitgenommen? Red schon!!“ „Die Steuern... diejenigen konnten nicht bezahlen...“, keuchte er. Nejis Angst verstärkte sich, Hinata wollte auf den Markt gehen – und sie hätte das Geld nie aufbringen können...
 

„Haben sie ein Mädchen mitgenommen? Eine junge Frau? Blauschwarze Haare?“ Es lief ihm kalt den Rücken hinunter, als der Mann nickte. Der Schwarzhaarige löste seinen Griff und der Alte fiel zu Boden und nahm reiß aus. Neji konnte es nicht glauben. Sie hatten Hinata...

Aber vielleicht... in ihm keimte eine Hoffnung auf. Seine Cousine war nicht dumm. Vielleicht hatte sie entkommen können...

Er machte sich auf den Weg, er musste zu ihrem zu Hause. Vielleicht war sie dorthin gelaufen. Sie durften sie ihm nicht wegnehmen! Sie war die einzige Familie, die er noch hatte, sie war wie eine Schwester für ihn, auch wenn er ihr das nie gesagt hatte. Hinata hatte ihm geholfen und an ihn geglaubt wie sie...
 

Er rannte. Dass er dabei Passanten umrempelte, war ihm egal. Neji musste es wissen. Atemlos kam er am Waldrand an. Er keuchte, versuchte seinen Atmung zu normalisieren.
 

Als er sich gesammelt hatte, blickte er auf und wünschte sich gleichzeitig, er hätte es nicht getan. Das Haus lag in Schutt und Asche. Es war bis auf die Grundmauern niedergebrannt.

Die Untergebenen des Fürsten waren wohl sauer, weil sie kein Geld gefunden hatten und hatten es aus Zorn angezündet.
 

Zitternd ging er auf die Ruine zu. Wühlte in den Trümmern auf der Suche nach etwas, was noch zu gebrauchen war. Vergeblich, er stand vor dem Nichts, war machtlos, mittellos.
 

Dann sah er etwas in der Sonne glitzern. Inmitten der verbrannten Erde lag sein Yang-Anhänger. Er hatte ihn sich gestern Abend noch mal angesehen und anschließend liegen gelassen. Das Weiß schien das Feuer gefangen zu haben. Fasziniert und zugleich mit einem Kloß im Hals hob er ihn auf. Die Verzweiflung schnürte ihm die Kehle zu. Er war allein. So allein wie noch nie zuvor in seinem Leben.
 

Es war merkwürdig, früher hatte er die Einsamkeit gemocht. Aber jetzt, wo er sie nicht plötzlich beenden konnte, sehnte er sich nach Gesellschaft.

Aber selbst die war ihm genommen worden.
 

„Verdammt, reiß dich zusammen!“, tadelte er sich in Gedanken. Wenn er nichts tat, würde er alles noch schlimmer machen. Er konnte nicht ewig in Selbstmitleid schwelgen, sonst war es vielleicht zu spät...
 

Nach allem was er wusste, wurden die Gefangenen in die Mienen gebracht. Die offizielle Version lautete, dass sie sich selbst bereit erklärt hatten, für den Fürst zu arbeiten. Neji wusste es besser, sie waren Sklaven. Das war er selbst gewesen, bevor sein Onkel ihn befreit hatte. Alle Gefangenen erhielten ein Mal, sodass sie nie verleugnen konnten, dass sie Eigentum des Fürsten gewesen waren.

Neji strich sich über sein Stirnband; er würde nicht zulassen, dass seine Cousine das selbe Schicksal ereilte.
 

Der Achtzehnjährige band sich seinen Anhänger im Nacken zusammen. Wenigstens hatten sie ihm nicht das Symbol seines Traums genommen. Kaum zu glauben, dass er gestern noch Gedanken an seinen Traum verschwendet hatte. Wie viele Jahre war es her, dass er ihr sein Versprechen gegeben hatte? Hatte er sich etwa doch in ihr getäuscht? War sie am Ende doch nicht so unschuldig, wie sie sich gegeben hatte? Nein, das hätte er gemerkt. Welchen Grund sollte sie auch gehabt haben? Zu der Zeit war Frieden gewesen.
 

Er trat aus der Asche, dabei fiel ihm ein heller Fleck auf. Geschmolzene Seife. Die hatte er Hinata doch gestern hin gelegt. Sie brauchte sie so dringend, er hatte sie stehlen müssen... wieder Mal, aber sie hatte immer so ein Glänzen in den Augen gehabt, wenn er ihr durch solche kleinen Dinge gezeigt hatte, dass sie zusammenhielten. Mit dem Fuß deckte er die Seife mit Asche zu.
 

Dann drehte er sich um. Es gab nichts, was ihn jetzt noch hier hielt. Neji warf keinen einzigen Blick zurück, er war stark.
 

„Darf ich fragen, wo du hin willst?“ Erschrocken wirbelte er herum. Der junge Mann hatte niemanden wahrgenommen. Er blickte sich um, sah aber zuerst niemanden. Dann verengten sich seine Augen zu Schlitzen. „Was willst du von mir, Kiba?“
 

„Die Frage ist nicht was ich will, sondern was du vorhast? Willst du ihnen blind folgen?“

„Ich erwarte auch nicht, dass du das verstehst?“ „Block doch nicht immer alles ab, wie willst du Hinata denn befreien, wenn du noch nicht mal weißt, wo sie hin wollen?“ Neji zögerte. Kiba hatte irgendwie Recht, er wusste aber auch nicht, ob er ihm trauen konnte.
 

„Was weißt du?“ „Hey sei nicht gleich so aggressiv, ich will Hinata auch helfen, sie ist meine beste Freundin! Wir sitzen im selben Boot, du musst mir vertrauen. Es wäre dumm jetzt Hilfe abzulehnen!“ „Du willst mir helfen? Das ich nicht lache! Ein Waldläufer ist niemandem außer sich selbst verpflichtet, du bist ein Gesetzloser. Woher soll ich wissen, ob du mich nicht einfach mitten im Wald alleine lässt?“ „Das Risiko wirst du eingehen müssen, du hast sowieso keine Wahl“, erwiderte der Waldläufer. Mit diesen Worten warf er Neji einen Rucksack zu.
 

„Darin sind Proviant und Kleidung, es müsste für eine Woche reichen. Komm, wir haben einen langen Weg vor uns.“ Kiba drehte sich um und verschwand im Schatten der Bäume. Widerstrebend folgte Neji ihm. Er akzeptierte Kiba, vertraute ihm aber auch nicht. Der einzige Grund weshalb er sein Angebot annahm, war, weil er Erstens keine Wahl hatte und Zweitens wie Kiba so treffend bemerkt hatte: er war Hinata’s bester Freund und war im Moment der Einzige, der ihren Aufenthaltsort kannte.
 


 

~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~
 

Tief im Wald schlugen sie ihr Lager auf. Sie hatten bereits mehrere Tagesreisen hinter sich. Beide waren erschöpft. Es war bereits rabenschwarze Nacht und man konnte die Sterne klar erkennen. Doch Neji ließ diese Schönheit kalt. Das Einzige, was er wollte, war, dass alles wie früher war, obwohl er wusste, dass es nie mehr so werden würde...
 

Kiba unterbrach schließlich seine Grübeleien. „Wir sind nicht mehr weit von ihrem Lager entfernt. Lass uns morgen Nacht versuchen, sie zu befreien, jetzt sind wir zu sehr erschöpft. Ich habe mich bei den Leute umgehört, sie wurden gesehen.“

Der Schwarzhaarige nickte bloß, seit ein paar Tagen hatte er Kiba und seinen gigantischen Hund Akamaru zu respektieren gelernt. Woher dieser Hund plötzlich aufgetaucht war, konnte er sich immer noch nicht erklären. Gehörte wahrscheinlich zu Kibas Umgang als Waldläufer, dass er sich mit wildfremden Tieren abgab. Dass Akamaru dabei eher einem riesigen weißen Wolf ähnelte als einem Hund, der seinem Herrchen bedingungslos folgte, erwähnte er lieber nicht. Schließlich wollte er nicht den Zorn seines Herrchens heraufbeschwören. Es war wahrscheinlich sowieso hilfreich, da die meisten Leute schon beim Anblick des Köters reiß aus nahmen. Hoffentlich galt das auch für Diener des Königs.
 

„Pass auf“, sagte Kiba, „Akamaru wird sie ablenken, ich werde Feuer legen und in der anschließenden Verwirrung wirst du Hinata befreien.“

„Ist gut.“ „Warte ich war noch nicht fertig“, unterbrach Kiba ihn abermals. “Hier, das wirst du brauchen, wir wissen nicht mit Sicherheit, dass wir einem Kampf ausweichen können.“

Neji starrte verblüfft den Dolch an, den Kiba ihm gegeben hatte. Noch nie hatte er eine Waffe in der Hand gehabt. Sie wog schwer in seiner Hand. Der Schwarzhaarige zog die Klinge aus der ledernden Halterung. Die Waffe war scharf und hatte einen Wellenschliff.
 

„Du hast noch nie gekämpft, nicht wahr?“ Er schüttelte den Kopf „Na gesprächig bist du ja nicht gerade... mach es dir lieber jetzt schon klar, wenn es zum Kampf kommt, wirst du töten müssen.“
 

„Du redest, als verständest du etwas davon.“ „Nicht mehr als du auch. Ich hasse es zu kämpfen, aber manchmal bleibt mir keine andere Wahl.“ Gedankenverloren streichelte er seinem Hund über das Fell. Das vor kurzem entfachte Feuer knisterte.
 

‚Dann wirst du töten müssen’, wiederholten sich Kibas Worte in seinem Kopf. Ob er damit klarkommen würde? Viel schlimmer konnte es ohnehin nicht mehr werden, er müsste sich lediglich damit abfinden, dass aus ihm ein Mörder geworden war, wie er auch hatte akzeptieren müssen, dass er ein Dieb geworden war.
 

Schließlich band er sich den ledernden Gürtel samt Dolch um die Hüfte. Seine Gesichtszüge spiegelten keinerlei Reaktion wieder. Neji merkte, dass Kiba ihn musterte.
 

„Gute Nacht“, sagte er und legte sich auf die Seite. Sein Nachtlager bestand zwar nur aus zwei dünnen Decken, aber die warme Nacht, machte sie beinahe überflüssig. „Sei bereit morgen“, antwortete Kiba. „Nacht.“ Aber er bekam keine Antwort, denn Neji schlief bereits. Nur Akamaru würde Wache halten.
 

Als Neji aus dem Schlaf fuhr, war Kiba bereits wach. „Ich wollte dich gerade wecken, wir müssen sie heute einholen.“ „Ich bin ja schon wach“, grummelte Neji.
 

Dann stand er auf, suchte seine Sachen zusammen und folgte Kiba. Seine Kette baumelte um seinen Hals. Er würde sie immer bei sich tragen, bis er sein Versprechen erfüllt hatte. Ein Gefühl sagte ihm, es würde nicht mehr lange dauern, aber das war jetzt nebensächlich.
 

Die Gefährten verschwanden im Unterholz. Hinterließen keinerlei Spuren, es war als hätte es sie nie gegeben.
 

~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~
 


 

Hallo erst mal!!! Schön, dass ihr (wieder?) hergefunden habt. Dies ist das (langerwartete?)1. Kapitel von Samurai. Die einzelnen Titel der Kapitel werden englische Nomen sein. Für alle die, die Übersetzung von ‚Loss’ nicht kennen, hier die Erklärung. Loss lässt sich in diesem Fall mit ‚Verlust’ übersetzen. Damit ist gemeint, dass Neji seine Familie also Hinata verloren hat, sowie seine „Heimat“. Er kann also nicht in sein altes Leben zurück.
 

An dieser Stelle erst mal ein riesiges Dankeschön an Arethelya, die dieses Kapitel betagelesen hat. Und das auch noch in so kurzer Zeit. Respekt! Was würde ich ohne dich tun?
 

So nun für alle, die diese ff auf ihren Favoritenlisten haben. Ich freue mich wirklich, wenn ich sehe wie viele meine ff lesen, aber ein kurzes Review ist doch nicht zu viel verlangt. Ich kann euch sehen *Röntgenblick*, falls euch das nicht klar. Spaß bei Seite. Ich erwarte ja keinen Roman.
 

So ab jetzt werde ich nicht mehr zu jedem Kommi eine Antwort schreiben. Hab ich getan. Man muss ja seine Leser ein bisschen kennen lernen^^ Nur wenn besondere Fragen auftauchen, jemand eine besondere Vermutung hat was passieren wird( ich bemühe mich unberechenbar zu sein, mal ehrlich wer hätte Kiba erwartet *grins*) oder einen extrem langen Kommi schreibt. Und bevor ihr jetzt fragt, nein es wird kein Kiba x Hinata geben. Bei mir sind sie nur beste Freunde. Obwohl... wer weiß...
 

Danke erst mal fürs lesen, ich hoffe ihr bleibt mir treu, das nächst Kapitel kommt schneller. Versprochen^^ Aber von 8.08.07-17.08.07 bin ich in Urlaub, daher kommt das nächste Kapitel wahrscheinlich einen Tag vor meinem Urlaub.
 

hel

eure

moonlight_005

~ Kapitel 2: Confrontation ~

~ Kapitel 2: Confrontation ~
 


 


 

Hinata blinzelte. Das helle Licht brachte sie in die Wirklichkeit zurück. Verfluchte Wirklichkeit! Gestern Nacht hatte sie sich in den Schlaf geweint. Die Tränenspuren konnte sie immer noch deutlich spüren. Ihre Tränen hatten salzig geschmeckt; das war das einzige, was sie noch mitbekommen hatte.
 

Sie setzte sich aufrecht hin, denn ihr Rücken war vom Liegen schon total verspannt. Sie streckte sich. Die Sonne schien ihr ins Gesicht, zauberte einen blauen Glanz in ihr schwarzes Haar. War das wirklich noch die gleiche Sonne, die vor ein paar Tagen geschienen hatte?
 

Sie hatte die Hoffnung längst aufgeben, auch wenn sie den anderen Mut zuzusprechen versuchte. Kurenai hatte sie nur kurz angesehen und ein bitteres Lächeln hatte sich auf ihr Gesicht geschlichen. Sie wusste längst, dass kein Wunder geschehen und sie vor der Sklaverei retten würde.
 

Hinata war fast am Ende angelangt, sie war still, sagte kein Wort. Es herrschte eine bedrückende Stimmung unter den Gefangenen. Das Mädchen hatte bereits jedes Zeitgefühl verloren, sie sah nur noch wie Tag und Nacht sich abwechselten.
 

Das einzig Gute an der Sache war, dass Neji nicht bei ihr war. Ihr Cousin hatte in seinem Leben wahrlich schon genug gelitten und sie hoffte, dass er nicht versuchte sie zu finden.
 

Der Karren mit den Flüchtlingen hatte sich indes wieder in Bewegung gesetzt. Die Soldaten brachen immer früh auf. Hinata sah in den Himmel, ihr Blick folgte einem vorbeifliegenden Vogel - und sie beneidete ihn um seine Freiheit. In diesem Moment hätte sie alles getan, um mit ihm zu tauschen.
 

Der Tag ging schnell vorbei, die Steuereintreiber oder besser Entführer begannen ihr Lager aufzuschlagen. Mitten auf der Lichtung wurde ein Lagerfeuer entzündet, die Männer ließen sich rundum nieder und fingen an laute Lieder zu grölen über deren Sinn Hinata wohl lieber nicht nachdachte.
 

Die Dunkelheit legte sich über sie wie ein schwarzes Tuch, die Nacht brach herein und man konnte den Vollmond sehen. Vereinzelt sah man Sterne. Ein Schatten legte sich über die Lichtung.
 

Dann geschahen plötzlich mehrere Dinge gleichzeitig. Ein gigantischer Wolfshund erhob sich auf einem höher gelegenen Hügel. Sein langes Fell glänzte silbern. Und dann stieß er ein ohrenbetäubendes Brüllen aus, das einen bis ins Mark erzittern ließ.
 

Die Soldaten gerieten in Panik und griffen nach ihren Waffen. Auch dem Befehlshaber Dosu war das Entsetzen anzusehen, er fasste sich aber relativ schnell wieder. „Bleibt ruhig!!! Zu den Waffen!“, brüllte er seinen Männern zu.
 

Das nächste, was Hinata realisierte, war der versengende Geruch von Stoff. Jemand hatte die Zelte der Soldaten angezündet. Von Disziplin war keine Rede mehr - die Männer verloren jede Ordnung, auch wenn Dosu ihnen Befehle erteilte... keiner wurde ausgeführt. Bereits mehrere Sklaven hatten das Durcheinander genutzt und waren geflohen. So eine günstige Gelegenheit würde sich wohl nicht so schnell wieder ergeben! Lautlos erhob sich das Mädchen. In der Ferne konnte sie auch schon Kurenai in den Wald fliehen sehen.
 

Aber irgendwas irritierte sie. Warum sollte ein riesiger Wolf sie angreifen? Das ergab keinen Sinn! Und woher kam all das Feuer, wenn die einzige Feuerstelle weit entfernt brannte? Es gab nur eine mögliche Erklärung: Das hier war aus Willkur entstanden. Ein Befreiungsschlag. Sie sah sich nach möglichen Tätern um, konnte aber niemanden entdecken.
 

„Hinata!“ Zu Tode erschrocken fuhr sie herum. In der Dunkelheit erkannte sie ihren Cousin. „Neji, bist du das?“, fragte sie ihn. „Ja. Komm mit, wir haben keine Zeit für Erklärungen. Wir müssen weg.“ Hastig lief Hinata auf ihn zu.
 

Doch sie hatte nicht mit den Soldaten gerechnet, die ihr in den Weg versperrten. „Du bleibst hier“, fauchte einer sie an. Alle hatten ihre Waffen gezogen. Neji rannte auf die Ansammlung zu. “Lasst sie in Ruhe!“ Die Männer drehten sich um, ihre Waffen hielten sie Neji entgegen.

Allerdings merkten sie nicht wie Kiba auf einmal zwischen ihnen war. In jeweils einer Hand hielt er eine flammende Fackel, mit deren Hilfe er die Angreifer in Schach hielt.
 

„Neji, nimm Hinata und mach, dass du wegkommst - ich kümmere mich um die hier“, rief er ihnen zu. Das Mädchen hatte ihren besten Freund nun auch erkannt. „Was wird aus dir, Kiba?“, rief sie verzweifelt. „Ich krieg das schon hin, verschwindet endlich!“
 

Die Flammen zogen lange Lichtstreifen durch die Dunkelheit.
 

Hinata war jetzt bei Neji angekommen. Gemeinsam rannten sie auf den Wald zu.

„Halt!“ Die schnarrende Stimme des Generals ließ beide inne halten. Er und ein paar seiner Soldaten hatten ihnen den Weg abgeschnitten. Nejis Hand glitt zu seinem Dolch.

Mit einem leisen ‚Tsching’ glitt er aus der Halterung. Er stellte sich vor seine Cousine.

„Willst du mit mir kämpfen, Kleiner?“, lachte er höhnisch. Dosu trat einen Schritt näher auf Neji zu. Seinerseits machte der Schwarzhaarige einen Schritt auf den General zu. „Nur wenn du mir keine Wahl lässt“, entgegnete Neji.
 

„Du hast es so gewollt!“ Mit diesen Worten ließ er sein Kurzschwert auf den Kopf des Jungen zuschnellen.

Der Schwarzhaarige konnte die schwere Klinge nur mit Mühe abwehren. Sein Dolch war nicht stabil genug. Er musste wohl neidlos zugeben, dass der Mann vor ihm sein Handwerk verstand. Er war aufs Töten trainiert. Ganz im Gegensatz zu ihm. Wahrscheinlich hatte sein Gegner eine jahrelange Ausbildung im Kampf hinter sich. Er hingegen bestritt gerade seinen ersten Kampf.
 

Die beiden Kontrahenten stießen auseinander, keiner wollte sich eine Blöße geben.

Neji wurde klar, dass er Dosu irgendwie überraschen musste, sonst wäre alles umsonst gewesen. Das Feuer hüllte ihre Gesichter in Schatten, nur um sie im nächsten Augenblick wieder im Feuerschein zu erhellen. Die tiefen Furchen, die dadurch entstanden, ließen ihre Mimik bedrohlich aussehen.
 

Plötzlich machte sein Gegner eine blitzschnelle Bewegung. Neji konnte nicht mehr ausweichen. Dann jedoch schnellte das Schwert in einem hohen Bogen an seinem Arm vorbei. Neji realisierte erst als es zu spät war, dass es eine Ablenkung war. Die Klinge bohrte sich in seinen rechten Oberschenkel. Warmes Blut sickerte aus der Wunde herab. Er musste sich einen Schmerzeslaut verkneifen. Dosu lachte leise. „Gib lieber auf, Kleiner, es sei denn du willst sterben.“ Er kam langsam auf ihn zu.
 

Bislang hatte er Dosu nur ausweichen können, da dieser in einer schweren Rüstung steckte, während er wendiger blieb und den meisten Hieben durch antrainierte Reflexe ausweichen konnte. Doch jetzt hatte er auch diesen Vorteil verloren. Sein verletztes Bein behinderte seine Bewegungen. Wieder schnellte Dosus Kurzschwert wie aus dem Nichts hervor. Er kam seinem Gesicht immer näher. Kurz vor seiner Nase konnte Neji ihn abfangen. Die Waffen prallten auf einander. Ein grässliches Klirren war zu hören.
 

Ein Rinnsal Blut lief über seine Wange.

Sein Gegner lächelte amüsiert, bedachte aber nicht, dass der Rest seines Körpers nun ungedeckt war. Mit einem gezielten Fußtritt seinerseits zog Neji ihm die Beine weg. Der General landete unsanft im Gras. Seine Waffe hatte er im Flug losgelassen. Das Feuer umspielte die Szenerie. Die Flammen leckten nach dem trockenen Gras. Der gesamte Platz brannte lichterloh. Von weitem sah Neji Kiba Seite an Seite mit Akamaru gegen eine Übermacht kämpfen. Die beiden wehrten sich mit Klauen und Zähnen.
 

Siegessicher drehte Neji sich um und wollte auf Hinata zu gehen. Doch damit wandte er den verbliebenen Soldaten seinen Rücken zu. Ein hämisches Grinsen bildete sich auf den Zügen des Generals. Neji sah nur noch Hinatas schreckengeweitetes Gesicht. Dann fühlte er einen dumpfen Schlag auf seinem Hinterkopf. Sein Schädel fühlte sich an wie in zwei gespalten. „Hinata, Kiba ... lauft weg!“, brachte er noch heraus. Dann wurde es schwarz vor seinen Augen.
 

~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~
 


 

Blinzelnd öffnete Neji die Augen. Dann realisierte er den Schmerz. Sein Bein pochte unaufhaltsam und sein Kopf fühlte sich irgendwie taub an. Getrocknetes Blut klebte an seinem Hinterkopf. Das nächste, was er feststellte, waren seine gefesselten Hände und Füße. Er stöhnte. Der Schmerz ließ ihn beinahe wahnsinnig werden. Den Dolch hatten sie ihm abgenommen, der ledernde Gürtel hing schlaff um seine Hüfte.
 

„Neji?“ „Hmm“ „Wie geht es dir?“ Er drehte sich um und blickte in das besorgte Gesicht seiner Cousine. Schmerzhaft zuckte er zusammen. Er war an die Wunde an seinem Bein gekommen. „Wie sieht es denn aus?“, meinte er sarkastisch. Hinata schlug schuldbewusst die Augen nieder. Auch sie war gefesselt.
 

„Na endlich wach?“, unterbrach sie eine höhnische Stimme. Die beiden fuhren herum. Im nächsten Moment verfluchte er seine schnelle Bewegung sofort. Sein Kopf dröhnte, ihm wurde ein bisschen schwindelig.
 

Ohne auf Nejis Schmerz zu reagieren, fuhr der Kämpfer fort: „Euren Angriff werdet ihr dem Fürst höchstpersönlich erklären. Wir haben euch die Change gegeben für eure Schulden aufzukommen und was macht ihr? Ihr greift einfach seine Untertanen an. Nach eurem Freund wird bereits gesucht. Aber der Herr wird schon einen Ausweg finden.“ „Einen Ausweg in dem unschuldige Bürger verschleppt werden?“, entgegnete Neji. „Dass du es wagst!“, zischte Dosu und schlug ihm ins Gesicht. Der Kopf des Achtzehnjährigen drehte sich zur Seite. „Wir befinden uns auf dem Weg in die Hauptstadt seines Reiches, denkt euch schon mal eine gute Ausrede aus!“, bellte er.

Dann drehte er sich um und stieg auf sein Pferd.
 

„Was ist mit Kiba?“, fragte Neji. „Als er gesehen hat, dass du zu Boden gegangen bist, ist er abgehauen.“ „Elender Verräter“, knurrte er. „Sag das nicht. Denkst du es wäre besser, wenn er auch noch gefangen wäre?“ „Glaubst du vielleicht, dass er uns retten kommt?“ „Besser als keine Hoffnung ist es allemal“, entgegnete Hinata.
 

Neji grummelte etwas Unverständliches. „Was ist passiert, nachdem ich ohnmächtig geworden bin?“

„Sie haben dich eingesammelt und uns gefesselt. Die Hälfte der Soldaten ist dann Kiba und den Flüchtlingen hinterher.“
 

„Den werden die nie finden, er kennt sich besser in den Wäldern aus als jeder andere.“ „Hoffen wir es.“

Der hölzerne Karren setzte sich in Bewegung. Langsam zogen die Pferde ihn über den steinernen Weg. Es ruckelte und bei jeder schnellen Bewegung holte Neji scharf Luft. Wenn seine Wunde nicht versorgt würde, könnte sich noch sie sich womöglich entzünden.
 

Gegen Mittag bekamen sie dünnes Brot zu essen, dass man ihnen vor die Füße warf. Da sie gefesselt waren und die Soldaten auch keine Anstalten machten, ihre Fesseln zu lösen, blieb ihnen nichts anderes übrig, als es mit dem Mund aufzusammeln und dann zu essen. Neji musste seinen Stolz herunterschlucken. Das wenige Wasser, das ihnen zugestanden wurde, wurde ihnen mit einem Weinschlauch eingeflößt.
 

Es wurde Nachmittag. In der Ferne tauchten die ersten Lichter auf. Die ersten Dörfer erhoben sich aus der Landschaft.. Langsam kamen sie ihrem Ziel näher. Die Hauptstadt Konoha - Gakure.
 

Schon von weiten konnte er die vielen verschiedenen Stimmen hören. Die Stadt selbst glich einer Festung. Ihre Struktur war präzise durchdacht. Steinerne hohe Mauern schützten die Stadt vor möglichen Angriffen. Wenn man die überwunden hatte, sah man sich gigantischen Toren und dem zweiten Festungsring gegenüber. Entlang der Mauer gab es zahlreiche Wachtürme, von denen die Wächter den Überblick über die ganze Stadt behielten. Die Häuser der Stadt wurden zum Stadtberg immer höher. Dadurch konnten Bogenschützen vermeintliche Angreifer sofort unschädlich machen, ohne ihre eigenen Leute zu treffen, die dann weiter unten postiert waren. Inmitten der Stadt, sozusagen als Gipfel prangte ein riesiges Anwesen. Die chinesischen Dächer strahlten eine angenehme Atmosphäre aus. Die Häuser selbst waren aus feinstem Marmor gehauen. Die mächtigen Gebäude waren von einer riesigen Parkanlage umgeben. Es war ein Meisterwerk der Architektur.
 

Aus dieser Festungsstadt - und das wurde Neji auf den ersten Blick klar - gab es kein Entkommen. War man einmal drinnen, kam man nicht mehr hinaus, außer der Fürst wollte es so. Und er machte sich keine Illusionen: Wenn er da drin war, gab es für sie entweder Sklaverei, Folter, weil sie sich wiedersetzt hatten oder – er verbot sich an diese Möglichkeit zu denken - den Tod. Warum musste er auch immer so pessimistisch sein? Vielleicht gab es doch noch ein Entkommen –auch wenn es dafür alles andere als rosig aussah.
 

An dieser Stelle verfluchte er sich selbst. Warum hatte er seinen Gegnern den Rücken zugedreht? Eine der einfachsten Regeln bei einem Kampf und was machte er? Er missachtete sie natürlich und ließ sich niederschlagen.
 

Wenn eine Flucht möglich sein sollte, dann war das ihre letzte Möglichkeit. Der Junge gab Hinata mit den Augen ein Zeichen. Zeigte auf den Weg zurück. Sie nickte. Sein Blick wurde hart. Die beiden sprangen von dem Karren und machte sich mehr stolpernd auf die Flucht. Die noch immer vorhandenen Fesseln erleichterten ihren Versuch nicht gerade.
 

Wutentbrannt drehte sich Dosu um. Ein hämisches Grinsen auf den Lippen. „Glaubt ihr wirklich, ihr könntet mir entkommen?“ Mit einem Wink befahl er seinen Untergeben die Flüchtenden wieder einzufangen.
 

Durch eine schnelle Bewegung wurden Hinata und Neji auf den Boden geschleudert. Der Aufprall ließ Neji zusammenzucken. Er war auf sein verletztes Bein gefallen. Mit vor Zorn blitzenden Augen starrte der Schwarzhaarige Dosu an. Sagte nichts.

Aus den Augenwinkeln sah er wie Hinata ein verängstigtes Wimmern ausstieß. Sie musste Todesangst haben.
 

„Nehmt sie mit!“, befahl der General. „Zerrt sie notfalls an ihren Haaren in die Stadt...“ Auf einmal stutzte er. Zum ersten Mal war seine Miene fassungslos. Er blickte Neji an. „Woher hast du das?“, fragte er Neji. „Das gehört zu den Kronjuwelen des Fürsten. Einst hat es seine verstorbene Frau getragen.“ Der Junge blickte ihn zuerst verständnislos an, dann wanderte sein Blick langsam an sich herunter. Seine Kette baumelte gut sichtbar um seinen Hals.
 

„Sie war ein Geschenk.“ „Gestohlen wohl eher, ich bin sehr gespannt, was der Fürst dazu zu sagen hat. Da du dich ihm ja so spektakulär angekündigt hast, könntest du sogar einer Verhörung unterzogen werden.“

Neji antwortete nicht, blickte ihn nur zornig an. „Es war ein Geschenk.“
 

Selbst Hinata hatte Neji verblüfft angesehen. Trotz ihrer Angst, hatte das ihre Neugier geweckt. Kronjuwelen des Fürsten ? Ein Geschenk?

Seit wann bekam ihr Cousin Geschenke? Normalerweise musste er stehlen. Das war zwar erniedrigend, aber so wie sie ihn kannte, würde er sich nie auf das Niveau herablassen zu betteln. Das war dann doch unter seiner Würde.
 

„Ich sehe schon, das wird sehr unterhaltsam werden...“ Der General sah ihn schadenfroh an. Kurz darauf waren sie am südlichen Stadttor angekommen. Die Sonne war blutrot und verlieh der Stadt etwas Mächtiges. Die Festungsstadt Konoha – Gakure wirkte uneinnehmbar. Die hohen Mauern erzählten von der Unmöglichkeit zu fliehen. Gerade war seine letzte Chance verstrichen
 

Der junge Mann erwiderte nichts auf die Worte Dosus. Schlimm genug, dass dieser ein paar seiner Soldaten befohlen hatte, Hinata und ihn genauestens zu bewachen. Jeweils zwei von ihnen flankierten ihn links und rechts, wobei sie ihn eher schleppen mussten, denn wegen seines verletzten Oberschenkels konnte er kaum auftreten. Es war immer noch verwunderlich, wie er es geschafft hatte, im Kampf aufrecht stehen zu bleiben und einen ziemlich riskanten Fluchtversuch zu unternehmen. War doch klar, dass das nicht klappen konnte. Warum hatte er sich noch mal Hoffnungen gemacht?
 

Er blickte hoch zu den steinernen Toren. In einer unermesslichen Höhe und Genauigkeit waren diese errichtet worden. Die Soldaten hatten ihn und Hinata jetzt durch das Tor geschleift. Neji blickte noch einmal zurück, sah die Natur, die Felder seiner verlorenenen Freiheit. Er war ein Gefangener dieser Mauern. Das machte ihm Angst. Langsam, fast gemächlich schloss sich das Tor.
 


 

~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~
 


 

„Tenten - Hime, bitte nicht bewegen, es verrutscht alles.“ „Was würdest du denn an meiner Stelle tun? Du stehst hier nicht seit drei Stunden und darfst keine einzige Bewegung machen“, antwortete die Prinzessin gereizt. Tenten stand mit ausgebreiteten Armen in ihrem Ankleidezimmer. Ihre Amme und Schneiderin schnürte gerade ihr Korsett zu. „Ino, nicht so fest, ich krieg gleich keine Luft mehr!“ „Unsinn, in allen Adelskreisen wird das so getragen, es unterstreicht ihre vornehme Seite. Die anderen Damen am Hof werden euch beneiden. Bedenkt, wie erst das Kleid an Euch aussehen wird“, schwärmte Ino.
 

Tenten runzelte die Stirn. Wie ihre Kleidungsstücke zu einer vornehmen Ausstrahlung verhelfen sollten, war ihr schleierhaft. Gut zugegeben, das Kleid war wirklich schön, wahrscheinlich eines der schönsten, die sie besaß. Aber wie sollte sie irgendjemanden mit einem Korsett beeindrucken, das sie unter ihrem Kleid trug? Sie würde ja wohl kaum jemanden ihre Unterwäsche bewundern lassen. Wenn sie schon dabei war, wozu brauchte man die Dinger überhaupt? Nichts als gequetschte Organe brachten diese Teile!
 

„Tenten... Tenten – Hime! Hört Ihr mir zu?“ Tenten reagierte nicht auf die Schneiderin. Dann schreckte sie aus ihren Gedanken. „Entschuldige Ino, was hast du gesagt, ich hab nicht zugehört.“ Ino seufzte: „Das hab ich gemerkt, Ihr wart abwesend, wie auch immer, ich sagte, dass Ihr Euer Kleid jetzt anziehen solltet. In einer halben Stunde beginnt der Empfang.“ „In Ordnung, ich beeile mich.“
 

Innerlich seufzte sie auf. Endlich. Endlich hatte die Qual ein Ende. Sie konnte es nicht leiden sich so lange ankleiden zu müssen. Zuerst einmal musste sie sich dann entscheiden, welches Kleid sie anziehen sollte. Warum musste es auch passend zu jedem Wetter die unterschiedlichsten Kleider geben? Hinzu kam, dass ihre Kleidung ein ganzes Zimmer einnahm und dann sollte sich Frau entscheiden. Tenten hätte einfach das Erstbeste genommen, sie waren ja alle schön. Leider hatte Ino da ein Wörtchen mit zu reden. Ihre Schneiderin war schließlich dafür verantwortlich, dass die Tochter des Fürsten immer blendend aussah. Es gelang ihr auch immer, aber der Haken war, dass sie deswegen etwa drei Stunden täglich mit dem Ankleiden vergeudete. Ein Grund mehr, weswegen sie andauernd in ihre Tagträume abschweifte...
 

Gleich würde sie wieder zu einem dieser Empfänge müssen. Komplette Zeitverschwendung, wie sie fand. Sie könnte ihre Zeit doch viel besser mit der Studie der Naturwissenschaften verbringen oder - und das war ihr kleines Geheimnis – sie könnte ihrem ‚Hobby’ nachgehen...
 

Ino reichte ihr wortlos den fließenden Stoff. Die Seide glitt durch ihre Hand wie flüssiges Gold. Der Stoff fühlte sich wunderbar leicht an, als sie sich das Kleid über den Kopf zog.

Das Kleidungsstück schmiegte sich an ihren Körper und verlieh ihr das Gefühl absoluten Wohlbefindens.
 

Ino zupfte noch eine knappe Ewigkeit an ihr herum, dann gab sie endlich ihr langerwartetes Einverständnis. Tenten betrachtete sich im Spiegel. Das Kleid war in Gelb gehalten. An den bis auf den Boden reichenden Ärmeln ging es in Orange über. Etwa in der Mitte ihres Unterarmes teilte sich die Ärmel, so dass sie die Hände frei hatte. Das Kleid hingegen war in leichten Falten gehalten, die sanft ihre Beine umspielten. Es reichte bis auf den Boden. An den Ärmeln sowie an dem Rock war es mit goldenen Mustern bestickt.
 

Durch das Korsett wurde Tentens Figur betont und gleichzeitig ihre Oberweite hervorgehoben, was Tenten gar nicht gefiel, da sofort alle Blicke der mächtigen Adeligen auf ihrem Busen lagen. Ihren Yin - Anhänger trug sie wie immer um den Hals. Er gab ihrem Auftreten etwas Mystisches. Abgerundet wurde ihre Erscheinung durch ihre traditionell hochgesteckten Haare.
 

Ihre dunkelbrauen Augen funkelten. Sie war zufrieden. Ino hatte wieder einmal ganze Arbeit geleistet. „Ihr seht wundervoll aus, Tenten–Hime.“ „Danke dir, was würde ich ohne dich machen?“ Sie lächelte.

Die beiden verließen den Raum und machten sich auf den Weg zum Festsaal. Mao – Chéng musste sie schon erwarten.
 

Schließlich öffneten beide die Flügeltüren des Saales. Sie wurden bereits erwartet. Diener bildeten eine Gasse und hießen ihre Prinzessin willkommen. Tenten lächelte freundlich.

In Wirklichkeit aber hasste sie all das Getue, das wegen ihres Standes veranstaltet wurde. Am schlimmsten war das, wenn die anderen hochrangigen Personen und Adelige so übertrieben freundlich zu ihr waren.
 

Langsam schritt sie durch den Saal und tauschte mit anderen betont charmante Höflichkeiten aus. Ihr Vater saß auf einem hohen thronartigen Stuhl. Er war mit den schönsten Stoffen bekleidet, dennoch wirkte er alt, fast gebrechlich. Man konnte anhand seiner Sorgenfalten erkennen, dass auch an ihm die letzten Jahre nicht spurlos vorbeigegangen waren. Seine hagere Gestalt war selbst durch die Kostbarkeiten noch zu erkennen. Mao–Chéngs Gesicht wirkte bleich. Der Fürst hatte eine Glatze und seinen noch vorhandenen Spitzbart hatte er geflegt zurückgekämmt. Trotz seiner krankhaften Erscheinung strahlte er eine gewisse Autorität aus.
 

Er lächelte, als Tenten ihn auf die Wange küsste und sich dann auf dem Stuhl zu seiner Rechten niederließ. Mao–Chéng wirkte nicht wie jemand, der ein Land terrorisierte. Im Gegenteil - er hätte gutherziger nicht sein können, doch trotz allem, er war es, der Konoha regierte; er hatte die Macht. Tenten liebte ihren Vater. Für sie waren die Anschuldigungen an ihren Vater nicht zu verstehen. Es wurmte sie, dass er sich nicht gegen sie rechtfertigte.
 

Die Leute schienen sich prächtig zu amüsieren, aber Tenten langweilte sich mittlerweile. Was interessierte sie es denn, welche der jungen Damen ein neues Pferd bekommen hatte. Zugegeben sie selbst besaß ja auch eins, allerdings sah sie es mehr als Fortbewegungsmittel. Das schwarze Tier hatte sie gleich gemocht und Tenten konnte spüren, das es sie immer heil an ihr Ziel bringen würde. Trotzdem fände sie es besser, wenn man weniger solcher Veranstaltungen machte und stattdessen dem Volk mehr Nahrungsmittel zukommen ließe.

Die Braunhaarige hatte ihren Vater schon häufiger darauf angesprochen, aber stets hatte sie als Antwort erhalten, dass sich diese Höflichkeiten bei Hofe nun mal gehörten.
 

Nach schier endloser Zeit stand Tenten auf. Unbemerkt verließ sie den Saal. Die Herrschaften waren wohl alle ziemlich beschäftigt gewesen. Leise öffnete sie die Schiebetür zur Terrasse. Die kühle Luft war eine Wohltat. Der Wind strich ihr leicht die Strähnen aus dem Gesicht, die Ino eben noch so kunstvoll hochgesteckt hatte. Das machte einen eleganten Eindruck hatte sie gesagt. Tenten schaute in den Himmel. Vereinzelt funkelten schon Sterne am Abendhimmel. Die Dämmerung übte eine beruhigende Wirkung auf sie aus.
 

„Bringt sie hier hin!“ Eine herrische Stimme durchbrach die Stille. Tenten schrak zusammen. Mit den Augen suchte sie den Ursprung der Stimme. Ein Soldatentrupp kam um die Ecke gebogen. Der General Dosu führte sie an. Sie hatte ihn noch nie leiden können. Er war grausam und gewalttätig. Trotzdem war er auf seine Weise ein exzellenter Kämpfer, wenn man mal von seinen unfairen Mitteln absah. Aber das war so gut wie niemandem bekannt. Der wahrscheinlich einzige Grund, warum er seine Position überhaupt noch inne hatte. Außerdem brauchte ihr Vater jeden Mann, ob er nun ein großer Moralist war, oder ein Mörder. Solange sie ihm treu waren und an der Seite ihres Fürsten kämpften, war es egal. Wieder eine Entscheidung, die Tenten nicht nachempfinden konnte.
 

Sie beobachtete weiter die Soldaten. Dabei fielen ihr die Gefangenen auf, die sie eskortierten. Das Mädchen hatte lange blauschwarze Haare, die ihr geschmeidig den Rücken herunterfielen. Ihre Statur war eher zierlich. Die schlanke Frau aber wirkte erschöpft. Tenten konnte sich gut vorstellen, was für Strapazen sie unter Dosu hatte erleiden müssen. Ein schmerzverzehrter Ausdruck hatte sich auf ihre hübschen Züge geschlichen. Ihr helles Leinenkleid war an einigen Stellen stark verdreckt. War das Blut ?
 

Dann fiel ihr Blick auf den jungen Mann. Er hatte lange schwarze Haare, die ihm in einer Art beiläufiger Eleganz über die Schulter fielen. Sein Gesicht lag im Schatten, er hatte den Kopf leicht gebeugt. Der Gefangene trug ein helles Leinenhemd, dessen oberste Knöpfe geöffnet waren. Darüber trug er eine lederne Weste. Leicht zeichneten sich feine Muskeln unter seiner dünnen Kleidung ab. Die Dolchscheide an seinem Gürtel war leer. Klar, einem Gefangenen nahm man alle Waffen ab. Die dunkle Hose rundete sein Erscheinungsbild ab. Allerdings schleiften die Soldaten den Mann mehr oder weniger den Weg hinauf. Bei näherem Hinsehen fiel ihr auf, das sein rechtes Bein verletzt war. Ein tiefer Schnitt hinderte ihn am Auftreten.
 

Der Junge schien der Ohnmacht nahe. Und doch ... Tenten war auf eine eigenartige Weise fasziniert von ihm. Als hätte er ihren Blick gespürt, hob er seinen Kopf. Vor Schreck weiteten sich ihre Augen. Tenten blickte in perlweiße Seelenspiegel...
 


 

~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~
 

Hallo liebe Leser! Schön das ihr wieder her gefunden habt. Ich freue mich immer über eure Rückmeldungen. Hier erst mal einen riesigen Dank für die riesige Anzahl an Kommis!!! 80 ! in einem Prolog und einem Kapitel. ( Ich kann es kaum glauben!)
 

Das war nun das versprochen Kapitel vor meinem Urlaub. Jetzt kann ich beruhigt die Nordsee genießen. Ich hoffe ihr schreibt mir auch diesmal fleißig Kommis. Es haben jetzt immerhin schon 64 Leute diese ff auf ihrer Favo-Liste und nur ein Bruchteil hat sich zu einer Meinung herabgelassen *seufz*, an dieser Stelle noch mal die Aufforderung an alle diejenigen, die kein kurzes Review schreiben können. Sagt mir doch einfach die Meinung. Es muss ja nicht lang sein. Man kann auch einfach schreiben, welche Stellen man gut oder schlecht fand. Genauso wie möglichen weiteren Geschehnisse.

Diejenigen, die aber Kommis schreiben, brauchen sich nicht angesprochen fühlen. Ich freu mich riesig, dass ihr die ff lest.^^
 

An dieser Stelle ein großes Dankeschön wie immer an Arethelya, die sich wieder einmal mit meiner Logik ^^ etc. auseinandergesetzt hat und an Izusu-chan, die mir netterweise ein paar Bilder geschickt hat (Shikamarus Bild kommt noch) und fest daran geglaubt hat, dass ich es doch noch schaffe sie hochzuladen *schweiß von der stirn wisch* Danke auch an alle, die versucht haben mir das zu erklären.
 

Wie findet ihr die Bilder???

Bei 100 Kommis lad ich ein Dankeschön Bild hoch^^, also immer fleißig Kommis schreiben.
 

Der Titel dieses Kapitel heißt übersetzt ‚Konfrontation’ , das hat am besten zu Nejis und Kibas Befreiungsversuch gepasst. Ein Teil der versprochenen Action ist also nun vorhanden. Ich hoffe die Kampfszene hat euch gefallen und ihr bleibt mir treu. Nächstes Mal gibt’s dann das langerwartete Wiedersehen^^
 

hegdl

eure

moonlight_005

~ Kapitel 3: Reunion ~

~ Kapitel 3: Reunion ~
 


 

Die Soldaten hatten Neji und Hinata ins Innere der Stadt gebracht. Die prächtigen

Gebäude symbolisierten die Macht des Herrschers. Nur langsam kamen sie voran. Seine Verletzung hielt sie auf, doch Dosu nahm keinerlei Rücksicht auf ihn. Seine einzige Reaktion war der Befehl, dass die beiden Soldaten ihn hinter mitschleifen sollten. Nun zerrten sie ihn jetzt hinter sich herzerrten. An seinen Oberarmen gepackt, stolperte er den Weg entlang. Seine Verletzung war wieder aufgerissen und blutete stark. Die Flüssigkeit lief an seinem Bein hinab, tropfte auf die Erde. Neji konzentrierte sich darauf nicht mit dem Bein einzuknicken.
 

Die Eskorte war jetzt an dem mächtigen Anwesen des Fürsten angelangt. Die Gebäude waren aus Marmor gebaut. Der majestätische Stein verlieh dem Betrachter den Eindruck klein und unbedeutend zu sein. Die Dächer waren in höchster Baukunst gestaltet. Sie waren mit gelben Dachpfannen bedeckt. Die Wände waren mit den verschiedensten Ornamenten versehen. Rund um das Anwesen breitete sich eine Parkanlage aus. Kristallene Teiche mit Seerosen bedeckt, japanische Brücken, die darüber führten, knorrige alte Bäume. Vereinzelt konnte Neji kunstvolle Statuen erkennen. Das Bild, das sich ihm bot, glich einem Paradies.
 

Von weit entfernt hörte er Musik. Er lauschte. Die Klänge gaben ihm ein Gefühl von Freiheit, auch wenn er sich sicher war in diesem Moment ein Gefangener zu sein. Vielleicht war es das letzte Mal, dass er so etwas hörte. Sein Schicksal war ungewiss.
 

Auf einmal fühlte Neji sich unangenehm. Als würde er beobachtet. Er richtete sich unter großer Kraftanstrengung auf. Der Schwarzhaarige sah in die Augen einer jungen Frau. Sie war schön wie die Nacht und wirkte ebenso geheimnisvoll. Sie trug ein langes Kleid. Es war in Gelbtönen gehalten. Aufwendige Stickereien verzierten die langen Ärmel, die bis auf den Boden reichten. Das Kleid war auf ihre Figur zugeschnitten und umspielte sanft ihre Beine. Der Junge war sich im Klaren darüber, dass dieses Kleid vermutlich mehr wert war als alles, was er je besessen hatte. Sein Blick wanderte über ihren Körper. Ihr Haar hatte sie in zwei eleganten Knoten hochgesteckt. Zwei einzelne Strähnen fielen ihr ins Gesicht. Sie war die schönste Frau, die er je gesehen hatte.
 

Ihm war, als ob ein Feuer in ihm erwacht war. Die Flammen loderten in seiner Brust empor. So etwas hatte er noch nie gefühlt. Etwas völlig Neues brach in ihm los. Neji hatte Angst; er wusste nicht, was das bedeutete. Wie konnte ein einziger Blick so etwas auslösen? Dann bemerkte er den erschrockenen Ausdruck in ihren Augen. Etwas kam ihm daran schrecklich bekannt vor. Neji hatte einen unheimlichen Verdacht. War sie es? Die Einzige, die an ihn geglaubt hatte? Diejenige, der er einst ein Versprechen gegeben hatte?
 

Das Licht aus dem Inneren des Gebäudes blendete ihn. Etwas funkelte im Licht. Um ihren Hals hing ein schwarzer Anhänger. Das war Yin. Es gab keinen Zweifel. Er hatte die Tochter des Fürsten vor sich. Ihre Kette hatte seinen Verdacht bestätigt. Mehr noch, sie zeigte ihm, dass sie seine Versprechen keineswegs vergessen hatte.
 

Langsam kam sie auf die kleine Gruppe zu. Ihre Bewegungen waren geschmeidig und strahlten doch eine ungeheure Eleganz aus. Die Soldaten knieten nieder und rissen ihn gleichzeitig auf den Boden. Seine Haare hatten sich gelöst und verbargen sein Gesicht.
 

Dosu verbeugte sich tief. „Tenten–Hime, was verschafft mir die Ehre? Müsstet Ihr nicht beim Fest sein?“ „Ich danke Ihnen vielmals General, ich wollte nur mal kurz an die frische Luft gehen. Was ist das hier für ein Aufmarsch?“

„Diese beiden sind Verbrecher“, er deutete auf Neji und Hinata. „Er hat uns grundlos angegriffen, viele meiner Männer sind verletzt und auch mir hat er schwer zugesetzt, nun sollen beide ihre gerechte Strafe erhalten. Ich möchte mit Eurem Vater sprechen.“
 

Der Junge bemerkte, dass sie ihn nicht beachtete. Hatte sie ihn nicht erkannt? Oder hielt sie es für unschicklich ihn anzusehen? Er konnte nicht glauben, dass sie sich so verändert hatte. Was war aus dem kleinen Mädchen geworden, das ihm einst seine Freundschaft angeboten hatte?
 

„Es tut mir leid Dosu-Sama, mein Vater ist im Moment unabkömmlich. Er ist mitten in den Festlichkeiten.“ „Dann werde ich ihn später davon in Kenntnis setzen. Morgen früh beginnen wir mit der Verhandlung, die beiden sollen am eigenen Leib erfahren, was Rebellion bedeutet.“ „Ich werde meinen Vater davon unterrichten, gute Nacht.“

„Gute Nacht Prinzessin. Bringt sie weg!!!“, befahl er dann.
 

Mit diesen Worten, setzte sich die kleine Gruppe in Bewegung. Dieser widerliche Typ. Sie wollte gar nicht wissen, wie er die beiden schon zugerichtet hatte. Tenten warf noch einen letzten Blick zurück. Die Gefangenen wurden in Richtung Kerker gebracht. Sie verschwanden in der Dunkelheit. Eins war ihr klar und an dieser Stelle bildete sich ein grimmiges Lächeln auf ihrem Gesicht: Neji würde sie nicht im Stich lassen.
 


 

~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~
 


 

Die Prinzessin war mittlerweile wieder im Palast angekommen. Die Feierlichkeiten waren beendet. Einige Diener räumten hastig die Überbleibsel des Festes auf. Der Saal hatte immer absolut perfekt auszusehen. Was für eine Verschwendung. Man hätte stattdessen doch mal etwas Sinnvolles für das Volk tun können.
 

Der Fürst war weit und breit nicht zu sehen. Verflucht! Sie musste unbedingt vor Dosu mit ihm reden. Sie hatte gesehen wie der General Bürger hinrichten ließ, wenn sie ihm auch nur einen hasserfüllten Blick geschenkt hatten.
 

Vielleicht war er schon im Schlafzimmer. Tenten drehte sich um, raffte ihr Kleid hoch und lief die langen Gänge entlang. Der Palast war ein Irrgarten, aber in all den Jahren hatte sie seine Geheimnisse ergründet. Sie kannte jeden Winkel. Er war immer ihr Zuhause gewesen – und ihr Gefängnis. Die kunstvollen Wandmalereien beachtete sie nicht. Ihre Schönheit ließ sie kalt.
 

Dann stoppte sie abrupt. Gemächlichen Schrittes kam der oberste Berater ihres Vaters den Gang entlang. Orochimaru war schon immer gerissen gewesen und so für ihren Vater unabkömmlich geworden. Bei wichtigen Entscheidungen griff der Fürst stets auf seinen Rat zurück
 

„Guten Abend Prinzessin, was macht Ihr zu so später Stunde in den Gängen? Das Fest ist doch schon längst vorbei.“ „Oh, das hat seine Gründe Orochimaru-Sama. Ich suche meinen Vater, wissen Sie vielleicht, wo er sein könnte?“ „Um was geht es denn?“ „Nichts von Bedeutung - der General hat nur wieder ein paar Leute gefangen genommen, angeblich haben sie ihn angegriffen, aber Sie kennen ihn ja, ein falscher Blick...“ Ihre Stimme hatte sie perfekt unter Kontrolle, doch innerlich wütete ein Kampf in ihr. Sie vertrödelte ihre Zeit. Hoffentlich hatte Orochimaru nicht das Zittern ihrer Stimme bemerkt. Sie vertraute ihm nicht, er war zu schlau, zu gerissen, als dass man seine wahren Absichten hätte erkennen können.
 

„Da habt ihr Recht, Euer Vater ist in der Bibliothek, beeilt Euch, wenn Ihr noch mit ihm sprechen wollt.“

„Vielen Dank, Orochimaru-Sama.“ Sie verneigte sich leicht. Dann hob sie ihr Kleid hoch und verschwand in Richtung Bibliothek.
 

Orochimaru sah ihr nach. Rührend wie sie sich um einen einfachen Dieb bemühte. Er hatte sie beobachtet und er hatte ihren Blick gesehen. Dosu hatte ihm bereits von der Kette erzählt. Im Gegenzug hatte er, der Meister des Generals, ihn ermahnt, kein Sterbenswörtchen darüber zu verlieren. Wie kam der Junge bloß an das Gegenstück, das die Prinzessin trug? Ein Geschenk hatte er gesagt. Eine Verbindung zu Tenten bestand, da war er sich sicher. Allerdings war diese gleichzeitig eine Schwäche. Warum sonst sollte sie sich solche Mühe geben einen dahergelaufenen Dieb vor einer Hinrichtung zu retten?
 

Den Jungen hatte er gleich erkannt. Die Ähnlichkeit war verblüffend, kein Wunder, dass er den Soldaten so viele Schwierigkeiten bereitet hatte. Aber auch sein Vater hatte schließlich aufgeben müssen. Er lächelte.
 

Noch durfte der Gefangene nicht verurteilt werden. Ein teuflisches Lächeln stahl sich auf seine Züge. Die Prinzessin war nicht die Einzige, die mit dem Fürsten reden würde. „Du bist nur eine Schachfigur, Hyuga Neji, du wirst deinen Zweck erfüllen. Nur ein weiteres Hindernis auf dem Weg.“ Lachend verschwand er in der Dunkelheit.
 


 

~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~
 

„Vater?!“ „Ja, mein Kind?“, kam es aus der Leseecke. „Ich muss mit dir reden.“ „Setz dich, Tenten.“ Er wies auf einen bequem wirkenden Sessel. Tenten ließ sich auf dem weichen Möbelstück nieder. Ihre Anspannung aber blieb. Sie saß auf der Kante und ihr Rücken war durchgestreckt.
 

Sie hatte Neji erkannt, als sie seine Augen gesehen hatte. Sie würde nicht ihren einzigen echten Freund dem Tod überlassen. Es war lange her, seitdem er ihr das Versprechen gegeben hatte. All die Jahre über war er nie gekommen. Was also hatte sie erwartet? Aber ein Teil von ihr - und sie wusste, dass dieser Teil nie wirklich verlöschen würde -, hatte immer auf ihn gewartet. Sie sehnte sich nach jemandem, dem sie vertrauen konnte, dem sie ihre Geheimnisse erzählen konnte.
 

„Also, worüber wolltest du mit mir reden?“ Tenten schluckte. Wenn sie ihn jetzt nicht überzeugen konnte...

„Vater, hör zu, ich bin eben Dosu-Sama begegnet“, sie machte eine Pause. „Er hatte Gefangene dabei.“

„Schon wieder? Ich habe ihm doch gesagt, er soll nicht mehr so viele wegen Kleinigkeiten bestrafen.“ „Angeblich haben sie ihn angegriffen.“ Ihre Stimme zitterte.

„Nun das ist etwas anderes. Sie werden nicht um eine Strafe herumkommen. Dosu ist mir direkt unterstellt, er hat mit meiner Autorität gehandelt - ich würde mein Gesicht verlieren, wenn ich einfach meine Befehle zurückziehe. Orochimaru hat mir geraten stets unerschütterlich zu sein, nur so wird das Volk mich respektieren.“
 

In der jungen Fürstentochter breitete sich Wut aus, ihre Hände waren zu Fäusten geballt.

„Menschenleben sind mehr wert, als dein Gesicht. Versteh doch, er wird sie hinrichten lassen. Sie sind dein Volk! Was denkst du, was die Leute davon halten, wenn du es zulässt, dass Unschuldige getötet werden?“ Sie war jetzt wirklich wütend und zugleich hatte sie Angst. Furchtbare Angst. „Lass nicht zu, dass er sie hinrichten lässt, bitte.“
 

Der Fürst erwiderte nichts. Gedankenverloren strich er über seinen Bart.

„Was also soll ich deiner Meinung nach tun?“ „Sie werden eine andere Strafe bekommen, aber lass sie nicht sterben.“ Es klang verzweifelter, als sie eigentlich wollte.
 

„Ich sehe, du hast dir Gedanken gemacht, aber warum bemühst du dich so um sie?“

Tenten hielt inne; sie wusste, dass ihr Vater nicht über das Mädchen sprach. Sie war in eine Sackgasse geraten. Wohl durchdacht. Ihr Vater hatte seine Gerissenheit trotz seines Alters nie abgelegt. Ja, warum wollte sie das eigentlich? Weil er ihr ein Versprechen gegeben hatte? Weil sie immer noch an ihn geglaubt hatte, weil er sich nie blicken gelassen hatte? Ihn acht Jahre nicht mehr gesehen hatte? Sie sollte eigentlich wütend auf ihn sein, war es aber nicht. Zu lange hatte sie gewartet. Auf einen wirklichen Freund.
 

Schließlich durchbrach sie die Stille. „Ich habe seine Augen gesehen.“ Ja, das war der Grund gewesen; sie hatte sich gefürchtet, seine Augen hatten etwas Verzweifeltes gehabt. Und das Mädchen. Sie war am Ende.
 

„Was also schlägst du stattdessen vor?“ „Es gibt einen Weg“, sagte sie langsam, „es ist nicht mehr als ein Kompromiss, aber du wirst davon profitieren und niemand wird diese Entscheidung hinterfragen.“
 

~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~
 


 

Die Dunkelheit umhüllte sie wie ein schützender Mantel. Ihre Silhouette zeichnete sich nur schwach in der Finsternis ab. Über das Kleid hatte sie einen dunklen Umhang gezogen. Tenten wusste wo sie hinwollte. Der Kies knirschte unter ihren Füßen.
 

Sie lugte um die Ecke, aber der Weg lag wie ausgestorben vor ihr. Ein Glück. Wenn sie jetzt noch ein paar Wachen erklären sollte, warum sie um Mitternacht in der Gegend herumlief...

Es war sowieso schon schwer genug gewesen sich davon zu stehlen.
 

Leise ging sie in Richtung Kerker. Der Eingang wirkte bedrohlich in der Nacht. Tenten sah sich ein letztes Mal um, dann verschwand sie in dem leeren Gang. Fackeln beleuchteten die Verliese. Die meisten Gefangenen schliefen. Ihr Schlaf war für die meisten die einzige Zeit, in der sie sich nicht mit ihren Sorgen auseinander setzen mussten. Die metallenen Gitterstäbe wurden von dem Mond angestrahlt, der schwach durch die Kerkerfenster schien. Tenten zog ihre Kapuze tief ins Gesicht.
 

Die Zellen wurden zunehmend unbehaglicher. Es war irgendwie klar, dass Dosu den beiden größtmögliche Qualen zufügen wollte. Der Gang wurde merklich verwinkelter, er zweigte immer häufiger ab. Tentens Herzschlag beschleunigte sich. Die Stille gab ihr das Gefühl, dass hinter jeder Ecke Gefahren lauern könnten.
 

Lautlos ging sie an den Gittern entlang, dann blieb sie regungslos stehen. Sie hatte ihn gefunden. Er sah aus, als würde er schlafen. Vermutlich war es besser, als die ganze Zeit den Schmerz zu spüren. Die langen Haare hingen ihm ins Gesicht. An einer Stelle waren sie mit Blut verklebt. Seine Hände waren mit schweren Eisenketten gefesselt. Diese waren in der Wand eingelassen, an der sein Körper lehnte. Ein Rinnsal Blut war auf seiner Wange getrocknet, er rührte von einem langen Schnitt her. Sein leinenfarbenes Hemd war verdreckt, die ersten Knöpfe waren geöffnet. Sie konnte seinen Anhänger sehen, er trug ihn immer noch um den Hals. Ein Zeichen, dass auch er nicht vergessen hatte. Die Hose des Schwarzhaarigen hatte sich rot verfärbt und fast alles Blut aufgenommen. Trotzdem hatte sich unter ihm auf dem Boden ein hässlicher Fleck gebildet. Doch in den Schatten fiel er nicht weiter auf.
 

Durch das kleine Kerkerfenster fiel das Licht des Mondes in die kleine Zelle. Sanft hüllte es den Jungen in schummriges Licht. Seine Züge waren markanter geworden, er war nicht mehr der kleine Dieb, den sie in Erinnerung hatte. Tenten konnte die feinen Muskeln erkennen, die sich an seinen Armen abzeichneten. Die junge Frau errötete. Sie hatte noch nie einem Mann beim Schlafen zugesehen. Tenten hätte ewig hier stehen können.
 

„Verdammt, reiß dich zusammen, du bist nicht hier um ihn anzuhimmeln, sondern um ihm zu helfen“, ermahnte sie sich. Dann spannte sie ihren Körper an. Sie musste ihn wach kriegen.

„Hey“, fing sie an. Er reagierte nicht und schlummerte friedlich vor sich hin. “Neji, wach auf!!!“ Ihre Stimme wurde lauter. Der Junge zuckte nicht mal mit der Wimper. „Verdammt noch mal, wach auf!!!“ Entsetzt über ihre plötzliche Lautstärke, hielt sie sich die Hand vor dem Mund.
 

Als hätte er ihre Präsenz gespürt, öffnete er plötzlich die Augen, blinzelte. Wollte dieser Dosu ihn jetzt mitten in der Nacht foltern? Zuzutrauen wäre es ihm jedenfalls. Dann nahm er eine Gestalt vor seiner Zelle wahr. Die Kapuze verdeckte ihr Gesicht.
 

„Was willst du?“, fuhr er sie an. „Sei leise“, zischte sie. „Willst du die Wachen hier her locken?“ Dann schob sie ihre Kapuze zurück. Er starrte sie an. Was machte die Prinzessin mitten in der Nacht in den Kerkern? „Tenten?! Du bist doch Tenten, oder?! Das Mädchen von vor acht Jahren“, fragte er langsam.

„Ja, aber bitte stell mir jetzt keine Fragen, wir haben nur wenig Zeit!“
 

„Neji“, sie wartete ab. Also hatte sie ihn doch erkannt und nur zu ihrer beiden Sicherheit geschwiegen und ihn mit Nichtbeachtung gestraft. Als er zur Bestätigung nickte, fuhr sie fort: „Du weißt, dass Dosu dich nicht mag, er wird dich und das Mädchen töten wollen.“

„Meine Cousine ist unschuldig! Diese Soldaten haben sie mitgenommen, weil wir die Steuern nicht bezahlen konnten.“ „Neji, hör mir zu. Das ist ihm egal. Du siehst doch wie er dich zugerichtet hat.“ Sie war jetzt dicht an das Gitter herangetreten.
 

„Ich habe mit meinem Vater gesprochen: Er ist an das Handeln des General gebunden. Dosu hat in seinem Befehl gehandelt, er kann seine Entscheidungen nicht mehr zurück nehmen - das würde in einer Katastrophe enden, wenn das Volk das erfährt. Es gibt jede Woche Aufstände.“ „Was?!“ Neji biss sich auf die Lippe. Das war nicht gut. Sie würden ihn und Hinata töten.
 

„Neji?“ Er blickte auf. „Wo ist deine Cousine?“ „Ich weiß es nicht, sie haben uns getrennt, als wir hier angekommen sind.“ Er schaute zur Seite.

„Kann sie irgendwas Besonderes? Eine Gabe? Eine Arbeit, die sie gerne macht?“

„Warum fragst du mich das?“ „Ich habe vielleicht einen Ausweg gefunden.“
 

Er schwieg. „Einen Ausweg?“ „Ja, es hat auch mit dir zu tun, aber ich muss wissen, was sie gut kann.“ „Sie kann gut nähen. Ihre Handarbeiten übertreffen sogar die der Schneider, die ich kannte.“ Tenten gab keine Antwort, sie dachte angestrengt nach. Dann nickte sie wie um sich selbst zu bestätigen. „Das könnte gehen“, sagte sie langsam.
 

„Was hast du vor?“ „Ich kenne die einzige Möglichkeit euren Tod zu verhindern. Morgen werden sie euch verhören, aber ich habe mit meinem Vater eine Abmachung. Er wird sie erfüllen, nach dem er sich von deinem Können überzeugt hat... deshalb bin ich her gekommen, ich wollte, das du weißt was auf dich zu kommt.“
 

Neji antwortete nicht. „Was meinst du mit ‚meinem Können?’“ Sie schaute ihn eindringlich an.

„Die Streitkräfte meines Vaters sind geschwächt, die Rebellen haben große Teile seines Heers ausgelöscht. Die Soldaten meines Vaters sind ihnen zwar zahlenmäßig überlegen, aber es gibt nicht mehr viele Strategen und gute Kämpfer unter ihnen.“
 

„Du meinst...“, begann er. „Ja“, sagte sie, „dein Traum wird sich erfüllen.“
 


 

~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~
 


 

Die Zellentür öffnete sich quietschend. Neji schreckte aus dem Schlaf. Vor ihm war ein Trupp Soldaten. Breit lächelnd stand Dosu vor ihm. „Zeit sich seinem Urteil zu stellen.“

Der Schwarzhaarige funkelte ihn an. „Wo ist Hinata?“ „Oh, deine kleine Cousine vergessen wir schon nicht. Macht ihn los, aber löst seine Fesseln nicht“, fuhr er einen seiner Untergebenen an. Einer der Soldaten trat an Neji heran und löste die Kette von seinen Handschellen. Diese hatten bereits rote Striemen auf seiner Haut hinterlassen.
 

Der Schwarzhaarige richtete sich auf. Er versteifte sich. Die Haltung, in der er die Nacht verbracht hatte, war wirklich nicht besonders gemütlich gewesen. Vorsichtig verlagerte er sein Gewicht auf das unverletzte Bein.
 

„Komm schon, schlaf nicht ein.“ Abrupt hatten die Soldaten ihn zur Tür gezerrt. Er keuchte vor Schmerzen auf. Dosu sah ihm belustigt zu. “Los jetzt.“
 

Mit diesen Worten machten sie sich auf den Weg aus dem Kerker. Neji blickte sich nicht um. Erst als sie draußen waren, musterte er seine Umgebung. Die warmen Sonnenstrahlen waren eine Wohltat nach den dunklen Stunden in diesem Verlies.
 

Zügigen Schrittes gingen sie auf das Hauptgebäude zu. Das Dach schien jetzt wie pures Gold zu glänzen. Die Gebäude wirkten noch imposanter als gestern Abend. Der Fürst schien seine Macht überall demonstrieren zu wollen.
 

Am Eingang eines großen Saales sah er Hinata. Sie war flankiert von zwei bullig wirkenden Männern, die die Rüstung des Fürsten trugen. Seine Cousine wirkte verängstigt. Er konnte die Angst in ihren Augen sehen. Sie wussten nichts von Tentens Plan. Als er ihrem Blick begegnete sah er den gehetzten Ausdruck. Sie musste sich wie ein in die Enge getriebenes Tier fühlen.
 

Dosu machte seinen Überlegungen schließlich ein Ende. Er klopfte an die schwere Eichentür und trat einen Schritt zurück. Die Tür öffnete sich von innen. Die Flügeltüren schwangen auf und offenbarten anscheinend so etwas wie einen Sitzungssaal. Am Ende des Raumes saß Mao-Chéng auf einem bequem wirkenden Stuhl. Selbst in diesem im Vergleich zum ganzen Palast klein wirkenden Raum, konnte man den Reichtum des Fürsten bewundern. Nicht ein Detail trat aus der Menge, alles war perfekt aufeinander abgestimmt. An seiner Rechten saß Tenten. Hinter ihm stand ein Mann in einer weiten Robe. Seine langen schwarzen Haare fielen ihm schwer den Rücken herab. Die bernsteinfarbenen Augen schauten ihn so eindringlich an, dass er den Blick senkte. Er hatte etwas Schlangenhaftes an sich.
 

Die Soldaten setzten sich in Bewegung und schritten durch den Saal, an dessen Seiten weitere Wachen postiert waren. Als sie kurz vor dem Fürsten standen, gesellten sich ein paar der Soldaten zu den übrigen Wachen an der Wand. Die Restlichen knieten nieder. Mit einer blitzschnellen Bewegung drückte der General seinen Kopf auf den Boden.

Das war entwürdigend. Er kroch vor demjenigen, der für all das Leid was ihm widerfahren verantwortlich war, auf dem Boden. Wenn es ein Problem gegeben hatte, war er ihm stets aufrecht entgegen getreten und hatte seinen Mann gestanden. Jetzt aber war es anders. Er musste sich seinem Feind unterwerfen, um überhaupt eine Chance zu haben, dies hier lebend zu überstehen.
 

Aus den Augenwinkeln beobachtete er die Leute. Die Prinzessin wirkte angespannt. Wie sie es abgemacht hatten, beachtete sie ihn nicht. Wieder so eine Maßnahme. Niemand durfte wissen, dass sie sich kannten, sonst würde er am Ende noch wegen Belästigung der Fürstentochter hingerichtet werden. Neji ließ seinen Blick weiter über die Menge schweifen. Am Rande konnte er einen hoch gewachsenen Mann mit silbernen Haaren erkennen. Diese waren leicht zerzaust und verliehen ihm einen verwegenen Ausdruck. Allerdings umgab ihn trotzdem eine Aura von eiserner Disziplin und größter Aufmerksamkeit.
 

An den Seiten standen einige Untertanen und Dienstboten. Alle tuschelten, der Raum war erfüllt von den leisen Stimmen der Untertanen. Der Junge war sich ihrer Blicke, die auf ihm ruhten, durchaus bewusst.
 

Urplötzlich erstarb das Stimmengewirr. Die Blicke waren nach vorn gerichtet. Mao-Chéng hatte sich erhoben. Neji hob leicht den Kopf, er sah seinem Richter direkt in die Augen. Nur sein Wohlwollen konnte ihn und Hinata vor dem Tod bewahren. Der hagere Mann trug ein purpurnes Gewand. Trotz seiner fast schon offensichtlichen Gebrechlichkeit, strahlte er eine ungeheure Macht aus. Ihm war durchaus klar, dass sich niemand in diesem Raum mit ihm anlegen wollte.
 

„Ihr wisst, warum wir hier sind“, ertönte dann seine kräftige Stimme. „Dosu-San, welcher Vergehen haben sich diese beiden schuldig gemacht?“ Dosu verbeugte sich und deutete dabei übertriebene Höflichkeit an. Der Fürst aber schien diese nicht zu bemerken, oder hielt sie für normal. „Natürlich, Eure Majestät“, er nickte ihm kurz zu. „Schildern Sie mir die Ereignisse.“
 

„Ich war in Eurem Befehl in Richtung Ame unterwegs, wir sollten die Steuern der Bürger aus Ame-Gakure einnehmen. Wir haben zuerst die Häuser besucht, dann sind wir zum Marktplatz gekommen. Die Bürger waren äußerst dreist; viele weigerten sich die Steuern zu zahlen, obwohl sie doch dem Wohl aller dienen. Eine bodenlose Unverschämtheit, wenn Ihr mich fragt.“ Der Fürst hörte ihm schweigend zu. „Sie haben wir dort auch aufgesammelt, wollte sich gerade aus dem Staub machen. Dreistes Stück“, fügte er hinzu. Hinata zuckte zusammen. „Aber wir haben sie nichts desto trotz erwischt, meine Soldaten sind sehr aufmerksam, müsst Ihr wissen. Nachdem wir sie festgenommen haben, sind wir aufgebrochen.“ Der Fürst nickte ihm zu. Neji sah wie Tenten Hinata musterte. Sie wirkte neugierig. Den genauen ‚Tathergang’ kannte sie ja nicht.
 

„Wir sind danach einfach ein paar Tage weitergereist, es war ja nichts Ungewöhnliches passiert. Aber dann eines Nachts wurden wir plötzlich angegriffen. Zuerst haben wir ein riesiges Vieh gesehen, wahrscheinlich ein Wolfshund. Die meisten meiner Leute waren kurz aus der Fassung geraten und einige andere Gefangene, die wir dabei hatten, sind geflohen.“ Er warf Neji einen vernichtenden Blick zu. „Dann haben plötzlich unsere Zelte gebrannt, viele Männer haben Verbrennungen. Wir haben ungefähr zu diesem Zeitpunkt realisiert, dass die meisten Gefangenen geflohen waren und als ich zu dem Wagen sah, auf dem wir sie untergebracht haben, habe ich gesehen, wie das Mädchen fliehen wollte. Allerdings nicht allein. Der da und sein Freund haben ihr zur Flucht verholfen. Das konnte ich nicht zulassen, mein Herr, also hab ich mich ihnen entgegengestellt. Ich habe ihnen die Möglichkeit gegeben freiwillig aufzugeben. Aber man kennt ja diese Sturheit. Er wollte partout nicht verhandeln, also musste ich ihn dazu zwingen. Es hätte ihm von vorn herein klar sein müssen, dass er keine Chance hat. Sein Freund konnte allerdings entkommen.“
 

„Was also wird ihnen vorgeworfen?“, fragte der Fürst. Schadenfroh fuhr Dosu fort: “Die Nichtbezahlung diverser Steuern, Beamtenbeleidigung, Widerstand gegen die Botschafter des Fürsten und Verletzung diverser Soldaten.“
 

Mao-Chéng setzte sich wieder auf seinen Thron und dachte nach. Im Raum war es still. Schon während der General gesprochen hatte, ruhten viele entrüstete Blicke auf ihm und Hinata. Neji wurde langsam nervös. Je mehr Zeit verstrich und je länger der Fürst sich in Schweigen hüllte, desto unruhiger wurde er. Eine erdrückende Stille herrschte in dem Raum. Neji blickte zu Tenten, hoffentlich hatte sie ihren Vater umstimmen können. Das war ihre einzige Chance. Würde der Fürst ihn jetzt nach der Kette fragen? Dosu hatte ihm gewiss Bericht erstattet. Doch der Moment verging ungenutzt.
 

„Die Strafe für ein solches Vergehen ist normalerweise der Tod“, durchbrach Mao-Chéng die Stille. Dosu grinste gehässig. „Aber“, und an dieser Stelle sah er seine Tochter an, „mich haben verschiedene Leute, unabhängig voneinander, auf eine andere Möglichkeit hingewiesen.“

Die Spannung war nun fast greifbar. Neji konnte sehen, dass Hinata zitterte. „Durch den ständigen Angriff der Rebellen herrscht in meinem Heer Mangel an gut ausgebildeten Samurai. Diejenigen, die in der Lage sind eine Schlacht zu führen.“
 

Jetzt sah er Neji direkt in die Augen. „In deinem Alter ist die Ausbildung normalerweise längst beendet, du wirst hart arbeiten müssen und schneller lernen müssen, als alle deine Vorgänger.

Du wirst mir dein Leben lang zu Diensten sein und ich verlange einen Treueschwur. Aber vorher will ich mich überzeugen, ob du ansatzweise Talent hast.“ Neji hielt seinem Blick stand, seine Züge offenbarten nicht eine einzige Emotion. Er überlegte, das war der Test von dem Tenten gesprochen hatte. „Ja“, antwortete er schlicht.
 

„Löst seine Fesseln“, befahl der Herrscher. Augenblicklich wurde dem Befehl folge geleistet.

Endlich konnte Neji seine Hände wieder bewegen. Seit mehreren Tagen lief er nun schon mit diesen Fesseln rum. Eine Erniedrigung war das. Dabei hatte er den General eindeutig besiegt, wenn der nicht zu solch unfairen Mitteln gegriffen hätte. Sein Kopf schmerzte immer noch von dem Schlag.
 

Der Fürst wandte sich an seinen Berater: „Hol deinen besten Schützen.“

Orochimaru nickte und gab seinen Befehl weiter. „Während wir warten, kommen wir zu dir, Mädchen.“ Hinata blickte verschüchtert zu ihm hinauf. „Meine Tochter meinte, dass Ino jemanden gebrauchen könnte, der ihr zur Hand ginge. In der nächsten Zeit wird es viele Feste geben. Meine Tochter soll anständig gekleidet sein, aber Ino schafft es unmöglich in so kurzer Zeit all die anfallende Arbeit zu bewältigen. Auch von dir erwarte ich einen Treueschwur auf Lebenszeit.“ Hinata tauschte kurz mit Neji einen Blick und nickte dann unsicher.
 

„Mein Fürst, Ihr habt mich rufen lassen?“ „Gut, dass du so schnell gekommen bist, Kabuto. Ich brauche deine Hilfe. Es geht um deine Fertigkeiten im Bogenschießen.“ „Womit also kann ich euch zu Diensten sein, mein Fürst?“ „Ich glaube, Orochimaru hat dir bereits die Anklage gegen diese beiden erläutert. Nun, deine Aufgabe wird es sein, seine Fähigkeiten zu testen. Wenn er besteht“, er blickte Neji skeptisch an, „werde ich ihn verschonen und ihm eine andere Möglichkeit geben, seine Schuld zu vergelten.“

„Was Ihr meint, ist also ein Wettkampf im Bogenschießen, den er für sich entscheiden muss? Gegen einen Meister ist das hoffnungslos, das wisst Ihr.“
 

Neji schluckte. Ein Meister? Und er musste gewinnen. Was zum Teufel verlangten die von ihm? Er hatte noch nie einen Bogen in der Hand gehabt. Geschweige denn damit geschossen.

Wie sollte das gut gehen?
 

Ein Raunen ging durch die Menge. Hinata blickte ihn entsetzt an. Auch die Prinzessin schien verunsichert zu sein. Damit hatte sie wohl nicht gerechnet. Die Leute begannen zu flüstern. Hin und wieder konnte er ein paar hämische Bemerkungen heraushören. Sie erwarteten, dass er verlor. Das waren keine fairen Umstände.
 

„Das waren meine Bedingungen, folgt mir“. Daraufhin erhob sich Mao-Chéng und ging zielstrebig auf die Tür im hinteren Teil des Raumes zu. Zögernd erhob sich Neji und folgte dem Fürsten. Die Menschen bildeten eine Gasse. Langsam durchschritt er die Tür. Vor ihm breitete sich eine breite Graslandschaft aus. In etwa hundert Meter Entfernung konnte er eine runde Zielscheibe erkennen. Das Areal war ein Trainingsplatz.
 

Der Herrscher winkte einen Diener zu sich, der ihm zwei Langbogen und dazugehörige Köcher samt Pfeilen überreichte. Neji und Kabuto, der ihm gefolgt war, traten zu ihm. Beiden übergab Mao-Chéng eine Waffe.

„Wir werden wie folgt vorgehen, Kabuto wird zuerst schießen, damit du siehst wie es geht. Danach wirst du es versuchen, jeder hat drei Versuche. Wer am genausten trifft, gewinnt.“
 

Der Mann namens Kabuto ging zur Antwort auf die Startposition. Er zog einen Pfeil aus seinem Köcher und legte ihn an die Sehne. Sein Bogen spannte sich, er zielte auf die Markierung. In einem hohen Winkel schoss der Pfeil auf das Ziel zu. Er bohrte sich in die zweiten äußeren Ring. Einige Zuschauer klatschten. Das war zwar noch nicht perfekt, aber aus der Entfernung schon eine beachtliche Leistung.
 

Kabuto trat zurück und überließ Neji den Platz. Langsamen Schrittes ging Neji auf die Markierung zu, den Bogen in der Hand. Er hob die Waffe an. Das Holz fühlte sich schwer an. Der Junge spürte die Blicke in seinem Rücken. Die Erwartungen waren fast körperlich zu spüren. Aus den Augenwinkeln nahm er Hinatas ängstliche Mine, den erwartungsvollen Blick des Fürsten, das schadenfrohe Grinsen Dosus und die Überheblichkeit Kabutos wahr. Als er die Prinzessin ansah, stutzte er. Tenten wirkte nicht verängstigt. Sie schaute ihn genauso an wie vor acht Jahren; völlig ruhig, ohne jede Besorgnis. Sie glaubte an ihn. Er konnte nicht verlieren.
 

Neji nahm einen Pfeil und legte ihn in die Sehne ein. Der Bogen spannte sich. Er hob ihn etwas höher an, als Kabuto es getan hatte. Dann ließ er los. Das Geschoss schnellte in einem beachtlichen Bogen auf das Ziel zu. Dann streifte er es und flog Millimeter vorbei.
 

Wortlos drehte er sich um und überließ Kabuto den Platz. Nun sehr siegessicher zielte dieser ungenauer und der Pfeil landete am äußersten Rand. Der Schwarzhaarige konnte seinen Punkterückstand ausgleichen, wenn er das nächste Mal besser traf.
 

Neji trat an seine Ausgangsposition zurück. Jetzt hielt er die Waffe einen Bruchteil tiefer.

Mit einen Zischen in der Luft flog der Pfeil auf den Kreis zu. Und diesmal traf er. Das Geschoss steckte im zweiten Innenring. Neji hatte ausgeglichen. Jetzt lag es am dritten Versuch.
 

Dosus verächtliche Mine verblasste und auch denjenigen, die seinen ersten Versuch belächelt hatten, verging das spöttische Grinsen. Neji drehte sich um und stellte sich an den Rand.
 

Kabuto war nun vorsichtiger geworden. Er hatte gesehen, dass der Junge, der eigentlich noch nie einen Bogen benutzt hatte, durchaus in der Lage war Erfolge zu verbuchen. Konzentriert legte er den Pfeil an. Seine Augen waren zu Schlitzen verengt. Eine Weile verharrte er in dieser Position, dann zog er den Arm zurück. Der Pfeil surrte durch die Luft. Zwei Millimeter von der Mitte entfernt blieb er stecken. Siegessicher drehte er sich um. Die Menge applaudierte.
 

Hastig war der Pfeil wie auch die Male davor entfernt worden. Neji wurde blass. Er musste treffen, ansonsten war sein Schicksal besiegelt. Vorsichtig nahm er einen Pfeil aus seinem Köcher. Die Sehne fühlte sich plötzlich rau an. Das Holz glatt. Wo war seine Zuversicht geblieben? Wo sein Mut? Er spannte den Bogen. Seine Arme zitterten. Das hier war seine letzte Chance und niemand konnte ihm helfen, außer ihm selbst. Die Pfeilspitze deutete auf das Ziel. Er hatte Angst, die Nervosität wurde stärker. Klar zu denken, war kaum mehr möglich. Sein verletztes Bein pochte unaufhörlich. Wenn er verlieren würde, war sein und Hinatas Leben verwirkt.
 

Dann hielt er inne. Sah seinen Anhänger. Gleichgewicht. Balance. Ruhe. Neji sah sich um, blickte Tenten ins Gesicht. Sie lächelte. Die Prinzessin hatte nicht einen einzigen Augenblick an ihm gezweifelt. Er durfte sie nicht enttäuschen. Neji fühlte sich auf eine eigenartige Weise mit ihr verbunden. Wieder war da dieses Feuer. Es loderte in seiner Brust, wenn er sie ansah. Der Drang sich zu beweisen. Vor ihr wollte er keine Niederlage.

Er wurde ruhig, verschmolz mit seiner Umgebung. Sein Verstand war wie betäubt und dann schien die Welt still zu stehen. Neji nahm keinerlei Geräusche mehr wahr. Es war beinahe so, als wäre er von der Außenwelt abgeschnitten. Nun war er im Gleichgewicht. Yin und Yang.
 

Sein Arm war vollkommen ruhig. Seine Sicht verschärfte sich. Neji blickte auf die Mitte der Markierung. Tenten hielt den Atem an. Es war ein schöner wie auch zugleich ungeheuer atemberaubender Anblick. Seit dem Moment, als Neji seine innere Ruhe gefunden hatte, schien sich eine Aura um ihn gebildet zu haben. Niemand war im Stande den Bann zu brechen. Und ohne es zu wollen, errötete sie. Noch nie hatte sie einen Mann gesehen, der so eine Macht ausstrahlte. Seine Augen hatten wieder diesen entschlossenen Ausdruck angenommen. Wie damals, als er ihr von seinem Traum erzählt hatte.
 

Und dann ließ er die Sehne los. Blitzschnell legte der Pfeil die Entfernung zurück. Die Zuschauer konnten ihre Augen nicht abwenden. Neji verharrte weiter in seiner Ausgangsposition. Er hatte die Augen geschlossen. Wollte noch nicht sehen.

Dann durchbrach ein Geräusch die Stille. Der Fürst hatte zu klatschen begonnen. Eilig fielen die Menschen mit ein, jubelten. Hinatas Angst war ein Ausdruck von vollkommener Glückseligkeit gewichen. Tenten lächelte. Sie hatte es ja gewusst. In Zeitlupe öffnete Neji seine Augen – und erstarrte. Der Pfeil steckte haargenau in der Mitte der Zielscheibe.
 

Ungläubig starrte Neji den Pfeil an. Es war als wäre er aus einer Trance erwacht. Die Wirklichkeit stürzte ohrenbetäubend auf ihn ein. Er hatte gewonnen? Einen Meister geschlagen? Ungläubig drehte er sich um.
 

Mao-Chéng lächelte. „Ich glaube, wir haben unseren Sieger. Kommt mit, wir haben noch etwas zu erledigen.“ Mit wehendem Gewand ging er Richtung Audienzsaal zurück. Kabuto hatte sich mit säuerlicher Mine entfernt. Urplötzlich wurde sich Neji darüber bewusst, dass er sich immer noch nicht von der Stelle gerührt hatte. Eilig kam er dem Befehl des Fürsten nach und folgte ihm. Die Menge hatte sich bereits zerstreut. Nur die Soldaten und Hinata waren noch da.
 

Orochimaru hatte den Jungen beobachtet. „So, so, ein Naturtalent also, aber das war ja nicht anders zu erwarten.“ Seine Worte verstummten in der Stille.
 


 

~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~
 


 

Zurück im Audienzsaal hatten sich nun alle bedeutenden Würdenträger versammelt. Sie trugen prächtige Kleider und Gewänder. Der Fürst hatte sich nun wieder auf dem erhöhten Thron niedergelassen. Sein Gesicht hatte einen ruhigen Zug angenommen. Als er in die Hände klatschte, wurde es augenblicklich ruhig. Die Menge war verstummt. Mao-Chéng wandte sich an Neji und Hinata, die noch immer von ein paar Soldaten flankiert waren.
 

„Ich will zuerst deinen Schwur, Mädchen.“ Hinata nickte. „Wie heißt du?“ „Hinata“, antwortete sie. „Nun gut, Hinata, schwörst du, mir für immer treu zu sein und dein Leben lang in meinen Diensten zu stehen?“ Durch einen Wink, der Soldaten kniete sie nieder. „Ja, ich schwöre.“ „Gut, du wirst ab morgen Ino zur Hand gehen, sie kann Hilfe bei diversen Kleidern gebrauchen.“ Das Gesicht des Mädchens erhellte sich. Endlich eine Arbeit, die ihr gefiel. Sie erhob sich wieder. „Sehr gern, Mao-Chéng-Sama.“
 

„Nun zu dir.“ „Neji“, half der Junge ihm aus. „Du kanntest meine Bedingungen, die Prüfung hast du bestanden. Jetzt schwöre es mir. Wirst du mir zu Diensten sein, dein ganzes Leben lang, mir treu sein unter allen Umständen?“ Er räusperte sich. „Wenn du bereit bist Neji, werde ich dir deine Schuld vergeben, im Gegenzug wirst du eine Ausbildung zum Samurai beginnen. Solltest du mich verraten, wirst du sofort getötet, ich dulde keine Verräter. Du wirst für mich kämpfen, auch wenn es aussichtslos ist, solltest du dabei dein Leben verlieren, ist deine Schuld ebenfalls vergeben. Nun schwöre es bei deinem Blut.“
 

Dem Jungen wurde ein kleines Messer gereicht. Schweigend nahm er es entgegen. Seine Augen wurden ausdruckslos. Langsam setzte er die Klinge auf seinem Handrücken an. Neji schaute dem Fürsten in die Augen, aber seine Gedanken waren bei Tenten. Vorhin hatte sie gelächelt... Er verscheuchte den Gedanken aus seinem Kopf, erhob die Stimme und kniete nieder. Er war kurz davor seinen Traum zu verwirklichen, er durfte es nicht davon abhängig machen, ob er die Situation verabscheute oder nicht. Der junge Mann hatte den Kopf gesengt, dann suchte er den Blick des Herrschers. „Bei allem was mir etwas bedeutet, ich schwöre es“, er blickte fest seinem Gegenüber in die Augen, „mit meinem Blut“. Er schnitt sich vorsichtig über die Handfläche, zeigte aber keinen Schmerz. Die Flüssigkeit tropfte auf den Boden, hinterließ weinrote Spuren. Die Zuschauer hatten den Atem angehalten.
 

„Gut“, erwiderte der Fürst. „Du wirst deine Ausbildung erhalten und soeben hast du mir deine Treue geschworen. Aber ich warne dich, ich gebe dir nur diese eine Chance.“
 


 

~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~
 

Hallo, nach langer Zeit bin ich also wieder zurück. Ich hoffe ihr verzeiht mir die lange Wartezeit, aber ich wollte eigentlich erst Kapitel 5 zu ende schreiben und da ich nun so gut wie fertig bin, dachte ich mir, dass ich euch nun doch nicht solange auf die Folter spannen.^^
 

Erst mal noch mal vielen Dank für die vielen Kommentare letztes Mal. Wir haben bereits die 100 Kommi-Grenze geknackt. Vielen Dank euch allen. Schaut euch doch mal das Dankeschönbild an, wenn ihr Zeit habt.
 

Der Titel dieses Kapitels bedeutet ‚Wiedersehen’, worauf ja fast alle sehnsüchtig gewartet haben. Aber ein wirkliches Wiedersehen war es ja noch nicht. Dafür wird im nächsten Kapitel... Nein, das verrate ich natürlich noch nicht.
 

Allerdings kann ich euch eine gute Nachricht machen: ich habe diese Geschichte im Urlaub bereits vollständig durchgeplant und denke, dass es um die 18 Kapitel werden. Das kann allerdings variieren. Mal sehen, was mir noch für Ideen kommen
 

So nun zu etwas Wichtigem: bei den meisten Geschichten, wo es um Samurai bzw. Krieger geht, haben die Schwerter auch Namen. Da ich ein großer Fan davon bin (Eragon, Herr der Ringe etc.) hab ich beschlossen, das auch zu machen. Neji kriegt im späteren Verlauf der Geschichte ( wird noch dauern) ein Schwert. Aber natürlich nicht irgendeins.

Ich habe recherschiert und nun stehen drei Namen zur Auswahl. Sagt mir einfach eure Meinung. Letzten Endes werde ich entscheiden, aber vielleicht könnt ihr mich ja für euren Favoriten begeistern.
 

1. Orion ( ist ein Sternbild)

2. Amaterasu (nach der japanischen Mythologie, die ‚Sonnengöttin’)

3. Ryujin (nach der japanischen Mythologie, Drachen- und Wettergott, Herrscher über Donner und Regen)
 

Für weitere Vorschläge bin ich natürlich auch dankbar. Das nächste Kapitel kommt schneller.
 

Ich hoffe ihr hattet Spaß.
 

Hel

eure

moonlight_005

~ Kapitel 4: Friendship ~

~ Kapitel 4: Friendship ~
 


 

Aber ich gebe dir nur diese eine Chance’, hallten die Worte des Fürsten in Nejis Kopf wider. Auf einen Wink trat der grauhaarige Mann vor. Der Fürst wandte sich an ihn: „Dies hier ist dein neuer Schüler, sieh zu, dass es nicht so wie mit dem Letzten endet.“ „Neji, das ist dein Meister, Hatake Kakashi. Er wird dich unterrichten.“
 

„Wir beginnen mit dem Training, sobald deine Verletzung geheilt ist“, sagte Kakashi mit einem Blick auf Nejis Bein. Ich wohne in der kleinen Hütte im Wald. Einer der Diener wird dir den Weg zeigen. Wenn du gesund bist, komm sofort zu mir.“ „Ja, Sensei.“
 

„Aber zuerst“, begann Mao-Chéng, „wird dir und Hinata jemand euer Quartier zeigen. Ihr werdet bei den anderen Lehrlingen schlafen.“ „Was ist mit meinen Sachen?“, warf Neji ein. Der Fürst wechselte einen Blick mit Kakashi. „Ich lasse sie dir bringen. Deine Waffe wirst du erst dann erhalten, wenn du dich als vertrauenswürdig erwiesen hast.“

Auf einen Wink kam einer der Dienstboten näher. „Zeig ihnen den Weg, Zaku.“

Eilig kam ein Junge näher. Er hatte zerstrubeltes, schwarzes Haar und eine schlaksige Gestalt. Zaku verneigte sich leicht. „Sehr wohl, mein Fürst“. „Folgt mir“, wandte er sich an Neji und Hinata.
 

Hinata und Neji sahen sich an. Stumm gaben sie ihm ihr Einverständnis. Beide folgten Zaku.

Mit einem Rums schloss sich die Tür.
 

„Was hältst du von ihm Kakashi?“ „Das kann ich zu diesem Zeitpunkt noch nicht sagen; vermutlich werden wir die Gründe für sein Handeln nie genau erfahren, oder die Tatsachen werden verdreht. Ich denke aber, dass der Junge großes Potential hat. Selten habe ich jemanden gesehen, der verletzt und unter Druck solch eine Meisterleistung vollbracht hat. Er war im Einklang mit sich selbst. Wer weiß, wie er sich entwickelt.“ „Ja, wer weiß“, echote der Fürst und gleichzeitig wirkte er älter.
 


 

~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~
 


 

Zaku führte die beiden von dem prächtigen Palast des Fürsten fort. Ein wenig abseits lag ein hölzernes Gebäude, das sich als Stallanlage herausstellte. „Ich zeige euch jetzt euer Quartier. Ihr werdet bei den anderen Lehrlingen auf dem Dachboden schlafen.“ „Vielen Dank“, erwiderte Hinata. Sie war wie immer höflich, musste Neji feststellen. Ganz gleich, ob sie gerade beinahe umgekommen wäre, besonders erschöpft war oder nicht. Er selbst würde sich nicht bedanken, zu viel hatte Leid hatte er bereits von den Untergebenen des Fürsten erfahren.
 

Der Dienstbote winkte die beiden herein und schloss die Tür. Sie befanden sich in einem Pferdestall. Hier und da schnaubte ein Tier. „Das sind unsere Stallungen, an den Geruch werdet ihr euch gewöhnen müssen.“ Sie sollten also das gleiche Dach über dem Kopf haben, wie die Pferde des Herrschers. Neji konnte es nicht glauben. Sie wurden mit Tieren gleichgesetzt!

Als keine Antwort kam, ging Zaku verärgert auf eine Leiter zu. „Folgt mir.“

„Ich gehe vor“, flüsterte Neji Hinata zu. Zögernd ging er auf sie Leiter zu. Schon als er auf der zweiten Stufe stand, bestätigte sich sein Verdacht. Seine Verletzung meldete sich mit aller Macht zurück. Bis eben hatte die Aufregung sie unterdrückt. Zu viel war in zu kurzer Zeit geschehen. Innerlich konnte er vor Schmerz kaum klar denken, aber äußerlich blendete er alle Emotionen aus. Er biss lediglich für einen kurzen Moment die Zähne zusammen. Hinata folgte ihm langsam.
 

Es war eine Wohltat, als er endlich oben angekommen war und sein Gewicht auf das andere Bein verlagern konnte. Der Schmerz war zwar nicht verschwunden, aber nun doch wesentlich geringer zu spüren. Der Junge namens Zaku war indes schon vorausgegangen. Hinata und Neji gingen ihm hinterher. Vor einer großen Eichentür blieb er stehen und klopfte. Nichts rührte sich. Zaku fluchte. „Verdammt, halten die da drin Mittagsschlaf oder was? Das sollte nur eine kleine Pause sein.“ Er atmete einmal tief durch. „Naruto, Lee, macht sofort die Tür auf, sonst setzt’s was!“
 

Es rumpelte und dann steckte ein verschlafener Junge seinen Kopf aus der Tür. „Herrgott noch mal, ich habe Mittagspause... kann man denn nicht einmal seine Ruhe haben?“ „Wo ist Lee?“, fragte Zaku teilnahmslos. „Ach der, du kennst ihn doch - der ist schon längst zu seinem Training. Ich glaub, er wollte einen neuen Rekord in Pünktlichkeit aufstellen oder so.“ Naruto kratzte sich am Kopf. Dass er nur seine Hose trug, schien ihn keineswegs zu stören. Mit einem Seitenblick auf seine Cousine stellte Neji jedoch fest, dass es sehr wohl jemanden gab, der sich daran störte. Hinata war feuerrot angelaufen und blickte krampfhaft nicht auf Narutos nackten Oberkörper.
 

Naruto schien die Fremden erst jetzt richtig wahrzunehmen. „Wer sind denn die?“, wollte er wissen. „Wenn du mich nicht andauernd unterbrechen würdest, wüsstest du es schon längst.“ „Was denn?“, wollte Naruto wissen. „Hast du den Aufruhr nicht mitgekriegt?“, war die Gegenfrage. „Wieso, was war denn los?“, fragte der Blonde irritiert. „Das kannst du die beiden am besten selbst fragen. Zeig ihnen einfach ihre Unterkünfte. Er“, Zaku deutete auf Neji, „hat eine Ausbildung erhalten und sie wird Ino ein wenig zur Hand gehen.“ „Na dann kommt erst mal rein“, gab sich Naruto schließlich geschlagen und mit einer ausladenden Geste bedeutete er Neji und Hinata einzutreten.
 

„Gut, dann bin ich ja hier fertig“, verabschiedete sich Zaku und verschwand in Richtung Leiter. Einen kurzen Moment sahen ihm alle nach, dann traten die beiden Schwarzhaarigen auf einen Wink Narutos ein. „Entschuldigt, es ist nicht aufgeräumt. Normalerweise macht Lee das. Als Disziplinsübung, aber heute hat er es wohl verpennt.“ „Hauptsache wir können uns erst mal irgendwo ausruhen“, sagte Hinata. „Na klar“, erwiderte Naruto und kurz konnte man den irritierten Ausdruck in seinen Augen sehen, als er feststellte, dass das Mädchen die Wand hinter ihm fixiert hatte.
 

„Wir bräuchten erst mal nur einen Schlafplatz, war doch eine ganz schöne Anspannung die letzten Tage“, stellte Neji monoton fest. „Was war denn los? Ich hasse es, wenn ich der Letzte bin, dem so was gesagt wird. Aber nein, die Leute halten es ja nicht für nötig zu halten einen Stallburschen zu informieren. Ganz zu schweigen davon, dass ich mich letztendlich damit auseinandersetzen muss!“ In Nejis Augen blitzte etwas. Konnte dieser nervige Kerl nicht einmal ruhig sein und ihnen einfach erst mal ihre Schlafgelegenheiten zeigen? Er mochte es sich zwar nicht eingestehen, aber er war am Ende. Ein Wunder, dass er es überhaupt noch hier her geschafft hatte und nicht gleich die Leiter heruntergefallen war. Bei der Gelegenheit hätte er sich bei seinem Glück wahrscheinlich noch das andere Bein gebrochen.
 

Naruto hatte in der Zeit, in der Neji ihn in Gedanken verfluchte, munter weitergeredet. Hinata war von diesem Redeschwall zunächst überwältigt, versuchte aber gute Miene zum bösen Spiel zu machen und hörte ihm aufmerksam zu. Natürlich ohne Naruto anzustarren.

„Und ich sag dir, das in meiner einzigen Pause. Die ist schon so kurz, soll ich demnächst noch beim Schlafen arbeiten?“, ereiferte sich der Junge.
 

So nun reichte es. Er hatte definitiv genug. Diese Quasselstrippe sollte ihm verdammt noch mal ihre Unterkunft zeigen! „Denen macht es wohl Spaß mich zu deklassieren und mir alles und jeden aufzudrücken.“ Dass er bei seinen Anschuldigungen seine ‚Gäste’ gleich mit beleidigte, weil sie es gewagt hatten aufzutauchen, schien er nicht zu bemerken. Nejis Augenbraue zuckte. „Weißt du“, fing er an und es hörte sich an als würde man über Schmirgelpapier schleifen, „das tut mir so furchtbar leid.“ Deutlich war der Sarkasmus zu hören. Der Blonde hatte den eisigen Ton wohl nicht wahrgenommen, denn er funkelte Neji bösartig an. „Wie würdest du dich fühlen, wenn man dir deine einzige Pause nimmt?“ „Zu diesem Zeitpunkt bin ich froh, wenn ich überhaupt eine habe.“ Verzweifelt sah Hinata zwischen den beiden hin und her. „Ähm, solltest du uns nicht vielleicht unsere Unterkunft zeigen“, unterbrach sie die beiden. Ohne aufzusehen zischten beide ein ’Später’. Hinata schluckte. Ihr Cousin war wirklich nicht oft genervt. Wenn er es aber war, gab es kein Halten mehr. Und dieser Naruto sah auch nicht gerade danach aus, als würde er ihm kein Kontra bieten. Verzwickte Situation.
 

„Naruto!“, wurden alle aus den Gedanken gerissen. Mit einem ohrenbetäubenden Knallen polterte jemand die Leiter hinauf. Dann wurde die eben erst geschlossene Tür aufgerissen. „Hey, weißt du schon, dass der Fürst diesem Jungen, der angeblich Dosu angegriffen hat, eine Ausbildung zukommen lässt? Der wird alt, ich sag’s dir. Auf solche Dinge kommt der jetzt. Was ist denn los?“, unterbrach er sich als er Narutos entgeisterte Mine sah.
 

Warum konnte der nicht einfach wie ein normaler Mensch auftauchen? Man hätte meinen können, von einem Kung-Fu-Kämpfer war eine gewisse Weisheit und Eleganz zu erwarten gewesen. Aber das war nun mal Lee. Er mochte ihn zwar schon wieder überfallen haben, aber seine Talente in der körperlichen Kampfkunst waren beachtlich. Da verzieh man einem Freund schon mal seine kleinen Macken. Auch, wenn Lee bedauerlicherweise eine Menge davon besaß.
 

„So viel dazu, niemand würde dir irgendetwas erzählen“, wandte sich Neji an Naruto. Lee hatte die Fremden erst jetzt bemerkt. „Du wirst Samurai?“, fragte Naruto verblüfft. „Problem damit?“ Neji hatte wirklich übel Lust sich mit Naruto anzulegen. Sowie der ihn genervt hatte…
 

„Wie? Du bist dieser Typ, der die Soldaten angegriffen hat?“ Er nahm Nejis ausdruckslose Mine erst mal als ein ‚Ja’ hin. “Klasse! Endlich kriegen wir ein paar Mitbewohner. Ich bin Rock Lee, freut mich dich kennen zu lernen.“ Er schüttelte dem verblüfften Neji die Hand.
 

Leise schloss sich die Tür. Die Männer blickten auf. Hinata war einfach nicht mehr beachtet worden. Sie war eben ein wenig unauffällig. „Ich schlage vor, ihr zeigt uns jetzt unsere Zimmer und dann können wir reden“, sagte sie. Die Männer blickten sie an, aber wirklich etwas dagegen einwenden konnten sie trotzdem nicht. „Na gut“, gab sich Naruto geschlagen.
 

„Los kommt schon“, schloss Lee sich enthusiastisch an. Dann drehte sich der junge Kämpfer noch einmal um und kratzte sich verlegen am Kopf. „Wie heißt ihr eigentlich?“

„Neji“, antwortete der Schwarzhaarige, „und das ist meine Cousine Hinata.“ Die Erwähnte nickte zustimmend.
 

Die drei Anderen folgten ihm schließlich einen Gang mit hölzernen Dachschrägen entlang. Sie mussten vorsichtig sein, um sich nicht zu stoßen. „Verdammt!“, stieß Naruro aus. Eine große Beule zeichnete sich an seinem Kopf ab. Ein schadenfreudiges Grinsen konnte Neji sich nicht verkneifen. Manchmal gab es eben doch noch Gerechtigkeit.

Schließlich kamen sie bei zwei kleinen Zimmern an. Beide waren schlicht gestaltet, beinhalteten jeweils ein Bett, einen Schrank und eine kleine Kommode.
 

„Wo kann man sich denn waschen?“, fragte Hinata. „Oh, mach dir darüber keine Gedanken, wir haben ein Gemeinschaftsbadezimmer. Ich find auch, dass das toll ist, man kann sich so gut entspannen und sich nebenbei noch so gut unterhalten.“ Wie Lee Hinatas entsetzte Miene auf die Aussicht sich in der Anwesenheit fremder Männer zu waschen als Zustimmung empfinden konnte, war dem Schwarzhaarigen schleierhaft. „Sie wird sich nicht mit euch waschen“, knurrte Neji. Eine Eiseskälte in der Stimme, die Lee das Blut in den Adern gefrieren ließ. Dieser schluckte. „Wir können ja bestimmte Zeiten ausmachen und sie kann abschließen“, sagte er kleinlaut. Na bitte! Es ging eben doch.
 

Langsam ging Neji auf sein Bett zu. Es war in der Wand eingelassen und die hölzerne Unterlage war sicher alles andere als bequem, aber es war ein Bett. Endlich konnte er sich entspannt hinlegen, sich auskurieren und für den Moment keine Gedanken an ein frühzeitiges Ableben verschwenden. Tentens Bett war bestimmt behaglich. Sie schlief sicher immer gut. Neji stutzte. Schon wieder hatte sich dieses Mädchen in seine Gedanken geschlichen. Er hob die dünne Decke hoch und ließ sich nieder. Dann stellte er fest, dass seine Sachen bereits in der Ecke standen. Ein bisschen frische Kleidung hatte er dann also doch noch.
 

Dann durchzuckte ihn ein Schmerz. Er hatte sich zu hastig hingesetzt. Sein Bein fing an zu bluten. Naruto, Lee und Hinata hatten ihm bisher schweigend zu gesehen, stürzten aber sogleich zu ihm, als sie seinen schmerzverzerrten Ausdruck sahen.
 

„Was ist los?“ „Siehst du nicht, dass er Schmerzen hat, Naruto?“, fuhr Lee dazwischen. „Seine Wunde ist wieder aufgegangen“, fiel Hinata aufgeregt ein. Neji konnte nur noch verschwommene Schemen erkennen. Dann klappte er auf seinem Bett zusammen.
 

~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~
 


 

„Neji?!“ „Hey, kannst du uns hören?“, konnte er eine dunkle Stimme vernehmen. „Oh, du bist wieder wach“, stellte Lee erfreut fest. „Wir mussten die Verletzung nähen, sonst hätte es noch größeren Blutverlust gegeben. Ein Wunder, dass sie sich noch nicht entzündet hat“, sagte Naruto. „Kennst du dich damit aus?“, war Nejis Frage, als er sich erst mal halbwegs gefasst hatte. Sich vorstellen, was diese beiden mit ihm gemacht hatten, wollte er nicht. Neji warf nicht den kleinsten Blick auf sein Bein. Er konnte lediglich spüren, dass er endlich einen Verband trug und unter verschiedenen Decken lag.
 

„Ich war schon oft genug verletzt, außerdem hat deine Cousine darauf bestanden es selbst zu nähen.“ Neji hätte vor Erleichterung beinahe laut aufgeseufzt. Auf Hinata war eben doch Verlass. „Wie ist das eigentlich passiert?“, fragte der Blonde und legte ein feuchtes Tuch auf Nejis Stirn. Alle drei hatten sich bereits auf schlichten Holzstühlen niedergelassen.
 

„Wir hatten einfach Pech“, begann Hinata. „Ich wollte nur Seife kaufen und dann haben die Soldaten mich überrascht. Sie haben mich festgenommen, weil ich keine Steuern bezahlen konnte. Neji wollte mich befreien und dann…“ Hinata schlug die Augen nieder. „Es war grauenvoll zu sehen, wie er dir das Bein aufgeschlitzt hat.“ Fragend blickten Naruto und Lee zu Neji. Dieser zuckte mit den Achseln. „Ich hatte eine kleine Meinungsverschiedenheit mit diesem Dosu. Ich hab nicht aufgepasst. Und dann hat mich jemand von hinten niedergeschlagen.“
 

Naruto wurde ernst: „Glaub mir, da bist du nicht der Erste. Dieser General ist brutal. Ich hab mal gehört, dass er eine neue Waffe an armen Bauern getestet hat.“ „Mach dir mal keine Sorgen, du wirst ein Samurai, dann musst du ihn nicht mehr fürchten. Der Fürst stellt niemanden ein, der unbegabt ist. Und wenn er dir noch mal Probleme bereitet, hast du ja noch uns.“ „Wir helfen dir“, schloss sich Lee an. Naruto musste über diesen Optimismus lächeln und auch Hinata schien gerührt zu sein. Selbst Neji konnte sich dem kurzen Glücksgefühl nicht erwehren. Freunde. Das also hatte Tenten damals gemeint.
 


 

~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~
 


 

Die Tage vergingen und langsam begann auch Nejis Verletzung zu heilen. Er konnte sich zwar immer noch nicht rühren und durfte deshalb sein Bett nicht verlassen, aber man konnte deutlich eine Besserung erkennen. Sein Gesicht war jetzt nicht mehr so bleich wie vor einigen Tagen. Naruto, Lee und Hinata hatten sich rührend um ihn gekümmert. Da aber meist alle beschäftigt waren, bemühten sie sich abwechselnd um ihn. Der Achtzehnjährige bekam nun gelegentlich Lees enthusiastische Vorträge über das Training bei seinem Meister, Narutos endlose Verwünschungen gegen die äußerst wichtigen Menschen, die ihm immer wieder seine Mittagspause streitig machten, oder Hinatas Überbesorgtheit zu hören. Er wollte schlicht und ergreifend seine Ruhe. Leider machte ihm eben diese Verletzung einen Strich durch die Rechnung.
 

Doch es sollte sich wohl bald, zu seinem Glück, endlich erledigt haben. Als Hinata letztes Mal nachgeschaut hatte, war die Schnittwunde schon fast vollkommen verheilt. Auf der Wunde hatte sich eine Kruste gebildet, was eine Heilsalbe, die Hinata von dieser Ino bekommen hatte, beschleunigt hatte und die Stelle war nun nur noch leicht gerötet.
 

Heute wollte seine Cousine noch einmal prüfen, ob nun endgültig die Heilung eingetreten war. Schon klopfte es an der Tür. Durch ein leises Grummeln erteilte er, wem auch immer die Erlaubnis einzutreten. Vorsichtig öffnete sich die Tür und Hinata trat samt Verbandkasten ein und ging gleich Richtung Neji. Dieser drehte sich mit einem undefinierbaren Laut auf die Seite. „Neji, ich weiß, dass du das hasst, aber ich muss das jetzt kontrollieren“, ermahnte sie ihn schüchtern. „Ja, ja“, grummelte er.
 

Daraufhin wickelte sie den Verband ab und tastete vorsichtig an der Verletzung herum. Sie konnte so gut wie nichts Schlimmes feststellen. Lediglich eine feine Narbe war übrig geblieben. „Das sieht gut aus. Die Wunde ist komplett verheilt. Morgen kannst du wieder aufstehen, wenn du willst“, sagte Hinata.
 

Plötzlich war Neji alles andere als gelangweilt. Freiheit! Endlich. Er konnte verdammt noch mal hier raus. Schlimm genug, dass er seine Zeit damit vergeudet hatte auf seine Zimmerwand oder aus dem Fenster zu starren. Vorsichtig setzte er sich auf. Sein Bein hatte Hinata ihm trotzdem wieder verbunden.
 

„Kann ich jetzt schon aufstehen?“, wollte er wissen. Die junge Frau überlegte einen Moment. „Eigentlich schon. Wo willst du denn hin?“ „Ach, ich will mal was Anderes sehen und mich ein wenig umschauen.“ „Na gut. Aber sei vorsichtig. Wir haben dich nicht gepflegt, damit du dich bei der nächsten Gelegenheit wieder verletzt.“
 

„Ich bin dann weg“, beendete er das Gespräch, während er aufstand und langsam Richtung Tür wankte. Leise zog er sie hinter sich zu.
 

~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~
 


 

Neji kam im Stall an. Vereinzelt wieherte ein Pferd. Wie hielt Naruto es den ganzen Tag aus, nur hier drin oder auf der Weide bei den Tieren zu sein? Er konnte zwar verstehen, dass man es auf irgendeine Art mögen konnte. Er selbst hatte aber nicht vor jemals solch eine Arbeit zu übernehmen.
 

Er trat aus dem Gebäude. In der Nähe der Häuser herrschte reges Treiben. Der Stall lag zwar ein gutes Stück entfernt vom Palast, aber dennoch war er im Zentrum der Stadt erbaut worden, was auch den Lärm erklärte. Die Straßen waren verdreckt und die Menschen eilten hastig an ihm vorbei. Hier und da liefen ein paar Hühner inmitten der Leute herum. Für Nejis Geschmack war es viel zu laut. Zu aufgeregt. Der Schwarzhaarige hielt sich am Rande und bahnte sich einen Weg durch die Menge. Endlich war er nicht mehr in diesem Zimmer eingesperrt.
 

Mittlerweile war es Abend geworden und die Betriebsamkeit hatte ein wenig abgenommen.

Neji kam nun leichter voran. Bislang war er durch mehrere Straßen gewandert und hatte sich die Konstruktion der Stadt eingeprägt.
 

Er folgte einem schmalen Weg, der in die Nähe eines Parks führte. Schließlich gelangte er an das Ende des Weges. Das Bild, das sich ihm bot, war in seiner Schönheit fast unübertrefflich. Die Spiegelung der Sonne glitzerte auf der Oberfläche eines kristallklaren Sees. Vereinzelt konnte er Seerosen erkennen. An einem Steg war ein Holzboot festgemacht.
 

Neji setzte sich ins Gras. Hier war er also jetzt. Im Anwesen und den Diensten des Fürsten. Die letzten Tage hatte er hauptsächlich mit Nachdenken verbracht. Genügend Zeit hatte er allemal gehabt. Es war kaum zu glauben. Vor ein paar Tagen hatte er sich noch Gedanken über eine Hinrichtung gemacht. Dann hatte er das Mädchen wieder gesehen, das er zuletzt vor acht Jahren getroffen hatte. Zu guter letzt war er kurz davor seinen Traum zu verwirklichen. Er hatte es nur ihr zu verdanken, dass er überhaupt noch am Leben war. Diese Frau hatte sich gar nicht verändert. Sie war immer noch warmherzig. Sie half ihm immer noch. Damals hatte ihr Vertrauen ihm Kraft gegeben, die er für das harte Leben gebraucht hatte. Und jetzt war da plötzlich noch etwas Anderes, was er nicht einzuordnen vermochte und was ihm auf eine seltsame Weise Furcht bereitete. Seit wann war er zu solchen Gefühlen fähig? Wann hatte er sich so verändert? Resigniert schüttelte er den Kopf. Was dachte er da schon wieder? Wie schaffte es Tenten ihn so aus der Fassung zu bringen?
 

„Neji?!“ Er zuckte zusammen und drehte sich um. Vor ihm stand die Frau, die ihn gerade mehr Verwirrung bereitet hatte, als sonst jemand in seinem ganzen Leben.

„Was machst du hier?“ „Ich hab nur einen Sparziergang gemacht. Das hier ist mein Lieblingsplatz“, sagte Tenten. „Soll ich wieder gehen?“ „Nein, bleib ruhig noch. Ich wollte sowieso noch mit dir reden.“ Neji schwieg. „Wie geht es deiner Verletzung?“, wollte Tenten wissen. „Sie ist so gut wie verheilt. Morgen melde ich mich bei Kakashi Hatake.“ Tenten ließ sich im Gras nieder.
 

„Das wird anstrengend. Kakashi zieht ein Höllentraining durch.“ Neji hob eine Augenbraue. „Glaubst du wirklich mich könnte noch viel schocken, ich bin ein paar Mal beinahe gestorben.“ „Dann wirst du dir wünschen, du wärst nicht mehr am Leben. Dein neuer Trainer ist gnadenlos“, grinste die Brünette. Neji beschloss nicht weiter darauf einzugehen. Das wollte er dann doch lieber selbst herausfinden.
 

„Danke“, sagte er dann. Tenten blickte ihn verständnislos an. „Na ja, du hast doch mit deinem Vater geredet und...“ „Du brauchst dich nicht zu bedanken; ich hätte für jeden Freund das Gleiche getan.“
 

„Ich meinte nicht nur das. Dank dir bin ich meinem Traum näher als je zuvor. Ich dachte, ich muss sterben“, sagte er emotionslos. Tentens Züge verrieten nichts. In ihrem Inneren sah es aber anders aus. Er bedankte sich?! Wofür? Dass sie ihm aus der Patsche geholfen hatte und dass er seinen Traum verwirklichen konnte? Aber wo war er gewesen, als sie ihn gebraucht hatte?

Hatte er ihr nicht sein Einverständnis gegeben, dass sie Freunde würden?
 

„Wo warst du?“, fragte sie unvermittelt. „Was meinst du, Tenten?“ Hatte er das vergessen?

„Wo warst du, nachdem wir uns getroffen hatten? Du hast mir gesagt, wir seien Freunde. Warum hast du dich nie gemeldet?“ Sie warf einen Stein ins Wasser. Mit einem dumpfen Aufprall ging er im See unter.
 

„Du machst das falsch“, sagte er ohne auf ihre Frage zu antworten. Neji hob einen Stein auf, hielt ihn leicht schräg und warf ihn auf den See zu. Der Stein kam auf der Wasseroberfläche auf und prallte einige Male von ihr ab. Tenten sah dem Stein, der auf dem Wasser hüpfte, nachdenklich nach.
 

„Warum bist du nie gekommen?“, wiederholte sie. „Meine Cousine hat mich überredet nach Ame zu ziehen. Wir konnten es nicht riskieren, dass uns die Steuertreiber abfangen. Wir hätten nie bezahlen können.“ Er seufzte. „Wie du siehst, hat das nicht funktioniert.“

Tenten blickte zwar immer noch skeptisch, aber langsam verflüchtigte sich ihre Wut.

Neji fuhr fort: „Wie hätte ich denn zu dir kommen können? Einen Dieb lässt man nicht mit der Prinzessin spielen. Und wie hätte ich dir Bescheid sagen sollen, wann wir uns treffen wollten, ohne die Aufmerksamkeit aller auf mich zu ziehen?“
 

Die Frau schwieg. Er hatte ja Recht. Trotzdem hatte sie ihn vermisst. Neji hatte sich bei genauer Betrachtung erheblich verändert. Der Junge war zum Mann geworden. Er war hart geworden. Das sah sie seinen Augen an. Er sah merklich besser aus, als sie ihn zuvor angetroffen hatte. Lag wahrscheinlich an der Heilung seiner Verletzung und der Gewissheit, dass er nicht sterben würde.
 

„Es tut mir Leid“, murmelte sie. „Dafür, dass ich dir nicht vertraut habe.“ Neji musterte sie. Er konnte seine Augen nicht von ihr wenden. Es war irgendwie niedlich, wie sie so schuldbewusst die Augen niederschlug. Das Mädchen war wunderschön geworden.

Tenten unterbrach seine Gedanken, indem sie einen flachen Stein vom Boden aufhob. Nachdenklich ahmte sie Nejis Bewegung nach. Der Stein hüpfte dreimal über das Wasser. Sie lernte also schnell. „Du musst dich nicht bei mir entschuldigen, ich hätte nicht anders gehandelt.“ „Danke“, sagte sie. „Ich dachte, du hättest mich und unsere Freundschaft vergessen.“ „Ich halte meine Versprechen“, sagte er schlicht. Sein Anhänger baumelte gut sichtbar um seinen Hals.
 

„Bist du jetzt glücklich?“, fragte sie. „Ich erinnere mich nicht daran, jemals wirklich glücklich gewesen zu sein, doch nun ...“, er machte eine Pause, „wenn es das Gefühl ist, das ich habe, wenn ich daran denke, dass ich meinen Traum verwirklichen werde, dank dir.“
 

Nachdenklich schauten beide auf den See. Die untergehende Sonne spiegelte sich auf der Oberfläche. Hier und da zirpten ein paar Grillen. “Morgen werde ich die Ausbildung beginnen“, sagte er. „Ich wünsche dir viel Erfolg“, lächelte sie; „lass uns morgen Abend wieder hier treffen.“ Der Junge blickte der Prinzessin in die sanften braunen Augen. Dann nickte er. Und in diesem Moment war Neji sich sicher. Er war glücklich.
 

~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~
 

Da bin ich wieder. Diesmal mit einem nicht ganz so langen Kapitel, aber in der Kürze liegt die Würze nicht wahr? *zwinker*

Tut mir leid, dass ich erst jetzt wieder ein Kapitel hochgeladen habe, aber ich hatte da leider in paar Schwierigkeiten. Sorry.
 

Info: An dieser Stelle wie immer die Info. Die Übersetzung dieses Kapitels lautet ‚Freundschaft’ was wohl auch kaum jemand missverstanden haben wird. Der Titel bezieht sich vor allem auf die unfreiwillige Wohngemeinschaft von Lee, Naruto, Neji und Hinata. Hier gab es dann auch vereinzelt NarutoxHinata, was hoffe ich einige freuen wird. Wie gesagt es bleibt dezent. Die Geschichte habe ich nun endlich vollständig durchgeplant. Sie wird 25 Kapitel haben sowie einen Prolog und einen Epilog. Ihr habt also noch lange was von mir.^^
 

An alle, die ‚Samurai’ auf ihrer Favoritenliste haben und noch nie ein Kommi geschrieben habe. Ich freu mich ja, dass mittlerweile 96 Leute meine Geschichte lesen, doch nur ein Bruchteil schreibt auch ein Kommentar. Das soll jetzt keine Kommentarbettelei werden, aber ich finde es nicht zu viel verlang, wenn man kurz seine Meinung sagt. Kritik kann ich vertragen.

Ich selbst schreibe auch zu 90% meiner Favoriten ein Kommentar. Kann dann allerdings auch ausarten. Arethelya, bei der ich mich wieder für das betalesen bedanke, kann ein Lied davon singen^^
 

Ich hoffe, ihr bleibt mir treu und schreibt mir auch weiterhin Kommentare. Ich freue mich immer riesig, denn Kommis sind nun mal die Nahrung eines jeden Schreiberlings ^^. Hier auch noch vielen dank an alle Neueinsteiger. Ich hoffe, ich vergesse jetzt keinen.
 


 

hel

eure

moonlight_005

~ Kapitel 5: Training ~

~ Kapitel 5: Training ~
 


 

Am nächsten Morgen erwachte Neji früh. Heute war also sein erstes Training. Vielleicht brachte Kakashi ihm ja schon den Schwertkampf bei. Er schwang ein Bein aus dem Bett.

In der vergangenen Nacht hatte er zum ersten Mal wirklich gut geschlafen. Seine Verletzung war verheilt, er war seit langer Zeit mal wieder glücklich gewesen und hatte sich für den Moment mal keine Sorgen machen müssen.
 

Neji stand auf und zog die Vorhänge seines kleinen Fensters auf. Die Geräusche des Alltags strömten ihm entgegen. Deutlich vernahm er die Laute des hektischen Treibens. Man konnte das Bellen der Hunde hören, sowie die Lobpreisungen der Kaufleute, die ihre Waren auf dem etwas entfernten Markt anboten.
 

Nur wie kam er zu Kakashi? Der Fürst hatte gesagt, er solle jemanden nach dem Weg fragen. Anscheinend war allgemein bekannt, wohin sich der alte Meister zurückzog. Er überlegte.

Naruto war um diese Zeit schon im Stall beschäftigt. Diese Nervensäge hatte wirklich viel zu tun. Ein Glück für ihn. Allein der Gedanke ihn einen ganzen Tag lang zu ertragen. Es erschien ihm zwar ein wenig ungerecht, aber hoffte, dass solch ein Fall nie eintreten konnte. Sicher, der Chaot hatte mitgeholfen ihn gesund zu pflegen, allerdings unterschied sich Narutos aufbrausende Art ganz klar von seinem ruhigen Wesen. Mit diesen Menschen war er schon immer nicht so gut klargekommen. Manchmal fragte er sich wirklich, wie Lee und er es zusammen ausgehalten hatten, ohne aneinander vorbei zu reden und sich gegenseitig auf die Nerven zu gehen. Was ihn zu seiner zweiten Option brachte. Er würde wohl oder übel Lee wecken müssen und ihn bitten, ihm den Weg zu zeigen. Hoffentlich war er noch müde...
 

Der Schwarzhaarige hatte sich mittlerweile angezogen und sich gewaschen. Als er jedoch an Lees Tür klopfte, war dieser bereits hellwach. „Ja, wer ist da?“

„Ich bin’s, Neji“, sagte der Schwarzhaarige und öffnete die Tür. “Was gibt’s?“, fragte Lee.

Anscheinend hatte dieser zuvor mit ein paar Gewichten trainiert. So lautlos, dass man sich wunderte, nichts gehört zu haben.
 

„Weißt du, wo ich diesen Kakashi finde?“ „Fängst du heute dein Training an? Gut, ich zeig dir den Weg, ich muss sowieso zu Gai-Sensei. Er wird mir wieder eine neue Technik beibringen, mit der ich Gutes tun kann!“ Neji indessen hatte nicht die Nerven sich das weiter anzuhören. “Ja, ja. Zeig mir einfach den Weg. Über dein Training kannst du später mit Naruto reden.“

War der Typ wirklich ein Kung-Fu-Kämpfer?
 

„Reg dich mal ab, im Gegensatz zu dir trainiere ich zumindest.“ Er stand auf. „Los, komm jetzt. Kakashi schätzt es gar nicht, wenn man zu ihm kommt, wenn der halbe Tag vorbei ist.“

Wenn der halbe Tag vorbei war?! Es war fünf Uhr morgens!
 

Resigniert folgte Neji dem Energiebündel. Als sie aus dem Stall traten, herrschte auf der Straße bereits reges Treiben. Für Lee allerdings schien das alltäglich zu sein, denn er bahnte sich mit sicheren Bewegungen seinen Weg durch die Menge. Neji folgte ihm.

Bald hatte sie die Massen hinter sich gelassen und fanden sich in dem etwas ruhigeren Stadtteil wieder. Nach einer Weile kamen sie schließlich an den Stadtrand. An einem Tor hielt Lee schließlich inne.
 

„Kakashi wohnt dahinten - in dieser Holzhütte. Viel Glück beim Training. Ich muss jetzt los, Gai-sensei wartet sicher schon.“ Neji nickte wortlos und öffnete das quietschende Tor. Er befand sich auf einer Art Lichtung, in dessen Mitte eine kleine Hütte stand. Der gesuchte Mann indes stand an einem Beet und goss fleißig seine Blumen. Als er das Tor hörte, sah er auf. Ein Lächeln stahl sich auf seine Züge. „Ich dachte mir schon, dass du bald kommen würdest.“

Der Schwarzhaarige ging auf ihn zu. „Deine Verletzung ist verheilt, nehme ich an“, stellte er fest. „Würde ich sonst hier stehen?“, stellte Neji die Gegenfrage.
 

Kakashi stellte die metallene Gießkanne auf dem Boden ab und musterte ihn. Dann ging er auf zwei Stühle zu, die neben dem kleinen Haus im Schatten standen. Mit einer Handbewegung deutete er Neji sich zu setzen.
 

Ohne seinen Gegenüber aus den Augen zu lassen, ließ sich Neji auf dem Stuhl nieder. Er wartete. Darauf, dass Kakashi etwas sagte. Eine ganze Weile schwiegen sie. „Du kannst also warten. Es ist gut, dass du Geduld hast, du wirst sie brauchen.“ „Ja, Sensei.“
 

„Neji“, zum ersten Mal sprach der Mann seinen Namen aus, „dir ist klar, dass diese Aufgabe fast unmöglich ist. Ich kann nicht von heute auf morgen einen Krieger aus dir machen. In deinem Alter ist die Ausbildung zum Samurai normalerweise vollendet. Die jungen Kämpfer legen eine Prüfung ab und werden schließlich anerkannt. Sie wurden ihr ganzes bisheriges Leben darauf vorbereitet. Was dir fehlt, ist Erfahrung. Allerdings habe ich gesehen, dass du Potential hast. Es liegt an dir.“ Er zögerte einen Moment. „Traust du dir zu, zu lernen wie keiner vor dir, Qualen auf dich zu nehmen und zu kämpfen, wenn die Zeit kommt?“
 

Neji antwortete zunächst nicht. Dieser Mann hatte ihn vor die Wahl gestellt. Noch konnte er zurück und einen anderen Weg einschlagen. Obwohl er wusste, dass es keinen anderen Weg für ihn geben würde, hatte er immer noch Zweifel. War er all dem gewachsen? Könnte er, wenn es darauf ankam, kämpfen? Töten? Oh doch, er konnte, er hatte es schon mal getan. Gemusst. Um seine Cousine zu retten. Nachdenklich betrachtete er den Himmel. Auf einem hohen Ast sah er ein Vogelnest. Der Nachwuchs tummelte sich am Rand. Er sah einen kleinen Vogel. Vorsichtig hüpfte er am Nestrand umher. Er schien zu zögern, genau wie er. Aber dann breitete er seine Flügel aus, stieß sich ab und erhob sich schließlich in den Himmel. In diesem Augenblick hatte er sich einen Entschluss gefasst. Auch er würde fliegen lernen.
 

Sein Blick bekam einen selbstsicheren Ausdruck. „Ich glaube, nein, ich weiß es, ich kann es. Es war immer mein Traum.“ „Nichts Geringeres habe ich von dir erwartet“, erwiderte sein Gegenüber. Beide wussten jetzt, dass sie das hier zu Ende bringen würden. Es war wie ein unausgesprochener Vertrag zwischen den beiden, der sich plötzlich geschlossen hatte. Wie ein Geruch oder eine Melodie, die auftauchte und einen nicht mehr losließ, bis man sich dem hingegeben hatte.
 

„Nun, wir haben über alles geredet, was zu bereden war. Fangen wir an.“ „Womit?“, wollte Neji wissen. „Ich denke, ich habe bereits erwähnt, dass dir Erfahrung fehlt. Deine Reflexe sind zu langsam. Die lassen sich aber nur auf eine bestimmte Weise aneignen. Es wird dir hartherzig vorkommen, aber du musst jetzt zu jedem Augenblick mit einem Angriff rechnen. Ich bin bereit, dir Schmerzen zuzufügen und erst, wenn du alle Angriffe abwehren kannst, beginnen wir mit dem richtigen Training. Halte dich also bereit. Du wirst keine ruhige Minute mehr haben!
 

Fang auf“, rief der Lehrer und warf seinem Schüler ein Holzschwert zu. Neji, der mittlerweile ebenfalls aufgestanden war, fing das Schwert am Griff aus der Luft. Von wegen, keine schnellen Reflexe! Kakashis Schwert allerdings stieß wie aus dem Nichts hervor und traf ihn im Gesicht. Verwirrt blickte sich Neji einen kurzen Moment um. Kakashi tänzelte um ihn. Sein Meister war unheimlich schnell. Und er hatte Recht, das würde schmerzhaft werden.
 

„Lass deinen Gegner nie aus den Augen! Was glaubst du, wie du dir deine Wunde zu verschreiben hattest? In einem echten Kampf kann dich das deinen Kopf kosten!“

Neji knirschte mit den Zähnen. Innerlich rang er mit sich selbst. Dann ließ ein leises „Ja, Sensei“, hören und bereitete sich auf den nächsten Angriff vor.
 


 

~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~
 


 

Tenten hatte den Tag damit verbracht zu sticken. Es war ein ungeschriebenes Gesetz, dass Adelige diese Kunst beherrschen sollten. Insbesondere die Frauen. Aber wenn sie sich ihre kläglichen Versuche so ansah, fragte sie sich, was für einen Sinn das Ganze eigentlich hatte. Außerdem musste sie sofort an Inos elegante Stiche denken. Ganz zu schweigen von der einmaligen Arbeit, die Nejis Cousine an den Tag legte. Ihr Cousin hatte wirklich nicht übertrieben, Hinata hatte wirklich Talent. Sogar Ino ließ überall verlauten, was für eine große Hilfe sie wäre.
 

Als sie schließlich die lästige Arbeit beendet hatte, war sie noch ausgeritten. Sich nur von ihren Gedanken treiben zu lassen, hatte sie schon immer gemocht. Allein die Bewegungen ihres Pferdes hatte sie noch wahrgenommen.
 

Gegen späten Nachmittag, hatte sie wichtigen Regierungstreffen ihres Vaters beigewohnt. Eine Frage des Anstands, wie ihr Vater immer betonte. Kurz: Es war ein normaler Tag gewesen, wenn auch ein anstrengender. Nur eins war anders. Sie würde sich gleich mit Neji treffen. Schon während des ganzen Tages hatte er sich in ihre Gedanken geschlichen. Manchmal wirkte er so unnahbar und dann gab er wieder etwas von sich preis. Für sie war er undurchschaubar und genau deswegen wollte sie ihn verstehen lernen.
 

Leise stand sie auf und raffte ihr Kleid hoch. Tenten war auf dem Weg zum See. Schließlich wollte sich noch mit Neji treffen. Sie schlich durch die Gänge. Ein paar Dienstboten teilte sie dann mit, dass sie noch ein wenig spazieren wollte. Als sie die belebten Straßen hinter sich gelassen hatte, umfing sie die Stille der Natur. Der kristallklare See lag vor ihr. Irgendwie konnte man die Einsamkeit spüren. Sie war traurig und schön zugleich, ein wenig melancholisch. Kein Neji weit und breit. Nachdenklich ließ die junge Frau sich ins Gras sinken.
 

Sie betrachtete einen Reiher, der vollkommen still im seichten Wasser stand. Mit einer unendlichen Geduld wartete er, dass sich die Fische in seine Richtung begaben und unvorsichtig wurden. Auch sie würde geduldig sein müssen, um ihn dazu zu bringen sich ihr zu öffnen. „Verdammt, was ist los mit mir? Warum geht er mir nicht aus dem Kopf?“ Sie erschrak über ihre eigenen, unschicklichen Gedankengänge. Aber warum konnte sie sich fast auf gar nichts mehr konzentrieren, seitdem er hier war? Ihre Beharrlichkeit verwirrte sie. Gleichzeitig hatte sie ein bisschen Angst. Was geschah mit ihr? Warum war plötzlich alles so anders als zuvor?
 

Jäh wurde sie aus den Gedanken gerissen. Ein Zweig knackte und sie drehte sich erschrocken um. Hinter ihr stand Neji. Schweigend setzte er sich neben sie. „Warum erschrickst du so?“, wollte er wissen. „Na ja“, druckste sie herum, „ich war in Gedanken und hab alles um mich herum vergessen.“ „Man sollte nie unaufmerksam sein“, sagte er langsam. „In wie fern soll ich das jetzt verstehen?“, brachte sie heraus. Nejis Blick verdüsterte sich. „Ach weißt du, ich habe heute gelernt, den Gegner nie aus den Augen zu lassen und jede seiner Bewegungen ernst zu nehmen.“ Tentens Mundwinkel verzogen sich zu einem Grinsen. Dann fing sie an zu lachen. Neji warf ihr einen tödlichen Blick zu. Als sie sich beruhigt hatte, stellte sie schließlich fest: „Kakashi?!“ „Das ist ein Höllentraining“, knurrte Neji. „Ich habe blaue Flecken an Stellen, von denen ich noch nicht einmal wusste, dass ich sie habe.“ „Oh verzeih mir, dass hab ich glatt vergessen dir zu erzählen. Wenn dein Meister jemanden ausbildet, macht er das so sorgfältig, dass dessen Schüler in der Anfangsphase nicht mal mehr bequem sitzen kann“. „Das hab ich gemerkt“, brummte der Schwarzhaarige. „Er hat mich beim Mittagessen, vor dem Gemüsegarten und nach dem Duschen angegriffen.“ „Hat er dich denn nicht gewarnt?“ „Doch“, meinte Neji missmutig.
 

„Ich fürchte, da musst du jetzt durch.“ Neji antworte nicht. Gesprächig war er ohnehin noch nie gewesen und sich jetzt noch mit Tenten darüber auseinander zu setzen, wollte er nicht. Sein Stolz war arg angekratzt. Ein grauhaariger Mann hatte es geschafft, ihn auseinander zu nehmen und zeigte noch nicht mal die Spur einer Erschöpfung, während er nach Atem rang. Schwach war er nie gewesen, hatte sich ja auch immer selbst durchschlagen müssen. Auf der Straße herrschte nur das Gesetz des Stärkeren.
 

Ohne Vorwarnung schnellte das Holzschwert Kakashis auf ihn zu. Neji konnte noch nicht mal blinzeln. Er bereitete sich auf den Schmerz vor. Doch der blieb aus.

Die Prinzessin hatte instinktiv gehandelt. Den nächst besten Ast aufgehoben und das Schwert des Meisters abgeblockt. Kakashi und Neji wirkten gleichermaßen überrascht. Der Meister fasste sich als Erster.
 

„So muss das gehen, hast du das gesehen? Es herrscht bloß Aktion und Reaktion. Du lässt dich also von Mädchen beschützen?“ Sein nächstes Wort zog er in die Länge: „Schwach.“ In Neji brodelte etwas. Warum hatte er sich beschützen lassen? Er hätte es sein müssen, der reagierte. Nicht sie. Sein Stolz war wirklich lädiert. Ein Mädchen. Ein schwaches Mädchen hatte ihn gerettet. Aber warum hatte sie das eigentlich gekonnt?
 

Tenten hingegen wirkte selbst erschrocken über ihre Reaktion. Wieso hatte sie das getan? Doch momentan achteten beide nicht auf sie. Weder Neji, noch sein Meister hatten nach einer Erklärung verlangt. Zum Glück.
 

Mittlerweile herrschte eine angespannte Stimmung. Neji funkelte seinen Meister an. Er hatte vielleicht viel einstecken müssen, aber er war nicht schwach. Niemals. Es war ihm nie erlaubt worden eine Schwäche zu zeigen.
 

„Du wirst sehen, wie schwach ich bin, wenn ich mit dir fertig bin“, schleuderte er Kakashi entgegen. Er war sauer. Wie schon lange nicht mehr. Selbst auf Dosu war er nicht annähernd so wütend gewesen. Mit einer schnellen Bewegung nahm er der verdutzten Tenten den Ast ab und stürzte sich auf seinen Sensei.
 

Dieser parierte alle Hiebe, als Neji zum Schlag ansetzte. Das Holz knackte unter den starken Aufprallen. Aber diesmal ließ der angehende Krieger sich nicht ablenken. Er starrte seinem Gegenüber beinahe hypnotisierend in die Augen. Nahm jede seiner Bewegungen auf. Diesmal würde er nicht wieder einen dieser Anfängerfehler machen und vor allem, er würde einem Gegner nicht den Rücken zuwenden. Das würde er nie mehr tun.
 

„Schon besser, Junge. Aber so wirst du mich nie besiegen. Agiere niemals aus Wut. Dein Kampf wird unkontrollierbar und du zeigst Schwächen.“

„Wo siehst du diese Schwäche?“, schrie Neji. Innerlich versuchte er sich jedoch wieder zu beruhigen. War er denn wahnsinnig? Im offenen Kampf konnte ihn sein Meister doch sofort überwältigen, obwohl er sich in keiner Defensivposition befand. Kakashi schaute ihm belustigt in die Augen. Neji war klar, dass dieser ihn provozieren wollte. Mit Erfolg. Seine Wut, die eigentlich gerade abgeflaut war, kehrte mit aller Macht zurück. Wütend stieß er nach Kakashi.
 

Wieder prallten die Hölzer aufeinander. In dieser Position war Kakashi klar im Vorteil. Im Gegensatz zu seinem Schüler besaß er ein Holzschwert, während der mit einem Ast kämpfte.
 

Für einen kurzen Moment sah er sich nach Tenten um. Doch es bestand kein Grund zur Besorgnis. Die Prinzessin hatte sich weiter abseits in Sicherheit gebracht und schaute jetzt belustigt und fasziniert dem Kampf zu. Dieser Augenblick dauerte zwar nur Sekunden, aber Kakashi wusste Nejis Blöße trotzdem zu nutzen. Mit einem eleganten Schwenker schlug er ihm seine Waffe weg.
 

„Hier sehe ich deine Schwäche.“ Erschrocken schaute Neji dem Ast hinterher, der aber mittlerweile weit entfernt auf dem Boden lag. „Wenn du ein Samurai werden willst, musst du jeden Augenblick mit dem Tod rechnen“, und damit drehte er sich um und ließ den See hinter sich.
 

„Mach dir nichts draus, am Anfang ist Kakashi immer so“, sagte Tenten. „Du wirst ihn noch zu schätzen wissen.“ Bislang hatte Neji nur seinem Meister nachgeblickt, doch als sie ihm ihre Hand auf die Schulter legen wollte, schlug er sie weg. „Ich brauche dein Mitleid nicht“, sagte er eisig.
 

Verletzt wandte Tenten den Blick ab. So kalt hatte sie ihn noch nie erlebt. Beide schwiegen eine Weile und vermieden es sich in die Augen zu sehen. Doch dann begegnete sich ihr Blick. Neji brach sofort den Blickkontakt ab und starrte in die Ferne. Er war vor der Prinzessin gedemütigt worden, obwohl ihr Glaube in ihn doch immer unerschütterlich gewesen war. Der Schwarzhaarige schämte sich.
 

„Wie alt bist du jetzt eigentlich?“, durchbrach Tenten die Stille.

Was sollte das? Wie kam sie auf einmal auf diese Frage?

„Warum willst du das wissen?“, fuhr er sie an. Sie zuckte zusammen. „Achtzehn“, antwortete er schließlich.

„Kakashis erster und einziger Schüler war damals jünger als du. Ich glaube, du erinnerst ihn ein wenig an ihn. Ihr beide seid euch sehr ähnlich. Wenn er dich sieht, holt ihn sicher die Erinnerung ein und er will nicht wieder dieselbe Schwäche zeigen wie damals.“

„Was ist aus ihm geworden?“ Tenten lächelte bitter. „Er ist ein Verräter.“
 

~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~
 


 

Die Tage zogen sich dahin und Kakashi intensivierte Nejis Training. Wie angekündigt, griff er seinen Schüler zu allen möglichen und unmöglichen Gelegenheiten an. Neji wirkte mehr und mehr angespannt. Er rechnete in jedem Moment mit einem Angriff. Kakashis ungewöhnliche Trainingsmethode zahlte sich aus. Auch wenn Neji es sich nicht eingestehen wollte, hatte er in Kakashi einen unheimlich guten Lehrer gefunden. Er verstand es, ihn mit ein paar Worten zu reizen, wie es sonst keiner schaffte. Normalerweise blieb er bei allem immer ruhig, egal, welche Beleidigungen ihm an den Kopf geworfen worden waren.

Langsam festigte sich in seinem Kopf ein bestimmter Rhythmus. Er dachte nicht mehr nach, er agierte nur. Auf Kakashis Aktion folgte Nejis Reaktion. Genauso wie der Lehrer es gewünscht hatte. Er begann alle Angriffe mit allen sich ihm bietenden Möglichkeiten abzuwehren. Sei es mit einem Blumentopf oder mit bloßen Händen. Hinzu kam, dass Kakashi ihm jetzt auch noch Ausdauertraining aufzwang. Abends fiel er abgekämpft und todmüde ins Bett. Hinata hatte sich schon mehr als einmal nach seinem Befinden erkundigt und auch Lee und Naruto wirkten leicht besorgt. Doch er offenbarte ihnen nichts. Das war ein Teil seines Lebens, den er mit niemandem teilen wollte.
 

Es gab nur eine einzige Ausnahme. Trotz seiner recht kläglichen Vorstellung im Kampf mit Kakashi vor den Augen der Prinzessin, traf er sich regelmäßig mit ihr. Meist saßen sie nur still schweigend neben einander am Rande des Sees und ließen die Idylle der Natur auf sich wirken, doch manchmal durchbrach einer der beiden die Stille.
 

Tenten fragte nach seinen Fortschritten beim Training und er erzählte es ihr. Neji befand, dass sie ein Recht hatte zu erfahren, wie er vorankam. Sein Versprechen ihr gegenüber konnte er einfach nicht vergessen. Er hatte gesagt, er wolle Samurai werden, um die zu beschützen, die ihm nahe standen. Damals hatte er ihr versprochen, auch sie zu schützen. Auf eine merkwürdige Weise hatte sie ihn verletzt, als sie Kakashis Angriff auf ihn abgewehrt hatte.
 

Sowie Naruto, Lee und Hinata zu seinem Leben gehörten, hatte auch sie ihren Platz gefunden. Einen anderen Tagesablauf konnte er sich beinahe nicht mehr vorstellen. Doch aus einem für ihn nicht klar erkennbaren Grund, fühlte es sich immer noch merkwürdig an, sich gegenüber von anderen zu öffnen. Zu groß war die Angst wieder Schwäche zu zeigen. Er wirkte wie ein Tier, das jedem misstraute und zurückwich, wenn man sich ihm näherte.
 

Es verging die Zeit. Aus Frühling wurde Sommer. Die Tage wurden länger und die Nächte kürzer. Langsam aber sicher gewöhnte sich Neji an sein Leben.
 

~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~
 


 

Von der kleinen Lichtung her ertönten laute Kampfgeräusche. Schüler und Meister lieferten sich einen atemberaubenden Kampf.

Wieder und wieder wehrten beide Hiebe des jeweils anderen ab. Die Schwerter krachten aufeinander und erzeugten ein hölzernes Geräusch. Die Kontrahenten stießen auseinander, dann prallten sie wieder zusammen. Ihre Bewegungen wurden immer fließender, sodass ein Außenstehender keine Ahnung gehabt hätte, wer diesen Kampf dominierte.
 

Neji lief der Schweiß von der Stirn. Gut, er war besser geworden, aber Kakashi stellte mittlerweile höhere Ansprüche. Wenn er bemerkte, dass sein Schüler Fortschritte machte, steigerte er die Erwartungen. Nie hatte Neji ihn ansatzweise überrumpeln können.
 

Doch heute war es anders. Er war nicht bereit aufzugeben. Schon vom letzten Training hatte er noch genug Blessuren und eigentlich wollte er sich heute mal ein Bad bei den heißen Quellen gönnen.
 

Wieder krachten die beiden Schwerter aufeinander. Die beiden Kämpfer maßen ihre Kräfte. Beide Waffen zitterten unter dem Energieaufwand. Verbissen sah Neji seinem Meister in die Augen. Er sprang zurück und vergrößerte den Abstand zwischen ihnen. Sein Schwert zog einen breiten Bogen durch die Luft. Blitzschnell war er wieder bei Kakashi. Neji täuschte an und wieder hatte sein Meister den Angriff abgefangen. Doch dieses Mal knarrte das Holz, bevor beide Schwerter schließlich barsten und Holzstücke durch die Gegend flogen.
 

Schwer atmend schaute Neji ihn an. Auf seinen fragenden Blick hin, lächelte Kakashi. „Ich sehe, deine Improvisation wird besser. Jetzt hast du so viel Kraft, dass wir endlich mit dem richtigen Training anfangen können.“ „Richtiges Training?“ „Genau, ehrlich gesagt, du hast gerade einmal die Vorstufe absolviert. Du bist in der Lage deine Kraft einzusetzen, aber dein Verstand muss immer glasklar sein. In einem Kampf muss dein Geist voll da sein“, erklärte er. Schweigend hatte der Schwarzhaarige zugehört. Das hörte sich ja beruhigend an. Erst jetzt begann sein richtiges Training? Und er hatte gedacht, es wäre schlimm, als seinem Lehrer die Idee gekommen war, ihn in der Nacht zu attackieren. Nun, das hatte ihm zumindest einen sehr leichten Schlaf beschert...
 

„Wie sieht das weitere Training aus?“, wollte er dann wissen. „Zunächst einmal werde ich dir die Feinheiten des Schwertkampfes beibringen, sowie einige spezielle Techniken. Außerdem wirst du jetzt täglich meditieren, so lange bis deine Sinne so geschärft sind, dass du eine Stecknadel fallen hören kannst. Du wirst nebenbei die besonderen Sitten der Samurai lernen. Ich werde dir Material zur Verfügung stellen. Es wäre schön, wenn du dann noch in der Lage wärst Haikus zu dichten.“
 

Na das hörte sich ja ganz toll an! Wie es aussah würde sein Training wieder einmal auf eine höhere Stufe verlegt. Doch da gab es leider ein Problem...
 

„Sensei“, fing Neji an, „da gibt es etwas, was alles ein klein wenig verkompliziert.“

„Wieso, ich sehe keine Schwierigkeiten, das hat jeder Samurai lernen müssen.“ „Na ja“, ein wenig beschämend schlug er die Augen nieder, „ich kann weder lesen noch schreiben. Vom Rechnungswesen hab ich so gut wie keine Ahnung und den Begriff ‚Haiku’ hab ich noch nie gehört.“
 

Schweigend blickte Kakashi Neji in die Augen. Monoton antwortete er: „Dann wirst du auch das lernen, Neji.“ Er wandte sich um. „Du kannst gehen, das heutige Training ist beendet. Sei Morgen um dieselbe Uhrzeit hier.“
 

Kurz blickte Neji seinem Meister noch nach, dann drehte er sich ebenfalls um und verschwand durch das quietschende Tor. Wie jeden Tag eben. Langsam machte er sich auf den Weg zurück. Nachdenklich ging er durch die Straßen. Die Menschen wirkten wie immer beschäftigt. Hier warben Händler für die schönsten Stoffe und dort konnte man die Arbeit in einer Schmiede verfolgen, die zur Straße hin geöffnet war.
 

Es war ein Tag wie jeder andere und doch hatte Neji heute einen Schritt nach vorn getan. Schließlich kam er am Stall an. Schon jetzt konnte er die Tiere hören. Das vertraute Wiehern der Pferde erinnerte ihn an ein Zuhause. Neji konnte nicht verleugnen, dass er nach anfänglichem Misstrauen, seine Behausung doch ganz passabel fand. Er musste nicht ständig Ausbesserungen vornehmen, er und Hinata hatten endlich eigene Zimmer und es gab genügend Essen, was soviel bedeutete, dass er nicht mehr stehlen musste.
 

„Hey Neji, bist du fertig?“, rief ihm Naruto aus einer Box zu. Er war gerade dabei, ein Ross eines Adeligen auf Hochglanz zu striegeln. „Ja, ich bin fertig. Ich geh mich jetzt mal entspannen.“
 

„Gehst du zu den heißen Quellen?“ Ein schelmischer Ausdruck trat auf Narutos Züge. „Wahrscheinlich“, antwortete Neji. „Weißt du was? Ich komme mit. Ich war ewig nicht mehr dort.“ Der Stallbursche grinste ihn an. Warum wollte der wohl mit? Er sollte wohl besser auf Naruto aufpassen, nicht dass der sich schon wieder in Schwierigkeiten brachte. Die Tortenschlacht in der Küche des Fürsten hatte er nämlich noch nicht so ganz vergessen...
 

„Ich bin sofort fertig, warte auf mich“, ereiferte sich der Blonde. „Ich muss sowieso noch mal nach oben“, sagte Neji. Mit diesen Worten stieg er auf der doch recht wackeligen Leiter nach oben. Dort angekommen, ging er zunächst in sein Zimmer. Packte sich ein paar Handtücher, sowie frische Sachen ein. Von unten konnte er ein Poltern vernehmen gefolgt von einem lauten Wiehern. Hörte sich verdächtig danach an, dass Naruto gegen irgendetwas gestoßen war oder ähnliches. Übereifrigkeit war eben doch nicht immer so gut. Kurz darauf bestätigte sich sein Verdacht. Das Fluchen seines ‚Freundes’ kam lautstark aus dem Stall. Also blieb mal wieder alles an ihm hängen. Er seufzte.
 

Dann ging er in Narutos Zimmer und suchte für eben diesen frische Kleidung und Handtücher heraus. Die Wohnung hinter sich lassend, machte er sich wieder auf den Weg zu Naruto. Als Neji unten ankam, sah er den Blonden, der sich verkrampft den Zeh hielt. Leicht amüsiert beäugte er das Schauspiel. „Was ist? Ist dir ein Pferd auf den Fuß getreten?“ Naruto schenkte ihm einen Todesblick. Verwundert blickte Neji zu Naruto. Hatte er etwa ins Schwarze getroffen? Das war doch bloß ein Scherz gewesen.
 

„Fang auf!“ Verblüfft fing Naruto sein Hemd, seine Hose und ein paar Handtücher auf. “Bist du fertig?“, fragte Neji. „Jetzt schon.“ „Komm schon, Neji, worauf wartest du?“, grinste Naruto. „Darauf, dass ruhig bist“, knurrte der Schwarzhaarige. „Dann kannst du lange warten.“ Der Schalk in seinen Augen war deutlich zu sehen. „Ehrlich, werd mal lockerer.“ „Oh, ich bin vollkommen entspannt“, erwiderte der Schwarzhaarige sarkastisch.
 

Während ihres Streits war ihnen beiden gar nicht aufgefallen, dass sie bereits auf der Straße waren. Die Menschen beachteten sie nicht weiter. Die Dämmerung hatte eingesetzt. Das Leben herrschte jetzt in diversen Kneipen. Die Tavernen waren sicherlich gut gefüllt.
 

„Neji, Naruto!“ Die beiden jungen Männer drehten sich um. Hinata kam auf sie zugelaufen. „Was macht ihr hier?“, wollte sie wissen. „Wir wollen noch zu den heißen Quellen zum Baden - willst du nicht mitkommen, Hinata-Chan?“ Die Schwarzhaarige lief auf der Stelle rot an und starrte zu Boden. Sie hatte sich noch immer nicht an ihren Blonden Mitbewohner gewöhnt. Komischerweise schien sie mit Lee jedoch keine Probleme zu haben.
 

Allerdings wurde Naruto auf einmal mulmig zu Mute. Durch einen Todesblick seitens Nejis, zuckte er erschrocken zusammen. „So war das doch nicht gemeint“, stammelte Naruto. Mit ihrem Cousin wollte er sich nun wirklich nicht anlegen. Doch aus den Augen des Schwarzhaarigen konnte er nach wie vor Unglauben lesen. „Ähm, wir sind dann weg“, beendete Naruto das Gespräch. Daraufhin lief er schon voraus.
 

„Wir kommen später wieder“, sagte Neji. „Ja, bis nachher. Du musst noch das Hemd anprobieren, das ich für dich genäht habe“, lächelte sie. Der Schwarzhaarige konnte das Strahlen in ihren Augen sehen. Besser hätte es sie wohl nicht treffen können. Er freute sich für sie.
 

Dann drehte er sich um und folgte dem Blonden. Kurz vor dem Badehaus hatte er ihn eingeholt. Am Eingang bezahlten beide den Preis. Durch seine Ausbildung bekam Neji regelmäßig etwas Geld für Lebensmittel und alles, was er sonst zum Leben brauchte. Es war zwar nicht viel, aber manchmal hatte er für solche Gelegenheiten ein wenig gespart.
 

Recht viele Leute tummelten sich schon in den Räumen des Badehauses. Naruto und Neji gingen in Richtung Umkleidekabinen. Nach kurzer Zeit waren sie fertig und machten sich auf den Weg in Richtung Männerbad. Innerlich war Neji froh Naruto im Blick gehabt zu haben. Er hatte ihn eben erwischt wie er schelmisch in Richtung Frauenbad geblickt hatte...
 

Die beiden ließen ihre Sachen auf den dafür vorgesehenen Regalen zurück und legten die Handtücher an den Rand des Beckens. Dampf stieg von dem heißen Wasser auf. Schließlich suchten sich Naruto und Neji eine abgelegene Ecke und ließen sich ins Bad gleiten. Das warme Wasser war eine Wohltat. Es ließ den Alltagsstress vergessen und entspannte. Neji hatte die Augen geschlossen. Endlich mal Ruhe.
 

„Du Neji, warum sollte denn Hinata nicht mit“, fragte Naruto. Innerlich seufzte er laut auf. Ruhe?! Gab es nicht. Hätte er Naruto doch bloß nicht mitgenommen. „Sie hat noch zu tun und außerdem, wohin dachtest du, denn sollte sie mitkommen? Ich lasse dich ganz bestimmt nicht spannen gehen“, antwortete Neji eisig. „Das würde ich nie tun“, empörte sich Naruto. „Gib’s auf, Schlaumeier, ich hab dich einmal dabei erwischt, wie du auch ins Badezimmer wolltest, als sie drin war.“ „Stimmt nicht“, widersprach der Blonde empört. „Ich wollte bloß meine Socken holen.“ „Natürlich.“
 

„Ach, du bist ein Spielverderber, Neji!“ „So, du gibst es also zu“, knurrte der Schwarzhaarige. Vorbei war die Entspannung, jetzt hatte er sich in eine waschechte Diskussion mit Naruto Uzumaki verstrickt. „Es passt nicht zu dir, dass du eine Kette trägst“, stellte der Bonde plötzlich fest. Neji schaute auf seine Brust. Yang hing um seinen Hals. Eigentlich nahm er die Kette so gut wie nie ab. Der Anhänger schimmerte matt in der untergehenden Sonne. „Ich habe sie vor langer Zeit bekommen.“ „Als du damals ohnmächtig warst, hat Hinata uns eure Geschichte erzählt“, begann er vorsichtig. „Sie erwähnte auch deinen Anhänger; sie meinte Dosu hätte gesagt, dass sie zu den Kronjuwelen des Fürsten gehört und dass du darauf erwidert hättest, sie wäre ein Geschenk.“ Neji schwieg. Sollte er sich Naruto anvertrauen? Das hatte er nicht mal Hinata erzählt. „Wer hat sie dir gegeben?“ Ein bitteres Lächeln schlich sich auf Nejis Züge. „Selbst wenn ich es dir sage, würdest du es mir nicht glauben.“ „Sag es doch, dann kann ich entscheiden, ob du mir Schwachsinn erzählst, oder nicht.“ Neji sagte eine ganze Weile nichts mehr. Sein Blick verlor sich in der Ferne und seine Sicht wurde schleierhaft. Naruto hatte schon die Hoffnung auf eine Antwort aufgegeben, da durchbrach Neji die Stille: „Einst hat sie mir die Prinzessin geschenkt“
 


 

~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~
 


 

Da bin ich wieder!!! Mit einem neuen Kapitel im Gepäck und diesmal deutlich schneller will ich meinen^^ Das war für die lange Wartezeit letztes Mal. Tut mir echt leid Leute. Ich will mich nochmals für die momentan über 200 Kommentare bedanken, echt ihr seid super, da macht das schreiben doch gleich richtig spaß^^
 

Wie immer ein großes Dankeschön an Arethelya, die dieses Kapitel in Rekordgeschwindigkeit korrigiert und mir zurückgeschickt hat. Falls jemand noch besondere Infos über Samurai im Allgemeinen hat, damalige Sitten etc.: immer her damit!!!
 

An dieser Stelle mein regelmäßiger Aufruf an die Leute, die die Story auf ihren Favo-Listen haben, aber keine Kommis schreiben: Es muss nicht lang sein, Leute, mich interessiert einfach eure Meinung dazu, kann ja auch ganz kurz sein. Aber ich kann euch nicht zwingen, wollte es nur wiedermal angemerkt haben. Wäre zwar schön, aber es sind immerhin nur 37%, die ihre Meinung kundtun. Ich vertrag auch Kritik.
 

Der Titel des Kapitels 'Training' lässt sich aus dem Englischen ganz einfach mit genau dem gleichen Wort übersetzen, es geht also größtenteils um Nejis Ausbildung. Natürlich werde ich in den folgenden Kapiteln weitere Übungen einfließen lassen, aber der Anfang ist doch immer das Schwerste nicht wahr???

Bevor jemand fragt: Tenten ist nicht Nejis Schwäche. Allein seiner Unaufmerksamkeit hatte Neji seine Niederlage zu verdanken.
 


 

hel

eure

moonlight_005

~ Kapitel 6: Secret ~

~ Kapitel 6: Secret ~
 

Nach ihrem Gespräch hatten Naruto und Neji das Thema nicht mehr angerissen. Auch wenn Naruto verblüfft und gleichzeitig erstaunt gewirkt hatte, verlor er kein Wort mehr darüber und erwähnte es auch gegenüber Lee und Hinata nicht. Er hatte wohl verstanden, dass der angehende Krieger nicht mehr darüber reden würde.
 

Kakashi’s Training wurde nun noch anstrengender. Unter der strengen Überwachung seines Meisters lernte Neji mühsam die japanischen Schriftzeichen. Wie sich herausstellte, konnte er sich mit dem körperlichen Training doch mehr anfreunden. Allerdings war dies eine Notwendigkeit, die ein echter Samurai beherrschen müsse, wie Kakashi Neji erklärte. Im Rechnen tat sich Neji da schon leichter. Einen wachen Verstand hatte er schon immer gehabt und bei gelegentlichen Besuchen auf dem Markt hatte er sich bereits das ein oder andere angeeignet. Langsam aber sicher meisterte er jedoch auch die Schrift und lernte täglich neue Schriftzeichen dazu.
 

~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~
 


 

Wie jeden Morgen war Neji auf dem Weg zu seinem Training. Kakashi stellte ganz schöne Ansprüche an ihn. Allerdings war das ja zu erwarten gewesen. Seinem Lehrer eilte laut Tenten der Ruf voraus, brillant, aber auch unerbittlich zu sein. Bei Ausbildungen zeigte er keine Gnade.
 

Die Sonne blendete ihn. Ihre Strahlen kitzelten ihn im Gesicht. Bald hatte er Kakashis Grundstück erreicht. Das Tor schwang auf und schon von weitem konnte Neji Kakashi vertieft in einem Buch, auf einem Stuhl sitzen sehen. Die silbrig grauen Haare hingen ihm verwegen ins Gesicht.
 

„Sensei?“ Kakashi blickte auf und legte den Roman beiseite. „Da bist du ja, Neji.“

Neji ging auf ihn zu und ließ sich nach einem Wink Kakashis auf dem zweiten Stuhl nieder.

„Nun gut, ich hatte dir bereits angekündigt, dass wir mit etwas Neuem anfangen. Heute wirst du meditieren. Erst wenn du es gut kannst, wirst du deine Schwäche ausgemerzt haben.“

„Welche Schwäche genau meint Ihr?“ „Weißt du es wirklich nicht? Hmm... Na gut, ich sage es dir: Du lässt dich zu leicht ablenken. Deswegen konnte ich dich bei deinem ersten Training auch so kinderleicht überwältigen. Die Übung der Meditation wird deine Aufmerksamkeit und Konzentration stärken. Allerdings werde ich nach einiger Zeit eine weitere Schwierigkeit einbauen. Doch dazu kommen wir später. Wenn du im Zustand der Meditation bist, dann wirst du in derselben Ebene sein, in der du warst, als du den dritten Pfeil abgeschossen hast. Vollkommene Ruhe und im Einklang mit dir und deiner Umgebung.“
 

„Und wie soll ich das auf Kommando anstellen?“ „Wie hast du es denn beim ersten Mal geschafft?“ Genau, wie hatte er das eigentlich gemacht? „Ich weiß nicht, ich kann mich nicht mehr so genau erinnern.“ „Es muss doch einen Auslöser gegeben haben.“ „Na ja, es stand viel auf dem Spiel. Entweder ich treffe, oder ich bin tot.“ Kakashi nickte, dann blickte er seinem Schüler wieder fest in die Augen. „Gut, wir beginnen mit der Übung. Setz dich im Schneidersitz auf den Baumstamm da vorne.“ Leicht widerwillig folgte Neji der Aufforderung. Wer war er denn, dass er den ganzen Morgen auf einem Stück feuchtem Holz sitzen sollte, um zu versuchen in einen rauschähnlichen Zustand zu kommen? Mal ganz davon abgesehen hatte er keine Ahnung, wie er das so plötzlich anstellen sollte. „Jetzt schließ deine Augen“, befahl sein Meister. Neji tat wie geheißen. Er sah nichts, nur absolute Schwärze, hörte alle Geräusche des Alltags. Der Schwarzhaarige runzelte ein wenig die Stirn. Verdammt! Neji fühlte sich kein bisschen anders als zuvor. Es unterschied sich nicht von seinem alltäglichen Sein. Eine halbe Stunde verging und Neji hatte immer noch nicht den gewünschten Zustand erreicht. Lediglich eine Augenbraue zuckte leicht.
 

„Nein, so hat das keinen Zweck“, sagte Kakashi. „Du lässt dich von allem ablenken, du wirst nie die Meditation erreichen, wenn du dich so dagegen wehrst eins zu werden. Du musst die Ruhe zuerst bei dir selbst suchen und dann die Umgebung aufnehmen. Spüre ihre Gerüche, höre ihre Geräusche und werde eins mit ihr.“
 

Leichter gesagt als getan. Kakashi konnte viele Reden schwingen, aber hilfreich waren seine Tipps ja nun nicht gerade.
 

Dann schloss er zum zweiten Mal die Augen. Wieder sah er nichts als absolute Schwärze und ein paar verschwommene Farben, die von der Sonne herrührten. Er konzentrierte sich. Versuchte alles in seiner Umgebung aufzunehmen. Den Geruch der Blumen, das Rauschen des Windes in den Bäumen, selbst die kleinsten Lebewesen nahm er wahr.
 

„Neji, sagte ich nicht, du sollst bei dir selbst anfangen. So wird das nichts. Schön und gut, du bist konzentriert, aber das meinte ich nicht. Lass dich fallen. Suche nicht die Eindrücke, sondern lass sie zu dir kommen.“
 

Neji funkelte seinen Sensei an. „Als wenn das so leicht wäre! Versucht Ihr es doch mal Meister!“ „Nun gut, sie zu und lerne. Wenn ich dir ein Zeichen gebe, greif mich an.“

Der Silberhaarige ließ sich auf dem Boden nieder und schloss die Augen. Für einen Moment verharrte er in dieser Position, dann erschlaffte sein Körper. Er zuckte nicht einmal, als er Geräusche hörte. Seine Mimik wurde unergründlich. Sein Meister war vollkommen entspannt. Er selbst schien nicht seine Umgebung aufzunehmen, sondern war ein Teil davon. Dann gab er Neji den Wink zum Angriff. Kurzerhand nahm der Schwarzhaarige einen Stein vom Boden auf und schleuderte ihn auf Kakashi zu. Ohne auch nur die Augen zu öffnen, schnellte die Hand des Meisters durch die Luft und fing den Stein ohne Mühe auf.

Kakashi schlug die Augen auf und blickte Neji in das verwunderte Antlitz. „Hast du gesehen, wie es geht? Bei einem richtigen Kampf kann dir das von Nützen sein. Wenn du es beherrschst, wirst du alles und jeden wahrnehmen. Niemand könnte dich unbemerkt von hinten angreifen, es sei denn, du lässt es zu.“
 

„Versuchen wir es noch mal“, fauchte Neji. Diesmal wollte er sich nicht geschlagen geben. Er würde es schaffen. Das hatte er doch schon einmal, obwohl es damals wohl eher unbewusst geschehen war.
 

Langsam schlossen sich seine Augen. Wieder fand er sich in der Finsternis wieder. Das ewige Dunkel. Doch diesmal war es anders. Wie Kakashi es ihm aufgetragen hatte, suchte er nicht mehr nach den Eindrücken, sondern versuchte sie auf sich einströmen zu lassen.
 

Neji ließ sich vollkommen fallen. Er dachte nicht mehr über seine Sorgen nach. Suchte nicht nach verbissener Konzentration. Einzig und allein sein Selbst existierte. Und dann wurde es hell um ihn. Der angehende Krieger wusste nicht, ob es Tag oder Nacht, ob Gegenwart oder Vergangenheit war. Doch in diesem Moment wurde er eins mit sich selbst. Er spürte seine Seele mit jeder Faser seines Seins. Plötzlich nahm er die Natur mit noch nie gekannter Intensität wahr. Die Geräusche strömten auf ihn ein. Er hörte das Knistern der Blätter im Wind, nahm das Plätschern einer kleinen Quelle wahr und er spürte die Lebewesen. Ihre Gegenwart war fast greifbar. Anhand ihrer Geräusche konnte er genau ausmachen, in welcher Richtung sie sich befinden mussten. Es war, als wäre sein Gehör plötzlich geschärft. Sein eigener Herzschlag klang wie Donner in seinen Ohren. Alles in ihm wurde eins. Nun roch er die verschiedenen Düfte. Er schmeckte den Sommer auf den Lippen und der weit entfernte Duft von Kakashis Sommerblumen strömte auf ihn zu. Sogar den Abfall konnte er riechen, was ihm ein angewidertes Zucken seiner Mundwinkel entlockte. Doch dann besann er sich wieder und er sank in diese neue Welt hinab. Und er spürte die Dinge mit einer Stärke, wie er noch nie etwas gefühlt hatte. Neji fühlte die raue Rinde des Baumstammes, das noch vom frühen Morgen nasse Gras und die Wärme der Sonnenstrahlen. Das war es, was er gesucht hatte. Diese Präsenz war unfassbar. Schön und schrecklich zugleich, da es ihm zeigte, wie vergänglich alles war. Er blinzelte. Später wusste er nicht mehr wie viel Zeit vergangen war, doch die untergehende Sonne am Abendhimmel zeigte ihm, dass bereits die Dämmerung eingesetzt hatte. Neji hatte den ganzen Tag meditiert. Warme Strahlen blendeten ihn und gleichzeitig schien er alle Einzelheiten seiner Umgebung in Sekundenschnelle aufzunehmen. Blickte er in die eine Richtung, sah er sofort alle Kleinigkeiten. Es war, als ob man ihm ein Kaleidoskop vor die Augen gelegt hatte. Wie beim letzen Mal verschärfte sich seine Sicht und diesmal war nicht nur sein Sehvermögen sprunghaft gestiegen. Sein Geruchsinn und sein Gehör nahmen im gleichen Maße zu. Jetzt war er im absoluten Gleichgewicht. Alle seine Sinne schienen sich gesteigert zu haben. Der Schwarzhaarige öffnete die Augen vollständig und blickte Kakashi an. Dieser lächelte.
 

„Das habe ich gemeint.“
 

~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~
 


 

Zur selben Zeit war Tenten schon auf den Beinen. Wie jeden Tag hatte sie um die drei Stunden mit dem morgendlichen Ankleiden vertan. Manchmal fragte sie sich, wie sie das nur jeden Tag aufs Neue aushielt. Letzten Endes hatte sie es dann aber doch überstanden und trug nun ein dunkelblaues Kleid.
 

„Tenten-hime, kommt Ihr?“, riss Ino sie aus den Gedanken. Ach ja, heute hatte sie ja ihre Kalligraphiestunde. Im Gegensatz zum Nähen, legte sie hierbei weit mehr Enthusiasmus an den Tag. „Ich komme sofort, Ino.“ Und sogleich folgte sie ihrer Dienerin, die ihr wie immer höflich die Tür aufhielt.
 

Das kleine Zimmer lag im nördlichen Teil des Palastes, von dem man den Garten sehen konnte. Laut ihrem Lehrer trug das zu einer besseren Atmosphäre bei und die Schrift wurde flüssiger, geschwungener und bekam ihre ganz eigene Schönheit. Die Kalligraphiestunde war wirklich das einzige, das sie im gesellschaftlichen Leben mochte. Wenn sie die Haikus auf das Papier übertrug, fand sie meist eine innere Ruhe.
 

Tenten betrat den Raum und wurde sofort freundlich von ihrem Lehrer begrüßt. Sarutobi-Sensei war zwar manchmal etwas seltsam, aber im Grunde mochte sie ihn doch sehr gern. Anders als alle anderen sah er in ihr einen selbstständigen Menschen, der auch Kritik vertragen konnte. „Tenten-hime schön, dass Ihr hier seid.“ „Ganz meinerseits Sarutobi-Sensei. Ino“, wandte sie sich an ihre Begleiterin, „ich denke, du kannst gehen, meine Studien brauchen meine volle Aufmerksamkeit.“ Ihre Dienerin verbeugte sich höflich. „Natürlich Tenten-hime, soll ich Euch später abholen?“ „Nein, das brauchst du nicht. Ich denke, den Weg finde ich auch alleine“, sagte sie lächelnd. Ino verbeugte sich ein weiteres Mal. „Wie Ihr wünscht, Prinzessin, ich erwarte Euch gegen späten Nachmittag zurück.“ „Natürlich, du kannst gehen.“

Mit einer letzten Verbeugung machte sich die Dienerin schließlich auf den Weg. Die Tür schloss sich lautlos.
 

Sarutobi legte den Pinsel beiseite und hielt das eben beschriebene Pergament von sich weg. „Immer wieder verblüffend, wie Eure Untertanen Euch verehren“, meinte der alte Meister. „Ja“, seufzte sie, „und bei allen habe ich bereits vergeblich versucht ihnen das Siezen abzugewöhnen. Ich bin doch auch nur ein Mensch.“ „Ist es Euch etwa lieber, wie ein kleines Mädchen angesprochen zu werden?“, fragte er schelmisch. „Untersteh dich“, rief sie, „ich will einfach nur anerkannt werden, wie ich bin.“ Ihr Blick war dabei immer trüber geworden. „Ich will, dass die Leute mich nicht nur als Prinzessin sehen, sondern auch das was meinen Charakter ausmacht.“ Sarutobi schwieg. „Ich bin sicher, die meisten sehen mehr als das. Ihr habt immer versucht ihnen zu helfen. So leicht vergessen auch sie nicht.“ Neuen Mutes fügte Tenten dann schon etwas selbstbewusster hinzu: „Wahrscheinlich hast du recht. Danke.“ Der alte Mann lächelte. „Warte mal, du siezt mich ja immer noch“, empörte sie sich. „Das werdet Ihr mir nicht mehr abgewöhnen können“, meinte der Lehrer wobei die Betonung auf ‚Ihr’ lag.

„Na gut, ich gebe mich geschlagen“, grummelte Tenten.
 

„Fangen wir mit der heutigen Übung an. Ihr werdet nun ein Gedicht auf ein Pergament übertragen. Das fördert die Strichführung und Eure Übung.“
 

Tenten setzte sich an den Schreibtisch, legte Pinsel, Tuschestange und –stein, sowie Papier ordentlich vor sich hin. „Ich habe Euch ein Haiku zum Üben herausgesucht. Versucht es zu kopieren.“ Tenten bereitete alles vor, dann tauchte sie den Pinsel in die Tusche. Langsam setzte sie ihn auf das Papier und begann in einer aufwendigen, geschwungenen Schrift das Gedicht abzuschreiben. Der alte Mann war hinter sie getreten und nickte zufrieden. Es gab nicht viele, die diese Art der Kalligraphie beherrschten.
 

Tenten sah auf. Vor ihr lag das fertige Gedicht. Sie hatte gar nicht mitbekommen, wie schnell die Zeit vergangen war. Wenn sie schrieb oder malte, verflog die Zeit. Es war, als wäre sie in ihrer eigenen Welt abgetaucht. Schließlich malte sie den letzten Strich und streute anschließend ein bisschen Salz über das Papier, damit es besser trocknete.
 

„Sehr schön, sehr schön“, lobte Sarutobi ihr Werk. Die Prinzessin lächelte. „Danke. Es ist eine sehr beruhigende Arbeit.“ Sie stand auf und verbeugte sich. „Ich muss jetzt gehen, Sarutobi-Sensei.“ „Wartet doch mal, Tenten.“ „Ja?“ „Ich wurde gebeten das vorbeizubringen, aber, na ja... mein Rücken. In letzter Zeit habe ich starke Beschwerden. Könntet IHr ihm das nicht geben?“
 

Der alte Mann hielt ihr einen in Leder gewickelten Gegenstand entgegen. Tenten nahm ihn an. Vorsichtig entwickelte sie den Gegenstand auseinander. „Aber das ist...“ „Erstaunlich, nicht wahr?“ Zum Vorschein war ein Dolch gekommen. Der zur Glatze neigende Mann lächelte. “Anscheinend hat Kakashis neuer Schützling sich zu benehmen gelernt. Gestern hat er deinen Vater darauf angesprochen. Er hat eingewilligt. Der Junge ist Gold wert. Kakashi behauptet er wäre genauso gut wie ... sein letzter Schüler.“ Tenten starrte auf die Waffe und strich mit der Fingerkuppe über die Klinge. Sie gehörte Neji. Hatte er damit gekämpft? Ohne ihn wirklich gehört zu haben, stimmte sie zu. „Natürlich, ich habe nichts gegen einen kleinen Sparziergang.“ „Er ist in der kleinen Wohnung über dem Stall untergebracht.“ Tenten nickte. „Zusammen mit seiner Cousine, Naruto Uzumaki und Rock Lee. Er muss durchdrehen bei diesen beiden Chaoten.“ Sie lachte. Das konnte sie sich bildlich vorstellen. „Wahrscheinlich.“
 

Tenten wickelte sie wieder ein und ging zu dem kleinen Schreibtisch zurück. Dann nahm sie das eben getrocknete Pergament auf und wickelte es zusammen. „Hmm, wollt Ihr es nicht einrahmen lassen?“, fragte der Alte. „Nein, ich denke, ich habe etwas anderes damit vor“, meinte sie. „Sensei? Jetzt muss ich aber wirklich gehen, ich bin schon zu spät dran.“ „Auf Wiedersehen, Tenten. Vergesst Eure Studien der Naturwissenschaften morgen nicht.“ „Wie könnte ich?“ Leise zog sie die Tür hinter sich zu. Dann würde sie Neji heute wohl noch einen Besuch abstatten müssen ...
 

Seufzend machte sie sich auf den Weg zu Ino. Dieser Kerl bereitete ihr wirklich nur Probleme. Jetzt durfte sie ihm schon seine Sachen hinterher schleppen. Nun gut, eigentlich tat sie das ja auch freiwillig.
 

Endlich kam sie in ihren Gemächern an. Lange Vorhänge fielen schwer zu beiden Seiten der Fenster hinunter. Inmitten des größten Zimmers stand ein verhangenes Himmelbett. Dunkle Zedernmöbel standen im Zimmer. An der Wand hingen eingerahmte Gedichte. Darunter einige von dem großen Dichter Bashô, der die Haikus erfunden hatte. Sie selbst hatte ein paar gemalt. Insgesamt waren ihre Zimmer in verschiedenen Rottönen gehalten und verliehen den Räumen so eine warme Atmosphäre.
 

Tenten ließ sich auf das Bett fallen. Wie gern würde sie jetzt von ihren Pflichten entbunden werden und einfach nur Zeit für sich selbst haben. Sie verschränkte die Arme hinter ihrem Kopf und blickte zur Decke. Es war alles so ruhig. Das Päckchen lag neben ihr auf der seidenen Decke. Neben dem herrlichen Stoff wirkte das Leder beinahe schäbig. Das Gedicht war zu Boden gefallen.
 

„Tenten-hime!“, erschallte der Ruf Inos durch die Räume. „Seid Ihr schon wieder da?!“

Innerlich stöhnte Tenten laut auf. Konnte man sie nicht mal für fünf Minuten in Ruhe lassen? Viel verlangte sie doch nicht. Ihre Herkunft war schon immer ihre Fessel gewesen. Sie konnte nicht verleugnen ... wer sie war. „Tenten-hime, da seid Ihr ja endlich. Ich warte seit einer halben Stunde.“ „Entschuldige, Ino, es hat etwas länger gedauert“, sagte sie zu der Blonden und rappelte sich mühsam wieder hoch. „Ihr müsst in einer Viertelstunde die Botschafter aus Kiri-Gakure willkommen heißen.“ „Ich komme Ino“, antwortete sie schnell. Nejis Waffe verschwand unter ihrem Bett.
 

~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~
 


 

Nachdem sie den Besuch überstanden hatte, war es bereits früher Abend. Die Gesandten hatten noch lange mit ihrem Vater und Orochimaru debattiert. Die Angriffe der Rebellen hatten stark zugenommen und nun forderten sie im Namen ihres Vorgesetzten die Hilfe Mao-Chéngs. Im Endeffekt hatten ihr Vater und Orochimaru schließlich eingewilligt ein paar Truppen zum Schutz bereitzustellen. Allerdings hatten sie als Gegenleistung ein spezielles Bündnis verlangt. Doch noch stand nichts fest. Alles musste gut überlegt sein. Sie selbst hatte die gesamte Zeit still zugehört. Ab und zu hatte sie dem einen oder anderen Recht gegeben, aber wirklich befürwortet hatte sie nichts. Was brachte es denn, wenn man weiter kämpfte? Bündnisse waren nichts weiter als leere Versprechungen. Sie mussten endlich mit den Rebellen verhandeln, wenn sie Frieden wollten, sonst würde es nur noch mehr Grausamkeit geben. Obwohl sie die wohl mächtigste Frau im Fürstentum Konoha war, fühlte sie sich hilflos. Was konnte sie schon ausrichten?
 

In einer etwas melancholischen Stimmung machte sie sich auf den Weg zurück zu ihren Gemächern, wo sie sich umziehen und Nejis Waffe holen wollte. Dort angekommen schloss sie die Tür und streifte das lange Kleid ab. Anschließend fühlte sie sich gleich viel besser, als ob ihre Verantwortung zusammen mit dem schweren Stoff von ihr geglitten wäre. Tenten ging zu ihrem Ankleidezimmer und zog aus der hintersten Ecke eine hellgraue lange Hose und dazu passend ein dunkelgraues ärmelloses Kleid, welches an beiden Seiten einen langen Schlitz hatte, sodass sie sich freier bewegen konnte, ohne dass ihr etwas hinderlich gewesen wäre. Die Leichtigkeit spürte sie sofort. Es war, als wäre sie jemand anderes, dessen Bewegungen fließender waren als ihre eigenen. Sie drehte sich elegant auf ihren Fußspitzen und der leichte Stoff tanzte elegant um ihren Körper. Sie nahm die in Leder eingewickelte Waffe und das Pergament mit dem Gedicht.
 

Dann ging sie in den entlegensten Winkel ihres Zimmers. Die junge Frau suchte nach einigen Druckpunkten in der Wand. Mit einem leichten Ruck löste sich ein Brett in der Wand und gab eine Öffnung frei. Tenten nahm den länglichen Gegenstand heraus und verschloss die Wand. Nahtlos fügte sich das Brett wieder ein. Sie musste vorsichtig sein. Kaum jemand wusste, dass sie es besaß. Und niemand durfte wissen, was sie damit tat.
 

Eingeschlagen in blauen Stoff hielt sie ihn fest. Genau wie Nejis Waffe und ihr Gedicht ließ sie es in eine Tasche gleiten. Tenten sah sich noch einmal um. Ja, niemand würde sagen, dass sie etwas entfernt hatte, oder dass sie kurz hier gewesen war. Das Zimmer wirkte wie vor kurzer Zeit. Die Dienstboten waren zu diesem Augenblick mit etwas anderem beschäftigt und Ino ging mit Hinata noch ein paar Muster durch. Das hatte sie zumindest gesagt. Sie konnte gehen. Tenten schulterte die Tasche und verließ den Raum.
 

In der Stadt erkannte sie kaum jemand. Es war doch immer wieder verwunderlich wie die Kleidung die Leute erscheinen ließ. Obwohl ihr jetziger Aufzug natürlich auch aus schönen Stoffen bestand. Allerdings war er eher schlicht gehalten, was den Anschein erweckte nicht so viel Wert zu sein.
 

Völlig in Gedanken versunken, hatte sie gar nicht gemerkt, dass sie schon ihr Ziel erreicht hatte. Sie stand vor einem großen, robust wirkenden Gebäude, aus dessen Innerem man das Wiehern der Pferde hören konnte. Es roch nach Stroh und man hatte das Gefühl von ständiger Betriebsamkeit.
 

Tenten ging auf den Stall zu und öffnete die große Holztür. Im Inneren waren an beiden Seiten große Boxen, in denen die Rösser der Krieger oder des sonstigen Adels standen. Hinter einer angelehnten Tür befand sich das Zaumzeug. Tenten sah sich etwas nervös um. War hier niemand?
 

„Suchst du etwas Bestimmtes?“ Erschrocken fuhr sie herum. Hinter ihr stand ein junger Mann, der sie verschmitzt angrinste. Seine schwarzen Haare waren kurz geschnitten und seine Augenbrauen könnten ruhig auch mal gezupft werden. Irgendwoher kannte sie ihn doch. „Ich bin Rock Lee, angehender Kung-Fu Kämpfer und immer für meine Mitmenschen da!“, stellte er sich enthusiastisch vor. Ach ja, das war es gewesen. Er war der Schüler Maito Gais, der Neji und seine Mitbewohner angeblich in den Wahnsinn trieb. „Ich ... wollte nur kurz was vorbeibringen.“

„Wie kann ich dir helfen?“ „Weißt du wo Nejis Zimmer ist?“ „Neji?! Was willst du denn von ihm?“ Lees Gesicht bekam einen erstaunten Ausdruck. „Nichts Besonderes, ich will ihm nur was vorbeibringen.“ „Tut mir leid, er ist nicht da. Er hat noch Training. Aber vielleicht legst du es einfach in sein Zimmer und ich sag ihm später Bescheid.“ „Danke das wäre nett“, antwortete sie. „Komm mit.“
 

Zögernd folgte Tenten Lee eine Leiter hinauf. Die Tasche hatte sie um ihren Körper geschlungen. Oben angekommen verschnaufte sie kurz. „Nejis Zimmer ist dahinten“, erklärte Lee. Raschen Schrittes gingen beide darauf zu. Tenten öffnete die Tür und sah sich verstohlen um. Sie kam sich beinahe wie ein Einbrecher vor. Das Zimmer war leer. Kaum zu glauben, dass jemand hier lebte. Es wirkte, als wäre niemand je hier gewesen, geschweige denn hatte hier gewohnt. Nur ein Schrank und ein hartes Bett standen im Raum. Das Zimmer spiegelte haargenau Nejis Charakter wieder. Ein wenig zurückgezogen, mysteriös und doch nicht arrogant.

Tenten trat ein und legte die eingewickelte Waffe auf das frisch gemachte Bett. Dann griff sie noch einmal in die Tasche und legte das eingerollte Pergament dazu.
 

„Sag mal“ - Tenten sah auf - „wer bist du eigentlich?“ Tenten lächelte. „Ich bin Tenten.“

Lee starrte sie mit fassungsloser Miene an.
 


 

~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~
 


 

Neji kam abgekämpft vom Training zurück. Nach der Meditation hatte Kakashi es sich doch nicht nehmen lassen ihn durch einen Parcours zu jagen und ihn anschließend einem unbarmherzigen Schwertkampf zu unterziehen. Er konnte es nicht verleugnen. Sein Meister hatte sich in Punkto Training selbst übertroffen. Alles, was er wollte war seine Ruhe.
 

„Neji!“, hörte er einen lauten Schrei. Gedanklich verabschiedete er sich schon mal von seiner Ruhe, als er Lee vollkommen aufgelöst auf ihn zulaufen sah. „Was?“, fuhr er seinen Mitbewohner an. Doch Lee schien sich nicht daran zu stören und redete weiter auf ihn ein. Vor lauter Nervosität konnte man allerdings kein Wort verstehen. „Jetzt sei doch einmal ruhig und sag mir was passiert ist, ich verstehe gar nichts“, fauchte er. Lee hielt inne und holte tief Luft. „Könntest du mir mal erklären, was die Prinzessin in deinem Zimmer sucht und wieso sie etwas für dich abgeben sollte?“, wollte der Kung-Fu Kämpfer wissen.
 

Neji starrte ihn verdutzt an. Tenten war da gewesen? „Ich habe keine Ahnung, was Tenten mir bringen sollte“, sagte er. „Aha“, rief Lee, „du redest sie sogar mit Vornamen an.“ Oh verdammt, er hatte sich verraten. Neji ging nicht weiter auf den Vorwurf ein. „Was hat sie gebracht?“ „Keine Ahnung, sie hat es in deinem Zimmer abgelegt und ich durfte mich anschließend mit dem Schock herumschlagen, dass ich die Prinzessin vor mir habe.“ „Ja, ja. Ich geh jetzt nachsehen, was sie mir gebracht hat.“ Schnurstracks steuerte auf den Stall und anschließend auf sein Zimmer zu.
 

Lee und er standen in seinem Zimmer. Auf dem Bett lag ein in Leder geschlagener Gegenstand. Vorsichtig wickelte Neji ihn auseinander. Hervor kam sein Dolch. Den hatte er ja eigentlich schon verloren geglaubt. Doch jetzt... „Wow“, entfuhr es Lee. Neji fuhr über die Waffe. Dann steckte er sie in die Halterung an seinem Gürtel, die er nur noch aus Gewohnheit trug. Dann fiel sein Blick auf das zusammengerollte Papier. Vorsichtig löste er das Band, das es zuschnürte. Hervor kam ein sauber geschriebenes Haiku. Der Schwarzhaarige sah auf die kunstvolle Schrift.
 


 

Die Elemente:

Feuer, Wasser, Erde, Luft:

Herrscher der Natur.
 

Die morsche Brücke

von der Strömung des Flusses

hinfort gerissen.
 

Morgentau glitzert,

lässt ein Spinnennetz funkeln

wie ein Diamant.
 

Ein Hauch von Frühling

umschmeichelt meine Sinne,

ich bin verzaubert.
 

Tosa Mitsunori (1583-1638): Die Geschichte vom Prinzen Genji
 


 

Neji sah auf die Schriftzeichen. Gut konnte er sie zwar noch nicht entziffern, doch dafür reichte es. Selbst er konnte die Schönheit erkennen, die gerade Strichführung und die Tiefe des kopierten Haikus. Das war irgendwie typisch für Tenten. Kakashi hatte ihm erklärt, dass man anhand eines solchen Gedichtes den Charakter eines Menschen beurteilen könnte. Der Unterschrift zu folge hatte sie dieses zwar kopiert. Jedoch war es mit Bedacht ausgewählt worden. Und irgendwie berührte es ihn, dass Tenten ihm einen solchen Einblick in ihre Gedanken, ihr Wesen gewährte.
 

„Ich gehe noch spazieren“, meinte Neji, drehte sich um und ließ einen vollkommen verwirrten Lee zurück.
 

~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~
 


 

Tenten war im Wald angekommen. Weit entfernt von den üblichen Pfaden, blieb sie unentdeckt. Sie öffnete ihre Tasche und zog den länglichen Gegenstand heraus. Sie schlug den blauen Stoff auseinander und zum Vorschein kam ein Schwert. Seine Scheide war goldgelb mit orangefarbenen Verzierungen. Der Griff war mit Leder fest gesurrt, sodass es sich überschnitt und knotenähnlich den Griff festigte. Langsam zog Tenten das Schwert aus der Scheide. Die Klinge schimmerte leicht. Dies war ein Erbstück ihrer Mutter. Es gehörte zu den drei legendären Schwertern, die einst mächtigen Kriegern gehörten, deren Namen in die Geschichte eingegangen waren. Doch nicht auf alle diese Krieger ließen sich die Legenden zurückführen. Es war das Schwert selbst, das berühmt war. Unzählige hatten damit gekämpft, Schlachten geschlagen und viele Feinde besiegt. Die Waffe war nach der Sonnengöttin benannt. Amaterasu. Das einfache Volk nannte es auch das Sonnenschwert, da nach einer Schlacht, an der dieses Schwert beteiligt gewesen war, stets die Sonne geschienen hatte. Die Menschen hatten zu glauben begonnen, dass es übernatürliche Kräfte hätte. Doch Tenten hatte dies immer als Unsinn abgetan. Einzig gewöhnlichen Waffen war es überlegen. Das machte noch lange kein unbezwingbares Schwert.
 

Jetzt gehörte es ihr.
 

Tenten hatte Amaterasu zu beherrschen gelernt. Sie hatte ihren eigenen Stil entwickelt und das Schwert war für sie bereits wie ein Teil von ihr. Niemand wusste von ihrem Geheimnis.

Sie drehte sich um. An niedrigen Ästen hatte sie Markierungen angebracht. Die junge Frau nahm die Angriffshaltung ein. Sie wartete, wurde ruhig und dann schnellte sie vorwärts.

In einer komplizierten Schlagkombination bewegte sich ihr Körper, der durch das eigene Training sehnig geworden war. Von vielen Schülern, die den Schwertkampf erlernten, hatte sie sich Dinge abgeschaut. Ebenso von ihren Lehrern.
 

Amaterasu schnellte in hohen Bögen und eleganten Kurven umher. Tenten verfiel in höchste Konzentration. Sie selbst wirbelte mühelos umher. Das Schwert traf die Markierungen und die Äste fielen zu Boden. Glatt waren sie durchtrennt worden. Ein Ausfallschritt, ein Sprung, mehrere kleine Schritte und dann der nächste Schlag. Um sie herum war es still geblieben. Ihre Technik erregte kein Aufsehen. Sie war vollkommen lautlos. Die nächsten Äste fielen zu Boden. Das Schwert glitt durch das Holz wie durch Butter. Im Licht der untergehenden Sonne glänzte es golden. In solchen Momenten konnte sie gut nachvollziehen, warum die Menschen es das ‚Sonnenschwert’ nannten. Tenten wusste nicht mehr, wie lange sie schon trainiert hatte. Dies war ihre Art einfach abzuschalten.
 

Sie selbst machte sich Vorwürfe. Sie sorgte sich nicht genug um ihr Volk, dachte sie. Gleichzeitig hatte sie Angst. Was wäre, wenn sie einmal die Nachfolge ihres Vaters antreten sollte? Die Verantwortung ließ sie sich ihre eigene Unfähigkeit vor Augen führen. Deshalb versuchte sie, auf ihre Art wenigstens körperlich ein bisschen stärker zu werden. Wieder durchschnitt das Schwert die Luft. Amaterasu wirbelte in einen Strudel von Farben umher. Dann hielt Tenten inne. Um sie herum lagen alle markierten Äste am Boden. Ohne einen einzigen Fehler hatte sie wieder einmal ihren Stil verbessert. Ihre Reaktionen waren bei Weitem besser geworden.
 

Plötzlich knackte hinter ihr ein Zweig. Vollkommen erschrocken fuhr sie herum. Blitzschnell überschlug sie ihre Chancen unbemerkt hier weg zu kommen. Niemand durfte wissen, dass sie hier war. Dass sie hier trainierte. Es schickte sich nicht für eine Prinzessin den Schwertkampf zu trainieren. Das war ihr Geheimnis und niemand sollte es ihr nehmen.
 

Möglichst leise versuchte sie sich davonzuschleichen. Sie kannte das Gelände besser. Das war ihr Vorteil. Doch anscheinend hatte die Person sie bereits bemerkt. Es half nichts, sie musste so schnell wie möglich weg. Tenten begann zu rennen. Im Laufen ließ sie Amaterasu wieder in die Scheide gleiten. Sie steigerte ihre Geschwindigkeit immer mehr, doch gleichzeitig wurde ihr Verfolger schneller. Dann packte er sie am Arm und sie wurde wegen ihrer Geschwindigkeit zu Boden geschleudert und zog ihren Verfolger mit sich. Beide stürzten. Sie hatte verloren. Wieder Mal war sie schwach gewesen. Sie keuchte, wagte nicht ihn anzusehen. Ihr Gesicht lag im Schatten.
 

Sie konnte den Atem ihres Verfolgers hören, der neben ihr lag und noch immer ihr Handgelenk festhielt. Leicht richtete sie sich auf. Ebenso ihr Verfolger.
 

„Tenten?!“, hörte sie ein entgeistertes Erkennen. Sie erkannte ihn. Das war nicht irgendjemand. „Neji?“, fragte sie ebenso fassungslos. Ihr Adrenalin beruhigte sich wieder. Er erwiderte nichts. „Was tust du hier?“, durchbrach er die Stille. „Hast du mich beobachtet?“ Ihr Atem ging schnell. Vorsichtig setzte sie sich auf, beobachtete Neji unverwandt, wartete auf eine Antwort. „Ich habe nicht alles gesehen“, gab er zu.

„Was hast du gesehen?“, wollte sie wissen. „Du hast mit dem Schwert trainiert.“ Tenten schlug resignierend die Augen nieder.

„Dann hast du schon zu viel gesehen.“ „Wieso trainierst du hier?“, wollte er wissen. „Es ist nicht einfach“, versuchte sie zu erklären. Neji wartete. „Irgendwann muss ich den Platz meines Vaters einnehmen. Ich fürchte die Zukunft, ich habe Angst mich nicht genug zu kümmern.“ „Aber warum bist du dann hier und trainierst den Schwertkampf?“ „Zumindest körperlich möchte ich stark werden.“ Sie wandte den Blick ab. „Du bist gut“, bemerkte er. „Ich dachte, du hast nicht viel gesehen.“ Ertappt schaute er zur Seite. „Es kann doch schon ein kleines bisschen länger gewesen sein“, murmelte er. “Wie bist du hier her gekommen?“ „Na ja, ich bin spazieren gegangen und hab dann Geräusche gehört.“ Wie konnte das sein? Ihre Technik war doch lautlos? Hatte Neji schon die Meditation zu beherrschen gelernt? Setzte er sie bereits unbewusst ein? Er war weiter als sie gedacht hatte. „Ich verstehe“, durchbrach er die Stille, „deshalb konntest du Kakashis Angriff so leicht abwehren. Weiß er davon?“ „Nein. Niemand außer dir.“
 

Neji beobachtete sie. Sein Blick nahm jede Reaktion ihrerseits auf. Er musterte ihre Kleidung. Normalerweise hatte er sie immer nur in Kleidern gesehen. Sie wirkte auf ihn wie ein völlig neuer Mensch, obwohl sie ihm wahrscheinlich nur eine weitere Facette von ihr gezeigt hatte. Neji war sogar noch verblüffter darüber, wie über das Gedicht. Doch er ließ keine Mimik zu, die das verdeutlicht hätte. Wie immer blieb sein Gesicht vollkommen ausdruckslos.

„Du hast also Angst nicht mit der Verantwortung klarzukommen?“ Es war eine Feststellung. Tenten nickte. Neji blickte ihr fest in die Augen. „Kämpf mit mir.“
 

~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~
 

Hi Leute, nach langer Zeit kommt mal wieder ein Kapitel von mir. Endlich würden manche warten, ich entschuldige mich also. Vor allem da es doch welche gab, die es wiedermal nicht abwarten konnten... ich will ja keine Namen nennen *grins*
 

Tja was soll ich dazu sagen, erst mal wie immer ein großes Dankeschön an Arethelya. (Du bist die Beste !!! ^^)

Nun wer hätte das gedacht^^ Tenten und Schwertkampf, aber wenn man die Charabeschreibung aufmerksam gelesen hätte, könnte man darauf kommen. Ich werde wahrscheinlich noch mehr solche Andeutungen einbauen, bin mal auf eure Theorien gespannt^^. Das erste Schwert ist also aufgelöst. Tenten kriegt Amaterasu. Aber welches kriegt Neji? Ryujin oder Orion? Ihr dürft gespannt sein XD
 

Für dieses Kapitel habe ich bis jetzt am meisten recherchiert. Die Kalligraphie musste ich nachschauen, obwohl ich sie selbst auch schreiben kann. Ebenso das Haiku. Die Unterschrift gibt den Originalautor an, es stammt also nicht von mir. Ich habe es lediglich im Internet gefunden. Wäre also schön, wenn ihr ein Kommentar schreiben würdet, da steckt viel Arbeit dahinter. Vielen Dank auch für die vielen Neulinge letztes Mal. Kaum zu glauben, dass es jetzt schon 125 Favos sind.
 

So der Titel Kapitel 6: Secret kann man mit 'Geheimnis' übersetzen, kann man sich ja denken. Aus alter Gewohnheit aber noch mal die Übersetzung. Der Titel bezieht sich vor allem auf Tentens Geheimnis, das ich am Anfang von Kapitel 6, aufgebaut habe. Ebenso die zwei Hinweise in den Kapiteln davor. Ihr erinnert euch, sie wollte viel lieber ihrem 'Hobby' nachgehen und sie konnte Kakashi reflexartig abwehren. Genug geredet, ich weiß sogar jetzt wann Kapitel 7 kommt. An meinem Geburtstag, dem 26. September. Sozusagen mein persönliches Geburtstagsgeschenk^^

Vor allem, weil es über 7000 Wörter lang ist, Humor, Action und Romantik (!, na endlich könnte man sagen ^^) vorhanden ist. Also genau dir richtige Mischung^^, eines meiner Lieblingskapitel.
 

Ich hoffe auf viele Kommentare.
 

hel

eure

moonlight_005

~ Kapitel 7: Dance ~

~ Kapitel 7: Dance ~
 


 

Tenten starrte ihn an. Er wollte mit ihr kämpfen? Aber dann schlich sich ein Lächeln auf ihre Lippen. „Ich nehme die Herausforderung an.“ Sie wandte sich um, hob ihre Tasche vom Boden auf und entfernte sich von der Lichtung. „Folge mir“, sagte Tenten an Neji gewandt.
 

Die Prinzessin ging zielstrebig auf den Wald zu. Schweigend folgte ihr Neji. Dann hielt sie inne. Vor ihnen war ein kleiner Schrein aufgetaucht. Tenten zögerte nicht, näherte sich dem Heiligtum und kniete nieder. Sie betete. Schließlich verschwand sie im Inneren und ließ einen wartenden Neji zurück. Es verging ein wenig Zeit und der junge Mann hatte sich auf die Treppenstufen gesetzt.
 

„Wir gehen zurück“, hörte er Tenten plötzlich hinter sich. In ihren Händen hielt sie ein Schwert. Wieder auf der Lichtung standen sie sich gegenüber. Tenten gab Neji das Schwert. „Das, Neji, ist Ryujin, eines der drei legendären Schwerter. Ich leihe es dir.“ Neji zog die Waffe. Genau wie sein Dolch hatte sie einen Wellenschliff. Die Scheide war orientrot und mit Ornamenten verziert. Durch einen speziellen Lack hatte sie ihre glatte Oberfläche erhalten. Ryujins Klinge war silbern und rasiermesserscharf. Es war eines der legendären Schwerter, hatte sie gesagt. Ein leises Geräusch sagte ihm, dass auch Tenten ihr Schwert gezogen hatte. „Du willst also wirklich gegen mich kämpfen“, stellte das Mädchen fest. „Wir kämpfen nur so lange bis einer von uns entwaffnet ist.“ Die untergehende Sonne ließ ihre Klinge golden schimmern. “Ich habe dich herausgefordert und ich akzeptiere die Bedingungen.“ Sein Haar wehte leicht im Abendwind. Er musste vorsichtig sein. Noch war er sich nicht im Klaren darüber, wie Tenten kämpfen würde. Beide standen sich gegenüber. Es herrschte Stille.
 

Sie blickten sich in die Augen. Dann war die Magie gebrochen. Beide stürzten in einer atemberaubenden Geschwindigkeit aufeinander zu. Das Metall klirrte, als die Waffen aufeinander trafen. Tenten bewegte sich schneller, als er es je für möglich gehalten hatte. Sie parierte alle Schläge. Mühelos. Kein Wunder, dass sie Kakashi hatte abwehren können. Die beiden wichen auseinander. Tentens Kleid wirbelte um ihre Beine. Dann schnellte sie auf Neji zu. Dieser duckte sich unter ihrem Schlag hinweg, aber sie drehte sich geschickt auf den Fußspitzen herum und Amaterasu surrte auf Nejis Handfläche zu. Mit Mühe blockte er. “Unterschätz mich nicht, nur weil ich eine Frau bin!“, rief sie. Als Antwort stürmte er auf sie zu und legte jetzt beachtlich mehr Kraft in seine Schläge. Es fühlte sich beinahe so an, als ob das Schwert ihn führte und nicht umgekehrt. Fast berührten sie sich. Ihre Schwerter prallten wieder aufeinander. Diesmal sprühten Funken. Ihre Gesichter waren sich nah. Beide sahen sich in die Augen, keiner wollte nachgeben. Amaterasu und Ryujin zitterten. Der Kraftaufwand war groß. Doch in diesem Fall hatte der Schwarzhaarige eindeutig die besseren Karten. Wenn es nur auf die Kraft ankam, war er ihr überlegen. Tenten schien das zu wissen und brachte schnell Abstand zwischen die beiden. Er hatte mehr Kraft, doch in der Technik war sie besser. Umsonst hatte sie bestimmt nicht so viele Stunden mit Üben vertan. Sie griff an. Und diesmal wandte sie ihre Technik an. Zuvor war es nichts weiter als ein Abtasten gewesen, doch jetzt machte sie ernst. Sie wirbelte ihr Schwert in einem hohen Bogen auf ihn zu. Wieder verfiel sie den tranceähnlichen Zustand in dem sie trainiert hatte. Sie fühlte nichts mehr. Alles war vollkommen leer. Mit einer blitzschnellen Bewegung war sie hinter ihm. Zielte auf das Schwert. Im letzten Moment konnte Neji die Klinge abfangen. Also hatte er sich vorhin doch nicht verguckt. Sie war unheimlich schnell. Er konnte nicht erkennen, wie sie ihn angriff. Mehr und mehr wurde er in die Defensive gedrängt. Aber er wollte nicht aufgeben. Er konzentrierte sich, versuchte in den Zustand der Meditation zu kommen, doch seine Gegnerin machte alles zunichte. Tenten gab ihm einfach nicht die nötige Zeit. Bald wehrte er nur noch ab. Neji musste feststellen, dass er schnell an Boden verlor. Doch diesmal behielt er die Nerven. Nur seinen mittlerweile stark ausgeprägten Reflexen hatte er ihre Angriffe abwehren können. Er holte aus, wirbelte Ryujin über seinen Kopf und ließ es auf sie zusausen. Mühelos wich sie mit dem Kopf zur Seite aus. Genau diesen Moment hatte Neji abpassen wollen. Blitzschnell brachte er ein paar Meter zwischen sie und versank in der Meditation. Wie bei seiner Übung fand er sich in vollkommener Schwärze wieder. Alles wurde nebensächlich. Seine Sinne verschärften sich. Er nahm Tentens Keuchen wahr und den Schweiß, der ihm von der Stirn lief. Dann öffnete er die Augen. Abermals verschärfte sich seine Sicht. Seine Bewegungen wurden fließender. Er spürte das Schwert. Es war eine Kunst Ryujin zu beherrschen. Die Waffe schien ihren eigenen Willen zu haben. Dann rannte er auf Tenten zu. Wieder prallten Ryujin und Amaterasu aufeinander. Ein Klirren zerriss die Stille. Erstaunt über die plötzliche Wendung war Tenten im Nachteil. Neji war in höchster Konzentration. Tenten konnte den verbissenen Ausdruck in seinen Augen sehen. Seine langen Haare flogen durch die Luft und fielen ihm ins Gesicht. Er sah sie an und Tenten hatte das Gefühl ihr Herzschlag würde aussetzen. Doch sie hatte keine Zeit sich weitere Gedanken zu machen. Neji legte jetzt eine beachtliche Geschwindigkeit an den Tag und ließ ihr keine Möglichkeit kurz Luft zu holen. Das Mädchen wurde in die Defensive gedrängt. Er dominierte den Kampf. Verdammt, sie hätte vorhin nicht auf seinen Bluff hereinfallen sollen. Solange er nicht in seinem tranceähnlichen Zustand war, könnte sie ihn leicht überwältigen. „Gib auf“, verlangte er. Nein. Das würde sie nicht tun. Sie wollte nicht verlieren. Sie würde stark werden. Für ihr Volk und für sich selbst. Aber wenn sie aufgab, ohne gekämpft zu haben, würde sie es bereuen. Ihre Augen funkelten ihn an. „Niemals!“ Und dann nahm sie ihre letzte Kraft zusammen, schlug zurück und startete einen erneuten Angriff. Überrascht wich Neji zurück. Amaterasu durchschnitt die Luft. Wie in Zeitlupe sah er das Schwert auf sich zukommen. Spürte die Kraft hinter dem Angriff. Er musste abwehren, sonst hatte er verloren. Seinerseits legte er seine ganze Kraft in die Abwehr. Dann prallten die Schwerter erneut aufeinander, schienen von der Gewalt zu vibrieren. Beide waren sich jetzt nah. Tenten starrte verbissen in Nejis weiße Augen. Er sah in die dunklen Augen seiner Gegenüber. Das Mädchen kämpfte mit einer unheimlichen Eleganz. Bereit aufzugeben, war sie bestimmt nicht. Beide machten einen Satz nach hinten. „Du bist gut“, gab Neji zu, „aber nicht gut genug.“ „Ach ja?! Bist du in deinem Stolz verletzt, weil ich dir ebenbürtig bin?“, erwiderte Tenten. „Dann zeig mir, was du kannst“, forderte er. „Du hast es so gewollt.“ Tenten war sich zwar durchaus im Klaren darüber, dass sie in ihrer momentanen Verfassung keinen Kampf gewinnen konnte, aber sie wollte ihm nicht unterlegen sein. Sie musste ihre Kraft in einen einzigen Angriff legen. Ihre Sicht verschwamm. Das war nicht gut. Sie hatte zuvor zuviel trainiert und Neji war von Anfang an ausgeruht gewesen. Ihre Augenbraue zuckte. Tenten konzentrierte sich. Der Schwarzhaarige hingegen war immer noch in seiner Meditation versunken und versuchte alles, was seine Gegnerin tat, in sich aufzunehmen. Jede ihrer Bewegungen verursachte einen leichten Luftzug, den er dank seiner geschärften Sinne wahrnahm. Doch seine Konzentration ließ nach. Noch konnte er diesen Zustand nicht für längere Zeit aufrecht erhalten. Er wusste, dass er es jetzt beenden musste. Wie durch ein gemeinsames Zeichen hin, spannten beide ihren Körper an. Gleichzeitig kamen sie auf einander zu. Unter einem gewaltigen Klirren prallten die beiden Waffen aufeinander. Der enorme Druck ließ sie erzittern. Tenten konnte Amaterasu nicht mehr halten. Und auch Nejis Waffe erbebte unter der Kraft. Zeitgleich ließen sie ihr Schwert los. Von der Wucht des Aufpralls flogen beide Waffen durch die Luft. Schließlich blieben beide kurz voneinander entfernt im Boden stecken. Beide keuchten. Neji wischte sich unauffällig den Schweiß von der Stirn. Tenten ließ sich auf dem Gras nieder. „Unentschieden.“ Neji grummelte bloß. Dass ihn das Mädchen beinahe besiegt hatte? Als wenn sein Stolz nicht schon genug hatte leiden müssen in letzter Zeit.
 

Auf einmal wandte Tenten sich um. Die Zeit schien stillzustehen. Sie fixierte seine Augen. „Warum hast du mich herausgefordert?“ Er schwieg und ließ sich neben ihr nieder. Der Schwarzhaarige blickte in den sich mittlerweile immer dunkler werdenden Himmel. „Ich wollte wissen, wie stark ich bin“, er machte ein Pause, denn Tenten hatte verletzt zur Seite geblickt. War sie denn immer nur Mittel zum Zweck? Wollte er nur wegen seinem Traum ihre Hilfe in Anspruch nehmen? Interessierte ihn ihr Wesen nicht? Was war aus der Freundschaft, die er ihr zugesichert hatte? „Und...“, setzte er an, „ich wollte dir zeigen, dass du stark bist, stärker vielleicht, als du denkst.“
 

~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~
 

An seinen Rückweg konnte Neji sich nur noch verschwommen erinnern. Eine Weile hatten Tenten und er noch schweigend im Gras gesessen und sich ausgeruht. Dann hatte das Mädchen die Schwerter eingesammelt und sie waren abermals zu dem Schrein mitten im Wald gegangen. Tenten hatte Ryujin hineingebracht und anschließend wieder niedergekniet und gebetet. Warum sie das tat, hatte sie nicht verlauten lassen. Das Schwert hatte er nur schwer aus der Hand geben können. Beinahe hatte es sich so angefühlt, als sei es bereits ein Teil von ihm. Letzten Endes hatten sie sich verabschiedet. Eine merkwürdige Spannung hatte zwischen ihnen geherrscht und die junge Frau hatte ihn so seltsam angesehen. Eine unausgesprochene Frage im Blick.

Doch darüber wollte er sich jetzt keine Gedanken machen.
 

Als er mitten in der Nacht in der Wohnung angekommen war, herrschte Stille. Doch nachdem er Lee schlafend vor seiner Zimmertür gefunden hatte, konnte er sich ein leichtes Grinsen doch nicht verkneifen. Würde er ihm wohl morgen Rede und Antwort stehen müssen, wenn er sich heute hatte drücken können. Die Nervensäge hatte anscheinend beschlossen alles über seine merkwürdige Begegnung mit der Prinzessin herauszufinden. Sowie den Grund, warum sie gekommen war. Hätte er Lee doch nur gleich abgewürgt. In der Zwischenzeit hatte der sich wahrscheinlich schon die wildesten Theorien ausgedacht. Schließlich war er zu seinem Bett geschlichen und hatte sich endlich schlafen gelegt. Morgen würde es ein langer Tag werden.
 

Er erwachte von dem Gezwitscher der Vögel, die sich vor seinem Fenster tummelten. Mühsam richtete er sich auf. Der Kampf gegen Tenten hatte ihn ausgelaugt. Er spürte absolut jeden Knochen. Leicht angenervt verließ er das Zimmer und wäre beinahe über den schlafenden Lee gestolpert. Fluchend machte er sich auf den Weg ins Badezimmer - und musste feststellen, dass das Wasser, das sie normalerweise um diese Zeit erwärmten, eiskalt war. Lee war eigentlich an der Reihe gewesen die Kübel zu erhitzen, aber der schlief ja immer noch seelenruhig vor seiner Tür. Grummelnd musste er sich nun mit dem kalten Wasser zufrieden geben. Der Tag konnte ja nicht besser beginnen.
 

Als er endlich bei Kakashi ankam, wollte dieser dann als nächstes wissen, warum er so genervt wirkte. Auf den tödlichen Blick, den Neji ihm dann zugeworfen hatte, war er schließlich verstummt. Für die heutige Lektion hatte er seinem Schüler, nach dessen morgendlicher Meditation, den Sperrwurf, sowie den Umgang mit Lanzen erklärt. Zur Übung hatten sie noch einmal das Bogenschießen wiederholt. Aus dem Stand war Neji schon relativ fortgeschritten, doch bei Bewegung bekam er Schwierigkeiten. Allerdings biss er die Zähne zusammen und trainierte solange, bis sein Meister zufrieden mit seiner Leistung war.
 

Gegen Nachmittag saßen sie wieder an dem kleinen Tisch vor Kakashis Hütte und sein Meister versuchte wieder mal ihm die verschiedenen Schriftzeichen beizubringen. Nejis Schrift war mit der Zeit zwar schon leserlicher geworden, jedoch tat er sich nach wie vor beim Entschlüsseln diverser Texte schwer. Mit unendlicher Geduld hatte sein Lehrer ihm wieder und wieder die Grammatik und die Laute erklärt, doch irgendwie fiel es ihm trotzdem leichter sich bestimmte Schwerttechniken zu merken, statt sich mit der geschriebenen Sprache zu befassen. Kakashi legte den Pinsel zu Seite.
 

„Ich wollte noch mit dir reden, Neji“, begann er. „Was ist denn?“, kam es von dem Schwarzhaarigen. „Nun, dir ist sicher aufgefallen, dass in letzter Zeit alle Bediensteten damit beschäftigt sind ein Fest vorzubereiten.“ „Was hat das mit mir zu tun?“, wollte Neji wissen. Was interessiert ihn denn so ein Fest? Er wollte für heute einzig und allein seine Ruhe. „Es ist folgendermaßen, alle Lehrlinge und Schüler nehmen an den Feierlichkeiten teil, um die Loyalität des Fürsten zu demonstrieren. Von den Unruhen in letzter Zeit hast du sicher gehört.“ „Ich werde gezwungen auf dieses Fest zu gehen?“, sprach Neji gefährlich leise aus. „So kann man es auch ausdrücken“, meinte Kakashi gelassen. Mit düsterer Mine verkündete Neji: “Ich hasse Feste. Da sind mir zu viele Leute.“
 

„Du wirst hingehen“, sagte Kakashi bestimmend. „Du kannst mich nicht zwingen“, erwiderte Neji heftig. „Dann wird der Fürst persönlich dafür sorgen, dass du hingehst, ansonsten ... nun ja, Mao – Chéng-Sama könnte sich das mit deiner Ausbildung durchaus noch einmal überlegen.“ Scharf holte Neji Luft. „Das ist Erpressung und das weißt du“, knirschte er. Wütend funkelte er seinen Sensei an. „Meine Güte, es ist doch nicht so schlimm auf ein Fest zu gehen. Gai hat mir erzählt, dass Lee sich schon wahnsinnig freut. Warum kriege ich bloß immer die schwierigen Leute?“
 

Neji starrte seinen Lehrer an, doch dieser hielt dem Blickkontakt ohne weiteres stand. Schließlich war es der Schüler, der zuerst zur Seite blickte. „Na gut“, gab er sich widerwillig geschlagen. „Wann ist diese Feier?“ Ein Lächeln umspielte Kakashis Mundwinkel. „Gegen Ende der Woche. Sei Samstagabend im großen Festsaal.“ Neji stand auf. Als sein Schüler in die Richtung seiner Unterkunft ging, rief er ihm noch zu: „Vergiss die passende Kleidung nicht!“
 

~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~
 

„Das ist perfekt, Tenten-Hime“, rief Ino enthusiastisch. Hinata lächelte schüchtern. „Ich habe mir Mühe gegeben, aber ob es Euch gefällt weiß ich nicht, Tenten-Hime“, sagte sie schüchtern. „Wovon redest du Hinata, das ist wundervoll“, mischte sich die Prinzessin in das Gespräch ein. In den Händen hielt sie ein Kleid. „Das hab ich nur dir zu verdanken, Hinata“, seufzte Ino dankbar, „ich wäre nie damit fertig geworden und du hast außerdem noch so eine saubere Arbeitsweise.“ Die Schwarzhaarige errötete. „Danke“, murmelte sie gerührt. Es war nicht oft geschehen, dass sie gelobt wurde.
 

Tenten legte das Kleid behutsam auf ihr Bett. Hinata hatte wieder ganze Arbeit geleistet. „Habt ihr eure Kleider eigentlich auch schon fertig? Schließlich seid ihr auch eingeladen.“

„Ich hab meins schon fertig, aber Hinata muss für drei Männer und sich selbst noch etwas Passendes nähen.“ „Ich hab dir doch schon gesagt, dass ich das schaffe“, meinte Hinata kleinlaut. „Und ich hab dir gesagt, dass ich dir helfe, sonst wirst du doch nie fertig. Wir wollen doch nicht, dass die ganzen jungen Männer deinen Auftritt verpassen. Du wirst in diesem Stoff hinreißend aussehen“, sagte Ino und hielt wie zur Bestätigung einen seidigen mitternachtsblauen Stoffballen in die Höhe.
 

„Warte mal“, mischte sich die Prinzessin ein, „Neji kommt auch?“ Im selben Moment hätte sie sich für ihre eigene Dummheit ohrfeigen können. Niemand durfte wissen, dass Neji und sie sich kannten. Hinata und Ino sahen sie gleichermaßen erstaunt an. Sie konnte die vielen Fragezeichen in ihren Köpfen förmlich sehen.
 

„Woher kennst du meinen Cousin?“, fragte Hinata sprachlos und vergaß dabei völlig das Siezen sowie die höfliche Anrede. Tenten schaute von einem zum anderen und wusste beim besten Willen nicht, wie sie sich aus dieser Situation retten konnte. Doch sie hatte die Rechnung ohne Ino gemacht. „Ich habe Euch gegenüber nur erwähnt, dass Hinatas Cousin derjenige ist, der die Ausbildung zum Samurai macht, seinen Vornamen hab ich nie erwähnt. Sollten wir da etwas wissen, Tenten-Hime?“ „Ich ... ich habe den Namen bei meinem Vater gehört, er redete mit mir darüber“, wich sie aus. Hoffentlich klang das halbwegs glaubwürdig. „Und warum scheint Ihr ihn dann persönlich zu kennen und seid so erpicht darauf, dass er kommt?“, bohrte die Blonde weiter. Mist! Sackgasse. Sie redete sich hier noch um Kopf und Kragen, wenn das so weiterging.
 

Nervös spielte sie mit ihrem Anhänger. Hinata beobachtete sie. Moment! Während Ino Tenten noch immer zweifelnd anblickte, zählte sie eins und eins zusammen. Neji besaß eine Kette mit Yang, Tenten mit Yin. Dosu hatte gesagt, dass diese Kette zu den Kronjuwelen des Fürsten gehörte. Und Neji hatte darauf bestanden, sie sei ein Geschenk gewesen. Er konnte sie nur von einem Adeligen haben, wenn er nicht gelogen hatte. Als dieser jemand blieb nur eine einzige Person übrig.
 

„Die Kette“, begann sie, “Ihr habt sie ihm gegeben.“
 


 

~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~
 

Es war schon dunkel, als Neji in der Wohnung ankam. Er stutzte, als er sah, dass noch Licht brannte. Der Schwarzhaarige öffnete den Gemeinschaftsraum. Die Tür knarrte und Neji blickte in die wartenden Gesichter von Hinata, Naruto und Lee, die in einer gemütlichen Runde auf weichen Kissen saßen.
 

„Wieso seid ihr noch auf?“, wollte er wissen. „Nun, wir haben uns mal unterhalten und jetzt wollen wir Gewissheit“, entgegnete Lee. „Ihr habt auf mich gewartet?“ „Neji, jetzt rück endlich raus, woher du die Prinzessin kennst! Lee sagt, sie war hier, Hinata hat uns auf eure Ketten aufmerksam gemacht und mir hast du erzählt, dass sie dir den Anhänger gegeben hat.“ Lee starrte den Blonden wütend an. „Wir hatten doch abgemacht, dass du die Klappe hältst! Ich hab mich auch zusammengerissen. Fall doch nicht gleich mit der Tür ins Haus!“, stauchte Lee Naruto zusammen.
 

„Neji, ich denke du bist uns ein paar Antworten schuldig“, mischte sich Hinata schüchtern ein.
 

Der Angesprochen war schlicht mit der Situation überfordert. „Ich bin euch gar nichts schuldig“, fauchte er. „Oh doch!“, konterte Naruto heftig, „Hinata zu Folge hat sie zuggeben, dass ihr euch kennt.“
 

Neji erstarrte. Hatte man sie am Ende doch durchschaut? „Wer weiß davon?“, fragte er matt.

„Nur Hinata, Ino, Lee und ich“, antwortete Naruto. Der Schwarzhaarige atmete auf. Die paar Leute konnte er verkraften. „Wie?“, brachte er heraus. „Ganz einfach, deine Cousine kann kombinieren“, antwortete Lee. Neji warf seiner Cousine einen säuerlichen Blick zu, worauf diese nur entschuldigend lächelte. „Sie war hier und hat dir die Waffe gebracht, Naruto gegenüber hast du auch mal was erwähnt und Tenten hat sich selbst in die Enge getrieben.“
 

Wortlos ließ sich Neji auf einem Kissen nieder. Das ganze kam ihm mehr und mehr wie ein Verhör vor. „Sagt zu niemanden ein Wort; je weniger wissen, dass wir uns kennen, desto besser.“ „Wie habt ihr euch überhaupt kennen gelernt?“, wollte ein neugieriger Naruto wissen. Neji zuckte hoch. „Das“, sagte er eisig, „geht euch nichts an.“
 

Es herrschte Stille. „Wenn du nicht reden willst...“, grummelte Naruto. Nejis Antwort war nur ein einziger kalter Blick, der sie alle hätte tot umfallen lassen, wenn das möglich gewesen wäre. Lee rutschte nervös auf seinem Kissen herum. „Meinst du nicht, du könntest wenigstens uns erzählen, warum ihr euch kennt und ...“ „Nein“, fauchte Neji.
 

„Ähm, Jungs?!“, fragte Hinata. „Was!?“, kam es von ihren Mitbewohnern. Hinata schluckte, fuhr dann aber tapfer fort: „Ich muss mit euch noch mal über was anderes reden.“ Fragende Blicke seitens Lee und Naruto, Neji schien nicht so richtig interessiert zu sein. „Ihr habt doch sicher gehört, dass es gegen Ende der Woche ein Fest gibt, zu dem wir kommen sollen.“ Lee stieß einen Begeisterungsschrei aus und Naruto lächelte verschmitzt. Hinatas Blick fiel auf ihren Cousin. „Was hast du denn, Neji?“, wollte sie wissen. Er murmelte etwas Unverständlichen. „Neji?“ „Verdammt, Kakashi hat mich gezwungen hinzugehen“, entgegnete er zornig. Lee und Naruto brachen in schallendes Gelächter aus. Der Blonde wischte sich eine Lachträne weg. „Das ist so typisch!“ Nejis bösen Blick ignorierte er gekonnt.
 

„Na ja, und ihr braucht doch etwas zum Anziehen“, sagte Hinata. Sofort verstummten sie. Daran hatte wohl noch keiner gedacht. „Aber...“, die Jungs sahen sie erwartungsvoll an, „ich habe euch passende Kleidung genäht.“ Naruto und Lee atmeten aus. Neji jedoch sah aus, als hätte er sich verschluckt. Hatte er doch noch diese letzte Ausrede gehabt. Ihm schien wirklich nichts vergönnt zu sein.
 

Seine Cousine hatte in der Zwischenzeit hinter sich gegriffen und drei einfache Hemden und Hosen hervorgeholt. Naruto gab sie ein rotes Hemd und eine beige Hose. Entzückt hielt er die Kleidung von sich weg, um sie genauer zu betrachten. „Das ist großartig, Hinata-chan“, flüsterte er, dann fiel er der überraschten Hinata um den Hals. Sie errötete stark und schien der Ohnmacht nahe. „Naruto, ich kriege keine Luft“, brachte sie hervor. „Oh“, kam es von dem Blonden. „Danke, Hinata.“
 

„Lee, das ist für dich“, sagte die Siebzehnjährige und hielt ihm ein dunkelgrünes Hemd sowie eine helle Hose hin. Auch ihr war schon aufgefallen, dass er fast keine andere Farbe trug. Warum also sich viele Gedanken machen, wenn man doch sowieso wusste, dass er grün liebte? Lees Augen begannen zu glitzern. „Wundervoll“, bedankte er sich. „Ich hoffe, sie passen euch“, sagte Hinata, „Ich wusste eure Größe nicht.“ „Ich bin sicher, die sitzen wie angegossen“, meinte Naruto.

„Neji?“, begann sie, „hier.“ Mit diesen Worten übergab sie ihm rabenschwarze Kleidung. Wortlos nahm er sie entgegen. Der Stoff war glatt, wirkte elegant, aber trotzdem schlicht. Passender hätte es für ihn wohl nicht seien können. Es zeigte nur wieder, wie gut seine Cousine ihn kannte. „Danke.“
 

Hinata lächelte. „Gern geschehen, wie solltet ihr denn sonst dahingehen?“ „Was ziehst du denn an?“, wollte Naruto wissen. „Das siehst du dann“, knurrte Neji. Es gefiel ihm gar nicht, wie sich die Geschichte zwischen seiner Cousine und dem blonden Chaoten entwickelte. Einerseits wünschte er Hinata, dass sie glücklich würde. Doch mit dem?
 

Doch Naruto lächelte bloß. „Ich glaube ja, dass du es kaum erwarten kannst, bis es losgeht. Schließlich siehst du dann deine Prinzessin wieder“, entgegnete er feixend. Neji starrte ihn nur vollkommen perplex an.
 

~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~
 


 

Die Tage zogen vorbei. Überall waren jetzt die Vorbereitungen für das kommende Fest zu sehen. Geschäftig erledigten die Menschen ihre Einkäufe. Festbekleidung war benahe ausverkauft und die Schneider verdienten auch sonst sehr gut. Die Läden wurden geschmückt und überall wurden Papierlaternen aufgehangen.
 

Neji konnte über dieses Treiben nur den Kopf schütteln. Wie konnte man sich wegen eines einzigen Festes nur so verrückt machen? Die einfachen Leute würden auf den Straßen feiern, doch er musste im Festsaal des Palastes erscheinen. Die ganze Woche hatte er jetzt schon schlechte Laune. Dass Naruto und Lee sich einen Spaß daraus machten, ihn damit aufzuziehen, hob seine Stimmung ungemein.
 

In den letzten Tagen war er stets mit düsterer Mine durch die Straßen gegangen. Nur beim Training hatte er sich zusammengerissen. Er wollte Kakashi nicht die Genugtuung geben, dass dieser ihn doch überredet hatte. Seine Laune wurde immer schlechter je näher der Tag des Festes rückte. Allerdings gingen ihm aber auch Narutos Worte nicht aus dem Kopf. Tenten würde da sein. Das wusste er mit absoluter Sicherheit. Neji war darauf gefasst, dass sie wieder umwerfend aussehen würde. Und irgendwie freute er sich auf diesen Anblick. Warum, wusste er nicht.
 

Schließlich kam der Tag des Festes. Den ganzen Tag hatte bereits ein aufgeregtes Treiben auf den Straßen geherrscht. Das eigentliche Fest würde allerdings erst abends beginnen. Wie man ein Fest veranstalten konnte, wenn der Rest des Landes hungerte und von den Rebellen angegriffen wurde, war ihm schleierhaft. Aber wahrscheinlich war es derselbe Grund wie immer in solchen Situationen. Man wollte den Anschein erwecken, alles unter Kontrolle zu haben.
 

Der Tag neigte sich dem Ende. Es war Abend geworden. Neji stand in seinem Zimmer und zupfte sich ein letztes Mal das Hemd zurecht. So etwas hatte er noch nie getragen, musste aber zugeben, dass seine Cousine ganze Arbeit geleistet hatte. Die schwarze Kleidung passte wie angegossen. Seine Haare hatte er zurückgebunden. Er seufzte. Ihm wurde wirklich gar nichts erspart. Was sollte er denn dort bitte tun? Aber darum ging es in erster Linie ja nicht. Er hatte einfach zu erscheinen und einen guten Eindruck zu machen.

Schließlich verließ er sein Zimmer. In ihrem Gemeinschaftsraum warteten schon Lee und Naruto. Beide in der Kleidung, die ihnen Hinata gegeben hatte. „Ist Hinata noch nicht fertig?“, wollte der Blonde wissen. „Wahrscheinlich.“ Wie aufs Stichwort öffnete sich die Tür und Hinata trat ein. Unsicher sah sie zwischen den Männern hin und her. „Wir können jetzt gehen“, sagte sie schüchtern. Sie trug ein mitternachtsblaues Kleid, das elegant geschnitten war und ihre Figur betonte. Die Ärmel waren halblang und das Kleid war hoch geschlossen. Ihre langen Haare fielen ihr in einer fließenden Bewegung den Rücken hinunter. Hinata sah wirklich hübsch aus. Nicht zu sehr herausgeputzt, aber auch nicht unauffällig. Neji hatte den leisen Verdacht, dass sie sich damit einen Kindheitstraum erfüllt hatte. Immer schon hatte sie Kleider geliebt.
 

Naruto bekam seinen Mund nicht mehr zu. Völlig neben der Spur starrte er seine Mitbewohnerin an. „Naruto, was ist denn? Ich weiß ja, dass das nicht so besonders schön geworden ...“ Der Blonde unterbrach sie augenblicklich. „Nein, nein! Du hast mich falsch verstanden. Du siehst sehr schön aus“, gab Naruto verlegen zu. Hinata wurde rot. „Danke“, murmelte sie leise.
 

„Können wir jetzt gehen?“ Lee war schon den ganzen Tag furchtbar aufgeregt. Zustimmung seitens Naruto und Hinata. Der Kung-Fu-Kämpfer blickte warnend zu Neji. „Ja, ja, lasst es uns hinter uns bringen.“
 

~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~
 

Der Saal war bereits gefüllt, als Tenten ihn betrat. Adelige aus den verschiedensten Provinzen des Fürstentums waren angekommen. Es wurde gedämpft geredet und im Hintergrund spielte eine Geige, die den Raum mit sanften Klängen erfüllte. Die Violistin verbeugte sich und vornehmer Applaus erfüllte den Festsaal. Die junge Frau war etwa in ihrem Alter. Sie kam von weit her und war nur für ihren Auftritt hier hergekommen. Die glatten schwarzen Haare gingen ihr bis zur Hüfte. Ihr Vater hatte ihr erzählt, dass sie Kin hieße und für diesen besonderen Anlass spielen würde. In Begleitung weiterer Instrumente.
 

Tentens Blick glitt über die Menge. Sie beobachtete die Leute, die hin und wieder zu ihr kamen und ihr Komplimente machten. Es war einfach nur heuchlerisch gewesen. Die junge Frau fand es widerlich, wie manche sich einzuschleimen versuchte. Da sie ihr ganzes Leben bei Hofe verbracht hatte, konnte sie die Menschen leicht einschätzen und sehen, wer wirklich etwas ehrlich meinte, ohne auf Profit auszusein. Die Intrigen, die häufig in der Nähe ihres Vaters herrschten, hatten sie vorsichtig werden lassen.
 

Plötzlich wurde es still. Mao-Chéng war aufgestanden und hielt eine Begrüßungsrede. Mit den Worten „Ich wünsche euch viel Vergnügen“, eröffnete er das Fest. Tenten lächelte. Das war ihr Vater. Schon immer für solche Veranstaltungen zu haben. Ihr Blick fiel auf Lee und Naruto, sie vermutete, dass er es war. Beide schienen sich angeregt zu unterhalten und schielten immer wieder in eine bestimmte Richtung. Sie schienen sich köstlich zu amüsieren.
 

Die beiden jungen Männer trugen ebenfalls Festkleidung. Hinata hatte sich selbst übertroffen. Es stand beiden ausgezeichnet und brachte ihre Persönlichkeit gut zur Geltung. Die Künstlerin selbst konnte sie allerdings nicht entdecken, genau wie Neji. Sie wusste zwar, dass er hier seine musste, aber ihn gar nicht zu sehen, versetzte ihr doch einen leichten Stich. „Entschuldigt, würdet Ihr mir diesen Tanz schenken?“, unterbrach ein junger Herr ihre Gedanken. Tenten sah auf und antwortete höflich: „Sehr gern, es ist mir eine Freude.“ Die Musik begann zu spielen und sie bewegten sich leicht zu der Musik. Gott, wie sie das hasste. Immer dieses Getue nur damit man immer einen guten Eindruck von ihr hatte. Aber eine Prinzessin konnte ein solches Angebot nicht ablehnen. Doch während sie tanzten, ertappte sie sich bei dem Gedanken an Neji. Wo war er? Wie gerne würde sie in seinen Armen liegen. Erstaunt über sich selbst schüttelte sie den Kopf. Was dachte sie da nur wieder? Sicher der Mann war sehr nett, höflich und charmant, doch irgendwie...
 

Besorgt blickte sie ihr Tanzpartner an. „Fühlt Ihr Euch nicht wohl, Tenten-Hime?“ Dankbar für die willkommene Ausrede, nickte sie. „Ich muss mich nur kurz ausruhen, nehmt es mir nicht übel.“ „Wie könnte ich?“, antwortete ihr Gegenüber lachend. Tenten verabschiedete sich dankbar.
 

Naruto und Lee hatten die ganze Szene beobachtet. „Glaubst du, Neji hat das gesehen?“, fragte Lee. “Nein“, antwortete der Blonde, „er ist eben mit Hinata zum Buffet gegangen. Außerdem, was könnte er dagegen tun?“ Lee hatte plötzlich ein fieses Grinsen auf dem Gesicht. „Ich wüsste da schon was...“
 

~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~
 


 

Neji und Hinata hatten sich derweil etwas zu Essen geholt. Beide hatten noch nie ein so üppiges Angebot gesehen. Es ging nicht einfach nur darum satt zu werden, sondern dem Betrachter alle kulinarischen Spezialitäten anzubieten und so den Ruf des Fürsten zu wahren. Selbst hier wurde der Wohlstand demonstriert. Hinata und Neji hatten sich von jedem etwas genommen. Wer wusste schon wann man das nächste Mal eine so gute Mahlzeit bekam?
 

In der Menschenmenge herrschte reges Treiben. Etliche Reiche, Adelige und wohlhabende Kaufleute waren gekommen. In elegante Anzüge und verschiedenste Kleider gehüllt. Oft wirkten die beleibten Frauen sehr eingeengt darin und ihr Korsett war so eng geschnürt, das Neji sich fragte, wie sie überhaupt noch Luft bekamen. Die Diener waren dazu verdammt stillschweigen zu bewahren oder den Besuchen möglichst schmeichelhafte Komplimente zu machen.

Die Bediensteten wuselten zwischen den Gästen umher, meist mit einem Tablett mit Sakeschälchen oder Weine guter Jahrgänge. Man konnte sich beinahe nicht rühren so voll war. Nur mit Mühe gelangte man durch die Menge.
 

Auf die Tanzfläche wollte Neji nicht. Schlimm genug, dass er überhaupt auf dieses Fest musste. Kakashi hatte er angeregt mit einem weißhaarigen Mann sprechen gesehen, der scheinbar Autor war und ihm sein neustes Werk zeigte.
 

Könnte der Abend nicht mal vorbei gehen? Er wusste beim besten Willen nicht, wie er bei so was Spaß haben sollte. Missmutig aß er einen Bissen. Er kaute ein wenig auf dem Essen herum und beobachtete die anderen Gäste. Dann hätte er sich beinahe verschluckt.
 

Tenten stand inmitten der Menge, ein Glas in der Hand und unterhielt sich lächelnd mit Ino. Fast hatte er sie nicht erkannt. Die Haare hatte sie nicht wie üblich hochgesteckt. In leichten Wellen fielen sie ihr den Rücken herunter. Die Prinzessin trug ein weinrotes Kleid, dessen Falten sich am Ende leicht kräuselten. Wie die anderen Sachen, die sie besaß war es recht traditionell gehalten. An ihrem Hals war es seitlich zugeknöpft. Ihre Ärmel waren halblang und endeten ebenfalls in leichtem Gekräusel. Die schönen braunen Augen hatten wieder diesen warmen Ton. Ihre Züge waren sanft und eben diese warmen Augen waren von einem braunen Lidschatten betont. Und, das freute ihm am meisten, trug sie ihren Teil der Kette. Als wollte sie der Öffentlichkeit zeigen, dass sie sich mit ihm verbunden fühlte. Ihre Schönheit war umwerfend und noch nie hatte er sich kleiner gefühlt, obwohl er wusste, dass Tenten es gewiss nicht darauf anlegte ihn in irgendeiner Weise zu demütigen.
 

„Wollen wir nicht mal zu ihnen gehen?“ Erschrocken wandte er sich um. Hinata schien alles mitbekommen zu haben. Wie lange hatte er sie angestarrt? Wie sollte er sich ihr gegenüber verhalten? Er musste ruhig bleiben, sich nichts anmerken lassen. Wie sonst auch. Er hatte niemandem etwas getan. „Meinetwegen“, antwortete Neji gleichgültig. Mit raschen Schritten eilte Hinata auf die beiden zu. Verbeugte sich höflich vor Tenten und grüßte ihre Vorgesetzte.

Langsam ging Neji auf die kleine Ansammlung zu.
 

„Hallo“, und mit einem leichten Grinsen fügte er hinzu, „es freut mich Tenten-Hime, Euch hier zu treffen.“ Tenten blickte sich um und sah Neji. Also war er doch gekommen. Doch anders als sie erwartet hatte, behandelte er sie nicht wie sonst. Wieso war sie auch so naiv gewesen? Sie schickte einen bösen Blick zu ihm. Hatte sie ihm nicht vor ungefähr acht Jahren, darauf hingewiesen, dass er sie nicht siezen sollte? Doch dann stutzte sie. In einem solchen Aufzug hatte sie ihn noch nie gesehen. Der Schwarzhaarige hatte seine Haare, die perfekt mit seiner schwarzen Kleidung harmonierten, locker zusammengebunden. Das dunkle Hemd war leicht geöffnet und man konnte darunter seinen Teil der Kette sehen, der in dem Schwarz einen Hingucker bot. Das perlweiße Yang funkelte im Licht.

Wieder fiel ihr auf, wie gut er aussah. Vor allem, wenn er Schwarz trug.

„Die Freude ist ganz auf meiner Seite, Neji“, antwortete sie „Stimmt es, dass Kakashi so ein Höllentraining macht, dass Ihr ihn schon häufiger dafür verflucht habt?“, fragte sie hinterlistig. Rache musste sein. Beiläufig stellte sie ihr Glas ab. „Ich befinde mich in einem absolut ausgeruhten Zustand, danke der Nachfrage“, entgegnete er.
 

Plötzlich wurde das Licht gedämpft. Nur die Lampions leuchteten in der Dunkelheit. Tenten und Neji blickten sich überrascht um. Sie hatte gar nicht mitbekommen, wie schnell die Zeit vergangen war und dass sie zusammen ein Stück gegangen waren. Völlig in ihr Gespräch vertieft hatten sie auch nicht mitbekommen, dass Ino und Hinata auf einmal nicht mehr da waren.
 

Neji blickte Tenten an und stellte fest, dass sie direkt auf der Tanzfläche standen. Verdammt! Wann war er hier gelandet? Tenten wirkte ebenso überrascht. Durch das rote Licht der Papierlaternen, die in allen Ecken standen, strahlte der Raum eine warme Atmosphäre aus. Beide sagten nichts. Plötzlich spürte er einen kräftigen Stoß von hinten, der ihn gegen die Prinzessin stolpern ließ. Dicht voreinander, murmelte Neji eine Entschuldigung, sah sich aber gleichzeitig nach dem Übeltäter um. In der Ferne sah er einen schwarzen Haarschopf, der sich rasch aus dem Staub machte.
 

Die Stille, die auf die Dunkelheit hin folgte, wurde von dem leisen Spiel einer Flöte beendet. Das Instrument war zuerst leise, wurde dann aber immer lauter. Später fielen auch andere Musiker mit ein. Die Luft war von der zarten Melodie erfüllt. Um sie herum, begannen die anderen Paare zu tanzen. Tenten errötete. Sie waren sich so nahe. „Neji, wir ...“, begann sie. Doch der Schwarzhaarige hatte ihren Blick bereits richtig gedeutet. Immer wieder hatte sie zu den tanzenden Paaren geblickt. Es blieb ihm aber auch gar nichts erspart. „Tenten, ... ich ... ich kann nicht tanzen“, murmelte er peinlich berührt. Tenten blickte ihn verdutzt an und hätte am liebsten laut losgelacht. Neji forderte sie, ein Mädchen noch dazu die Prinzessin, zu einem Schwertkampf heraus, aber wenn es darum ging, einen Tanz zu beschreiten, war er hoffnungslos überfordert.
 

„Das macht nichts“, flüsterte sie, „ich gebe dir kleine Signale wie du dich bewegen musst.“ Neji nickte, legte zögernd seine Hand auf ihre Hüfte und nahm mit der anderen ihre in seine. Unsicher legte sie ihre Hand auf seine Schulter.
 

Aus den Augenwinkeln sah er wie Naruto sich vor Hinata verbeugte und sie um einen Tanz bat. Er sah wie sie auf der Stelle errötete, dann aber zögerlich seine Hand ergriff. Der Blonde strahlte übers ganze Gesicht und legte dann seinen Arm um ihre Taille, worauf sie noch mehr errötete.
 

Vorsichtig bewegten Neji und Tenten sich im Takt der Musik. Zuerst stellte sich der Schwarzhaarige ein wenig hölzern an, doch mit der Zeit wurden seine Schritte geschmeidiger. Durch ein leichtes Ziehen an seiner Hand, eine sanfte aber doch bestimmende Bewegung Tentens wusste er, wie er die Schritte zu tätigen hatte. Nach einer Weile wurde er selbstbewusster und übernahm die Führung. Ihre Gesichter war sich nah und beinahe berührten sich ihre Körper. Tenten lächelte schüchtern. Neji konnte ihre erröteten Wangen sehen. Und dann schien die Zeit still zu stehen.
 

Tenten spürte seine leicht raue Hand, die ihre hielt. Ihre Haut schien zu brennen, dort wo er sie berührte. Es machte sich ein neues Gefühl in ihr breit. Eine innere Hitze, die ihr ganzes Selbst erfüllte. Und sie begriff, sie wollte ihm nah sein. Ihr Herz schlug schneller und dann erfüllte sie ein unendliches Glücksgefühl, das immer noch zu wachsen schien. Sie wünschte sich, dass die Zeit still stehen möge. Für immer wollte sie in diesem Augenblick verweilen. Neji führte sie und sie bewegten sich nun schneller. Dass er eigentlich gar nicht tanzen, konnte schien er vergessen zu haben. Die Musik hatte etwas Zauberhaftes an sich. Leicht drehten sie sich, schauten sich in die Augen, im gegenseitigen Einverständnis. Sie schienen in einen Bann zu stehen.
 

Neji sah sie an, fühlte sie. Ihre Haut war weich und erinnerte ihn an Seide. Auf seiner Schulter spürte er ihre schmalen Finger. Ihm war, als würde er noch immer in der Meditation verweilen, doch was jetzt geschah übertraf alles, was er je gefühlt hatte. Wieder war da dieses Feuer und jetzt war er sich sicher. Sie löste all das in ihm aus. Das Lied ging zu Ende und schon setzten die Musiker zu einem neuen an. Neji und Tenten hatten gar nicht realisiert, wie schnell die Zeit vergangen war. Es existierten nur sie beide. Unwichtig, dass jeder sie sehen konnte. Egal, dass sie es eigentlich Standes wegen nicht durften. All das war nebensächlich geworden. Sie tanzten und nur sie existierten in diesem Moment. Die Melodie wurde langsamer. Die sanften Töne hüllten sie in einen Mantel von Gefühlen. Neji zog Tenten noch näher zu sich. Ihre Körper schmiegten sich aneinander. Er spürte ihre seidigen Haare, ihre weiche Haut. Seine Arme umschlangen sie. Er wollte für immer so verharren. Das Feuer bereitete sich in seinem ganzen Körper aus und er wollte mehr von diesem Gefühl.
 

Es war wie ein Traum, stellte Tenten fest. Vorhin noch hatte sie sich gewünscht in den Armen dieses Mannes zu liegen und jetzt passierte genau das. Alle Verantwortung war von ihr abgefallen, sie war nicht länger Prinzessin, sie war eine junge Frau wie alle anderen. Sie sah keinen Unterschied mehr. Es zählte nur das Hier und Jetzt. Die Wärme, die von Neji ausging, tat ihr gut. Es war als könnte sie sich einmal in ihrem Leben ausruhen, sich fallen lassen. Bei der einzigen Person, die sie schon immer verstanden hatte. Sie lehnte an seiner Brust und hörte seinen Herzschlag. Sanft zeichneten sich feine Muskeln unter seinem Hemd ab. Für einen Moment musste sie daran denken, wie er ausgesehen hatte, als er geschlafen hatte. Es war schon so lange her und sie war froh, dass sie ihn damals gerettet hatte. Ein Leben ohne ihn konnte sie sich nicht mehr vorstellen. Die junge Frau drückte sich noch näher an ihn. Ihr Gesicht streifte seins und sie legte ihren Kopf an seine Schulter. Den festen Stoff seines Hemdes fühlte sie an ihrer Wange. Zögernd hob sie ihre Arme. Für einen Moment verweilte sie in dieser Haltung. Doch dann überwand sie sich. Vorsichtig legte sie ihre Arme um seinen Hals. Strich ihm sanft über den Rücken. Weiter tanzten sie im Rhythmus der Musik. Es erschien wie eine Ewigkeit und noch viel länger. Neji und Tenten waren sich näher als je zuvor. Sanft drehte er sie und Tenten folgte der Drehung. Der Stoff ihres Kleides flatterte leichtfüßig um ihre Beine herum. Neji erinnerte sich an ihren Kampf. Er hatte es nie für möglich gehalten, dass dieses Mädchen so stark war. Fast hatten sie sich damals so bewegt wie jetzt. Anfangs hatte auch das wie ein Tanz gewirkt. Nur reichlich schneller. Die Geschwindigkeit war mit der jetzigen nicht zu vergleichen. Seine Schritte wurden katzengleich. Geschmeidig und elegant, Tenten bewegte sich so grazil wie immer. Diese Frau strahlte etwas Einzigartiges aus, das er noch bei keiner anderen gesehen hatte. In ihrer Gegenwart war er er selbst. Er brauchte keine Maske um sich zu verstecken. Ihr Gegenüber fühlte er sich als Mann. Und er schwor sich, niemals würde er diesen Tanz vergessen.
 

Am Rande registrierte er, dass der Saal fast leer geworden war. Nur die Lampions erhellten ihn. Die Musiker zauberten ein weiteres Lied in die Luft. Die Melodie würde sich wohl für immer in sein Gedächtnis brennen. Nur noch Liebespaare waren in dem Raum. Dann kam ihm ein erschreckender Gedanke - würde man sie ebenfalls für eines halten? Doch er verbannte diese Nebensächlichkeit aus seinem Kopf.
 

Sein gesamter Körper schien in Flammen zu stehen. Sein Herz schien in Feuer gefangen. Er wusste nicht, ob es Tenten genauso ging, aber er wollte dies hier nicht beenden. Wenn ihm so wenig Glück in seinem Leben vergönnt sein sollte, würde er diesen Moment, diese Erinnerung, was sie werden würde, wie er wusste, voll auskosten. Niemals würde er vergessen. Vielleicht würde er es verstecken, doch verleugnen konnte er nicht. Genauso wenig, wie er sie jemals vergessen würde. Tentens Haare kitzelten ihn leicht an seinem Hals. Sie wirkte so leicht und zerbrechlich, dass er angst hatte, ihr weh zu tun.
 

„Neji“, flüsterte sie, „ich dachte du kannst nicht tanzen.“ Sie hob den Kopf sah ihn an. Lächelte. „Ich... ich ... weiß nicht, ich habe nichts bemerkt. Die Zeit ging einfach vorbei“, sagte er. „Dann tanz mit mir“, forderte sie ihn auf. Als Antwort zog er sie wieder dichter an sich heran. Noch nie war er ein Mensch der vielen Worte gewesen. Tentens Herz klopfte, sie war sich sicher, dass er es hören musste. Doch dem war nicht so. Noch nie hatte sie sich in Gegenwart eines anderen Menschen so gefühlt. Sie fühlte sich ... so lebendig, als wäre sie bis zum Rand mit Glück gefüllt, dass sie fast zu sprengen schien. Langsam begannen sie erneut ihren Tanz. Wiegten sich im Takt der Musik. Nichts ahnend, dass sie beobachtet wurden, doch auch das nahmen sie nicht wahr. Beide spürten nur den anderen, gaben sich gegenseitig Wärme, lauschten den Klängen der Musik und tanzten. Dann verstummte die Musik.
 

Verlegen sahen beide sich an und wichen ein Stück voneinander. Schließlich drehte Tenten den Kopf weg. „Ich sollte gehen“, flüsterte sie. Ihr Blick ging ins Leere. War ihr bewusst geworden, wie spät es war? Wie lange tanzten sie überhaupt schon? Nur die Sterne zeigten, dass es bereits Nacht war. Die übrigen Menschen mussten jetzt auf den Straßen sein und feiern. Tenten hatte nicht bemerkt, wie rasch die Zeit vergangen war. Als sie sich plötzlich auf der Tanzfläche wiedergefunden hatten, war es doch erst früher Abend gewesen. „Gute Nacht“, verabschiedete sie sich. Sie glaubte nicht daran, dass er sie aufhalten würde. Es entsprach einfach nicht seinem Charakter.
 

Ihre Schritte hallten in Nejis Ohren lauter, als sie es eigentlich sollten. Sie entfernte sich von ihm und nicht nur von der Entfernung her. Sie glaubte nicht daran, dass er verhindern würde, zweifelte an ihm. Doch so war es nicht. Er wollte ihre Nähe, warum wusste er nicht. Einen Moment rang er mit sich selbst, dann eilte er ihr hinterher.
 

Die junge Frau hatte fast den Raum verlassen, als sie seine Schritte hörte. Dann ergriff er ihr Handgelenk und hielt sie zurück. „Warte“, sagte er. „Schenke mir den letzten Tanz.“ Sie sah in Nejis weiße Augen, die eine merkwürdige Entschlossenheit ausstrahlten und dann lächelte sie.
 


 

~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~
 


 

It’s done !!! Mein eigenes Geburtstagskapite! *jedem zur Feier des Tages ein Stück Kuchen und Knabbersachen ausgeb* das ist jetzt das absolut längste Kapitel, was ich je geschrieben hab. Und wahrscheinlich auch eins der abwechlungsreichsten. Deswegen wollte ich auch dieses an meinem Geburtstag hochladen.*17 Jahre alt sei* . Eines meiner persönlichen Lieblingskapitel^^
 

Weil dieses Kapitel eine enorme Länge hat (ehrlich Leute, so viel schreiben andere in 7 Kapiteln) erwarte ich diesmal ein paar längere Kommentare. Sagt einfach was gut war und was man noch verbessern könnte. Es hat nämlich sehr viel Zeit in Anspruch genommen es zu schreiben. Ich denke die Mühe spiegelt sich auch wieder, leider wird das von einigen von euch einfach nicht gewürdigt (da sind wir wieder bei meiner regelmäßigen Ermahnung...) Es sind zu diesem Zeitpunkt genau 133 Favos und es schreiben nicht mal 40 Leute!? Ehrlich ich war letztes Mal ein bisschen enttäuscht. Die 40 hätten wir ja schaffen können. Langsam empfinde ich das ein bisschen unfair mir gegenüber. Jetzt noch mal für all die Leute, die es trotz meiner Aufforderung immer noch nicht für nötig halten, kurz ihre Meinung zu reflektieren:
 

An: Dei-Loki-,Addicted404,aneleh,Angel-Hinata, Anny-Littleju, Blackangel1000, black_fire09, blue_halfmoon, brownhairkunoichi

cherry_baiser, dita, fallen_shadow, ganjagirl, habdichlieb

Honoka5, iara-san, isa-chan, Kacy_Abukara, kagome15, Kalika-chan, Konoha_Neji, leChat, Lian, littleZoumi, Lucy-chan24

Lunagirl1609 Maji, Mantikor, Miharu15, Momope

NadeThoorn, Namii, Naru_11, naughty_Cherry, Nex_Caedes, Nickimitama

Nojiko-Brave, Pudding, Rahel-Apokalypse, Ril-Thule, risen_light, Robinchen, rory89, Ryushinobi, Sarathine, Schangia, schlechte_Idee, Senpai

Shina_Uchiha, singh_juan, Southern-Banshee, spirit-o-passion, sportfavorite, sternenschwester, Sunny_, Tearless, Temari14, Tenten_Chan93, TenTen_Fin, Tenten_Hyuuga-92, time-stranger, Twin, weiquan1, wolffan, wuselchen, XxMimixX, yaneng, yasi93, Yukari_Goto, Yumi-san_89, _blAck_sHeEp, _Sasori_Danna_
 

Ich find es echt toll, dass ihr die ff lest, ihr könnt euch gar nicht vorstellen wie toll. Es baut mich echt auf, allerdings finde ich es ziemlich enttäuschend, wenn man mal eben nicht seine Meinung äußern kann, denn nur so kann ich mich verbessern. Das ist jetzt nicht böse gemeint, ich wollt euch nur mal direkt ansprechen. Es sind diejenigen aufgelistet, die noch nie ein Kommentar geschrieben haben, sollte ich mich irren, werde ich den entsprechenden Namen natürlich sofort löschen. Ich hoffe in Zukunft auch mal von euch was zu hören.^^
 

So jetzt aber wieder zu den allgemeinen Dingen. Wieder mal ein großes Dankeschön an Arethelya, die es in Rekordgeschwindigkeit betagelesen hat. Wow !!! Du bist die Beste! Bei Zeiten könnt ihr ja mal in ihre ffs reinschauen, die sind spitze^^
 

Der Titel Kapitel 7: Dance lässt sich wie man sich sicher schon gedacht hat, mit ‚Tanz’ übersetzen, wobei das hierbei zwei Bedeutungen haben kann. Einmal auf den Schwertkampf bezogen und auf den richtigen Tanz zwischen Tenten und Neji. Die erste Romantik überhaupt^^
 

Ach ja, ich wollte noch mal erwähnen, das die Prozentangabe immer passt, bin zwar keine so große Leuchte in Mathe, das schaff ich aber noch ^^
 

So nun bin ich auf eure Meinungen gespannt. XD
 

hel

eure

moonlight_005

~ Kapitel 8: Realization ~

~ Kapitel 8: Realization ~
 


 

Später wusste Tenten nicht mehr, was sie glücklicher gemacht hatte. Dass Neji ihre Zweifel zerschlagen hatte, oder dass sie ihm noch einmal so nah hatte sein können.

Unter den Sternen hatten sie sich verabschiedet. Er war so völlig anders gewesen. Aber vielleicht hatte er ihr auch nur eine Seite an sich gezeigt, die sie noch nicht gekannt hatte.
 

Sie wusste nicht ... was es war. Aber irgendetwas hatte sich in jener Nacht zwischen ihnen verändert. Es fühlte sich anders an, als sie morgens aufstand. Es war anders, als sie durch die Gänge ging. Und es war anders, wenn sie an ihn dachte. Etwas Neues, das sie nicht definieren konnte.
 

Den ganzen Tag über hatte er sich in ihre Gedanken geschlichen. Ob sie es wagen konnte heute Abend zum See zu gehen? Es war ihr unausgesprochener Treffpunkt geworden. Doch noch immer hatte sie nicht alle Zweifel abgelegt. Sie hatte Angst vor der Veränderung, wie es in der Natur des Menschen lag. Sie fürchteten das Neue. Das, was anders geworden war. Oder demjenigen, der anders war. Aber bei ihr hatte sich etwas viel Entscheidendes verändert. Das Gefühl, wenn man einer bestimmten Person nahe war.
 

Sie hatte schon immer von Liebe gehört, doch was sie wirklich war, hatte sie nie erfahren. Sie kannte dieses Gefühl nicht. Das einzige, was sie wusste, war, dass dieses Gefühl über Freundschaft hinaus ging. Damals hatten sie Freundschaft geschlossen, doch von Liebe war nie die Rede gewesen. War es nun Liebe?
 

Tenten seufzte. Was brachte es ihr denn, sich jetzt Gedanken zu machen? Eine Antwort würde sie ja doch nicht finden. Neji war viel zu geheimnisvoll, als dass man ihn je wirklich durchschaut hätte. Sie wusste ja nicht mal selbst wie er sie sah.
 

In ihrem Kopf herrschte Durcheinander. Sie musste Ordnung in ihre Gedanken zu bekommen. Als Prinzessin konnte sie sich nicht erlauben verträumt durch die Gegend zu laufen. Resigniert stand sie schließlich auf. Das Fest war jetzt zwei Tage her und seitdem war sie nicht einen Moment ausgeglichen gewesen. Selbst, wenn sie sich dazu zwang, nur unter extremer Konzentration schaffte sie es ihre Gedanken und Gefühle halbwegs beisammen und geordnet zu halten.
 

Tenten strich ihr Kleid glatt. Wieder hatte sie ihre Trainingskleidung angezogen. Sie wollte gleich ausreiten. Ein Wunder, dass sie heute keinerlei Verpflichtungen ihrer Position wegen hatte. Das Glück schien ihr hold zu sein, denn merkwürdiger Weise war auch ihr Naturkundelehrer erkrankt. So sehr sie Sarutobi auch schätzte - im Augenblick konnte sie sich wirklich etwas Interessanteres vorstellen, als zu lernen welche Kräuter man wofür verwendete oder welches Land, wo lag.
 

Sie sollte eben doch manchmal nicht nur Pech haben. Die junge Frau erhob sich und verließ den Raum. Die getäfelten Wände der langen Gänge übten eine beruhigende Wirkung auf sie aus. Ihre Schritte bekamen einen hölzernen Klang. Tenten nahm eine Abkürzung. Davon kannte sie mehr als genug. Als sie klein gewesen war, hatte sie sich häufig vor dem Dienstpersonal versteckt. Auf das ewig lange Ankleiden sowie die Etikette hatte sie einfach keine Lust gehabt. Viel lieber hätte sie draußen gespielt wie die anderen Kinder. Heute kam das natürlich nicht mehr in Frage. Sie war alt genug um zu erkennen, dass es ab diesem Zeitpunkt kein Entkommen für sie gegeben hätte. Stets hatte sie sich schicklich zu verhalten. Ein Ausrutscher war ihr nie gestattet worden. Da hatte Neji es wohl leichter. Er hatte sich wohl alleine durchschlagen müssen, aber er war frei gewesen.
 

Schon wieder hatte er sich in ihre Gedanken geschlichen. Sie vermisste ihn. Ob es wohl als unschicklich galt mit jemandem wie ihm zu tanzen, oder konnte man darüber hinwegsehen, weil sie mitten auf der Tanzfläche nicht so einfach verschwinden konnten?
 

Die Sonne strahlte durch die offene Terrassentür. Das Mädchen trat ins Licht. Niemand hatte sie gesehen. Sie atmete tief durch. Fühlte sich so Freiheit an? Oder war es doch nur eine Illusion, die sie sich machte um nicht an dem Druck zu zerbrechen?
 

Tenten schaute sich ein letztes Mal um. Keine Menschenseele war zu sehen. Niemand wusste, wo sie war. Sie brauchte diese Freiheit. Was mochte Neji gedacht haben, als er sie trainieren gesehen hatte? Sah er die Prinzessin, die etwas Verbotenes tat, oder sah er ihr Wesen, das sich gegen etwas aufbäumte, dem sie sich nicht ergeben wollte? Sie schüttelte den Kopf um den Gedanken loszuwerden... Schon wieder hatte sie vor ihrem inneren Auge sein Gesicht gesehen. Die beherrschten Züge, die helle Haut und die noch viel weißeren Augen, die eine Gänsehaut bei ihr verursachten, wenn er sie mit diesem ganz speziellen Blick ansah. Als er sie aufgehalten hatte, war wieder dieser Glanz darin zu lesen gewesen.
 

Konnte sie sich nicht von den Gedanken an ihn lösen? Was war los mit ihr? Ihr Kleid wehte hoch, die lange Hose verlieh ihr einen abgestimmten Ausdruck. Der Sommerwind wirbelte ein paar Blätter durch die Luft. Die gepflasterte Straße zog sich in einem Labyrinth durch die Stadt. Bald hatte sie das Reichenviertel, in dem der Palast lag, hinter sich gelassen und die Stallungen erreicht. Neji lebte hier, doch um diese Zeit musste er beim Training sein. Vorsichtig öffnete sie die Tür.
 

Naruto war gerade dabei einen Stall auszumisten, als er aufsah. Trotz ihres geänderten Kleidungsstils, erkannte er sie sofort. Er stellte die Mistgabel an die Wand. „Hey, Tenten, was gibt’s?“ Ein wenig verdutzt darüber, dass er sie gleich wie eine Freundin und nicht wie eine Adelige anredete, brachte sie zunächst keine Antwort heraus. War sie bei Nejis ‚Freunden’ jetzt etwa schon so bekannt? Gut, zugegeben, Lee und Hinata kannte sie ja auch. „Du bist Naruto, oder?“ „Ja in der Tat, der bin ich“, grinste er. „Nun, ich bin Tenten“, meinte sie. „Ich weiß“, antwortete er verschmitzt.
 

Er wollte noch etwas sagen, doch weiter kam er nicht. Aus der kleinen Dachwohnung war ein Poltern zu hören. Es hörte sich so an, als sei etwas umgestoßen worden. Naruto und Tenten hatten beide gleichermaßen gespannt gelauscht, schließlich fasste Naruto sich ein Herz: „Hinata – chan, bist du in Ordnung?“ Es rumpelte noch mal und dann erschien eine arg zerzauste Hinata an der Leiter. „A...Alles in Ordnung Naruto-kun, i...ich bin über den Besen gestolpert und dann hab ich den Eimer umgeworfen.“ Sie stutzte. „Tenten-Hime? Was macht Ihr denn hier?“ Fragend sah auch Naruto die Prinzessin an. „Ich wollte ausreiten und mir ein Pferd holen. Da fällt mir ein: Willst du nicht mitkommen? Ein bisschen Gesellschaft könnte mir gut tun“, lächelte Tenten.
 

„Ich weiß nicht, ich hab noch so viel zu tun. Und außerdem - ich bin ewig nicht mehr geritten.“

„Aber du kannst es?“ Nicken seitens Hinata. „Gut, dann befehle ich dir hiermit mich zu begleiten. Naruto kannst du uns zwei Pferde holen?“ „Na klar“, meinte der verblüffte Blonde. Tenten war wirklich mit allen Wassern gewaschen. Er fragte sich wirklich, woher Neji und sie sich kannten. Wie waren sie sich begegnet? Von Neji konnte er da keine Antworten erwarten. Der hatte einfach geschwiegen und auf stur gestellt. Allerdings konnte er auch schlecht die Prinzessin fragen. Wäre ja lustig. ‚Hallo Tenten, woher kennst du eigentlich Neji, den früheren Dieb und jetzigen Samurailehrling?‘ Nein, das konnte er nicht machen, trotz seiner gelegentlichen Dreistigkeit. Es würde wohl immer ein Mysterium bleiben. Schade eigentlich.
 

„Natürlich. Wartet einen Moment.“ Damit verschwand Naruto in einer Box und führte einen schwarzen Hengst heraus. „Kannst du ihn halten?“, fragte er Tenten. „Sicher“, antwortete sie. Das Tier schnaubte leise. Tenten legte ihre Hand auf die weichen Nüstern, streichelte ihn leicht. Das Pferd verkörperte eine unheimliche Kraft. Passend für sie. Denn auch sie war eine Kämpferin. Aufgeben würde sie in keiner Situation.
 

Einen Moment später führte der Blonde ein weiteres Tier aus seiner Box. Die gescheckte Stute schien ein ruhiges Gemüt zu haben und stupste Hinata verspielt an, als Naruto ihr die Zügel in die Hand drückte. Als er zufällig ihre Hand berührte, zuckte sie fast unmerklich zusammen und ein rosafarbener Ton zierte ihre Wangen. Tenten beobachte dieses Schauspiel, ein Lächeln auf den Lippen. Hinata war so leicht zu durchschauen und Naruto merkte rein gar nichts.
 

Sie war so ganz anders als Neji. Nie wusste man, was er dachte; der Schwarzhaarige zeigte keine Miene. Er war undurchschaubar. Nur einmal hatte sie ihn die Beherrschung verlieren sehen. Damals, als er gegen Kakashi gekämpft hatte. So viel war sicher. Er ließ sich nicht als schwach bezeichnen. Nein. Schon wieder hatte sie an ihn gedacht. Gerade war er ihren Gedanken gewichen, da nahm er schon wieder seinen Platz in ihnen ein. Was machte er mit ihr?
 

„Tenten!“ Sie schrak aus ihren Gedanken. „Was ist denn?“, fragte sie gehetzt. „Nichts Besonderes, aber ich versuche dich jetzt schon seit geschlagenen zehn Minuten davon zu überzeugen, dass du den Strick loslassen musst, damit ich dein Pferd satteln kann.“ „Tut mir leid, ich war in Gedanken, ich hab nicht aufgepasst.“ „Wahrscheinlich, aber jetzt kannst du wirklich loslassen“, sagte der Blonde mit Blick auf ihre Hand, die den Strick immer noch fest umklammert hielt. „Oh ja, natürlich“, meinte sie verpeilt. Naruto sah sie mit einer Mischung aus Unglauben und einem wissenden Ausdruck an. Schließlich erbarmte er sich und nahm ihr das Pferd ab, band es fest und begann es zu satteln.
 

„Sag mal, seit wann kann Neji eigentlich so gut tanzen?“, fragte er mit fiesem Unterton. Geschockt riss Tenten die Augen auf und auch Hinata schaute Naruto ungläubig an. „Ich habe meinen Cousin noch nie tanzen gesehen“, meinte Hinata. „Dann hast du neulich nicht aufgepasst, er ist Profi, nicht wahr, Tenten?“, grinste der Blonde. Die Prinzessin starrte Naruto nur an und brachte kein Wort heraus. „Wie meinst du das?“ Hinata war ausnahmsweise einmal nicht stumm bei seinem Anblick geworden, sondern blickte fragend in die azurblauen Augen. „Oh sie haben eng umschlungen getanzt, will ich meinen, das hätte ich Neji gar nicht zugetraut. Du tanzt natürlich auch sehr gut“, sagte er, worauf sich abermals ein leicht roter Schimmer auf ihren Wangen bildete. Tenten hatte indes immer noch nicht aufgehört Naruto anzustarren. Bereits die ganze Zeit hatte sie darüber gegrübelt, doch die Tatsache, dass der Blonde das so offen aussprach, war ihr schlichtweg peinlich.
 

„Hinata, wir wollten doch los“, fing sie sich wieder. „Oh ja, natürlich. Wartet, einen Moment.“ Die Schwarzhaarige ging zügig auf ihr Pferd zu und führte es am Halfter aus dem Stall, wo Tenten schon wartete. „Tschüss“, meinte der überrumpelte Naruto. „Soll ich Neji noch was ausrichten, Tenten?“, zog er sie auf. Diese überhörte ihn gekonnt, schloss die Stalltür und packte das Leder ein wenig fester.
 

„Können wir los?“, fragte sie. „Ja.“ Hinata hatte zwar noch ein paar kleine Schwierigkeiten beim Aufsteigen, aber langsam kam die Erinnerung zurück. Auch wenn die schon mehrere Jahre zurücklag. Ihr Cousin und sie hatten damals, als sie klein waren, reiten gelernt. Sie konnte sich noch gut an die ersten katastrophalen Versuche erinnern. Tenten saß auf, lenkte ihren Hengst an Hinatas Seite und ließ ihn anschließend lostraben. Hinata folgte ihr. Gemächlich ritten sie durch die Stadt, wobei sie darauf achteten keine Passanten zu behindern.
 

Schließlich erreichten sie den Park. Man konnte sich leicht vorstellen, wie groß er war, wenn man die Ausmaße der Stadt bedachte. Konoha - Gakure war bestimmt nicht umsonst die Hauptstadt.
 

„Bist du lange nicht mehr geritten, Hinata?“, fragte Tenten. „Na, ja, zuletzt mit zwölf Jahren“, gab die mittlerweile siebzehnjährige zu. „Das ist nicht schlimm, das verlernt man ja eigentlich nicht“, meinte Tenten.
 

Die beiden ritten den Weg entlang. Die Hufe der Pferde fegten im leichten Trab zwischen den sonnendurchfluteten Bäumen hindurch. Die Bäume flogen an ihnen vorbei als sie durch den Park ritten. Die Pferde wirbelten Staub auf und erhöhten auf Anweisung ihrer beiden Reiterinnen das Tempo. Es war ein schönes Gefühl, wie Tenten fand. Einfach mit den Bewegungen des Tieres zu gehen, den Wind in den Haaren zu spüren und mit der Geschwindigkeit mitzugehen. Abermals fragte sich Tenten, ob das Freiheit war. Und sie wusste: Wieder würde sie keine Antwort bekommen. Vielleicht wusste man es erst, wenn die Freiheit längst da war und sich keine Gedanken mehr machte. Oder erfuhr sie es erst durch einen anderen Menschen, der in ihr das Gefühl weckte nicht allein zu sein, aber unabhängig von anderen über ihr Leben zu entscheiden. Sie wusste nicht, ob dieses Gefühl, das Neji in ihr geweckt hatte, etwas mit Freiheit zu tun hatte. Oder mit Glück. Immer war sie stolz auf ihre schnelle Auffassungsgabe gewesen, sowie die Tatsache, das sie die Dinge durchschaute. Doch Neji war bei weitem viel undurchschaubarer als sie. Kein Wunder, dass sie als einzige der Empfindungen, die Neji betrafen, benennen konnte. Fest stand für sie, egal was es war, es sich wie etwas Besonderes anfühlte. Denn unwohl hatte sie sich nicht gefühlt.
 

„Lasst uns eine Pause machen, Tenten“, rief Hinata ihrer Gefährtin zu. Unbemerkt war die Zeit wieder mal schneller verstrichen, als gedacht. Tenten schaute auf und sah die Anstrengung, die der Schwarzhaarigen buchstäblich ins Gesicht geschrieben stand. War wohl doch etwas zu viel gewesen. Innerlich schalt Tenten sich dafür, nicht auf Hinata geachtet zu haben. Schließlich hatte sie ihr befohlen sie zu begleiten. Vielleicht hatte sie dabei aber auch nur an sich selbst gedacht. Irgendwie wollte sie im Moment nicht allein sein und Hinata erschien ihr vertrauenerweckend und beruhigend. Etwas, das sie jetzt wirklich brauchte, im Gegensatz zu Narutos Neckereien.
 

Tenten zügelte ihr Pferd und brachte es in einer eleganten Kurve zum Stehen. Hinata erreichte die Stelle unmittelbar nach ihr. Geschickt stieg Tenten ab und Hinata tat es ihr gleich. „Entschuldige ich habe dich vorhin nicht genau verstanden“, sagte Tenten. „Ist ja nicht so schlimm, ich glaub es ist doch schon etwas zu lange her, dass ich geritten bin“, seufzte Hinata. „Wollen wir kurz was essen und trinken? Ich hab was mitgenommen“, bot die Prinzessin an. „Gern, ich bin total erschöpft.“ Müde ließ sie sich auf der karierten Decke nieder, die Tenten zuvor ausgebreitet hatte. In ihrem Zaumzeug hatte Tenten allerlei untergebracht. Ein Beutel mit Essen war am Sattel festgeknotet, sowie ein Weinschlauch; die Decke hatte sie möglichst klein zusammengefaltet und ebenfalls an ihrem Sattel festgesurrt. Tenten packte den Hengst am Halfter und band ihn am nächsten Baum fest, wo auch die gescheckte Stute schon graste.
 

Die junge Frau holte das Essen und den Weinschlauch, dann ließ sie sich neben Hinata zu Boden gleiten. Tenten streckte sich. Die Anstrengung tat gut. Das sollte sie wirklich öfter machen. Außerdem mochte sie Hinatas Gesellschaft. Tenten war nicht wie andere Adelige - sie rebellierte, hinterfragte alles. Die Lehrer der Etikette hatten es nie leicht mit ihr gehabt.
 

„Ich will ja nicht unhöflich sein, aber Ihr seid schon die ganze Zeit in Gedanken versunken“, unterbrach Hinata ihre Gedanken, „Irgendetwas beschäftigt Euch.“ Tenten reagierte erst nicht. „Ich hab dir doch gesagt, du sollst mich nicht siezen“, sagte sie nach einer Weile. „Tut mir leid“, murmelte Hinata. „Es fällt mir schwer“, fügte sie nach einem kurzen Moment des Schweigens hinzu. „Immer waren andere mehr wert als ich, ich habe nie gelernt mich jemandem ebenbürtig oder gleichwertig zu fühlen.“ Tentens Augen weiteten sich. Diese Worte kamen ihr unheimlich bekannt vor.
 

„Um zu zeigen, dass ich weniger wert bin als solche Menschen wie du.“
 

„Das ist vorbei.“ Hinata sah auf. Ein sicherer Ausdruck war auf Tentens Gesicht getreten. Ihre Augen funkelten vor Entschlossenheit. „Ich werde dafür sorgen, dass die Menschen in diesem Reich alle gleich sind. Irgendwann ... , wenn ich Fürstin bin.“ Ehrfurchtsvoll sah Hinata die Prinzessin an. Sie meinte, dass wirklich ernst. „Ich will nicht, dass du weniger wert bist als ich, du bist meine Freundin. Unser Stand spielt keine Rolle.“ Tenten merkte, wie ihre Kraft zurückkehrte. Sie wusste es jetzt: Das war Freiheit, gleich zu sein und frei in seinen Entscheidungen. Für dieses Gefühl würde sie kämpfen. „Danke“, sagte Hinata tief bewegt.
 

„Hier“, sagte Tenten und gab Hinata das mitgebrachte Gebäck. Dankend nahm Hinata an. Die leicht bläulich schimmernden Haare wehten ihr sanft über die Schulter. Die beiden Mädchen begannen zu essen.
 

„Sag mal, Tenten“, begann Hinata, „was hat Naruto eigentlich vorhin gemeint?“ Leicht verlegen blickte sie Tenten in die Augen. Nie zuvor hatte sie sich träumen lassen gleichwertig mit einer Prinzessin zu sein. Auf der Stelle lief Tenten leicht rot an und blickte verlegen zur Seite. „Was meinst du?“, fragte sie ausweichend. „N...Naruto-kun hat doch gesagt, Neji hätte mit dir getanzt.“ Erstaunt, dass Tenten noch verlegener wurde, fügte sie vorsichtig hinzu: „Ich habe ihn noch nie tanzen gesehen.“ „Es war viel mehr als das“, sagte Tenten langsam. Und dann verlor sie die Kontrolle über sich. „Hinata, ich weiß nicht was mit mir los ist. Immer schleicht er sich in meine Gedanken. Ich weiß nicht, was ich tun soll.“ Verzweifelt rang sie nach Atem. Bestürzt hatte Hinata ihr einen Arm um die Schultern gelegt. Sie offenbarte ihr ihre Gefühle. „Hinata, Neji... er ist... , ach, ich weiß nicht“, gab sie auf. „Das ist so neu für mich. Was passiert mit mir? Sag es mir!“ Die meisten Zusammenhänge verstand Hinata nicht, doch das Wesentliche hatte sie heraus gehört.
 

„Liebst du ihn?“
 


 

~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~
 


 

„Schneller!“, brüllte Kakashi über den Platz. Der Lehrer scheuchte seinen Schüler jetzt schon seit einer Stunde durch sein Ausdauertraining. Neji hangelte sich an einem straff gespannten Seil über dem Boden entlang. Der Schweiß rann ihm von der Stirn und seine Arme zitterten ein wenig. Die Kraftanstrengung war doch jedes mal wieder enorm. Kakashi war erbarmungslos. Abermals erhöhte er das Tempo. Immer schneller hangelte er sich an das Ende heran. In einem bestimmten Rhythmus griffen seine Hände nach dem Seil. Kurz blickte er gen Boden. Knappe zehn Meter befand er sich in der Luft. Wäre also nicht ratsam zu fallen.
 

Atemlos kam er am anderen Ende an. Schnell kletterte auf den Baum, an dem das Seil befestigt war. Vorsichtig stieg er die Leiter herunter, die an ebendiesem Baum lehnte. Dass Kakashi es mit diesem Ausdauertraining aber auch jedes Mal so übertreiben musste. Angeblich fehlte seinen Schlägen immer noch die Kraft und er sollte seine Oberarmmuskeln trainieren. Immerhin, das Bogenschießen hatte er schon hinter sich.
 

„Bist du fertig?“, wollte sein Lehrer wissen. „Ja, Sensei“, erwiderte Neji. Als er unten ankam, drückte dieser ihm gleich ein Holzschwert in die Hand. „Jetzt werde ich dir die Feinheiten des Schwertkampfes beibringen“, sagte Kakashi auf Nejis fragenden Blick.
 

„Wenn ein Samurai sein Schwert zieht, dann ist er gezwungen es auch zu benutzen“, sagte Kakashi, „ansonsten verliert er sofort all seine Ehre. Wenn ein Samurai seine Ehre verliert, muss er auf der Stelle Harakiri begehen. Entscheide also gut, wann du einen Kampf beginnst.“ Das hatte er nicht gewusst. Er war also gezwungen zu töten, wenn er sein Schwert zog, oder seinen Gegner zu verletzen. Ansonsten müsste er sich selbst umbringen.
 

„Jetzt“, begann Kakashi, „zeige mir, was du gelernt hast.“ Von einer auf die andere Sekunde ließ Neji sich in den Meditationszustand fallen. Nichts anderes als seinen Gegner nahm er wahr. Kakashi atmete leise und bedächtig. Mittlerweile hatte er diese Technik perfektioniert. Dann stürzte er sich auf seinen Lehrer. Doch genau wie er, hatte dieser eine unheimliche Schnelligkeit. Geschickt wich er zur Seite aus.
 

„Komm schon, Neji, das war doch noch nicht alles“, spottete Kakashi. Wieder griff Neji an. Ihr täglicher Schwertkampf dauerte noch bis zum Nachmittag. Danach gönnte der Grauhaarige Neji endlich eine Pause, die auch bitter nötig war. Anhand der Begründung, dass niemand ihm in einem echten Kampf Gnade erweisen würde, kämpfte Kakashi stets mit voller Kraft. Für Spielereien hatte er keine Zeit, wie er immer wieder betonte.
 

Erschöpft ließ sich der Schwarzhaarige auf dem Boden nieder und trank einen großen Schluck Wasser, das Kakashi ihm angeboten hatte. Die Flüssigkeit rann seine Kehle hinunter und sorgte für Erfrischung. Neji streckte seine geschundenen Glieder, hielt sich aber mühsam aufrecht. Sein Lehrer schätzte es gar nicht, wenn man in irgendeiner Weise Schwäche zeigte.
 

„Wir sind noch nicht fertig, ausruhen kannst du dich noch nicht.“ Ein müdes „Ja, Sensei“, entwich seinem Mund. „Ich bringe dir jetzt die speziellen Schwerttechniken bei. Du hast jetzt ein Level erreicht, dass fortgeschrittene Samurai besitzen. Aber um wirklich perfekt zu werden, musst du auch diese Techniken beherrschen. Ich zeige sie dir.“
 

Gespannt sah Neji seinen Sensei an. „Bewirf mich mit Steinen“, befahl sein Lehrer. Langsam zog er sein Schwert. Bisher hatte er es immer getragen, jedoch nie benutzt. Beim Training hatte er stets mit dem Holzschwert gekämpft. Das Metall glitt blitzschnell aus der Scheide. Die Klinge war sehr schmal, aber trotzdem wahnsinnig schnell und ebenso tödlich. Ruckartig stand der Schwarzhaarige auf, sammelte ein paar Steine auf und stellte sich in Position.
 

Abwartend musterte er seinen Lehrer, dann, ohne Vorwarnung, warf er die Steine blitzschnell nach einander auf Kakashi zu. Und dann traute er seinen Augen nicht. Sein Meister hatte die Augen geschlossen. Doch plötzlich riss er sie auf und vollführte eine zackige Bewegung mit seinem Schwert. Gespalten fielen die Hälften der Steine zu Boden. In den größten hatte er sein Schwert gerammt. In einem Augenaufschlag, hatte er alle Geschosse unschädlich gemacht. Er selbst war vollkommen unberührt.
 

„Das, Neji, war die Technik, die sich ‚Tanz des Mondes' nennt. Dieser Angriff hat die Meditation als Voraussetzung. Mit den ersten blitzschnellen Angriffen wehrst du gegnerische Waffen oder Geschosse ab. Meist reichen diese Schläge schon um einen Gegner zu töten. Nicht viele sind in der Lage, diese abzuwehren. Wenn du merkst, dass solch ein Gegner dir nichts entgegen zu setzen hat, dann töte ihn gleich. Ein gezielter Streich gegen die Kehle und es ist vorbei, sonst vergeudest du deine Kraft. Bei einem Kampf kommt es nicht so drauf an, ob du die Technik richtig ausführst, oder ob sie besonders schön aussieht. Es geht einzig allein ums Überleben. Solltest du aber auf einen Gegner treffen, der alle diese Angriffe abwehren kann, setzt du den letzten tödlichen Schlag. Die Kunst ist, es langsam, fast gemächlich zu tun. Dein Gegner wird damit rechnen, dass du ihn zuvor ablenken wolltest und genau deswegen wird er dir auf den Leim gehen. Er wird denken, dass du den letzten Angriff ebenfalls zur Ablenkung benutzt, doch in Wirklichkeit kommt dieser völlig direkt und gleichzeitig überraschend. Hast du das Herz getroffen, ist es aus.“
 

„Wie kann ich es lernen, Sensei?“, wollte Neji wissen. Kakashi sah Neji prüfend an: „Genauso wie du die Meditation gelernt hast, mit viel Übung und mit dem gewissen Feingefühl, das du instinktiv beim Bogenschießen eingesetzt hast.“
 

„Fangen wir an“, forderte Neji. Lächelnd über diesen Enthusiasmus, fügte Kakashi noch hinzu: „Der letzte hat über einen Monat dafür gebraucht.“ Schockierter Blick seitens Neji. „Ich sagte ja, es ist etwas für Fortgeschrittene.“
 

„Wie werde ich trainieren?“, fragte der Schüler. „Du wirst die gleiche Übung machen, die ich dir vorgeführt habe. Erst wenn du sie beherrscht, werden wir weitermachen.“

Kakashi gab Neji ein älteres Schwert, das zwar einige Kratzer hatte, dessen Klinge aber immer noch scharf war. Merkwürdigerweise sehnte sich Neji sofort, nachdem er es in der Hand hatte, nach Ryujin zurück. Er hatte gespürt, dass dieses Schwert das richtige für ihn gewesen wäre.
 

Beide stellten sich in Position. Noch schneller, als Neji zuvor, schleuderte er die Steine auf seinen Schüler zu. Dieser ließ sich instinktiv in den Zustand vollkommenen Gleichgewichts fallen. Er konzentrierte sich, hörte das Sausen der Steine durch die Luft. Blitzschnell wehrte er die ersten ab. Seitlich seiner Klinge wurden sie abgelenkt. Obwohl Neji wirklich versuchte alle zu treffen, entwischten ihm doch ein paar, die ihm auch sogleich blaue Flecke verpassten, als sie gegen seinen Körper prallten. Missbilligend nahm Kakashi einige weitere von der Erde auf. „Du hast es wieder mal nicht begriffen. Gut, du kannst sie ablenken, aber du sollst sie spalten und den gefährlichsten zum Schluss unschädlich machen, ansonsten endet das so“, er deutete auf Nejis Blessuren. Frustriert rieb sich der Schwarzhaarige die schmerzenden Stellen.

„Noch mal“, knirschte er mit zusammengebissenen Zähnen.
 

Wieder standen sie sich gegenüber. Und wieder konnte Neji die Technik nicht meistern. Nach fünf weiteren Versuchen, war er selbst richtig verdrießlich geworden. Es wollte ihm einfach nicht gelingen und Kakashi sah auch nicht danach aus, als dass er gedacht hätte, sein Schüler könnte einen dieser hellen Momente haben, die merkwürdigerweise immer nach einem Treffen mit der Prinzessin eingetreten waren. Überhaupt hatte er sich nach dem Kampf mit ihr unglaublich verbessert. Kakashi war schlicht sprachlos gewesen, als er ihn so dermaßen in Bedroullie gebracht hatte, wie nie zuvor.
 

„Hören wir auf, so hat das keinen Sinn.“ Wütend starrte Neji seinen Lehrer an. „Ich will aber weitermachen, bis jetzt hab ich das doch auch alles hingekriegt.“ „Für heute wirst du nicht mehr weitermachen. In deiner jetzigen Verfassung ist es unmöglich, dass du jetzt die Kunst erlernst. Wahrscheinlich hat das Fest dir zu viel Erholung beschert.“ „Was meinst du damit?“

„Neji, glaubst du wirklich es fällt niemandem auf, wenn du mit der Prinzessin höchstpersönlich tanzt? Ich kenne eine ganze Hand voll Leute, die dich dafür am liebsten töten würden. Von Anfang an warst du bei den meisten unerwünscht.“ „Es war doch nur ein Tanz“, erwiderte er heftig. „Ach ja? Hör zu, ich sehe, wenn jemand verzweifelt ist, oder gebrochen und ich erkenne, wenn zwei Menschen eins sind. Das was zwischen euch war viel mehr als diese Meditation, die du gelernt hast.“ „Was soll das heißen?“, antwortete Neji gefährlich leise. „Hör zu, ich will dir nichts Böses, es ist zu deinem Besten. Du fühlst mehr für sie, als du dir eingestehen willst. Doch selbst wenn, ihr werdet niemals zusammen sein. Du kannst jede andere Frau haben, nur nicht sie. Es ist verboten sie anzusehen, es ist Sünde ihr auch nur das kleinste bisschen Begehren entgegen zu bringen. Solltest du es tun, dann ist dein Schicksal besiegelt. Vergiss sie, es wird keine Zukunft für euch geben.“ Mit einem gequälten Gesichtsausdruck sah Kakashi ihm in die weißen Augen. Neji Augenbraue zuckte gefährlich. Normalerweise ein Zeichen schnellstmöglich das Weite zu suchen.
 

„Was ist, wenn ich nicht vergessen will.“
 


 

~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~
 


 

Tenten fand keine Antwort auf Hinatas Frage. Nicht, als sie sich in ihre Empfindungen hatte absinken lassen, anstatt sie zu verdrängen und auch nicht, als sie jetzt ruhelos im Bett lag. Seit einer geschlagenen Stunde wälzte sie sich hin und her – und fand doch keinen Schlaf.
 

Immer wieder tauchte sein Gesicht vor ihrem geistigen Auge auf. Sie dachte, sie würde seinen warmen Atem auf ihrer Haut spüren, doch es war nur ihre eigene Körperwärme. Schmerzlich erinnerte sie sich daran, wie er sie im Arm gehalten hatte. So vollkommen sicher, als ob er sie für immer beschützen wollte. Es hatte so unendlich gut getan. Nie hatte sie gedacht sich jemals so nach einem Menschen zu sehnen. Stimmte es? Liebte sie ihn? War aus ihrer Freundschaft weitaus mehr geworden, als sie je für möglich gehalten hatte? Sie wusste es nicht.
 

Die junge Frau fühlte sich schlecht, ohne zu wissen warum das so war. Sie konnte ihre eigenen Gefühle nicht erkennen. War es das, weswegen sie immer noch Angst hatte? Angst vor einem Eingeständnis ihrerseits, das alles verändern würde? Ja, sie fürchtete sich. Doch so konnte es trotz allem nicht weitergehen. Sie musste wissen was mit ihr los war. Vor allem musste sie sich endlich sicher werden.
 

Wieder sah sie die weißen Augen in ihrer Vorstellung. Verzweifelt drehte sie sich auf die andere Seite, doch das Bild verschwand nicht.
 


 

„Schenke mir den letzten Tanz.“
 

Sie hörte seine Worte, als würde er neben ihr stehen und nicht aus ihrer Erinnerung zu ihr sprechen. Ein Satz. Eine Aufforderung. Nur das hatte sie so glücklich gemacht. Sie wusste jetzt, dass sie sich die letzte Zeit nur wegen ihm so wohl gefühlt hatte. Ja verdammt! Auf jedes ihrer Treffen hatte sie sich gefreut. Sogar entgegengefiebert hatte sie dem. Es war ihr egal, ob er fast immer kalt wirkte, oder unnahbar. Er faszinierte sie. Nie würde sie ihn vergessen können. Sie wollte bei ihm sein, mit ihm reden, ihn ein einziges Mal lächeln sehen. Glücklich sehen. Alles was sie tun konnte, war an ihn zu glauben. Und das tat sie, egal, wie oft er eine Niederlage erleiden würde; sie würde an seiner Seite sein und dennoch an ihn glauben. Ja, sie glaubte an ihn. Daran, dass er einmal ein großer Samurai werden würde, wie er es ihr geschworen hatte. Einmal würde seine Zeit kommen.
 

Sie vertraute Neji mehr als jedem anderen. Mehr noch als sich selbst. Als er sie herausgefordert hatte, zeigte er ihr, dass er sie nicht für schwach hielt wie sie jetzt begriff. Er respektierte sie. Nie hätte er sie verletzt. Im Gegenteil, er hatte sie vor dem dunklen Loch gerettet, in das sie wieder mal zu stürzen drohte.
 

Das Mondlicht schien silbern auf ihr Gesicht. Die seidigen Haare lagen wirr um ihren Kopf herum. Ihre dunklen Augen fixierten den Mond und doch sah sie nicht hin. Sie sah nur, wie Neji leicht verlegen darum bat mit ihr zu tanzen. Die langen Haare waren im leicht ins Gesicht gefallen, wie hätte sie ihn in diesem Moment abweisen können? Nicht, dass sie das je gewollt hätte.
 

Neji war so anders als sie und gerade deshalb zog er sie an. In ihrer Vorstellung durchlebte sie alle Situationen und Momente, die sie zusammen verbracht hatten. Sie brauchte ihn. Sie brauchte ihn zum Atmen, zum Leben. Bei ihm konnte sie sein, wie sie war. Sie musste sich nicht verstellen.
 

Er war ihr Gegenstück. Er machte sie ganz. Neji war ihr Yang geworden. Und dann hatte sie Gewissheit. Das Eingeständnis war nicht mehr vermeidbar. Kein Weg führte jetzt noch daran vorbei. Die Erkenntnis traf sie wie ein Schlag. Ihre Gedanken wurden aufgewühlt und dann kehrte die Ordnung zurück. Lange hatte sie nachgedacht, viel zu lange um das Offensichtliche zu sehen. War sie denn blind gewesen? Es gab keine Ausrede mehr. Sie musste der Wahrheit ins Gesicht sehen. Wieder schlich sich sein Blick in ihren Geist. In diesem Augenblick wurde es ihr klar:
 

Sie hatte sich in diese weißen Augen verliebt.
 

~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~
 


 

Das war Kapitel 8! Nach längerer Zeit endlich mal wieder etwas Neues von mir. Ich weiß ich hab euch warten lassen, obwohl ich eigentlich schon bei Kapitel 11 bin. Tut mir echt leid, Leute...v.v Dafür hab ich euch allen aber auch eine erfreuliche Mitteilung zu machen.
 

Ich habe mich entschlossen aus 'Samurai' eine Trilogie zu machen, also drei Teile. Der zweite wird 'Daimyō' heißen und der dritte 'Shōgun'. Der zweite Teil befindet sich bereits in Planung, für den dritten habe ich nur grobe Ideen. Ihr werdet also noch laaaaaaaaaaaaaange was von mir haben^^. Vielleicht wird es die erst NejixTenten - Trilogie. Vorausgesetzt Wolfsorceress, die ebenfalls einen Dreiteiler schreibt, ist nicht eher fertig als ich. Aber wenn, wäre es ja auch nicht schlimm. Ich denke diese Nachricht entschädigt die lange Warterei. Diesbezüglich bin ich für Vorschläge, Wünsche oder der Rollenverteilung bestimmter Charaktere immer offen.
 

Nun noch mal zum letzten Kapitel. Ich habe mich riesig gefreut, dass dieses mal so viele 'Neue' dabei waren, die es zuvor auf ihrer Favo-liste hatten. Danke an dieser Stelle. Persönlicher Kommentarrekord^^. Und dann waren die alle auch noch so lang ^^ Brechen wir den noch mal???

Diesmal auch keine Ermahnung. Ich hoffe das bleibt auch so*diejenigen schief von der Seite anguck*
 

Nun zum Kapitel. Erst mal danke an Arethelya, die es mir wieder mal gebetat hat. Der Titel lässt sich mit 'Erkenntnis' übersetzen. Gemeint ist Tentens Eingeständnis, dass sie sich in Neji verliebt hat. Erst jetzt ist es offiziell. Davor war sie sich absolut nicht sicher. Wie Neji dazu steht, wird noch nicht verraten. Wir sehen uns im actionreichen Kaptil 9, hoffe ich^^. Bitte viele Kommis^^
 

hel

eure

moonlight_005
 


 

P.S.: Ja es gibt noch etwas Spezielles. Für alle NejixTenten Autoren da draußen. Wolfsorceress und ich haben den ersten NejixTenten - Schreiberzirkel gegründet. Wer Autor dieses Pairings ist, mindestens einen OS oder eine ff geschrieben hat, kann sich ja bewerben. Diesbezüglich werden wir auch eine Wichtelaktion starten, bei der ihr diesmal einen OS von mir genießen dürft. Ich sage allen auf der ens liste bescheid.

~ Kapitel 9: Sword ~

~ Kapitel 9: Sword ~
 


 

Den ganzen restlichen Tag hatte sich Neji Gedanken über Kakashis Worte gemacht. Mit dem Ergebnis, dass er eben keins gefunden hatte. Letztendlich war er zu dem Schluss gelangt so zu tun, als wäre nichts passiert. Wie immer eben. Mochte Naruto ihn noch so sehr damit aufziehen. Lees wissendes Grinsen wusste er zu ignorieren. Dennoch, er schwor sich den verrückten Schwarzhaarigen einmal richtig leiden zu lassen. Wie stand er denn da, wenn er es nur durch Lees und Narutos Hilfe fertig brachte mit einer Frau zu tanzen?
 

Auf Kakashi war er momentan noch weniger gut zu sprechen. Nach seiner Predigt bezüglich Tenten, hatte er sich strikt geweigert das Training auch nur für eine Minute fortzusetzen. Widerwillig hatte er sich auf den Rückweg gemacht. Nur um sich kurz darauf Narutos Sticheleien anzuhören. Ehrlich, was ging den das eigentlich an? Hatte er denn sonst nichts zu tun?
 

Genervt war der Schwarzhaarige an diesem Morgen aufgestanden mit dem Gefühl, dass dieser Tag schlecht enden würde, egal, was er tat. Leicht grummelnd war er im Badezimmer verschwunden. Erst als er splitternackt in dem Bottich mit kalten Wasser saß und sich das eiskalte Nass über seinen Körper laufen ließ, wurde er ein wenig wacher. Innerlich seufzte er. Laut Kakashi hatte ein Samurai zu jedem Moment im Vollbesitz aller seiner Sinne zu sein. Konnte er denn nicht mal einen ruhigen Tag haben? Gut, irgendwie mochte er das Training ja. Er liebte es bis an seine Grenzen zu gehen und abends das Gefühl zu haben wieder über sich selbst hinausgewachsen zu sein. Seine Kraft wurde immer größer, seine Sinne immer schärfer und seine Reaktionszeit bemaß kaum eine Sekunde. Neji spürte, wie er immer stärker wurde. Vielleicht stärker als er es je gedacht hatte.
 

Die Wassertropfen liefen ihm über die Brust. Er zitterte leicht. Auch sein Körper hatte sich verändert. Die Haut war straff geworden, leicht sehnig. Auf seinem Körper zeichneten sich deutlich Muskeln ab, die er dem strengen Training zu verdanken hatte. Alles überflüssige Fett hatte er sich abtrainiert.
 

Vorsichtig nahm er ein Handtuch und trocknete sich ab. Schnell legte er ein neues Hemd an und zog sich eine schwarze Hose über. Wie jeden Tag. Manchmal fragte er sich, wie lange er noch in Kakashis Ausbildung bleiben sollte. Wann konnte er sich endlich Samurai nennen und hätte seinen Traum erfüllt? Obwohl - als erfüllt konnte man ihn ja dann nicht ansehen. Er musste sich erst die Ehre verdienen, um diesen Titel zu recht zu tragen.
 

Erfrischt machte er sich schließlich auf den Weg zum Training. Es war zu seiner Gewohnheit geworden sich vor und nach dem Training zu waschen. Er mochte diese Art von Entspannung. Obwohl weniger Abgehärtete wohl einen Schock bei dieser Eiseskälte bekommen hatten, machte es ihm nicht das Geringste aus.
 

Als er bei Kakashi ankam, war dieser bereits hellwach. Es war schon ein wenig merkwürdig. Noch nie hatte er seinen Meister auch nur ansatzweise erschöpft gesehen, aber das machte wohl sein Wesen aus. Immer bereit zu reagieren, in ständiger Alarmbereitschaft und Perfektion. Das brachte sogar ihn zum Staunen. Und das, obwohl er selbst in gewisser Hinsicht Perfektionist war. Neji war nicht eher mit sich zufrieden, bis er etwas einwandfrei beherrschte.
 

„Da bist du ja“, sagte Kakashi ohne sich umzudrehen. Wieder ein Zeichen dafür, dass Neji abermals nicht unbemerkt geblieben war, obwohl er sich fast lautlos bewegt hatte. Manchmal fragte er sich, ob man seinen Meister überhaupt irgendwie überraschen könnte.

„Machen wir heute mit der neuen Technik weiter?“, fragte er stattdessen. Interessiert musterte Kakashi seinen Schüler. Anscheinend war dieser immer noch sauer, dass er sich geweigert hatte ihm die Technik beizubringen. „Nein“, erwiderte er kalt. Ohne auf Nejis saure Mine zu achten fuhr er fort: „Heute wirst du etwas anderes lernen, was Grundvoraussetzung ist und du zuerst können musst, erst dann werde ich dir die Technik beibringen.“ „Wieso kann ich nicht gleich die Technik lernen?“ Seine Augen verengten sich zu Schlitzen. „Weil ich es sage.“
 

„Wir werden uns heute deiner Konzentration zu wenden“, erklärte Kakashi. „Hier.“ Verblüfft nahm Neji einen Lederball entgegen. Anders als andere, hatte dieser kaum Gewicht. Er wirkte federleicht und beinahe hätte ein leichter Windstoß ihn mitgerissen. „Was soll ich damit?“ „Nun, du wirst ihn balancieren, ohne deine Hände zu benutzen. Du kannst deinen ganzen Körper dazu benutzen ihn nicht fallen zu lassen, aber ...“, Kakashi lächelte heimtückisch, „du wirst dir deine Augen verbinden.“ „Wozu soll das gut sein?“ Neji runzelte die Stirn. „Das wirst du erfahren, wenn die Übung vorbei ist.“
 

Neji wog den Ball in seiner Hand. Er hatte die Schwierigkeit schnell erkannt. Der Lederball war so federleicht, dass er kaum zu balancieren war, ohne, dass ein leichter Windzug ihn mitreißen könnte. Die Hände durfte er ebenfalls nicht verwenden und seine Augen konnte er auch nicht benutzen. Er musste sich wohl auf seinen Tastsinn und seine Konzentration verlassen. Wortlos nahm er die Augenbinde von Kakashi entgegen und knotete sie an seinem Hinterkopf zusammen. Wieder mal fragte er sich, ob sein Lehrer wohl seine eigenen Methoden hatte. Kakashi war eben schon recht seltsam. Er zog das Band noch einmal straff, dann wartete er auf das Kommando.
 

„Fang an!“, befahl sein Lehrer. „Sei dir im Klaren darüber, dass du für jedes Mal, wenn du den Ball fallen lässt, eine Runde mehr auf dem Ausdauerparcours drehen wirst!“ Neji zuckte nicht einmal zusammen. Ganz langsam ließ er den Ball auf seinen Arm gleiten. Das Leder fühlte sich ein wenig rau an. Der Gegenstand erzitterte leicht, als der Wind in diese Richtung drehte. Aber Neji konnte durch eine geschickte Drehung seinen Fall verhindern. Er ließ den Ball über seine Brust gleiten, direkt auf den anderen Arm. Er konzentrierte sich, spürte ihn, hörte seine Bewegungen in der Luft. Doch er selbst war vollkommen blind. „Jetzt wirf ihn hoch“, hörte er Kakashis Stimme. Neji gehorchte. Mit einer blitzschnellen Bewegung schleuderte er den Ball gen Himmel. Das Leder sauste durch die Luft. Neji hörte wie er ganz allmählich an Höhe und Schwung verlor. Als er an der höchsten Stelle war, spannte er seinen Körper an. Gespannt wie ein Bogen wartete er auf den richtigen Moment. Sein Zielobjekt fiel ganz langsam wieder zu Boden. Wie in Zeitlupe segelte er auf ihn zu. Jetzt! Es durchzuckte ihn wie ein Blitzschlag. Sein Verstand war vollkommen abgeschaltet, er reagierte nur noch nach seinen Instinkten. Dann sprang er los, erwischte das Leder auf einem Arm. Er wusste ganz genau, wo sein Trainingsgerät war. Durch eine halbe Drehung in der Luft kam er sanft auf dem Boden auf. Im selben Augenblick spürte er wie Kakashi auf ihn zustürmte. Anders als sonst benutzte er keine Waffen. Mit einem unglaublich harten Schlag traf er sein Handgelenk. Der Ball fiel vergessen auf den Boden.
 

„Zwei Stunden Ausdauertraining“, kam es von seinem Lehrer. „Niemand hat gesagt, dass ich nicht versuchen werde, dich anzugreifen. Hast du aus unserer kleinen Anfangseinheit nichts gelernt?“ Beschämt rieb sich Neji sein Handgelenk. Es war ihm nicht danach, seinen Lehrer mit seinen Blicken zu erdolchen. Alles, was er fühlte war seine eigene Unfähigkeit. „Doch“, flüsterte er. „Dann zeig mir, dass du nicht mehr der kleine Dieb von damals bist, sondern ein Kämpfer, der sich konzentrieren kann!“ Ungläubig starrte Neji seinen Sensei an. Noch nie hatte dieser ihm ein Kompliment gemacht. Er straffte seine Schultern. Aufrecht wandte er sich in die Richtung in der er seinen Sensei vermutete. Noch immer hatte er die Augenbinde um. Ohne etwas zu sehen hob er den Ball vom Boden auf.
 

„Na los, worauf warten wir noch?“, fragte er. Belustigt sah ihn Kakashi an. „Darauf, dass du anfängst.“ Augenblicklich war der Ball in der Luft. Mit neugewonnener Energie ging Neji vollkommen in seiner Aufgabe auf. Seine Kraft schien unermesslich zu werden. Jeden von Kakashis Angriffen wusste er zu blocken. Der Ball wirbelte durch die Luft, ohne das Kakashi ihn auch nur berührte. Trotz seiner Blindheit behielt Neji die Oberhand. Es vergingen zwei Stunden, in denen beide Kontrahenten versuchten den anderen zu übertölpeln. Dann eine Drehung seitens Neji, ein Schlag und Kakashi wich zurück. Das Leder balancierte geschickt auf Nejis Oberarm.
 

„Jetzt bist du bereit, für die mächtigste Technik, die ich dir beibringen kann.“ „Wir fangen mit dem Tanz des Mondes an?“, wollte Neji wissen. „So ist es, nimm die Augenbinde ab.“

Neji folgte der Anweisung. Leicht blinzelte er, als sich seine Augen langsam wieder an das Licht gewöhnten.
 

„Es ist jetzt nicht wie beim letzten Mal“, bemerkte Kakashi. „Du brauchst manchmal so eine Konzentrationsübung, beginnen wir.“ Er gab Neji das Trainingschwert, welches sie schon beim letzten Mal genutzt hatten. Der Schwarzhaarige wog das Gewicht in seiner Hand. Wieder fühlte er den Unterschied zwischen Ryujin und dieser Klinge. Allerdings durfte keiner wissen, dass er schon einmal mit diesem einmaligen Schwert gekämpft hatte.
 

Sofort verfiel Neji in die Meditation. Alles strömte auf ihn ein. Es schien sogar, als ob seine Augen noch schärfer geworden waren. Vielleicht, weil er sie stundenlang nicht gebraucht hatte. Wieder befand er sich im vollkommenen Gleichgewicht. Seine Sinne verstärkten sich noch mehr. Er fühlte mehr Kraft, als er je gedacht hatte. Neji wusste, wie die Technik auszusehen hatte. Aber konnte er etwas beherrschen was nur ein Meister vermochte?

Doch plötzlich spürte er etwas in sich. Die Erkenntnis flackerte vor seinem inneren Auge auf. Diesmal würde er es schaffen. Kakashi sah ihm in die Augen. Völlig ruhig erwiderte er seinen Blick. Eine Gelassenheit in sich, der er sich sonst noch nie bewusst geworden war.
 

Ganz langsam warf sein Meister einen der vielen Steine in die Luft, fing ihn mit der flachen Hand. Kakashis Augen bohrten sich in seine, als ob sie fragen wollten: Bereit?

Neji hob zur Antwort das Schwert und begab sich in Angriffsstellung.
 

Der Angriff kam in unglaublicher Geschwindigkeit. Die Steine sausten auf sein Gesicht zu. Doch kein Muskel zuckte. Vollkommen gelassen, wartete Neji auf den richtigen Moment. Als die Wurfgeschosse einen halben Meter vor seinem Gesicht waren, regte er sich. Mit unfassbar schnellen Reflexen wehrte er jeden einzelnen ab. Nicht einer berührte ihn. Wie ein silberner Pfeil schoss sein Schwert durch die Luft. Neji drehte sich blitzschnell um seine eigene Achse, bewegte sich in übermenschlich schneller Geschwindigkeit. Jemand, der keine Ahnung vom Schwertkampf hatte, hätte bloß einen Schatten gesehen. Seine Haare wirbelten um ihn herum. Die hellen Augen blitzten auf. Schlag um Schlag spaltete er den Stein. Seine Kraft war beängstigend.

Dann schoss der größte Stein auf ihn zu. Neji konzentrierte sich nur noch auf ihn, sammelte seine ganze Kraft in seinem rechten Arm. Mit einem lauten Aufschrei stieß er das Schwert mitten durch den Stein.
 

Keuchend blieb er stehen. Er hatte es geschafft. Nur langsam drang diese Erkenntnis zu ihm durch. Das eben war perfekt. Er beherrschte den Tanz des Mondes, eine der schwersten Schwerttechniken, die existierten.
 

„Jetzt“, sagte Kakashi, “kann ich dir nichts mehr beibringen. Du bist bereit für die Prüfung.“
 

~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~
 


 

Neji war auf dem Weg zurück, als er an dem kleinen See vorbeikam. Am Ufer sah er eine schlanke Gestalt sitzen. Sie schien auf etwas zu warten. Er betrachtete ihre Silhouette. Er erkannte sie, noch bevor sein Verstand es registriert hatte. Tenten.
 

Seit dem Fest hatte er sie nicht mehr gesehen. Es war merkwürdig sie hier anzutreffen, als sei nie etwas gewesen. Ganz langsam näherte er sich ihr von hinten. Er war lautlos geworden. Seine Schritte waren samtweich und machten nicht ein Geräusch.
 

„Tenten?“ Erschrocken fuhr sie herum. Warum hatte sie ihn nicht bemerkt? Urplötzlich schlug ihr Herz schneller. Er trug ein ärmelloses Oberteil, das im Brustbereich von mehreren Stricken zusammengehalten wurde. Ihre Gefühle spielten verrückt, als sie in seine weißen Augen sah. Ihre Kehle fühlte sich mit einem Mal trocken an und gleichzeitig dachte sie, sie hätte einen Kloß im Hals. „Was machst du hier?“, krächzte sie. „Normalerweise bist du doch noch beim Training.“
 

Neji ließ sich neben sie im Gras sinken. „Es ist nicht mehr wie normalweise“, begann er, „ich bin bereit.“ Tenten schaute ihn ungläubig an. „Wofür?“ „Ich bin bereit mich prüfen zu lassen, meine Ausbildung ist beendet, wenn ich bestehe.“ „Wie?“, war Tentens schlauer Kommentar. In so kurzer Zeit hatte noch nie jemand diese Ausbildung durchlaufen. Die meisten trainierten ein Leben lang und waren doch nicht halb so gut, wie Neji es bei ihrem Kampf gewesen war. War es ... möglich es in ein paar Monaten, nicht mal einem Jahr zu schaffen? Wenn das der Fall sein sollte, war Neji ein Genie. Sie selbst trainierte schon ein paar Jahre und trotzdem hatte sie Neji nicht bezwingen können.
 

„Ich beherrsche den Tanz des Mondes, mehr kann Kakashi mir nicht beibringen.“ „Was?!“, hauchte die Prinzessin. Bisher hatte es nur drei Personen vor ihm gegeben, die das vermochten. Es war unmöglich, dass Neji es zu beherrschen schien. Er strich sich die Haare aus der Stirn. Wieder durchzog ein Kribbeln Tentens Körper. Es bereitete sich in ihrem ganzen Körper auf. Sie hatte Schwierigkeiten ihre neu erwachten Gefühle für Neji unter Kontrolle zu halten. Doch er... schien es nicht zu bemerken. „Ich kann sie jetzt, Kakashi macht einen Termin für meine Prüfung“, fuhr er fort.
 

Er schaute direkt in ihre dunkelbraunen Augen, die in der Sonne einen warmen Ton annahmen.
 

„Ich würde mich freuen, wenn du mir zu siehst.“
 

~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~
 

Hinata fädelte einen Faden in ihre Nadel ein. Sie fuhr leicht durch den festen Stoff. Ihre Stiche waren wie immer perfekt. Die Naht verlief in einer geraden Linie. Mit ihren Zähnen zog sich das lose Ende des Fadens noch mal fest. Perfekt.
 

Ob Naruto es wohl mögen würde? Oft genug hatte er sich in letzter Zeit darüber beklagt, dass er nie eine Tasche hatte, in der er kleine Dinge verstauen konnte. Aber würde sie sich trauen ihm dieses Geschenk zu geben?
 

Sie mochte Naruto. Sehr sogar. Aber sie traute sich einfach nicht. Es lag nicht in ihrem Wesen aufdringlich zu sein. Und bei Naruto... Sie hatte Angst vor seiner Reaktion.
 

„Was machst du, da Hinata-chan?“ Zu Tode erschrocken fuhr Hinata herum. Hinter ihr stand Naruto, der sich neugierig über ihre Schulter beugte, um ihre Arbeit zu betrachten.

„Was machst du hier, N...Naruto?“, stotterte sie. „Ich wollte nur mal gucken, wo du bist“, antwortete der Blonde. „Ich hab nämlich heute früher Schluss. Was ist das?“, wollte er dann wissen. Panisch versuchte sie die Tasche zu verstecken, doch Naruto hatte sie bereits gesehen. „E...Ein Geschenk“, verhaspelte sie sich. „Für wen denn?“, fragte er. Hinata fühlte sich in die Enge getrieben. Doch jetzt gab es kein Zurück mehr. Ihre Wangen verfärbten sich dunkelrot und ihr Herz hämmerte in ihrer Brust. Jetzt konnte sie nicht mehr zurück.
 

„F...Für“, begann sie, „für dich, Naruto-kun.“ Sie sah ihn nicht an und erstarrte, als er sie stürmisch umarmte und sich überschwänglich bei ihr bedankte. „Das ist wirklich nett, Hinata-chan, ich freu mich riesig.“ Hinata war viel zu verblüfft, um irgendwas zu erwidern und Naruto machte auch keine Anstalten wieder von ihr abzulassen... Sie schien wie in Trance zu sein.
 

„Ich will ja nicht stören“, kam es plötzlich eisig aus Richtung Tür, „aber ich habe euch etwas mitzuteilen.“ Erschrocken drehten sich Hinata sowie Naruto zu Neji um. Dieser lehnte lässig am Türrahmen, versuchte aber trotzdem Naruto mit seinen Blick zu meucheln. Der Blonde war in dieser Sekunde schon ganze zwanzig Zentimeter geschrumpft. „Hey Neji, was machst du denn schon hier?“, versuchte er die Situation zu retten. „Die Frage ist wohl eher, was du da machst?“, kam es zurück. Erst jetzt realisierte er, dass er Hinata noch immer im Arm hielt. Sofort ließ er sie los. „Was gibt’s denn?“, fragte er verplant.
 

Die Schwarzhaarige hatte bisher niemand mehr beachtet. Zu geschockt war Naruto darüber, dass Neji ihn dabei erwischt hatte, wie Hinata in seinen Armen lag und Neji war einfach nur erstaunt darüber, dass er das trotz sämtlicher Andeutungen gewagt hatte.
 

In Hinata brodelte es. Sie wünschte ihren liebenswerten Cousin gerade in die Wüste. Konnte der denn nicht ein bisschen später auftauchen? Aber nein, er hatte schon immer so ein schlechtes beziehungsweise für ihn gutes Timing gehabt. Um sie begann eine dunkle Aura zu wabern. Da war sie Naruto einmal so nah! Es war verdammt harte Arbeit gewesen, dieses Geschenk für ihn zu machen. Sie hatte ihn lediglich glücklich sehen wollen. Als kleinen Bonus hatte er sie sogar umarmt, was sie noch mehr freute. Aber dann kam ihr netter Cousin mit seinem überdimensionalen Schwesternkomplex daher - und Ende. Ihre sonst so warmen Augen wurden eiskalt und dann begann sie so angsteinflößend ruhig zu sprechen, wie es eigentlich gar nicht ihre Art war: „Könntest du mir mal verraten, was du in meinem Zimmer zu suchen hast, Neji?“ Ihr Cousin und Naruto starrten sie gleichermaßen ungläubig an. Noch nie hatten sie Hinata so sprechen gehört.
 

Doch Neji wäre nicht Neji gewesen, wenn er sich davon einschüchtern ließ. „Die Tür stand offen und außerdem hab ich euch gesucht. Apropos, wo ist eigentlich Lee?“
 

„Hast du mich gerufen?“, ertönte es lautstark von unten. Sogleich kam ein vor Freude strahlender Lee die Treppe hinauf und blickte in Narutos noch immer erstarrtes Gesicht, Hinatas noch immer vor Zorn funkelnde Augen und Nejis unbewegte Miene. „Was habt ihr denn?“, fragte er verblüfft. „Ach nichts“, umging Neji das Thema. Fürs erste wollte er es ruhen lassen.
 

„Da nun alle da sind“, kurzer Seitenblick auf alle Anwesenden, „hab ich euch etwas mitzuteilen. In zwei Tagen werde ich die Prüfung zum Samurai ablegen, es ist meine Chance Hinata und mich zu retten. Der Fürst hat mir lediglich ein Ultimatum gestellt… wenn ich nicht bestehe, wird er mich vermutlich doch hinrichten. Allerdings habe ich vor zu bestehen. Ich bin jetzt soweit, diese Prüfung zu meistern und wenn ich es schaffe, bin ich frei. Kakashi sagt, dass ihr zuschauen dürft.“
 

Der Ernst war auf die Sekunde zurück gekehrt. Hinata schaute Neji besorgt an. Lee hingegen musterte Neji einfach nur verblüfft. „Das ist unmöglich. Niemand kann in so kurzer Zeit, so gut sein.“ „Denk was du willst, jedenfalls werde ich übermorgen diese Prüfung ablegen.“

„Dann“, sagte Naruto ernst, „werden wir da sein und dich anfeuern.“
 


 

~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~
 


 

Die zwei Tage vergingen wie im Flug. Kakashi hatte Neji zwei Tage Erholung zugesprochen. Er sollte ausgeschlafen und in Bestform sein, wenn er die Prüfung antrat. Er hatte sich wieder einmal ein Bad in den heißen Quellen gegönnt. Diesmal ohne Naruto. Ein Segen, wie er feststellte. Endlich Ruhe. Den restlichen Tag hatte er mit Streifgängen durch die Stadt verbracht. Schon merkwürdig, dass er bis jetzt kaum etwas von ihr gesehen hatte.
 

Es war Morgen und der Tag, der über sein weiteres Leben entscheiden würde. Neji stand vor seinem Fenster und beobachtete die Vögel. Ja, er würde frei sein. Es klopfte und eine tapfer lächelnde Hinata betrat das Zimmer. Sie machte sich immer noch Sorgen. „Guten Morgen, Neji.“ „Morgen“, gab er zurück. Irgendwie war er nicht für ein Gespräch aufgelegt. Er wollte sich noch einen kurzen Moment sammeln, bevor er sich dem Unvermeidlichen stellte. „Ich hab noch was für dich“, sagte sie und legte ein Bündel Kleider auf sein Bett. „Du musst doch einen guten Eindruck machen.“ „Danke“, sagte er und versuchte unsicher zu lächeln. Er wollte ihr Mut machen, scheiterte jedoch kläglich, da Hinata den verzerrten Gesichtsausdruck wohl kaum als Lächeln empfinden konnte. Vielleicht war er doch etwas nervös. „Lass mich jetzt bitte noch einen Moment allein, in Ordnung?“ Sie nickte. „Wir warten dann unten auf dich.“

Leise schloss sie wieder die Tür.
 

Neji beugte sich zu dem ordentlich gestapelten Kleiderhaufen herunter. Er hielt ein ärmelloses dunkelblaues Oberteil in der Hand, das vorn mit Seilen zusammengehalten wurde und mit feinen goldenen Drachen bestickt war. Auf der Rückseite prangte das Yin und Yang Symbol.

Die Hose war komplett schwarz, aber außerordentlich leicht und bequem. Er könnte sich also schnell bewegen. Das war gut. Schnell zog er alles an. Dann kämmte er sich die langen Haare und band sie anschließend zu einem langen Zopf zusammen. Sein Verband, den er immer um die Stirn trug, um die Tätowierung zu verbergen, war in Gold gehalten. Noch einmal betrachte er sein Antlitz in Hinatas kleinem Handspiegel, den sie freundlicherweise zu seinen neuen Kleidern gelegt hatte. Aus dem Spiegel blickte ihm ein entschlossener, schwarzhaariger, junger Mann entgegen, der bereit war alles zu geben. In den letzten Monaten hatte sich so viel verändert. Sein Zuhause war niedergebrannt worden, seine Cousine entführt. Er hatte mit einem Waldläufer einen Befreiungsschlag versucht und war gescheitert. Doch dann hatte sein Unglück ihn zu ihr geführt, die ihm geholfen hatte und nun war er so weit sein Versprechen ihr gegenüber einzulösen. Wie hatte sie gesagt? Sein Traum würde sich erfüllen. Und er wusste, er würde dafür sorgen, dass sie recht behielt. Nicht umsonst hatte er sich dieses unbarmherzige Training mit diesem genialen, jedoch auch etwas merkwürdigen Sensei angetan. Er hatte sogar Freunde gefunden. Etwas merkwürdige Freunde zwar, aber irgendwie mochte er sie. Nun hatte er etwas, für das sich das Kämpfen lohnte.
 

Neji warf einen letzten Blick zurück in sein Zimmer und ließ eine Pergamentrolle in seinen Ärmel gleiten. Er stieg die Treppe herab, vielleicht ein letztes Mal. Oder das letzte Mal mit seiner normalen Seite. Eine Seite, die noch nicht alles erreicht hatte. Und das war alles für ihn. Sein Traum. Er erreichte die letzte Stufe, dann ging er durch den Stall. Der Schwarzhaarige stieß die Tür auf. Sonnenlicht durchflutete das kleine Gebäude, das zu seinem Zuhause geworden war.
 

Hinata, Naruto und Lee warteten auf ihn. Sie strahlten ihn an. Wenn auch ziemlich nervös. Naruto klopfte ihm freundschaftlich auf den Rücken und Lee fiel ihm überschwänglich um den Hals. Seine Cousine beließ es bei einer schlichten Umarmung und der Mahnung bloß vorsichtig zu sein.
 

Schließlich machten sie sich auf den Weg. Sie blieben vor dem eindrucksvollen Gebäude stehen, in dem Neji und Hinata vor langer Zeit ihre einzig Chance auf Freiheit erhalten hatten. Neji ging voraus. Die beiden Flügeltüren schwangen beidseitig auf und die aufgehende Sonne bestrahlte seine Silhouette. Diesmal ging er dem aufrecht entgegen.
 

Der Raum war bereits gefüllt und alle verstummten, als sie Neji erblickten. Die Spannung war unbeschreiblich. Am Ende des Saales erhob sich der Fürst. Neben Mao-Chéng hatten seine Tochter und Kakashi Platz genommen. Orochimaru stand hinter ihm. In der Menge sah er auch Kabuto und Dosu, doch er schenkte ihnen nicht mal einen verächtlichen Blick. Er würde ihnen zeigen, zu was ein ehemals kleiner Dieb in der Lage war.
 

„Ihr wisst, worum wir hier sind“, begann Mao-Chéng. „Kakashi hat mir versichert, dass Neji nun bereit ist, seine Prüfung abzulegen. Ich will sehen, wie gut er geworden ist. Doch zuerst“, er nickte Neji zu, „du weißt, was man zeremoniell von dir erwartet.“ „Natürlich“, durchdrang Nejis klangvolle Stimme den Raum. Er schob eine Hand in seinen Ärmel und zog das Pergament hervor. Er räusperte sich. Dann las er mit durchdringender Stimme.
 

Der Lauf der Meere

Ein Delphin

Im Augenblick seines Sturzes
 

Das Haiku klang im Raum nach. Tenten berührte es. Er hatte die Schönheit eines einzigen Momentes eingefangen und sie dann so durchdringend vorgetragen, dass ihr ein wohliger Schauer durch den Körper lief. Wieder hatte er eine neue Facette an sich offenbart, doch es machte ihn nur noch undurchschaubarer.

Es hatte Stille geherrscht nachdem Neji das zeremonielle Haiku vorgetragen hatte. „Wirklich gut“, sagte Mao-Chéng mit fester Stimme. „Kommen wir nun zu deiner richtigen Prüfung. Kakashi sagt, er könne dir nichts mehr beibringen. Die einzige Möglichkeit mir zu beweisen, dass du alles beherrscht, ist“, er machte eine Pause, „dass du deinen eigenen Meister besiegst.“ Kakashi stand auf, ein Schwert in der Hand. „Dies ist kein Training mehr Neji, ich bin bereit dich zu töten.“ Aus den Augenwinkeln sah er wie Hinata scharf Luft holte und Tenten Kakashi einen entsetzten Blick schenkte. Doch er konnte nicht mehr zurück. „Ich nehme an“, sagte er laut und deutlich. „Dann folge mir.“ Der Lehrer blickte seinen Schüler herausfordernd an. „Der Kampf wird in unserer kleinen Arena ausgetragen“, ließ der Fürst verlauten.
 

Wenig später hatten alle Zuschauer Plätze auf den Rängen eingenommen. Hinata, Naruto und Lee blickten auf eine Arena herunter, in dessen Mitte sich Kakashi und Neji gegenüberstanden. Ihnen gegenüber saßen der Fürst und seine Tochter. Neji und Kakashi hielten beide ein Schwert in der Hand. Dann ertönte ein lauter Gong.
 

„Möge die Prüfung beginnen“, donnerte die Stimme Mao-Chéngs durch die Stille. Die Zuschauer hielten den Atem an. Gleichzeitig zogen Lehrer und Schüler ihr Schwert. „Was ist, wenn er nicht besteht?“, flüsterte Hinata ängstlich. „Dann“, antwortete Naruto grimmig, „wird er einen schnellen Tod erleiden.“ „Was?“ Sie klang leicht hysterisch. “Warum habt ihr das nicht früher gesagt?“, beschuldigte sie ihre Mitbewohner. „Es musste früher oder später dazu kommen und so entschlossen hab ich Neji noch nie gesehen. Mach dir keine Sorgen Hinata, er schafft das schon“, beruhigte sie Lee. „Alles was wir tun können, ist an ihn zu glauben“, fügte Naruto hinzu.
 

Schüler und Lehrer standen sich gegenüber. Beide warteten auf ein Signal, dass den anderen verraten würde. Es herrschte Totenstille. Dann blitzschnell war Kakashi vor Neji, holte aus, doch der Schwarzhaarige wich mit einen reflexartigen Hechtsprung nach hinten aus. Kaum am Boden angekommen, stieß er sich kraftvoll ab und machte einen Satz nach vorn. Doch Kakashi war nicht umsonst ein Meister. Mit einer Kraftanstrengung mit der er sonst vielleicht ein lästigen Insekts verscheuchte, wehrte er den Schlag mühelos ab. Die Klingen überkreuzten sich. Beide sahen sich in die Augen, dann stießen sie auseinander. Neji gönnte sich keinen Moment zur Ruhe. Er wusste, wollte er den Silberhaarigen schlagen, musste er noch viel schneller sein. So schnell er konnte, griff er seinen Meister mit einer komplizierten Aneinanderreihung bestimmter Schlagtechniken an. Doch dieser wehrte mühelos ab, sprang zur Seite und blockte so heftig, dass Neji zurückstolperte. Es war klar. Das würde nicht einfach werden. Obwohl er Kakashi in irgendeiner Weise mochte, zeigte der keine Gnade. Genau wie er gesagt hatte, war er bereit zu töten. Für ihn machte es keinen Unterschied, ob er gegen einen Fremden kämpfte oder gegen seinen eigenen Schüler. Kakashi behandelte ihn wie einen Ebenbürtigen. Einerseits machte es ihn stolz, dass so ein großer Kämpfer wie Kakashi sich ihm gleichwertig fand. Andererseits... Nun er war ziemlich gut, wenn nicht brillant. Einigen Schlägen hatte er nur durch seine von seinem Meister antrainierten Reflexe ausweichen können. Welche Ironie. Kakashis Schwert zischte durch die Luft. Verdammt, er war unaufmerksam gewesen! Die Klinge streifte seinen linken Oberarm. Der Schmerz benebelte seine Sinne. Zu langsam. Er konnte hören, wie Hinata ein halblauter Entsetzensschrei über die Lippen kam. Aus dem Schnitt floss sofort Blut. Mit Mühe riss er sich zusammen und brachte ein paar Meter zwischen sich und seinen Sensei. Doch dieser dachte gar nicht daran ihn verschnaufen zu lassen. Sofort rannte er auf Neji zu. Dieser hatte sich von dem letzten Angriff noch nicht erholt und schlagartig wurde ihm klar: Kakashi würde ihn tatsächlich töten und nur er selbst konnte dies noch verhindern. Er musste kämpfen, sonst wäre alles umsonst gewesen. Die vielen Stunden, die er für das Training investiert hatte. Sein Traum würde in einer Rauchwolke verpuffen. Es bedeutete nicht das Geringste, dass er Freunde gefunden hatte. Und sie. So lange war es her, dass sie sich damals getroffen hatten. Und da war etwas Neues, was er immer noch nicht einordnen konnte. Immer hatte er verdrängt, aber im Augenblick seines Todes realisierte er es. Er wollte noch nicht gehen. Alle sahen ihm zu. Hinata, Naruto, Lee und Tenten, sie alle waren bei ihm. Er konnte und wollte nicht aufgeben. Wie in Zeitlupe stürmte sein Lehrer auf ihn zu. Seine Schritte wirbelten Staub auf. Dumpf kam er auf der Erde auf. Das Schwert blitzte im Sonnenlicht.
 

Hinata konnte nicht hinsehen. Sie hielt ihre Hände vor ihr Gesicht. „Tut doch was“, flüsterte sie. Ihre Stimme klang leicht panisch. Naruto und Lee blickten zu dem völlig aufgelösten Mädchen. „Er bringt ihn um!“ Die Verzweiflung schnürte ihr die Kehle zu. Innerlich hatte sie schon mit dem Leben ihres Cousins abgeschlossen. „Beruhig dich, Hinata-chan“, versuchte Naruto sie zu trösten. „Er stirbt nicht, wozu hat er denn sonst so lange trainiert?“ „Aber...“ „Hinata, glaubst du im Ernst, dass Kakashi seinen eigenen Schüler umbringt?“ „Also, ich wäre mir da nicht so sicher“, mischte sich Lee ein. Naruto warf ihm einen Todesblick zu. Augenblicklich verstummte der Schwarzhaarige. Verängstigt blickte Hinata Naruto an, nur um im nächsten Moment auf den Kampf zu schauen. „Kakashi hat noch nie einen Schüler von sich schwer verletzt. Gut, du hast Nejis blaue Flecke gesehen, aber das ist ja auch schon alles. Er mag zwar hart sein, aber er würde nie jemanden einfach so umbringen.“ Sie schaute in die zuversichtlichen azurblauen Augen Narutos. Das Mädchen schluckte, nickte dann aber tapfer.

„Danke, Naruto.“ „Wenn ihr euer Gespräch beendet habt und wieder in der Realität angekommen seid, würdet ihr bemerken, dass die da unten nicht auf euch warten.“ Lee hatte Recht. Während die beiden geredet hatten, war Kakashi auf den bereits angeschlagenen Neji zugestürmt. Beiden stockte augenblicklich der Atem. Neji schien langsam die Puste auszugehen. Mehr schlecht als recht schaute er seinem herannahenden Gegner entgegen.
 

Er versuchte seinen Atem zu regulieren. Der Kampf hatte ihn angestrengt. Dabei war das doch eher ein vorsichtiges Abtasten gewesen. Neji wusste, dass sein Meister noch längst nicht alles gegeben hatte. Blitzschnell kam Kakashi ihm entgegen. Nein. Hier würde er nicht sterben. Die Entschlossenheit kehrte in seine Augen zurück. Zeit ernst zu machen. Ein Lächeln stahl sich auf sein Gesicht. Neji sank in seine Welt der vollkommenen Balance ab. Es fühlte sich beinahe so an, als sei er nicht mehr anwesend, sondern ganz weit weg. Alle seine Sinne verschärften sich. Seine Augen nahmen jede Bewegung wahr, seine Hand fühlte den Griff des Schwertes, das raue Leder, er roch den metallischen Geschmack von Kakashis Waffe, er schmeckte den Wind und seine Ohren hörten jedes Geräusch. Zu allem gab es ein Gegenstück. Yin und Yang. Doch Kakashi hatte das Blitzen seiner Augen registriert. Er war vorbereitet. Das Schwert sauste auf seinen Kopf zu. Blitzschnell wirbelte Neji herum und blockte das Schwert mit der flachen Scheide. Ein Raunen ging durch die Menge. Anscheinend hatte man ihn schon abgeschrieben. Eine gute Show würden die in jedem Fall bekommen. Nur schade, dass das für ihn bittere Realität war. Die beiden Kämpfer starrten sich an, warteten auf ein Zeichen der Schwäche bei ihrem Gegner. Die Schwerter zitterten von dem Kraftaufwand. Beide blickten sich in die Augen. Neji mit grimmiger Entschlossenheit, die seine sonst so kontrollierten Züge zuließen und Kakashi hatte sein übliches Pokerface aufgelegt. Seine Miene war unergründlich. Beide drückten ihre Waffen so stark aneinander, dass diese knirschten. Das metallische Geräusch klang scheußlich. Nicht wenige Zuschauer hielten sich die Ohren zu. Neji verstärkte den Druck und die beiden Kämpfer stießen auseinander. Doch Kakashi hatte plötzlich die Augen geschlossen. Sein Sensei wirkte höchst konzentriert. Es hatte keinen Zweck, das jetzt auszunutzen, solange er seinen Meister kannte, hatte dieser sich noch nie eine Blöße gegeben. Ganz langsam öffnete er die Augen. Seine Lider schienen sich nur kaum merklich zu heben. Dann blickte Neji einen höchst konzentrierten Kakashi an, der, so wurde ihm klar, sich in der gleichen Ebene befand wie er. Verdammt! Eben noch waren sie sich ebenbürtig gewesen und jetzt machte Kakashi auch diesen Vorteil zunichte. Beide beäugten sich noch einmal. Neji wusste, dass es keinen Sinn hatte darauf zu hoffen Kakashi jetzt besiegen zu können. Nur wenn er ihn überraschte, hatte er die Möglichkeit seine eiserne Verteidigung zu durchbrechen. Doch das schien für einen Normalsterblichen unmöglich. Kakashi war bestimmt nicht umsonst ein Meister des Schwertkampfes. Da gab es nur eins: Angreifen, bis er eine Schwäche entdeckte.

Sogleich stürmte er auf Kakashi zu, das Schwert erhoben. Neji griff an. Die Waffe sauste durch die Luft. Schlag um Schlag drängte er seinen Meister zurück. Dieser konnte trotz Meditation nur noch abwehren. Doch trotzdem bekam Neji das Gefühl, dass irgendetwas nicht stimmte. Es war viel zu einfach. Vorhin hatte Kakashi ihm sogar Probleme bereit, als er sich nicht im Meditationszustand befand. Und jetzt wich er zurück? Sein Verdacht bestätigte sich. Mit unglaublicher Geschwindigkeit war Kakashi seitlich neben ihm. Der darauffolgende Schlag, war so stark, dass er ihm beinahe das Schwert aus der Hand riss. Sein Handgelenk pochte von der abgelenkten Kraft, sein Arm fühlte sich taub an. Doch gleichzeitig sah Neji seine Chance. Nie würde sein Gegner damit rechnen, dass er jetzt angriff. Er ließ sich auf den Boden fallen und riss seine Beine in die Höhe. Seine Füße trafen Kakashi in der Magengegend, sodass dieser nach Luft schnappte und keuchend neben Neji zu Boden ging. Fast gleichzeitig rollte sich Neji zur Seite weg. Ein paar Meter entfernt holte er kurz Luft. Jetzt ging es ans Eingemachte. Er musste seinen Meister mit der neuen Technik bezwingen, bevor der sich aufgerappelt hatte. Als er den Silberhaarigen allerdings schon wieder aufrecht stehen sah, stutzte er einen Moment. Sofort nutzte Kakashi seine Blöße aus. Der eine Moment der Unachtsamkeit kostete ihn jetzt die Zeit, die er eigentlich zum Angriff gebraucht hätte.
 

Mao-Chéng sah auf den Kampf hinab. „Das sieht nicht gut aus für den Jungen. Kakashi macht kurzen Prozess mit ihm.“ Seine Tochter blickte zu ihm. „Nein, Vater, du irrst. Glaub mir, er ist noch nicht am Ende. Neji hat noch nicht alles gegeben.“ Erstaunt sah er Tenten an. „Was macht dich so sicher?“ „Sieh dir den Ausgang des Kampfes an, dann weißt du es. Er wird gewinnen.“
 

Keine Sekunde zu spät duckte sich der Schwarzhaarige. Die Waffe surrte über seinen Kopf hinweg und er entkam knapp der Klinge. Er wich zurück, doch sein Meister hatte sich sofort wieder gesammelt. Wieder ging er zum Angriff über, eine Staubwolke hinter sich lassend. Neji rappelte sich auf. Er hatte nur diese eine Chance, wenn er sie vertun würde, hatte er verloren. Er stellte sich in Angriffsstellung. Das Schwert hatte er erhoben, die Klinge wies verhängnisvoll in Richtung Kakashi. Dann stieß er sich ab. Seine Muskeln waren angespannt, jede Faser seines Seins war höchst konzentriert. Er erreichte seinen Gegner und setzte zum Tanz des Mondes an. Die Zuschauer wurden unruhig.
 

„Das ist völlig unmöglich“, flüsterte Lee. Erstaunt sahen Naruto und Hinata ihn an. „Was...was meinst du? Ist etwas mit Neji?“ Lee nickte nur abweisend. Naruto betrachtete nun auch das Geschehen und er begriff. „Meinst du, dass er das tut, was ich vermute, Lee?“

„Ja. Aber das ist unmöglich. Niemand kann diese Technik in so kurzer Zeit beherrschen. Es gab nur insgesamt fünf Leute, die sie gemeistert haben.“ „Ist das jetzt gut?“, mischte sich Hinata ein. Lee grinste: „Wenn er trifft, hat er gewonnen.“
 

Kakashi sah seinem Schüler in die blitzenden Augen. Für ihn fühlte sich alles an wie ein Déjà-vu. Es erinnerte ihn so stark an einen Kampf vor einigen Jahren, dass er beinahe schmunzeln musste. Neji würde nie aufgeben, genau wie der damalige Prüfling. Beide hatten sie diese Entschlossenheit und diesen leicht übertriebenen Stolz. Doch einfach wollte er es ihm nicht machen. Sofort blockte er Nejis ersten Angriff, den dieser seitlich lenkte. Wenn Neji gewinnen wollte, musste er wohl oder übel besser sein als er.
 

Mit seiner ganzen Kraft, führte Neji die seitlichen Schläge der Technik aus. Doch Kakashi blockte jeden. Er beherrschte diese Technik zwar, hatte sie allerdings noch nie wirklich in einem Kampf angewandt. Er musste ihn überraschen, um überhaupt eine Chance zu haben. Sein Arm wurde noch schneller, er bewegte sich in fließenden Bewegungen. Neji gab alles. Traf er jetzt nicht, hatte er seine einzige Möglichkeit auf einen Sieg verspielt. Sein Traum würde niemals in Erfüllung gehen. Alles wäre umsonst gewesen. Für den Augenblick schien seine Welt still zu stehen. Alles verlangsamte sich. Er hob den Kopf. Sein Blick huschte auf der Tribüne entlang. Und dann sah er sie. Tenten war tatsächlich gekommen. Sie schien seinen Blick zu bemerken und errötete. Wieder schien sich sein Innerstes zusammenzuziehen, seine Seele loderte, die Flammen erreichten sein Herz. Niemals würde er sie wieder sehen, wenn er jetzt versagte. Die Wirklichkeit stürzte mit unglaublicher Brutalität auf ihn ein. Das alles hatte nicht einmal zwei Sekunden gedauert. Sein rechter Arm schnellte auf Kakashis Schwert zu, doch er selbst ließ sich zur Seite fallen. Überrascht ließ Kakashi, zum ersten Mal für ihn, seine stählerne Maske fallen. Diesen Moment nutzte er. Mit all seiner Kraft riss er seinem Meister das Schwert aus der Hand.
 

Die Zuschauer holten erschrocken Luft. Die Spannung lag mit großer Schwere in der Arena. Doch Neji zögerte nicht. Blitzschnell riss er Kakashi auf den Boden, drückte ihm seinen Unterarm an die Kehle, platzierte ein Knie auf seinem Oberkörper und hielt ihm seine Klinge ans Herz. „Gebt auf, Meister.“
 

Tenten lächelte ihren Vater an. „Siehst du? Ich wusste, dass er gewinnt.“ „Das geht doch eigentlich gar nicht. Was hat Kakashi mit ihm gemacht?“ „Das wird wahrscheinlich ein Geheimnis bleiben.“ „Er hat den Tanz des Mondes ausgeführt“, murmelte der Herrscher. Immer noch fassungslos. Doch dann ertönte Kakashis Stimme von unten: „Ich gebe auf.“

Ganz langsam regte sich das Publikum. Ein Klatschen durchdrang die Stille. Es wurde immer lauter, dann fielen die anderen ein. Ein Jubeln erklang von der Tribüne. Naruto und Lee waren aufgesprungen, während Hinata sich über das Geländer beugte.
 

Neji löste sich von seiner mentalen Welt. Er blinzelte, erschöpft senkte sich sein Brustkorb. Dann ließ er von Kakashi ab und ließ das Schwert fallen. Rasselnd zog er Luft ein. Kakashi erhob sich und setzte sich auf. „Du hast gewonnen, so hätten mich nur vier Leute überwältigen können. Aber“, fügte er mit einem Grinsen hinzu, „du wirst die zwei Stunden Ausdauertraining trotzdem absolvieren.“
 

Neji stand auf, er klopfte sich den Staub von der Kleidung. Er hatte es geschafft, wurde ihm klar. Er hatte bestanden! Der Gedanke war so unwirklich, dass sein Gesicht einen ungläubigen Ausdruck bekam. Mao-Chéng erhob sich und klatschte leicht. Tenten schaute stolz auf Neji herab. Er hatte es geschafft. Ihre Voraussage war eingetroffen, sein Traum hatte sich erfüllt.
 

„Der Kampf ist beendet. Der Sieger ist Neji. Folgt mir, wir müssen die Zeremonie beenden“, rief er über die Menge hinweg. Nachsichtig lächelnd machte sich der Herrscher auf den Weg.

Die Arena leerte sich. Sein Volk folgte ihm.
 

Neji stand immer noch angewurzelt in der Arena. „Komm schon, Samurai“, sagte Kakashi, „willst du deine eigene Ernennung verpassen?“ Der Schwarzhaarige sah auf und lächelte. „Natürlich nicht.“ Schüler und Lehrer machten sich gemeinsam auf den Weg.
 

~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~
 


 

Der Saal war schon gefüllt, als Neji und Kakashi eintraten. Sofort verstummten die Gespräche. „Geh schon.“ Neji sah noch einmal in das Gesicht seines Meisters, drehte ihm dann den Rücken zu und trat auf den Fürsten zu. Er trat ihm aufrecht entgegen. Niemals mehr würde er sich demütigen lassen. Als Zeichen seines Respekts neigte er jedoch leicht den Kopf.
 

„Neji“, begann der Fürst, „vor langer Zeit hast mir deine Treue geschworen, jetzt hast du die Prüfung bestanden. Du hast mir bewiesen, dass du stark bist. Von jetzt an wirst du in meinen Diensten stehen. Des Weiteren wirst du ein Pferd, eine Rüstung, einen Bogen und ein Schwert erhalten.“ Er deutete seiner Tochter näher zu treten. Tenten hielt in den Händen ein Schwert. Neji erkannte es sofort: Ryujin. „Dies ist eines der drei legendären Schwerter. Ryujin, die Mondsichel. Es gibt allerdings einen Haken. Es ist verflucht. Wir haben es in einem Tempel aufbewahrt, um den Fluch nicht heraufzubeschwören, jeder seiner Träger ist ums Leben gekommen. Nimmst du es trotzdem an?“ Neji berührte die orientrote Scheide und wusste, dass dies sein Schwert war. “Ja, ich nehme es an, ein anderes will ich nicht.“
 

„Nun gut, du hast selbst gewählt.“ Alle Anwesenden starrten den Schwarzhaarigen an. Neji hatte indessen den Griff Ryujins ergriffen und es an seinem Gürtel befestigt. Deswegen hatte Tenten also gebetet, wollte sie, dass der Fluch ihn nicht traf? Aber das war nicht nötig. Er glaubte nicht an diesen Unsinn. Das Schwert selbst hatte ihn gewählt, als er es zum ersten Mal geführt hatte. Wie zur Bestätigung fühlte er ein Pulsieren, das von dem Schwert ausging.
 

Mao-Chéng legte seine Hand auf Nejis Kopf. Die Menschen hielten den Atem an. “Du hast mir alles gezeigt, was ich von dir erwarten konnte. Du kannst Bogenschießen, hast die Schrift gemeistert, hast sogar ein tiefgründiges Haiku gedichtet und bist ein Meister des Schwertkampfes“, er hielt kurz inne. „Durch diesen atemberaubenden Kampf hast du allen bewiesen, dass es kaum jemand mit dir aufnehmen kann. Von nun an darfst du dich als Samurai bezeichnen.“
 

Es war still geworden während dieser Worte, doch dann brach abermals der Jubel aus. Die Menschen waren aufgestanden und applaudierten. Die Zuschauer jubelten ihm zu und riefen seinen Namen. Neji wusste nicht warum, aber anscheinend hatte er sich in die Herzen der Menschen gekämpft. Sie erwarteten seinen Schutz, nachdem sie gesehen hatten, zu was er fähig war.
 

Er sah wie Kakashi leicht lächelte, wie Naruto einen Luftsprung machte und Lee triumphfahl aufschrie. Seine Cousine winkte ihm schüchtern zu. Neji konnte sich ein Grinsen nicht verkneifen, als er Dosus und Kabutos finstere Mienen sah. Sie hatten wohl gehofft, dass er bei der Prüfung ums Leben kommen würde.
 

Langsam hob der Fürst seine Hand. Neji richtete sich auf. Der Herrscher lächelte ihn an. „Von nun an, stehst du in meinen Diensten. Enttäusch mich nicht.“ „Das werde ich nicht“, antwortete Neji. „Das ist gut. Du kannst gehen. Ich werde dich rufen lassen, wenn ich einen Auftrag für dich habe.“
 

Langsam lösten sich die Menschenmassen nur noch Tenten und Neji standen sich gegenüber.

Tenten zögerte, doch dann hielt sie inne. Aus den Augenwinkeln bekam sie mit wie ihr Vater langsam davon ging. Perfekt. „Herzlichen Glückwunsch, Neji“, sagte sie und gab ihm die Hand. Etwas verblüfft schüttelte er ihre. „Danke.“ „Ich wünsche dir viel Glück.“ Dann ließ sie ihn stehen. Neji war verwirrt. So benahm sie sich doch sonst nicht. Doch dann öffnete er seine Hand. Ein kleines Stück Papier kam zum Vorschein. Er faltete es auseinander und sogleich verstand er.
 


 

Dieselbe Zeit, am selben Ort.
 


 

~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~
 

Da bin ich wieder. Im Gepäck ein brandneues (nun ja...) Kapitel zu Samurai. An dieser Stelle entschuldige ich mich für die lange Wartezeit. *Zum Zirkel schiel*

Ich hatte mit einem OS zu tun. Vielleicht war es Schicksal..., der ebenfalls über das Pairing NejixTenten ist. Wie vielleicht bemerkt, hab ich euch allen eine ens geschrieben. So werde ich es auch in Zukunft halten, sollte ich noch einen schreiben, was in der Weihnachszeit der Fall sein wird. Dafür ist dieses Kapitel aber auch ziemlich lang.
 

Jetzt zum Inhalt. Wie bereits vermutet (und gewünscht) wurde hat Neji nun das Schwert Ryujin bekommen. Erst hatte ich da ja an Orion gedacht, aber na ja... Lasst euch überraschen^^. Und es wird noch so einige Überraschungen geben, soviel ist sicher. Der Titel heißt Übersetzt natürlich 'Schwert', was auf den Kampf zwischen Kakashi und Neji hindeutet. Wieder ein Schwerkampf geschafft *Schweiß von der Stirn wischt* In diesem Kapitel hab ich relativ viel untergebracht. Humor, bezüglich Hinata, ich kann mir nicht vorstellen, dass sie nicht manchmal etwas böse wird ^^, Action ein klein bisschen Romantik, weil Tenten ihre neuen Gefühle ja noch nicht einordnen kann und natürlich schreitet die Handlung voran. Neji ist jetzt Samurai, doch damit ist die Geschichte ja längst nicht abgeschlossen. Es ist ein Dreiteiler.
 

An dieser Stelle vielen Dank an Arethelya, die wie immer betagelesen hat, an Knispell schaut euch das tolle neue Cover mal an, das ist echt super geworden vielen, vielen Dank und an Tenten_Hyuga, die mir ein lang gesuchtes Bild geschickt hat. Ich liebe dich dafür ^^.
 

Beim letzten Kapitel waren relativ viele Leser dabei, doch davor waren es reichlich mehr, Wäre nett von allen Schwarzlesern und denjenigen, die dies auf ihrer Favo-Liste haben, mal ein Kommi da zu lassen. Da steckt enorm viel Arbeit drin. v.v. Mit Kommentaren, wo drin steht: Super, mach weiter so, kann ich ebenfalls nichts anfangen. Sagt mir die Meinung, wenn es nicht so ist wie gedacht oder sagt mir konkret was euch gut gefiel.
 

@kosame: hoffe, dass ich meinen inneren soul wiedergefunden habe XD
 

Das wars erst mal
 

eure

moonlight_005
 

kurz moony

~ Kapitel 10: Midnight ~

~ Kapitel 10: Midnight ~
 


 

Was ist Perfektion? Weißt du was es bedeutet perfekt zu sein? Ist es die Tatsache, immer alles richtig zu machen? Oder spielen andere Dinge eine Rolle? Kann man es mit Mut gleichsetzen, weil man dafür, um perfekt zu sein, zuerst sich selbst überwinden muss? Den einen Schritt gehen, bevor man weiß welche Konsequenzen es haben würde? Am Abgrund zu stehen und dann springen muss? Nein... Alles richtig zu machen ist nicht immer angebracht. Sollte es zur Gewohnheit werden, würde von einem erwartet werden nie Fehler zu machen. Es würde zu einem enormen Druck führen und nur Feiglinge würden versuchen ihre Maske aufrechtzuerhalten. Doch gleichzeitig hätten sie sich ihre Fehler eingestanden. Dann wären sie nicht mehr perfekt. Oft sehen die Menschen nur die oberflächlichen Dinge an anderen. Hinter ihr Wesen wollen sie nicht sehen. Dabei ist jeder anders, verschieden in Gedankengängen, unterschiedlich in seinem Sein und viel wichtiger: jeder macht Fehler. Keiner ist gleich, genauso wie niemand perfekt ist. Allerdings gerät das oft in Vergessenheit. Wenn jemand Begabungen hat, für die ihn andere beneiden, weil sie selbst nicht damit gesegnet sind, dann machen sie ihn schlecht, versuchen ihn nachzuahmen, oder ihm ähnlich zu werden. Doch auch das macht nicht vollkommen. Was jemand perfekt macht, sind manchmal nicht die Handlungen oder Begabungen. Es kann nur ein einziger Augenblick sein, der alles beinhaltet, was man sich je erträumt hat. Ein Blick, ein Gefühl, das einem alles bedeutet.

Doch wirkliche Perfektion erreicht man nicht, wenn man danach strebt. Nur wenn man seine Fehler akzeptiert und versucht nicht perfekt zu sein, erreicht man wirkliche Stärke. Perfektion.
 


 

~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~
 


 

Neji konnte es nicht glauben. Er stand vor dem Palast, in dem er noch eben seine Prüfung bestanden hatte und nun? Er hatte es geschafft. Es fühlte sich an, als hätte er alles erreicht und begann jetzt auf einmal sein Leben zu leben. Und doch fehlte ihm etwas. Es war das Gefühl, das er während des Tanzes mit Tenten gehabt hatte. Und das konnte nicht einmal sein Traum ihm geben. Nie hatte ihn jemand so berührt wie sie.
 

Der Wind strich ihm durch die Haare, seine Hand umfasste den Knauf Ryujins. Sacht berührte er das Leder. Sein Blick strich den Himmel entlang. Dann hörte er Schritte hinter sich.
 

„Ich gratuliere dir.“ Neji drehte sich um. Hinter ihm stand der schlangengleiche Mann, der der Berater des Fürsten war. Die langen schwarzen Haare fielen ihm ins Gesicht und verliehen ihm etwas Geheimnisvolles. Die bernsteinfarbenen Augen folgten jeder seiner Bewegungen. „Wer sind Sie?“, wollte er wissen. „Orochimaru“, antwortete sein Gegenüber. In seiner Stimme klang ein leichtes Zischen mit, was Neji sofort dazu veranlasste vorsichtig zu werden. Es war dieser Ausdruck in seinen Augen, der ihn unsicher machte. „Ich danke Ihnen für die Glückwünsche“, antwortete er höflich und blickte dem erwachsenen Mann in die Augen. Es war, als ob das Blut in seinen Adern gefrieren würde. Dieser Blick... Doch dieser hielt seinem fragenden Blick stand und starrte Neji an, sodass diesem ein kalter Schauer über den Rücken lief. Nach einer Ewigkeit, wie es Neji schien, wandte Orochimaru sich ab. „Ich wünsche dir viel Glück“, dann drehte er sich um. „Du wirst es brauchen“, flüsterte er in den Spätsommerwind. Niemand anderes als Neji konnte ihn hören.
 

Was war denn das? Wer war dieser Mann, dass er ihm solche Kälte nur mit seiner bloßen Anwesenheit einflößen konnte? Was für eine Rolle spielte er in diesem Spiel, das über seine Zukunft entscheiden sollte? Schlagartig wurde ihm klar, dass er sich etwas vorgemacht hatte. Nichts war so perfekt, wie er sich vorgestellt hatte. Sein Weg hatte gerade erst begonnen. Und er hatte das ungute Gefühl, dass noch viel auf ihn zukommen würde, wovon einiges ziemlich unangenehm werden würde.
 

„Neji!“ Wie aus einer Trance erwachte er. Die Kälte blieb allerdings. Naruto und Lee rannten auf ihn zu. Hinata lief schüchtern hinter ihnen her. Bevor Neji auch nur blinzeln konnte, hatten sich die beiden Chaoten auf ihn gestürzt und zu Boden gerissen. Mit ihrer freundschaftlichen ‚Umarmung’ hatten sie es wohl ein bisschen übertrieben. Seine Augenbrauen zogen sich ärgerlich zusammen. Ein Zeichen, dass man so schnell wie möglich reiß aus nehmen sollte. Doch das waren Naruto und Lee, die leider nur äußerst selten registrierten, wann man sich aus dem Staub machen sollte. „Herzlichen Glückwunsch, mein Freund, ich wusste, du würdest gewinnen“, brachte Lee unter Tränen heraus. „Red keinen Stuss, eben noch hast du gesagt, du wärst dir da gar nicht so sicher!“ „Ach hab ich das?“ „Leute?“, fragte Neji. „Natürlich hast du!“ „Nein hab ich nicht“, erwiderte Lee heftig. „Lee? Naruto?“, kam es eisig von Neji. Doch keiner beachtete ihn. „Hast du wohl, Hinata ist Zeugin!“ „Ähm, Naruto...“, sprach die eben angekommene Hinata den Blonden an. „Also ihr...“ Doch weiter kam sie nicht, denn ihr Cousin schnitt ihr das Wort ab: „Wenn ihr nicht sofort von mir runter geht, dann werde ich das Schwert zuerst an euch ausprobieren!“
 

Hinata sah ihn geschockt an und Naruto und Lee beschlossen ihre kleine Meinungsverschiedenheit auf später zu verlegen. Merkwürdigerweise waren die beiden mit der gleichen Geschwindigkeit wieder auf den Beinen wie sie Neji zu Boden gerissen hatten. Hinata half dem extrem genervten Neji auf die Beine. Dieser klopfte sich den Staub von der Kleidung und warf einen tödlichen Blick auf die beiden Chaoten, mit denen er sich leider eine Wohnung teilen musste.
 

„Was sollte das denn? War doch klar, dass ich gewinne“, sagte Neji mit einer Gelassenheit, die Naruto und Lee auf der Stelle panisch nach Fluchtmöglichkeiten suchen ließ. Anscheinend waren beide doch lernfähig. Besser spät etwas merken als nie, sagte man doch. Und die Gefahr, die von dem jungen Samurai ausging, war nun wirklich besorgniserregend. Allerdings war da trotz dieser Selbstverständlichkeit in seiner Stimme ein Gefühl in der Magengegend, was er zuerst mit einem Eisklumpen verglichen hätte. Wer war dieser Orochimaru?
 

„Lasst uns zurückgehen“, meinte Neji. Nun wieder vollkommen er selbst, ohne Spott oder Sarkasmus in der Stimme. Hinata, Naruto und Lee folgten ihm. Doch seine Hand verkrampfte sich, als er den Griff des Schwertes umschloss.
 


 

~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~
 


 

Es schien so unwirklich zu sein, als Neji im Stall stand. Heute Morgen noch hatte er einen Moment gezögert, als er hinaus gegangen war und jetzt? Inmitten des Stalls war ein weißer Hengst angebunden. Ein Bogen und ein Köcher mit den Stoff auseinander, kam eine Rüstung, eine Lanze und ein Kurzschwert zum Vorschein. Dann fiel ihm ein Blatt Pergament ins Auge, das sorgsam an die Wand gepinnt worden war. Es sah ziemlich wichtig aus und Neji erkannt das Siegel Mao-Chéngs. Der junge Samurai trat näher.
 

An Neji,

nach Ihrer bestandenen Prüfung zum Samurai, erhalten Sie wie bereits besprochenein Pferd sowie die nötige Ausrüstung.

Entlohnung erfolgt nach vollendeten Aufträgen.

Hochachtungsvoll
 

Mao-Chéng

Fürst von Konoha
 

„Ich fass es nicht, der Fürst schreibt dir schon Briefe“, sagte Naruto, der Neji über die Schulter geblickt hatte.

Der Angesprochene wirkte ebenso verblüfft. „Ich bring dein Pferd in eine Box und dann essen wir, ok?“, fragte Naruto. „Meinetwegen“, meinte Neji, „was gibt’s denn?“ Verlegen kratzte Naruto sich am Hinterkopf. „Ich dachte, du lädst uns nach bestandener Prüfung ein.“ „Wie kommst du denn darauf? Bis jetzt haben wir doch immer mit den anderen Lehrlingen gegessen, oder uns selbst was gemacht.“ „Man kann ja hoffen“, seufzte Naruto. „Idiot, du wolltest nur wieder mal deine heißgeliebten Nudeln haben und hast gehofft sie umsonst zu bekommen“, mischte sich Lee ein. „Stimmt ja gar nicht“, sagte Naruto beleidigt. „Außerdem hättest du doch auch nichts dagegen gehabt.“ Nejis Augenbraue zuckte gefährlich. Das war jetzt schon das zweite Mal seit einer halben Stunde, in der seine beiden Mitbewohner sich in den Haaren lagen. Er war kurz davor sie zum Schweigen zu bringen, allerdings kam ihm diesmal Hinata zuvor. „Ähm ..., wenn es euch recht ist, i...ich hab schon etwas vorbereitet.“ Augenblicklich hörte das Gezanke auf. Mit glitzernden Augen sahen sie beide Jungs an. „Was gibt’s denn?“, fragten sie wie aus einem Munde. „Nejis Lieblingsessen“, war die Antwort. Skeptisch wandten sich beide zu dem Schwarzhaarigen um. Was konnte so jemand wie Neji schon gerne essen? In ihren Köpfen nahmen allerhand grauenvolle Speisen Gestalt an, die ganz sicher ungenießbar waren...Doch bevor Lee und Naruto dazu kamen sich genauere Vorstellungen zu machen, sagte Neji: “Reis mit Hühnchen und Ei.“ Verblüfft starrten die beiden den jungen Samurai an. So etwas hatten sie nun nicht erwartet. Kaum zu glauben, dass der sonst so kalte Neji sich auch für so etwas Normales wie sein Lieblingsgericht interessierte. „Was denn?“, fauchte Neji. „Ach nichts, wir wollten gerade das Essen vorbereiten, nicht Hinata?“, winkte Lee hastig ab.
 

Mit einer nicht vorstellbaren Energie lief der Blonde zu dem Pferd und führte es hastig in eine schon eingerichtete Box. Den Futtertrog und das Wasser füllte er noch schnell auf und folgte dann schnell den anderen. Lee und Hinata waren schon eifrig dabei das Hühnchen und den Reis zuzubereiten während Neji ihnen skeptisch über die Schulter schaute. Wer konnte schon ahnen, was Lee mit seinem Essen anstellte? Keuchend kam Naruto in der kleinen Wohnung an. „Wie weit seid ihr denn?“, wollte er wissen. „Gleich fertig, es muss nur noch gekocht werden“, antwortete eine fröhliche Hinata, die offensichtlich nicht registriert hatte, dass der Blonde sie angesprochen hatte. Wenn sie kochte oder etwas tat, dass ihr Spaß machte, vergaß sie nun mal ihre Umgebung...
 

Eine gute halbe Stunde später saßen sie alle um den kleinen Tisch herum. Neji hatte sich auf seinem Sitzkissen niedergelassen und legte das Schwert neben sich. Bewundernd betrachtete es der junge Kung-Fu-Kämpfer. Neji bemerkte seinen Blick. Zufrieden meinte er: “Jetzt kann ich mich endlich selbst wehren.“ „Es ist einfach nur brillant. Darf ich?“ Auf ein Nicken seitens des Schwarzhaarigen zog er die Klinge aus der dunkelroten Scheide. Vorsichtig strich er mit dem Finger über das glatte Metall. „Wow“, flüsterte er. Dann gab er Neji Ryujin zurück und dieser stellte es hinter sich an die Wand.
 

„Das Essen ist fertig“, riss Hinata sie aus den Gedanken. Vor jeden stellte sie eine dampfende Schale Reis mit Hühnchen und Ei. Vorsichtig probierten ihre Mitbewohner. „Das sind zwar keine Nudeln, aber es schmeckt trotzdem vorzüglich“, schmatzte Naruto. „Du hast recht“, stimmte Lee ihm zu, „wirklich lecker.“ „Danke“, flüsterte Hinata gerührt.
 

Neji sagte nichts, aß aber langsam und genüsslich, was Hinata von ihm als Kompliment auffasste. Immerhin war es sein Lieblingsessen.
 

„Nochmals herzlichen Glückwunsch, Neji“, sagte Naruto zwischen zwei Bissen. Ein Wunder, dass man verstand, was er sagte. Allerdings freute Neji sich trotzdem, auch, wenn er es nie zeigte. Naruto, Lee und Hinata hatten immer zu ihm gestanden. Wahrscheinlich hatten sie sich auch noch mehr Sorgen gemacht, als er. „Sag mal, wie hast du Kakashi eigentlich so plötzlich abgewehrt? Der hatte dich doch schon so gut wie sicher.“ Naruto blickte ihn interessiert an. „Meditation“, kam es von Neji nachdem dieser sich wieder ein wenig Reis in den Mund geschoben hatte. „Meditation?“ Fragend sah Hinata ihren Cousin an. „Ich zeig es dir mal, wenn ich Zeit habe. Ist recht nützlich.“ Abwesend nickte sie und trank einen Schluck Saft, den sie ebenfalls bereitgestellt hatte. Es herrschte eine seltsame Stimmung. Es hatte etwas Vertrautes und obwohl Neji das nie zugeben hätte, war er Naruto und Lee dankbar, dass sie ihn so unterstützt hatten. Wie chaotisch sie auch waren. Eins konnte er nicht abstreiten: sie waren echte Freunde geworden. Vielleicht hatte er auch nur deswegen gewonnen und weil sie da war. Seine Hand umschloss den kleinen Zettel, den sie ihm zukommen lassen hatte. Oh ja, er würde da sein. Er wollte sich bedanken. Noch nie hatte jemand ihm so sehr geholfen wie sie. Noch nie war er jemandem so nah gewesen wie ihr.
 

Er hob das Glas an die Lippen und trank. Die leicht süßliche Flüssigkeit bereitete sich in seinem Körper aus. Es tat gut, wie sich sein trockener Hals langsam erholte. Nervös sah er aus dem Fenster. Die Dämmerung setzte ein, er musste sich beeilen, wenn er noch rechtzeitig zu ihrem Treffen kommen wollte. Ob Tenten schon wartete? Bald hatte er seine Schüssel geleert. Die Stäbchen legte er daneben. „Danke Hinata, das war wirklich gut.“ Dann stand er auf und ging Richtung Bad. „Wo gehst du hin?“, wollte sie wissen. „Duschen. Und dann muss ich noch mal weg.“ Die Tür schloss sich leise hinter ihm. „Wisst ihr, was er um die Zeit noch erledigen muss?“ „Ich habe keine Ahnung“, stellte Lee fest. Nach einiger Zeit kam Neji schließlich frisch gebadet aus dem Badezimmer.
 

„Ich bin dann weg“, meinte dieser. Dann verließ er den Raum. Verdutzt sahen ihm seine Mitbewohner nach. „Er hat was verloren“, bemerkte Naruto. Hinata hob den kleinen Zettel auf. Lee, der ihr über die Schulter geblickt hatte, las eilig die geschwungene Schrift. „Nun ich weiß, warum er noch mal weg wollte“, grinste er.
 


 

~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~
 


 

Der See lag vor ihr, wie eine dunkle Masse, die sich sanft von der Landschaft hervorhob. Sanft wurde seine Oberfläche aufgewirbelt, doch wirkliche Wellen entstanden nicht. Der Wind wehte ihr einige Strähnen ins Gesicht. Die Nacht senkte sich über sie wie ein schwarzes Tuch. Glühwürmchen flogen summend am Ufer entlang. Die kleinen Lichter wurden von der Dunkelheit beinahe verschluckt. Sanft hob sie das goldene Kleid an. Eigentlich hatte sie ja ein anderes anziehen wollen, aber es hatte sich leider keine Gelegenheit ergeben. Ein Wunder, das sie unbemerkt verschwinden konnte. Aber das lag wohl eher daran, dass alle noch so aufgeregt von der Prüfung gewesen waren. Eine leichte Ironie klang in dieser Feststellung mit - Neji hatte praktisch selbst dafür gesorgt, dass es ihnen möglich war sich zu treffen. Jetzt wartete sie auf ihn. Die Einsamkeit war erschreckend und schön zugleich. Sie konnte nicht verleugnen, dass sie sich wohl fühlte.
 

Aber wo war er? Wo blieb Neji? Hatte er ihre Nachricht nicht verstanden? Sie verfluchte sich wieder einmal. Wieso zweifelte sie nur immer wieder an ihm? Hatte er je ihre Versprechen gebrochen? Hatte er sie nicht von sich selbst zum letzten Tanz aufgefordert? Aber die Dinge hatten sich verkompliziert. Sie liebte ihn. Alles an ihm. Zuerst war da nur dieses vertraute Gefühl gewesen, aber jetzt? Jetzt war daraus Liebe geworden. Sie wusste, dass es ihr verboten war, jemanden aus dem gemeinen Volk auch nur anzusehen, aber... sie würde nie seine Augen vergessen können, als er sie damals beim Tanzen angesehen hatte.

Tenten spürte einen leichten Luftzug hinter sich. Sie wirbelte herum. Auf der anderen Seite der Wiese stand derjenige, der momentan ihre Gedanken beherrschte. Für diesen Moment brauchte es keine Worte. Sie sahen sich nur an. Seine Augen schienen in der Dunkelheit noch heller zu sein.
 

Neji starrte sie an. Sie drehte sich zu ihm um. Das Kleid ließ sie scheinen wie die Sonne. Die goldene Seide raschelte im Wind, die vielen Falten gaben ihr einen leichtfüßigen Anblick. Doch es waren ihre Augen, die leuchteten und sogleich Wärme in ihm weckten. Warum sah sie ihn so an? Dieser Blick hatte dieses Unbestimmbare, das er sich nicht erklären konnte, doch es war ihm nicht unangenehm. Und wieder hatte er das Gefühl innerlich zu brennen. Nur durch einen Blick? Er wusste es nicht. Warum löste sie so etwas in ihm aus? Ganz langsam ging er auf sie zu. Jeden Schritt setzte er samtweich auf den Boden. Seine schwarzen Haare wehten sanft im leichten Abendwind. Jetzt stand er vor ihr und noch immer brachte keiner ein Wort heraus.
 

„Neji“, flüsterte sie. „Ich hoffe, du musstest nicht zu lange warten“, antwortete er. „Nein.“ Was redete er da? Tenten wusste, dass sie die ganze Nacht gewartet hätte, wenn nötig, aber das konnte sie ihm ja nicht sagen. Sie wusste nicht, was sie dazu verleitete, doch dann berührte sie vorsichtig seinen Arm. Die kleine Schnittwunde von der Prüfung heilte schon. Sanft strich sie darüber. Ob das wohl eine Narbe hinterlassen würde? Aber vermutlich würde er sich im Laufe der Zeit noch mehr davon einfangen. Doch aufhören an ihn zu glauben würde sie trotzdem nicht. „Ich wusste, dass du gewinnst.“
 

Neji konnte nicht antworten. Ihre weiche Hand löste eine Gänsehaut in ihm aus. Die Kälte, die Orochimaru in ihm verursachen hatte, verschwand mit jedem Augenblick, in dem er sie ansah. Mit jedem Augenblick, in dem sie ihn berührte. Konnten sie nicht für immer so verweilen?
 

„Es fühlt sich seltsam an“, sagte er. „Ich kann dich verstehen. Hast du das Gefühl, alles erreicht zu haben und doch ruhelos zu sein?“ „Ja“ - er zögerte - „ich kann mich nicht damit abfinden. Es ist als sei dies erst der Anfang.“ „Jeder fürchtet die Zukunft“, sagte sie, „die Menschen haben Angst vor dem, was sie nicht kennen, aber du bist nicht allein.“ Ihre Stimme wurde immer leiser. „Ich werde bei dir sein“, wisperte sie. Eine leichte Röte zierte ihre Wangen. Ihre Worte machten ihn glücklich. Immer? Immer wollte sie ihm beistehen? Er wusste, dass das nicht immer möglich wäre und trotzdem... allein der Gedanke daran, sie immer an seiner Seite zu wissen, löste etwas in ihm aus.
 

„Ich danke dir. Aber warum tust du das?“, seine Stimme klang dunkel und doch waren tausende ungefragte Fragen aus dem tiefen Hintergrund zu hören. „Was“, wollte sie fragen, brachte aber kein Wort heraus. „Ich war ein Nichts und du hast mich aus der Dunkelheit geholt. Womit also habe ich das verdient?“ Sie zögerte, dann legte sie sich eine Antwort zurecht. „Du bist wichtig für mich. Du bist mir so ähnlich, Neji, und doch bist du so anders als ich.“ Sie sah ihn dabei nicht an. Hatte sie ihm vielleicht schon zu viel offenbart? Sie war nicht bereit dafür, ihm zu sagen, wie sehr sie ihn mochte, wie sehr sie ihn brauchte. „Kannst du mich jetzt verstehen?“, holte seine Stimme sie zurück in die Gegenwart. Es war eine Frage auf ihre Feststellung von vor acht Jahren. Dass er sich das gemerkt hatte. Beinahe fühlte es sich an wie ein Déjà-vu. Allein dieser Ort. Damals waren sie auch auf einer Lichtung gewesen. Hell und von Sonnenschein durchflutet. Aber genau das spiegelte ihre Veränderung wieder. Es herrschte die Nacht um sie, als würde sie symbolisieren, dass beide älter geworden waren. Tief in ihren Gedanken versunken, bemerkte sie nicht, wie er sie wartend ansah. Siedend heiß fiel ihr wieder ein, dass sie ihm noch eine Antwort schuldete. Schnell nahm sie das Gespräch wieder auf: „Ich kenne dich jetzt besser, du bist genauso stur wie ich“, sie lachte und es klang so hell und voller Ehrlichkeit, dass sich sein Magen zusammenzog. Eine Welle des Glücks durchströmte ihn. “Aber verstehen werde ich dich wahrscheinlich nie ganz.“
 

„Wieso wolltest du dich mit mir treffen?“ „Kannst du dir das nicht denken?“, fragte sie. „Ist es wegen der Prüfung?“ „Nicht nur, ich wollte mit dir reden.“ Tenten strich sich eine Strähne aus dem Gesicht. Für Neji wirkte diese einfache Geste unheimlich verführerisch. Warum tat sie das? Warum schien sie für ihn wie das Licht in der Dunkelheit? Ihre Schönheit übertraf alles was er gesehen hatte. Und er hatte viel gesehen, beleibte Weibchen, die sich in enge Kleider zwängten um jung zu wirken oder zierliche Mädchen, die sich nur um Kosmetik kümmerten. Ältere, weisere Frauen, die dennoch sympathisch wirkten und junge Frauen, die wirklich hübsch waren. Aber mit Tenten konnte niemand auch nur im Entferntesten mithalten. Neji gestand sich ein, dass er gegenüber anderen stets kalt wirkte, doch sie verstand es auf wundersame Weise sein Eis zu brechen. Nur ein Blick von ihr und er fühlte sich als Mann. Sie war sein Gegenpol. War es wirklich Sünde sie anzusehen, sie zu begehren? So etwas Schönes und Gutmütiges konnte doch nicht falsch sein. „Ich gratuliere dir, Samurai“, durchdrang ihre Stimme die Stille. Sofort zuckte er in die Höhe. Allein der Klang ihrer Stimme verschaffte ihm eine Gänsehaut. Dann, ohne Vorwarnung, umarmte sie ihn. Ganz leicht wie ein Windhauch, so zart, dass er es kaum bemerkte. Und dennoch - ihre Berührung schien sich um ein Hundertfaches zu verstärken. Er nahm alles an ihr wahr. Ihren Geruch und das sanfte Kribbeln, das sie auf seiner Haut hinterließ. Jeden anderen hätte er wohl weggestoßen. Er hatte noch nie körperliche Nähe gemocht. Doch bei ihr...
 

Tentens Herzschlag schien sich zu beschleunigen. Ihr Herz raste. Es hatte sie eine Menge Überwindung gekostet ihn zu umarmen. Das Blut in ihren Adern schien zu kochen. Eine gewaltige Hitze stieg in ihrem Körper auf.
 

„Es freut mich das von dir zu hören“, seine tiefe Stimme reichte aus um sie in Trance zu versetzten, „aber nur wegen dir bin ich soweit gekommen.“ Sie sah ihm an, dass er es ernst meinte. Es machte sie glücklich. Tenten ließ von ihm ab. „Sag das nicht, das hast du dir selbst erarbeitet.“ Leicht missbilligend nahm er zur Kenntnis, dass sie sich wieder entfernt hatte. Doch ändern konnte er es ja nicht. „Wenn ich dich nicht getroffen hätte, dann wäre ich immer noch irgendwo in einem Dorf und würde Leute bestehlen.“ Sie schwieg. Gerührt von seinen Worten. So hatte sie ihn noch nie gesehen. Neji war verletzt gewesen, kalt, wütend, entschlossen, aber diese aufrichtige Dankbarkeit hatte sie noch nie von ihm gehört. Er bedankte sich bei ihr, als ob sie ihm Licht gegeben hätte und Hoffnung. Dabei hatte sie gar nichts getan.
 

„Das war wohl mein lohnenster Diebstahl“, schmunzelte er, „weißt du noch, wie sauer du warst?“ Sie errötete. „Das war ja auch berechtigt“, grummelte sie. Noch immer standen sie nah beieinander. Mittlerweile war der Mond aufgegangen. Die Sterne funkelten am Himmel, erzählten von einer anderen Welt. Der Unendlichkeit, die in jedem Lebewesen lebte, dem Leben, das alles beherrschte.
 

Tentens Blick wanderte über den See. Das dunkle Wasser spiegelte den Vollmond auf der Wasseroberfläche wider. Neji folgte ihrem Blick. Dann stutzte er. „Das denkst du doch jetzt nicht wirklich, oder?“ Tenten sah zur Seite, dann richtete sie ihren flehenden Blick wieder auf Neji.

„Ach komm schon. Ich bin noch nie mit einem Boot gefahren. Bitte!“ „Echt nicht?“, fragte er verblüfft. Tenten nickte traurig. „Ich durfte nie; die dachten alle es wäre zu gefährlich und ich könnte ins Wasser fallen und schlimmstenfalls ertrinken.“ Neji seufzte. Damit hatte er ja nun nicht gerechnet. Warum wollte sie mitten in der Nacht auf den See fahren? Ihm blieb wirklich nichts erspart. Scheinbar hatte sich ein verdammt rachsüchtiger Gott ihn als Opfer ausgesucht. Dabei hatte er sich bis auf die Diebstähle ja eigentlich nichts zu schulden kommen lassen. Und gestohlen hatte er ja auch nur, um zu überleben. Wenn er es denn getan hatte, dann nur von den wirklich Reichen, die das verkraften würden. Doch es half nichts. Der Schwarzhaarige konnte ihr einfach nichts abschlagen. Neji seufzte erneut.
 

„Na los, komm schon“, riss er sie aus den Gedanken. Sie sah auf. „Was?!“ „Ich dachte, du willst fahren.“ Ungläubig sah Tenten ihn an. Hatte der sich gerade breitschlagen lassen? Das war doch sonst gar nicht seine Art. Sie drehte sich um. Neji war schon losgegangen. Den Blick hatte er abgewandt. War er etwa verlegen?
 

Neji hingegen wusste selbst nicht, was mit ihm los war. Sobald dieses Mädchen ihn ansah, konnte er ihr nichts abschlagen. Zum zweiten Mal hatte sie ihn überrumpelt. Warum hatte er dem Tanz damals eigentlich zugestimmt? Er erreichte das Ufer. Das kleine Holzboot lag gut vertäut am Steg. Er fragte sich, wer es wohl in Schuss gehalten hatte, wenn er doch nie jemanden außer Tenten hier angetroffen hatte. Das war wohl ein Rätsel, das er nie lösen würde. Doch es war ihm gleichgültig. Neji entknotete das Tau und stieg vorsichtig ein. Das Boot schwankte leicht, kam aber sofort wieder ins Gleichgewicht.
 

Tenten zögerte. Das Boot schaukelte ihrer Ansicht nach dann doch zu sehr. Außerdem wollte sie sich nicht das Kleid beschmutzen. Das würde sofort verraten, dass sie, nicht wie sie sollte in ihrem Bett gewesen war, sondern noch draußen herumgeschlichen war.

„Was ist?“ Sie sah Neji an, der bereits im Boot saß. „Na ja, ich darf das Kleid nicht schmutzig machen, sonst wissen die doch sofort, dass ich noch mal weg war.“ Neji hatte sie ausdruckslos angesehen. „Bei unserem Kampf war dir das aber herzlich egal“, meinte er. „Da hatte ich ja auch Trainingskleidung an.“ Neji brummte etwas Unverständliches, dann kletterte er zurück auf den Steg und bevor Tenten reagieren konnte, hatte er sie hochgehoben. „Neji, was tust du?“ Die Überraschung war ihr ins Gesicht geschrieben. „Bleib ruhig und beweg dich nicht, sonst lass ich dich noch fallen.“ Augenblicklich verstummte die Prinzessin. Ihr Kleid flatterte ein wenig. Nejis Griff um ihre Taille verstärkte sich. Gleichzeitig hievte er sie mit der anderen Hand, die er unter ihre Kniekehlen gelegt hatte, ein wenig höher. Dann trug er sie in das kleine Boot. Wie leicht sie war. Wie konnte jemand, der so zerbrechlich wirkte, so stark sein? Sanft setzte er sie auf der Bank ab, während er ihr gegenüber Platz nahm.
 

Das Boot schwankte leicht, glich sich aber relativ schnell wieder aus, als beide Platz genommen hatten. Von der um sie herum herrschenden Idylle bezaubert, blickte Tenten über den Rand. Die Wellen stießen sanft gegen den Bug. Mit einem kräftigen Ruck, stieß Neji sie vom Steg ab. Fast augenblicklich nahm er die Ruder auf und begann sie mit gleichmäßigen und doch kräftigen Bewegungen fortzubewegen. Fasziniert beobachtete sie ihn. Eben noch hatte er sie unheimlich verlegen gemacht. Was musste er sie auch so überraschen? Und jetzt vergaß sie all das und sah ihn wieder an. „Seit wann kannst du das?“ Neji blickte auf, fuhr aber gleichzeitig mit den Bewegungen der Ruder fort. „Seit ich fünf war, mein Onkel hat es mir beigebracht. Er war der Ansicht, ich solle schwimmen und rudern können.“ „Und wie lenkst du das?“ „Das ist ganz einfach. Lässt du auf der rechten Seite, also steuerbord, das Ruder längere Zeit im Wasser, dreht sich das Boot in die entgegengesetzte Richtung. Mit links, also backbord ist es genauso. Du kannst natürlich auch auf einer Seite stärker rudern, dann dreht sich das Boot auch. Nach einiger Zeit hast du den Dreh raus.“ „Darf ich mal?“ Skeptisch sah er sie an. „Meinst du das geht so leicht?“ „Wenn ich mich recht erinnere, hast du mich auch beim Kämpfen unterschätzt.“ „Ja, ja“, grummelnd reichte er ihr die Ruder. Triumphierend nahm Tenten sie entgegen. Dann tauchte sie sie ins Wasser ein. Mit einem halblauten ‚Plopp’ versanken sie darin. Tenten begann erst zaghaft zu rudern, doch dann wurden ihre Schläge schneller und kräftiger. Neji nickte. „Versuch noch etwas gleichmäßiger zu rudern“, ermahnte er sie. Im selben Moment schwankte das Boot bedrohlich. „Ups“, kam es von Tenten. „Was machst du?!“, Neji war sichtbar erschrocken, „ehrlich Tenten, ich hab mich schon gewaschen, ich brauch kein Bad mehr.“ Bei dem Gedanken an einen nackten Neji bei seiner täglichen Reinigung, schoss ihr augenblicklich das Blut in den Kopf. „Tut mir leid“, murmelte sie, „du hast mich abgelenkt.“ „Ich hab dir bloß erklärt, was du falsch machst“, bestritt er. Wieder neigte sich der kleine Kahn gefährlich zum Wasser. „Jetzt hab ich aber nichts gemacht“, sagte Tenten. Entnervt wollte Neji ihr die Ruder entwinden. „Ich übernehme wieder.“ „Nein warte, ich will das lernen“, erwiderte sie heftig. Stur wie sie nun einmal war, beharrte Tenten auf ihrem Recht. Bei Hofe war das zwar manchmal positiv, aber bei Neji stieß sie auf Granit. „Unsinn, sieh erst mal, wie ich es mache und dann versuchst du es später noch mal“, sagte er bestimmend, wobei er das ‚später’ besonders hervor hob. „Nein.“

Ihr Blick bohrte sich in seinen. Und er wusste genau, dass sie jetzt nicht nachgeben würde. Diese eine Diskussion konnte er sich sparen. Sie würde sowieso auf dasselbe hinaus laufen.
 

„Versuch ruhiger zu rudern, du bist ein wenig ungleichmäßig“, ging er der Auseinandersetzung aus dem Weg. Tenten sah ihn noch einmal warnend an, doch dann konzentrierte sie sich wieder auf das Rudern. Ganz allmählich wurde sie besser. Ein oder zweimal schlingerte der Kahn noch leicht, doch fast augenblicklich hatte sie das Boot wieder unter Kontrolle. Ihre Muskeln spannten sich an und erschlafften. Neji sah wie sich ihr Brustkorb senkte und hob. Dann wurde ihm allerdings bewusst, dass er ihr jetzt schon eine längere Zeit auf ihre Oberweite schaute. Peinlich berührt wandte er den Blick ab, hoffentlich hatte sie nichts mitbekommen. Doch Tenten schien vertieft in ihr Tun.
 

Das Boot glitt gleichmäßig durch den See. Stromlinienförmig entstanden Wellen, die an beiden Seiten entlang schwappten. Sanft rollten sie über den See. Das dunkle Wasser war ein bisschen unheimlich und schön zugleich. Manchmal gab es sogar Schaumkronen, wenn Tenten ein wenig schneller wurde. Manchmal fuhr das kleine Holzboot durch einen Teppich von Seerosen, dann wieder, durch das durch die Dunkelheit schwarze Wasser des Sees. In der Ferne hörten sie ein paar Grillen zirpen. Nach einer Weile übernahm Neji wieder das Rudern. Diesmal protestierte die Brünette nicht. Aber das lag wahrscheinlich an der Tatsache, dass sie etwas erschöpft war. Ein wenig müde ließ sie sich zurücksinken. Der Schwarzhaarige wurde etwas langsamer. Vielleicht war eine ruhigere Fahrt jetzt angebracht. Er legte die Ruder ins Boot und ließ es treiben. Sie befanden sich mitten auf dem See, da war es nicht nötig um jedes Hindernis herum zu manövrieren.
 

„Ist so wohl das Meer?“, murmelte Tenten mehr zu sich als zu Neji. „Nein, es ist ganz anders“, antwortete Neji. Tenten schreckte aus ihren Gedanken. Das sollte er doch eigentlich gar nicht ernst nehmen. „Warst du dort?“, fragte sie. „Ich war fünf Jahre alt, als ich es gesehen habe, es war nur für einen Tag. Die einzige Erinnerung an meinen Vater. Er zeigte es mir.“ „Dein Vater?“ Nie hatte er mit ihr über seine Familie gesprochen. Vermutlich, weil er eine Waise war. Sie hatte Mitleid mit ihm. Es musste schrecklich sein, ganz auf sich gestellt. Neji kannte die Einsamkeit. Genau wie sie, auch wenn beide sie über eine andere Art und Weise erfahren hatten. „Wie ist das Meer? Erzähl mir davon“, bat sie. Neji blickte auf das Wasser, als könnte er so um sich das Meer herbeirufen.
 

Die Erinnerung war blass, aber bruchstückhaft sah er einzelne Szenen, Gespräche, die längst vergangen waren. Ein Mann mit langen schwarzen Haaren saß neben seinem Sohn am Strand, erzählte ihm Geschichten. Ja, damals war die Welt in Ordnung gewesen. Er vermisste seinen Vater, auch wenn er sich kaum noch an sein Gesicht erinnerte. Die Zeit ließ auch die deutlichste Erinnerung verblassen. Doch das war nicht alles gewesen. Neji erzählte Tenten von dem blaugrünen Wasser, in dem Algen trieben, von dem Salzgeruch, dem Wind. Beinahe fühlte es sich an, als würden beide an einem anderen Ort sein. Vor ihrem geistigen Auge tauchten Schaumkronen auf, Möwen, die in Ufernähe kreisten. Beinahe konnte Tenten den Sand zwischen ihren Zehen fühlen, sehen wie die rote Abendsonne im Meer versank.
 

Neji beendete seinen Bericht, doch die Prinzessin schwieg. Überwältigt von den Bildern, die er ihr in den Kopf gezaubert hatte. „Ich würde es gerne mal sehen, die Wellen und den Strand. Ich kenne es nur aus Erzählungen.“ Sie stützte ihren Kopf auf ihre Hände. Ihre Augen bekamen wieder diesen Glanz. „Lass uns irgendwann einmal ans Meer gehen“, sagte Neji, der sie fasziniert beobachte. Er mochte dieses Funkeln in ihren Augen. Es ließ ihn vergessen und er malte sich aus wirklich eines Tages mit ihr vor dem endlosen Ozean zu stehen. Irgendwann...
 

„Versprochen?“, fragte sie. „Tenten, habe ich je ein Versprechen gebrochen?“ „Nein, aber es hat acht Jahre gedauert.“ „Aber gehalten hab ich es trotzdem.“ Neji blickte in die dunkelbraunen Augen, die verträumt aufs Wasser schauten. „Irgendwann werden wir am Meer stehen und uns daran erinnern, einmal in einem See herum gepaddelt zu sein.“ Leicht schmunzelte er. Tenten schaute in seine Augen und erwiderte das Lächeln. „Irgendwann“, flüsterte sie.
 

Ihre Worte kribbelten auf seiner Haut. Ihr Lächeln durchflutete seinen Geist und Wärme bereitete sich in allen Poren seines Körpers aus. Neji fühlte sich seltsam. Sein Herz hämmerte gegen seinen Brustkorb und sein Herzschlag schien immer schneller zu werden. Es war nicht wegen einem neuerlichen Versprechen, es war... ihre ganze Gegenwart. Was machte sie mit ihm? Warum musste sie ihn nur ansehen, um ein Chaos in ihm auszulösen? Doch sie unterbrach seine Gedankengänge.
 

„Neji, sieh mal, ein Glühwürmchen!“ Tenten war aufgesprungen und vergaß dabei vollkommen, dass sie in einem Boot waren. Der Kahn schwankte bedrohlich und senkte sich gen Wasser. Tenten verlor das Gleichgewicht und stürzte genau auf Neji. Instinktiv kniff sie die Augen zu. Neji war viel zu perplex um irgendetwas zu tun. Er hatte nicht damit gerechnet, dass so etwas passieren würde. So fiel er rückwärts auf den Boden des Bootes, konnte sich allerdings noch rechtzeitig abstützten und die junge Frau auffangen.
 

Ganz langsam öffnete sie die Augen und sofort wünschte sie sich es nicht getan zu haben. In Tenten brach ein Feuerwerk los. Sie lag in seinen Armen. Die Prinzessin errötete. Wieso passierte ihr immer so was? Was würde Neji denken? Was würde er sagen? Doch etwas anderes durchbrach ihre Gedanken. Sie konnte seinen Herzschlag hören. Ganz vorsichtig sah sie auf. Ihr Blick suchte seinen. Und als sie in seine perlweißen Augen schaute, jagte ein Schauer durch ihren Körper. Es begann überall zu kribbeln. Trotz dieser äußerst peinlichen Situation genoss sie seine Nähe. Das Kribbeln verstärkte sich und fühlte sich so an, als würden tausende Schmetterlinge in ihrem Bauch umherflattern. Sie spürte wie seine Haare ihre Wange streiften.
 

Doch nichts durchbrach diesen magischen Augenblick. Sie beide sahen sich unverwandt an, gefangen von dem Blick des jeweils anderen. Das Glühwürmchen war längst vergessen. Die Dunkelheit hatte sein Licht verschluckt.
 

Neji wusste nicht was er denken sollte, was er fühlen sollte. Die Situation erschien ihm unwirklich. Nichts von alldem war er gewohnt, er verlor die Kontrolle. Aber genau das hatte man ihm immer eingebläut. Er musste immer alles unter Kontrolle haben. Niemals sollte er sein Gesicht verlieren. Doch dieses Mädchen brachte seine Fassade zum Wanken. Ganz leicht bekam die Mauer um ihn herum Risse. Seine kalte Maske schmolz in der Wärme ihrer Augen.

Der Schwarzhaarige konnte seinen Blick nicht losreißen. Ihre Augen fesselten ihn. Bei näherem Hinsehen stellte er fest, dass da nicht nur dunkelbraun war, ganz fein, vereinzelt wurde die Iris von mittelbraunen Geraden durchzogen. Was machte sie mit ihm? Warum weckte sie all das in ihm? Nicht mal er selbst hatte gewusst, dass all das in ihm existierte. Schlief, bis sie es erweckt hatte mit einem Blick. Das Blut in seinen Adern begann zu kochen. Und die Flammen, die für sie bestimmt waren, umschlossen sein Herz. Der junge Samurai glaubte er würde innerlich verbrennen. War das die Magie des Augenblicks, eines einzigen Moments, den sie hervorrufen konnte? Was tat er hier? Was tat Tenten mit ihm?
 

„Was machst du mit mir?“, fragte er mehr sich selbst als sie. Es war nicht mehr als ein Wispern, doch sie hatte ihn trotzdem gehört. Er hatte nicht registriert, dass er die Worte laut ausgesprochen hatte. Umso erstaunter war sie, als sie das leise Flüstern in der Nacht vernahm. Nie hatte Neji zugegeben etwas nicht zu verstehen. Aber das, was sie für ihn empfand, war auch keine Logik. Ganz langsam hatte es sich angeschlichen, all die Jahre überdauert und dann war es in ihr aufgeblüht, wie eine Knospe, die sich öffnete, wenn ihre Zeit gekommen war. ‚Ich liebe dich’, schrie ihr Innerstes, doch sie brachte keinen Laut hervor. Was sollte sie ihm antworten? Was machte sie denn mit ihm? Tenten fragte sich, wie er sie verzaubert hatte. Verhext, sie süchtig gemacht hatte. Sie brauchte seine Nähe, er war wie eine Droge für sie. Von ihm loskommen würde sie nie. Egal was sie auch versuchen würde. Sein Antlitz hatte sich in ihr Gedächtnis gebrannt. Sie wollte ihn nicht mehr vergessen. Die Gefühle für Neji waren so stark, dass der bloße Gedanke daran schmerzte. Sie konnte mit der Situation einfach nicht umgehen. Noch nie war sie verliebt gewesen.
 

„Ich weiß es nicht.“ Ihre Stimme zitterte ein wenig, nur als Flüstern durchdrang sie die Stille.

Das kleine Boot war mitten auf dem See, ganz sanft glitt es durch die Spiegelung des Vollmondes auf dem Wasser.
 

Er hatte gar nicht registriert wie nah er ihr war. Ihre Wimpern berührten fast seine Wange und die seidigen Strähnen, die sich aus den eleganten Knoten gelöst hatten, spürte er an seinem Hals. Ihr Atem auf seiner Haut, fühlte sich warm an. Neji wusste nicht was hier mit ihm geschah, dennoch empfand er es als schön. Er merkte, dass er es brauchte.
 

Ganz langsam kamen sich ihre Gesichter immer näher. Beide wussten nicht was sie taten. Sie reagierten nach ihrem Gefühl, ließen sich von dem Moment mitreißen. War dies ein perfekter Moment?
 

Wie in Zeitlupe senkten sich Tentens Lider. Ihre Augen schlossen sich. Wollte er das wirklich tun? Sie merkte wie sie sich immer näher kamen, näher als sie sich jemals gewesen waren. Einen kurzen Moment hielt der junge Samurai inne. Wenn er das jetzt tat, konnte er nie mehr zurück. Er würde sich immer mit ihr verbunden fühlen, immer würde diese Sünde auf ihm liegen.
 

„Dann bin ich ein Sünder“, flüsterte er.
 

Tenten wusste nicht wie ihr geschah. Das hier war viel mehr, als sie sich je erhofft hatte. Und nie würde sie vergessen. Durch ihren Kopf schossen Dutzende Erinnerungen an Neji. Es war längst mehr als Yin und Yang, sie liebte ihn. Mehr als sie es durfte, mehr als sie je gedacht hätte.
 

Plötzlich war es still geworden. Die Natur selbst schien verstummt zu sein. Ihr beider Herzschlag schien eins geworden zu sein. Neji legte sachte seine Hand unter ihr Kinn, hob es leicht an, strich über ihre Wange. Ganz langsam senkte er seinen Kopf. Und dann küsste er sie.
 

Nie hatte er gedacht, diese Verbundenheit, die er ihr gegenüber beim Tanzen empfunden hatte, könnte noch einmal überboten werden. Aber das hier war ganz anders. Sanft berührten sich ihre Lippen. Auch er hatte die Augen geschlossen. Vorsichtig fuhr er mit einer Hand an ihrem Kopf vorbei, zog sie noch näher an sich heran. Er spürte all ihre Konturen auf seinem Körper, all ihr Wesen mit seinem vereint.
 

Tenten hatte nie damit gerechnet, dass er den ersten Schritt machen würde. Das war mehr, als sie je verlangen könnte. Vorsichtig erwiderte sie den Kuss. Sie fühlte sich unsicher, nie hatte ein Mann sie so geküsst wie er. Immer wieder kostete er von ihren Lippen, entfernte sich ein Stück, nur um sie im nächsten Moment wieder ganz sanft zu berühren. Seine langen Haare verdeckten beinahe ihre beiden Gesichter. Langsam ging sie darauf ein, leicht bewegte sie ihre Lippen. Alles war egal geworden, es zählte bloß der Moment. Wann würde sie je wieder so glücklich sein? Sie wusste es nicht.
 

In Neji war das Feuer stärker, als jemals zuvor. Er wusste, dass es falsch war, was er hier tat, aber bereuen würde er nichts. Eine Welle der Hitze durchströmte ihn, die Flammen flackerten und loderten so hoch wie noch nie. Es entbrannte in ihm eine Leidenschaft für diese Frau, die er sich nie zugetraut hätte. Im selben Augenblick wurde ihr Kuss leidenschaftlicher. Er wollte mehr von ihr, viel mehr.
 

Es war falsch was sie hier taten. Mehr als das. Doch es fühlte sich viel zu gut an, um damit aufzuhören. Sie merkte, dass auch Neji so fühlte. Immer fordernder küsste er sie. Sanft lagen ihre Lippen aufeinander, er küsste sie mit so viel Gefühl, das sie ihm gar nicht zugetraut hatte. Sachte strich sie ihm eine Strähne aus dem Gesicht, legte ihre Arme um seinen Hals, zog ihn noch näher zu sich. Sie wollte ihm nah sein.
 

Eine einzige Berührung! Eine einzige Berührung brachte ihn fast um den Verstand. Sie war ihm nur ganz leicht über den Arm gefahren. Doch ihre Finger lösten eine Gänsehaut in ihm aus. Überrascht hatte er festgestellt, dass es ihr nicht unangenehm schien.
 

Nur der Vollmond beschien das Szenario, niemand löste diesen magischen Moment. Mitternacht.

Tenten fand keine Worte hierfür. Keine Beschreibung war schön genug. Also ließ sie es bleiben und genoss den Augenblick. Vielleicht war das ein perfekter Moment. Ein gemeinsames Gefühl, das süßer war als Honig und wärmer als die hellsten Flammen. Ein Fehler, aber solch einer, den man nicht bereute. Gerade weil es falsch war, hatte es etwas Besonderes. Vieles was als schön und perfekt dargestellt wurde, war gestellt und vorgeführt. Verschleiert und maskenhaft. Musste man erst eine Sünde begehen um ehrlich zu sein? Ironie. Und doch ... in diesem Moment war es Perfektion.
 

Er durfte nicht weitergehen und doch tat er es. Eigentlich dachte er immer über alles nach was er tat, doch diesmal war es anders. Er konnte nicht aufhören. Sie betörte ihn. Neji konnte sich nicht von ihr lösen. Neji beendete es nicht, er hörte nicht auf. Doch, wenn er nicht innehielt, würde etwas eintreten, das schrecklicher war als alles was er bisher erlebt hatte und schöner als alles was er je erleben würde.
 

Er würde sich in sie verlieben.
 


 

~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~
 

Hi there outside! I'm back. Ich weiß es hat seeeeeeeeehr lange gedauert, ich entschuldige mich demütig, aber momentan habe ich einfach keine Zeit. V.V Dafür ist es auch wieder länger geworden. Ich werde keine Zeit damit verschwenden irgendwem zu sagen, dass ich jetzt das neue Kapitel früher on stelle, weil mir die Schule und mein Führerschein einfach wichtiger sind. In den Weihnachtsferien hab ich dann auch wieder mehr Zeit.
 

Nun dieses Kapitel war ohne Zweifel mein romantischtes >////<, ich sag euch aber gleich, dass es nicht schlimmer wird^^ *zu kritikern schiel*. Ehrlich, bei diesem hier bin ich mir bisher am unsichersten. Das ist doch viel zu kitschig geworden !!! Aber irgendwie konnte ich auch nicht anders. Ihr werdet sehn, das war für den Verlauf der gesamten Story unheimlich wichtig. Beim nächsten Mal leg ich mit dem Drama los. Haltet euch fest, denn das ist bis Kapitel 21 das einzig wirklich schöne... Nun ja, ich will nicht zu viel verraten. Wisst ihr, dass diese Szene schon vor der Handlung der Geschichte feststand? Deshalb hab ich auch den See öfter eingebaut... später bekommt dieser Ort dann noch eine andere Bedeutung, aber das werdet ihr ja dann sehen XD
 

So. Eine Sache wurmt mich dann aber doch. Wieso zum Teufel gehen seit dem 7. Kapitel die Kommis wieder zurück??? Diesmal auch an die, denen ich eine ens schreibe und es nicht für nötig halten ein wenig Feedback da zu lassen: Ehrlich Leute vertragt ihr keine Action, Schwertkämpfe sind doch so viel einfacher zu schreiben als Romantik...nun ja, ich mag ja auch gerne mal etwas schön Romantisches, aber bei dieser Geschichte müsst ihr auch die Gesamtheit sehen. Ich wäre denen, die 'Samurai' auf ihrer Favo-Liste haben, und auch denjenigen, die eine ens bekommen, wirklich sehr dankbar, wenn IHR mal eure Meinung sagen könntet, denn das zieht mich ein wenig runter, wenn es 180 Leute lesen und ich nur 40 Kommentare bekomme, das ist nicht mal ein Viertel... Also Leute, schreibt was, ich habe bewiesen, dass ich auch Kritik vertragen kann. *ausatme*

Das musste ich (wieder einmal) loswerden. Diesmal hoffe ich auf mindestens über 30, dann hätten wir die 500 geknackt.^^
 

Jetzt erst einmal das übliche Dankeschön an Arethelya, die wieder gebatet hat und an Vanillaspirit, die mir viele Infos über Samurai geschickt hat und an Knispell, die mir schon ein Cover für den zweiten Teil, sowie den dritten gemacht hat(merci beaucoup... ich liebe dieses bild und mit dieser umsetzung^^) und an manche Neueinsteiger, wie Ayano-chan: ich mag dich schon jetzt ^^
 

Der Titel: Kapitel 10: Midnight heißt übersetzt Mitternacht und bezieht sich wie nicht anders zu erwarten auf die Szene auf dem See, ich hoffe mir sind Neji und Tenten da einigermaßen gelungen^^. Das nächste Kapitel wird nicht allzu schnell erscheinen. Freut euch auf Kaptitel 11: Sin...
 

Danke fürs lesen. Jetzt hoffe ich aber auf viele Kommentare, Kritik ist genauso gern gesehen wie Lob(mal ehrlich, wer mag es nicht, wenn sein Kram als gut befunden wird?^^). Bis zum nächsten Mal.
 

hel

eure

moonlight_005

~ Kapitel 11: Sin ~

~ Kapitel 11: Sin ~
 


 

Das Herz ist ein kristallener Tempel; einmal zerbrochen kann es nie wieder

zusammengefügt werden. [Japanisches Sprichwort]
 


 

Kein Licht fiel in den dunklen Gang. Die Nacht tauchte die Wände in vollkommene Dunkelheit. Einzelne Tropfen verdreckten Wassers liefen die Wände entlang. Die Feuchtigkeit war überall spürbar. Dumpfe Schritte verstummten augenblicklich, als die ganz in schwarz gehüllte Gestalt fast gemächlich durch den Gang schritt. Der lange Umhang umwehte die breiten Schultern. Das Schwert steckte in einer wertvollen Scheide, die genauso schön wie stabil war. Auf ihrem Rücken war ein Köcher samt Pfeilen sowie ein Bogen geschnallt.
 

Die Person schnaubte. Ein bösartiges Glitzern stahl sich in ihre Augen. Soeben hatte er etwas höchst Interessantes beobachtet. Dafür müsste sogar Orochimaru ihm dankbar sein. Schließlich erhielt man nicht alle Tage die Information, dass man die Prinzessin in einer unverkennbaren Situation gesehen hatte sowie die, dass ein junger Samurai alle Regeln brach und sich die allergrößte Sünde auflud, die in diesem Fürstentum überhaupt existierte. Mal abgesehen vom Verlust der Ehre und Hochverrat. Doch... wenn man es genau betrachte, war genau das eingetreten. So eben hatte er sich dessen schuldig gemacht.
 

Romantisch hatte es ausgesehen, doch das änderte nichts an der Tatsache, dass er die Tochter des Fürsten begehrte und sie geküsst hatte. Schade eigentlich. Soweit er gehört hatte, sollte dieser Neji als Genie im Schwertkampf gelten. Doch was ging ihn das an? Er kümmerte sich nur um sich selbst und das, was sie noch vor sich hatten.
 

Lässig strich er sich die schwarzen Strähnen aus dem Gesicht. Die dunklen Augen konnte man nicht von der Finsternis unterscheiden. So tief und voller Geheimnisse. Der Mann strahlte etwas Mystisches und gleichzeitig furchtbar Mächtiges aus. Die längeren schwarzen Haare fielen ihm widerspenstig in die Stirn. Desinteressiert wischte er sie weg. Der Gang war jetzt merklich heller geworden. Das Feuer einiger Fackeln hatte die Dunkelheit durchdrungen. Die ganz in schwarz gekleidete Gestalt setzte ihren Weg fort, als hätte sie alle Zeit der Welt.
 

Im Schein des Feuers wirkte er fast wie ein Raubvogel, der sich gleich auf seine Beute stürzen würde. Er war völlig ruhig und doch immer auf der Hut, konzentriert und blitzschnell. Nach einer Kurve stand er vor einer verschlossenen Holztür, die von zwei Wachen flankiert war. Ein Weiterkommen ohne bemerkt zu werden war unmöglich. Beide trugen eine Lanze und waren bis an die Zähne bewaffnet. Die düstere Gestalt hielt inne.
 

„Wer bist du?“, kam es aggressiv von dem Einen; „du bist nicht erwünscht, Orochimaru-Sama empfängt niemanden.“

„Das hat keine Bedeutung.“ Seine Stimme klang so kalt wie Eis und den beiden Wachen lief augenblicklich ein Schauer über den Rücken. „Was willst du?“, verunsichert wurde der Fremde gemustert. „Wie bist du überhaupt hier rein gekommen?“. „Das geht euch nichts an. Sagt Orochimaru Bescheid, dass ein alter Freund ihn erwartet.“ „Wir dürfen niemanden einlassen“, erwiderte der größere der beiden. „Verschwinde!“
 

Die vermummte Gestalt rührte sich nicht einen Millimeter.

Bevor auch nur einer der beiden reagiert hatte, war das schmale längliche Schwert aus der Scheide geglitten. Blitzschnell stand der Fremde plötzlich hinter ihnen. Die Wachen hatten nur Zeit für einen kurzen Moment die Augen aufzureißen. Ein Keuchen durchdrang die Stille, dann war es ruhig. Regungslos sackte die größere Wache in sich zusammen. Ein Rinnsal Blut tropfte auf die Erde. Die rote Flüssigkeit breitete sich langsam von der Wunde aus und durchtränkte den Stoff seines Hemdes. Der Fremde zog das Schwert aus dem leblosen Körper und ließ es dann zurück in die Scheide gleiten. Die Klinge hatte sein Herz durchbohrt. Das Leben war gewichen. Hatte Platz gemacht für den Tod, der sich Seele und Körper des Unschuldigen geholt hatte.
 

Doch der Fremde zeigte keine Reue. Keine einzige Emotion huschte über sein Gesicht. Die verbliebene Wache war kalkweiß geworden. Jegliche Farbe hatte ihr Gesicht verlassen. Mit einem panischen Aufschrei stürzte er Mann durch die hölzerne Tür, direkt in Richtung Orochimarus geheimen Audienzsaal.
 

Orochimaru saß lässig auf einem mit Samt überzogenen Sessel. In der Hand eine Schale mit einer durchsichtigen Flüssigkeit darin. Sacht hob er das Gefäß gegen das schwache Licht. Das Feuer spiegelte sich im Sake wider. Trotz des Aufschreis draußen störte er sich nicht im Geringsten an dem Lärm.
 

„Orochimaru-sama“, hörte er ein Keuchen. Er sah auf. Sein Blick wanderte durch den Raum und blieb an einer völlig aufgelösten Wache hängen. Noch bevor diese ein zweites Mal etwas sagen konnte, durchbohrte ein Schwert seinen Rücken und trat an der Brust aus. Leblos sackte er zusammen. Unter der Leiche breitete sich eine Blutlache aus.
 

„Was soll das?“, fragte der Schwarzhaarige Mann. Die vermummte Gestalt sah auf, riss das Schwert aus dem Körper des Soldaten und wischte es gelassen mit einem weißen Stofftuch ab, bis es wieder völlig makellos war.
 

„Du solltest deinen Leuten genauere Angaben machen, wen sie unverzüglich durchlassen sollen und wen nicht“, erwiderte der Fremde. Seine Augen schimmerten leicht rötlich. Eine gefährliche Aura breitete sich um ihn herum aus. „Ich bin vorsichtig.“ Die bernsteinfarbenen Augen verzogen sich zu Schlitzen. „Was verschafft mir die Ehre deines Besuches, alter Freund“. Die Belustigung konnte man sofort heraushören.
 

Der Fremde nahm die Kapuze ab, die bis dahin sein Gesicht im Dunkeln gelassen hatte. Feine Gesichtszüge, umhüllt von Dunkelheit, kamen zum Vorschein. „Du solltest dankbar sein, ich habe Informationen für dich.“ Nun lehnte sich Orochimaru interessiert nach vorn. „Was für eine Gegenleistung willst du? Ich weiß nicht mal, was du mir erzählst. Was ist, wenn du mir einfach Lügen auftischst?“ „Du solltest uns gut genug kennen um zu wissen, dass wir uns nur wegen wichtigen Dingen mit dir in Verbindung setzen.“ „Was erwartet ihr?“ „Nichts.“ „Nichts?“ Zweifelnd hob Orochimaru eine Augenbraue. „Oh glaub mir, Vorteile werden für uns immer entstehen.“ „Was sind das für Informationen?“ „Es geht um die Tochter des Fürsten.“

Orochimaru setzte sich augenblicklich aufrechter hin. „Erzähl mir mehr.“ „Dieser Samurai und sie...“ Doch an dieser Stelle unterbrach ihn der Berater des Fürsten: „Neji Hyuga?“

Der Fremde sah ihn fragend an. „Neji ja, aber ein Hyuga? Das ist unmöglich.“ „Nein, ist es nicht.“ Orochimaru machte eine Pause. Wohlweißlich um seine nächsten Worte voll auszukosten. „Er ist Hizashis Sohn.“ Die Augen des Fremden nahmen für einen winzigen Moment Überraschung an. Doch dann wurden sie neutral, als ob ihn das alles nichts anginge. „Das wirft ein völlig neues Licht auf die Dinge.“ „Was weißt du?“, unterbrach ihn Orochimaru. „Nun, der junge Samurai ist weiter gegangen als alle vor ihm.“ Einen Moment herrschte Stille. „So dumm. Er hätte alles haben können und wirft es weg für einen Kuss.“
 

„Das ist interessant. Ich wusste, dass eine Verbindung besteht, aber nicht, dass es da eine Affäre gibt.“ In Gedanken versunken nippte er an seinem Sake. „Er wird lernen, was es heißt, diese Sünde zu begehen.“ „Tötest du ihn?“ „Dafür ist es zu früh.“ Er blickte seinem Gegenüber in die noch immer rot glänzenden Augen. „Was bezweckst du damit, Uchiha Itachi?“
 

~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~
 

Die Nacht war wunderbar warm gewesen. Kein bisschen hatte er gefroren. Allerdings hatte das wohl einen anderen Grund gehabt. Was zum Teufel hatte er sich dabei gedacht? Er hatte sie einfach - und sein Magen drehte sich bei diesem Gedanken um -, er hatte sie einfach geküsst. Wollte sie das überhaupt? Was, wenn sie jemand gesehen hatte? Doch er bekam keine Antwort. Und im Moment war ihm das gleichgültig. Immer noch konnte er ihre weichen Lippen auf seinen spüren...
 

Wie lange sie noch auf dem See gewesen waren, wusste er nicht. Er konnte nur feststellen, dass es schon langsam heller wurde. Leichtes Rosa mischte sich in die Morgendämmerung. Doch nach wie vor war die Schwärze der Nacht nicht vom Himmel verschwunden. Neji strich sich die Haare aus der Stirn und fragte sich abermals, warum er das getan hatte. Würde Tenten je wieder mit ihm reden? Sie hatten kein Wort mehr miteinander gesprochen. Es war, als wenn beide in völlig verschiedenen Welten lebten. Sie beide hatten neben sich gestanden. Aber in diesem einen Moment war er sich sicher in der gleichen Welt wie sie zu sein, dann aber waren sie einander wieder weiter entfernt, als sie es je gewesen waren. Wie sehr beherrschte sie ihn schon? Seit wann war es anders zwischen ihnen geworden?
 

Und wieder konnte er sich all die Fragen nicht beantworten. Die Prinzessin war ein einziges Rätsel. Mal wirkte sie stark und dann hatte sie schwache Momente in denen, er gestand es sich endlich ein, er sie beschützen wollte. Ihre Seele von der Grausamkeit abschirmen, die im ganzen Reich herrschte. Sie war so naiv. Was nützte es ihrem Volk, wenn sie an sich zweifelte? Wenn sie sich selbst aufgab, wären die Menschen verloren. Irgendwann würden andere Zeiten anbrechen. Zeiten in denen ihr Wort Gesetz sein würde. Doch bis dahin war es noch weit. Ja, irgendwann...
 

Neji erreichte den Waldrand. Hinata, Lee und Naruto mussten schon längst schlafen, aber sie waren es ja gewohnt, dass er nachts noch durch die Gegend streifte. Früh wurde er nie zurück erwartet. Im Gegenteil, sie waren eher verblüfft, wenn er einmal vor dem Essen zurückkehrte. Meist hatten ihm seine Mitbewohner seine Mahlzeit aufgehoben. Immer konnte er sich auf sie verlassen, doch seinen Weg musste er alleine gehen. Niemand konnte ihm helfen.
 

Der junge Samurai schritt durch das Gehölz. Jeden Abend ging er hier entlang, doch es war das erste Mal, dass der Pfad vom Vollmond beleuchtet wurde. Es war so ruhig. Fast unnatürlich. Das Laub knisterte unter seinen Füßen, als er seinen Weg fortsetzte. Bald würde es Herbst werden. Wie die Zeit verging. Eben noch war er ein Dieb gewesen und jetzt war er ein junger Krieger, ein Samurai. Sollte das die Erfüllung all seiner Wünsche sein? So einfach konnte es nicht sein. Er glaubte nicht daran. Es war, wie Tenten gesagt hatte. Er fürchtete die Zukunft. Ruhelos war er. Neji hatte sich nie Furcht eingestanden, doch jetzt war es anders. Es waren nicht die Dinge, die schon geschehen waren; es waren die Dinge, die geschehen würden. In seinem Inneren machte sich eine dunkle Vorahnung breit. Etwas würde passieren.
 

Das Land war längst nicht so ruhig, wie ihm das idyllische Konoha - Gakure vor machen wollte. Nach wie vor herrschte Krieg. Die Rebellen wurden immer zahlreicher und das Volk litt. Eine Tatsache, die er fast vergessen hatte. Neji hatte gelebt, zum ersten Mal. Er hatte Freunde gefunden und Tenten. Und seinen Traum. Nie hatte er wirklich daran geglaubt und trotzdem war es Realität geworden. Es war nicht verwunderlich, dass er es vergessen hatte. Für ihn gab es kein schöneres Leben, auch wenn es manchmal hart gewesen war bei Kakashi. Doch auch seinen Lehrer hatte er zu schätzen gelernt.
 

Neji sah in den Himmel hinauf. Wie viele Kriege waren schon ausgefochten worden? Wie viele Unschuldige waren gestorben? Wie viel Leid hatte es gegeben? War es nun seine Aufgabe wieder Ordnung in die Dinge zu bringen? Er wusste es nicht.
 

Ein Schatten huschte durch die Bäume. Doch Neji beachtete ihn nicht. Ein Fehler, wie sich später herausstellen sollte. Völlig in Gedanken versunken, nahm er die Bewegung nicht wahr.
 

„Nun junger Samurai, was macht Ihr noch so spät im Wald?“ Eine eiskalte Stimme mit spöttischem Unterton durchbrach die Stille. Ganz langsam drehte Neji sich um. Hinter ihm stand Dosu. Ein paar Soldaten um sich gescharrt. Zu spät bemerkte er, dass sie ihn eingekreist hatten.
 

Dosu erwartete keine Antwort. „Eine einzige Bewegung und ich lasse schießen“, flüsterte er.

Aus dem Unterholz erhoben sich Bogenschützen. Für einen Moment dachte Neji an den Dolch, der in seinem Gürtel steckte. Doch er verwarf den Gedanken sofort. Er wusste noch all zu gut, wie es das letzte Mal ausgegangen war. Warum hatte er Ryujin zu Hause gelassen? Es war zum Verzweifeln. Wo er sich endlich wehren konnte, fehlte ihm die Waffe.
 

„Was willst du von mir, Dosu?“ Seine Stimme klang hasserfüllt. Mit einem tödlichen Blick durchbohrte er den General. „Du wirst eine nette, kleine Unterhaltung führen“, genüsslich leckte er sich über die Unterlippe, „über die Tatsache wie wir mit Sünden umgehen.“ Neji wurde blass. Nein. Das konnten sie nicht wissen. Woher sollten sie auch? Sie waren doch allein gewesen.
 

„Diesmal wird dir niemand helfen. Du bist unbewaffnet. Sieh es ein. Wenn du nicht sterben willst, wirst du dich fügen.“ Die schmalen Augen zogen sich belustigend zusammen. „Was würde die Prinzessin sagen, wenn sie deinen Leichnam sieht?“, grinste er. Neji war sich sicher noch nie einen Menschen so sehr gehasst zu haben wie Dosu in diesem Moment.
 


 

~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~
 

Der Schwarzhaarige hörte das geschäftige Arbeiten verschiedener Soldaten. Immer noch konnte er nicht glauben, dass er sich einfach so ergeben hatte. Aus Angst, was Tenten womöglich noch passieren konnte. Damit er sie wenigstens einmal so beschützte, wie sie es bei ihm getan hatte?

Immerhin wusste er, dass er sich in einem Keller befand. Der fensterlose Raum strahlte eine dunkle Aura aus. Die von Schatten umspielten Wände schienen feucht und schon ziemlich alt zu sein. An den Ecken schimmerten die Fäden von Spinnweben. Doch all das erfassten seine Augen nicht. Er war sich allerdings sicher, dass das nicht der Kerker war, in dem er gewesen war. Im Vergleich hierzu hatten sie ihn einfach nur eingesperrt. In seiner Zelle war ein Fenster gewesen... Ein geheimes Schlupfloch also.
 

Durch die Augenbinde sah er zwar nichts, doch alle anderen Sinne waren geschärft und auf seine gesamte Umgebung ausgerichtet. Wieder hatten sie ihn gefesselt. Offensichtlich konnte die Tatsache, dass er ausgeliefert war, ihnen die Angst vor ihm doch nicht nehmen. Grimmige Genugtuung durchflutete ihn. Hatte er also doch eine atemberaubende Vorführung hingelegt. Die Soldaten hatten jedes Schwert oder waffenähnliche Gegenstände aus seiner Reichweite gebracht.
 

Neji wusste nicht, wie viel Zeit schon vergangen war. Nie hörte er jemanden reden. Dann vernahm er das Rascheln von Eisenketten. Das kalte Metall schloss sich um seine Handgelenke. Er wurde aufrecht gezogen. Die Ketten waren in der Decke eingelassen. Beide Hände in der Gewalt des Eisens. So kalt.
 

Höhnisches Gelächter dröhnte aus der anderen Ecke des Raumes. Neji war völlig blind, doch die Stimme erkannte er trotzdem. Diesen Spott hatte er schon mal gehört. „Du hast wirklich Pech“, meinte Kabuto. „Es kommt immer auf die Sicht an, aus der man es betrachtet“, erwiderte Neji kühl. Der junge Samurai wollte ihm nicht auch noch die Genugtuung geben zu zeigen, dass er die Situation nicht unter Kontrolle hatte.
 

„Du weißt zu allem eine Antwort, nicht wahr?“ „Und du stellst mir doch bloß diese Fragen, um dich nicht für irgendetwas rechtfertigen zu müssen.“ „Ich wüsste nicht, was es da zu rechtfertigen gäbe.“ Ein teuflisches Lächeln schlich sich auf seine Züge. Dann löste er Nejis Augenbinde. Für einen Moment blinzelte der junge Samurai, bevor er sich ans Licht gewöhnte. Er sah sich im Raum um und erkannte einen hohen unterirdischen Keller, der von Fackeln beleuchtet war. Sein Blick fiel auf die Ketten, die ihn fesselten. Die ineinander befestigten Eisenringe bildeten ein unüberwindbares Hindernis. Flucht war ausgeschlossen.
 

„Was soll das Ganze hier?“ Seine Stimme hatte einen herablassenden Unterton, doch trotz allem war er sich seiner Furcht bewusst. Neji war Kabuto völlig ausgeliefert. „Dosu hat mit dir geredet oder? Du solltest wissen, dass wir jemanden nicht ungestraft lassen, der die Prinzessin anfasst?“ Neji schwieg. Er hatte es doch eigentlich immer gewusst. Es war also doch Sünde gewesen ... und die würde nicht ungesühnt bleiben.
 

Es ist verboten sie anzusehen, es ist Sünde ihr auch nur das kleinste bisschen Begehren entgegen zu bringen. Solltest du es tun, dann ist dein Schicksal besiegelt...
 

„Warum dann nicht schon beim Tanzen?“ Kabuto horchte auf. Das silberne Haar leicht zurückgeworfen. „Ein berechtigter Einwand. Weißt du, ihr wart mitten im Getümmel, wie sollte man eingreifen ohne ein Massaker zu veranstalten? Mao-Chéng hätte es bestimmt nicht gutgeheißen, wenn seiner Tochter etwas passiert wäre.“ Kabuto schmunzelte. „Außerdem ist es doch sowieso viel schöner, wenn wir euch glauben lassen irgendeine Chance zu haben.“ Was sollte das denn heißen? Er wusste ja, dass es mehr als eine Person geben musste, die sich gegen ihn verschworen hatte. Endlich wurden die einzelnen Zusammenhänge klar. Das Puzzle fügte sich zusammen: Dies war ein Komplott. Von Anfang an geplant und er hatte es nur nicht sehen wollen, weil er so sehr gehofft hatte, ein einziges Mal glücklich zu sein.
 

„Wer ist dein Auftraggeber?“ Kabutos Augenbraue zuckte belustigt. „Du bist ja so … naiv, glaubst du wirklich das würde ich dir verraten?“ Neji biss sich auf die Lippe. Er hasste Gefangenschaft. Dies alles war nur wieder ein weiterer Käfig gewesen. Eine Illusion, die so verführerisch war, dass er ohne zu hinterfragen einfach daran geglaubt hatte. So sehr hatte er sich gewünscht nicht alleine zu sein. Naruto und Lee waren zwar nervig, aber sie hatten ihm geholfen, waren seine Freunde geworden. Hinata war wie eine Schwester für ihn und Tenten... Darüber wollte er nicht nachdenken.
 

„Du kennst ihn gut“, flüsterte Kabuto, „und dann ist er dir wieder so fremd, als hättest du ihn noch nie gesehen.“ „Dann sag mir, was er mit mir vorhat!“, fauchte er. „Was hab ich getan, dass er mich einsperrt wie einen Hund? Was hab ich getan, dass er mir alles genommen hat: Meine Heimat, meine Freiheit und...“, er stockte, doch Kabuto grinste nur. Die nächsten Worte kamen so süßlich über seine Lippen, dass Neji dachte daran zu ersticken. „Eine einzige Sünde. Eine einzige Sünde wird dir zum Verhängnis werden. Du tätest besser daran der Prinzessin nie begegnet zu sein.“ Mit vor Wut blitzenden Augen starrte er seinen Peiniger an. Gleichzeitig aber strahlten seine Augen Verzweiflung aus.
 

Dafür wollten sie ihn bestrafen? Das durfte doch wohl nicht wahr sein! Wie kam er bloß immer in diese Situationen? Am liebsten hätte er laut gelacht. Über seine eigene Dummheit. Warum hatte er noch mal überlebt? Genau, weil er niemandem getraut hatte und nur auf sich selbst aufpassen musste. Doch diese Zeiten waren Vergangenheit. Er war nicht mehr der Dieb, der er einst war. Er war ein Krieger, dem es nicht möglich war sich zu wehren. Neji schwor sich nie wieder ohne Waffe aus dem Haus zu gehen.
 

„Na, hast du dich mit dem Ende abgefunden?“, raunte ihm Kabuto zu. „Wir sind hier ganz allein, niemand wird dich hören.“ Und er hatte recht, Kabutos Untergebenen, die er eben noch wahrgenommen hatte, waren verschwunden. Sie waren allein...
 

„Was hast du vor?“ „Du bist nicht in der Position hier Fragen zu stellen, Samurai“, fügte er spöttisch hinzu. Dann zückte er ein Messer. Gefährlich nah kam Kabuto mit dem scharfen Metall an Nejis Gesicht heran. Doch der Schwarzhaarige zuckte nicht mal mit der Wimper. Eines hatte er beschlossen: Er würde seinen Stolz nicht verlieren oder Kabuto die Freude machen ihn leiden zu sehen. Unbeweglich starrte Neji dem Grauhaarigen in die Augen. Allerdings erwiderte dieser den Blick ebenso gekonnt wie der Achtzehnjährige. Ein gehässiges Lächeln schlich sich auf seine Züge. „Du wirst sehen, du wirst nicht mehr so aufsässig sein, wenn ich mit dir fertig bin.“ Dann schnippte er mit seinem Finger und sofort kam ein jüngerer Soldat. Er kam Neji merkwürdig bekannt vor. Den hatte er doch schon mal gesehen.
 

„Nimm unserem Gast doch sein Hemd ab, es ist so warm hier, Zaku.“ Mit diesen Worten warf er seinem Untergebenen das Messer zu. Zaku. Das war doch der, der Naruto so heruntergemacht hatte und ihnen ihre Zimmer gezeigt hatte. Er gehörte also auch dazu.
 

Langsam verstand er diese Rangordnung. An oberster Spitze stand der Mysteriöse Auftraggeber, darunter kam Kabuto, der wiederum so viel Macht hatte, dass Dosu ihm gehorchte. Zaku gehörte irgendwo in die Sparte unter Kabuto und Dosu. Aber waren das alle? Wie viele Untergebene hatte sein Feind? Wie viele hatten sich gegen ihn verschworen?
 

Zaku sah Neji nicht an. Wortlos kam er mit dem Messer näher und blieb hinter ihm stehen. Der Schwarzhaarige sah sich auf der Stelle nach seinem neuen Gegner um. Mit einem konnte er es aufnehmen, doch in dieser Lage... In Ketten und fast unbeweglich. Es war kein Wunder, da nervös zu werden. Herr Gott er war doch auch nur ein Mensch. Sein Kopf zuckte in Richtung Zaku, der das Messer an seinen Rücken legte. Dieser jedoch hob nur das von Hinata so mühsam genähte Hemd hoch und schlitze es von oben bis unten auf. Der Stoff fiel zu Boden und Neji stand mit nacktem Oberkörper in dem kalten Kerker. Sofort fröstelte es ihn. Die Kälte schlich sich in seine Glieder und ein kalter Schauer rann seinen Rücken herunter.
 

„Du hast trainiert, wie ich sehe“, meinte Kabuto. Sein Blick hatte sich auf Nejis mittlerweile antrainierte Muskeln geheftet. „Oder ist man automatisch kräftig, wenn man andere Leute bestiehlt?“ Nejis Augen verengten sich zu Schlitzen. Er war nicht stolz auf seine Vergangenheit. Gleichzeitig war ihm klar, dass Kabuto ihn provozieren wollte. Die unterschiedlichen Emotionen kämpften um die Oberhand, doch noch war kein Ergebnis abzusehen. Nejis Gesicht glich einer Maske. Keine Reaktion auf Kabuto und doch... in seinem Inneren brodelte es. Wer war dieser Mann, dass er über andere urteilen konnte?
 

Doch bevor es zu einem Ausbruch kommen konnte, wandte sich Kabuto schon wieder um. War es das was er erreichen wollte? Ihn bis aufs Blut zu reizen und ihm zeigen, dass er doch unterlegen war? Nein...

Kabuto hatte etwas anderes vor. Es war seine Seele, die er zermürben wollte.
 

„Bring mir bitte das Werkzeug, das ich benötige“, sagte er. Zaku begann zu schmunzeln und nickte dann. Ohne ein Wort verschwand er in einem anderen Gang. „In der Zwischenzeit“, er wandte sich Neji zu, „werden wir uns unterhalten.“
 

„Willst du mir erklären, warum du mich hier festhältst?“ „Glaubst du wirklich man würde es ungesühnt lassen, dass ein dahergelaufener Dieb, eine Chance erhält, anstatt sofort zu Tode verurteilt zu werden, nachdem er grundlos Soldaten angegriffen hat? Nachdem er die Prinzessin geküsst hat?“ „Der Fürst selbst hat mir die Chance gegeben und ich habe sie genutzt.“ Kabuto blickt amüsiert in Nejis weiße Augen. Doch dieser hielt dem Blick stand. „Warum hat er das wohl getan? Überleg doch mal. Die Prinzessin war nicht die einzige, die mit ihm geredet hat. Es gab noch eine zweite Person...“ In Nejis Gehirn rastete etwas ein. Ein weiterer Teil, der sich in das ganze Bild fügte.
 

„Hast du es begriffen?“, flüsterte Kabuto. Doch Neji kam um die Antwort herum. Die Tür schwang auf und Zaku betrat abermals den Raum. „Kabuto-sama? Hier.” Zaku reichte Kabuto einen Gegenstand. Der Schwarzhaarige konnte jedoch nichts erkennen. Die beiden Männer verdeckten die Sicht.
 

Kabuto gab seinem Untergebenen einen Wink und jetzt konnte Neji den Gegenstand erkennen. Ein Lächeln ziert Kabutos Gesicht. Er hielt eine Peitsche in der Hand. „Du bist entlassen“, zischte er und Zaku verschwand so schnell wie er gekommen war. „Mit dem werd ich alleine fertig“, setzte er hinzu, als die Tür ins Schloss fiel.
 

„Nun, Samurai“, sagte er spöttisch, „jetzt wirst du lernen, was wahre Schmerzen sind.“ Kaum merklich wurde Neji bleich. Er würde ihn foltern. „Wir haben die ganze Nacht. Wie lange hältst du es aus, ohne zu zerbrechen?“ „Du wirst mich nicht brechen“, erwiderte Neji heftig. Von Kabuto ließ er sich nicht fertig machen. Seinen Stolz konnten sie ihm nicht nehmen.
 

„Das“, er schmunzelte, „werden wir sehen. Wir haben viel Zeit.“ „Hast du es mir nicht verziehen, dass ich dich besiegt habe? Eifersüchtig?“ Die Provokation hing in der Luft. Stille. Kabutos Gesichtsausdruck verformte sich zu einer hässlichen Grimasse: „Ist dir dein Ruhm zu Kopf gestiegen? Du weißt gar nichts über das richtige Leben. Mal sehen wie es ist, wenn wir fertig sind. Genug geredet fangen wir an.“
 

„Ein Blick...“, er leckte sich über die Lippen. Und dann schlug er zu. Die Peitsche knallte auf Nejis entblößten Rücken. Der Schwarzhaarige fühlte sich, als wenn ihm die Haut von den Knochen getrennt wurde. Vor Nejis Geist huschte das Bild von Tenten vorbei. Ein Blick, der alles verändert hatte... Er gab keinen Ton von sich. „Ein Tanz...“ Ein zweites Mal wurde Neji’s Rücken von flammendem Schmerz erschüttert. Wieder verzog er keine Miene. All seine Gefühle versteckte er hinter einer Maske aus Eis. Und dennoch. Sein Rücken fühlte sich gespalten an. Neji verdrängte alle Gedanken. Er fühlte das warme Gefühl, das der Tanz in ihm ausgelöst hatte... und dann konnte er nicht mehr klar denken, denn da war nur Schmerz. So viel Schmerz, dass er es fast nicht ertrug. Das alles sollte aufhören! Doch Kabuto hielt nicht inne, immer wieder prallte die Waffe auf seinen blutigen Rücken. Und mit jedem Mal wurden die Schläge stärker. Neji hing in den Ketten. Sein Wille war jedoch nach wie vor ungebrochen. Doch... Wie lange würde er dieses Leid ertragen, wenn es ihn jetzt schon verzweifeln ließ?
 

„Fühlst du schon die süße Schwere? Fühlst du, wie der Tod seine kalten Finger nach dir ausstreckt? Sehnst du dich nach der Erlösung? Nach dem Nichts, an dem du vergessen kannst? Egal, welche Sünde du auch begangen hast?“ Doch der junge Samurai antworte nicht. War sein Widerstand schon verloschen? Neji gab nicht einen Laut von sich. Das Gefühl seines geschunden Körpers umhüllte ihn in jeder Sekunde und er konnte den metallischen Geruch seines eigenen Blutes riechen. Aber es war nicht vorbei. Tenten... Dieser Gedanke gab ihm Kraft, obwohl genau diese Frau Auslöser für seine Situtation war. Er sah sie vor sich. In der Nacht, als er ankam, am See, im Abendkleid... Neji sah ihr Lächeln vor sich, die braunen Augen, die sich in seine bohrten und in ihm ein bisher nie gekanntes Gefühl auslösten. Tenten wie sie ihn überredete mit ihm auf den See zu fahren. Das Gefühl, als er sie geküsst hatte... Die ungewöhnlich weißen Augen blitzten auf und bohrten sich in die seines Peinigers. Dieser schaute ihn nur belustigt an. „Nein? Dann lass es uns zu Ende bringen.“
 

„Eine Begierde...“, führte er sein Mantra fort. Im gleichen Augenblick, stahl sich ein schmerzverzerrter Ausdruck auf Nejis Gesicht. Die eiserne Mauer, die er um seinen Geist aufgebaut hatte, bekam Risse und der Schmerz schlich sich so spielend leicht in die Schwachstellen, dass Neji glaubte nicht mehr atmen zu können. War dies wahres Leiden? Er versuchte seine Gedanken zu ordnen, aber nichts war mehr klar in seinem Kopf. Die Bilder seiner Erinnerung verschwammen vor seinem inneren Auge.
 

Kabuto schlug weiter auf seinen Rücken ein. Und mit jedem Schlag zerbrach ein Teil der Mauer. Fast unbemerkt tropfte das Blut auf den Boden. Ganz langsam schien die schwere Flüssigkeit auf dem steinernen Grund aufzukommen. Tropfen für Tropfen fiel auf den Boden. Der Schmerz nahm noch ungeahntere Formen an. Dies war schlimmer, als alles was er bis jetzt erlebt hatte. Nicht zu vergleichen mit der Wunde, die Dosu seinem Bein zugefügt hatte. Nicht zu vergleichen mit den täglichen Blessuren vom Training. War es Sünde gewesen?
 

„Ein Kuss...“ Und diesmal ging Neji in die Knie. Tief in ihm war etwas zerbrochen. So sehr er sich auch wehrte nicht nachzugeben. Das konnte er nicht verleugnen. Er hatte von Anfang an gewusst, dass es falsch war. Es gab da etwas, was Tenten ihm bedeutete, er hatte wenigstens einen Funken Hoffnung gehabt. Eine Illusion, die ihm ein einziges Mal das Gefühl von Glück vermittelt hatte, eine Zuneigung, die er bis dahin nicht gekannt hatte. Der Moment hatte ihn mitgerissen. Und Tentens Umriss verschwamm, die Erinnerung löste sich in Rauch auf. Die Peitsche zerriss seine Gedankengänge und abermals flammte der Schmerz stärker auf, viel stärker... Sünde...

Noch bevor der Morgen dämmerte war er sich eines bewusst geworden:
 

Sie könnten niemals zusammen sein.
 

~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~
 

Ihre eigene Körperwärme hüllte sie ein wie ein wärmender Mantel. Die Decke war weich und sie fühlte sich so zufrieden wie lange nicht mehr. Da war auf einmal so viel Glück, dass sie glaubte, es müsste jemandem auffallen, wenn sie mit einer so fröhlichen Miene durch den Palast ging. Tenten schlug die Decke zurück. Ihre Haare waren leicht zerzaust, doch trotzdem strahlte sie eine so ungeheure Fröhlichkeit aus. Ihr Spiegelbild lächelte ihr zu und die Sonne schien in den hellen Raum. Die Prinzessin streckte sich und im gleichen Moment trat Ino ein.
 

„Gut geschlafen, Tenten – Hime?“ Ohne Antwort abzuwarten ging die Blondine gleich zu Tentens riesigen Kleiderschrank, der eigentlich eher einem Ankleidezimmer glich. „Danke, sehr gut Ino.“ Sie lächelte. „Lass uns das schnell hinter uns bringen, dann habe ich mehr Zeit.“ Verblüfft starrte die Dienerin die Prinzessin an. „Seit wann zeigt Ihr denn so viel Elan, wenn ich fragen darf?“ „Ich bin einfach nur gut gelaunt.“ „Das hört man gern“, lachte Ino.
 

Wenig später, hatte Tenten ein dunkelbraunes Herbstkleid angelegt, welches verschiedene rote Akzente setzte. Ausnahmsweise, hatte Ino sich breitschlagen lassen und Tenten das fünfte Kleid anbehalten lassen. Nun saß die Braunhaarige auf einem Stuhl, während die Blondine ihr durch das seidige Haar kämmte. Das war die einzige Annehmlichkeit, die Tenten wirklich mochte. Bei dieser Tätigkeit musste sie nichts tun und zugleich war es sehr entspannend. Die Bürste glitt durch ihre Haare und Tenten schloss die Augen. Ino steckte ihre Haare in der üblichen Frisur hoch.
 

„Ich bin fertig, wir können gehen, Tenten – Hime“, sagte Ino. Tenten öffnete ein Auge. Noch einmal streckte sie sich und erhob sich schließlich. „Na gut, lass uns gehen.“
 

~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~
 

Als Hinata erwachte, waren Naruto und Lee schon längst munter. Von draußen konnte sie eine heftige Diskussion der beiden vernehmen. Worum es da wohl wieder ging? Ihre beiden Mitbewohner brachten es fertig über jede Kleinigkeit zu diskutieren. Die Schwarzhaarige hatte nicht einmal gewusst, dass man gewisse Vorzüge einer Blume, wenn man sie auf die Kleidung legte überhaupt diskutieren konnte. Lee hielt an der Meinung fest, dass seine Hemden einen ganz anderen Duft ausstrahlten und er selbst sich viel frischer fühlte, seitdem er mit Kirschblütenduft herum lief. Naruto schwor allerdings auf Yasmin. Wie die beiden sich kurz darauf über Mistgabeln unterhalten konnten, war ihr ebenfalls schleierhaft.
 

Die Schwarzhaarige schlug die Decke weg und stand auf. Auf ihrem Weg zum Bad gähnte sie herzhaft. Kurze Zeit später hatte sie sich gewaschen und machte nun Frühstück. Hinata wischte sich den Schweiß von der Stirn. Alltag. Aber was würde sie mittlerweile ohne ihn machen? Sie hatte sich schon so sehr an ihr neues Leben gewöhnt, dass sie kaum mehr wusste wie sie ihren alten Tagesablauf in den Griff bekommen hatte. Dieses Leben hatte aber auch seinen Preis gekostet: Sie hatten ihr Zuhause verloren und waren in Situationen geraten, die sie eigentlich nie erleben wollten.
 

Hinata stellte die Becher ordentlich an ihren Platz und machte sich auf den Weg ihren Cousin zu wecken, der, wie sie vermutete, spät in der Nacht zurückgekommen sein musste. Bei diesem Gedanken schmunzelte sie. Neji war eigentlich kein Typ, der sich mit Mädchen traf. Besonders nicht, wenn dies irgendein Risiko beherbergte. Schon komisch, wie das Leben doch manchmal spielte.
 

Sie klopfte an. Stille. Es rührte sich nichts. Hatte er verschlafen? Neji war doch sonst so ein Frühaufsteher. Hinata klopfte noch mal, diesmal allerdings erheblich lauter. Langsam machte sich Panik bei ihr breit. “Neji?“, fragte sie unsicher. Doch sie bekam keine Antwort. Das Mädchen drückte die Klinke herunter. Ganz langsam öffnete sich die Tür. Doch da war nichts. Der Raum war leer. Der Wind wehte die Vorhänge umher. Das Bett war unberührt und sah noch genauso aus, wie sie es zuletzt gesehen hatte. Von Neji fehlte jede Spur. Er war gar nicht nach Hause gekommen. Sofort machte sich die Sorge um ihren Cousin in ihr breit. Was wenn ihm etwas passiert war? Die Ungewissheit schnürte ihr fast die Kehle zu, als sie sich mögliche Szenarien ausmalte. Hinata drehte sich auf der Stelle um und eilte in den Stall. Das Frühstück blieb vergessen auf dem Tisch stehen.
 

„Und ich sage dir, dieses Wundermittel heilt selbst die größten Verletzungen, von Verspannungen ganz zu schweigen.“ „Woher willst du das wissen, hast du es ausprobiert?“, antwortete Naruto heftig. „Mein Sensei hat es selbst ausprobiert.“ „Ha, glaubst du etwa, dass ich das ausprobiere, nur weil Gai sagt, dass es angeblich wirkt?“ „Es wirkt“, hielt der empörte Lee stand. „Ach, du kannst mir viel erzählen, ich habe all diesen Hokuspokus schon ausprobiert und das einzige was es mir bringt, sind Allergien gegen diverse Pflanzen. Glaub mir - den Ausschlag willst du nicht sehen.“ Lee holte tief Luft, um diese abstruse Behauptung schon im Ansatz zu widerlegen, kam allerdings nicht mehr dazu. Eine völlig aufgelöste Hinata unterbrach die hitzige Diskussion. Schon auf der Treppe hörten Naruto und Lee ihre Rufe.
 

„Naruto! Lee! Verdammt noch mal wo steckt ihr?“, rief sie verzweifelt. Die beiden Streithähne hielten inne. Da stimmte doch was nicht. „Hinata – chan, was ist denn los?“ Narutos Stimme klang besorgt. Keuchend kam Hinata vor beiden zum Stehen. „I... Ihr... ihr müsst mir helfen. Neji ist nicht da, er müsste doch schon längst zurück sein. Ich hab keine Ahnung wo er steckt.“

„Noch mal langsam“, unterbrach Lee, „Neji ist nicht da und du machst dir Sorgen? Ich würde mich nicht wundern, dass er so lange wegbleibt. Wer hat schon eine Verabredung mit der Tochter des Fürsten?“ „Darum geht es nicht. Er ist einfach nicht der Typ, der lange wegbleibt. Ihr müsst mir helfen. Wir müssen ihn suchen.“ „Nun beruhig dich doch, Hinata“, versuchte Naruto sie zu bremsen. „Pass auf, als erstes gehst du zu seinem Trainingsplatz, frag doch Kakashi und wenn er es nicht weiß, kannst du ja die Prinzessin fragen. Du musst doch sowieso zu Tenten, sie wird es ja wohl wissen.“ Abwesend nickte die Schwarzhaarige. „Ich mach mich sofort auf den Weg, wartet hier auf mich, falls er zurück kommt.“ Und schon war sie weg. Zurück blieben nur Naruto und Lee, die so aussahen wie bestellt und nicht abgeholt.
 

Hinata lief so schnell sie konnte die Straßen entlang. Was, wenn jemand ihrem Cousin etwas angetan hatte? Außer ihm hatte sie niemanden mehr. Hiashi, ihr Vater und Nejis Onkel, war vor ein paar Jahren gestorben. Das Geheimnis, ob noch weitere lebende Verwandten von beiden existierten, hatte er mit allerdings mit ins Grab genommen.
 

Nach kurzer Zeit kam sie bei Kakashi an, doch der Meister beteuerte, seinen Schüler den ganzen Tag noch nicht gesehen zu haben. Blieb nur noch der Palast. Hinata wusste, wo die Gemächer Tentens waren. Immerhin musste sie der Prinzessin ziemlich häufig ihre Entwürfe zeigen. Den Rest kannte sie allerdings kaum. Es wurde Mittag und Hinata holte langsam die Erschöpfung ein.
 

Schwer atmend hielt sie vor dem Palast inne. Das Gebäude türmte sich vor ihr auf wie ein gewaltiges Labyrinth. Aber welcher Weg war der Richtige? Was konnte man tun, wenn der Pfad, auf dem man ging, im Dunkeln verschwand?
 

~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~
 


 

Durch den Schmerz konnte er sich kaum rühren. Mit all seiner verbliebenen Kraft schleppte sich Neji zurück zum Stall. Kabuto und seine Helfer hatten ihn an einen verborgenen Eingang des Kerkers zurück gelassen. Wenn er die Situation richtig gedeutet hatte, durfte der Fürst von all dem nichts erfahren. Aber warum sollte er sich auch bei Mao – Chéng beschweren? Er würde einen Teufel tun! Dann müsste er zugeben, dass er seine Tochter geküsst hatte. Mao – Chéng war zwar ein mächtiger Mann, besaß allerdings auch die natürlichen Eigenschaften eines Vaters, der sich um sein Kind sorgte.
 

Eine Welle des Schmerzes durchlief ihn. Sein Rücken war an den Stellen, an denen Kabuto auf die Haut eingeschlagen hatte, unmerklich zerfleischt. Neji konnte sich kaum rühren und nur dank der Meditation, die er zeitweilig eingesetzt hatte, gelang es ihm die Schmerzen für einen Moment zu vergessen. Er stemmte sich auf, nachdem er zum wiederholten Mal zusammengesackt war. Mit den Beinen kniete er im feuchten Laub, doch sein Oberkörper war aufgerichtet. Die langen schwarzen Haare waren strähnig und der Schweiß lief von seiner Stirn. Er brauchte dringend medizinische Versorgung...
 

Mit äußerster Konzentration kam er wackelig auf die Beine. Die Bäume wirkten wie dunkle Wächter, die mit ihren knorrigen Ästen jedwelige Flucht verhindern konnten. Er legte den Kopf in den Nacken. Wärme durchflutete ihn, als ein dünner Lichtstrahl sein Gesicht berührte. Es war Tag. Wie lange hatte Kabuto ihn gefoltert? Neji hatte jedes Zeitgefühl verloren. Es mochten gut und gerne ein paar Stunden gewesen sein.
 

Vorsichtig setzte er einen Fuß vor den anderen. Nach einer Weile spielte sich ein Rhythmus ein. Auftreten, Gewicht verlagern, ein weiterer Schritt. Ein paar mal knickte er ein, doch kam relativ schnell wieder auf die Beine. Was war schon körperlicher Schmerz im Vergleich zu dem, was er tun musste? Und ihm blieb keine andere Wahl...
 

Der Bäume standen nun nur noch vereinzelt. Kurze Zeit später stand er am Waldrand und blickte auf die noch schlafende Stadt. Die Sonne ging auf, doch er fühlte sich, als ob all sein Leben in Dunkelheit gestürzt würde. Würde er je wieder glücklich sein? Neji schaute sich nicht mehr um. Er ließ den Wald, seine Qualen und die Sünde hinter sich. Doch loslassen würde es ihn nie mehr...
 

Der Stall tauchte vor ihm auf und der Schwarzhaarige fragte sich innerlich, wie er denn immer noch gleich sein könnte, wenn doch alles in ihm anders war. Das Gebäude hatte immer noch die Atmosphäre eines Zuhauses für ihn. Schwer atmend stieß er die Tür auf.
 

„Wo sollte er denn hin sein? Was denkst du denn von ihm? Etwa, dass...“ Naruto wirkte aufgekratzt und auch Lee sah man seine Angespanntheit an. Mitten im Satz hielt der Blonde inne. Die azurblauen Augen starrten Neji an, der sich krampfhaft aufrecht hielt.
 

„Was ist denn mit dir passiert?“, rief der entgeisterte Lee. „Weißt du eigentlich, dass Hinata auf dem Weg zum Palast ist, um dich zu suchen? Wo warst du verdammt?“ Doch Neji antwortete nicht. Er würde nie jemanden von der Folterung erzählen. „Sag doch was!“
 

„Sei still“, zischte er. Die Drohung auf bestimmte Fragen lag in der Luft. Die Fragen würden für immer unausgesprochen bleiben. Noch nie hatte Neji solche Kälte ausgestrahlt. Naruto wurde bewusst, dass er Angst hatte. Lee schien es nicht viel besser zu gehen. Wie konnte Neji gestern Abend noch glücklich gewesen sein und nun beinahe, das Wort ließ sein Innerstes verkrampfen, Mordgier ausstrahlen? Was war geschehen? So viele Fragen lagen in seinen Augen. Und so wenig Antworten würde er bekommen. Seine Fragen lösten sich in Rauch auf und der Blonde wagte kaum zu atmen, als Neji trotz offensichtlicher schwer wiegender Verletzungen auf ihn zu kam. „Wenn Hinata wiederkommt, sagt ihr, dass ich noch etwas zu erledigen habe. Ich werde noch vor dem Abendessen zurück sein.“ Ohne Antwort abzuwarten machte er sich in die Wohnung auf.
 

Alles wirkte ausgestorben und spiegelte so perfekt die Leere in Nejis Seele dar, dass es ihm fast ein wenig unheimlich wurde. Doch eigenartiger Weise spendete ihm die Einsamkeit Trost. Er war allein. So viel war sicher. Aber auch kleine Dinge, so wertlos sie ihm auch im ersten Moment vorkamen, hatten ihren Sinn. Von draußen hörte er den Gesang der Vögel und mit einem Blick in die Küche sah er das halbfertige Frühstück auf dem Tisch stehen. Es war längst früher Nachmittag. Anscheinend hatte Hinata in all der Aufregung sogar ihre eigene Mahlzeit vergessen. Was Tenten jetzt wohl tat? Der Gedanke kam so plötzlich, dass er taumelte. Nein. Nein! Seine Hände fuhren zu seinem Kopf, der in Flammen zu stehen schien. Er durfte nicht an sie denken. Nicht in dieser Weise. Nie mehr...
 

Neji schüttelte den Kopf, um einen klaren Gedanken zu fassen. Dann machte er sich in Richtung Bad auf. Er streifte sich das zerrissene Hemd von der Brust und befühlte vorsichtig die tiefen Wunden. Sofort jagte ein höllischer Schmerz seinen Rücken hinunter. Er biss sich auf die Lippe und schmierte dickflüssige Heilsalbe auf die geschundene Haut. Das Blut war glücklicherweise bereits getrocknet, auch wenn die Wunden gelbliche Wundflüssigkeit absonderten. Danach nahm er Mullbinden und Verbände und wickelte sie straff um Rücken und Brust. Mit Hilfe seiner Zähne zog er sie noch einmal straff, bevor er den Verband verknotete. In seinem Zimmer nahm er sich rasch ein neues Hemd und knotete die langen Haare erneut zu einem Zopf zusammen.
 

Sein Blick fiel auf Ryujin, das vergessen in der Ecke stand. Diesmal würde er es vielleicht brauchen, noch einmal würde er nicht in diese Lage kommen. Neji schnallte sich das Schwert um den Gürtel und verließ die Wohnung. Jetzt ging er merklich aufrechter. Der Schmerz pulsierte zwar noch, aber es war auszuhalten. Naruto und Lee ließ er einfach stehen.
 

Er wusste was er zu tun hatte. Was er tun musste ... auch, wenn es ihm seine Seele zerreißen würde...
 

~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~
 

Kabuto ging durch die dunklen Geheimgänge. Hier kannte er sich bestens aus. Nicht zum ersten Mal hatte er einen solchen Auftrag entgegengenommen. Als die Sonne aufging, hatte der junge Samurai nur noch wie ein Schatten seiner selbst gewirkt. Gehässig dachte er an den zusammengesunkenen Mann, der mit blutüberströmten Rücken auf dem Boden des Kerkers gekniet hatte. Geschah ihm recht. Was brachte er auch Orochimarus Pläne durcheinander. Obwohl... Wenn er es sich genau überlegte, war er bereits eine Schachfigur in der Intrige der Schlange. Sein Glück, dass er noch lebte. Mal sehen wie es weiterging. Kabuto drückte sachte gegen die Wand und ein verborgener Durchgang öffnete sich. Was würde Tenten tun? Auf ihren nächsten Zug war er mehr als gespannt.
 

Alles war geplant. Er wusste welchen Part er zu übernehmen hatte und das würde ein wirklich amüsanter Teil werden. Kabuto lächelte gehässig. Er freute sich auf ihr Gesicht.
 

~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~
 

Schlitternd kam Hinata bei den Gemächern der Prinzessin an. Vorsichtig klopfte sie. Ihre Höflichkeit hatte sie trotz der Angst um ihren Cousin nicht ablegen können. Wieder fehlte jedes Lebenszeichen und zum zweiten Mal betrat die Schwarzhaarige einen leeren Raum. Suchend huschten ihre Augen umher, bevor sie sich erneut umdrehte und zurück durch den Gang lief.
 

Unterwegs kamen ihr mehrere Diener entgegen, aber keiner konnte ihr sagen, wo sich Tenten aufhielt. Sie erhielt nur vage Behauptungen, sie vor kurzer Zeit an diesem oder jenem Ort gesehen zu haben. Ihren jetzigen Aufenthaltsort konnte ihr allerdings niemand verraten.
 

„Beeilung Prinzessin, sie wollen doch nicht zu ihrer Geschichtsstunde bei Sarutobi – Sensei zu spät kommen.“ „Aber wenn wir so hetzen, kann ich mich gleich nicht konzentrieren“, entgegnete Tenten. Die beiden Frauen eilten den Gang entlang und endlich schien Hinata das Glück hold zu sein. Sie hatte sie gefunden. „Tenten- Hime!“ Außer Atem kam sie vor der Prinzessin zum Stehen. „Hinata? Was machst du denn hier?“ Erschöpft holte die Schwarzhaarige Luft. „Neji! Wisst ihr wo er ist? Er ist nicht nach Hause gekommen und ich habe schon überall nach ihm gesucht. Niemand weiß, wo er ist. Bitte, Ihr müsst doch wissen, wo er ist“, kam es flehentlich über ihre Lippen. „Der Samurai? Warum solltet Ihr wissen, wo er ist?“, mischte Ino sich ins Gespräch ein. Doch Tenten antwortete nicht. Sie und Hinata tauschten einen Blick aus. „Er müsste längst wieder zu Hause sein, ich weiß nicht, wo er ist“, zerstörte sie die Hoffnungen der jungen Näherin. „Aber... Oh Gott, da muss was passiert sein, das ist doch sonst nicht seine Art.“
 

„Mylady? Vielleicht kann ich Euch behilflich sein.“ Die Frauen drehten sich um und Tenten sah Kabuto direkt auf sich zu gehen. Der Bogenschütze schlenderte fast gemütlich auf die noch immer aufgewühlte Runde zu. „Wie darf ich das verstehen? Weißt du, wo Neji sich aufhält?“ „Ja und nein“ „Was heißt das?“ „Nun Prinzessin, er erwartet Euch am“, er räusperte sich, „üblichen Treffpunkt um Euch etwas Wichtiges mitzuteilen.“ „Dann lasst uns endlich gehen“, mischte sich die aufgelöste Hinata ein. Ihre Stimme war dünn geworden und zitterte leicht. „Nein. Er verlangt ausschließlich nach der Tochter des Fürsten.“ „Aber ich bin seine Cousine.“ Kabuto schnalzte mit der Zunge. „Hören Sie, junge Frau, das ist egal. Ich habe auch nur meine Vorschriften.“ Gehässig lächelte er.
 

„Ist schon gut, Hinata, ich werde gehen. Geh nach Hause. Ich sage Neji, dass er sich beeilen soll, in die Wohnung zu kommen.“ Mit diesen Worten drehte sie sich um und verschwand mit wehendem Kleid. Kabuto schaute ihr nach und leckte sich über die Lippen.

Sie würde leiden, so viel stand fest.
 

~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~
 

Tentens Gedanken überschlugen sich. Wieso war Neji plötzlich verschwunden? Warum direkt nach ihrem letzten Treffen? Warum ging er nicht sofort nach Hause? Und vor allem, was wollte er ihr wichtiges erzählen? Ihr Herz schlug stark in ihrer Brust und die Aufregung konnte sich nicht unterdrücken. Sie hatte Angst. Fast Panik hatte sie ergriffen, während sie so schnell wie möglich durch den Palast hastete. „Neji? Was machst du?“ Zu welcher Wendung würde es kommen? Egal was es war, sie fürchtete das Ende.
 

Eigentlich hätte sie glücklich sein müssen. Neji hatte nie von sich aus um ein Treffen gebeten. Ein eindeutiges Indiz, dass es sich nicht um eine Nichtigkeit handelte. Der Wind pfiff ihr um die Ohren. Wollte er mit ihr über den Kuss sprechen? Selbst da war er seltsam gewesen. Warum war ihr das nicht aufgefallen? Sünder... Sünde... Fehler? Was bedeutete das? Warum war er ein Sünder, wenn er sie küsste? Seit wann war das eine Sünde? Gefühle konnten doch kein Fehler sein. Oder doch? War es von Anfang an ein Fehler gewesen? Hätte sie ihm schon damals den Anhänger nicht geben sollen? Die wahre Bedeutung hatte sie damals nicht gekannt. Kannte sie sie denn jetzt? Sie wusste es nicht. Was war schon Wahrheit in dieser Welt?
 

Tenten hielt inne. Sie hatte bereits Seitenstechen. Die junge Frau stemmte die Hände an ihre Hüfte. Ein Zweig knackte unter ihren Füßen. Der eiskalte Wind peitschte ihr Blätter um die Ohren und strich leicht über das Gras. Beinahe meinte sie eine grüne Welle auf sich zu laufen zu sehen. Es wurde Herbst...
 

Doch was sie dann sah, ließ ihr das Blut in den Adern gefrieren. Schwarze Haare wurden vom Wind aufgewühlt. Neji stand am Ufer des Sees ihr den Rücken zugekehrt und starrte auf das graue Wasser. Seine ganze Haltung wirkte abweisend und er selbst hatte die Aura eines in die enge getriebenen Tieres, dass jeden Moment zuschlagen würde - um zu entkommen... Er trug wieder das beige Hemd, das er vor so vielen Monaten bei seiner Ankunft getragen hatte. Unangenehm berührt blickte sie an sich herunter. Wie immer trug sie ein wunderbares Kleid, das wahrscheinlich drei Familien hätte ernähren können, sollte man es verkaufen und den Erlös für etwas zu essen ausgeben. Der Abstand zwischen ihnen hatte sich wieder vergrößert. Tenten hatte den Eindruck, dass er ganz weit fort war. Neji nahm sie gar nicht wahr.
 

„Du bist also gekommen.“ „Warum sollte ich nicht? Wo warst du, Neji? Hinata macht sich Sorgen.“ „Sie macht sich immer Sorgen. Zu viele“, antworte er monoton. „Was ist mit dir?“ Der junge Samurai drehte sich um und Tenten schauderte augenblicklich. In seinen Augen stand Hass. Warum sah er sie so an? Was hatte sie getan? Tenten spürte wie sich zwischen ihnen ein Abgrund ausbreitete. Er war ihr fremd. Wie konnte er derselbe sein, der sie in dieser Nacht mit diesem Blick angesehen hatte, der so viel Wärme hatte? Kurz bevor er sie geküsst hatte. Sie verstand ihn nicht.
 

„Nichts.“ „Du kannst mir viel erzählen. Warum wolltest du mit mir reden? Warum nur mit mir?“ Tenten spürte wie sich ein Kloß in ihrem Hals bildete. Verzweiflung. Verzweiflung, die in jeder ihrer Gesten vorhanden war. Warum erzählte Neji ihr nichts? Wo war sein Vertrauen in sie? Sie waren sich doch nicht fremd. Er war immer der einzige gewesen, der ihr gezeigt hatte, dass es weiter ging.
 

„Es geht niemanden außer dich etwas an, Tenten“, ihr Name klang so steif in seiner Stimme, „das… letzte Nacht... Vergiss was geschehen ist.“ Sie starrte ihn an und in ihren Augen sammelten sich Tränen. Sie hatte, seit sie klein war, nicht mehr geweint. Und auch diesmal verkniff sie es sich. Nicht eine Träne fand den Weg auf ihr Gesicht. Vergessen? Warum?
 

„Ich werde dir mein restliches Leben zu Diensten sein, aber es wird nie mehr so weit kommen. Meine Aufgabe ist es für deinen Schutz zu sorgen und deine Nachkommen, die irgendwann dieses Land zu regieren.“
 

Sie erwiderte nichts darauf. Was war mit ihren Gefühlen? Warum tat er das? Sonst war er doch auch nicht so gewesen. Ihr Herz schlug schnell und auf einmal war alles ruhig um sie. Zu ruhig. Diese Stille war beängstigend. Sie bekam gar nicht mit wie er weiterredete. Es war plötzlich wie vor acht Jahren, als sie diesen stillen Jungen kennen gelernt hatte, der für sich selbst sorgen musste. Genauso kalt. Neji war wieder wie damals, keine Spur mehr von der Wärme in seinen Augen. Tenten hatte doch nur einen Funken Hoffnung gehabt. Sie bekam alles, was sie sich wünschte, aber ihr größter Wunsch würde nie in Erfüllung gehen.
 

„Hörst du mir überhaupt zu?“ Sie schreckte aus ihren Gedanken. „Was hast du gesagt?“ „Ich sagte wir werden uns nie wieder treffen, nicht so.“ „Warum?“ „Es geht einfach nicht, sieh es ein. Wir sind viel zu verschieden, als dass wir Freunde sein könnten. Geschweige denn mehr.“
 

Vergiss was geschehen ist.
 

Verletzt sah sie ihn an. Warum? Warum! Warum machte er alles zunichte mit einem einzigen Satz? Doch wie immer fand sie keine Antwort. Sie könnte ihm niemals von ihren Gefühlen erzählen. Nie mehr... „Ich hätte mehr von dir erwartet, Neji“, sagte sie nur. Dann ging sie fort. Zurück ließ sie ihr Herz, das zerbrochen war, das seine steinerne Maske doch nicht hatte schmelzen können.
 

Mit schrecklichen Schuldgefühlen sah Neji ihr nach. „Ich auch Tenten, ich auch.“
 

~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~
 

Fröhliche Weihnachten, fröööhliche Weihnachten. Passend zu Weihnachten kriegt ihr ein neues Kapitel Samurai zu lesen. Ich bin so gut zu euch, gestern ein OS und jetzt gleich ein neues Kapitel. Und endlich hab ich wieder Zeit zu schreiben. Gelobt seien die Ferien ^^.
 

Was kann man zu diesem Kapitel noch sagen...? Na wer hat Itachi vermutet? und wer hat gedacht, dass ich ihn vor Sasuke auftauchen lasse, na? Um ehrlich zu sein, ist er spontan da rein gerutscht und es war eine Herausforderung ihn zu schreiben. Aber es hat Spaß gemacht XD. Der ist so schön herrlich grausam. Diesmal gab es ziemlich viel Handlung sowie mehrere Handlungsstränge, die zusammenliefen, ich hoffe ihr habt nicht den Überblick verloren ^^°. Ich hoffe man hat gemerkt, dass ich wie auch bei dem See auch auf diese Situtation am Ende hingearbeitet habe. Natürlich ist es klar, dass das einfach nicht geht. Ist doch klar, dass irgendjemand es merkt, wenn sie man in der Öffentlichkeit zusammen sieht. Ich wollte eine Ruhelosigkeit beim Leser wecken, die aber keiner sofort erraten sollte. Ihr solltet noch ein bisschen weiter in dieser Illusion von Beendigung der Ausbildung schwelgen um dann mit einem Schlag mit diesem Kapitel aus dem Traum gerissen werden. Ist mir das gelungen?
 

Nun der Dank an meine tolle Betaleserin Arethelya *trommelwirbel*, ohne die ihr dieses Kapitel nicht mehr hättet lesen können. Außerdem gilt mein Dank diesmal auch Konoha_Yume, die mich glücklicherweise schnell und effektiv auf eine Kopie 'Samurai's' aufmerksam gemacht hat, die bei www.fanfiktion.de aufgetaucht ist. Danke, ohne dich hätte ich nicht so schnell reagieren können und damit erreichen, dass die Kopie glücklicherweise gelöscht wurde. Wenn so etwas noch mal passiert, wäre ich äußerst dankbar, wenn ihr mir Bescheid sagt, falls ihr es seht. Ich kann meine Augen nicht überall haben.
 

Kapitel 11: Sin, heißt übersetzt 'Sünde', wie schon einige beim letzten Mal richtig erkannt haben. Damit ist gemeint, dass Neji klar wird, dass er einen, in seinen Augen, Fehler begangen hat, der auch nicht ungesühnt bleibt. Insgesamt bin ich mit diesem Kapitel eigentlich recht zufrieden. Endlich Drama^^, jetzt geht's los und die Handlung nimmt Formen an. Wir können ja nicht ewig in Konoha bleiben ... *zwinker* Das Gedicht habe ich aus dem Internet, es gehört daher nicht mir. Aber ich fand es ganz passend.
 

Wie immer hoffe ich auf Kommentare, egal ob Kritik oder Lob. Erst schien es beim letzten Mal so, als würden wir jetzt richtig absacken, aber dem war ja nicht so. Stolze 52 Kommentare sind ja eigentlich nicht zu verachten ^^, hoffe das bleibt so *grrr* am besten wärs, wenn sich noch ein paar mehr dazu aufraffen könnten einen Kommentar zu schreiben. 195 Favos sind ne Menge Leute...
 

hel

eure

moonlight_005

~ Kapitel 12: Introduction ~

~ Kapitel 12: Introduction ~
 

Es war spät, als Neji zurückkam. Sehr spät. Lee hatte ihn eigentlich fragen wollen, was passiert war. Warum er schwer verletzt zurückgekehrt war, nachdem er die Nacht außer Haus verbracht hatte. Kurz rang er mit sich ihn einfach anzusprechen, aber Nejis Gesichtsausdruck ließ selbst den mutigsten Krieger verstummen. Sein Mitbewohner sah aus, als hätte er eben das Tor zur Hölle passiert und nur noch in letzter Sekunde umkehren können. Und... in seinem Blick lag etwas Gequältes. Verzweiflung, die er zu verstecken versuchte, die den Augen Lees aber dennoch nicht entging. Man musste Neji sehr gut kennen, um seine Gedanken und Gefühle zu entschlüsseln, denn normalerweise war es fast unmöglich, in seinen Zügen zu lesen. Aber in diesem Moment sagte seine Mimik ganz klar, dass er über das, was er gerade getan hatte, absolut nicht reden wollte. Er selbst war bestimmt nicht so lebensmüde es zu versuchen, wenn ihn schon jetzt die weißen Augen mit nur einem Blick zum Zittern brachten. Nejis Körperhaltung reflektierte ganz eindeutig eine Abwehrstellung.
 

Mit viel Schwung knallte er die Stalltür hinter sich zu. Daraufhin wieherten die Pferde erschrocken und Lee und Naruto, die ihn überrascht ansahen, wichen instinktiv einen Schritt zurück. Doch Neji schien das nicht zu kümmern. Beinahe wirkte es als wäre er in Trance, denn er zeigte mit keiner Regung, dass er sie bemerkt hatte. Vielleicht war es ihm aber auch einfach nur egal. Ohne sie zu beachten stiefelte er die Treppe hoch und verschwand in der kleinen Dachwohnung.
 

„Was war denn das?“ Lee blickte zu dem ebenso fassungslosen Naruto, der nur den Kopf schüttelte und sich anscheinend fragte, ob er sein Weltbild bezüglich Neji noch einmal überdenken müsste. Der junge Samurai hatte nie, wirklich nie einen solchen Hass ausgestrahlt. Wut, Gelassenheit, Anspannung vielleicht. Aber Hass? Keiner hätte mehr sagen können, was er wirklich fühlte. Es war, als hätte er seine Maske abgelegt, die sonst so gelassen gewesen war, und sich stattdessen eine neue zugelegt, die allerdings alle möglichen Empfindungen freigab. Doch auch das ließ seine wahre Gefühlslage unklar. Diese Niedergeschlagenheit war neu. Kurz: Man konnte seine Stimmungslage absolut nicht durchschauen. „Ich hab keine Ahnung“, brachte der Blonde heraus, der immer noch auf die Stelle starrte, an der Neji verschwunden war.
 

„Was ist denn mit dem los? Erst haut er ab, dann kommt er nicht nach Hause und nun läuft er mit einer Miene durch die Gegend als wollte er den ersten Menschen meucheln, der ihn anspricht.“

Lee nickte abwesend. „Du hast Recht. Wo ist eigentlich Hinata, wollte sie ihn nicht suchen?“

„Sie wird wohl noch bei der Prinzessin sein oder den Palast nach ihm durchkämmen. Echt unverantwortlich von Neji. Unverantwortlich ... Sie macht sich Sorgen und er läuft durch die Gegend ohne sich zu kümmern. Ich geh sie holen, warte du hier.“

„Aber ich hab doch auch gleich Training. Gai-Sensei wartet nicht gern. Pünktlichkeit ist ein wichtiger Bestandteil meiner Ausbildung und...“ Die Tür fiel abermals in Schloss und Lee fing an sich zu fragen, ob sich heute irgendetwas gegen ihn verschworen hatte.
 

~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~
 


 

Während sie sich auf den Rückweg machte, hing Hinata ihren Gedanken nach. Vor einer halben Stunde hatte Tenten den Palast verlassen. Ihr Gesichtsausdruck hatte ihr gezeigt, dass sie sich fragte, warum ihr Cousin unbedingt mit ihr sprechen wollte. Aber da war auch noch etwas Anderes gewesen. Vorfreude? Neugierde? Sie wusste nicht, was die Prinzessin gedacht hatte. Wollte es vielleicht auch nicht wissen. Im Grunde waren sie sich doch fremd. Sie eine Adelige mit so viel Einfluss wie sonst keiner den sie kannte. An den Landbesitz wollte sie gar nicht erst denken. Und Sie selbst, Hinata, war ein Mädchen aus dem einfachen Volk, das durch Zufall in dieses Regime zwischen Machthabern, der Kontrolle des Landes und den Bürgerkrieg geraten war. Mit viel Glück hatte sie schließlich überlebt. Doch diese Überlegungen zeigten ihr auch, dass noch etwas zwischen ihnen war. Eine unsichtbare Barriere, die sie trotz ihrer zögerlichen Versuche Freundschaft zu knüpfen, vorhanden war. Tenten war nicht wie sie.
 

Was hatte Neji bloß getan? Wo war er, verdammt? Und warum wollte er Tenten sehen? Nur Tenten? Was war mit ihr? Sie machte sich schreckliche Sorgen um ihn, aber er schien sie einfach vergessen zu haben. In letzter Zeit hatte sie oft gedacht, Neji sei nur noch an seinem Training interessiert, seinem Traum, der ihm so viel bedeutete. Sicher, sie gönnte es ihm, er hatte wahrlich genug durchgemacht. Aber hatte er vergessen wie wichtig andere Menschen waren? Wie wichtig, dass sie stets zusammengehalten hatten? In letzter Zeit geriet vieles ins Wanken. Sie konnte nur hoffen, ihn bald zu finden.
 

Hinata hielt einen Moment inne. Gerade hatte sie sich endlich von Ino lösen können, die darauf bestanden hatte noch einen Tee mit ihr zu trinken. Ein wenig erschöpft strich sie sich eine Strähne aus dem Gesicht und lehnte sich für einen Moment an die Wand. Die Sonnenstrahlen wärmten sie und kurz schloss sie die Augen. Als sie sie wieder öffnete, sah sie in den grauen Himmel empor, dessen Wolken jetzt die Sonne verdeckten. Hatte sie wirklich geglaubt, dass jetzt alles gut werden würde? Sie hatte sich etwas vorgemacht. Neji und sie schwebten immer noch in großer Gefahr und mit ihnen Naruto und Lee, die ihnen einfach so ihre Freundschaft geschenkt hatten. Wann würde das ein Ende haben? Nachdem sich ihr unsichtbarer, mächtiger Feind erhob und sie winzig aussehen ließ? Und hilflos? Nachdem er sich über ihre Naivität lustig gemacht und sie verhöhnt hatte, bevor er sie zerquetschte wie ein lästiges Insekt? Was konnten sie schon ausrichten?
 

Hinata überkam eine Welle der Angst. Den ganzen Tag hatten sie die unterschiedlichsten Emotionen geplagt. Ungewissheit, Angst, Trauer? Sie wusste nicht mehr, was sie fühlen oder denken sollte.
 

Während sie kurz ausruhte und die Welt für einen Moment ausblendete, nahm das Geschehen jedoch weiter Gestalt an. Als die unglaublich hellen Augen, vorsichtig umherhuschten, fiel ihr Blick auf eine Gestalt, die zerschlagen wirkte. Traurig und unendlich verletzt. Hinata konnte nicht fassen, dass es Tenten war, die auf sie zukam und sie doch nicht zu bemerken schien. Die junge Frau ging bedächtigen Schrittes an ihr vorbei, wobei ihr das lange Kleid königlich um ihre Beine tanzte. Doch diese Eleganz wirkte fahl, wenn man ihr ins Gesicht sah. Ihre Züge wirkten versteinert, fast wie gemeißelt, und ihre Augen sahen todtraurig aus. Tenten beachtete kaum ihren Weg. Sie lief aufs Geratewohl durch die Gegend, doch ihre Füße schienen den Weg von allein zu finden. Sie waren ihn unendliche Male gegangen und nun fanden sie ihn automatisch, als wollten sie ihre Besitzerin von dem wegbringen, was ihr diesen Schmerz bereitete.
 

Hinata war wie erstarrt. Vergessen war ihr eigener Kummer, ihre Sorge, ihre Angst. Im Vergleich hierzu konnte sie sich glücklich schätzen. Wo war die muntere Tenten geblieben, die sie noch vor kurzer Zeit gesehen hatte? Wo war ihre Zuversicht?

Verschwunden in ihrer Trauer, die sich ihres Körpers und Geistes bemächtigt hatte. In Hinata keimte Mitleid auf, als sie Tenten beobachte. Die Prinzessin blieb stehen und blickte nach oben, in der Hoffnung, dass vielleicht etwas Regen kommen würde, der es so aussehen ließ, dass sie weinte, ohne, dass sie es wirklich tat. Verwirrung mischte sich in ihr Mitleid und es machte ihr Angst, die Prinzessin einfach nur dort stehen zu sehen, auf der Straße, die nun menschenleer war. Die Schwarzhaarige war sich sicher, dass niemand außer ihnen beiden hier war, doch Tenten schien sie nicht wahrzunehmen, wofür sie dankbar war. Sie hätte einfach nicht gewusst, was sie dieser wunderschönen und zugleich zerrütteten Frau sagen sollte. Die Trauer hatte sich in ihren Augen gefestigt und diese sprachen von Verlust, von unfassbarem Schmerz. Dann wandte sich die Prinzessin um und ging davon, in Richtung des prachtvollen Palastes, der ebenso ihr Gefängnis war.
 

Einen Augenblick, der ihr so lang wie ein ganzer Tag erschien, verharrte sie. Nachdem Tenten verschwunden war, fing sie an wieder bewusst zu atmen. Die kalte Luft strömte in ihre Lungen und holte sie zurück in die Gegenwart. Dann hörte sie eilige Schritte und am Ende der Straße sah sie, wie Naruto eilig auf sie zulief, das Gesicht in Sorgenfalten gelegt. Doch seine Miene hellte sich augenblicklich auf, als er sie sah. War das eben Sorge in seinen Augen gewesen?
 

„Hinata“, rief er und dann etwas lauter: „Hinata!“ In seiner Stimme klang etwas Unbestimmbares mit. „Naruto“, krächzte sie. Ihre Stimme klang leicht brüchig und sie war sich bewusst, dass sie alle ungesagten Worte sprechen wollte, die sie eben hatte sagen wollen.

Mit eiligen Schritten kam er auf sie zu. Und in den azurblauen Augen erkannte sie, dass er vor kurzem dieselbe Angst verspürt hatte wie sie. Was war nur passiert? Sie wollte einfach aufwachen, aus diesem Albtraum. Wäre sie nur damals entkommen oder gestorben, denn dann müsste sie das nicht alles erleben. Vollkommen erschöpft sank sie an der Hauswand nieder, an der sie gelehnt hatte. Noch bevor sie aufkam, war Naruto bei ihr und stützte sie. Seine Arme umfassten ihre Taille und zogen sie wieder aufrecht.
 

Der Blonde wusste nicht, was er tun sollte. Das Mädchen in seinen Armen wirkte so zerbrechlich, dass er Angst hatte sie loszulassen. Dass sie wie Glas auf der Erde zerschellen würde. Hinata war müde, traurig, angespannt und ängstlich zugleich. Sie lehnte an seiner Brust und errötete nicht wie sonst, was ein schlechtes Zeichen war, wie er fand. Denn das zeigte ihm nur umso deutlicher, dass etwas nicht stimmte. Das schwarze Haar, das einen leicht blauen Glanz hatte, fiel ihr weich vor ihr Gesicht und verbarg es vor ihm, als wäre es hinter einem Vorhang. Naruto spürte, wie sein Hemd feucht wurde von ihren Tränen, die sie weinte, als endlich der Damm brach und sie ihren Emotionen freien Lauf gab. Er hielt sie nur fest und in diesem Moment wusste er, dass er dieses Mädchen beschützen wollte, mit allen ihm zur Verfügung stehenden Mitteln, obwohl er eigentlich nichts zu bieten hatte. Er war nicht wie Lee oder Neji ... oder Sasuke, die immer kämpften und stärker wurden. Seine Stärke lag woanders. Und er würde sie verwenden um die zu beschützen, die er liebte. Noch einmal würde er diese Einsamkeit nicht ertragen.
 

Naruto wusste nicht mehr, wie lange sie hier standen. Er merkte nur, dass sein Hemd immer nasser wurde und dass allmählich ihre Tränen versiegten. Hinata rührte sich nicht. Langsam hob Naruto ihr Kinn an und flüsterte: „Neji ist wieder da, Hinata. Es ist nichts passiert, es ist alles gut.“ Wie leicht ihm diese Lüge über die Lippen kam, doch Hinata schien Trost darin zu finden, denn sie blickte ihn aus verquollenen, geröteten Augen an und nickte leicht. Er strich ihr über das weiche Haar, doch sie wich nicht zurück, sie war viel zu erschöpft um etwas zu tun. Es war ihr nicht unangenehm. „Lass uns nach Hause gehen.“
 

~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~
 

Neji starrte die weiße Wand an. Es erschien ihm Stunden her zu sein, dass er dieses Zimmer betreten hatte. Die Zeit schien an ihm vorbeigezogen zu sein, wie ein Hauch des Windes, der ihm leicht durch die Haare fuhr. Schnell, kaum spürbar, aber doch da. Der Schwarzhaarige verschränkte die Arme hinter seinem Kopf und betrachtete ein Spinnenweb, dessen silberne Fäden von einer bis in die andere Ecke reichten.
 

Für einen kurzen Moment schloss er die Augen. Er war wieder dort. An dem kleinen See, an dem er die Sünde begangen hatte... Er war am Ende dieses Tages angelangt, obwohl es nur wenige Stunden her war. Tenten blickte ihn offen an. Doch ihre Augen waren nicht wie sonst voller Wärme. Enttäuschung und Verletztheit spiegelten sich darin wieder, bevor sie sich umdrehte. Doch sie hatte nicht geweint, was das alles nur noch schlimmer zu machen schien. Die stumme Annahme ohne etwas anderes erwartet zu haben, als dass er sie zurückwies, bohrte sich wie ein Dolch in sein Herz. Das war schlimmer gewesen als alles andere. Die Nacht war hereingebrochen und eigentlich hätte er schlafen sollen, doch er konnte nicht, denn immer wieder holte ihn die Erinnerung ein.
 

Und doch war es richtig gewesen. Wie konnte er so selbstsüchtig sein und immer noch Hoffnung haben? Er musste sich davon lösen, oder alles war verloren. Und wenn er ihr dafür noch mehr wehtun müsste...
 

Er setzte sich auf, noch immer in den Kleidern, die er tagsüber getragen hatte. Er zog den Dolch aus seinem Behälter, strich sanft über die Klinge, als wenn er einen alten Freund begrüßen wollte. Dann warf er die Waffe in die Luft, nur um sie sofort danach aufzufangen, wenn sie sich einige Male überschlagen hatte. In sein Tun vertieft, bemerkte er nicht, dass er nicht mehr allein war.
 

„Neji...“, begann er und seine Stimme bebte vor Wut, „Ich will jetzt endlich Antworten haben!“ Neji drehte sich nicht um. Sein Körper war dem kleinen Fenster zugewandt. Doch er sagte nichts, was Naruto endgültig zur Weißglut brachte.
 

„Was denkst du eigentlich, was du hier machen kannst? Sieh dir Hinata an, sie ist total fertig! Ist dir während deines kleinen Ausflugs, von dem wir immer noch nicht wissen, wohin er geführt hat, vielleicht mal der Gedanke gekommen, dass wir uns eventuell Sorgen machen könnten?“ Narutos Hände hatten sich zu Fäusten geballt. Neji sagte immer noch nichts, weder zeigte er mit einer Regung, dass er ihn bemerkt hatte, noch wies er die Anschuldigungen zurück.
 

Der Dolch wirbelte unheilvoll durch die Luft, doch Neji fing ihn genauso leicht auf, wie die anderen Male.
 

„Verdammt noch mal! Wo zum Teufel bist du gewesen? Was sollte gestern Abend dieser Zettel – er war von Tenten, oder? Was ist da passiert, Neji?“ Naruto hatte schon fast die Hoffnung aufgegeben, dass er überhaupt eine Antwort bekommen würde, umso erstaunter war er, als Neji mit fast gleichgültiger Stimme zu reden anfing: „Das geht dich überhaupt nichts an, es ist meine Sache und ich muss dich bitten, dich aus meinen Angelegenheiten herauszuhalten.“
 

„Deine Sache? Deine Sache!? Sei nicht so selbstsüchtig, denk doch mal an die anderen! Was ist mit uns? Wir sind deine Freunde. Haben wir nicht bewiesen, dass wir zu dir halten? Genau hier hast du gelegen, als du schwer verletzt warst. Wer glaubst du, hat dir das Leben gerettet? Und du sagst es geht mich nichts an?!“, schrie Naruto.
 

„Ich hätte damals sterben sollen, aber jetzt kann ich es nicht mehr ändern. Es ist wie es ist. Lass mich damit in Ruhe, Naruto!“ Auch Nejis Stimme war merklich lauter geworden.
 

Naruto aber konnte sich nicht mehr beruhigen. Er hatte sich so in Rage geredet, dass all sein Zorn mit einem Mal explodierte. Seine Fäuste zitterten. Das blonde Haar glänzte fahl und verstärkte weiterhin die Wut, die ihn umgab. Mit schnellen Schritten durchquerte er das Zimmer, packte Neji an der Schulter und zwang ihn ihm ins Gesicht zu sehen.
 

„Dich in Ruhe lassen?“, fragte er gefährlich leise, wie es sonst gar nicht seine Art war, „ wie könnte ich das tun, wenn ich sehe, dass du Hinata wehtust, wahrscheinlich auch noch der Prinzessin und Lee und mir. Was ist mit dir, Neji? Ist es dir egal, dass du dich selbst zerstörst?“ „Meinst du, das weiß ich nicht?“, funkelte Neji seinen Freund an. Doch Naruto wich nicht zurück, noch immer hielt er ihn am Kragen gepackt. „Ich werde nicht dabei zusehen, wie du dich kaputt machst.“ „Wie nett von dir“, antwortete der Samurai sarkastisch, „weißt du, dass mein Schicksal bereits besiegelt war, als ich sie getroffen habe? Weißt du, dass ich es bereue sie getroffen zu haben?“ Der Dolch wirbelte durch die Luft, doch diesmal erwischte der Schwarzhaarige ihn nicht und die Waffe ritzte seine Hand auf.
 

Naruto wich zurück. Eben war Neji kurz davor gewesen, ihm etwas zu sagen, dass ein Geheimnis gewesen war. „Was ist passiert?“ Neji richtete sich auf und sah Naruto ins Gesicht. „Warum kümmert dich das?“ „Du bist mein Freund und ich lasse meine Freunde nicht im Stich. Rede mit mir, Neji! Ich weiß nicht mehr, was ich tun soll, Hinata ist völlig fertig. Ich hab sie ins Bett gebracht, doch davor hat sie mir noch etwas erzählt.“ Er zögerte, als er Nejis Gesichtsausdruck sah. „Was hast du mit Tenten gemacht?“
 

Neji zuckte zusammen. Wieder kam ihm das Bild von Tenten in den Sinn. Wie sie sich langsam umdrehte und wegging, weg von ihm... Gleichzeitig verhärtete sich seine Mauer aus Eis.
 

„Nichts.“ „Nichts? Warum geht sie dann völlig fertig zurück, nachdem du mit ihr geredet hast? Was hast du ihr gesagt? Warum hast du überhaupt mit ihr geredet?“ Naruto blickte extrem skeptisch drein. „Ich habe ihr die Wahrheit gesagt“, sagte er langsam, „und, dass es ein Fehler gewesen ist.“ Für einen Moment schien es als, als wolle Naruto ihn wieder anschreien, doch dann zuckte dieser nur leicht mit dem Kopf. „Schließt die Wahrheit mit ein, dass du schwer verletzt nach Hause gekommen bist? Schließt die Wahrheit mit ein, dass du ihr eine Lüge erzählt hast? Oder hast du das nur für dich selbst getan?“
 

„Alles hat seine Bedeutung. Und es war besser, dass ich es gleich beendet habe, bevor es zu spät ist.“ „Ich verstehe dich nicht. Was ist aus dir geworden? Bist du schon so sehr Krieger, dass du deine Gefühle ignorierst und das Menschsein vergisst?“
 

Naruto sagte nichts weiter, doch diese Worte trafen Neji mehr als all seine Vorwürfe. War es nicht schon genug, dass er sich selbst verabscheute? Doch Naruto würde nie die ganze Geschichte kennen.
 

Die Tür schlug zu, dann war es wieder still. Neji legte sich zurück auf sein Bett und verschränkte die Arme hinter seinem Kopf. Doch etwas stimmte nicht mit ihm. Hatte Naruto Recht? War er wirklich schon zu sehr Samurai geworden, als dass er an die dachte, die ihm wichtig waren?
 

~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~
 


 

Die nächsten Wochen verliefen trüb und ereignislos. Es war, als hätte sich ein grauer Schleier über das Geschehen gelegt und die Zeit lief bedeutungslos an Tenten vorbei. Morgens erwachte sie, ließ sich ankleiden und frisieren. Am Vormittag ging sie ihren Studien nach, dann nahm sie eine Mahlzeit zu sich und gegen Nachmittag wohnte sie Sitzungen über das Geschehen im Lande bei. Es war öde geworden. Vorhersehbar. Ihr Tagesablauf verlief nach einem ganz geregelten Muster, das sich stets und ständig wiederholte. Tenten hatte bald genug und immer unzufriedener wurden auch ihre Gebärden. Obwohl sie immer jedem mit einem Lächeln begegnete, war dieses gezwungen geworden. Der Glanz in ihren Augen war verblasst. Die junge Frau wirkte nur noch wie ein Schatten ihrer selbst. Sie hatte ihre Echtheit verloren. Etwas in ihr schien zerbrochen und noch immer schwebten Nejis Worte über ihrem Geist.
 

Vergiss, was geschehen ist. ... Vergiss es ...
 

Doch vergessen fühlte sich anders an. Sie fühlte sich jedenfalls nur noch steif und ausgelaugt, wusste nicht mehr, was sie denken sollte. Tenten hatte Neji seitdem nicht mehr gesehen. Mit dem Anflug eines kleinen Funken Hoffnung war sie am nächsten Abend wieder am See gewesen, doch sie war allein geblieben... Er wollte sie nicht...
 

Was hatte nur diesen Sinneswandel hervorgerufen? Nachts träumte sie sogar von diesem Augenblick auf dem See. Wie das Mondlicht sich auf dem Wasser widergespiegelt hatte, an das Gefühl, als sich ihre Lippen berührten, wie er sie angesehen hatte. So wie noch niemand vor ihm sie angesehen hatte. Doch dann war da nur noch der Neji, der sie zurückwies. Der sie nicht mehr wollte. Warum wusste sie nicht. Andererseits hatte sie sich wahrscheinlich selbst etwas vorgemacht. Wie hatte sie glauben können, dass dies ein gutes Ende nehmen könnte? Es war, als wäre sie aus einem langen Schlaf erwacht. Aufgewacht und in die bittere Realität eingetaucht.
 

Tenten rieb sich die Schläfe. Immer häufiger verfolgten sie diese Kopfschmerzen. Die Gedanken an Neji ließen sie nicht los. Es war, als würden ihr die weißen Augen auf Schritt und Tritt folgen. Warum hatte er sie geküsst? Warum, wenn es ihm doch nichts bedeutete?
 

Es machte sie ... verletzlich. Was auch immer seine Beweggründe waren, sie konnte sie nicht verstehen. Mit einem Seufzen setzte sie sich auf. Sie durfte nicht länger an ihn denken, sonst würde sie zugrunde gehen.
 

Sie streckte sich, gähnte ausgiebig und stand dann auf. Es war später Herbst. Die sinkenden Temperaturen ließen erahnen, dass es nicht mehr lange dauern konnte, bis die Kälte des Winters das Land einhüllte und einen weißen Schleier über alles legte. Tenten sah aus dem Fenster. Der Himmel war hell und der Nebel ließ kaum einen weiten Blick zu. Die Rauchschwaden hüllten alles in Ungewissheit.
 

Sie schloss die Augen. Wie schön wäre es doch, mit dem Schmerz einfach zu verschwinden. Wie schön, wenn man sich keine Sorgen mehr machen müsste und wie schön, nicht irgendwann für das Schicksal eines ganzen Landes verantwortlich zu sein. Doch von ihrem Stand konnte sie sich ebenso wenig lösen wie von ihrem Schatten oder den Strängen, die das Schicksal bereits um sie gewebt hatte.
 

Sie trat ans Fenster. Draußen war es noch still – keine Menschen, die hektisch in den Straßen umherliefen. Nur von weitem hörte sie ein paar gedämpfte Laute, die ihr verrieten, dass die Händler ihre Stände aufbauten. Für einen Moment blickte sie in die Ferne, bevor sie schließlich die Augen niederschlug und sich abwandte.
 

In seidene Schlafgewänder gehüllt verließ sie schließlich den Raum, um sich im Ankleidezimmer nebenan ein Kleid auszusuchen. Das würde wieder ein Tag wie jeder andere werden.
 

~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~
 

Ein Vogel flog über der Stadt. Aus der Luft wirkte Konoha-Gakure noch imposanter, als es ohnehin schon war. Große Gebäude, Geschäfte, der Marktplatz und Grünanlagen glitten unter dem Tier hinweg. Vereinzelt glitzerte das Wasser eines Sees im gedämpften Sonnenlicht. Der riesige Palast wuchs aus der Landschaft hervor. Seine gebogenen Dächer glänzten golden. Der kleine Vogel schlug sanft mit den Flügeln und glitt durch die Luft. Er machte sich auf in den Süden, so wie es seine Artgenossen seit jeher taten. Eine sich immer wiederholende Reise in seinem Leben. Er flog etwas tiefer und schoss an einem großen Fenster vorbei, das einen harmonischen Blick auf die Gärten hatte.
 

Mao-Chéng, der bis dahin seine Hände ineinander gefaltet hatte, sah kurz auf. Nachdenklich strich er sich über seinen fast weißen Spitzbart. Wegen der hageren Gestalt des alten Mannes, wunderte man sich immer wieder was für eine Autorität er ausstrahlte. So auch jetzt, als er mit weisen Augen in die Runde blickte. An einem langen Tisch hatten sich die wichtigsten Minister des Reiches versammelt. Es war zu einem erneuten Angriff gekommen und nun hatte der Fürst eine Krisensitzung einberufen.
 

Der Sitzungssaal war groß und geräumig, was allen Handlungen hier noch größeren Eindruck verlieh. Hier waren schon so manche Reden geschwungen worden, so mancher Kriegsrat abgehalten und nicht nur eine wichtige Entscheidung getroffen worden. Kurz: Man benutzte ihn nur wegen wirklich wichtigen Dingen. So auch jetzt.
 

Die verschiedenen Minister unterhielten sich flüsternd, hier und da wurde eine Diskussion laut. Der Fürst selbst hatte sie soeben über die neueste Entwicklung der Dinge aufgeklärt. Es war allerhöchste Zeit etwas zu unternehmen. Die Rebellen wurden immer zahlreicher, da sich auch immer mehr Leute aus der einfachen Bevölkerung ihnen anschlossen. Am Morgen hatte ein Späher Konoha erreicht und sie über die erneute Vernichtung einer Militärseinheit informiert.
 

Mao-Chéng erhob sich fast lautlos, doch augenblicklich verstummten die Gespräche und die Aufmerksamkeit wurde auf ihn gerichtet. Alle warteten gespannt auf das, was jetzt kommen würde.
 

„Ihr wisst, warum wir uns hier versammelt haben“, begann er, „den erneuten Angriffen derer, die eine Revolution gegen das Fürstentum eingeleitet haben, muss Einhalt geboten werden. Sonst wird unser Land zugrunde gehen. Was schlagt ihr vor?“ Abwartend blickte der Fürst in die eben noch neugierigen Gesichter. Orochimaru erhob sich. Die bernsteinfarbenen Augen bohrten sich direkt in die hellblauen Mandelaugen des Herrschers. Mit einem kaum merklichen Nicken wurde ihm das Wort erteilt.
 

„Mein Fürst, wenn Ihr erlaubt“, er machte eine kurze Pause und als niemand einen Einwand vorbrachte, fuhr er fort: „Wie ihr bereits gesagt habt, muss dem Treiben der Rebellion endlich ein Ende gesetzt werden. Es bringt jedoch nichts, wenn wir einzelne Lager angreifen. Sie sind so zahlreich, dass wir nie sicher sein können, nicht auch den letzten Widerstand restlos ausgerottet zu haben. Wir müssen das Übel an der Wurzel packen. Ich schlage einen direkten Angriff vor.“
 

„Wie wollen wir sie angreifen, wenn wir noch nicht mal wissen, wo ihr Hauptquartier ist?“, warf ein Anderer ein. Darauf schien Orochimaru gewartet zu haben, denn für einen kurzen Moment blitzten seine Augen auf und er ging sofort auf die Frage ein. Ein Lächeln umspielte seine Mundwinkel. Diese Narren würden alles tun, was er für richtig hielt, solange er es ihnen nur so gut wie möglich verkaufte. „Sie haben Recht“, sagte er, „ dies ist unser größtes Problem. Wenn wir es wüssten, wären wir diese Plage schon lange los, doch hier kämpfen wir gegen einen unsichtbaren Feind. Wie also wollen wir gegen etwas angehen, dass wir nicht lokalisieren können? Ohne einen Plan werden wir ewig im Dunkeln tappen.“
 

Mao-Chéng wandte sich an seinen Militärführer. „Ihr Argument ist berechtigt Orochimaru-San, doch was passiert dabei mit der zivilen Bevölkerung? Dies hier ist Krieg, wir können nicht verhindern, dass Gräueltaten auch in ihren Reihen geschehen. Die Unschuldigen würden unter diesem Feldzug mehr leiden, als alle anderen. Und während wir uns den Rebellen zuwenden, könnten sie uns in den Rücken fallen und unsere Hauptstadt angreifen. Unsere Armee würde gespalten und die Aufrührer würden unser Regime stürzen.“
 

Der Schwarzhaarige erwiderte zunächst nichts, er schien zu überlegen, wie er seine Antwort formulieren sollte. Doch in dem Moment, in dem er den Mund auf machte, fiel ihm ein Anderer ins Wort.
 

„Es gibt noch eine weitere Möglichkeit, mein Fürst“, warf Kakashi ein, der sich nun ebenfalls erhoben hatte. „Die Rebellen sind stark und strategisch schlau. Sie haben noch nie einen ihrer geheimen Treffpunkte räumen lassen, weil sie absolut jeden, selbst in ihren eigenen Reihen, kontrollieren. Ein Verrat und alles ist vorbei.“ „Das klingt beinahe so, als wollten Sie für diese Mörder auch noch Partei ergreifen, Kakashi-San.“ „Ich versetze mich lediglich in ihre Gedankengänge und ihren Aufbau, Orochimaru-San. Das heißt nicht, dass ich ihre Angriffe toleriere. Krieg ist niemals ein Fortschritt.“
 

„Sie sprachen von einer weiteren Möglichkeit“, wandte der Fürst sich an den Krieger. „So ist es. Egal, was wir jetzt in diesem Moment tun könnten, es würde uns nichts das Geringste nützen. Sie sind praktisch unangreifbar, weil wir ihren Aufenthaltsort nicht kennen. Eine solche Masse an Rebellen muss sich aber irgendwo verschanzen. Doch das Reich ist zu groß. Wir würden nie alle eventuellen Orte absuchen können, ohne, dass sie davon erfahren würden. Sie würden wissen, was wir planen und dem vorbeugen. Wir hingegen haben einen wunden Punkt, wenn wir Konoha verlassen. Sollten wir die Armee teilen, könnten sie diesen Teil leicht vernichten und wären uns zahlenmäßig überlegen. Nach diesem Angriff, würden sie die zweite Hälfte angreifen. Ein Feldzug gegen Konoha – Gakure würde immer wahrscheinlicher.“ Zustimmendes Gemurmel war von den anderen zu hören, doch der Fürst forderte Kakashi stumm dazu auf, fortzufahren.
 

„Was wir also brauchen sind Verbündete. Doch da die meisten Bürger sich den Rebellen zugewandt haben und momentan nicht gut auf uns zu sprechen sind, bleiben uns nur die Adeligen. Mit der Familie Nara haben wir seit jeher gute Verbindungen. Sie haben eine große Menge an Streitkräften. Mit ihrer Hilfe, könnten wir siegen, bevor zu viele Menschen dabei umkommen.“ Respektvolles Schweigen herrschte, als der alte Krieger geendet hatte.
 

Orochimaru, Kakashi und Mao-Chéng ließen sich wieder auf ihre Plätze sinken. „Das wäre eine Möglichkeit, Kakashi - San. Aber wie sollen wir Kontakt aufnehmen? Ich kann nicht aus Konoha verschwinden, das würde sofort Misstrauen sähen und wenn wir Boten schicken, könnte man es als Hinterhalt auffassen.“ Grübelnd knetete er seine Hände im Schoß. Tief in Gedanken versunken bekam er zunächst nicht mit, dass einer der verbliebenen Minister das Wort ergriffen hatte. Als er sich wieder auf das Gespräch konzentrierte, hörte er zunächst nur Bruchstückhaft. „...Tochter... glaubwürdig... schicken eine Eskorte mit.“
 

Höflich wandte er sich an den Redner. „Wie war das bitte?“ Der Angesprochene verneigte sich tief. „Mein Fürst, ich habe lediglich meine Ansicht erläutert. Da Ihr hier unabkömmlich seid, wäre es klüger, Ihre Tochter als Botschafterin zu schicken. Tenten -Hime genießt nach wie vor das Vertrauen der Bevölkerung. Vor allem, da sie noch jung ist. Sie ist das, was die Masse sich wünscht: eine Autorität und gleichzeitig eine von ihnen. Bedenkt nur einmal, was sie im letzten Herbst für Kiri - Gakure getan hat. Das Dorf hätte den Winter ohne die Vorräte, die sie organisiert hat, nicht überstanden. Obwohl sie jung ist, verfügt sie über ein bemerkenswert weit entwickeltes, politisches Denken. Sie wäre ideal. Natürlich würden wir ihr eine Eskorte mitschicken – nicht auszudenken, was passieren könnte, wenn sie entführt würde.“
 

Der Fürst dachte nach. Sicher, seine Tochter war reifer als die meisten Mädchen in ihrem Alter. Wie der Minister erwähnt hatte, besaß sie außerordentliches Geschick im Umgang mit der Politik, die Menschen sympathisierten mit ihr. Tenten würde gewiss nichts von der Bevölkerung zu befürchten haben. Sie würde die Verhandlungen mit der Familie Nara führen, die außerordentlichen Landbesitz und ebenso zahlreiche Soldaten besaßen. Die Familie war alt ... und mächtig. Dies könnte der Schlüssel sein...
 

Er stieß ein langen Seufzer aus. „Na schön, ich werde sie rufen lassen. Wen können wir zu ihrer Verteidigung einsetzen? Die Truppenstärke muss stark genug sein, der Prinzessin ausreichenden Schutz zu bieten, jedoch auch klein genug um unerkannt, die Lande zu durchqueren. Mindestens fünfundzwanzig Personen werden notwendig sein. Orochimaru-San, können Sie die Einheit unter Kabuto entbehren?“
 

„So leid es mir tut, Kabuto ist im Moment im Auftrag Konohas unterwegs, er versucht die Rebellen aufzuspüren, die das Attentat verübt haben. Allerdings...“ um seine Mundwinkel wurde ein schwaches Lächeln sichtbar. „Wie ich höre, hat Rock Lee seine Ausbildung zum Kung-Fu-Kämpfer abgeschlossen und für Neji wäre es die ideale Möglichkeit, seine Fähigkeiten und seine Loyalität unter Beweis zu stellen. Was sagt Ihr?“
 

Mao-Chéng blickte zweifelnd zu Kakashi. „Ist dein Schüler so weit, es mit Gegnern außerhalb des Trainings aufzunehmen? Von Rock Lee weiß ich, dass er seit Jahren trainiert. Er würde eine brauchbare Verstärkung darstellen.“
 

Kakashi schien einen Moment zu zögern, doch dann erhob er die Stimme: „So wie ich die Sache beurteile, sehe ich in Bezug auf Neji und Lee keine Schwierigkeiten. Beide haben sich verdient gemacht und sind stark genug, es mit mehreren Gegnern aufzunehmen. Ich würde allerdings noch dazu raten, seine Cousine, Naruto Uzumaki und Ino Yamanaka mitzunehmen. Sie alle sind in meinen Augen ein ausgezeichnetes Team und werden sicherlich gut zusammenarbeiten. Ich bitte Euch nur noch um einen Schutz von zwanzig Eurer besten Männer, dann könnten sie schon morgen aufbrechen.“
 

„Wenn Sie davon überzeugt sind, werde ich Ihre Vorschläge sicher berücksichtigen. So sei es dann. So sei es dann, wir werden meine Tochter und die anderen als eine Gesandtschaft zu Familie Nara schicken.“ Abermals legte er die Fingerkuppen aufeinander. „Schickt augenblicklich einen Boten zu allen Beteiligten und lasst Tenten herkommen! Sie wird sich zuerst einmal über unser Vorhaben informieren wollen. Nun denn, worauf warten wir?“
 

Mit neu gewonnener Entschlossenheit schaute er in die Runde. Krieg war grausam, doch noch schlimmer war es tatenlos zu bleiben. Vielleicht würden Tenten und ihre Gefährten eine entscheidende Rolle im Kampf gegen das Unheil spielen.
 

~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~
 

Neji war gerade auf dem Weg zum Training, das nach wie vor anhielt und mit unerbittlicher Gnadenlosigkeit weitergeführt wurde. Egal, ob er seinen Meister einmal geschlagen hatte. Der junge Samurai kletterte gerade die Leiter herunter, als die Tür aufschwang und ein Bote des Fürsten den Stall betrat. Das Wappen auf seinem Hemd ließ keinen anderen Schluss zu, denn das gezackte Blatt, das auf dem dunkelroten Grund prangte, war das Zeichen Konohas.
 

Der noch recht junge Mann räusperte sich und entrollte dann eine Schriftrolle, auf der sein Anliegen protokolliert war. „Auf Geheiß des Fürsten haben sich folgende Personen augenblicklich im Konferenzsaal einzufinden: Naruto Uzumaki; Stallbursche, Rock Lee; Kung-Fu-Kämpfer, Ino Yamanaka; Näherin und Schneiderin der Prinzessin, Hinata; Dienerin der Prinzessin und Neji; Samurai unter dem Befehl des Fürsten.“ Dann rollte er das Schriftstück wieder zusammen und Neji, der gerade den Boden erreicht hatte und nun auf den Boten zuging, sagte: „Ich weiß nicht, wo diese Ino Yamanaka sich aufhält, aber ich werde den Befehl an Lee, Naruto und Hinata weitergeben. Wissen Sie, worum es geht?“
 

Der Bote schüttelte den Kopf. „Tut mir leid, aber selbst wenn ich es wüsste, dürfte ich nichts darüber verlauten lassen. Das müssen Sie den Fürsten schon selbst fragen. Aber beeilen Sie sich, eine Konferenz wartet nicht gern!“
 

„Ich mache mich sofort auf den Weg“, versprach Neji. Er umfasste den Griff Ryujins und lief dann an dem verdutzten Boten vorbei, auf der Suche nach Naruto, Lee und Hinata.
 

~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~
 

Das Gemurmel im Saal war angeschwollen. Die Gespräche waren lauter als zuvor und die Entscheidung, zu der sie alle gelangt waren, wurde trotz allem noch einmal gründlich durchdiskutiert. Die Minister warteten auf diejenigen, die den Auftrag ausführen sollten.

Mao-Chéng strich sein Gewandt glatt, runzelte einmal die Stirn und wartete mit schier unergründlicher Geduld auf diejenigen, die er herbeordert hatte. Seine Tochter und ihre Näherin waren nach einer Viertelstunde bereits eingetroffen, aber die anderen ließen auf sich warten. Tenten saß zu seiner Rechten, doch noch hatte er ihr nichts erzählt. Weder warum er sie herbestellt hatte, noch was ihre Aufgabe sein würde. Doch ihre Augen blickten wachsam.
 

Ein Klopfen ertönte und sofort verstummte die Menge. Der Fürst erhob sich abermals. Die ruhige aber durchdringende Stimme hallte im Saal. „Tretet ein!“ Die Türflügel schwangen zu beiden Seiten auf und Lee, Naruto, Neji und Hinata traten ein. Die Stirn in Falten gelegt beobachtete der Herrscher, wie der Blick des jungen Samurai durch den Raum huschte, die Situation erkannte und sich dann respektvoll ihm zuwandte. Neji wirkte ruhig und gelassen. Undurchschaubar. War ihm zu trauen? Der Schwarzhaarige kniete sich nieder und seine Gefährten taten es ihm gleich. Auf einen Wink des Herrschers hin erhoben sie sich wieder.
 

„Ihr habt uns rufen lassen?“, übernahm Neji das Wort. „So ist es.“ „Wie kann ich…können wir“, korrigierte er sich, „Euch zu Diensten sein?“ „Dies ist eine berechtigte Frage.“ Er machte eine Pause. „Der Rat hat sich über den erneuten Angriff der Rebellen beraten. Wir sind zu einer Entscheidung gelangt.“ Er hielt inne, sah aber bei seinen letzten Worten seine Tochter an, die schweigend zugehört hatte. In letzter Zeit wirkte sie abwesend. Hatte er eben Erschrockenheit in ihren Augen gesehen, als sie den Krieger erkannte? Doch er schüttelte die Gedanken ab. „Wir brauchen Verbündete. Der Bürgerkrieg muss so schnell wie möglich enden, um weitere Angriffe zu vermeiden. Egal, welche Grausamkeiten geschehen werden. Ich habe einen Auftrag für euch.“
 

Hinata schaute verschüchtert in Richtung des Herrschers, Naruto wirkte hellwach, Lee sprühte vor Stolz, dass ihm so etwas Wichtiges übertragen wurde, nur Neji schaute Mao-Chéng weiterhin gelassen an, doch auch ihm war die Neugier anzumerken.
 

„Ich kann Konoha - Gakure nicht verlassen“, fuhr er fort, „doch ihr...“ Er blickte in die Runde. „Euch vertraue ich einen Auftrag an. Meine Tochter“, wandte er sich an Tenten. „Dir übertrage ich, ein Bündnis mit der Familie Nara zu schließen. Du wirst in meiner Stelle Verstärkung fordern. Lee und Neji werden dich zu deinem Schutz begleiten. Ich stelle euch des Weiteren zwanzig Soldaten zur Verfügung. Hinata, Naruto und Ino werden euch ebenfalls begleiten.“ Die besagten Personen nickten. „Morgen werdet ihr aufbrechen.“
 

Neji verbeugte sich. Wie immer höchst widerwillig. Egal, welche Grausamkeiten geschehen würden? Er könnte sich einfach verweigern... Er war nicht frei, noch immer lagen Fesseln auf ihm. Aber was konnte man gegen einen Treueschwur ausrichten? „Wir werden den Auftrag zu Eurer Zufriedenheit erfüllen“, sagte er. Kurz richtete er den Blick in die hellblauen Augen, die denen seiner Tochter so unähnlich waren. Der Fürst lächelte ihn an. Doch Tenten konnte er nicht ansehen.
 

„Geht nun“, befahl der Fürst, „packt eure Sachen und seid morgen früh abmarschbereit! Die Zukunft liegt in euren Händen.“
 

~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~
 


 

Der Morgen schlich sich fast unbemerkt über das Land. Die leichte Röte des herannahenden Tages glitt über die Hügel, bis sie die Schatten der Nacht verschlangen. Die ersten Sonnenstrahlen beschienen ein paar Gestalten, die sich vor dem gigantischen Stadttor Konohas versammelt hatten.
 

Die Eskorte war abmarschbereit. Der Prinzessin würde in einer Kutsche reisen, zusammen mit Ino und Hinata. Neji, Lee, Naruto und die restlichen Soldaten würden sie zu Pferd begleiten. Das Hab und Gut aller war sicher verstaut und der Proviant war in der Kutsche untergebracht.
 

Neji zurrte sein Gepäck an dem schweren Sattel des Pferdes fest. Seine Wasserflasche war seitlich festgemacht. Der weiße Hengst schnaubte leise. Neji war sich nicht ganz sicher, ob das Tier seinen Befehlen bedingungslos gehorchen würde. Lange war er nicht mehr geritten. Außerdem hatte er erstmals seine Rüstung angeleg. Das stellte sich als verhältnismäßig langwierig heraus. Zuerst musste man seine Unterkleider anziehen. Diese mit Schnüren festbinden und anschließend die einzelnen Teile anlegen. Erst über diese Stoffschichten kam die eigentliche Rüstung. Erstaunlicherweise war die Rüstung ziemlich leicht und bot große Bewegungsfreiheit, die Neji auf den ersten Blick nicht erwartet hatte. Die vermeintlich nackte Brust sollte den Feind täuschen, doch die enge Knüpfung machte die Rüstung so widerstandsfähig wie Stahl. Ryujin hing an seiner Hüfte an seinem Gürtel befestigt, den Bogen hatte er sich auf den Rücken geschnallt. Ebenso einen Köcher mit Pfeilen. Der Dolch war unter der Rüstung, die auch seine Beine bedeckte, versteckt. So bewaffnet war Neji noch nie gewesen, doch die Tatsache, dass er die Eskorte befehligte, ließ ihn nicht einen Augenblick daran zweifeln, dass dies richtig war.
 

Der junge Samurai saß auf und klopfte dem Pferd leicht auf den Hals. Hinata und Ino waren noch bei der Prinzessin, die sich gerade von ihrem Vater verabschiedete. Naruto und Lee waren noch am Boden. Der Blonde versuchte seinem Freund gerade zu erklären, wie er aufsitzen sollte, denn das schien Lee augenscheinlich nicht zu beherrschen. Naruto hingegen hatte keinerlei Schwierigkeiten. Tadellos folgte das Tier seinen Befehlen. Der Blonde konnte das Pferd zu außergewöhnlichen Leistungen anspornen, wie er wusste. Lee hing allerdings immer noch im Steigbügel und das störrische Tier bewegte sich scheinbar aus Protest einen so miserablen Reiter zu haben, immer ein Stück vorwärts, wenn Lee gerade so viel Schwung hatte, dass er auf den Rücken gelangen könnte. Das Resultat war ein wutentbrannter Lee, der sein Pferd beschimpfte, und Naruto, der allmählich die Nerven verlor. Ein Glück, dass er reiten konnte.
 

Schließlich saß auch der junge Kung-Fu-Kämpfer auf seinem rotbraunen Fuchs. Auch die anderen Soldaten hatten bereits auf ihren Pferden Platz genommen. Alle waren erprobte Kämpfer und nicht wenige hielten ihre Waffen jeden Augenblick griffbereit. Es gab etwa ein Dutzend Bogenschützen und solche, die ebenfalls Schwerter oder Lanzen trugen. Neji hatte nur kurz mit ihnen gesprochen. Es war fraglich, ob sie seine Befehle ausführen würden.
 

„Neji.“ Der junge Krieger fuhr herum. Die Hand auf dem Griff seines Schwertes. Doch Kakashi lächelte nur. „Gut, dass du so schnell reagierst. Da war mein Training wohl doch nicht vergebens.“ „Warum sollte es, Meister? Ich habe viel gelernt.“ „Das bezweifle ich nicht, doch ich gebe dir einen Rat: Tu nichts Unüberlegtes, Törichtes! Sei wachsam und vermeide wenn möglich den Kampf, denn dein Ziel ist ein anderes. Die Prinzessin muss die Familie Nara lebend erreichen.“ „Ich verspreche es.“ „Gut, pass auf dich auf!“ Dann klopfte ihm Kakashi ein letztes Mal auf die Schulter und ging zurück zum Fürsten.
 

Neji lenkte sein Pferd an die Spitze des Zuges. Tenten und Mao-Chéng schienen sich verabschiedet zu haben, denn die Prinzessin nahm in der Kutsche Platz. Die Menge geriet in Unruhe. Die Soldaten sammelten sich, an der Spitze ritt der junge Samurai. Im Tor standen der Fürst, Orochimaru, Kakashi und noch einige mehr, die Neji nicht kannte.
 

„Wir brechen auf“, rief er und die Kolonne setzte sich in Bewegung. Noch einmal blickte er zurück. Vor vielen Monaten war er durch dieses Tor geschritten und hatte geglaubt, sein Ende würde bevorstehen. Wie man sich doch irren konnte. Jetzt verließ er die Stadt, die ihn gefangen hielt und war ein Krieger. Doch frei war er trotz allem nicht. Die Sonne schien auf das gerade erwachte Konoha - Gakure und tauchte es in gleißendes Licht. Wann würde er diese Stadt wieder sehen?
 

~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~
 

Der Marsch war anstrengend. Sie ritten jetzt schon stundenlang und langsam, aber sicher, spürte Neji wie die Müdigkeit in seine Knochen kroch. Es war fast, als würde das Land selbst sie auslaugen wollen, bevor sie die Familie Nara erreichten. Er griff nach seiner Wasserflasche und nahm einen Schluck. Die Erschöpfung machte sich schon bald unter den anderen Soldaten breit und Naruto hatte nichts Besseres zu tun, als seine Missbilligung vor sich hin zu murmeln. Wann sie ankommen würden. Wie weit es war und, dass sie doch endlich ein Quartier suchen sollten.
 

Sie ritten durch Felder, auf denen die Bauern Reis anbauten. Manchmal bewässert und manchmal trocken gelegt. Die Bauern und Arbeiter, an denen sie vorbeikamen, grüßten stets höflich und verbeugten sich ehrfurchtsvoll, wenn Tenten aus dem Fenster der Kutsche spähte.

Im Laufe des Tages kamen sie durch mehrere kleine Dörfer, doch in keinem hielten sie sich lange auf. Neji fand es beunruhigend, sich zu lange an einem Ort aufzuhalten, vor allem da sie großes Aufsehen erregten und er nicht nur einen Taschendieb gesehen hatten. Durch jahrelange Erfahrung erkannte er diese, die sich sonst so meisterhaft in der Menge verbergen konnten. Hinzu kamen die verwahrlosten Menschen, Räuber und Obdachlose, die alles verloren hatten. Ihr Schicksal, das sie dem Fürsten zuschrieben, würde sich in Zorn entladen, wenn sie wüssten, was ihr Auftrag war. In großer Anzahl würden sie sich nicht scheuen, eine selbst so große Gruppe an Soldaten anzugreifen.
 

So hatten sie nur einmal kurz Halt gemacht, als sie ihre Pferde tränkten. Danach waren sie sofort weiter gezogen. Der Weg, den sie jetzt entlang ritten, war steinig und Neji musste aufpassen, dass sein Pferd nicht stürzte. Der Hengst hatte bereits Schaum vor dem Maul und den anderen erging es auch nicht besser. Sie würden gezwungen sein, in Kürze eine Unterkunft für die Nacht zu suchen.
 

Neji legte seinen Kopf in den Nacken, er war sicher Verspannungen zu erhalten. Wenn sie doch endlich mal irgendwo ankommen würden, damit sie sich ein wenig entspannen konnten. Doch er verbot sich solche Gedanken. Der Fürst hatte ihm eine Karte anvertraut, nach der ihr Ziel noch mindestens drei Tagesritte entfernt lag. Ein Tropfen fiel auf sein Gesicht. Na herrlich, jetzt fing es auch noch an zu regnen, als ob die andauernde Kälte nicht schon reichen würde. Ein weiterer Tropfen fiel, gefolgt von anderen und allmählich prasselte der Regen auf sie herab. Schon nach wenigen Minuten war Neji vollkommen durchnässt und seine Rüstung wurde schwer von der Feuchtigkeit, da der geknüpfte Brustpanzer leider auch Wasser aufnahm. Neji fühlte sich elend. Höchste Zeit, dass sie ein Quartier aufsuchten.
 

Er erhöhte das Tempo und die anderen, die ihm folgten, trieben ihre Pferde ebenfalls zur Eile an. Durch die Regenwand konnte er fast nichts sehen. Er ritt praktisch nach Gefühl. Etwas, das ihm sonst eigentlich gegen den Strich ging. Niemals tat er etwas einfach nur so. Es war viel mehr so, dass er stets wusste, was er tat. Doch dies hier war es anders. Er war für die Leben der Menschen verantwortlich. Er war verantwortlich für Tentens Sicherheit. Sollte er scheitern, würde der Fürst ihn umbringen. Er vertraute ihm immer noch nicht, das spürte er. Er durfte nicht versagen.
 

Nejis Blick verlor sich in der Ferne. Halt! Da waren Lichter. Ein Dorf! Nein, eine kleine Stadt! Hier würden sie übernachten. „Schneller“, schrie er durch den lauten Regen, „wir verbringen die Nacht in dieser Stadt. Wir werden ein Gasthaus suchen!“
 

Der junge Samurai trieb sein Pferd an und ritt im Galopp auf die Ansammlung von Lichtern zu, die wie Sonne schien in der Finsternis.
 

~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~
 

Es ist jetzt zehn Minuten vor Eins und ich bin hundemüde. Doch für euch habe ich mich schließlich doch noch an die Korrektur von Kapitel 12 gesetzt. Es ist mir bewusst, dass ich immer länger brauche, denn zwischenzeitlich hatte ich mit Schreibblockaden und akuter Unlust zu kämpfen. Außerdem musste ich für meine theoretische Führerscheinprüfung lernen, die ich glücklicherweise bestanden habe, was mir jetzt wieder mehr Zeit gibt.^^
 

Dieses Kapitel könnte man als Cut in der Story bezeichnen, einfach, weil sich die ganze Sorglosigkeit plötzlich auflöst und man sieht, wie es im Land tatsächlich aussieht. Habt ihr die ganze Zeit an Neji und Tenten gedacht ? Wenn ja: Sehr gut. Genau das wollte ich erreichen, da es natürlich nicht so leicht sein darf. Weder im Krieg noch in der Liebe.
 

Hier gab es nun erstmals eine kleine Naruto X Hinata Szene, die ich Fantasia widmen möchte, da sie es sehr mag und sie mir auch sonst viele wertvolle Tipps gegeben hat. Ich hoffe es hat deinen Geschmack getroffen. Ein bisschen melodramatisch, aber auf noch eine tiefere Bindung hindeutend.
 

Ein weiteres Dankeschön gilt Arua, die mir dieses Kapitel freundlicherweise korrigiert hat, da Arethelya im Moment leider keine Zeit hat. Vielen vielen Dank. Deine Vorschläge, Kritik und Berichtigungen haben mir sehr geholfen.
 

Kommen wir also wieder zum leidigen Thema Schwarzleser. Langsam aber sicher empfinde ich es einfach als ärgerlich. Mittlerweile lesen dies 205 (!) Leute und ich bekomme noch nicht mal 40 Kommentare. Tut mir leid, aber ich finde es einfach ungerecht, wenn ich mir so viel Mühe gebe und noch nicht mal ein kurzes Review bekomme. Ich hoffe, das wird sich ein wenig bessern, aber beim letzten Mal hat es mich schon frustriert, da mir das Drama eigentlich recht gut gefiel. Mögt ihr kein Drama? Es wäre schön, wenn sich manch einer noch dazu herab lässt, etwas zu schreiben.
 

Der Titel : Introduction, kann man mit 'Auftrag' übersetzen. Ein Hinweis auf die bevorstehende Mission, den Begegnungen und manchen Charakteren und Geheimnissen, die ich noch lüften werde. Im nächsten Kapitel kommt ein neuer Charakter dazu. Habt ihr Lust zu raten? Shikamarus Begegnung habe ich ja schon indirekt angekündigt. Fragt sich nur, welchen Stand ich ihm gegeben habe... *grins*

Am meisten Spaß hat mir der Kriegsrat und die NarutoXHinata Szene gemacht. Das war beides eine neue Erfahrung und ich hoffe, dass ich den Rat logisch herübergebracht habe^^.
 


 

hel

eure

moonlight_005

~ Kapitel 13: Faith ~

~ Kapitel 13: Faith ~
 

Tenten fror. Trotz des Schutzes, den die Kutsche ihr bot, war es kalt. Zumindest blieb sie hier vom Regen verschont. Die Räder holperten über die Straße. Mit einem Blick aus dem Fenster stellte sie fest, dass sie sich mittlerweile in einer kleinen Stadt befanden. Hinata, die ihr gegenüber saß, war eingenickt. Wahrlich ein Segen, dieses Unwetter zu verschlafen.
 

Ihr Blick verschwand im Regen. Neji war da draußen... Es war merkwürdig. Da draußen war er, was er immer sein wollte: ein Krieger, der für den Frieden kämpfte, ungeachtet dessen, dass es vorher Krieg geben würde. Er erfüllte sein Versprechen ihr gegenüber. Er war ein Samurai und beschützte die, die ihm wichtig waren. Hatte sie je zu denjenigen gehört, die ihm wichtig waren? Er war zwar zu ihr zurückgekehrt, doch es fühlte sich anders an. Sein Ziel Samurai zu werden war erreicht, doch trotz allem war es nicht das, was sie sich erhofft hatte. Welche Ironie.
 

Eine Strähne löste sich, als plötzlich ein Ruck durch die Kutsche ging und sie leicht nach vorne geschleudert wurde. Hatten sie eine Gaststätte erreicht, die Neji aufsuchen wollte? Sie schob den Vorhang bei Seite und spähte aus der Kutsche.
 

Neji war abgestiegen und hatte einem Soldaten sein Pferd übergeben. Sie standen vor einem von innen beleuchteten Gasthaus, das recht vornehm aussah. Die gesamte Eskorte machte einen schlecht gelaunten Eindruck und alle wollten endlich ins Trockene. Der junge Samurai sah an dem großen Haus empor. Es war in schlichtem Holz gehalten und hatte zwei Etagen, wobei man von der zweiten konnte einen Balkon erreichen konnte. Über der Tür prangte ein Schild mit dem Namen des Gasthauses: Zur stillen Harmonie.
 

Das hörte sich doch schon recht viel versprechend an. Zufrieden mit sich selbst ging Neji auf den Eingang zu und klopfte laut und deutlich. Zuerst rührte sich nichts, doch dann hörte er Schritte und die Tür wurde einen Spalt weit aufgeschoben.
 

„Guten Abend. Wir hätten gerne eine Unterkunft“, begann er. Die alte Frau musterte den Samurai und die Eskorte. „Tut mir leid, wir haben nicht genügend Zimmer für so viele Menschen.“ „Das ist kein Problem, notfalls teilen sie sich einen Raum.“ „Es ist trotzdem zu wenig Platz.“ Neji zog eine Augenbraue hoch. Sollte er ihm von der Prinzessin erzählen? Es würde Aufruhr geben, wenn es an die große Glocke gehängt werden würde. Andererseits würde er sie selbst mit seinem eigenen Leben beschützen. Es war seine Pflicht ... Neji beschloss, das Risiko einzugehen.
 

„Auch nicht für die Tochter des Fürsten?“ Die Augen der Alten weiteten sich. Das faltige Gesicht hatte für einen kurzen Moment den Ausdruck größten Erstaunens. Doch dann fasste sie sich wieder. „Natürlich, natürlich, wir werden ihr sofort ein Zimmer vorbereiten. Wünscht die edle Dame vielleicht noch ein Bad, bevor wir für sie etwas zu essen vorbereiten?“
 

„Das wäre angenehm. Vielen Dank...“ Unbemerkt war die Prinzessin hinzu getreten. Ino hielt ihr einen kleinen Schirm über den Kopf, der sie vorm Regen schützen sollte. „Nennen sie mich Chiho, Tenten-Hime“, sagte die Alte, die jetzt breit lächelte. Sie verbeugte sich tief und hingebungsvoll, bevor sie sich an Neji wand. „Ihre Soldaten können die Pferde in meinem Hof und Stall unterbringen. Schlafen müssten sie dann allerdings auf dem Dachboden. Ich habe kaum andere Zimmer frei und die junge Dame soll doch ein anständiges Zimmer bekommen, nicht wahr? Aber nun lassen Sie uns nicht weiter im Regen stehen...“ „Neji. Ich bin Samurai des Fürsten und für die Sicherheit Tenten-Himes verantwortlich.“ „Nun gut, Neji. Sie werden auch in meinem Gasthaus übernachten. Ich habe noch drei Zimmer frei, daher kann ich noch fünf weitere Personen außer der Prinzessin unterbringen. Doch jetzt kommen Sie in die warme Stube.“
 

Sie öffnete die Tür und machte Platz, sodass Tenten und Ino eintreten konnten. „Kommen Sie, Neji, es wird heute nicht mehr schöner draußen.“ Erstmals konnte er die Alte richtig erkennen. Sie war recht klein und hatte ihr graues Haar in einem Knoten am Hinterkopf festgebunden. Einige Altersflecken säumten ihr eingefallenes Gesicht. Die Falten in ihrem Gesicht ließen sie alt und gebrechlich wirken, doch zugleich hatten ihre Augen ein listiges Funkeln. Sie wusste, wie sie mit denen umzugehen hatte, die sie übers Ohr hauen wollten. Chiho trug einen grauen Kimono, in dem sie sich sehr elegant bewegte.
 

„Naruto, Lee! Bringt die Pferde in den Stall und kommt dann rein. Sagt Hinata Bescheid.“ Dann drehte er sich noch einmal um und deutete auf zwei Soldaten: „Ihr beiden kommt mit mir, ihr werdet heute das Gemach Tenten-Himes bewachen.“ Die beiden salutierten und folgten ihm schließlich. „Chiho-San, können Sie einen Boten mitschicken, der den Soldaten ihre Unterkünfte zeigt?“ „Natürlich, natürlich. Ebisu wird ihnen gleich alles zeigen.“ Und wie aufs Stichwort kam ein Mann um die Ecke gebogen. Er war recht hochgewachsen und machte den Eindruck, dass er auf strenge Regeln besonderen Wert legte. Auf Chihos Anweisung hin verschwand er mit den Soldaten, Lee und Naruto in Richtung der Ställe.
 

„Nun kommen Sie aber, Neji-San, es wird nicht mehr aufhören zu regnen.“ Neji blickte noch einmal zu seinen Soldaten zurück und stellte fest, dass alles zu seiner Zufriedenheit verlief, dann folgte er der Gastwirtin in das Haus.
 

Endlich... Endlich kein Regen mehr. Neji fühlte sich zwar noch immer nass und ausgelaugt, aber immerhin war es hier warm und vor allem trocken. Chiho führte sie einen langen Gang entlang und er folgte ihr. Tenten und Ino gingen neben der alten Frau, welche ihren Dienern im Vorbeigehen schon zurief, ein heißes Bad vorzubereiten. Soweit man das beurteilen konnte, war das Haus etwas altmodisch jedoch recht behaglich eingerichtet. Das gedämpfte Licht strahlte eine beruhigende Wirkung aus und die Wände waren in dunklem Holz gehalten.
 

„Habt Ihr einen besonderen Wunsch Tenten-Hime?“ Tenten schüttelte den Kopf. „Nein danke, zeigen Sie mir doch einfach meinen Raum, ich bin sehr erschöpft.“ „Wie Ihr wünscht, aber wollt Ihr später nicht noch einen Tee trinken, wir haben exotische Sorten, die sehr wohltuend und beruhigend wirken, Ihr hättet einen angenehmen Schlaf und wärt morgen ausgeruht.“ „In Ordnung“, stimmte sie zu, „aber zuerst möchte ich bitte in meine Gemächer gehen.“
 

Nach einer Weile hatten sie die obere Etage erreicht. Ino und Tenten verschwanden in einem großen Zimmer, damit die Tochter des Fürsten sich zurechtmachen und ein wenig ausruhen konnte. Neji und Chiho standen somit alleine in dem Gang. Die alte Frau streckte sich ein wenig und sah dann den jungen Samurai an. „Möchten Sie sich vielleicht auch noch einmal umziehen?“ Neji blickte an sich herunter. Noch immer war er nass bis auf die Knochen und die Rüstung klebte förmlich an ihm. Außerdem, wie er beschämt feststellte, tropfte er noch immer auf den Boden. Ein ziemlich guter Eindruck.
 

„Das wäre sehr freundlich, aber die Rüstung muss bis morgen wieder trocken sein.“ „Ich denke, das ließe sich einrichten. Folgen Sie mir, ich zeige Ihnen ein Zimmer, in dem Sie sich umziehen können, Neji.“
 

Sie ging ein Stück weiter und hielt schließlich vor einer schlichten Tür. Chiho drückte die Klinke herunter und trat einen Schritt zur Seite, um Neji eintreten zu lassen. Dieser folgte der stummen Anweisung. Das Zimmer war schlicht eingerichtet. Ein Futon lag in einer Ecke und bot so eine gemütliche Schlafgelegenheit. An der gegenüberliegenden Seite stand ein Tisch und daneben war ein Bereich, den ein Wandschirm vom übrigen Zimmer abtrennte. Hier könnte er sich umziehen. Durch eine weitere Tür konnte man noch einen anderen Raum betreten und als er näher hin sah, erkannte er, dass dort ein Bottich stand, in dem er sich nun endlich waschen konnte. Am Beckenrand lagen verschiedene Seifen, dessen wohltuenden Düfte schon jetzt zu ihm wehten. Was für eine Verführung so ein Bad doch haben konnte.
 

„Ich lasse schon einmal die Diener kommen, die Ihnen beim Waschen helfen sollen“, sagte die alte Gastwirtin, die unbemerkt ins Zimmer gekommen war. Sie wollte was? Neji war sich sicher, dass er sich verhört haben musste. Diener, die ihm halfen sich zu waschen? Vor gar nicht allzu langer Zeit wäre er selbst ein solcher Diener gewesen. Wahrscheinlich wäre er sogar dazu noch zu schlecht gewesen. Und jetzt hielt diese Frau es für selbstverständlich, dass er sich nicht selbst waschen konnte? Nun gut, vielleicht war das auch selbstverständlich, doch irgendwie... behagte ihm dieser Gedanke ganz und gar nicht. Das sein Schamgefühl in diesem Fall größer war als die Annehmlichkeit, war wahrscheinlich auch nicht üblich.
 

Chiho hingegen deutete den verblüfften Blick Nejis allerdings ganz anders. „Oder wünschen Sie ganz andere Art von Unterhaltung?“ Ein verschmitztes Grinsen war auf ihre Züge getreten und Neji hatte eine leise Ahnung, was sie unter 'anderen Arten von Unterhaltung' verstand. Diese Gasthäuser waren oft auch das Zuhause von Prostituierten, die für den ein oder anderen Gast auch mal diese anderen Arten von Unterhaltung praktizierten. Hielt man ihn für so wichtig? Dem Blick seiner Gastgeberin zu Folge schon. Beschämt senkte er den Blick.
 

„Vielen Dank für die Mühe, ich komme schon zurecht. Sorgen Sie nur dafür, dass das Badewasser heiß ist, dafür wäre ich Ihnen sehr verbunden. Reinigen werde ich mich dann allein.“

„Wie Sie wünschen, das Wasser ist in einer Viertelstunde warm genug, bis dahin müssen Sie sich gedulden. Sie können sich ja in der Zwischenzeit schon entkleiden.“

„Vielen Dank für die Mühe“, sagte er abermals. Wie viel sie dieser Aufenthalt wohl kosten würde? Sicher mehr Geld, als er je besessen hatte. Was musste Tenten nur gewohnt sein, dass sie es als absolut selbstverständlich ansah? Verflucht, er dachte schon wieder an sie. Schlimmer noch, er dachte an sie, als wäre nie etwas gewesen. Er hatte eine Feststellung über sie gemacht, ohne zu berücksichtigen, was zwischen ihnen vorgefallen war. Neji schalt sich für diese Gedanken. Er durfte nicht mehr in dieser Weise an sie denken. Es wäre selbst fatal, wenn sie auch nur weiterhin Freunde blieben. Diese Bindung durfte nicht existieren.
 

Chiho hatte seine kurze Abwesenheit nicht bemerkt, oder sie hatte diese ignoriert. Die alte Frau hatte kurz den Raum verlassen und angeordnet, sofort ein heißes Bad für den jungen Samurai zu bereiten. Wie es schien, genoss Tenten diese Annehmlichkeit bereits, denn sie erwähnte etwas von feinen Düften, die sie der Prinzessin nach dem Baden bringen sollten.
 

„Ich lasse Sie nun allein. Nach dem Baden erwarte ich Sie und die Tochter des Fürsten zum Tee, einige ausgewählte Gefolgsleute können Sie auch mitbringen. Ich wünsche eine angenehme Entspannung nach der harten Reise.“ Neji bedankte sich und schon war er alleine in dem großen Raum.

Kurze Zeit später wurde das Badewasser gebracht und er entkleidete sich. Es war eine Wohltat die nassen Sachen loszuwerden und noch schöner war es, als er in dem leicht grünlichen, dampfenden Wasser saß und sich gründlich wusch. Neji lehnte den Kopf in den Nacken und fühlte sich seit langer Zeit endlich einmal rundherum zufrieden und entspannt.
 

~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~
 

Tenten war gerade mit dem Baden fertig. Sie entstieg dem warmen Wasser und von Ino wurden Ihr mehrere Tücher gereicht, mit denen sie sich abtrocknete. Der weiche Stoff fühlte sich angenehm an auf ihrer Haut, langsam sog es das Wasser auf. Als sie die Prozedur beendet hatte, nahm Tenten nahm den leichten Kimono entgegen, den Ino für sie bereithielt. Das roséfarbene Kleidungsstück, war mit orangefarbenen Mustern bestickt. Sie zog sich den Kimono über den Kopf und Ino half ihr schließlich beim Ankleiden. Die Blonde zog die Schärpe zu und wich ein Stück zurück. Sie betrachtete die Tochter des Fürsten. Die langen braunen Haare fielen ihr elegant den Rücken herab. Sie waren noch ein wenig feucht und wellten sich ein wenig. Hinata, die ebenfalls in das Zimmer gebracht worden war, nahm einen Kamm zur Hand und deutete Tenten, dass sie sich auf einen Stuhl setzen sollte.
 

Der Kamm fuhr ihr durch das seidige Haar, ohne es auch nur einmal zu verknoten. Nach einer Weile hielt Hinata inne. Mit geschickten Handgriffen hatte sie Tentens Haare elegant hochgesteckt und selbst Ino nickte anerkennend. So konnten sie gehen. Alle Frauen trugen einen Kimono, gingen aufrecht und bewegten sich geschmeidig. Ein Anblick, der die meisten Menschen fröhlich stimmte, doch als Tenten durch die Tür ging, glaubte Hinata eine Spur Traurigkeit auf ihren Zügen zu sehen.
 

Sie verließen den Raum. Izumo und Kotetsu, die vor der Tür Wache gehalten hatten, verneigten sich einmal und schlossen sich ihnen schweigend an. Wie ein Schatten folgten sie den Frauen durch das große Anwesen des Gasthauses. Als ein Dienstmädchen vorbei kam, warf dieses sich vor der Prinzessin auf den Boden und drückte ihren Kopf auf den Boden.
 

„Steh auf“, befahl Tenten. Auch sie hatte also erfahren, dass die Tochter des Fürsten hier war. Aber diese Art der Unterwerfung behagte ihr ganz und gar nicht. Sollte das etwa ihr Verständnis von Respekt sein? Respekt verdiente man sich anders und nicht, weil man Macht hatte. Warum? Warum, musste sie jeder nach ihrer Stellung beurteilen? Warum konnte sie nicht normal sein? Weshalb stand ihre Herkunft immer zwischen ihr und anderen. Ihre Gedanken wurden unterbrochen, als sich das Mädchen aufrichtete, zwar immer noch mit gesenkten Kopf und ihrer Meinung nach, sehr schüchtern und unterwürfig. Aber es war ja auch üblich, dass man sie in dieser Weise behandelte. Damit anfreunden konnte sie sich trotzdem nicht. War es genauso wie mit Neji? Könnten sie nicht mal Freunde sein? „Könntest du mir vielleicht den Weg zu der Teestube des Hauses zeigen?“, fragte sie freundlich. Verschüchtert blickte das Mädchen kurz auf. „Es ist mir eine Ehre Tenten-Hime.“ Tenten sah sie genauer an. Das kleine Mädchen hatte hellbraune Haare, die sie in zwei Zöpfen gebunden hatte. Sie schätzte sie auf ungefähr vierzehn Jahre.
 

„Wie heißt du?“, fragte Tenten schließlich. Noch immer etwas ängstlich, schaute das Mädchen zu ihr auf. Sie seufzte einmal tief und bückte sich schließlich, um mit ihr auf Augenhöhe zu sein. Sie flüsterte etwas Unverständliches, doch als Tenten weiterhin fragend blickte, hauchte sie schließlich ein „Moegi, zu ihren Diensten.“ „Freut mich dich kennen zu lernen Moegi, du kannst mich aber ruhig Tenten nennen.“ Bestürzt sah die Kleine sie an. „Na gut, dann eben nur, wenn es niemand mitbekommt“, flüsterte Tenten. Moegi zögerte zuerst einen Moment, dann wisperte sie kaum vernehmbar: „Danke Tenten.“ Verdutzt sah die Tochter des Fürsten sie an. Sie war die Erste, die sie - ohne groß zu widersprechen- einfach so nahm, wie sie war – außer Naruto natürlich, aber konnte man den mit denselben Maßstäben messen? Vielleicht zählte ja doch nicht nur der Stand, in den man geboren worden war.
 

Moegi knickste leicht und mit einer tiefen Verbeugung lief sie schließlich voraus und bedeutete Ino, Tenten und Hinata ihr zu folgen. Die beiden Wächter folgten ihrer Herrin. Die Tochter des Fürsten war ganz anders, als andere Adelige. Sie hatte etwas Unbeschreibbares, dass man nicht deuten konnte, das ihr aber gleichzeitig den Respekt und die Treue all ihrer Untergebenen einbrachte. Das Volk sympathisierte mit ihr. So etwas, wie mit diesem Mädchen war typisch für sie. Sie sah nicht zu, sie handelte. Ein Grund, warum ihr Izumo und Kotetsu widerstandslos folgen würden. Selbst in den Tod. Es war eine Sache Macht zu haben, aber es gehörte viel dazu, Mensch zu sein.
 

Die kleine Gruppe hielt schließlich an einer einfachen Holztür. Das Dienstmädchen betrat den Raum, bat sie zu warten und schloss hinter sich die Tür, nachdem sie geklopft hatte. Nach einer Weile öffnete Moegi die Tür erneut, senkte hingebungsvoll den Kopf und flüsterte:

“Das ist die Teestube. Man erwartet Sie.“ „Danke für deine Hilfe.“ Moegi verbeugte sich noch einmal respektvoll, doch als niemand hinsah, lächelte sie Tenten schüchtern an.
 

Tenten betrat das Zimmer. Neji, Naruto und Lee knieten bereits auf bequem aussehenden Sitzkissen. Die Wände waren aus mittelbraunen Holz. An einer Wand hing ein Bild eines Kriegers, der einen aus seinen stechenden Augen zu hypnotisieren schien. Die Prinzessin streifte ihre Sandalen ab und ließ sich elegant vor ihren Gefolgsleuten auf ein Kissen sinken. Ino und Hinata nahmen hinter ihr Platz.
 

„Ich hoffe Sie haben sich entspannen können, Tenten-Hime“, sagte Chiho, die ihnen gegenüber kniete. Neben ihr stand ein Tablett mit noch leeren Teeschälchen und einem Teller Gebäck.
 

„Es ist alles zu meinem Wohlwollen, Chiho - San.“ „Das ist gut zu hören“, lächelte die Alte. Dabei traten deutlich Fältchen hervor. Anzeichen für ihr Alter, aber auch für ihre Lebenserfahrung. Diese Frau war ohne Frage imposant.
 

„Nun gut, dann ist es jetzt wohl Zeit für den versprochenen Tee.“ Sie wandte sich um und schien den Durchgang hinter sich zu beobachten. „Sakura-San, bring doch bitte den Tee für unsere Gäste.“
 

Eine schmale Hand schob den Vorhang, der den Raum von den restlichen Zimmern des Hauses trennte, beiseite. Ein Tablett mit einer altmodischen dampfenden Teekanne schob sich durch den Durchgang. Als die junge Frau dann ins Licht trat, war ein jeder von ihrem Anblick fasziniert. Sakura hatte einen hellen Teint, der noch mehr durch die helle Schminke hervorgehoben wurde. Ihre Haut wirkte elfenbeinfarben und schien in dem abgedunkelten Raum beinahe zu leuchten. Ihre roséfarbenen Haare waren zu einer eleganten Hochsteckfrisur aufgesteckt. Mit dem durchdringenden Blick aus ihren grünen Augen schien sie den Geist eines jeden zu durchleuchten.
 

Man konnte nicht sagen, was es war, doch sie hatte etwas an sich, was sich nur schwer beschreiben ließ. Sie hatte etwas Geheimnisvolles an sich. Niemand hätte sagen können was sie fühlte. Sakura wirkte wie ein Wesen, das aus einer anderen Welt gekommen war, so sehr unterschied sie sich von den anderen Menschen. Sie brauchte weder einen dunkelroten Kimono um diese Aura um sich herum aufzubauen, noch eine Maske, hinter der sie sich verstecken könnte, denn sie war ein einziges Geheimnis. Sie war undurchschaubar. Mit einem Mal wurde es Neji klar, was sie war.
 

Sakura war eine Geisha.
 

Die junge Frau schwebte durch den Raum und hielt zuerst vor der Prinzessin inne. „Ihr Tee, Tenten-Hime.“ Sie kniete sich vor Tenten nieder, neigte den Kopf nach vorn und goss ihr vorsichtig den wohlduftenden Tee ein. Der ganze Raum war bei ihrem Anblick verstummt. „Sie sind Sakura - San, nicht wahr?“, fragte Tenten. Es erschien ihr unhöflich eine solche Frau ohne Höflichkeit anzusprechen. In einer fließenden Bewegung erhob diese sich schließlich. Elegant fiel ihr eine seidige Strähne ins Gesicht „So ist es. Ich bin Sakura Haruno, zu ihren Diensten.“
 

Abermals verneigte sie sich. Doch ihr Blick wanderte durch den Raum und traf den Nejis. Der junge Samurai zuckte leicht erschrocken zusammen. Sakura schien ihn mit einem einzigen Blick durchschaut zu haben. Was hatte diese Frau bloß?
 

Während er noch in Gedanken war, spürte er einen Luftzug und fast im gleichen Augenblick bemerkte er die junge Geisha, die vor ihm kniete und den Tee in seine Trinkschale goss. Die dampfende Flüssigkeit verströmte einen betörenden Duft. Der ganze Raum duftete jetzt schon nach Kirschblüten. Irgendwie verkörperte alles hier Sakuras Wesen, sofern man das beurteilen konnte. Elegant, ein wenig hochmütig, gerissen und mit diesem Blick, der alles zu durchschauen schien, und der ihn soeben zusammen zucken gelassen hatte. Sakura war indessen schon wieder aufgestanden, hatte nun auch Hinata, Ino, Naruto und Lee ihren Tee eingeschenkt. Ohne ein Wort hatte sie ihn verwirrt.
 

Sie verbeugte sich höflich, Chiho sagte kurz etwas, doch das drang gar nicht mehr zu Neji durch. Er hatte nur Augen für die junge Frau, die irgendetwas hatte, was ihn in Alarmbereitschaft versetzte. Doch war es nur das? Hatte nicht viel mehr ihr Auftreten ihn verunsichert? Sicher, sie war hübsch. Es war zwecklos dies abzustreiten, aber was hatte ihn so dermaßen in ihren Bann gezogen?
 

Plötzlich wurde er sich bewusst, was er hier überhaupt tat. Er starrte eine Geisha an. Die, nun ja, -wie hatte Chiho-Sama es so schön formuliert?- auch andere Arten von Annehmlichkeiten anbot. Als hätte die Alte sein Unbehagen gespürt, begegnete er kurz ihrem Blick, bevor sie sich mit einem wissenden Lächeln umwandte und ihr Gespräch wieder aufnahm, das sie höflich mit Tenten geführt hatte. Neji hatte nie ein solches Gefühl verspürt.
 

Sein Blick wanderte durch den Raum und plötzlich wurde ihm klar, dass er nicht der einzige war, der Sakura angestarrt hatte. Lee hatte plötzlich einen merkwürdig entzückten Gesichtsausdruck. Liebevoll, als würde er sie schon ewig kennen, schaute er die junge Geisha an. Unbewusst wisperte er alle möglichen Komplimente, die seiner Ansicht nach offenbar schön genug für Sakura waren, vor sich hin. Demonstrativ wandte Neji die Augen ab. So wollte er ganz sicher nicht enden. Sollte er sich zum Trottel machen wegen dieser Frau? Die weißen Augen huschten zurück zu Chiho, auch wenn er sie nicht direkt ansah, wusste er jetzt, was er eben verspürt hatte. Scham. Chiho hatte eine solche Reaktion von ihm erwartet.
 

„Danke sehr Chiho-San. Ihre Gastfreundschaft ehrt mich. Nun werden wir aber doch zu Bett gehen.“ Tenten lächelte. Neji schrak aus seinen Gedanken. Er hatte gar nicht mitbekommen, wie die Zeit vergangen war. Kaum zu glauben, dass er es geschafft hatte seinen Tee zu trinken ohne sich zu bekleckern.
 

War er so neben der Spur gewesen? Ein Samurai war stets auf alles gefasst. Was, wenn sie angegriffen worden wären? Wie hatte er eine der wichtigsten Regeln der Samurai vergessen können? Für den Moment war er froh, dass Kakashi nicht hier war. Sein Lehrer hatte ihn stets gemaßregelt, aber Enttäuschung hätte er nicht in seinen Augen ertragen. Dessen war Neji sich sicher.
 

Ein wenig verspätet richtete er sich auf und verließ nach den anderen den Raum. Für einen Moment dachte er, Sakura würde ihm in den Weg treten, doch sie lächelte nur. Ein Lächeln, das ihm einen Schauer über den Rücken jagte.
 

Nachdem die Tür hinter ihm geschlossen war, atmete er kurz ein und ergriff sein Schwert, das er vor Eintritt hatte abgeben müssen. Eine trügerische Sicherheit ging von der Klinge aus. Vertraute er blindlings auf die Kraft Ryujins?
 

Kurz erteilte er Lee und Naruto weitere Befehle. Tenten war schon gegangen. Er hatte es in letzter Zeit so gehalten, dass seine Anweisungen und Befehle über seine Rekruten weiter getragen worden waren. Ohne ihre gemeinsame Absprache hatten sie es zu einer stillen Konversation geschafft, die ihresgleichen suchte. So offen sie früher miteinander geredet hatten, so verkrampft versuchten sie jetzt zu vermeiden, den anderen auch nur anzusehen und wenn es nur wegen Kleinigkeiten wie dem richtigen Weg war. Nichts würde ihn von diesem Standpunkt entfernen.
 

Er tat es zu ihrem bestem, zu seinem besten, korrigierte er sich. Er fürchtete diese Verschwörung gegen ihn. Die Verletzungen waren verheilt, aber die Folter hatte Narben hinterlassen. Er würde sich für immer an seinen Fehler erinnern. Sein Rücken würde auf ewig vernarbt bleiben. Neji war sich sicher, dass Naruto etwas bemerkt hatte, doch in all dem Chaos, hatte dieser wohl vergessen, ihn darauf anzusprechen, wofür er mehr als dankbar war. Er könnte ihnen nicht mehr in die Augen sehen. Was würde Tenten sagen, wenn sie den Grund für seine Ablehnung erfuhr? Diese Narben würden ihn bis an sein Lebensende begleiten und nie würde jemand den Grund erfahren.
 

Leicht schüttelte er den Kopf. Dieser schien zum Bersten voll mit Dingen, die ihn beschäftigten, dass er kaum noch klar denken konnte. Seine Angst, seine Scham, seine Schuld... all das sammelte sich in seinem Kopf. Manchmal war ihm, als würde sein Kopf das alles nicht mehr verarbeiten können. Was er brauchte war ein Moment der Entspannung.
 

Das Holz knirschte leicht, als er darüber ging. Die Dielen schienen nicht mehr ganz neu zu sein, doch für dieses Gasthaus reichte das allemal. Er tastete nach der Öffnung in der Wand und schließlich fanden seine Finger die Tür. Neji drückte sie auf und fand sich schließlich auf der Terrasse wieder. Er blickte auf einen kleinen Garten. Die Blätter der Ginkubäume waren schon gelb geworden.

Kurz dachte er an sein altes Leben zurück. Er war ein Dieb gewesen... Hatte gestohlen um zu überleben, aber... –diese Frage beschäftigte ihn schon lange- was war davor gewesen? Weiter zurück als sein Erinnerungsvermögen reichte. Seine Vergangenheit lag in Schatten. Neji lehnte sich an das Geländer und atmete die noch vom Regen feuchte Luft ein. Das kalte Nichts fühlte sich gut an. Es überraschte ihn, brachte für einen kurzen Moment Schreck, ehe er wieder seinen Gedanken nach hing. Neji blies seinen Atem von sich. In der Kälte konnte man ihn als leichten Nebel erkennen. Er schloss die Augen.
 

Das Holz knarrte, als hätte jemand eine hektische Bewegung gemacht. Sein Körper reagierte instinktiv. Seine Hand hatte schon den Dolch gezogen, noch bevor er die Augen geöffnet hatte. Im nächsten Moment fand er sich in der Angriffsstellung wieder. Er öffnete die Augen, sein Blick huschte kurz über die Szenarie, dann weiteten sich seine Augen.
 

Der Moment des Erkennens schien eine Ewigkeit zu dauern. Neji starrte in Tentens vor Schreck geweiteten Augen. Er brachte kein Wort heraus, kein normaler Satz, mit dem er die Situation auflockern konnte. Nichts vermochte ihn aus dieser Trance zu reißen. Er konnte sich nicht vom Fleck rühren. Sein Mund formte Wörter, die ihm aber nie über die Lippen kommen sollten. Stumme Sätze, die ihre Bedeutung verloren, als sie in dieser kalten Stille zwischen ihnen schwebten.
 

Tentens Augenbrauen zogen sich kurz zusammen. Sie schien sich sammeln zu müssen. „Wieso seid Ihr hier draußen Neji-San“, fragte sie, „wollt Ihr euch nicht ein wenig ausruhen?“ Ihre Stimme zitterte. Neji ließ die Waffe zurück in die Scheide gleiten, sein Atem ging stoßweise. Tenten hatte Angst vor ihm gehabt, Angst, dass er ihr noch mehr wehtun könnte.
 

„Ich wollte kurz an die frische Luft“, antwortete er monoton. Dann herrschte wieder Stille. Keiner der beiden wusste, was er sagen sollte. Es war unwirklich und ... es tat weh. Neji spürte einen Stich in seinem Herzen, als er den gedrückten Ausdruck in ihrer Haltung erkannte. Tenten war anders geworden. Niedergeschlagener. Trauriger. War er für ihre Veränderung verantwortlich? Er verspürte Reue. Wieso hatte es soweit kommen müssen, dass er sie so sehr verletzt hatte? Es wäre besser gewesen, diese Sünde nicht zu begehen, er hatte es gewusst. Doch zum ersten Mal hatte er bewusst etwas getan, was falsch war. Warum also bereute er das nicht? Es hatte ihn so viel Schmerzen gekostet, doch noch größerer Schmerz war der Ausdruck, mit dem Tenten ihn jetzt ansah. Neji wollte nichts lieber als es ihr erklären, aber er konnte nicht, er durfte nicht...
 

„Warum?“ Ganz leise drang das kleine Wort, die zittrige Frage durch die Stille. Nejis Herz setzte einen Moment aus. Tenten meinte ganz sicher nicht, warum er noch mal raus gegangen war. Sie setzte zu einen verzweifelten Versuch an, einen Grund zu erfahren – den er ihr nicht geben konnte.
 

Sie hatte die Hände zu Fäusten geballt. Es musste sie eine Menge Überwindung kosten, ihn darauf anzusprechen. Sich ihm preis zu geben, nur damit er sie ein zweites Mal verletzen konnte. Doch keine Emotion schlich sich auf sein Gesicht. Wieder setzte er sich diese eiserne Maske auf, an der Gefühle abprallten. Neji sagte nichts. Was sollte er ihr schon sagen? Er hatte seine Entscheidung in jener Nacht getroffen, in der er aufgegeben hatte. Tenten hatte die ganze Zeit über ihren Blick gesenkt, aber als sie ihn schließlich auf ihn richtete, sah er die Angst.
 

„Warum? Warum redest du so mit mir?“ Er schwieg und drehte den Kopf weg. „Ich habe es dir damals gesagt. Es wird nicht mehr so wie früher, Tenten.“ Noch immer zitterte sie, doch mit dem Aufbäumen ihres letzten Mutes sagte sie: „Dann sag es mir noch einmal, während du mir in die Augen siehst.“ Neji zögerte. Er hatte ... keine Wahl. Er durfte sie nicht in Gefahr bringen. Wie in Zeitlupe hob er den Blick. Er betrachtete sie einen Augenblick. Die Hände zu Fäusten geballt, ihre Haltung ein wenig gekrümmt, der Blick ängstlich. Die sonst so starke Tenten stand zitternd vor ihm und erwartete nun seine endgültige Abweisung. Nur langsam formten seine Lippen die Worte. Ihre Blicke begegneten sich. Mit einem Anflug von Ironie stellte er fest, dass er diese Augen mochte. Seine Lippen bebten ein wenig und etwas in ihm zog sich zusammen, aber er musste das jetzt tun. Sein Blick wurde hart und die weißen Augen wirkten wie Eis. „Es wird nicht mehr wie früher sein, Tenten, niemals mehr.“
 

Wortlos drehte sie sich um. Sie wusste, dass es keinen Sinn mehr hatte. Sie wusste nicht warum, aber sie akzeptierte es. Ihre Wegen waren verwoben gewesen, ihr Schicksal hatte einen gemeinsamen Weg gewählt gehabt, aber nun löste sich der Traum in Rauch auf. Es gab keine Zukunft, nie hatte es eine gegeben. Sie waren beide nur zu dumm gewesen, es zu begreifen.
 

Neji sah ihr nicht nach, als sie verschwand. Wieder richtete er den Blick auf den Garten. Es war fast wie zuvor mit dem Unterschied, dass er sich nun wieder aufgewühlt fühlte.
 

„Vertraust du ihr nicht?“ Der junge Samurai fuhr herum. Zum zweiten Mal war seine Hand an seiner Waffe. Doch in einem Sekundenbruchteil erkannte er, wer gesprochen hatte. Sakuras grüne Augen funkelten ihn wissend an. Anscheinend hatte sie die ganze Szene beobachtet. Die Geisha stieß sich von der Wand ab, an der sie gelehnt hatte. „Was ist es, dass dir Zweifel kommen?“ „Was wisst Ihr schon von Zweifeln?“ Neji hatte sich soweit wieder gefangen, dass er sie leicht verstimmt anfunkelte. Sicher, sie war eine Geisha, eine gerissene, wie er befand. Er musste sicher vorsichtig sein, aber von ihr aufgeklärt werden, was richtig und was falsch war, wollte er nicht.
 

„Was ist es, dass dir Zweifel aufgibt?“, wiederholte sie, „ist es ihr Stand? Oder traust du dich nicht?“ Sakura war näher gekommen. Die grünen Augen bohrten sich in seine und ließen ihn nicht zurückweichen.
 

„Was weißt du schon von mir?“ „Ich weiß von dir nichts und ich weiß alles von allem. Es kommt aufs Gleiche heraus. Antworte mir!“ „Dann nenne mir einen Grund, weshalb ich dir trauen sollte.“ „Nenne mir einen, dass du es nicht tun solltest“, schoss sie zurück. Die junge Frau lächelte und schob eine Strähne, die ihr ins Gesicht gefallen war, beiseite. Neji musste zugeben, dass sie sich nicht leicht loswerden ließ und anscheinend hatte sie es nun auf ihn abgesehen. Warum musste er nur immer so viel Pech haben? Konnte sie nicht zu Lee gehen und den mit ihren Fragen löchern?
 

Neji zuckte zusammen, Sakura hatten ihn an der Schulter gepackt und herum gerissen. Die Narben waren verheilt, doch sie schmerzten, wenn man zu viel Druck ausübte und die junge Geisha hatte einen festen Griff, den er der zierlichen Frau gar nicht zugetraut hatte.
 

„Ah“, sagte sie, „Ich verstehe...“ Beide verharrten eine Weile und Neji kam sich plötzlich eigenartig machtlos vor. „Sie haben dich gefoltert.“ Es war eine Feststellung nichts weiter und Nejis Schweigen gab ihr Recht. „Neji... oder sollte dich lieber bei deinem vollen Namen nennen?“ Der Schwarzhaarige war verunsichert. Ihr Auftritt hier verwirrte ihn. Aber noch mehr die Tatsache, dass sie anscheinend Dinge wusste, die ihm verborgen waren. „Anscheinend... ist die Zeit dafür noch nicht reif.“ Sie schien seine Reaktion zu belächeln. „Ich wusste, dass du eines Tages auftauchen würdest. Vielleicht nicht bei mir, aber du würdest da sein. Das Schicksal wollte es so. Führe die begonnenen Aufgabe zu Ende.“ Blitzschnell. Schneller als er es je gekonnt hätte, hatte sie den Knoten gelöst, der das Tuch um seine Stirn zusammen hielt. Der Stoff segelte nach unten und offenbarte die Tätowierung, die bis in alle Ewigkeit kennzeichnen würde, an welche Stelle er gehörte.
 

„Ich kenne dich“, sagte Sakura. „Du sagst, du würdest mich kennen, ohne mir je begegnet zu sein?“ „Ich kenne dein Wesen, deine Natur, ich weiß viel musst du wissen.“ „Ich weiß genug, um zurechtzukommen“, schoss er zurück. „Warum vertraust du ihr dann nicht? Du magst sie, nicht? Ich hätte ehrlich gesagt nicht erwartet, dass es solche Komplikationen geben würde...“

„Es ist meine Sache.“ „Und was ist mit ihr? Hast du dich schon einmal gefragt, wie sie reagieren würde, wenn sie es wüsste? Was würde sie wohl tun, wenn sie wüsste, welche Strafe du ihretwegen auf dich genommen hast?“ „Sie wird nichts tun, sie wird es nie erfahren.“
 

Wieder schwiegen beide eine Weile. „Weil du... in deinem Stolz verletzt bist?“ „Was weißt du schon von dem Stolz eines Samurai? Was weißt du schon von meiner Ehre?“ Er merkte, dass er zunehmend forscher wurde, war es nicht angebracht höflich mit einer Geisha umzugehen? Aber war Sakura überhaupt eine normale Geisha? Eigentlich wusste er gar nichts von diesen Frauen.
 

„Du fragst mich nach dem Stolz eines Kriegers, eines Samurai? Mich? Ich habe mehr Krieger gesehen als du, ich kenne die Menschen, Samurai.“ Neji schwieg. Teils, weil er machtlos gegen ihre Worte war und teils, weil etwas in ihm nachdenklich geworden war. Sakura war nicht viel älter als er selbst, doch gab sie sich ganz anders. Sie wirkte so viel älter. Es schien, als hätte sie schon ein Leben hinter sich gelassen. „Ich kenne euren Stolz“, sagte sie, „doch ich verstehe ihn nicht.“ Neji wartete, es schien, als wolle sie ihm noch mehr sagen. Dies war nur ein Teil eines großen Ganzen.
 

„Ich kannte einen, der stolz war. Viel stolzer vielleicht als es je ein Samurai war. Es ist nicht lange her, ein oder zwei Jahre vielleicht. Damals hat er eine ganze Geisha aus mir gemacht. Du musst wissen, dass eine besondere Zeremonie nötig ist um aus einer Maiko, die ich war, eine Geisha zu machen. Er war bei mir, sieben Tage lang. Er begleitete mich die ganze Zeit über. An diesen Tagen war er noch nicht das, was er heute war. Damals war er kein Ronin.“
 

Nejis Aufmerksamkeit war geweckt. „Was ist das, ein Ronin?“ „Du bist ein Samurai und hast nie davon gehört wie es ist, ein Ronin zu sein? Du steckst voller Überraschungen, Neji.“ „Was ist es?“ „Nun, wie erkläre ich dir das? Stell dir vor, es gibt einen Samurai, dem alle mit Respekt begegnen. Er ist hoch angesehen. Die Bevölkerung achtet und liebt ihn für seine Stärke und den Schutz, den es durch ihn erfährt. Doch was passiert, wenn aus ihm ein Verräter wird? Was passiert, wenn er herrenlos wird? Sasuke Uchiha ist ein Ronin geworden. Ein Verräter, ein Samurai, der alle auf einmal gegen sich hatte. Ein Ronin, ein herrenloser Samurai, der nur sich selbst dient.“
 

Als ihre Geschichte endete, war es still. Selbst die Natur schien verstummt zu sein. In Nejis Innerem war es seltsam leer geworden. Das also erwartete ihn, sobald er den Schwur brach, den er gegeben hatte. Er wurde herrenlos und überall verhasst. Ein Ronin... Und noch etwas regte sich in ihm. Ein Erinnerung, die eigentlich schon lange zurück lag.
 

„Was ist aus ihm geworden?“

„Er ist ein Verräter...“
 

Könnte es einen Zusammenhang zwischen Kakashis erstem Schüler und Sasuke Uchiha geben?
 

„Ich kenne diesen Namen.“ Sakura, die bis dahin still und reglos verharrt war, hob den Blick. „Uchiha... War das nicht eine alte Samuraifamilie? Ich habe in Schriften über berühmte Krieger gelesen. Sie kamen oft vor. Sie schienen voller Ruhm, aber plötzlich waren sie wie vom Erdboden verschwunden...“ „Die Familie starb aus“, antwortete die junge Geisha. „Niemand weiß, wie es geschehen ist, aber Sasuke Uchiha hat überlebt. Der einzige Uchiha, von dem bekannt ist, dass er lebt, selbst wenn dies ein ehrloses Leben ist. Solltest du ihm je begegnen, sei auf eines gefasst. Er hat seinen Stolz verloren, aber nicht seine Genialität als Krieger.“
 

Nejis Blick ging weiterhin in die Ferne. Je mehr er über diesen Krieger nachdachte, desto unheimlicher kam ihm dieser vor. Ein Phantom, von dem jeder nur den Namen kannte und sein Können, aber niemals mehr. Keinen Aufenthaltsort, keine Geschehnisse. Nichts... Der Krieger, der ihm aus diesen Geschichten entgegenkam, schien mit einem Mal spurlos verschwunden zu sein. „Was für einen Verrat hat er begangen?“ „Das weiß ich nicht. Ich habe ihn ewig nicht mehr gesehen, obgleich sich mein Herz nach ihm sehnt. Wenn du ihm je begegnest, richte ihm von mir aus, dass ich noch immer auf ihn warte.“

Ein Ginkublatt segelte zu Boden. Ganz sacht setzte es auf der Erde auf. Neji fragte sich, ob auch Sasuke Uchiha so zu Grunde gegangen war. Langsam, stetig, aber mit einer Gewissheit, dass er fallen würde. Wahrscheinlich hatte er es purem Glück zuzuschreiben, dass er am Leben war. Hatte man sich auch gegen ihn verschworen? Es gab vieles, das im Dunkeln lag.
 

„Du hast mein Wort.“ Fast unbemerkt waren sie zum Du übergegangen. Beide schienen ein ähnliches Schicksal zu haben. Vielleicht war es das, was dem jungen Samurai veranlasste, Sakura zu vertrauen. Vielleicht... wer konnte das schon wissen.

„Der auf dem Bild, war er das?“ Sakura nickte. „Es ist der einzige, was mir von ihm geblieben ist. Aber sei gewarnt, seine Seele befindet sich in der Finsternis.“ Der Wind heulte ums Haus. Nach dem Regen schwang anscheinend das Wetter um. Allerdings schien doch so langsam der Herbst vorüberzuziehen, um dem Winter Platz zu machen. Es war kalt geworden. Die Vorboten der kalten Jahreszeit kündigten sich an.
 

„Mach nicht das selbe durch wie ich“, sagte sie nach einer Weile, „vertrau ihr, vertrau dir selbst. Es gibt immer eine Chance. Denke über meine Worte nach.“ Und als Neji sich umdrehte war sie verschwunden. Genauso geheimnisvoll wie sie aufgetaucht war.
 

Neji dachte nach. Sakura war anders, als alle die er je kennen gelernt hatte. Sie schien Dinge zu wissen, die den meisten unbekannt waren. Und noch undurchschaubarer, war ihre Beziehung zu diesem gefallenen Samurai, diesem Ronin. Sasuke Uchiha. Dieser Krieger schien ihm ähnlich zu sein. Er wusste was es bedeutete zu verlieren. Doch gleichzeitig war da noch etwas anderes. Irgendwie schien dieser Samurai, der zu sein, den er eigentlich schon immer gekannt hatte, aber nie gewusst hatte, dass es ihn gab. Was auch immer es war, er würde irgendwann eine Antwort erhalten.
 

Und er dachte über Tenten nach. Vertrauen hatte Sakura gesagt, aber wie konnte er ihr vertrauen, wenn er sich unsicher war? In dieser Hinsicht hatte sie unrecht gehabt. Es würde sich nichts ändern. Auch, wenn sie in gewisser Weise recht gehabt hatte. Aber was war das schon in der Realität?
 

Vertrauen... was bedeutete das? Dieses Gefühl war ihm fremd. Neji hatte von bedingungslosen Vertrauen gehört. Davon, dass man sich stets auf den anderen verlassen könnte. In den Geschichten und Legenden wurde es immer groß geschrieben, aber wie könnte er lernen anderen zu vertrauen, wenn er sein ganzes Leben nur sich selbst vertraut hatte. Wie konnte ein Dieb, ein Krieger lernen zu vertrauen, wenn er dies nie gefühlt hatte?

Neji gestand sich ein, dass er sich zu Tenten hingezogen fühlte. Doch er wusste auch, dass er ihr nie wirklich vertraut hatte. Es war da gewesen... lange Zeit, er hatte immer gewusst, dass das Versprechen, das er ihr einst gegeben hatte, ihn irgendwann einholen würde, aber vertrauen? Der Wind wehte durch seine Haare und schlug eine andere Richtung ein. Was erwartete ihn, wenn er es nicht konnte? Was erwartete ihn in der Ungewissheit der Zukunft? Würde er lernen, zu vertrauen, oder würde er daran zu Grunde gehen?
 

~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~
 

So hier ist das neue Kapitel von Samurai. Wie versprochen sind ein oder besser gesagt mehrere Charaktere aufgetreten. Was haltet ich von Sakura als Geisha? Ich muss zugeben ich mag diese Rolle^^. Chiyo wollte ich auch noch mitreinbringen. Sie ist aus Naruto Shippuuden, für die, die es nicht wissen. Sie hat dort ein ziemlich trauriges Ende gefunden und irgendwie gefiel sie mir gut. Ebisu und Moegi, Itzumo und Kotetsu sind irgendwie mit reingerutscht^^.
 

Dann möchte ich mich bei Ayo_Nox bedanken, die das Kapitel freundlicherweise korrigiert hat. Und... irgendwer hat mir diese Seite zu den Geishas gezeigt *schlechtes gedächtnis hab* auch dafür danke^^°
 

Danke auch für die vielen Kommentare das letzte Mal^^ Ich weiß, ihr müsst immer warten... *seufz* Beim nächsten Mal gibt es dann wieder Action, aber das wird wohl noch ne Weile dauern.
 

Bei meinem OS ~Herbstmelodie~ habe ich leider den falschen Link mitgeschickt. Die sei hiermit korrigiert: http://animexx.onlinewelten.com/fanfiction/autor/291734/177151/
 

Der Kapiteltitel heißt Faith, also Vertrauen, was aber eher als Frage angesehen werden kann. Das nächste Kapitel heißt Attack, na was meint ihr??? XD
 

hel

moonlight_005

~ Kapitel 14: Attack ~

~ Kapitel 14: Attack ~
 

Neji erwachte kurz nach Sonnenaufgang. Er richtete sich langsam auf, blinzelte in das Sonnenlicht und wischte sich den Schlaf aus den Augen und brauchte einen Moment, bevor er begriff wo er war. Doch dann fiel es ihm wie Schuppen von den Augen. Das Unwetter ... die Unterkunft ... Die Erinnerung an den gestrigen Abend kam nur bruchstückhaft zu ihm zurück. Ihr Blick war so anders gewesen... Nachdem er die Decke zurückgeschlagen hatte, verharrte er einen Augenblick. Die langen Haare hingen ihm ins Gesicht. Nur langsam erhielt er seine Fassung zurück.
 

Der junge Krieger stand auf, schlenderte durch den Raum und wusch sich anschließend über einer Wasserschüssel. Dann ging er auf nackten Sohlen auf die Kleidung zu, die er sich am Abend zuvor bereit gelegt hatte. Der Stoff raschelte, als er ihn überstreifte.
 

Nachdem er sich angezogen hatte und in einer aufwendigen Prozession die nun trockene Rüstung angelegt hatte, schnallte er sich die Waffen um. Den Köcher, an dem sein Bogen befestigt war, sein Dolch, den er an seinem Gürtel trug, ebenso wie das Schwert, das er jetzt immer zu tragen pflegte. Ryujin gab ihm Sicherheit. Es gab ihm zumindest die Möglichkeit sich zu verteidigen. Die Möglichkeit endlich stark zu sein.
 

Kurz sammelte er noch seine restlichen Sachen ein, dann sah das Zimmer aus, als sei er nie hier gewesen. Sein Blick schweifte über den ordentlich zusammengelegten Futon bis hin zu dem kleinen Badezimmer, das er ebenfalls sauber hinterlassen hatte. Alles wirkte ordentlich und ließ nicht ahnen, was für Menschen hier ein- und ausgingen. Also verließ er den Raum.
 

Trotz der frühen Morgenstunde waren die Bediensteten des Hauses schon auf den Beinen. Als sie ihm begegneten, hielten sie inne und ihre Gespräche verstummten. Das geschäftige Gemurmel verstummte. Neji fragte sich, was sie wohl von ihm denken mochten. Sahen sie den Krieger in ihm? Den ... Samurai? Oder nahmen sie den Jungen wahr, kaum ein Mann, der versuchte sich in der Welt zurechtzufinden? Schüttelten sie innerlich ihre Köpfe, als wüssten sie schon wie sein Schicksal enden würde? Dachten sie an einen tragischen Tod in einer bevorstehenden Auseinandersetzung? Er konnte nichts in ihren Gesichtern lesen und doch... manche Miene war so klar, dass Neji zu wissen glaubte, was dieser Mensch von ihm hielt.
 

Und ein wenig irritierte es ihn auch, dass die Menschen stehen blieben und sich vor ihm verneigten. Vor ihm! Nie hatte sich jemand vor ihm verneigt. Immer war er weniger als andere wert gewesen. Es war, als würde sich an sein Leben ein zweites anreihen, das vollkommen anders war als das erste. Und doch war ein Teil von ihm schon immer da gewesen. Für einen kurzen Moment war sein ganzes Ich von diesem Bild bewegt. Doch bevor er wusste was er tat, erhob er die Stimme: „Richtet euch auf! Ich bin nicht mehr wert als ihr. Ich bin unwürdig. Verneigt euch nur vor denen, die es verdienen!“
 

Die Diener blickten ihm erschrocken nach, als er durch den Flur schritt, ohne sich noch einmal umzusehen. Als der Krieger verschwunden war, fingen sie an zu tuscheln. Durfte es überhaupt einen solchen Samurai geben? Jeder wusste schließlich wie mächtig diese Krieger waren, hatte es je jemanden gegeben, der sich als genauso viel wert ansah wie das Volk?
 

Im Hof herrschte bereits Aufmarschstimmung. Überall liefen Menschen umher, die einander etwas zuriefen oder sich nur schnell fertig machten. Die Soldaten, die sie begleiteten, hatten schon größtenteils die Pferde gesattelt und ihr Gepäck verstauten. Auch die Kutsche mitsamt dem Pferdegespann stand schon im Hof. Ein Pferd wieherte, als Neji auf sie zuschritt. Dicht daneben stand Kotetsu, dessen schwarzen Haare ihm wie immer ein wenig vom Kopf abstanden. In der Hand hielt er eine lange Liste auf der in äußerst kleiner Schrift anscheinend so etwas wie Erledigungen standen. Er bemerkte Neji, noch bevor dieser etwas gesagt hatte.
 

„Geben Sie uns noch etwa eine Stunde, Neji-San, dann sind wir abmarschbereit.“ Der Schwarzhaarige wandte sich um. „Danke, Kotetsu. Wir brauchen noch Proviant. Schick bitte jemanden los! Nach meiner Einschätzung werden wir noch etwa vier Tage unterwegs sein.“ „Sehen Sie es als erledigt an.“ Neji nickte ihm anerkennend zu. „Sehr gut. Wir brechen in einer Stunde auf, sag den Männern, dass sie sich bereithalten sollen!“ Kotetsu verneigte sich.
 

Doch bevor er verschwinden konnte, fiel Neji noch etwas ein. „Kotetsu-San?“ „Ja?“ “Ist Tenten-Hime schon wach?” „Soweit ich weiß nicht. Izumo hält Wache. Wir werden sie bitten zu der gegebenen Uhrzeit bereit zu sein.“ Abermals verneigte er sich und lief schließlich in Richtung zweier Soldaten, die mithilfe eines Schmiedes dabei waren ein Pferd zu beschlagen. Als Kotetsu bei ihnen ankam, brüllte er ihnen Befehle zu. Lächelnd wandte Neji sich ab, als er sah, wie einer der Soldaten sich hastig verneigte und hektisch in Richtung Stadt aufbrach.
 

Der Samurai schulterte sein Gepäck und machte sich in Richtung Stallungen auf. Schon als er die solide Eichentür aufschob, vernahm er Narutos Stimme, der wie immer schon längst auf den Beinen war. „Verdammt noch mal du blödes Vieh, sei doch nicht so störrisch!“ Neugierig trat Neji näher. Doch bei der Szene, die sich nun vor seinen Augen abspielte musste sogar er schmunzeln. Es war wirklich zu komisch wie der Blonde versuchte einem recht stur wirkenden Pferd das Halfter anzulegen, während dieses immer und immer wieder zurücktänzelte.
 

„Was ist los, Naruto? Seit wann schafft ein Stallbursche es nicht mehr ein Pferd zu satteln?“ Naruto sah ihn nur missmutig an. „Seit wann bist du wach, Neji?“ „Seit einer halben Stunde. Was macht dir an diesem Gaul so zu schaffen?“ Narutos Blick verdunkelte sich abermals. „Du kennst das doch, es ist immer dasselbe. Ich muss für die anderen die Arbeit verrichten und die setzen sich gleich ganz einfach auf ihre Pferde und weiter geht’s. Aber wer bedankt sich schon, wenn ich einen so störrischen Hengst für den werten Herrn sattle? Richtig! Niemand. Oh ich schwöre dir, wenn ich Lee in die Finger kriege...“ Doch bevor Naruto sich weiter in die Schimpftirade auf seinen Mitbewohner, der zufälliger Weise noch die das Gepäck verladen musste, hineinsteigern konnte, hatte Neji sich schon zu ihm gesellt und das Pferd an der Mähne gepackt um es ruhig zu halten. Der Blonde war verstummt und schloss dann in einer geschickten Bewegung das Halfter um den Kopf des Tieres.
 

Die beiden verstummten und sattelten nun schweigend den grauen Hengst. Nachdem dieser ordnungsgemäß festgebunden war, atmeten beide aus. „Danke“, schnaufte Naruto. „Jetzt kann ich mich um den Rest kümmern. Was meinst du, sollen wir Lee vielleicht Juckpulver auf sein Futon legen?“ Neji runzelte die Stirn. Auf einmal wirkte Naruto extrem zu Streichen aufgelegt. Und seit wann gab es bei Streichen ein ‚wir’, das ihn mit einschloss? „Eher nicht“, sagte er daher, „aber könntest du mir vielleicht zeigen, wo ich mein Pferd finde?“ „Ach, das hab ich schon fertig, es steht da hinten.“ Er deutete auf den hinteren Teil des Stalls.
 

„Wir sehen uns nachher. Sieh zu, dass wir bald aufbrechen können! Du reitest mit mir.“ „Ach komm, ich hab schon ganz andere Sachen fertig gebracht, außerdem haben mir die Bediensteten des Hauses geholfen.“ Neji nickte ihm noch einmal zu, dann verschwand er in die angegebene Richtung.
 

Er fand den weißen Hengst auf Hochglanz gestriegelt an eine Box angebunden. Das Tier wieherte freudig, als es seinen Herrn erkannte. In Gedanken versunken tätschelte er ihm den Hals. Dann führte er es aus dem Stall und stellte zufrieden fest, dass alles nach seinen Anweisungen verlief und sie bald aufbruchsbereit sein würden.
 

~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~
 

Tenten drehte sich ein wenig und betrachtete den orangefarbenen Kimono, den sie sich für die weitere Reise ausgesucht hatte. Zufrieden wandte sie sich an Ino und Hinata, die schon die Koffer gepackt hatten und ausnahmsweise mal äußerst schnell fertig waren. „Lasst uns gehen!“, sagte sie.
 

„Wann fahren wir?“ „Izumo-San sagte, dass wir sofort aufbrechen können“, antwortete Hinata. „Kommen Sie Tenten-Hime, wir müssen uns beeilen, dann haben wir noch Zeit für das Frühstück.“ „Dann lasst uns gehen!“ Tenten ging in Richtung Tür, wartete einen Moment auf Ino und Hinata, die ihre Sachen trugen, und ging dann die Gänge hinunter. Als sie unten ankamen, wurden sie bereits von Chiyo erwartet.
 

Die Alte hatte ihre angegrauten Haare zu einem festen Knoten an ihrem Hinterkopf zusammengebunden und trug einen lavendelfarbenen Kimono, so sauber und ordentlich wie alles in ihrem Gasthaus. Die alte Frau schien zu wissen, was es bedeutete hart zu arbeiten. Hinter ihrer Fassade verbarg sich eine alte Frau, die mehr erlebt hatte, als viele andere. Sie hatte Kriege miterlebt von dessen Grausamkeit selbst erfahrene Krieger zusammenzuckten. Und trotz allem war sie stets in ihrem Alltagsleben zurückgeblieben.
 

Sie verneigte sich höflich vor Tenten und sagte dann: „ Es ist bereits angerichtet Tenten-Hime. Wenn Ihr wünscht, könnt Ihr und Eure Begleiterinnen jetzt euer Frühstück einnehmen.“

Die Prinzessin lächelte. „Vielen Dank, Chiyo-San. Ich bin sicher, es schmeckt vorzüglich. Haben die Soldaten bereits etwas gegessen?“ „Ja, wir haben ihnen jeweils eine Portion Reis mit Beilagen zukommen lassen. Ich soll Ihnen ausrichten, dass Sie nach Ihrem Mahl für die Weiterreise aufbruchsbereit sind.“ „Gut. Dann werde ich nun etwas zu mir nehmen.“ Chiyo machte eine ausladende Bewegung und wies sie an ihr zu folgen. Tenten raffte ihren Kimono und Ino und Hinata folgten schweigend.
 

Das Frühstück war nichts Außergewöhnliches, jedoch war es nahreich und gesund. Etwas, das auf der weiteren Reise wohl auch von Vorteil war. Nun standen Tenten, Ino und Hinata vor dem Gasthaus. Die Soldaten waren allesamt schon auf ihren Pferden, welche nun unruhig zu wiehern begannen.
 

„Wir sind zur Abreise bereit, Tenten-Hime. Wünschen Sie noch etwas?“ „Danke, Izumo, wir können sofort aufbrechen. Gib den Männern Bescheid, dass sie sich bereithalten sollen!“ Der Soldat verneigte sich, huschte von dannen und brüllte dann seinen Männern Befehle zu.
 

„Wie viel bin ich Ihnen für die Übernachtung und die Versorgung schuldig, Chiyo-San?“, wandte Tenten sich nun an die Gastgeberin." „Es war uns eine Ehre, Euch zu Diensten zu sein… Nach Abrechnung aller Kosten und der Unterkunft...schulden Sie mir genau sieben Sack Reis...einen Ballen Stoff und wie ich hoffe Eure Weiterempfehlung“, zählte sie an ihren Fingern ab. „Aber...“ „Ich bestehe darauf!“ „Sie müssen sich doch ungeheuer viel Arbeit gemacht haben“, protestierte Tenten. Doch zu Tentens Überraschung trat ein listiges Funkeln in die Augen der alten Frau. „Hören Sie, Prinzessin! Wir sind es, die zu Dank verpflichtet sind. Eine gute Werbung ist das Beste was uns passieren konnte. Von weit her werden Adelige und Kaufleute kommen um in dem Gasthaus zu übernachten, in dem die Tochter des Fürsten geschlafen hat.“ „Sind Sie sicher?“ „Aber ja, es freut mich, dass der Aufenthalt zufrieden stellend gewesen ist.“ „Das ist untertrieben ausgedrückt. Auf den ersten Blick sieht man gar nicht, wie komfortabel Sie es hier haben.“ „Dann hoffe ich, dass Sie uns mal wieder beehren.“ „Das werde ich.“ Dann winkte sie abermals Izumo zu sich und befahl diesem die gewünschte Bezahlung zu holen.
 

Schließlich brachten zwei Soldaten Säcke voll Reis und die anderen Güter, die als Bezahlung dienen sollten. Chiyo verbeugte sich ein letztes Mal vor Tenten. „Ich wünsche Euch viel Glück. Möge eure Reise ohne Probleme verlaufen!“ „Das wünsche ich Euch auch. Vielen Dank für die Gastfreundschaft, Chiyo-San. Lebt wohl!“
 

„Wir brechen auf!“, schallte der Ruf durch die Menge. Aus den Augenwinkeln beobachtete Neji, wie Tenten mit Ino und Hinata in die Kutsche stieg. Kurz warf er noch einen Blick auf die kleine Gaststätte, doch schließlich riss er seinen Hengst herum und ritt an die Spitze.
 

Sakura stand auf dem kleinen Balkon und beobachtete die Abreise. Sanft wehte der Wind durch ihre Haare. Elegant strich sie sich eine Strähne aus dem Gesicht. Alles an ihr war wie immer tadellos. Es hatte perfekt zu sein ... Irgendwie beneidete sie die beiden. Sie waren so jung... unerfahren. Und trotzdem... sie hatte das Gefühl, dass es noch nicht das Ende war. Die Geisha seufzte leicht. Welche Rolle würde sie wohl spielen ... inmitten dieses Machtkampfes? Für einen Moment driftete sie ab. Würde sie Sasuke wieder sehen? Vielleicht... Schweigend beobachtete sie, wie die Prozession in der Ferne verschwand. Sie verschränkte die Finger ineinander. Was würde Neji noch widerfahren? Was würde diesem Krieger passieren? Seine Vergangenheit und seine Zukunft, seine Gegenwart verknüpften sich, wurden undurchsichtig und dann doch wieder klar. Was auch immer geschehen würde, es würde über das Schicksal des Landes verändern.
 

Sakuras grüne Augen verfolgten die Reisenden bis sie in der Ferne verschwanden. Die Pferde wirbelten eine Staubwolke auf, als sie durch die Straßen preschten. Bald schon konnte man nichts mehr erkennen. Die Hände der jungen Frau umfassten das Geländer vor ihr. Sie stand noch eine Weile regungslos da, dann wandte sie sich ab. Es brachte nichts sich um die Zukunft zu sorgen. Irgendwann würde alles zusammenlaufen. Nejis Vergangenheit würde ihn einholen und vielleicht seine Zukunft verändern, doch der Augenblick war noch fern. Er war noch viel zu unerfahren. Noch wusste er nicht, welches Erbe er in sich trug. Sie wusste es. Ein Lächeln erhellte ihre Züge.
 


 

~ Ich kenne dich, Neji Hyuga ~
 


 

~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~
 

Sie waren jetzt schon fast drei Stunden unterwegs. Langsam, aber sicher wurde das Reiten immer unbequemer. Neji konnte sich nicht erinnern, jemals zuvor eine solche Strecke zurückgelegt zu haben. Es war einfach ungemütlich den ganzen Tag auf dem Pferd zu sitzen und dann noch die richtige Richtung zu finden. Vor allem mit einer Rüstung, die zusehends schwerer zu werden schien. Dass Naruto und Lee, die er dummerweise mit an die Spitze genommen hatte, sich ständig streiten mussten, hob seine Stimmung auch nicht gerade. Innerlich seufzte er. Wahrscheinlich war es aber immer noch besser sie in Sichtweise zu haben, anstatt sie unbeobachtet zu lassen, wobei sie es womöglich noch schafften sich zu verirren. Obwohl... wenn man sich Lees verkrampften Gesichtsausdruck so ansah, könnte man fast Mitleid bekommen. Lees Pferd war nicht gerade das, was man einen treuen Begleiter nennen konnte. Bei jedem zweiten Richtungswechsel missachtete es die Befehle seines Reiters und ritt in die entgegen gesetzte Richtung. Auf Nejis Gesicht schlich sich ein Grinsen.
 

„Neji!“ Er drehte sich leicht im Sattel. „Was ist, Naruto?“ „Wie lange werden wir bis zur nächsten Stadt brauchen?“ Der Schwarzhaarige verringerte ein wenig die Geschwindigkeit des Pferdes und lenkte es dann in einer eleganten Kurve nach links neben Naruto. „Nach der Karte müssten wir sie in etwa vier Stunden erreichen, allerdings nur, wenn wir dieses Tempo halten.“ Naruto stöhnte. „Oh man, wie lange soll das denn noch dauern? Wir reiten jetzt schon fast zwei Tage ununterbrochen durch. Ich beneide Hinata-chan... Sie kann wenigstens sitzen und sich unterhalten.“ „Das tust du doch auch“, stellte Neji nüchtern fest. „Ach du weißt genau, was ich meine. Sie sitzt in einer Kutsche, während ich schon den ganzen Tag reite.“ „Alle anderen reiten auch.“ „Das ist doch nicht dasselbe. Wenn wir doch wenigstens mal eine Pause machen könnten... Wenn doch wenigstens mal etwas passieren würde, wenn wir doch mal etwas Anderes sehen würden als immer nur Wald und Felder...“ Innerlich verdrehte Neji die Augen. Er hätte sich von Anfang an nicht auf diese Unterhaltung einlassen dürfen. Jetzt driftete Naruto schon wieder in seine Beschwerden ab. Es war zum Verrücktwerden. Konnte man mit ihm nicht einmal ein normales Gespräch führen? Oder...? Er hielt inne, konzentrierte sich. War da nicht ein Geruch gewesen? Jetzt konzentrierte er sich genauer auf seinen Geruchssinn. Verdammt, das durfte doch nicht wahr sein!
 

„Wenn wir doch mal an einem Imbiss vorbeikommen würden...“ „Naruto, sei still!“ Verwirrt sah Naruto ihn an. “Was ist denn los?” „Es riecht nach Rauch... Irgendwo in der Nähe muss es gebrannt haben“, sagte Neji leise. „Was?“ „Reite du zur Kutsche und sag Tenten-Hime, dass wir beide uns kurz umsehen, die anderen werden rasten. Wir dürfen kein Risiko eingehen. Wir dürfen uns nicht überraschen lassen. Es ist besser, mögliche Feinde zuerst zu sehen. Sag nichts, sonst entsteht womöglich eine Panik! Ich werde ihnen nur sagen, dass wir kurz die Gegend erkunden und sie zur Vorsicht mahnen. Wir halten an!“ „Ja, aber-“ „Ich habe die Verantwortung für alle. Führ den Befehl aus!“ Der Blonde starrte Neji kurz in die kalten Augen, nickte aber dann, bevor er sein Pferd zügelte und sich zurückfallen ließ.
 

Lee warf Neji einen fragenden Blick zu. „Rauch?“, fragte er leise. „Ja, aber das muss nichts bedeuten. Naruto und ich werden uns kurz etwas umsehen und wenn wir nichts entdecken, reiten wir zurück. Während wir weg sind...“, er sah dem Kung-Fu-Kämpfer in die Augen, „ übergebe ich das Kommando an dich, du bist für die Sicherheit aller verantwortlich.“ Ein Funkeln trat in Lees Augen. Gleichzeitig wirkte er ernst. „Glaub mir, ich bin mir der möglichen Gefahr bewusst. Verlass dich auf mich!“
 

Schon kurze Zeit später verlangsamte sich der Zug. Naruto schien Tenten die genaue Sachlage erläutert zu haben und die Soldaten waren in Anbetracht einer Pause mehr als dankbar. Neji zügelte sein Pferd und stieg seitlich ab. Überall hielten die Reiter ihre Pferde an und blickten ihn fragend an, doch er winkte ab. Schließlich kam ihm Naruto entgegen. „Du kannst gleich wieder aufsitzen, wir werden uns kurz umsehen. Wenn wir größeren Truppen begegnen sollten, werden wir vermutlich einen Umweg wählen, wir dürfen nicht riskieren, dass sich Gerüchte über die Tochter des Fürsten verbreiten, das würde die Rebellen anziehen.“ „Wo denkst du, ist das Feuer ausgebrochen?“ „Wir müssen nur ein Stück nördlich.“

Der Rauch musste nicht weit von ihnen entfernt sein...
 

„Komm jetzt!“ Neji saß wieder auf und auch Naruto tat es ihm nach. Dann trieb der junge Samurai sein Pferd an und preschte über die Lichtung, auf der die Prozession Halt gemacht hatte. Naruto folgte ihm. Der noch vom Regen leicht matschige Boden flog unter den Hufen der Pferde dahin. Schon bald hatten sie das kleine Waldstück hinter sich gelassen und befanden sich nun auf offenem Terrain. Die Umgebung war leicht felsig, hin und wieder konnte man sogar eine Klippe erkennen. Nur vereinzelt gab es Sträucher, die dem Klima trotzten. Die Natur wurde zusehends kahler und weiter.
 

„Neji, warte!“ Naruto hatte sein Pferd gezügelt. „Was ist?“ „Wir wissen doch gar nicht, wo es ist. Dem Geruch zu Folge müsste, der Brand ganz in der Nähe sein, aber siehst du was?“ „Es ist nicht mehr weit. Lass uns absteigen!“ „Na gut.“ Beide saßen ab und führten nun ihre Pferde am Halfter. „Warum bist du so unruhig?“ Neji sah sich zu Naruto um. „Es ist nur so ein Gefühl. Vorsicht ist besser als Nachsicht.“ „Das hab ich schon mal gehört“, brummte Naruto. Dann erhöhte er seine Geschwindigkeit und ging voran.
 

Der weiße Hengst wieherte und wich zurück, sodass Neji ihn nur noch im letzten Moment halten konnte. Der Verdacht, der ihn schon zuvor gewurmt hatte, schien sich zu bestätigen. Sogar die Tiere spürten, dass hier etwas ganz und gar nicht stimmte. Er wurde zunehmend unruhiger. Vielleicht gab es in der Gegend Straßenräuber, oder Brandstifter. Sie mussten schnellstmöglich eine größere Stadt erreichen.
 

„Der Geruch wird stärker“, sagte Naruto nach einer Weile. „Ich weiß, halt dich bereit!“ Nejis Hand war zu dem Schwertknauf gehuscht und er selbst wirkte nun noch angespannter. Ein Kreischen durchbrach die Stille und ein Falke schoss über ihre Köpfe hinweg. Für einen Augenblick folgten Nejis Augen dem Vogel, bevor er sich abwandte und schließlich überrascht innehielt. Er drückte Naruto das Halfter seines Pferdes in die Hand, ließ selbigen stehen und kletterte schließlich auf einen niedrigen Felsen in etwa fünfzehn Meter Entfernung. Fast unbemerkt hatten sie sich dem Abgrund genähert. Sein Blick schweifte über den Rand. Erschrecken bereitete sich ihm in ihm aus.
 

~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~
 

Nervös klopfte sie immer und immer wieder mit ihrem Zeigefinger auf die Lehne. Ihr gegenüber saßen Hinata und Ino, die sich anschwiegen. Es war selten, dass Ino einmal völlig still war. Ein Zeichen, dass es sich wirklich nicht um eine Nichtigkeit handelte. Etwas abweisend zwirbelte Tenten eine Haarsträhne auf. Es brauchte schon eine Menge um der sonst so fröhlichen Blondine die Sprache zu nehmen. Hinata machte einen ängstlichen Eindruck. Vielleicht lag es an ihrer schüchternen Art, vielleicht an Narutos gehetztem Gesichtseindruck, als er ihnen von der notwendigen Vorsichtsmaßnahme erzählte. Oder sie sorgte sich, dass Neji und Naruto etwas zu stoßen konnte. Neji...
 

Tenten hielt inne. Wieder schweifte sie ab in die Erinnerungen. Er war... er war so kalt gewesen. Es schien, als wäre er plötzlich ein anderer Mensch geworden. Diesen Blick hatte sie bei ihm noch nie gesehen und er bereitete ihr Angst. In Gedanken hörte sie seine Worte lauter als sie in Wirklichkeit gewesen waren. Sie schlug sich die Hand vor den Kopf. Kurz hatte sie ein Schwindelgefühl und die Sicht schwand ihr. Die Bilder lösten sich vor ihren Augen auf und alles verschwamm in Rauch.
 

„Tenten... Tenten-Hime...Was ist mit Euch?“ Die Braunhaarige schrak hoch, hielt sich aber nach wie vor den Kopf, der vor Schmerz dröhnte. Ohne dass sie es bemerkt hatte, war sie von ihrem Sitz gesunken und leicht zusammengeklappt. Besorgt tauschten Hinata und Ino einen Blick. „Tut mir leid, mir war kurz schwarz vor Augen“, murmelte sie. „Möchtet Ihr vielleicht etwas trinken?“, fragte Ino. „Nein, schon gut, ich muss nur kurz an die frische Luft.“ „Können wir irgendetwas tun, Tenten-Hime?“ „Vielen Dank, Hinata, das ist nett, aber es ist wirklich nichts.“ Die Schwarzhaarige warf Ino einen Blick zu. „Vielleicht ist es wirklich besser, wenn Ihr kurz rausgeht.“ „Ja, das wird es wohl sein, wir sind schon viel zu lange in dieser stickigen Kutsche.“ Sie richtete sich auf und stemmte sich dann recht wackelig hoch. Ino öffnete die Tür und Tenten stieg vorsichtig die Stufen herunter.
 

Sie blinzelte in die Sonne und atmete die frische, kalte Luft ein, die sie sofort ein wenig lebendiger machte. Aus den Augenwinkeln bemerkte Tenten wie Hinata und Ino sie kritisch beobachteten. Die Lichtung war kahl, nur ein kleiner Fleck, in dem ansonsten dichten Wald. Der Boden war an einigen Stellen ein wenig aufgeweicht. Ein paar Pfützen kündeten von dem gestrigen Regen. Die Tochter des Fürsten ließ den Blick über die restlichen Soldaten schweifen. Die meisten saßen auf der Erde und ruhten sich ein wenig aus. Andere tranken oder aßen etwas. Die meisten Männer wirkten erschöpft. Die beiden, die sie in der letzten Nacht bewacht hatten, Izumo und Kotetsu, alberten ein wenig herum. Der junge Kung-Fu-Kämpfer Rock Lee war damit beschäftigt sein Pferd festzubinden. Doch er wirkte nicht so wie sonst. Lee war angespannt. Als ihn jemand rief, fuhr er herum und erst als er den Soldaten als einen der seinen erkannte, wurde er ruhiger und gestikulierte wie sonst auch, während er sprach.
 

„Geht es Ihnen besser, Tenten-Hime?“ „Ja, danke. Es lag wohl doch an dem fehlenden Sauerstoff“, sagte sie. „Ich habe Wasser geholt. Hier, bitte.“ „Oh danke, Hinata.“ Tenten nahm den Becher entgegen und trank einen Schluck. Die kalte Flüssigkeit rann ihre Kehle herunter und erfrischte ihre Sinne. Schnell war der Becher leer. „Das tat gut. Habt ihr auch etwas getrunken?“ „Ja. Macht Euch keine Gedanken! Wir wollen nicht, dass Ihr Euch überanstrengt.“ „Wo bleiben eigentlich Naruto und Neji-San? Sie müssten doch schon wieder da sein.“ Ino runzelte die Stirn. „Ich weiß nicht, aber sie werden schon wieder kommen. Macht Euch keine Sorgen!“ Tenten blieb stumm. Wieder beobachtete sie ihre Soldaten, die sich noch immer ausruhten, tranken und es genossen sich einen Augenblick entspannen zu können. „Natürlich nicht“, sagte Tenten.
 

Die Bäume rauschten und ein eisiger Wind wehte zwischen ihnen hindurch. Unwillkürlich zog Tenten ihren Umhang, den sie sich vorsorglich angezogen hatte, enger um sich. Der Wind fegte über den Erdboden und beinahe schien es, als würde eine Welle über den Boden laufen. Irgendetwas ließ sie frösteln. Der Schrei eines Falken durchbrach die Stille. Einige der Männer deuteten mit dem Finger in den Himmel, einige lachten und manch andere kümmerten sich gar nicht um ihn. Der große Vogel kreiste über der Lichtung, doch irgendetwas war merkwürdig. Tenten blickte zum Himmel empor.
 

Dann ging alles ganz schnell. Mit einem Mal war die Luft mit dem Geräusch von Pfeilen durchzogen. Ein Mann schrie auf, als ihn ein Geschoss in der Brust traf. Ino stieß einen spitzen Schrei aus und zog Tenten und Hinata in Deckung. Die Männer hatten mittlerweile zu den Waffen gegriffen. Einige spannten ihre Bögen, wussten aber nicht, wo sie hinzielen sollten, da sie ihren Feind nicht ausmachen konnten. Mit einem Mal kamen die Pfeile aus der entgegen gesetzten Richtung. Lee schrie etwas, das Tenten nicht verstand, woraufhin sich die Männer in Deckung warfen. Dann war es still. Irgendwo hörte man die Schmerzenlaute eines Soldaten, der sich herum warf. Die Braunhaarige lugte unter den Armen hervor, die sie zum Schutz über ihrem Kopf verschränkt hatte. Als sie sich umschaute, sah sie, dass der Pfeil genau an der Stelle in der Kutsche steckte, wo einen Augenblick vorher noch ihr Kopf gewesen war. Ein Schaudern überkam sie. Hinata und Ino lagen neben ihr.
 

„Seid Ihr verletzt, Prinzessin?“, fragte Ino mit zitternder Stimme. „Mir ... mir geht es gut“, antwortete sie. „Was ist mit...“ Lautes Kampfgeschrei drang aus dem Wald. Zwischen den Bäumen stürmten Krieger hervor, bis an die Zähne bewaffnet mit Lanzen, Schwertern, Speeren und anderen Waffen. Sofort stürzten sie sich auf die Soldaten. „Zum Gegenangriff!“, hörte Tenten Lee schreien, der nun versuchte den Angriff abzuwehren. Schwerter prallten aufeinander. Das Kreischen der Klingen klang grauenvoll. Neben ihr begann Hinata wegen des schrecklichen Angriffs zu schluchzen. Die Gewalt war so plötzlich über sie hereingebrochen, dass keiner von ihnen sich von dem Geschehen lösen konnte, oder einen klaren Kopf behielt. Tenten war wie erstarrt, als sie drei ihrer Männer sterben sah. Leblos lagen sie am Boden, während der Kampf über sie hinwegtobte.
 

Die Bogenschützen der feindlichen Angreifer, die zwischen den Bäumen verborgen waren, schickten eine neue Salve von Pfeilen über die Lichtung. Und abermals stürzten Körper in die Reihen der Kämpfenden leblos zu Boden. Nur manchmal von einem Schmerzensschrei begleitet. Die einstmalige Stille wurde von den Schreien erschüttert, die von Schmerz herrührten. Tenten schien es, als würde alle Wirklichkeit ganz weit weg sein. Immer und immer wieder prallten beide Parteien aufeinander. Pfeile surrten durch die Luft, Schwerter stießen aufeinander. Menschen... Menschen, die versuchten sich umzubringen.
 

Dann kam ihr ein erschreckender Gedanke. Was war, wenn dies nicht einfach Wegelagerer waren, die versuchten sich zu bereichern? Was war, wenn dies ein gezielter Angriff war? Ein Angriff, der gegen sie gerichtet war?
 

„Vorsicht!“ Tenten fuhr zu Hinata herum, doch es war schon zu spät. Ruckartig wurde sie herum gerissen und blickte direkt in das Antlitz eines Feindes. Sie hatte keine Zeit mehr auszuatmen. Das einzige, das sie empfand, war Angst. Sie erkannte einen gehetzten Ausdruck in diesen Augen, dieser Blick war nicht mehr voller Leben. Er war leer und nur auf den Kampf ausgerichtet. Er hob sein Schwert... „Tenten-Hime!“, schrie Lee. Und im fast selben Moment war er neben ihr. Lee war bereits der Schweiß ausgebrochen. Der Feind war in der Überzahl. Sie würden dem Angriff nicht standhalten können. Die Waffe durchschnitt die Luft und raste auf sie zu... Tenten erhaschte einen kurzen Blick auf eine verschwommene grüne Silhouette, dann war Lee vor ihr. Mithilfe zweier Eisenstäbe, die durch eine Kette verbunden waren, fing er das Schwert ab, dann brach er mithilfe eines gezielten Tritts dem Gegner das Genick.
 

Sie hätte geschrieen, wenn sie die Kraft gehabt hätte, doch das Entsetzen nahm ihr den Atem. Nichts wollte sie lieber, als aus diesem Albtraum erwachen. Vollkommen orientierungslos stolperte sie einige Schritte zurück. „Verschwinde!“, schrie Lee gegen den Lärm an. „Wenn sie Euch kriegen, ist alles verloren!“ „Aber...“, brachte sie krächzend heraus. „Hör auf mich, wir haben das im Griff!“ Wie einfach ihm diese schlichte Lüge über die Lippen ging. Nichts war in Ordnung, sie würden alle umkommen und er wusste das...
 

Lee starrte sie wie hypnotisiert an und zum ersten Mal begriff sie, dass auch er ein Krieger war. Er beherrschte seinen Körper so perfekt, wie sie es noch nie gesehen hatte. Mit der flachen Hand schleuderte er unzählige Feinde von sich, durchdrang ihre Reihen, stützte sich mit den Händen am Boden ab und riss etliche von den Füßen indem er mit seinen Beinen millimetergenau zielte. Sie hatte immer Samurai für große Krieger gehalten, doch Lee belehrte sie nun eines Besseren. Krieger durch und durch. Kung-Fu ohne den kleinsten Fehler.
 

„Wir müssen hier weg!“, schrie Ino und packte sie am Handgelenk. „Lee und die anderen halten sie auf! Versteh doch, Tenten!“, rief sie verzweifelt. Vielleicht war es ihre eigene Angst, die sie dazu trieb Ino und Hinata zu folgen, vielleicht war es auch die Tatsache, dass Ino sie zum ersten Mal auf die gleiche Stufe stellte wie sich selbst.
 

Sie wandte dem Geschehen den Rücken zu und rannte. Der Kimono behinderte sie, doch das war sie ja schon gewohnt. Lee blieb hinter ihnen zurück. Der junge Kung-Fu-Kämpfer hielt ein Dutzend Feinde auf und es war absehbar, dass er bald am Ende seiner Kräfte war. Der Kampf dauerte an und auch die Angreifer hatten gemerkt, dass er das Oberkommando hatte. Strategisch war es klug denjenigen mit der Befehlsgewalt zuerst auszuschalten. Doch wo war deren Kommandant? Wer befehligte den Angriff?
 

Aus dem Hintergrund hörte sie, wie Waffen aneinander prallten. Fast leise schlich sich der Tod durch den Kampf. Tenten stolperte und wäre beinahe gestürzt, doch Ino zerrte sie weiter. Als sie sich umdrehte, sah sie einen leblosen Körper auf dem Boden liegen, die Gliedmaßen von sich gestreckt. Seiner Hand fehlten zwei Finger...
 

Ekel überschwemmte sie und nun rannte sie noch schneller. Der Wald und die damit zusammenhängende Sicherheit war nur noch knappe fünfzig Meter entfernt. Plötzlich schossen wieder Pfeile aus dem Dickicht und Ino bremste so ruckartig ab, dass Tenten, die sie immer noch hinter sich herzehrte, fast vornüber gestürzt wäre. Direkt vor ihnen bohrte sich ein brennender Pfeil in Boden. Die flammenden Geschosse waren überall und noch immer gingen sie auf die Heerscharen der Krieger nieder. Die Kutsche, in der sie noch wenige Minuten zuvor gesessen waren, hatte Feuer gefangen. Beinahe schien es so als ob der Pfeilregen gezielt um die Lichtung gelegt wurde und den Angegriffenen keine Fluchtmöglichkeiten bot. Nun blieb ihnen fast keine Deckung mehr, doch in dem Getümmel war ohnehin niemand mehr auf sie fixiert. Ino zog Tenten hinter das Gestrüpp. Die Blonde keuchte, als sie beide kurz stehen blieben. Auch in Inos Zügen entdeckte Tenten ihre eigene Angst. Doch dann kam noch etwas dazu...
 

„Wo ist Hinata?“, fragte Ino mit gefährlich leiser Stimme. Tenten schauderte. Sie hatte keinen Gedanken mehr an die Schwarzhaarige verschwendet, als sie sich bewusst war, dass diese ihnen folgte. Aber Ino hatte Recht. Nirgendwo war eine Spur von ihr zu sehen.
 

„Wir suchen sie, wir können sie hier nicht zurücklassen!“ „Wir ... haben keine Wahl. Wenn du stirbst, ist die Zukunft des gesamten Fürstentums verwirkt. Die Rebellen werden die Macht ergreifen und es wird niemals Frieden geben. Wenn du stirbst, ist alles verloren...“ „Ich lasse meine Freundin nicht im Stich!“, schrie Tenten. „Glaub ja nicht, mir würde das leicht fallen!“, erwiderte Ino ebenso heftig, „Hinata ist auch meine Freundin, aber wir haben keine Wahl!“

„Man hat immer eine Wahl!“ „Sei doch nicht so eine verdammte Närrin, was glaubst du hier zu finden? Den Heldentod? Dir muss doch klar sein, was geschieht, wenn sie wissen wer du bist.“ Sie deutete mit zitternder Hand auf das Gemetzel hinter ihnen. Beschämt wandte Tenten den Blick ab. Sie hatte sich wirklich wie eine Närrin aufgeführt. Die ganze Zeit sah sie nun schon das Leid ihres Volkes, aber ihre Gefühle für Neji hatten sie die Wirklichkeit nicht mehr sehen lassen. Es war ihre Aufgabe sich um das Wohl des Volkes zu kümmern. Und sie hatte versagt.
 

Ino erkannte ihre Chance und zerrte Tenten weiter. Sie waren nur wenige Meter gekommen, denn der Kampf tobte ununterbrochen weiter. Ihre Soldaten hatten bereits schwere Verluste einstecken müssen. Mehr und mehr wichen sie zurück und mussten ihre Stellungen aufgeben. Tenten wurde das Gefühl nicht los, eingekesselt zu sein. Mühselig kämpften sie sich durch die Reihen der Kämpfenden. Und mehr als einmal hatte nur Inos rasche Reaktion sie davor vor Angriffen bewahrt. Tenten riss sich den Kimono mehrmals auf, als sie durch das Gestrüpp stolperte, aber es war ihr egal. Wichtig war einzig und allein das Überleben.
 

Der Waldrand war nur noch etwa einen knappen Bogenschuss entfernt und die beiden Frauen stolperten mehr darauf zu, als dass sie liefen. Das Gras wurde immer wilder und mehrmals hielten sie sich an diversen Dornen auf. Ino fielen die sonst so gepflegt zurückfrisierten Haare in Strähnen ins Gesicht. Tenten warf ihr nur einen kurzen Blick zu. Im Stillen gab sie Ino Recht. Sie durften nicht aufgeben. Sie mussten fliehen. Doch sie ... sie könnte sich niemals verzeihen, dass sie Hinata zurücklassen musste. Ihre Freundin Hinata ...
 

Der Schrei des Falken kam so plötzlich, dass sie unwillkürlich zusammenzuckte. Tenten hatte gar nicht bemerkt, dass der Raubvogel seine Kreise schon viel tiefer über der Lichtung zog. Ihr Blick folgte dem braunen Schatten, der auf den Wald zuflog. Der Vogel stellte die Flügel in den Wind und bremste seinen Fall. Er landete auf dem Arm eines Mannes.
 

Eine hoch gewachsene Gestalt trat aus dem Schatten. Er trug ausschließlich schwarze Kleidung, die ihn wie einen Dämon erscheinen ließ. Ein langer Umhang tanzte im Wind um seinen Körper herum. Ein Bogen hing auf seinem Rücken. Sein Schwert, fast so lang wie er selbst, war um seine Hüfte gegürtet. Die rabenschwarzen Haare fielen ihm leicht ins Gesicht und an seinem Hinterkopf standen sie zur Seite ab. Als er langsam den Kopf hob, erkannte man einen hellen Teint. Eine feine Narbe, die man erst auf den zweiten Blick erkannte, zierte seine Schläfe. Der Blick aus seinen onyxfarbenen Augen heftete sich fest in ihre Augen. Ein schmales Lächeln schlich sich auf seine Züge. Augenblicklich schauderte sie und Angst überkam ihren Geist. Tenten blickte ins Angesicht Sasuke Uchihas, dem Verräter.
 

~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~
 


 

Hallo ^-^. Ja, ich lebe noch und die ff verschwindet auch nicht in der Versenkung. Eigentlich wollte ich dieses Kapitel ja als eine Art Samurai-Osterei hochladen, aber dann hatte ich plötzlich doch so viel zu tun, dass ich es erst jetzt schaffe ^^°
 

Ich bedanke mich recht herzlich bei Arua, die das Kapitel für mich korrigiert hat und die entsetzlichen Logik-, Satzbau-, Grammatik-, Tempus- und zu-kurze-Sätze-Fehler ausgebessert hat. Vielen lieben Dank. *knuddel*

Danke auch an TentenHyuga für das schöne Video. (Kannte ich und ich finds auch voll schön ^^)an HinaMirlie für die ganzen Infos. (Hab viel gelernt ^^) und... endlich hab ichs gefunden...Maji, die mir die Infos zu den Geishas besorgt hat. Danke, Merci *knuddel* und an alle Leser, die meinen Quark hier lesen XD. Was wäre ich ohne euch *seufz*
 

so, jetzt mal ne kleine Anmerkung: Ha! So schnell hat keiner mit Action gerechnet, ne?? Da habt ihr ihn endlich! Jetzt ist der ... Sasuke endlich da (hab zwar an einer fiesen Stelle aufgehört, aber er ist da... *muahahahahaha* und er ist sauschwer zu schreiben -.-). Und jetzt gebt Ruhe ! (Nein, Scherz, schreibt mich zu. Nehme Morddrohungen, Heiratsanträge und alles weitere gern entgegen)
 

Und natürlich sind Neji und Naruto nicht da, wenns zur Sache geht XD. Also bis zum nächsten ^^. Dieser Titel bedeutet 'Angriff', was die meisten ja sicher wissen, aber ich schreibs trotzdem noch mal dazu ^^. Nächstes Mal: Kapitel 15: Ruin. Verät noch nicht so viel, ne???
 

Falls sich das jetzt einer bis zu Ende durchgelesen hat, wünsche ich euch erst mal alles liebe. Bleibt mir treu XD
 

hel

moony

~ Kapitel 15 : Ruin ~

~ Kapitel 15 : Ruin ~
 

Sie blickten auf ein Ruine. Von der Stadt waren nur noch Trümmer übrig geblieben und die einstmals prächtige Metropole glich nur noch einem Schatten ihrer Selbst. Von Häusern, die vor langer Zeit im Glanz erstrahlt waren, gab es nur noch ein paar aufeinander gestapelte Steine, die von dem Leben längst vergangener Zeiten erzählten. Torbögen waren eingestürzt und die Straßen verwüstet. An manchen Stellen sah man noch Ruß, der von einem großen Brand kündete. Eine unheimliche Stille lag über der Stadt und durch die verlassenen Gassen zog ein eisiger Windhauch.
 

Naruto warf Neji einen Blick zu. „Was ist hier nur passiert?“ „Die Stadt muss angegriffen worden sein“, antwortete der Samurai, „aber es ist nicht das, was wir gesucht haben.“ „Lass uns trotzdem mal nachsehen, vielleicht finden wir irgendwelche Hinweise.“ Ohne eine Antwort abzuwarten war Naruto schließlich losgeeilt und lief nun am Rande des Abhangs entlang, um eine geeignete Stelle zu finden, die es ihm ermöglichte den Abstieg zu bewältigen.
 

„Komm schon, Neji, hier ist eine Treppe!“ Und schon war der Blonde aus Nejis Sichtfeld verschwunden. Leicht irritiert beugte sich Neji über den Abgrund. Naruto war schon fast unten angekommen und die Strecke war lang und gefährlich gewesen. Trat man einmal falsch, konnte man froh sein, wenn man sich nicht ernsthaft verletzte. „Warte Naruto“, rief er. Neji band die beiden Pferde fest. „Komm schon!“, antwortete Naruto. Außer seiner Stimme keine Geräusche zu hören hatte etwas Gespenstisches in der Stille.
 

Der Samurai eilte schließlich auf den von Naruto gefundenen Abstieg und fand die steinerne Treppe. Der Abhang war so steil, dass er sich mehrmals mit den Händen abstützen musste, zwang sich aber immer weiter zu gehen. Trotz des harten körperlichen Trainings fiel es ihm schwer einen solch steilen Hang zu bezwingen. Plötzlich rutschte er ab, konnte sich aber noch gerade so festhalten. Ein paar Steine fielen in die Tiefe und die Stufe auf die er getreten war, bröckelte auseinander. Schaudernd übersprang er diese und setzte seinen Fuß auf die darunter liegende. Als er unten ankam, wartete Naruto schon.
 

„Was ist das hier nur für ein Ort?“ Zum ersten Mal seitdem Neji ihn kannte, wirkte Naruto ernst und für einen Moment glaubte er einen Hauch Traurigkeit in seinen Zügen zu lesen. „Schauen wir uns doch mal um“, murmelte er statt einer Antwort. Dieser Ort schüchterte ihn ein. Schweigend gingen sie unter dem zerstörten Torbogen hindurch. Sie kamen auf eine graue Straße, dessen Eingänge der dort stehenden Häuser teilweise eingestürzt waren. Naruto und Neji gingen ohne ein Wort nebeneinander her. Trostlosigkeit und der Tod beherrschten die Stadt und nirgendwo gab es ein Zeichen von Leben. Einmal bildete der junge Samurai sich Stimmen ein, aber es war bloß der Wind gewesen, der durch die Ritzen zog und so Geräusche verursachte.
 

Vor dem größten Gebäude in der Nähe hielt er inne. „Lass uns reingehen“, sagte er. Zur Antwort ging Naruto voraus. Noch immer herrschte Stille zwischen ihnen. Nachdenklich betrachtete er Narutos Rücken und auf einmal wurde ihm bewusst, dass er ihn eigentlich doch gar nicht kannte. Was wusste er von seinen Gedanken, von seiner Vergangenheit? Es war immer nur um ihn gegangen, um seinen Weg zum Samurai. Nie hatte Naruto etwas von sich selbst erzählt. Immer war er ihm ein wenig naiv vorgekommen, aber jetzt hatte er einen nachdenklichen Menschen vor sich.
 

„Schau mal“, riss Narutos Stimme ihn aus seinen Gedanken. Eilig bemühte er sich zu ihm aufzuschließen. Er ging durch einen langen Gang, der nur spärlich von Licht durchzogen war. Durch die hier herrschende Stille, nahm er seine Schritte wie ein Donnergrollen wahr. Schließlich durchzog ein Lichtstrahl die Dunkelheit und Neji blieb neben Naruto stehen. Der Blonde deutete auf einen großen Raum, auf dem zahlreiche längst vermoderte Tische und Stühle standen. Neji betrachtete die Szene einen Moment lang, dann stieg er ein paar Stufen herunter und blieb in der tiefer gelegenen Mitte stehen. Auf dem größten Tisch lag eine Schriftrolle. An einigen Stellen waren Schriftzeichen schon unleserlich, doch teilweise konnte er noch Bruchstücke lesen. Mit der Hand strich er den Staub von dem festen Papier. Unbemerkt war Naruto hinter ihn getreten.
 

19. Oktober 1623, Oto – Gakure
 

Protokoll der 34. Ratssitzung im Saal der Melodie, Kriegshandlung
 

Wir verzeichnen einen erneuten Angriff [...] viele Krieger schwer verwundet, wir schreiben neunhundert Verluste. Der Feind ist zu stark ... es sind zu viele... wir sind kurz vor dem Untergang. Wenn wir nicht bald Hilfe bekommen... aber unsere Verbündeten lassen uns im Stich. Unser Herr... unser Herr lässt uns im Stich, um diese Aufsässigen zu jagen ... seine Stadt geht unter [...] Die Rebellen werden uns vernichten, wenn wir keine Hilfe bekommen.
 

Neji warf Naruto einen Blick zu, dann rollte er die Schriftrolle weiter aus. Das Papier war eingerissen, doch abermals las er die Ereignisse bruchstückhaft vor. Gleichzeitig kam es ihm so vor, als habe die Stadt so eben ihren letzten Atemzug getan.
 

27. Dezember 1623, Oto – Gakure,
 

Während eines Angriffs
 

Wir können der Belagerung nicht länger stand halten [...] Die Rebellen werden immer zahlreicher, sie stehen vor unseren Toren ... Die Bevölkerung ist in Panik [...] Die Stadt steht in Flammen ... wir werden untergehen ... Ich bete, dass es eine bessere Zeit geben mag, ich wünsche mir ihren Untergang, ebenso den unseres Herrn [...], denn er hat uns verraten, in dem er uns unserem Schicksal überließ. Die Einsamkeit umgibt mich und ich sehe dem Tod entgegen. Möge es eine bessere Zukunft geben, denn unsere ist verwirkt.
 

Anko Mitarashi, Vorsitzende des Rates und Stadthalterin Oto - Gakures
 

„Das hier ist Oto – Gakure“, sagte Naruto plötzlich etwas lauter. Er wirkte beinahe so, als müsse er sich sammeln. „Was weißt du darüber?“, wollte Neji wissen. „Vor der Zeit als die Rebellion begann, war Oto – Gakure eine prachtvolle Stadt. Es gab hier eine Menge Handel, von überall her kamen Händler, Gaukler und viele mehr. Diese Stadt war für ihre Musik berühmt. Es ist überliefert, dass es ein dreihundertjähriges goldenes Zeitalter gegeben haben soll. Allerdings wird gemunkelt, dass dies nur eintreten konnte, weil die Bewohner Oto – Gakures sich seit jeher Sklaven hielten, die in den Minen arbeiteten. Du hast von den Silberminen gehört, oder?“ Auf ein Nicken Nejis, fuhr er fort: „Als die Rebellion schließlich begann, war die Existenz dieser Stadt in Gefahr, denn die Gräueltaten, die so lange unter der Oberfläche gebrodelt hatten, drangen an die Öffentlichkeit. Wer die Rebellen rekruiert hat ist bis heute unbekannt. Die Gründe sind in der Zeit untergegangen. Jedenfalls stießen diese Aufsässigen rasch auf Sympathie von vielen aus dem Volk, denn diese waren mit der Art und Weise, wie Mao – Chéng regierte, nicht zufrieden. Doch sie hassten Oto – Gakure, weil diese Stadt seit jeher die Menschen ausgebeutet und geknechtet hatte, während seine Einwohner in Saus und Braus lebten. So kam es, dass sie die Stadt immer wieder angriffen, belagerten und schließlich ganz auslöschten. Das ist jetzt siebzehn Jahre her“, sagte er nachdenklich.
 

Eine Weile herrschte Schweigen. Noch einmal strich Neji über das brüchige Pergament, das über den Untergang einer verlorenen Welt erzählte. Er blickte kurz zur zerstörten Decke hinauf, durch die Licht hereindrang. Er konnte nicht umhin die Menschen zu bedauern, die hier den Tod gefunden hatten, trotz all der Grausamkeiten und Menschen verachtungswürdigen Geschehnissen, die Naruto ihm erzählt hatte. Von den Minen hatte er schon gehört, aber es waren nicht die Silberminen, von denen Naruto gesprochen hatte, denn diese galten schon seit langem als verschollen. Er kannte nur die Minen, zu denen Verbrecher gebracht wurden, um dort ihre Schuld abzuarbeiten. Mit einem Schaudern erinnerte er sich, dass er vielleicht selbst dort geendet hätte, wäre ihm nicht wie durch ein Wunder seine Ausbildung ermöglicht worden. Dennoch gab es ein paar Ungereimtheiten und schon jetzt qualmte ihm der Kopf von all den Informationen, Niederträchtigkeiten und Kriegshandlungen. Schließlich beschloss er dies für erst mal aus seinem Kopf zu verbannen.
 

„Naruto?“, begann Neji vorsichtig, „woher weißt du das alles?“ Der Blonde zuckte die Schultern. „Es gab mal eine Zeit, da bin ich viel herumgekommen“, antwortete er; „das war noch bevor ich in den Dienst des Fürsten trat.“ „Der Name ist verwischt“, murmelte Neji. „Welchen meinst du?“ „Der von diesem Herrn der Stadt.“ Naruto beugte sich nochmals über den Bericht, hielt schließlich inne und betrachtete die Stelle an der der Name hätte sein müssen. „Mir war nichts von einem Herrn der Stadt bekannt, ich kenne nicht mal diese Anko Mitarashi, die die Verteidigung der Stadt übernommen hat.“ „Hältst du es für möglich, dass es Überlebende gibt?“ „Nein. Die Rebellen haben sie alle so sehr gehasst, dass sie die Stadt niederbrannten. Zu ihren Zwecken und Idealen und für eine bessere Zukunft zwar, aber es sind letztendlich Menschen, die hassen können und in ihrem Wahn sind ihnen Menschenleben gleichgültig. Warum glaubst du, gibt es sonst ständig Angriffe?“ Darauf wusste Neji nichts zu erwidern. Nachdem er Naruto eine Zeit lang in die verblüffend azurblauen Augen gesehen hatte, wandte er sich schließlich zum Gehen. „Lassen wir den Toten ihre Ruhe, hier finden wir nichts.“ Der Blonde gab ihm recht und so standen sie wenig später wieder auf der Straße. Noch immer war es unheimlich, hier in dieser Geisterstadt, die ihre Einsamkeit noch mehr dadurch hervor hob, dass es nicht mal Vogelgezwitscher gab. Der einstige Marktplatz auf den sie kamen, war leer und ausgestorben.
 

Plötzlich schlug Neji sich die Hand vor die Stirn. „Verflucht! Was bin ich für ein Idiot!“ Auf Narutos Gesicht breitete sich ein breites Grinsen aus. „Schön, dass du das auch mal bemerkst verehrter Mitbewohner, nicht, dass ich das nicht schon –“ „Sei still! Verdammt, wir haben unsere Zeit vertrödelt! Irgendwo hier muss es einen Angriff gegeben haben und wir schleichen in dieser Ruine herum! Woher kam sonst dieser Rauch?“ Naruto blickte an Neji vorbei und riss die Augen auf. Im nahe gelegenen Wald entgegen der Richtung aus der sie kamen, stieg schwarzer Rauch auf. Allerdings war er nicht besonders dicht, was wohl auf die Feuchtigkeit des gestrigen Regens zurückzuführen war. Neji folgte Narutos Blick und fluchte laut. „Wir müssen sofort zurück!“ Naruto nickte schnell und schon rannten sie die Gassen entlang. Doch zu allem Unglück mussten sie nach kurzer Zeit Halt machen.
 

„Wir haben uns verlaufen!“, fluchte Naruto. „Was um aller Götter Namen haben wir verbrochen um so viel Pech zu haben?“ „Wir müssen ruhig bleiben“, stellte der Samurai sachlich fest, „wir sind aus der Richtung dieser Steilwand gekommen, also müssen wir auch wieder zurück.“ „Lass uns über die Dächer gehen“, warf Naruto ein. „Spinnst du, was wenn die einbrechen! Diese Stadt modert doch nur vor sich hin, wir verlieren nur Zeit.“ „Immer noch besser, als weiter orientierungslos herumzulaufen. Da sehen wir wenigstens wohin wir laufen müssen!“, fauchte Naruto zurück. Und schon kletterte er die nächstbeste Hauswand hoch und verschwand aus Nejis Sicht. Widerstrebend folgte der ihm. Als er endlich auf dem Dach stand, das zugegebener Maßen, wie er richtig vermutet hatte, höchst wackelig war, war Naruto schon gut fünf Dächer weit entfernt. Geschickt sprang er von Dach zu Dach und sah schließlich mit einem Grinsen, dass Neji ihm doch gefolgt war.
 

Nach einiger Zeit tat Neji sich leichter und holte Naruto ein. Ein Mal wäre er zwar fast mitsamt der Ruine eines Hauses zu Boden gekracht, konnte aber noch rechtzeitig auf dem nächsten Dach landen. Als er zu Naruto blickte, war dieser stehen geblieben, sein Gesicht war kalkweiß geworden und dann sprang er von dem Dach. Schnell eilte Neji ihm hinterher.
 

Das Bild, das sich ihm bot, war grauenhaft. Naruto kniete vor einer Leiche. Es war ein junger Mann, der offenbar erstochen worden war. Naruto schien wie in einer Trance zu sein. Er wirkte gefasst und dann doch wieder nicht. Neji vermochte nicht den naiven, immer gut gelaunten Mitbewohner in ihm wieder zu erkennen. Schließlich schloss Naruto dem Toten die Augen und richtete sich auf. „Er muss geflohen sein, von der Stelle, wo wir den Rauch gesehen haben. Das Blut ist noch nicht geronnen“, stellte er schließlich schaudernd fest. „Das heißt, er ist noch nicht lange tot?“, fragte Neji. „So ist es.“
 

Ein Poltern durchbrach die Stille, dann hörten sie Schritte. Das Geräusch eines Bogen, der gespannt wurde, nahm Neji nur durch seine geschärften Sinne wahr. „Runter!“, schrie er. Eine Sekunde später bohrte sich ein Pfeil dicht neben sein Ohr in die Wand des Hauses. „Sie sind noch hier, verdammt!“, fluchte Neji. „Kommt raus, ihr Feiglinge! Mörder!“, schrie der Blonde der Stille entgegen. Die Miene des Stallburschen verzog sich vor Hass. Für einen Augenblick dachte der junge Samurai, dass er sich wieder beruhigen würde, doch dann stürmte Naruto völlig blind vor Wut in die Richtung, aus der der Pfeil gekommen war. Er sah sich nicht ein einziges Mal um. Neji richtete sich wieder auf, rief nach seinem Gefährten, bekam aber keine Antwort. Zum wiederholten Mal folgte er Naruto durch die Gassen. Noch im Laufen zog er seinen Bogen vom Rücken und legte einen Pfeil in die Sehne ein. Er konnte es nicht auch noch verantworten, dass sie beide erschossen wurden.
 

Neji fand Naruto auf dem Marktplatz, den er, dem Himmel sei dank, durch mehr Glück als Verstand wieder gefunden hatte. Naruto blickte sich blind um. Die Gegner lauerten im Verborgenen und anscheinend hatte Naruto sie noch nicht gesehen. Sein Herzschlag beschleunigte sich, als er eine in einen langen Mantel gehüllte Gestalt direkt auf seinen Freund zielen sah. Der Blonde schien nichts zu bemerken...
 

Er verkrampfte sich. Das war also seine erste Bewährung. Neji hob den Bogen. Der Pfeil zitterte. Fast im selben Moment schnellte der Pfeil des Gegners auf Naruto zu. „Vorsicht!“, schrie er. Naruto jedoch bemerkte das Geschoss und wich mit einer Rolle zur Seite aus.
 

Der Feind schien überrascht und sah sich suchend nach ihm um. Diese Chance nutze er. Neji peilte an und schoss schließlich den Pfeil direkt auf den Gegner zu, der auf der anderen Seite auf einem der Dächer stand. Der Pfeil bohrte sich in seine Brust und er stürzte augenblicklich zu Boden. Heulend vor Wut stürzte sich Naruto auf ihn. Neji rannte so schnell wie möglich zu seinem Gefährten und zerrte den Blonden von dem Verletzten weg. Doch dieser ließ sich nicht beruhigen. Immer wieder wand er sich weg und Neji gelang es allein Kraft seines Willens ihn festzuhalten. „Naruto!“ Er reagierte nicht sondern wollte sich weiterhin auf den Verletzten stürzen. „NARUTO!!!“ Der Blonde blinzelte. “Komm zu dir, verdammt!” „Das ist ein Mörder, er verdient den Tod, hast du gesehen, was er ihm angetan hat?“ „Sei verdammt noch mal du selbst“, schrie Neji. „Er hat diesen Mann einfach umgebracht. Sie haben die Stadt niedergebrannt! Begreifst du nicht? Er gehört zu den Rebellen!“ Der Mann zu ihren Füßen kröchelte und spuckte Blut. Sofort wollte Naruto sich wieder auf ihn stürzen. „Wach auf, Naruto!“ Neji starrte ihn an und dann schlug er ihn ins Gesicht. Überrascht von dieser Wendung, reagierte Naruto viel zu langsam und ging zu Boden.
 

Neji indessen besah sich den Verletzten. „Wer bist du?“ „Niemand“, antwortete der Rebell. „Wir haben Rauch gesehen, was ist passiert? Gibt es noch mehr von euch in dieser Gegend?“ „Warum sollte ich das ausgerechnet euch erzählen?“ Ein krächziges Lachen erklang in den leeren Straßen. Die Stelle an der der Pfeil steckte, verfärbte sich rot und Blut sickerte in seine Kleider. „Vielleicht deswegen“, zischte der Samurai. Er hatte seinen Dolch gezogen und hielt dem Angreifer die Klinge an den Hals. Der Mann hörte auf zu lachen und betrachtete das Messer, das an seinem Hals lag. Das Metall bohrte sich in die Haut und ein Rinnsal Blut lief am Hals herab. „Rede schon.“ „Ich konnte euch Samurai noch nie leiden. Überheblich und arrogant, wie ihr seid. Ihr denkt nur an euren Kampf“, sagte er verächtlich. Der Druck des Dolches verstärkte sich. „Na gut, da ich sowieso sterbe...“ Er betrachtete das Blut, das aus seiner Brust quoll. „Ich gehöre zu einem Überfallkommando, heute Morgen haben wir ein paar Kaufleute überfallen.“ „Aus der Richtung, aus der der Rauch kam?“, warf Neji ein. „So ist es. Der Mann, den ihr gefunden habt, konnte entkommen. Ich wurde ausgeschickt ihn zu vernichten. Unser Anführer hat noch einen Zug Reisender gesichtet. Es waren vor allem Soldaten; wir vermuteten, dass sie zum Heer des Fürsten gehörten, deshalb beschlossen wir noch einen Angriff zu wagen.“ Nejis Herz verkrampfte sich vor Angst. Die einzigen, die ebenfalls in der Gegend waren, gehörten zu den Soldaten Mao-Chèngs, die damit beauftragt waren, seine Tochter zu schützen. Ihre eigenen Männer... Er dachte an Lee, Tenten, Hinata und Ino, an die Soldaten, die er befehligte. „Wie lange ist es her, dass ihr aufgebrochen seid?“ „Eine halbe Stunde vielleicht, sie müssten sich im Gefecht befinden.“ „Elender...“, knurrte Naruto, der sich wieder aufgerappelt hatte.
 

Der Rebell spuckte wieder Blut. „Das Fürstentum wird untergehen, auch ohne mich. Sie werden den Fürsten stürzen und es wird endlich wieder Ordnung einkehren.“ Der Wahnsinn glühte in seinen Augen. Neji wich zurück und ließ den Dolch fallen. Mit einem Klirren kam er auf der Erde auf. Unter dem Körper des Rebells bildete sich eine Blutlache. Ein letztes Mal bäumte sich sein Körper auf, dann sackte er in sich zusammen. Noch immer steckte der Pfeil in seiner Brust. Ein letztes wahnsinniges Lächeln war auf seinen toten Lippen zurückgeblieben.
 

„Naruto...“ Der Blonde blickte noch immer auf die Leiche. Er wischte sich das Blut aus dem Mundwinkel. „Weißt du, was das bedeutet? Sie greifen unsere Leute an, wir müssen sofort zurück.“ Endlich schien sich Naruto aus seiner Starre zu lösen. „Du hast recht. Tut mir leid, ich hab Mist gebaut.“ Er hob den Dolch vom Boden auf und warf ihn Neji zu, der ihn mit einer Hand auffing.
 

„Weißt du den Weg?“ „Ich hab von den Dächern aus, die ungefähre Richtung im Kopf. Schnell!“ Neji schaute Naruto an und Einverständnis herrschte zwischen ihnen. „Wir haben keine Zeit zu verlieren. Komm schon!“
 

Sie warfen einen letzten Blick zu dem Toten, dann drehten sie sich um und rannten durch die verlassenen Gassen der Ruine Oto – Gakures. Der Steilhang tauchte vor ihnen auf und wie schon beim letzten Mal erklammen sie ihn schnellstmöglich. Schwitzend und erschöpft erreichten sie schließlich das Ende der Steintreppe. Es war schwerer als zuvor und nur mit Mühe stemmte sich Neji nach oben – das Schwert, der Bogen, der Köcher und die Rüstung hatten ihm den Aufstieg nicht allzu leicht gemacht. Naruto hielt ihm eine Hand hin. Mit einer letzten Kraftanstrengung ergriff Neji diese und zog sich hoch. Einen Moment lang blieb er schwer atmend liegen, bevor er sich aufrichtete. Sie durften nicht zu spät kommen!
 

Bald erreichten sie die Pferde, die noch immer an der Stelle standen, wo sie diese zurückgelassen hatten. Neji warf noch einen letzten Blick auf die Ruine, dann saß er auf und preschte Seite an Seite neben Naruto zurück durch den Wald. Zurück zu ihren Soldaten. Zurück zu Hinata, Lee und Ino. Zurück zu Tenten, deren Schutz seine Aufgabe war.
 

~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~
 


 

Lee war erschöpft. Er wusste nicht wie lange sie noch stand halten konnten. Er war zwar stark, doch auch er hatte Grenzen. Ein weiteres Mal beförderte er einen Angreifer mit einem gezielten Tritt in den Bauch außer Reichweite. Fast gleichzeitig spannte er seine Handfläche an und drückte sie durch. Dann zielte er auf den Hals eines weiteren Feindes, der sofort zu Boden ging. Lee verschnaufte einen Augenblick und verschaffte sich dann einen Überblick über die Lage. Fast ihre gesamte Verteidigung war durchbrochen. Er wischte sich den Schweiß von der Stirn. Mehrere Leichen lagen am Boden. Sowohl Freund als auch Feind. Er wandte die Augen ab. Er hasste es immer und immer wieder mit der rohen Gewalt konfrontiert zu werden.
 

Was für einen Sinn hatte solch ein Tod? Es musste doch noch etwas anderes im Leben geben als immer nur Kampf. Warum konnte es nicht einfach Frieden geben? Eigentlich sollte er gar keine solchen Gedanken haben, aber so erging es ihm in jedem Kampf, mit jedem Mal, dass er dem Tod begegnete. Allein seine Fähigkeiten hatten ihn stets vor einem frühzeitigen Ableben bewahrt, doch es widerte ihn an die Leben der Unschuldigen zu nehmen. Immer schon hatte er Mitleid gehabt. Und jedes Mal schaltete er sein Herz aus um überhaupt agieren zu können. Einmal hatte er Ideale gehabt. Er wollte etwas verändern, einst kämpfte er gegen die Ungerechtigkeit. Wie lange war das her?
 

Sein Blick glitt über das Schlachtfeld. Überall war Zerstörung vorherrschend. Aus der Kutsche züngelten Flammen und etliche Pfeile steckten im Boden. Diesem Angriff war er nur durch seine Reflexe und seine Wendigkeit entgangen - andere hatten weniger Glück gehabt. Es waren nicht wenige, deren Körper von Pfeilen gespickt war. Die friedliche Lichtung hatte sich in ein Schlachtfeld verwandelt. Die Gegner waren in der Überzahl und es war nur eine Frage der Zeit bis sie hoffnungslos untergehen würden. Da die Sonne das Gras getrocknet hatte, fraß sich das Feuer über den Boden. Langsam aber sicher wurden sie eingekesselt. Die Zahl der nicht sichtbaren Angreifer war nicht einschätzbar. Der Tod gewiss. Lee machte sich nichts vor, sie würden umkommen.
 

Wenn nur die Prinzessin entkommen würde... Mit einem lauten Aufschrei wehrte er einen Angriff von hinten ab. Kurz dachte er auch an Neji und Naruto. Vielleicht war es ein Glück, dass sie nicht da waren. Der Gedanke seine Freunde vor seinen Augen zu verlieren... Plötzlich hielt er inne. Inmitten des Chaos entdeckte er eine zusammengesunken Gestalt, die auf dem Boden kauerte. Erschrocken hielt er inne. Was machte Hinata noch hier?
 

Auf einmal schien wieder Leben in ihm zu sein. Die Gewissheit seines Todes wurde beiseite geschoben. Jetzt hatte er eine neue Aufgabe. Hinata musste verschwinden, das war er ihr schuldig. Sie war ihm eine echte Freundin geworden. Und seine Freunde beschützte er, was auch kommen möge.
 

Ein Sonnenstrahl blendete ihn. Komisch, dass die Natur, die Welt immer noch dieselbe blieb, egal was für Grausamkeiten geschahen. Der Kampfeslärm war nur noch ein fernes Rauschen. Fast fühlte er sich... frei? Wie konnte man frei sein, wenn man ein Gefangener des Todes war? Aber vielleicht kam es auch auf die innere Einstellung an. Was hatte er zu verlieren?
 

Einen Augenblick verharrte er auf der Stelle. Jemand, der kämpfen würde. Seine Kraft kehrte zurück, die Erschöpfung verbannte er in den hintersten Winkel seiner Seele, die Sonne beschien sein Gesicht und enthüllte entschlossene Züge. Sein Wille war ungebrochen. Mit einem Aufschrei stürzte er sich in den Kampf. Alle, die sich ihm in den Weg stellten, schleuderte er mit ungeheurer Kraft von sich. Lee agierte nur noch, er hatte ein einziges Ziel vor Augen und das war die Rettung Hinatas.
 

Nur einen Sekundenbruchteil zuvor bemerkte er das Schwert, dass durch die Luft auf seinen Rücken zurauschte. Geistesgegenwärtig drehte er sich auf der Stelle, zückte seine eigene Waffe und fing den Angriff mit Hilfe der Ketten ab. Das Kurzschwert zitterte, denn es war mit brachialer Gewalt geführt worden und die verlorene Kraft wirkte sich nun auf Lee aus, der sich kurz zusammenreißen musste.
 

Sein Gegenüber war ein hünenhafter Kerl. Gehüllt in eine Rüstung und bewaffnet mit dem soeben gezogenen Kurzschwert, blinzelte er ihn aus glasigen Augen an. Er war breitschultrig und an seinen Armen befanden sich Muskelberge, mit denen er sicherlich eine unglaubliche Durchschlagkraft haben musste. Lee schluckte. Schon, wenn er in Bestform war, konnte ihn ein solcher Gegner mit Leichtigkeit niederstrecken, sobald er nicht auf der Hut war. Erschöpft und angekratzt wie er war, standen seine Chancen noch schlechter.
 

Das schüttere braune Haar fiel ihm wie ein leichter Schleier vor die Augen, als er sich kurz vorbeugte und knurrte: „Ergib dich, sonst wirst du sterben.“ „Ich ergebe mich niemandem“, schoss Lee zurück. „Das wird unserem Anführer aber gar nicht gefallen.“ „Ich kämpfe gegen das Unrecht, da wird mich auch kein ach so toller Anführer aufhalten!“ „Bring deine Leute zum Aufgeben“, wiederholte der Koloss. Sie schlichen um einander herum. Abwartend auf eine Unachtsamkeit des Gegners, ein kleiner Fehler, eine plötzliche Bewegung... „Wir kämpfen bis zum Schluss, Rebell !“ Und mit diesen Worten ging er zum Angriff über.
 

Trotz seines beträchtlichen Leibesumfang war der Rebell unglaublich flink. Mit Leichtigkeit entging er Lees Schlag, während dieser nun ein leichtes Ziel bot. Der Riese holte aus und schlug Millimeter vorbei. Ein Schweißtropfen rann die Stirn des Kung – Fu – Kämpfers herunter. Über die Schulter seines Gegners erspähte er die reglose Hinata. Er musste sich beeilen, ansonsten würde sie im Eifer des Gefechts verletzt werden, wenn sie wehrlos war. Ein weiterer geschickter Schwertstreich stoppte seine Überlegungen und holte ihn in die Wirklichkeit zurück. Wieder wehrte er mit Hilfe seiner Waffe ab. Die Erschütterung übertrug sich auf seine Arme und er zuckte zusammen. Seine Kraft ließ nach.
 

Lee wich zurück. Zeit sich auf seine Schnelligkeit zu verlassen. Abermals umkreiste er seinen Gegner, der ihn nicht aus den Augen ließ. Der Schwarzhaarige hielt die Waffe nur noch in einer Hand und ließ sie rotieren. Der Abstand der beiden Kämpfenden vergrößerte sich. Dann, ohne eine Vorwarnung, duckte sich Lee unter dem nächsten Schwerthieb seines Gegners hinweg, verlor seine Waffe aus der Hand und ließ sich fallen. Überrumpelt reagierte sein Gegner viel zu langsam und Lee riss ihm mit einem gezielten Tritt die Beine weg. Noch in der Luft, nun über seinem Gegner, formte er seine Hand zu einer Falkenfaust und schickte sich an den Gegner das Genick zu brechen, doch der rollte sich blitzschnell zur Seite weg. Lees Faust schlug auf dem Boden auf und schleuderte einen Haufen Erde in alle Richtungen. Der Kung – Fu - Kämpfer kniff die Augen zu, aber die Erdkörner waren bereits in seine Augen geraten.
 

Für eine Pause jedoch blieb keine Zeit. Schon war sein Gegner über ihm und wollte das Schwert in sein Herz stoßen, doch Lee reagierte geistesgegenwärtig und beförderte die Waffe mit Hilfe eines Trittes weit von sich. Die vorübergehende Blindheit trieb ihm Tränen in die Augen. Verschwommen nahm er wahr, dass der Rebell zum Schlag ausholte...
 

Die Erschöpfung war in allen Poren seines Körpers greifbar. Ganz langsam, fast unbemerkt, hatte sich die Müdigkeit eingeschlichen. Eigentlich könnte er aufgeben, das wäre ein guter Tod. Er würde sterben als einer, der gekämpft hatte. Als einer, der alles gegeben hatte. Warum wollte er noch nicht gehen? Er kannte die Antwort nicht, aber irgendwann ... irgendwann würde er seinen Grund zum Kämpfen finden.
 

Der Schmerz riss ihn aus seiner Trance. Ein alles betäubendes Feuer kroch durch seinen Arm. Lee blinzelte. Er bewegte sich leicht und zuckte fast augenblicklich zusammen. Mit einem Seitenblick stellte er fest, dass sein Unterarm in einem eigenartigem Winkel abstand. Verflucht noch mal! Einen gebrochenen Arm konnte er jetzt wirklich nicht gebrauchen!
 

„Gibst du nun endlich auf, Kleiner?“, knurrte der Rebell. Zur Antwort holte Lee mit dem gesunden Arm aus und streifte die Schläfe seines Gegners, woraufhin dieser zur Seite fiel. Lee atmete kurz aus. Der Kampf musste so schnell wie möglich ein Ende haben, ansonsten konnte er bald vor Schmerz keinen Finger mehr rühren. Unter größtmöglichen Qualen richtete er sich auf. Keine zwei Meter entfernt rappelte sich der Hüne auf. Suchend glitt Lees Blick umher, seine unverletzte Hand tastete auf dem Boden. Die Erde war kalt und hier und da konnte er Blutlachen ausmachen, die von Leichen stammten. Fast hatte sich sein Gegner erhoben, da ertastete er einen glatten Gegenstand. Seine Finger umschlossen den Griff des Kurzschwertes, das sein Gegner verloren hatte.
 

Taumelnd, doch noch immer vor Kraft strotzend, kam sein Gegner auf ihn zu. Er hatte nur diese Chance, wenn er es vergeigte... nun, daran wollte er nicht denken. Jetzt stand der Hüne direkt vor ihm, ein siegreiches Lächeln auf den Lippen. Die Überheblichkeit in seinem Blick, zeigte ganz eindeutig, dass er Lee nicht für einen ernst zu nehmenden Gegner hielt. Er streckte die Hand aus, riss den Kung-Fu-Kämpfer von den Füßen, sodass dieser schmerzhaft Luft einzog und drückte ihm die Kehle zu. In immer kürzeren Abständen schnappte Lee nach Luft, das Schwert hielt er immer noch hinter seinem Rücken verborgen. Seine Hand zitterte, doch er merkte auch, dass sein Gegenüber unvorsichtig wurde. Blitzschnell und mit dem Anflug letzter Kraft bohrte er das Schwert bis zum Heft in den Körper seines Gegners. In dessen Augen spiegelten sich Überraschung und Schmerz wider. Sein Blut rann an der Klinge herunter, die aus seinem Rücken ragte. Er röchelte und brachte schließlich einen letzten Satz heraus, bevor er für immer die Augen schloss:
 

„Unser Anführer wird euch vernichten, mein Tod wird nicht umsonst sein.“
 

Dann brach er über Lee zusammen. Der Kung – Fu – Kämpfer betrachtete angewidert den Leichnam, der über ihm lag und dessen Blut seine Kleidung rot färbte. Er hielt den verletzten Arm weit von sich gestreckt und schob mit dem gesunden den Körper des Rebellen von sich.
 

Um ihn herum war es stiller geworden. Viele waren gefallen und die Überlebenden waren am Ende ihrer Kräfte. Er hatte gar nicht bemerkt, dass das Kreuzen der Klingen leiser geworden war. Hinata! Wie konnte er sie nur vergessen? Da konnte er mal wieder sehen, dass er sein Training vernachlässigt hatte. In passabler Form hätte er seinen Gegner mühelos ausschalten können. Ein wahrer Meister des Kung – Fu hätte sich auf beides konzentrieren können – auf die Rettung Hinatas und auf den Kampf.
 

Unter Ächzen stand er auf. Seine Beine zitterten, sein Arm schmerzte wie die Hölle und ihm war der Anblick dieses Schlachtfeldes zuwider, doch er war am Leben – das war das Wichtigste.
 

Als er Hinata schließlich erreichte, rührte sie sich nicht. Er drehte sie auf den Rücken. Erschrocken hielt er inne. An der Schläfe war geronnenes Blut zu sehen. Bei der Flucht mit Ino und Tenten musste sie von beiden getrennt worden sein und bei einem Gefecht einen Schlag abbekommen haben. Er legte die unverletzte Hand auf ihre linke Brusthälfte. Schwer konnte er sich konzentrieren, doch er spürte einen Herzschlag. Hinata war nur bewusstlos.
 

In der Verfassung konnte sie sich natürlich schlecht selbst in Sicherheit bringen, doch es war genauso gefährlich sie hier liegen zu lassen. Sie befanden sich zwar eher am Rande des Schlachtfeldes, doch sie waren noch immer offensichtlich zu sehen. Kurz blickte er sich um, noch immer wurden um ihn herum Kämpfe ausgetragen. Überall lagen Pfeile, Lanzen und Schwerter herum.
 

Die schwarzen Augen huschten über die Lichtung. Lee stockte. Das waren Tenten und Ino. Doch warum, waren sie noch immer hier? Die beiden Frauen rührten sich nicht. Merkwürdig... Warum versuchten sie nicht mal zu fliehen? Er hielt inne. Das war doch gar nicht möglich! Ihm fielen die Worte des Rebellen wieder ein.
 

"Unser Anführer wird euch vernichten, mein Tod wird nicht umsonst sein.“
 

Die Götter mussten sie wahrlich hassen. Die schwarze Gestalt Sasuke Uchihas hob die Hand und die Rebellen zogen den Kreis um sie zu. Auf seinen lautlosen Befehl hin, stand die Szenerie still. Die wenigen Überlebenden waren umstellt. Es gab keinen Zweifel mehr. Der Verräter war zurückgekehrt.
 

~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~
 


 

Der Wind strich ihm die schwarzen Haare aus dem Gesicht und auf einmal war es still. Kein Kampfeslärm mehr, keine Schreie, kein Grund zu kämpfen. Beinahe schien es ihr so, als hätte die Welt aufgehört zu atmen. Er stand einfach nur vor ihr und allein seine Gegenwart war angsteinflößend. Sasuke war fast schon zu ruhig, dennoch schien er sich seiner Sache sicher. Fast wirkte er ein wenig arrogant, aber Tenten wusste, dass das nun einmal sein Charakter war. Der Verräter war zwar ein herrenloser Samurai geworden, hatte seinen Stolz jedoch nie abgelegt. Als sie ihm jetzt in die kalten schwarzen Augen sah, wusste sie, dass er sich nicht verändert hatte. Kaum hielt sie seinem Blick stand, war ihr klar, dass er sie in der Hand hatte...
 

„Es ist lange her Tenten – Hime“, sagte er. Es dauerte eine Weile bis sie antworte, nicht besonders laut, doch er verstand sie trotzdem. „Nicht lange genug!“, erwiderte die Prinzessin. „Ihr werdet mich doch wohl nicht immer noch dafür verachten?“, fragte er. Wieder wich sie seinem Blick aus. Ihre Aufmerksamkeit galt all dem was sie umgab, aber Sasuke selbst konnte sie nicht anblicken. Es war mehr als Furcht, was er in ihr auslöste, seine gesamte Erscheinung erinnerte sie an das, was sie immer verhindern wollte, das aber zu jeder Zeit existiert hatte. Sie dachte an das Volk, auch ... sie war nur ein Teil davon, an die Menschen. An die Menschen, die wegen Ungerechtigkeit umgekommen waren, sie dachte an all das, was seit sieben Jahren geschehen war. Ein zerstörtes Leben? Sasuke wirkte wie eine stete Erinnerung, die ihr all diese Dinge vor Augen hielt. Vielleicht war es die Angst, so etwas nicht verhindern zu können, vielleicht auch die Furcht vor ihm selbst.
 

Tenten blickte sich um, sie sah Ino, die neben ihr stand, sah die vielen Leichen und Verletzten, die noch immer kampfbereiten Rebellen... Schließlich sagte sie das, was sie dachte: „Es gibt viel, wofür ich dich verachten könnte. Kein Verräter begeht Verrat ohne einen Grund, ich kann es fast sogar verstehen. Vielleicht geht es mich auch nichts an, denn es war deine Entscheidung. Aber hassen tue ich dich dafür, dass du das Leid und den Tod einfach so hinnimmst, was bedeutet schon ein Leben für dich, der du nichts mehr zu verlieren hast? Was ist aus dir geworden, Sasuke Uchiha? Sind dir die Menschen, die deinetwegen umgekommen sind, völlig egal?“ Sie deutete auf das leichenübersäte Schlachtfeld.
 

„So ist das im Krieg“, antwortete der Ronin nur, „manchmal muss man gewisse ... Opfer bringen.“ Er machte einen Schwenker mit der Hand und die Bogenschützen zielten auf die eingekesselten Soldaten.
 

Tenten zitterte und kaum merklich überkam sie eine weitere Welle der Angst. Es war nicht einfach wegen seiner Haltung, seines eiskalten Blicks, es war wegen seiner Gleichgültigkeit. Er könnte sie alle ohne mit der Wimper zu zucken zu Tode verurteilen, aber anscheinend, war ihm selbst das egal. Inmitten eines Kampfes führte sie mit ihm eine Unterhaltung über Moral und Krieg. Sasuke Uchiha war eigentlich niemand, der lange um den heißen Brei herum redete. Wenn es nicht wichtig war, sagte er auch nichts, nie verlor er unnötige Worte. Er war unberechenbar. Ganz langsam legte er eine Hand an sein Schwert. Fast konnte Tenten seine Kraft pulsieren spüren. „Was soll ich jetzt mit euch machen? Es wäre leicht euch zu vernichten, eure Verluste sind groß.“
 

Sie erwiderte nichts, was sollte sie auch sagen? Er hatte ja Recht, sie hatten verloren. Es hatte sich nichts verändert, rein gar nichts! Noch immer war sie hilflos. Wofür hatte sie trainiert? Wofür das Kämpfen gelernt? Sie wünschte sich, sie hätte Amaterasu mitgenommen. Gut, gebracht hätte es ihr wahrscheinlich trotzdem nichts. Gegen einen erfahrenen Kämpfer wie Sasuke war sie machtlos, aber zählte nicht auch der Versuch? Tenten ballte die Hände zu Fäusten, dann hob sie den Blick und schaute ihrem Gegenüber fest in die Augen. Ein letzter Ausweg blieb ihr noch...
 

„Lass uns gehen, lass uns unsere Verletzten versorgen und unsere Toten begraben. Ich bitte dich, du kannst doch nicht alles vergessen haben. Früher haben Freundschaft und Vertrauen dir noch etwas bedeutet, tu es für die Menschen, die deinetwegen so gelitten haben.“
 

Eine ganze Weile sah er sie nur an. „Du bittest mich darum, euch gehen zu lassen?“ „Ja.“, sagte sie. „Warum sollte ich das tun?“ „Es würde Leben retten.“ Er umfasste sein Schwert fester. Dann lachte er, aber es war ein herablassendes Lachen, das keinen Anschein ließ, dass es nicht echt war. „Ich bin zwar ein Ronin, aber noch immer ein Krieger, ich verdiene meinen Lebensunterhalt damit Leben zu nehmen.“ Tenten wich zurück, noch immer voller Angst. „Aber- “ „Es ist ausgeschlossen, dass ich euch einfach so laufen lassen würde, es ist für die Rebellen ein Glücksgriff die Tochter des Fürsten als Druckmittel zu haben.“
 

Tenten wich erneut zurück, ein Schritt, dann noch einer, aber Sasuke lachte nur. „Vergiss es. Ihr könnt nicht entkommen ... töricht.“ Ein erstickter Schrei ließ sie aufschrecken. Vollkommen aus der Bahn geworfen, sah Tenten sich suchend um. Das Bild, das sich ihr schließlich bot, versetzte ihr einen Stich ins Herz. Der zu Tode erschöpfte Lee rannte auf sie zu, Sasuke fixiert. Ino schlug sich die Hände vors Gesicht. „Nein!“, schrie sie, aber er hörte nicht auf sie, rannte einfach weiter, sein rechter Arm stand eigenartig ab ... „Lee! Tu das nicht!“ Doch der Kung – Fu – Kämpfer ignorierte sie. Er war nun nur noch etwa fünfzehn Meter entfernt. Einen Moment lang, war Sasuke tatsächlich überrascht. Wie konnte dieser ... Narr es auch nur in Betracht ziehen in seiner Verfassung irgendeine Chance zu haben?
 

Er bückte sich, der Ronin schien die Ruhe selbst zu sein. Fast interessiert betrachtete er den schwerverletzten Lee, der mit letzter Kraft versuchte ihn anzugreifen. Ihn, das Genie, den ungeschlagenen Kämpfer, den Verräter, der ein Dutzend seiner Sorte ausgeschaltet hatte...

„Rock Lee, du bist ebenso töricht, wie die Tochter des Fürsten, wenn du glaubst es mit mir aufnehmen zu können“, flüsterte er. Seine Finger umfassten das Holz des Sperrs, den er vom Boden aufgehoben hatte. „Warum wünschst du dir den Tod, wenn du den Rebellen angehören könntest?“ Lee war nur noch zehn Meter entfernt. Für einen Moment glaubte Tenten ein paar Worte zu verstehen. „Ich bin nicht wie du, ich bin kein Verräter.“ Sasuke schien es nicht gehört zu haben, er war völlig in sein Tun vertieft, einmal mehr ließ er die Waffe rotieren. „Einmal hast du mich besiegt, aber jetzt bin ich es, der dich in deine Grenzen weist.“
 

Tentens Magen zog sich zusammen. Sasuke würde Lee umbringen, er würde keine Chance haben... Sasuke Uchiha kannte das Wort Gnade nicht. Hatte Lee gewusst, dass es soweit kommen würde, als er sie, Ino und Hinata gerettet hatte? Die Sekunden verstrichen ... Sasuke hob den Sperr und setzte zum Wurf an ... Lees Schritte wirbelten Staub auf ... Es schien eine Ewigkeit zu dauern, als der Sperr die Luft zerschnitt und sich in die rechte Schulter des Kung-Fu-Kämpfers bohrte. Der entschlossene Ausdruck war noch in seinen Augen zu erahnen als er fiel. Ganz langsam breitete sich das Blut auf seinen grünen Hemd aus. Der Moment in dem er auf dem Boden aufkam, war nur ein undeutliches Rauschen in ihren Ohren. Ino, neben ihr, stieß einen Entsetzensschrei aus.
 

Fünf Meter vor ihren Augen blieb Lee zu ihren Füßen liegen. Aus seinem Rücken ragte noch immer die Sperrspitze. Sie wagte nicht den Blick auf ihn zu richten, er konnte nicht tot sein. Natürlich war er nicht tot, sie konnte sich einfach nicht vorstellen, dass jemand, der stets so fröhlich gewesen war, einfach so aus dem Leben schied. Eine unheimliche Stille legte sich über die Lichtung. Tenten zitterte vor Entsetzen, Ino standen die Tränen in den Augen. Ganz langsam trat der Verräter über den leblosen Körper.
 

„Wo waren wir stehen geblieben?“, fragte er. Seine Augen waren kalt, er schien nicht die geringste Reue zu zeigen. War es normal für ihn jemanden ... Nein, darüber wollte sie nicht nachdenken. „Ihr werdet mit mir kommen, Tenten – Hime. Dadurch stürzen wir Mao-Chéng und der Krieg wird vorbei sein. Die Rebellen übernehmen die Macht und das Land bekommt eine neue Ordnung. Ist es nicht das was Ihr immer wolltet? Der Frieden wird einkehren.“
 

„Folgt mir“, fuhr er fort. Langsam schritt er auf sie zu. Tenten sah, wie Ino neben ihr zitterte, noch immer saß der Schock von Lees verzweifelter Aktion tief. Die blonden Haare fielen ihr ins Gesicht, als wollte sie verbergen, dass sie ebenfalls Angst hatte. „Du Mörder“, flüsterte Tenten. „Ich habe viele Namen“, entgegnete Sasuke bloß. Noch näher trat er auf sie zu, doch als er sie fast erreicht hatte, trat ihm Ino in den Weg. „Lass sie in Ruhe!“ Verächtlich richtete Sasuke den Blick auf sie. „Geh mir aus dem Weg.“ Ino begann nun noch stärker zu zittern, rührte sich aber nicht vom Fleck. Sie hob ihren Blick und sah in die kalten Augen des Verräters. „Nein.“
 

„Geh mir aus dem Weg“, wiederholte Sasuke. „Nein“, rief Ino, diesmal war ihre Stimme lauter geworden. „Dummes Mädchen...“ Mit schnellen Schritten legte er die Distanz zurück und blieb vor der Blonden stehen. „Ich sage es noch ein letztes Mal: Geh mir aus dem Weg.“

„Nein.“
 

„Ino...“, flüsterte Tenten, aber niemand hörte sie. Eine tiefe Dankbarkeit war in ihr erwacht, in diesem Moment fühlte sie sich mit der Blonden mehr verbunden, als sie es je gewesen war. Ino wollte nicht, dass sie ... ging. Man brauchte sie... Nicht, weil sie einen Adelstand hatte, sondern als Mensch.
 

Drohend hob Sasuke die Hand. „Geh zur Seite, oder es widerfährt dir dasselbe wie ihm.“ Er deutete auf den leblosen Lee. Inos Hände ballten sich zu Fäusten. „Lass uns in Ruhe, du Mörder!“, schrie sie.
 

„Du nervst.“
 

Inos Körper schirmte zwar Sasuke ab, aber Tenten konnte nicht umhin zu sehen, wie er ausholte, ihr Kopf nach hinten geschleudert wurde und sie auf der Erde aufkam.
 

Sasukes stechender Blick durchbohrte sie. Jetzt, da nichts mehr zwischen ihnen stand, schien er noch bedrohlicher geworden zu sein. In diesem Moment wusste sie, dass er sie mitnehmen würde. Es käme so, wie er es vorhergesagt hatte, sie würde den Rebellen ausgeliefert werden und ihr Vater würde ihretwegen untergehen. Dieser Kämpfer brachte den Tod, den Verrat, die Hoffnungslosigkeit. Irgendwo in ihrem Unterbewusstsein registrierte sie, dass Ino sich aufrappelte und mit schreckgeweiteten Augen zu ihr sah. Ihr Herzschlag klang wie ein Donnern in ihren Ohren. Irgendwie bereute sie auch, all die schönen Seiten im Leben würde sie nun nicht mehr kennen lernen. Immer schon war sie eine Schlüsselfigur gewesen, ein zur Herrschaft geborenes Mädchen, jemand den man benutzen konnte... Sie wollte so gerne ... noch einmal hoffen, aber die Realität zeigte ihr nur Hoffnungslosigkeit. Sasuke Uchiha zog sein Schwert, dessen Klinge so schwarz wie die Nacht war und einmal mehr die düstere Ausstrahlung des Verräters unterstrich. Das dritte legendäre Schwert, Orion, war ebenso zurückgekehrt wie der Ronin. Das Sonnenlicht blitzte auf dem Metall und auf einmal wollte sie nicht mehr da sein. Vielleicht beglich sie so ihre Schuld, sie dachte an Lee, Hinata und Ino, ihre Soldaten, die sich allesamt vor sie gestellt hatten um sie zu beschützen. Vielleicht gab es dadurch Gerechtigkeit. Der Ronin stand direkt vor ihr, die schwarzen Augen hefteten sich in ihre und ein Schauer der Angst kroch ihren Rücken herauf. Ein letztes Mal versuchte sie seinem Blick stand zu halten, doch es war vergebens. Tenten schloss die Augen. Irgendwo nahm sie noch wahr, wie Sasuke mit der Klinge auf sie deutete. Fast wollte sie lächeln. Alles hatte sie gehabt, aber ein bisschen Freiheit war ihr vergönnt.
 

Schwarze Haare flogen an ihr vorbei, das weiße Yang glitzerte, als die Sonne sich für einen Moment darin spiegelte, das silberne und das schwarze Schwert prallten aufeinander. Tenten blinzelte. Hatte sie eine Bewegung wahrgenommen? Ihre Lider hoben sich und sie blickte auf eine Gestalt, die ihr den Rücken zugewandt hatte.
 

„Wenn du sie anrührst, schneide ich dir die Kehle durch.“
 

~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~
 

*vorsichtig um die Ecke lug* Äh... Hallo??? Es tut mir wahnsinnig leid, dass ihr in letzter Zeit immer so ewig auf Kapitel von Samurai warten müsst. Das liegt daran, dass ich nebenbei bereits noch ein anderes Projekt am laufen habe: Nämlich einen Humor One-Shot in Zusammenarbeit mit Knispell, der ~ Until I lost my faith...' heißen wird. Bei der Fertigstellung, werde ich natürlich allen auf der ENS-Liste Bescheid geben. Außerdem stehen mir im NejiTen-Schreiber-Zirkel noch so einige Projekte ins Haus, ganz zu schweigen von meinem Privatleben.
 

Hmm ... was gibt es sonst noch Neues? Erst mal hoffe ich natürlich beim nächsten Mal nicht wieder so ewig zu brauchen. Dann habe ich einen lila Polo, den ich jetzt mein Eigen nennen darf und außerdem habe ich eine Nebengeschichte zu Samurai vor, die sich allerdings noch in Planung befindet. Da sich viele von euch Gedanken zu der Zeremonie Sakuras zur Geishas gemacht haben, habe ich beschlossen eine 7 Kapitellange Short-Fiction zu schreiben. Ob Mondfinsternis in den Kapiteln (die den Tagen der Zeremonie entsprechen) ebenso lang wird wie Samurai wird, weiß ich noch nicht. Mal sehen, ob es da überhaupt Interesse gibt, immerhin befinde ich mich in Sachen SakuraxSasuke im absoluten Neuland ^^°
 

Dieses Kapitel gehört trotz anfänglichen Missfallens zu meinen Favoriten, irgendwie mag ich die Verbindung zwischen Vergangenheit, Kampf und Szenenwechseln. Jetzt dürftet ihr natürlich Unmengen Fragen an mich haben, aber die löse ich noch nicht so bald auf. Spekulieren könnt ihr natürlich trotzdem.
 

In diesem Kapitel habe ich vor allem den Fokus auf Sasukes Darstellung und die Charaktervertiefung von Ino, Naruto und vor allem Lee geworfen. Es ist mir einfach wichtig, dass auch Nebencharaktere ein gewisses Maß an Persönlichkeit bekommen. Wenn ihr mich jetzt schon für Lees verzweifelten Rettungsversuch missachtet, werdet ihr mich vermutlich beim nächsten Kapitel verabscheuen, denn da steht ganz eindeutung der Kampf Neji vs Sasuke im Vordergrund. (und der ist irgendwie so megalang geworden...)
 

*Ruin* ist natürlich mit 'Ruine' zu übersetzen. Hierbei handelt es sich auf die Beschreibung des toten Oto-Gakures, das hoffentlich für Überraschungen gesorgt hat, aber auch auf Sasukes Charakter, der so ziemlich alles verloren hat.
 

Danke auch an Arethelya, die nach langer Zeit wieder für mich gebetat hat ^^ *knuddl* und natürlich an euch, dass ihr euch trotz der langen Wartezeiten immer noch dazu herab lasst, meine Kapitel zu lesen ^^ Ich freu mich, wenn es euch gefällt.
 

Bis zum nächsten Kapitel dann (oder zum nächsten Kommentar)^^
 

eure

moonlight_005

~ Kapitel 16: Rival ~

~ Kapitel 16: Rival ~
 

Eisige schwarze Augen bohrten sich in perlweiße. Die beiden Schwerter erzitterten von der Kraft beider Krieger. Ein wütendes Blitzen flackerte einen Moment lang in Sasukes Augen auf. „Wer bist du?“ Neji starrte ebenso wütend zurück. Die Luft vibrierte beinahe von der Kraft der beiden. „Jemand, der dich aufhalten wird.“ Eine Windbö fegte über die Lichtung hinweg und wirbelte kurz ihre Haare auf. Dann ergriff wieder der Ronin das Wort: „Weißt du, was es bedeutet, wenn ein Samurai sein Schwert zieht?“ Seine Stimme war so scharf wie eben dieses Schwert.
 

Wissend heftete der Samurai den Blick auf seinen Gegner: „Wir werden auf Leben und Tod kämpfen.“ Er verstärkte die Kraft und Ryujin drückte Orion mit aller Macht von sich. Verblüfft weiteten sich die schwarzen Augen des Verräters, als dieser einen Schritt zurückweichen musste. „Du führst das verfluchte Schwert? Ryujin war dazu verdammt unter Verschluss gehalten zu werden, warum trägt ein Niemand es bei sich?“ „Der Fluch dieses Schwertes wird dich vernichten Ronin.“
 

„So wie du deine Leute im Stich gelassen hast?“ Mit einer ausladenden Geste wies Sasuke Uchiha auf das Schlachtfeld. Die Überlebenden waren verängstigt, ihre Haltung geduckt. Eine tiefe Verzweiflung hatte von ihnen Besitz ergriffen. Ihre Gesten waren hastig und unkontrolliert. Hatten sie bereits aufgegeben? Erwarteten sie bereits den Tod, den so viele ihrer Kameraden geteilt hatten?
 

Nejis Blick wanderte zu Boden. Der blutüberströmte Lee lag zu seinen Füßen. Seine Lippen bebten, seine Augen weiteten sich als er begriff... „Hast du ihm das angetan? Hast du ihn umgebracht!“ Aus jeder Pore seines Körpers strömte unbändige Wut, verdichtete sich zu einem einzigartigem Hass. Die weißen Augen bohrten sich in die des Ronin. „Er war der Ansicht sich mir in den Weg stellen zu müssen“, war dessen einziger Kommentar.
 

Abermals loderte Hass in den weißen Augen auf. „Er war mein Freund. Er war nervig, laut und ungehobelt, aber er war mein Freund. Wie konntest du!“

Spott war in Sasukes Zügen zu lesen. „Du bist noch nicht lange ein Krieger habe ich recht? Ein Krieger fragt niemals nach einem Grund, denn es sind andere, die für ihn entscheiden. Ich habe es getan, weil es meine Aufgabe ist.“ Neji knurrte. „Was ist das für eine Ausrede! Brauchst du Begründungen für einen Mord!“ „Nein.“
 

Neji knirschte mit den Zähnen. Spöttisch lächelnd blickte der Uchiha ihm in die Augen. Nejis Blick wanderte kurz zu Tenten, die zitternd und verängstigt hinter ihm stand und noch nicht einen Ton gesagt hatte. Beinahe schien sie in Trance zu sein, ihr Blick war verschwommen und sie beobachtete den Verräter. Kurz flackerte erneut Angst in ihren Augen, sie rührte sich aber nicht. Er war so verdammt froh, dass er noch rechtzeitig gekommen war...
 

„Ich lenke ihn ab, flieh, wenn sich dir die Möglichkeit ergibt. Naruto wird dich von hier wegbringen.“
 

Tentens Blick blieb starr. Die Angst schnürte ihr die Kehle zu und sie zitterte. Sie zeigte mit keiner Regung, dass sie ihn verstanden hatte.
 

„Vertrau mir“, fügte er zögerlich hinzu, aber sie sagte kein Wort.
 

Irgendetwas bäumte sich in ihm auf, doch er schob den Gedanken beiseite und konzentrierte sich auf die Gegenwart. Nur Dank der Ablenkung aller Beteiligten hatte er den Kreis der Rebellen unbemerkt durchbrechen können. Naruto hielt sich im Hintergrund, während sie die Pferde im Wald zurückgelassen hatten.
 

Die Stimme Sasuke Uchihas holte ihn erneut in die Gegenwart zurück. Er hatte gleich gewusst, dass er es war. Seine Statur, die Art wie er sich bewegte, der Ausdruck in seinen Augen, der auf dem Gemälde in Chiyos Herberge so treffend sein Wesen zum Ausdruck gebracht hatte, all das flüsterte ihm die Legenden um diesen Mann zu. Wäre er nur unwissend geblieben, denn so hätte er nicht die Gewissheit gehabt einem Meister entgegenzutreten - und womöglich sein Leben zu verlieren...
 

„Geh mir aus dem Weg, wenn du nicht sterben willst. Dies ist deine letzte Chance. Ich will nur sie...“ Nejis Augen weiteten sich für einen Moment. Wie in Zeitlupe drehte er sich zu Tenten um. Fast unbemerkt bewegten sich ihre Lippen, ihr Blick war nicht warm wie sonst. Kälte und Angst, Verzweiflung und Schuldgefühle mischten sich in den braunen Augen. Ganz leise flüsterte sie seinen Namen: „Neji...“
 

Es war dieser Laut, der das Fass zum Überlaufen brachte. Unzählige Gefühle überströmten seinen Geist. Irgendwann war da war nur noch Wut... Wieder diese Wut. In einem wilden Inferno loderte das Feuer in ihm auf. Dieser Verräter hatte Lee auf dem Gewissen, Ino, die er zusammengesunken auf der Erde entdeckt hatte, Hinata, die immer noch verschwunden war. Die Soldaten, die auf das Konto seines Angriffsbefehls gingen. Und jetzt wollte er Tenten. Neji war sich sicher, dass sie umkommen würde, wenn sie mit ihm gehen würde. Er starrte ihn an und hasste diesen arroganten Blick.
 

„Sie sollte unserem Ziel gute Dienste leisten“, fuhr der Ronin fort, kam aber nicht mehr dazu noch etwas zu erwidern. Mit einem lauten Wutschrei stürzte sich Neji auf ihn. Tentens vor Entsetzen aufgerissene Augen nahm er gar nicht mehr wahr. Blindlings drückte er die schwarze Klinge von sich und griff seinen Gegenüber an.
 

Ein Klirren zerschnitt die Luft, als beide Schwerter aufeinander prallten. Durch den Druck des Aufpralls, wichen beide auseinander. Die schwarzen Haare Nejis wirbelten durch die Luft, als er abermals auf Sasuke Uchiha zurannte.
 

Sofort richteten die Bogenschützen ihre Waffen auf ihn, aber der Schwarzhaarige ignorierte sie. Blind vor Wut stürmte er auf seinen Gegner zu, der durch den schnellen Angriff eine Sekunde lang überrascht gewirkt, sich aber sofort wieder im Griff hatte. Die schwarzen Augen huschten umher und nahmen Nejis Bewegungen auf. Gleichzeitig hob er seine freie Hand. „Haltet euch da raus, er gehört mir!“ Augenblicklich senkte die Soldaten die Waffen, hielten sich aber dennoch bereit. Sasuke legte die Hand an sein Schwert und bewegte sich ebenso schnell auf Neji zu wie dieser auf ihn.
 

Es war als würde etwas Gewaltiges ins Rollen gekommen sein. Der Kampf nahm ein nie geahntes Ausmaß an, als beide Krieger erneut die Klingen kreuzten. Sie waren so schnell, dass kaum jemand etwas erkennen konnte. Ihre Bewegungen so fließend, dass man nur schemenhaft Angriffe erkennen konnte. Ihre Verteidigung so makellos, dass keiner der beiden auch nur die kleinste Lücke fand.
 

In Nejis Gedanken herrschte nichts als Leere, er war völlig von Sinnen, sodass er nichts mehr wahrnahm außer seinem Gegner, der jeden Angriff abzuwehren schien. Allein seine Reflexe hatten ihn bisher gerettet. Wieder wehrte er einen Schlag ab, Sasuke war so unglaublich schnell, dass er kaum zu Atem kam.
 

Es war das erste Mal, dass sie ihn seine Selbstbeherrschung verlieren sah. Der ruhige, immer berechnende Samurai, griff ohne jede Überlegung seinen Gegner an. Das passte nicht zu Neji, das passte ganz und gar nicht zu ihm. Warum tat er das? Wieder prallten beide Klingen der Samurai aufeinander. Der Kampf war wild und voller tödlicher Schönheit. Vor Angst immer noch zitternd fasste sie sich an die Lippe, Neji durfte nicht sterben, so konnte es nicht enden.
 

Verzweiflung machte sich in ihr breit. Sie war nutzlos, konnte nur zusehen, wie der junge Samurai ihretwegen den Kampf auf immer härtere Ebenen verlegte. Aber tat er das eigentlich wegen ihr? War es nicht letztlich ... seine Pflicht?
 

Sooft sie auch seinen Namen rief, sooft sie den beiden auch zuschrie, dass dieser Kampf keinen Sinn hatte, ihre Rufe verhallten. Wieder war sie nichts weiter als ein Mittel zum Zweck. Wieder der Grund warum Menschen starben. Sie hasste sich für ihre Nutzlosigkeit. Was würde passieren, wenn Neji starb?
 

Ein Schlag, den er kurz über seinem rechten Ohr abfing, brachte ihn wieder zur Besinnung. Schon wieder hatte er gegen eine Vorschrift verstoßen, die Kakashi ihm nahegelegt hat. Niemals, niemals sollte er sich von seinen Gefühlen leiten lassen, seine Wut machte ihn zwar stark, aber auch blind und leicht verwundbar.
 

Sofort setzte Sasuke nach und zielte auf seinen Hals, wobei Neji dem Schlag nur um einen Sekundenbruchteil entkam. Mit aller Kraft, die er aufbringen konnte schlug er das Schwert zurück, was zur Folge hatte, dass beide erneut auseinander taumelten.
 

Er kam nicht dazu Luft zu holen, denn in fast dem gleichen Moment war sein Gegner bei ihm und holte mit der schwarzen Klinge aus. Wieder und wieder parierte er, doch ihm war auch klar, dass er sich nicht ewig verteidigen konnte. Irgendwann musste er einen Moment zum Angriff nutzen, sonst würde er abwehren, bis Sasuke eine Lücke fand und schließlich doch seine Verteidigung durchbrach.
 

Verzweifelt versuchte er Abstand zwischen sie zu bringen, aber so sehr er sich auch bemühte, Sasuke war so schnell, dass es fast so schien, als könne dieser seine Bewegungen vorausahnen und war immer schon da, wo auch er war. Ein Schweißtropfen lief seine Stirn herab.
 

Ein siegessicheres Grinsen schlich sich auf das Gesicht des Verräters. Noch einmal zielte er auf Nejis Schwerthand, sodass diesem nur das Zurückweichen blieb. Mit einem geschickten Sprung entging er dem Angriff und brachte Abstand zwischen sie. Neji legte eine Hand an die stumpfe Seite Ryujin und stürmte dann erneut auf den Ronin zu, der seine Angriffe mit einer Leichtigkeit abwehrte, als würde er eine Fliege verscheuchen.
 

„So wirst du mich nie besiegen. Ich zeige dir was es bedeutet ein Krieger zu sein.“
 

Er bemerkte das schwarze Schwert eine Sekunde zu spät und konnte nicht mehr ausweichen. Die Klinge fuhr ihm in Fleisch und hinterließ einen langgezogenen Schnitt auf seinem Unterarm, aus dem sofort Blut rann. Vor Schmerz biss er die Zähne zusammen, konnte sich einen Schmerzenschrei aber noch verkneifen. Hier war es verheerend auch nur einen Augenblick die Konzentration zu verlieren. Dies war ein Kampf. Natürlich konnte er verletzt werden, schlimmer noch: Der Verräter hatte vor ihn umzubringen. Wenn er sich nicht wehrte, wäre alles umsonst: sein Traum, seine Freunde, alles wäre für gar nichts gewesen.
 

Die Entschlossenheit kehrte in seine Züge zurück, Neji machte einen Schritt vorwärts, dann noch einen, er hob Ryujin und stürmte erneut auf Sasuke Uchiha zu, der nur ein müdes Lächeln für ihn übrig hatte. Doch dieses Mal hatte er Neji unterschätzt. Der Schlag hatte eine solche Wucht, dass Sasuke zurücktaumelte, wobei ihm Neji sofort nachsetzte und zunehmend an Boden gewann.
 

Ohne es zu bemerken nahm ihr Tempo stetig zu, ohne auch nur Notiz davon zu nehmen wurde der Schlagabtausch von Mal zu Mal härter und länger. Und doch machten beide noch nicht ernst.
 

Für Außenstehende waren ihre Bewegungen verschwommen, denn beide reagierten so blitzschnell, dass keine Einzelheiten zu erkennen waren. Ein Blitzen aus Silber und Schwarz war das Einzige was man an Angriffen erahnen konnte. Es war ein einziger wilder Kampf, der alle umstehenden in ihren Bann zog. Ein Tanz, der für einen der beiden tödlich enden würde...
 

Einige Strähnen lösten sich aus dem lockeren Zopf, den Neji sich gebunden hatte. Seine Haare fielen ihm ins Gesicht und nahmen ihm kurzweilig die Sicht, was sein Gegner augenblicklich ausnutzte und versuchte die Lücke zu nutzen, die dadurch entstanden war.
 

Gerade noch rechtzeitig riss er das Schwert hoch und blockierte Orion, das ein fürchterlich knirschendes Geräusch auf Ryujin verursachte. Wieder schnellten sie auseinander, umkreisten sich, warteten auf einen Fehler des anderen.
 

Neji trat einen Schritt nach rechts, warf sich in einer fließenden Bewegung die Haare über die Schulter und verstärkte den Griff seines Schwertes, ohne das er verloren war. Fast symmetrisch amte der Verräter seine Bewegungen nach, sodass er sich beinahe wie Nejis Spiegelbild bewegte. Der junge Samurai keuchte, den Blick immer noch auf seinen Gegenüber fixiert und noch immer den Geruch des Blutes in der Nase. Kurz huschte sein Blick auf seinen linken Arm, an dem Blut herunterrann.
 

Sie starrten einander an. Einen einzigen Augenaufschlag lang betrachteten sie sich nur und stellten im Stillen fest, dass der jeweils andere gut war. Wie zwei Raubtiere, die sich zuerst zögerlich umkreisten, bevor es zum Kampf kam, schlichen sie umeinander herum.
 

Kurz schaute Neji zur Sonne auf. Jetzt nach dem Regen, schien die Luft viel sauberer zu sein. Als hätte der Himmel sein unschuldiges Hellblau wiedererlangt. Als wäre nichts geschehen ... Ein Sonnenstrahl fiel auf sein Gesicht und für einen Moment blinzelte er. War das wirklich noch dieselbe Sonne, die immer schon da gewesen war? Im Vergleich zu ihr war die Erde winzig. Was bedeutete schon ein kleiner Kampf? Was ein Leben?
 

Das Licht ließ Ryujin beinahe leuchten, als es sich auf der glatten Klinge spiegelte. Sasuke beobachtete jede Bewegung von ihm und auch Neji versuchte alles in sich aufzunehmen, was sein Gegner tat.
 

Unmerklich richteten sich beide auf, spannten zur gleichen Zeit ihre Körper an und hoben im selben Moment ihre Schwerter. Es herrschte vollkommene Stille. Der Wind peitschte zwischen den Bäumen hindurch, wirbelte Blätter auf und berührte als kalter Zug die Gesichter der Umstehenden. Der Wald war verstummt, als beide aufeinander zurannten. Inmitten der Lichtung trafen sie sich und abermals krachten die beiden Schwerter aufeinander.
 

Funken sprühten, dann wichen sie mit geschickten Sprüngen auseinander, nur um im nächsten Moment wieder beieinander zu sein. Sasuke schwang Orion in einem weiten Bogen auf Nejis Brust zu, der nur noch im letzten Moment blocken konnte. Er riss die Augen auf. Mitten im Angriff, holte der Ronin mit dem Bein aus und traf ihn in den Magen. Neji wurde zurückgeschleudert und krachte gegen einen nahegelegenen Baum. Ryujin segelte durch die Luft und blieb etwa zehn Meter entfernt im Boden stecken. Kurz schien sich ihm alles zu drehen.
 

„Es sind nicht nur Technik und Strategien, die über einen Kampf entscheiden.“ Sasuke bohrte die schwarze Klinge blitzschnell neben Nejis Kopf. „Erwarte nicht von einem Verräter, dass er sich an die Regeln hält.“ Mit jeder Sekunde in der er in die onyxfarbenen Augen sah, wusste er mehr und mehr, dass es vorbei war. Die Umgebung verschwamm erneut kurz vor seinen Augen. „Es ist Zeit, dies zu beenden, Samurai.“ Er riss das Schwert aus dem Holz, Splitter segelten durch die Luft und Orion schnellte auf den wehrlosen Neji zu ...
 

War dies ... das Ende? Es war wieder so wie damals... Nein, wie es immer gewesen war... Er fürchtete sich. In den Tiefen seines Herzen hatte er Angst. War Sterben so schwer? Neji blinzelte und nahm nur noch die scharfe Klinge wahr. Konnte er gehen?
 

Etwas rührte sich in ihm. Er hatte noch eine Aufgaben zu beenden... Danach konnte er gehen. Vielleicht war sie etwas wofür es sich zu kämpfen lohnte, vielleicht... Seine Hand, mit der er tausende Male gestohlen hatte, schnellte nach vorne. Überrascht zuckte Sasuke kurz zusammen. Zu spät? Aber wie spät war zu spät?
 

Das Schwert schrammte an seiner Rüstung vorbei und hinterließ einen Schnitt ausgefranster Knoten. Zum ersten Mal war Neji froh, dass er diese Rüstung besaß. Wahrscheinlich hatte sie ihn soeben vor einem frühzeitigen Ableben bewahrt.
 

Mit einer geschickten Seitwärtsrolle entkam er weiteren Schlägen. Er war jetzt etwa drei Meter von dem Verräter entfernt, der immer noch das Schwert in der Hand hielt und ihm den Rücken zugekehrt hatte. Dann in einer fließenden Bewegung, fuhr er herum. Nejis Finger schlossen sich um den kalten Gegenstand und noch während er im Gras kniete, drehte sich sein Körper automatisch in Richtung Sasukes. Für einen Moment lang, fühlte er die Schwere des Dolches, der in seiner Hand lag. Neji hob die Waffe und schleuderte sie zielgenau auf seinen Gegner. Nur Dank dessen schnellen Reaktion entging er dem Geschoss. Ein Rinnsal Blut trat aus einem Schnitt an Sasukes linker Wange.
 

„Und erwarte du nicht von einem ehemaligen Dieb, dass er nicht jede seiner Möglichkeiten nutzt.“ Der Verräter sah hinter sich, sein Blick blieb an seinem eigenen Dolch hängen, der mitten in der Kerbe des Baumes steckte, in die er zuvor sein Schwert gerammt hatte.

„Interessant. Offensichtlich bist du doch nicht so ein blutiger Anfänger wie ich dachte. Aber dennoch... wirst du untergehen.“
 

Sasuke Uchiha fuhr sich mit der Hand über die Wunde und wischte das Blut weg. Die rote Flüssigkeit verschmierte ein wenig auf seinem Gesicht. Er warf noch einen letzten Blick auf seinen Dolch, dann richtete er das Schwert erneut auf Nejis Brust.
 

„ ... denn du bist vollkommen hilflos ohne das verfluchte Schwert!“ Mit einigen Sätzen brachte Neji Abstand zwischen sie. So arrogant und siegessicher Sasuke auch war, diese Tatsache musste er ihm zugestehen. Ohne Ryujin waren seine Aussichten auf einen Sieg mehr als gering. Allerdings... hatte er nicht umsonst überlebt, er wollte nicht wegwerfen, wofür er so lange gekämpft hatte.
 

„Nicht ganz“, erwiderte Neji. Und mit diesen Worten griff er auf seinen Rücken und zückte seinen Bogen. „Du willst mit Pfeil und Bogen gegen mich kämpfen? Lachhaft!“ „Das werden wir sehen“, sagte er und legte an. „Du wirst gar nicht zum Schuss kommen!“, rief der Ronin. Das schwarze Schwert kam mit rasanter Geschwindigkeit auf ihn zu. Und auch Neji rührte sich. Die Umstehenden wichen zurück, als sie aufeinander zu rannten. Im Laufen zielte der Samurai auf seinen Gegner, doch dessen Bewegungen war so schnell und unvorhersehbar, dass sich nirgendwo eine Lücke auftat. Ihm blieb keine Wahl.
 

Neji schloss die Augen während er weiterrannte. Nur noch sein Gefühl sagte ihm noch wo er war und endlich ... war er in vollkommenen Gleichgewicht. Alles kehrte wieder zurück zu ihm. Er spürte den Wind, all die Gerüche, mal würzig, mal süß und manchmal herb, das Gefühl, diese gewisse Weise die Welt zu sehen. Als er seine Augen öffnete war es beinahe so, als würde die Welt erneut geboren. Die Farben erblühten vor seinen Augen und seine Sehkraft nahm ungeahnte Formen an. Seine Finger schlossen sich um den Bogen und er zog die Sehne zurück. Sasuke Uchiha schlug einen Haken, er war jetzt fast bei ihm. Jetzt! Neji ließ die Sehne los und der Pfeil schnellte auf den Verräter zu.
 

Es war eine einzige fließende Bewegung, die Nejis Angriff zunichte machte. Er bewegte sich so geschickt und doch gleichzeitig sparsam. Selbst sein Ausweichmanöver hatte Eleganz. Neji legte sofort nach. Doch auch der zweite Pfeil ging ins Leere. Aus den Augenwinkel spähte er zu Ryujin, das noch immer in der Erde steckte. Langsam aber sicher ergriff ihn Panik, wenn er das Schwert nicht zurückbekam, würde er ohne Zweifel sterben. Irgendwo musste es doch einen Weg geben.
 

Der Ronin kam in einem weiten Bogen auf ihn zu, das Schwert unheilvoll auf sein Herz gerichtet. Er konnte gar nicht mehr ausweichen! Doch er musste irgendwie ausweichen! Irgendwie...
 

Ihm blieb nur noch ein letzter Versuch. Der junge Samurai hielt inne. Es brachte nichts, jetzt auszuweichen zu versuchen. Er kniff die Augen zusammen, nur um sie im nächsten Moment wieder aufzureißen. Neji blickte an dem Pfeil entlang, all seine Konzentration lag in diesem kleinen Waffe, seine Augen huschten kurz nach rechts, dann fixierte er erneut seinen Gegner. Der Ronin schloss mit großen Schritten zu ihm auf. Neji ließ den Pfeil los. Das Geschoss schnellte präzise auf seinen Gegner zu.
 

Er zögerte keinen Moment, drehte sich sofort um und rannte. Neji sah nicht mehr wie sein Pfeil den schwarzen Umhang durchlöcherte. Fast stolpernd hastete er auf das noch immer im Boden steckende Schwert zu. Im gleichen Augenblick realisierte Sasuke was Neji vor hatte. Ihm entfuhr ein Wutschrei und er folgte ihm in dieselbe Richtung. Seine Augen glänzten rötlich.
 

Seine Finger umschlossen den Griff seines Schwertes und mit einem kurzen Ruck riss er es aus der Erde. Noch bevor er sich wieder aufrichten konnte, war Sasuke Uchiha über ihm. Nejis Augen weiteten sich, nur im letzten Moment konnte er Orion abwehren. Beide Schwerter vibrierten von der Kraft der beiden. Die Klingen zitterten noch einmal heftig, dann erkannte Neji, dass Sasuke ihn zurückdrängte. Hass stand in diesen schwarzen Augen, die ihn noch immer fixierten. Er musste etwas tun!
 

Der Ronin stolperte, schwankte und ging dann zu Boden. Neji hatte ihm reflexartig die Beine weggerissen, während er sich sofort seitlich wegrollte und versuchte wieder auf die Beine zu kommen. Er zog sich am Schwert hoch, stemmte sich mit aller Macht hoch und kam wackelig zum Stehen. Sein Atem ging schnell und er keuchte, als er sich umdrehte sah er auch dem Ronin ein wenig die Erschöpfung an. Er war also nicht der einzige, den dieser Kampf zu ermüden schien.
 

Neji spürte, dass seine Stirn schweißnass war, er hatte kaum noch Kraft übrig und so wie er die Dinge einschätzte, konnte er nicht mehr lange seinen Meditationszustand aufrechterhalten. Gleichzeitig bemerkte er noch immer das dumpfe Pochen, das von seinem linken Arm ausging, eigentlich konnte er Schmerzen während seines Zustandes unterdrücken, allerdings nicht ewig weiter in diesem Zwischensein verharren. Was sollte er tun?
 

Langsam richtete sich auch Sasuke Uchiha wieder auf, wischte sich einen Rinnsal Blut aus dem Mundwinkel, zückte sein Schwert und sah dann über seine Schulter zu Neji hin. „Was wirst du jetzt tun, Samurai? Wenn du mich besiegen willst, musst du mich töten. Bist du in der Lage einen Menschen umzubringen, dem du in die Augen gesehen hast?“ Ein spöttisches Lächeln schlich sich auf seine Züge und merkwürdigerweise blieb er vollkommen ruhig.
 

„Was soll dieses Gerede?“ wütend starrte Neji ihn an. „Du hältst dich für stark nicht wahr? Zeig mir wie stark du wirklich bist!“, sagte Sasuke Uchiha. Erschrocken wich Neji einen Schritt zurück. Sasuke hatte sich nun vollständig zu ihm umgewandt und sah ihn nun ruhig an. Doch gleichzeitig bemerkte der Samurai, wie sich sein Blick veränderte. Es war wie bei seinem Kampf mit seinem Meister. Auch Kakashis Blick war zuerst ein wenig verschwommen, bevor er vollkommen ruhig wurde und dann wieder höchst konzentriert. Sasukes Augen waren auf einmal von einem noch intensiveren Schwarz, das im Licht fast blutrot funkelte. Fast so als wäre er in Trance, keine Spur mehr von Erschöpfung. Das Ganze dauerte nur Sekunden, dann war er plötzlich hinter ihm und nur ein Luftzug verriet Neji, dass sich sein Gegner hinter ihm befand. Und noch bevor er sein Schwert auch nur heben konnte, spürte er die Klinge an seinem Hals.
 

„Verloren, Samurai.“
 

~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~
 


 

Naruto spähte durch die Bäume. Hier und da war das Unterholz lichter geworden, weil sich die Rebellen bei ihrem Angriff weite Schneisen durch Farne und Sträucher gebahnt und etliche Zweige abgebrochen hatten. Das ganze Umfeld zeugte von der rohen Gewalt, die der Kampf mit sich gebracht hatte. Der beißende Geruch des Feuers stach ihm in der Nase und der Anblick der Toten ließ seinen Blick stumpf werden und von dem Leuchten seiner strahlend blauen Augen blieb kaum etwas übrig. Als Naruto sich genauer umsah bemerkte er, dass die Menge dem Geschehen zwar gebannt folgte, aber dennoch nicht wagte einzugreifen. Seine Augen fanden Tentens Sillhoutte, die sich keinen Millimeter zu rühren schien. Beinahe wirkte es so, als wäre ihr Geist ganz weit fort. Er schob kurz die Zweige eines Strauches beiseite und kroch über den Boden näher an das Geschehen heran. Neji und er hatten ganz genau abgesprochen, wie sie es anstellen wollten, wenigstens die Tochter des Fürsten zu retten. Seine Augen verharrten wieder auf den Leichen und Verletzten, die die Auseinandersetzung auf beiden Seiten gefordert hatten. Sein Blick verdüsterte sich. Das alles war so ungerecht !
 

Naruto kroch noch näher heran. In den Farnen dicht am Boden liegend, war er fast unsichtbar.

Vor ihm erstreckte sich jetzt nur die flache Lichtung, die ihm keine weitere Deckung mehr bot. Er musste sich etwas anderes ausdenken. Er hörte ein Pferd wiehern. Unmerklich wandte er sich um und sah zwei Pferde, die ursprünglich die Kutsche gezogen hatten. Eines von ihnen war verletzt, das andere schien unversehrt zu sein. Allerdings hatte es den gleichen panischen Blick wie der rote Fuchs neben ihm. Beide hatten die Ohren angelegt und schnaubten starr vor Angst. Sie waren angebunden und tänzelten vor dem Feuer zurück, dass etwa zwei Meter vor ihnen immer noch flackerte.
 

Naruto schaute nach rechts. Noch immer schienen die meisten noch immer abgelenkt zu sein und als sein Blick den ihren folgten, sah er sie. Ineinander verkeilt und trotzdem eine gewisse Distanz wahrend. Erschrocken schrak er zusammen, als er in Neji Gegner seinen besten Freund erkannte. Seinen Freund, der ihn verraten hatte. Die altbekannte Wut kam ihm wieder hoch. Wenn er es recht bedachte, hatte er Sasuke seit dem Tag nicht mehr gesehen, an dem er versucht hatte ihn zu bekehren, ihn aufzuhalten. Es war der Tag seines Verrates gewesen. „Du wirst es irgendwann verstehen“, war das letzte gewesen, was er von ihm gehört hatte. Aber er hatte nicht verstanden. Vielleicht würde er das nie tun...
 

Es war so absurd ihn sich jetzt plötzlich als Feind vorzustellen. Genauso gut hätte er sich von seinem Bein trennen können. Seine Hand verkrampfte sich zur Faust und für einen Augenblick wollte er einfach nur auf Sasuke zustürmen, diesen niederschlagen und hoffen, dass alles wieder so wurde wie früher. Damals waren sie Konkurrenten, ja sogar Rivalen gewesen, jetzt war dieser Mann ihm fremd. Sein Körper erzitterte und der Drang auf Sasuke zuzustürmen wurde größer denn je. Es wäre so einfach, er musste einfach nur aufstehen, seine Deckung aufgeben und Sasuke entgegenzutreten.
 

Seine Finger krallten sich in die verbrannte Erde und mit einem Mal erkannte er was für ein Narr er war. Was würde wohl passieren, wenn er sich Sasuke stellte? Dass er ihn in einer heroischen Rettungsaktion bekehren könnte? Wohl kaum. Sasuke Uchiha würde sein Schwert nehmen und ihn zum Schweigen bringen, noch während er versuchte überhaupt mit ihm zu reden. Es ging ihm gegen den Strich, aber er hatte eine andere Aufgabe, die erfüllte werden musste, um der Zukunft aller willen. Tenten durfte nicht in die Hände der Rebellen fallen. Es war seine Aufgabe für ihre Sicherheit zu garantieren, selbst dann, wenn er seine Freunde im Stich lassen musste. Im Stillen dachte er an Lee, der seit Urzeiten sein Freund war, an Hinata, die er irgendwie mochte und an Neji, der zwar seine eigene Art hatte, ihm aber irgendwie ein bisschen ähnlich war.
 

Seine Gedanken kehrten wieder zum momentanen Geschehen zurück. Was er brauchte um den Kreis der Rebellen zu durchbrechen, war eine Ablenkung. Etwas, das ihn unsichtbar machte, vor den Blicken der Rebellen. Wie er die Dinge einschätzte konnte Neji Sasuke noch eine kurze Zeit hinhalten, aber er wollte lieber von der Möglichkeit ausgehen, dass er es nicht schaffte. Er hatte nur ein paar Momente, die er unbeobachtet sein würde.
 

Er streckte die Hand nach einem festen Zweig aus, der ein wenig qualmte. Mit einer schnellen Bewegung zog er sie zurück und blies in die erlöschenden Flammen. Schon nach wenigen Versuchen loderte das Feuer auf und fraß sich durch das Holz. Jetzt musste es schnell gehen.

Sein Körper spannte sich an und in fast demselben Moment richtete er sich auf und warf den brennenden Zweig auf die Pferde zu, die daraufhin ein heiseres Wiehern ausstießen, sich losrissen und völlig durchgingen.
 

Von der schnellen Bewegung und des unerwarteten Lautpegels überrascht, bemerkten die Rebellen nicht wie sich die Gestalt Narutos aus der Umgebung löste und sein schützendes Versteck verließ. Auf einmal war die Luft von lauten Stimmen und raschen Bewegungen erfüllt. Heillos verwirrt wusste niemand was vor sich ging und was man tun sollte. Befehle wurden gebrüllt, die allerdings verstummten ohne wirklich gehört worden zu sein. In dem Durcheinander ertönten Schmerzensschreie
 

Naruto erreichte Tenten ohne, dass jemand Notiz von ihm genommen hatte. Er musste sich beeilen, dann hatten sie vielleicht eine Chance...„Tenten!“, rief er. Doch sie rührte sich nicht, gebannt starrte sie immer noch auf die Stelle an der Neji und Sasuke um Leben und Tod kämpften. Er sah sich rasch um, aber bis jetzt hatte ihn noch niemand bemerkt. Gerade noch sah er wie in der Verwirrung ein verunglückter Pfeil, der für die Pferde bestimmt war, sein Ziel verfehlte und sich einem Rebell in den Unterarm bohrte. Sie hatten keine Zeit mehr, er riss sie herum. „Tenten, wach auf! Wir müssen hier weg! Du musst hier weg!“ Ihr Blick war glasig und sie antwortete ihm nicht. Rasch schaute er wieder über die Schulter. Nichts.
 

„Wach auf, verdammt!“ Seine Angst schlug in Wut um. „Komm zu dir, du musst überleben!“ Als sie noch immer nichts erwiderte, packte er sie an den Schultern und schüttelte sie. „Nein“, wisperte sie. „Was?!“ Sie sah ihn endlich an. “Ich komme nicht mit dir.” „Du musst.“ „Nein, ich laufe nicht wieder weg, es ist aussichtslos. Ino, Lee und Hinata wollten mich beschützen und jetzt...“ Ihr versagte die Stimme. „Aber sie kämpften für dich, wenn du nicht entkommst war es umsonst. Bist du ein kleines Mädchen, das sich vor Angst nicht rühren kann oder jemand der entscheiden kann was für alle das Beste ist !?“ Seine blauen Augen funkelten und sie wich seinem Blick aus. „Er wird ihn töten.“ „Nicht sofort, er wird wissen wollen, wie gut Neji ist.“
 

Ein Aufschrei ließ sie zusammenzucken: „Die Tochter des Fürsten! Lasst sie nicht entkommen!“ Naruto starrte Tenten an. „Komm, los jetzt!“, schrie er. „Aber...“, erwiderte sie. „Nichts aber, du kommst mit und wenn ich dich mit Gewalt wegschaffen muss!“ Mit einem Ruck umfasste er ihre Handgelenke und riss sie mit sich. Die Rebellen hatten sie längst bemerkt und versuchten ihnen den Weg abzuschneiden, aber Naruto war schnell und wendig. Und da er die Tochter des Fürsten bei sich hatte, wagten sie es nicht auf ihn zu zielen, aus Angst der Geisel könnte etwas passieren.
 

Nach einigen Metern, merkte er, dass Tenten den Widerstand aufgab und nun gleichauf neben ihm rannte. Vor ihnen schnitten ihnen zwei Männer den Weg ab. Scharf bremste Naruto ab und zog Tenten mit sich, doch der kurze Moment hatte die anderen Rebellen alarmiert und nun sahen sie sich einer Überzahl gegenüber. Intuitiv fuhr seine Hand zu seiner Tasche. Tenten warf schnelle Blicke nach allen Seiten, suchte nach einer Fluchtmöglichkeit und erstarrte dann. „Neji !“, schrie sie und ihre Stimme war schrill vor Angst.
 

~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~
 

Blut tropfte auf die Erde. Nejis Gesicht war schmerzverzehrt, er keuchte vor Anstrengung sich nicht den Schmerzen hinzugeben während die Flüssigkeit seinen Arm herunterrann und auf seinem Weg rote Spuren malte. Nejis Blick begegnete dem des Ronins und erkannte darin etwas, das er nicht ganz definieren konnte. Sasuke Uchiha hatte nicht erwartet, dass er sich so wehren würde. Dessen Blick haftete auf seiner Hand, die zitternd und mit aller Kraft die Klinge Orions umfasst hielt und daran hinderte ihm den Tod zu bringen.
 

Die Luft war von dem Geruch von Schweiß und Blut getränkt, sodass Neji kaum einen klaren Gedanken fassen konnte. Er spürte wie ihn die spirituelle Kraft verließ und ihm wurde klar, dass es nur noch einen letzten Versuch geben würde. Ein letztes Aufbäumen, bevor Sasuke Uchiha ihn töten würde. Seine eigene Schwäche überwältigte ihn und es war fast wieder wie damals, als Kabuto seinen Rücken entstellt hatte.
 

Fast blind vor Schmerz hörte er in der Ferne Tenten seinen Namen schreien, aber er hatte keine Zeit sich Gedanken zu machen. Neji verstärkte den Griff um Ryujin, sammelte all seine geistige Kraft und holte weit mit dem Schwert aus. Das Schwert des Verräters schnitt ihm noch tiefer ins Fleisch, doch dann löste es sich, als dieser zurücktaumelte um dem Hieb zu entgehen.
 

Wie von Sinnen und im Angesicht des Todes, nahm seine Kraft um ein Vielfaches zu. Doch bevor er seiner Verzweiflung und seinem Zorn diesmal erlag, fing er sich und glitt übergangslos in den Tanz des Mondes über. Sasuke, inzwischen wieder in Kampfposition, wehrte den ersten Schlag ab, den er von rechts geführt hatte. Fast war es so, als sähe er den nächsten Schlag kommen und blockte ihn schon, bevor er nahe genug an ihn heran kam.
 

Neji nahm ein Flimmern in Sasukes Augen wahr und stellte mit Entsetzen fest, dass dieser dieselbe Technik wie er benutzte. Mal um Mal trafen sie sich in einem fast identischen Angriff, dem nur der von ihnen erliegen konnte, der zuerst einen Fehler machte. Und wieder kamen ihm Kakashis warnende Worte in den Sinn: Solltest du auf einen Gegner treffen, der alle diese Angriffe abwehren kann, setzt du den letzten tödlichen Schlag. Aber anscheinend hatte sein Lehrer zu erwähnen vergessen wie es mit der exakt gleichen Technik aussah. Hatte dieser nicht vielmehr gemeint, dass er lieber die Beine in die Hand nehmen sollte, wenn solch ein Gegner vor ihm stand? Er scheuchte die Gedanken fort, als die beiden Schwerter erneut mit einer enormen Wucht aufeinander trafen. Der Samurai spürte wie ihm jedes Kräftemessen mehr erschöpfte, lange würde er nicht mehr durchhalten. Wichtig war einzig und allein, dass er sein Herz traf, denn anders könnte er Sasuke Uchiha nicht besiegen.
 

Der Ronin schien in keinster Weise der Erschöpfung zu erliegen; ganz im Gegenteil: Je länger er angriff, schlug und parierte, desto schneller wurde er. Anders als bei Neji schärfte sich seine bloße Wahrnehmung Luftzüge und Bewegungen zu spüren. So war er beinahe in der Lage zu handeln noch bevor die Handlung geschah. Sein Tanz des Mondes unterschied sich in fast jeder Hinsicht von Nejis Art beharrlich und bestimmt zu sein. Die Bewegungen waren blitzschnell und voller Wildheit.
 

Mitten in der Luft kreuzten sich die Klingen, wurden von der Kraft beider Kämpfer zurückgeschleudert und dann wieder miteinander vereint als wollten sie sich liebkosen und nicht die Kraft des anderen brechen.
 

Nejis Stirn war schweißnass und langsam überkam ihn Panik, er konnte es nicht beenden. Sein Blick trübte sich und vor ihm verschwammen die Farben, in seinem Kopf begann es zu rumoren. Die Erschöpfung war greifbar nahe. Ein wuchtiger Schlag entlud sich auf seinen Unterarm, er stolperte zurück und offenbarte eine Schwachstelle. Der Schwarzhaarige sah es kommen, noch bevor es soweit war. Die schwarze Klinge beschrieb im Schwung einen Halbkreis und mit letzter Kraft versuchte er den Kopf weg zu drehen, doch es war zu spät. Orion ratschte am Stoff seines Stirnbandes vorbei und riss es ihm vom Kopf. Über seinem Auge entstellte ein langer Schnitt sein Gesicht. Das Blut rann ihm ins Auge und nahm ihm die Sicht. Die Kraft verließ seinen Körper, machte ihn wieder schwach und vor Erschöpfung fast wehrlos.
 

Er bemerkte nicht, wie ein tiefes, ungläubiges Luftholen durch die Reihen der Rebellen ging, oder wie der Verräter überrascht die Augen aufriss. „Unmöglich“, zischte er.
 

Der blutbefleckte weiße Stoff lag auf der matschigen Erde...

und enthüllte was ihm vorbestimmt war zu sein.
 

Mit dem rechten Auge sah er eine Winzigkeit lang eine Blöße in Sasukes Verteidigung. Ryujin wurde schwer in seiner Hand und er brauchte so viel Kraft wie nie das Schwert zu heben. Er holte aus ...
 

Es schien eine Ewigkeit zu dauern, bis das schwere Metall Sasuke traf. Aber Neji hatte nicht richtig zielen können. Auf halben Weg verlor der Schlag an Kraft und er selbst konnte nicht mehr korrigieren. Der junge Samurai spürte wie die Klinge auf Fleisch traf, im Unterbewusstsein nahm er wahr, wie unter seiner Kraft der Knochen splitterte und durch Sasukes Arm schnitt. Jetzt, wieder völlig normal, sah er nur schemenhaft wie er Sehnen und Muskelgewebe glatt durchtrennte und dem Verräter den Arm abschlug.
 

Der Schrei des Verrräters erstarb im Kreischen des Falken, der sich mit mächtigen Flügelschlägen in die Luft schwang. Der schwarze Stoff nahm schnell die Flüssigkeit auf und ließ die dunkle Kleidung schwerer erscheinen als sie war. Vor Schmerzen gekrümmt taumelte Sasuke Uchiha zurück. Panisch starrten einige seiner Untergebenen ihn an, einige kurz davor Neji anzugreifen, dessen Beine stark zitterten und dem die Kraft fehlte sich zu wehren.
 

Im Durcheinander des Kampfes schien zuerst niemand zu bemerken, was für eine Richtung der Kampf der Samurai genommen hatte. Manche registrierten es am Rande, andere warfen einen kurzen Blick auf das Szenario. Nur ganz langsam sackerte die Erkenntnis eines Verlustes durch die Reihen der Rebellen.
 

Sein Blick war so hart wie Stahl, hasserfüllt als er Nejis begegnete. „Dieser Kampf ist nicht vorbei!“, sagte er, “Wir werden uns wiedersehen und dann werde ich dich töten“, „Rückzug!“, rief er. Der Verräter wandte sich um und verschwand genauso schnell wie er gekommen war. Eine Flut von Kriegern folgte ihm in den Wald. Der Schwarzhaarige rammte sein Schwert in die Erde um sich abzustützen – und dann war es still.
 

~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~
 

Zuerst spürte sie nichts. Nur langsam kehrten ihre Sinne zu ihr zurück, fast dachte sie, sie würde noch schlafen, aber so war es nicht. Die Erde auf der sie lag fühlte sich kalt an. Der Wind strich ihr eine Strähne ins Gesicht, irgendwo in der Ferne hörte sie einen Vogel singen. Die Zeit schien ganz langsam zu vergehen und endlich war sie nicht mehr angespannt. Weltliches war in weite Ferne gerückt, sie war einfach nur da. Ein Sonnenstrahl malte einen hellen Fleck auf ihre Wange. Hinata blinzelte. Ein winziger Schatten huschte über ihr Gesicht, als sie die Augen öffnete. Das erste was sie sah war der Himmel, grenzenlose Weite, die ihr immer und immer wieder den Atem genommen hatte. Sie mochte das blau, die sanften weißen Wolken, die dahinzogen ohne eine bestimmte Richtung zu haben.
 

Doch die Harmonie währte nur einen Moment. Benommen kniff sie die Augen zusammen, als ein Schauder des Schmerzes von ihrem Kopf ausging. Entsetzt fasste Hinata sich an die Stirn. Ihre Finger berührten eine dickflüssige Masse, an einigen Stellen getrocknet. Als sie die Hand zurückzog, erschrak sie. Blut. Wie war es dahin gekommen? Es durchzuckte sie wie ein Blitz. Hinata griff sich erneut an den Kopf. Ein wenig aufgerichtet, sank sie schließlich wieder zu Boden. Wo bin ich?, fragte sie sich, Was ist passiert? Die Erinnerung war verschwommen. Sie musste irgendetwas gegen den Kopf abbekommen haben.
 

„Hinata!“ Sie wandte den Kopf ein wenig nach rechts und sah einen erleichterten Naruto auf sie zustürmen. „Tenten, ich hab sie gefunden!“ Naruto. Was verband sie mit diesem Namen? Bilder durchzuckten ihren Kopf. Sie sank wieder in sich zusammen. Ach ja... er war es. Der freche Blonde, der an allem etwas auszusetzen und nur Blödsinn im Kopf hatte. Richtig... er war ja da gewesen.
 

Mit einer endlosen Erleichterung im Gesicht beugte sich Naruto über sie. Er war unverletzt, doch seine Gesichtszüge waren angespannt und ließen vermuten, dass er vor kurzem gar nicht so furchtlos gewesen war, wie er sonst schien. „Bin ich froh, dass dir nichts passiert ist Hinata.“ „Naruto? Was ist passiert? Warum bist du hier, warst du nicht weg?“ Ein Pulsieren strömte von ihrem Kopf aus und sie zuckte zusammen. „Was ist hier passiert?, ich erinnere mich kaum mehr an etwas.“ Naruto legte prüfend eine Hand auf ihre Stirn. „Es ist egal, ich erzähle es dir später, wir müssen dich versorgen“, sagte er hastig. „Tenten, bitte kümmere dich um sie, ich glaube sie hat eine Gehirnerschütterung!“
 

Eine weitere Gestalt löste sich aus der Umgebung. Bei näherem Hinsehen erkannte Hinata die Tochter des Fürsten. Aber Tenten bewegte sich nur langsam und ihr Gesicht war erstaunlich blass, was sie fast wie einen Geist aussehen ließ. In der Hand hielt sie allerlei Tücher und Verbände, die sie noch hatte retten können. Ihre Kleidung hatte ein wenig gelitten, doch auch sie schien keine nennenswerten Verletzungen zu haben.
 

Tenten kniete sich prüfend neben Hinata, befühlte ihre Stirn und maß mit ihrer Hand ihren Blutdruck. Sie hob leicht ihren Kopf an, während Naruto ihr Gesicht mit einem feuchten Tuch abtupfte und ihr dann einen straffen Verband um den Kopf band. Er wandte sich an Tenten: „Warte hier auf mich, ich schaue nach, ob wir weitere Überlebende haben.“ Dann drehte er sich noch mal zu ihnen um. „Hinata, ich glaube es ist besser, wenn du all das nicht siehst.“

‚Was nicht sehen?’, fragte sie sich, aber Naruto war schon verschwunden. Tenten und sie waren allein, nur in der Ferne hörte sie gedämpftes Gerede.
 

Zuerst sprachen beide kein Wort, Tenten betrachtete den Verband auf Hinatas Stirn. Eine Weile verharrten sie einfach so, doch Hinata traute sich nicht, all die Fragen zu stellen, die in ihrem Kopf herumspukten.
 

„Ich dachte, ich hätte dich verloren“, flüsterte Tenten dann, „du warst auf einmal weg und ich musste weglaufen und dann... oh es tut mir so leid, Hinata.“ „Mach dir keine Sorgen“, flüsterte Hinata. „Mach dir nicht immer so viele Gedanken“, wollte sie noch hinzufügen, doch sie tat es nicht. „Es tut mir so leid“, wiederholte Tenten, „ich bin ein schrecklicher Mensch, nicht wahr?“ Hinata sagte nichts, die Situation kam ihr irgendwie unecht, nicht wirklich vor. Und Tenten tat ihr leid, so bedrückt hatte sie sie noch nie gesehen. Und die junge Frau sah sie auch nicht an, ihr Blick war zur Seite gerichtet und sie selbst vermied jeden Augenkontakt.
 

„Es ist alles meine Schuld“, sagte Tenten dann, „wenn ich nicht wäre, hätte man uns nicht angegriffen, wenn ich nicht wäre, dann wäre niemand gestorben. „Und ich konnte nichts tun. Ich war nutzlos, wie immer, habe dich zurückgelassen, Ino und all die anderen.“
 

„Das stimmt nicht“, platzte Hinata heraus, „du ... du bist kein schlechter Mensch, du bist nicht hierfür verantwortlich.“

„Und wer dann? Wer, wenn nicht ich hätte dieses...“, sie suchte nach Worten, „Massaker sonst zu verschulden?“ Hinata wollte etwas sagen, doch jemand kam ihr zuvor.
 

„Sasuke Uchiha“, sagte Neji. Beide drehten sich zu ihm um. Notdürftig hatte er die gröbsten Wunden verbunden und auch die Tätowierung wurde wieder von einem Stück Stoff verdeckt.

„Neji, oh Gott, ich bin so glücklich, dass dir nichts passiert...“, Hinata stockte, „ was sind das für Verletzungen?“ „Ich habe mit ihm gekämpft.“ Verwirrt und zugleich bestürzt starrte ihn seine Cousine an: „Mit wem hast du gekämpft?“ „Mit Sasuke Uchiha. Demjenigen, der den Angriff geführt hat.“ Geschockter Blick seitens Hinata. „Aber...“, begann Tenten zittrig, „ du hast doch gewonnen, oder? Ich meine ... du hast ihm doch...“, sie konnte nicht weitersprechen.

„Alles, was ich getan habe, war Eure sofortige Gefangennahme zu verhindern...-“ Tenten zuckte erschrocken zusammen, als sie merkte, dass er sie wieder so anredete. Irgendwie unterwürfig. „- und mir einen Todfeind zu schaffen, der nicht ruhen wird, bis er mir zurückgezahlt, was ich ihm mit seinem Arm genommen habe.“ Neji versank in Gedanken.
 

„Habt Ihr die Verletzungen vor dem Verbinden wenigstens gereinigt, Neji-San?“, lenkte Tenten ab. Kurz schweifte sein Blick zu ihr, bevor er sich abwandte. „Ja, natürlich, aber wir sollten den restlichen Sake lieber für die Schwerverletzten aufsparen, unsere medizinische Versorgung wird schon bald zur Neige gehen.“ „Wo gehst du hin?“, fragte Hinata. „Zu Lee.“
 

Hinata wandte sich nun an Tenten: „Bitte ...Tenten, sag mir genau was passiert ist. Was ist mit Lee und all den anderen?“ Tenten starrte noch immer Neji hinterher, ließ ihren Blick über das Schlachtfeld gleiten. „Du erinnerst dich, dass wir plötzlich angegriffen wurden?“ Die Schwarzhaarige nickte, immer noch ein wenig verängstigt. „Es war ein harter Kampf...“ An dieser Stelle hielt Tenten kurz inne, als wolle sie sich gegen etwas wappnen. „Es gab Tote. Auf beiden Seiten.“ Voller Entsetzten blickte Hinata sie an. „Nein...“ „Lee hat schwerverletzt versucht Sasuke Uchiha anzugreifen.“
 

Sofort stemmte Hinata sich auf, stand wackelig auf beiden Beinen und bevor Tenten sie aufhalten konnte, lief sie hinter ihrem Cousin her, bis sie schließlich vor dem zusammengekrümmten Körper Lees stehen blieb. Für einen Moment glaubte sie Tränen in ihren Augen glitzern zu sehen, aber Hinata drehte ihr den Rücken zu, sodass sie nicht erkennen konnte, ob sie weinte.
 

Tenten seufzte. Sie merkte wie sie all das langsam ermüdete, sie wünschte sich, dass alles nur ein Alptraum war, aus dem man erwachen konnte, wenn man es wollte. Aber das war es nicht, ihr ganzes Leben war sie eine Gefangene gewesen. Auch jetzt. Sie schlug die Augen nieder und dann stand auch sie auf. Folgte Hinata und Neji, bis auch sie vor dem leblosen Körper stand.
 

Sie hatte ja gewusst, dass er gelogen hatte. Niemals hatte er gekonnt alles in den Griff zu kriegen. Kontrolle. Leicht angewidert betrachtete sie den gebrochenen Arm, seinen gefallenen Körper, den Speer, der aus Lees Brust ragte. Neben ihr kniete sich Neji vor den Leichnam und legte die Hand auf Lees Brust. Im Tod schien er beinahe friedlich, doch irgendetwas stimmte nicht. Auf seiner Stirn waren Schweißtropfen und als Neji ihn dort berührte, zuckte er zurück. „Seine Stirn ist heiß“, murmelte er. Wurde ein Körper nicht normalerweise starr und kalt, wenn Zeit nach dem Tod vergangen war? Von einer plötzlichen Aufregung durchflutet ließ auch Tenten sich hastig sinken und legte ihre Hand auf die Stelle an der sie sein Herz vermutete. Scharf zog sie Luft ein, während die Zeit nicht vergehen wollte. Zehn Sekunden verstrichen, dann fünf weitere. Dann – ein leises Klopfen irgendwo. Sie wartete, dann hörte sie es wieder. Dodom... Dodom... Aber die Schläge waren unregelmäßig, verzerrt und merkwürdig verkrampft.
 

„Er lebt“, hauchte sie. Jetzt sah sie auch, wie sich der Brustkorb fast unmerklich hob und senkte. „Hinata, geh zu Naruto, dann hilf den anderen die Verletzten zu versorgen.“ Schnell nickte die Schwarzhaarige. „Ja, Cousin.“ „Ihr solltet auch besser gehen Tenten-Hime, das ist nichts für Euch.“ „Was willst du-“, sie korrigierte sich, „was wollt Ihr tun?“ Neji sah zögernd auf den Körper unter ihm. „Ich beabsichtige ein Leben zu retten. Könnt ihr mir Verbandszeug, Sake, Nadel und Faden und ein kleines Messer besorgen?“ „Wartet auf mich“, erwiderte Tenten.
 

Sie hastete in die entgegengesetzte Richtung, wo sie am anderen Ende der Lichtung ein kleines Krankenlager errichtet hatten. Tenten achtete nicht auf die Zerstörung, die überall herrschte, sie hatte gemerkt, dass es besser war nicht die Leichen zu betrachten, die von den Überlebenden in einer Reihe aufgebettet lagen. Mit den Toten der Rebellen waren es achtzehn Menschen, die in diesem Kampf den Tod gefunden hatten. Elf von ihnen und sieben von den Rebellen. Sie hatten fünfzehn Überlebende, von denen acht dem Tode nahe oder schwerverletzt waren. Darunter Lee. Sie musste sich beeilen, denn jetzt war jede Sekunde kostbar.
 

Keuchend kam sie dort an. Die wenigen Überlebenden knieten vor den Verletzten, sagten sonst kein Wort und sprachen nur, wenn es notwendig war. Eine düstere Stimmung hatte von allen Besitz ergriffen. Aller Glaube schien erschüttert und der Verlust so vieler Gefährten zeichnete bei vielen einen traurigen, hilflosen Ausdruck auf ihr Gesicht. Wie sie sie ansahen! Tenten konnte sich nicht erinnern sich jemals so unwohl in ihrer Haut gefühlt zu haben. Egal was Neji oder Hinata sagten, sie wusste, dass letztendlich sie schuld an diesem Dilemma war.
 

Tenten senkte den Blick, sah sich kurz um und entdeckte Kotetsu, der vor einem Krankenbett zu knien schien. „Kotetsu-San?“ Kotetsu schien sie nicht gehört zu haben und abermals sprach sie ihn an. Diesmal etwas lauter. Erschrocken drehte er sich zu ihr um, bevor er sie schließlich erkannte und sie die üblichen Floskeln austauschten. Kurz schilderte sie die Situation. „Ich brauche ein wenig Sake, heißes Wasser, ein kleines Messer, Nadel und Faden“, begann sie. „Sake haben wir nur noch wenig, hier ist ein kleines Messer“, er reichte ihr eine kleine, scharfe Waffe, „heißes Wasser findet ihr an einem der kleinen Feuer hier. Nur...“ „Was ist mit Nadel und Faden?“ „Nun ja, bis jetzt mussten wir nur bei zwei Verletzten die Wunde nähen und unsere Vorräte ... Vielleicht schaut Ihr mal bei Ino-Sans Sachen, sie müsste so etwas dabei haben.“ „Ist sie immer noch bewusstlos?“ Kotetsus Blick wurde wieder trüb. „Ja. Sie hat viel Glück gehabt, dass sie nichts abgekriegt hat, als sich die Rebellen zurückgezogen haben.“ Er reichte ihr mehrere Verbände und sah sie dann mitleidig an. „Ich wünsche Euch viel Glück. Lee ist noch zu retten, im Gegensatz zu Izumo...“ „Was?“ „Mein bester Freund ist tot.“ Ihre Lieder senkten sich. „Es tut mir leid“, sagte Tenten. Kotetsu blickte sie nicht an, er bedankte sich, aber es klang hohl. Hatte er resigniert? Einer der Soldaten wollte sie begleiten, aber sie lehnte ab. Sie wollte nur noch fort von hier, zurück zu Lee.
 

Schließlich kam sie wieder bei Neji an, der noch immer vor Lee kniete und ausdruckslos seine Bewegungen beobachtete. Tenten legte die Verbände und die Sakeflasche auf die Erde und reichte Neji wortlos das Messer. Neji warf ihr einen kurzen Blick zu, nahm das Messer und schlitzte dann Lees Kleidung auf, sodass seine Brust frei lag. Erschrocken zuckte Tenten zusammen. Da war so viel Blut und noch immer schien der Fluss nicht gestoppt zu sein, denn die der Sperr steckte noch immer in seiner Brust.
 

„Geht lieber.“ Das war Neji. Tenten sah auf, doch er sah sie noch immer nicht an. „Es ist nichts für Euch, Lee wird vielleicht sterben.“ Sie beobachtete ihn, die aufrechte Haltung, den starren, jetzt harten Blick, als er Lee ansah. „Nein.“ „Was?!“ „Ich werde nicht gehen, ich kann nicht... Lee hat sein Leben eingesetzt, um mich zu retten, es wäre unverzeihlich, wenn ich nicht wenigstens versuchen würde ihn zu retten.“ Lange sah er sie an, dann schlug er den Blick nieder.
 

„Gib mir das Messer.“ „Was?“ „Und den Sake, wir müssen unsere Hände desinfizieren.“ „Was willst du machen?!“, fragte Tenten leicht panisch. Neji warf ihr einen kurzen Blick zu und griff nun selbst nach dem kleinen Messer. „Ganz einfach, irgendwie muss man doch die Waffe entfernen. Ihr müsst ihn festhalten, falls er zusammenzuckt und ich schneide den Sperr aus seiner Brust. Zwischenzeitlich müssen wir die Wunde ausspülen.“ Tenten wurde noch bleicher als sie ohnehin schon war. „Den Sperr herausschneiden...?“ Aber Neji hatte schon nach dem Sake gegriffen, das Messer gereinigt und begann nun seine Hände damit einzureiben. Als er fertig war, reichte er die Flasche wortlos an Tenten weiter. Zögernd nahm diese sie entgegen. „Macht Euch keine Sorgen, es ist nur eine Fleischwunde“, sagte er, dann nahm er das Messer, setzte es an dem Sperrende an und schnitt langsam in das Fleisch. Sofort begann es zu bluten und Neji konnte nun nicht mehr sehen wo er hinschneiden sollte. Hastig kniete Tenten sich neben ihn, nahm den Eimer und goss das heiße Wasser auf die Wunde. Nach einiger Zeit konnte man wieder etwas erkennen und Neji fuhr fort. Mal ruckelte er an dem Sperr, der nach mehreren Versuchen immer loser wurden, dann schnitt er tiefer in die Wunde. Neji war nervös, auch, wenn man es ihm äußerlich nicht ansah. Selbst in solch einer Situation behielt er die Nerven, denn es war entscheidend wie lange sie brauchen würden. Je länger, desto mehr Blut würde Lee verlieren.
 

Wieder spülte Tenten die Verletzung aus. Rund um die Stelle, wurde Lees Haut nun immer rötlicher. Nochmals umfasste Neji das grobe Holz, rüttelte ein wenig und stellte dann fest, dass es sich beim nächsten Versuch herausschneiden lassen müsste. Neji setzte das Messer erneut an und schnitt tief in Lees Fleisch.
 

„Rollt ihn bitte auf die Seite Tenten-Hime.“ Hastig folgte Tenten der Bitte und hielt Lees Körper nun in leicht seitlich. Geschickt umfasste er den Sperr, zog mit der anderen Hand seinen Dolch und schnitt das Holz kurz über der Einstichstelle in zwei Teile. Schnell legte er das lose Ende neben sich, nahm erneut das Messer und machte auf Lees Rücken einen tiefen Einschnitt. Neji hoffte inständig, dass Lee jetzt nicht plötzlich wach wurde, denn das wäre eine Katastrophe. Solange sein Freund von all dem nichts mitbekam, war es ja alles ganz akzeptabel, sollte er allerdings aufwachen... Das wollte er sich lieber nicht vorstellen. Noch einmal spülten sie die Wunde aus, dann nickte er Tenten kurz zu. „Achtung jetzt.“ Neji griff an das noch verbleibende Stück des Sperrs, zehrte ein wenig rüttelte Der Kung-Fu-Kämpfer war bereits zuvor zusammengezuckt, aber jetzt bäumte sich sein Körper untern den Schmerzen auf. Mit einem schnellen Ruck riss Neji das Holz aus Lees Körper. Sofort breitete sich eine Blutlache unter dem Verletzten aus. „Schnell jetzt, wir müssen die Wunde reinigen und dann vernähen.“ Sie nickte hastig, streckte sich für einen Moment auf, griff dann erneut zu dem heißen Wasser und spülte den Schmutz fort. Neji tunkte den Faden in den Sake und fädelte ihn dann auf die Nadel. Als er sich jedoch über Lee beugte, hielt Tentens Hand ihn auf. „Lass mich das machen, die Nadel ist zu klein, es ist besser für mich geeignet.“ Tenten griff nach der Nadel und streifte seine Hand. Sofort zog er seine Hand weg. „Wenn Ihr meint...“, sagte er und wich ein Stück zurück.
 

Zitternd führte sie die Nadel an die Wunde, drückte die zuvor gereinigten Wundränder aneinander und stach dann durch das Fleisch. Stich um Stich nähte sie die Verletzung zu. Nach einiger Zeit wurde ihr beinahe übel, von dem Anblick und dem Geruch, der von den Wunden ausging. Schließlich zog sie den letzten Stich zu und Neji, der ihr bis dahin schweigend zu gesehen hatte, griff nach den Verbänden und verband Lees Oberkörper damit.
 

„Jetzt liegt sein Leben in den Händen des Schicksals, wir haben alles für ihn getan was wir konnten.“
 

~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~
 


 

Sie begruben die Toten im Morgengrauen. In dieser Nacht hatten sie alle schlecht geschlafen, Tod, Trauer und Erschöpfung ließen die meisten kaum Ruhe finden. Außerdem fürchteten sie weitere Angriffe, denen sie in ihrer momentanen Zahl hoffnungslos unterlegen gewesen wären. Aber es schien, als wären die Rebellen genauso schnell verschwunden, wie sie erschienen waren. Nur die Schneise der Gewalt die sie in den Reihen der Eskorte gesäht hatten, sprach von dem Angriff. Es war als hätte die Dunkelheit jedes Licht bereits verschluckt...
 

In der Nacht waren zwei weitere Männer ihren Verletzungen erlegen. Zurück blieben sieben Unverletzte und sechs Verletzte. Von der einstmaligen Eskorte waren nicht mehr viel übrig geblieben.
 

Lees Zustand war in der Nacht nicht besser geworden. Noch immer war er bewusstlos und ziemlich schwach, dazu kam das hohe Fieber, das er während der Nacht bekommen hatte. Nachdem Neji notdürftig die Waffe aus seinem Körper entfernt und ihn mit Tentens Hilfe versorgt hatte, ließ es sich Hinata nicht nehmen, Stunde um Stunde an seinem Krankenbett zu wachen. Doch noch schien es, als schwebe er zwischen Leben und Tod. Sie wussten nicht, ob er stark genug sein würde, aber nach all dem Leid der letzten Tage, war es fast so, als strecke der Tod schon seine kalten Fingern nach seinem Leben aus...
 

Noch am selben Morgen waren sie schließlich aufgebrochen. Da die Rebellen wussten wo sie sich befanden wäre es unklug gewesen, lange am selben Ort zu bleiben. Trotz Verletzungen, Trauer, mangelnder Erholung und Hunger trieb Neji sie alle zur Eile an. Die Verantwortung, die auf seinen Schultern lastete war durch den Angriff bereits erschüttert worden, jetzt noch Zeit zu verlieren, würde bedeuten, dass sie auch noch die ihnen übertragene Mission gefährden würden.
 

Die wenigen Pferde, die ihnen geblieben waren trugen die Lebensmittel und alles was ihnen noch als Gepäck zur Verfügung stand. Für die Verletzten hatten sie Tragen konstruiert, die jeweils zwei trugen. Lee und ein junger Mann, beide schwerverletzt, hatten schließlich auf einem improvisierten Schlitten Platz gefunden, den zwei Pferde zogen.
 

Sie waren einen ganzen Tag unterwegs gewesen und nun hatten sie ihr Lager aufgeschlagen. Die Erschöpfung stand den meisten ins Gesicht geschrieben, so hatten sie die Nachtschichten untereinander aufgeteilt um wenigstens ein paar Stunden schlafen zu können.

Mittlerweile war es spät in der Nacht, die meisten schliefen schon, nur Neji saß noch am Feuer und starrte stillschweigend vor sich hin. Den Tag über hatte er kaum Zeit gehabt sich Gedanken zu machen, aber jetzt durchlebte er noch einmal alle Erinnerungen an den letzten Tag.
 

Wieder sah er dieses Gesicht. Makellose, starke Züge, ein tadelloses Äußeres mit einer unglaublichen, wilden Art zu kämpfen. Er biss die Zähne zusammen, umfasste sein Schwert. Er hatte einzig und allein Glück gehabt. Glück! Ein Krieger hatte kein Glück, er kämpfte solange er gewann, oder bis er als Krieger starb. Sein Blick wanderte auf seinen linken Arm, der notdürftig verbunden war, aber immer noch Schmerzwellen durch seinen Körper sandte. Wütend warf er Sand ins Feuer.
 

„Hier bist du also.“ „Was willst du Naruto?“ „Ich löse dich ab.“ Neji ließ das Schwert wieder in die Scheide gleiten. Dann sah er zum Himmel. „Ich brauche keine Ablösung, schlaf.“ „Das ist mal wieder typisch für dich, willst mal wieder nicht einsehen, dass auch du mal an deine Grenzen stößt!“ Wütend ließ sich Naruto gegenüber von Neji im Gras sinken.
 

„Mach doch nicht wieder so einen Lärm, die anderen schlafen schon.“ „Und genau das, solltest du auch mal tun“, konterte der Blonde. Gedankenverloren zog Neji seinen Verband fester. „Ich habe ein wenig nachgedacht.“
 

„Über den Kampf oder über die Toten?“ „Über den Kampf“, sagte Neji „Sasuke Uchiha?“ „Ja.“ Das Feuer flackerte hoch und eine Flammenzunge leckte in die Dunkelheit. „Er war mein bester Freund, weißt du.“ „Was?!“ Neji wandte sich ruckartig zu dem Blonden um, dessen Blick in Erinnerungen verloren schien. „Ich weiß was du denkst, wie können er und ich je Freunde gewesen sein. Nun, das dachten sie alle.“
 

„Ich hasse ihn!“, zischte Neji. „Ha! Neid, Furcht und Hass, das haben sie alle empfunden. Vor zwei Jahren da war er ein Genie, ein Emporkömmling einer der nobelsten Samurai-familien, ein Uchiha. Sein ganzes Leben darauf trainiert seiner Familie Ehre zu machen, im Kampf zu sterben und Nachkommen zu zeugen, die ebenso talentiert sein würden wie er. Aber all das machte ihn nicht glücklich. Sasuke war einsam, als ich ihn traf, orientierungslos und auf der Suche nach einem Sinn in seinem Kampf. Am Anfang war er ein wenig wie du, hat niemanden an sich rangelassen, verbittert. Ja, er hat uns alle gehasst.“ „Ich bin nicht so wie er“, unterbrach Neji ihn heftig. „Ich weiß. Und doch bist du ihm ein wenig ähnlich. Ich erinnere mich noch gut daran, er war überheblich, hat alle seine Gegner unterschätzt, hat sich für den besten von allen gehalten, bis er auf Lee und mich getroffen ist. Du kennst Lee, er muss nur etwas zu hören kriegen und schon fordert er alle zum Kampf heraus. Jedenfalls kam Sasuke Uchiha diese Arroganz teuer zu stehen, denn anders als Lee unterschätzte er seinen Gegner und schließlich verlor er.“
 

Naruto hielt einen Stock ins Feuer, entzündete ihn und rammte ihn dann in den Boden. „Ab dem Tag waren wir immer zusammen, trainierten gemeinsam und langsam taute er auf. Bis zu diesem verhängnisvollen Tag, an dem sich alles änderte. Mit einem Mal wurde seine Familie ausgelöscht, bis heute weiß niemand wie es passieren konnte, aber Sasuke war niemand, der hinnahm. Noch in der selben Nacht, kehrte er seinem Posten, seinem Herrn den Rücken und machte sich auf den zu finden, der für all das verantwortlich war.“ Naruto machte eine Pause. „Bis heute bin ich ihm nur noch einmal begegnet, habe versucht ihn aufzuhalten, aber es war lächerlich. Jemand wie ich, kann ihn nicht aufhalten.“ Narutos Miene wurde grimmig, als er zurückdachte. „Ich glaube er hat sowieso nur gegen Kakashi und seinen Bruder verloren.“ „Heißt das ?- “ „Ja, es stimmt“, antwortete Naruto, „auch er war Kakashis Schüler.“ „Ach deswegen, hat er die gleiche Technik wie ich angewandt.“ Seine Faust verkrampfte sich und mit einem Mal war er wütend auf Naruto. „Warum hast du mir das nie erzählt?“ Überrascht sah Naruto ihn an. „Liegt das nicht auf der Hand?“ Neji knurrte. „Du warst viel zu sehr damit beschäftigt Samurai zu werden und ihr aus dem Weg zu gehen.“ Narutos Blick schweifte zu Tenten ab, die zusammengekauert auf einem der provisorischen Lager schlief. Ruckartig riss Neji den Kopf herum, damit er sie nicht mehr ansehen musste. „Ich war vor allem damit beschäftigt euch allen den Hals zu retten“, antwortete er verächtlich.
 

„Ja und dabei verletzt du die Leute in deiner Umgebung!“ Wütend starrte jetzt auch Naruto seinen Gegenüber an. „Du merkst es gar nicht mehr, du bist einfach nur dieser tolle“, der Blonde legte eine herablassende Betonung auf das Wort, „Samurai, Krieger, was weiß ich und denkst nur noch an deinen Kampf. Sei ehrlich, es hat dir Spaß gemacht gegen Sasuke Uchiha zu kämpfen, aber denk dran, dass dieser nur ein einziges Mal verliert. Überheblichkeit und Selbstüberschätzung enden dann wie bei Lee und-“ Nejis Augenbrauen zogen sich zusammen, seine Fäuste zitterten. Seine Stimme war gefährlich leise„Gib mir nicht noch einen Grund dir eine runterzuhauen, Naruto. Willst du damit sagen, dass Lee und ich selbst Schuld sind, wenn wir versuchen euch alle zu retten?“ Schuldbewusst senkte Naruto den Blick. „So habe ich das nicht gemeint.“ „Aber das davor hast du ernst gemeint“, erwiderte Neji. „Was genau meinst du?“
 

Eine Zeit lang starrten sie sich nur an, keiner wollte den Blickkontakt abreißen lassen. „du sagtest es hätte mir Spaß gemacht? Das ich nicht lache, ich habe getötet und versucht meine Gegner umzubringen, ich habe alle meine Fähigkeiten eingesetzt und du denkst ich will nur meinen Spaß? Glaub mir, ich weiß was es heißt sich durchs Leben zu kämpfen, da brauche ich keine Kämpfe oder unnötige Tode. Sieh dich um, all diejenigen die tot sind, wird man mir anhängen, ich habe Glück, dass Tenten-Hime nichts passiert ist...“ Naruto wandte schließlich den Blick ab. „Siehst du, das meine ich, wo ist diese Vertrautheit zwischen euch? Wo? Dir fällt nicht auf, wie sie dich ansieht, wenn sie denkt, niemand beobachte sie.“ „Ich sagte dir schon mal, dass dies meine Angelegenheit ist“, knurrte Neji. „Nur blöd, dass dabei untergeht, dass ihr euch eigentlich mögt, hab ich recht?“, erwiderte Naruto heftig. Dann starrte er Neji einen Moment an, riss die Augen auf und schließlich hob er langsam den Blick, sah in Nejis überraschtes, erschrockenes Gesicht. „Tut mir leid, ich hätte nicht so weit gehen sollen“, murmelte Naruto, „versuch mich zu verstehen, ich mache mir Sorgen um Lee und die anderen und Hinata-chan.“
 

Neji schwieg. Sein Blick schweifte die dunklen Baumkronen empor bis in den schwarzen Himmel an dem vereinzelte Sterne funkelten.
 

Es war wieder jene Nacht, sachte schwappte das Wasser gegen die Wände des kleinen Bootes. Wieder sah er ihr Lächeln, als er ihr etwas von sich preisgab. Den erschrockenen Ausdruck, der über ihr Gesicht huschte, als sie stolperte. Und dann wie er sie auffing und sie küsste.
 

Mit einem Mal überkam ihn der heftige Wunsch einfach zu ihr hin zu rennen, ihr alles zu erklären, dann würde alles wieder gut sein. Einen Moment lang keine Gedanken, keine Verantwortung, keine Todeskämpfe.
 

„Geh schlafen“, sagte Naruto abermals mit dem Versuch das Thema zu wechseln. Neji stand auf. „Es ist nur noch eine Tagesreise bis zu der Familie Nara, wird Lee das durchhalten?“ „Ich weiß nicht“, sagte Naruto, „er ist dem Tode nahe und er braucht dringend einen Arzt.“ Er fuhr sich durch das stachelige Haar, sah dann wieder Neji an. „Wenn du Sasuke Uchiha wieder begegnest, wirst du ihn dann töten?“ Neji erhob sich, strich sich den Dreck von seiner Kleidung und machte dann einen Schritt in Richtung seines Lagers. „Er war in dem Moment mein Rivale, als sich unsere Klingen kreuzten. Es gibt bestimmte Regeln, selbst bei Samurai. Wenn du dein Schwert ziehst, musst du es benutzen und es kommt zum Kampf. Für dieses eine Mal habe ich es benutzt, aber ich habe ihn nicht besiegt. Es wird einen Zeitpunkt geben, an dem wir uns erneut gegenüberstehen. Irgendwann...“ Er drehte Naruto den Rücken zu und ging, doch das Feuer spiegelte sich in seinen Augen wieder.
 

„Und dann wird einer von uns beiden sterben.“
 

~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~
 

Lang ist es her, aber ich hoffe, ihr könnt mir diese lange Wartezeit wieder einmal verzeihen. Als Wiedergutmachung ist dieses Kapitel auch nicht geteilt und mit dem längsten Kampf, den ich je geschrieben habe bestückt.
 

Was ich noch hervorheben möchte:
 

1. ... ist dieses Kapitel ohne Beta-fassung. Ihr könnt mir also ruhigen Gewissens all die Logik-, Grammatik- und Rechtschreibfehler anhängen. :)

2. ... entgegen was ihr alle gedacht habt, ist Lee nicht tot ! Ha ! Wer hätte es erwartet? Ein kleiner Hinweis ... Sasuke hat die rechte Schulter getroffen, auf der linken befindet sich das Herz. Diese Tatsache hat ihn also vor dem sofortigen Ableben bewahrt.

3. Ja... Es ist noch etwas Unerwartetes passiert. Ich hoffe ihr könnt mir verzeihen, dass ich Sasuke zum Krüppel gemacht habe. Aber ich finde, wenn man einen so starken Charakter hat, wirkt das nicht sehr realistisch, deswegen habe ich da so ein kleines Handicap eingebaut. Und mal ehrlich ... das gibt der ganzen Sache doch mehr Würze, oder?

4. ... muss ich leider mal wieder meckern. V.V Es sind jetzt nämlich 230 Favos und das letzte Kapitel mit gerade mal 35 Kommentaren hat mich dann doch etwas runtergezogen ^^° Nochmals ... es wäre nett, mir zumindest kurz die Meinung zu geigen, wenn ihr das schon lest.
 

4. ... besteht Samurai am heutigen Tag genau ein Jahr. Sprich ich habe ein Jubiläum in Sachen Schreiben. Ich möchte die Gelegenheit ergreifen mich bei meinen treuen Lesern zu bedanken, die meine Story jetzt schon so lange verfolgen.

Vielen vielen vielen Dank !!! Ihr seid super !!! *allen einen Keks gibt und Champagner eingießt*
 

Zeit für ein Review? Was war gut, was kann man besser machen?
 

1. Gigantische Veränderungen beim Schreibstil?

2. Darstellung der Charaktere?

3. Sprachlicher Ausdruck und Beschreibungen?

4. Kämpfe? - Zu lang oder nicht dynamisch genug Romantik? - zu kitschig?

4. ... Und ... oh Graus : Dialoge?
 

Kapiteltitel bedeutet *Rivale*, was auf die Zukunft und den Kampf abzieht.
 

Ich wünsche mir dieses Mal mindestens 37 Kommentare, wäre ja schön, wenn wir mal die 800 kriegen :) --> es können natürlich auch gerne viel mehr werden XD
 

hel

eure

moonlight_005

~ Kapitel 17: Shadow ~

~ Kapitel 17: Shadow ~
 

Es war kurz vor dem Morgengrauen, als Neji aus dem Schlaf schrak. Der Himmel hatte ein sanftes Hellblau angenommen und die Luft war angenehm mild. Neji blickte zum Himmel herauf und genoss die Stille. In letzter Zeit war es ganz und gar nicht still gewesen. Die ganze Hektik der letzten Tage hatte schließlich auch ihn an den Rand seiner Kraft gebracht. Die Angst war ihm langsam in die Knochen gekrochen, fast ohne dass er es bemerkt hatte. Angst nicht durchzuhalten, Angst zu verlieren und solche, mit der man dem Tod ins Auge sieht.
 

Wie lange war es her gewesen, dass er einfach seine Ruhe gehabt hatte, nachdenken konnte? Es tat gut. Langsam richtete Neji sich auf und betrachtete gedankenversunken die Umgebung, das kleine Lager, das sie notdürftig errichtet hatten. Mit den Augen folgte er den sanft geschwungenen Konturen der Bäume, ihrer Äste und der Form vereinzelter Blätter, die noch nicht verwelkt und zu Boden gefallen waren. Langsam, fast genießerisch atmete er die frische Luft ein. Etwas an dieser Situation kam ihm merkwürdig vertraut vor. Früher war er häufig so früh aufgestanden und hatte diesen einzigen Moment nur für sich gehabt. Damals... Jetzt kam es ihm beinahe wie ein anderes Leben vor.
 

Ein rasselndes Keuchen, gefolgt von scharfem Luftholen lenkte seine Aufmerksamkeit auf sich. Als Neji sich suchend umblickte, stellte er zu seinem Erstaunen fest, dass die Geräusche von Lees Lager kamen. Leise stand er auf und schlich zu dem Verletzten. Ein fast unmerkbares Lächeln stahl sich auf sein Gesicht, als er Naruto schließlich eingenickt vor dem nun nur noch glühenden Feuer entdeckte. Morgen würde er vermutlich alles abstreiten, natürlich würde er niemals einschlafen, wenn er Wache halten sollte. Natürlich nicht. Aber im Moment sah es sowieso nicht danach aus, dass sie erneut angegriffen werden könnten. Schließlich stand er vor Lee, er wusste nicht recht, wieso er sich vergewisserte. Vielleicht, weil er an Lees Stelle hätte sein können, oder einfach, weil er sich irgendwie Sorgen machte. Oder war es die Ungerechtigkeit, die Lee ereilt hatte? Neji hätte es nicht sagen können.
 

Auf einmal bäumte sich Lees Körper unter dem Schüttelfrost auf und augenblicklich spannte sich Nejis Körper an. Lees Anfall dauerte zwar nur einige Minuten, aber Neji kamen sie wie eine Ewigkeit vor. Hilflos sah er zu bis Lees Körper schließlich in sich zusammen sackte. Kurz dachte Neji Lees Finger zucken gesehen zu haben, doch er tat es als Einbildung ab. Vermutlich hatte er sich von den umherwandernden Schatten täuschen lassen. Oder...? Verunsichert sah er auf den schwerverletzten Lee. Seine Stirn vom Fieber schweißnass, der Körper geschunden und stark entkräftet. Nachdem sie Lee noch einmal so gut sie konnten untersucht hatten, hatten sie schließlich einen glatten Bruch seines Unterarmes festgestellt. Jetzt lag sein Arm straff verbunden und notdürftig mit dünnen Hölzern geschient neben seinem Körper. Undeutliche Wörter murmelnd wälzte er sich herum. - Immer noch bewusstlos.
 

„Lee?“ Schon im Moment, in dem er sprach wurde Neji bewusst, wie dünn seine Stimme klang. Er sah kurz zu Lee, konnte aber keine Veränderung feststellen. Unsicher runzelte er die Stirn. Er beobachtete angestrengt Lees Gesicht, die verkrampften Gesichtszüge, die zusammengezogenen auffälligen Augenbrauen und die gerade geschnittenen Haare. Gerade als er sich umdrehen wollte, nahm er ein Flackern von Lees Lidern wahr. „Neji?“, seine Stimme klang krächzend und spiegelte haargenau seine körperliche Verfassung wieder. „Was ist passiert? Ich spüre meinen Körper fast nicht mehr.“
 

Mit größter Anstrengung versuchte er sich aufzurichten, sackte aber dann vor Schmerzen auf sein Lager zurück. Neji zögerte, einerseits war er erleichtert, dass Lee bei Bewusstsein war, andererseits konnte das auch seinen baldigen Tod bedeuten. Ein letztes Aufbäumen seines Körpers gegen das Unvermeidliche.
 

„Sag mir, was wirklich passiert ist, Neji. Wie viele sind gefallen?“ Fast im selben Moment ereilte ihn ein heftiger Hustenanfall, sodass er sich zur Seite drehen musste. Beinahe hätte man das Blut im Schatten nicht gesehen.
 

„Sprich nicht.“ „Steht es so schlecht um mich, dass du mich vom Reden abhältst? Du brauchst mich nicht belügen, es ist nicht das erste Mal, dass ich gekämpft habe.“ Neji antwortete nicht, betrachtete nur schweigend die Silhouette des Kranken. Lee drehte den Kopf leicht zur Seite, sodass er Neji nicht ansehen musste. „Ich werde sterben, nicht wahr?“, fragte er leise. Seine Augen, noch immer nur halb geöffnet, sahen in den Himmel. „Ich weiß es nicht, Lee.“ „Hmm...“, Lee grummelte etwas Unverständliches. Wenn seine Stimme am Anfang schon schwach gewesen war, war sie jetzt so leise, dass man sich anstrengen musste ihn zu verstehen. „Eigentlich wollte ich in einem fairen Kampf sterben, um etwas zu beschützen, das mir alles bedeutet.“ Leicht erschrocken bemerkte Neji, dass eine Träne seine Wange herunter rann. „Aber letztendlich habe ich durch all das nur meinen Tod hinausgezögert, oder?“ Er lachte ein hohles Lachen, während weitere Tränen seine Gesicht herunter rannen.
 

„Du hast getan, was du tun musstest, es gibt nichts worüber man dir Vorwürfe machen könnte.“ Doch Lee unterbrach ihn: „Es gibt viel, was ich gern getan hätte und noch mehr was ich gern gewusst hätte, aber jetzt bleibt mir nicht mehr viel Zeit.“ Zitternd streckte er Neji seine Hand entgegen. „Versprich mir nur eins: Führe an meiner Stelle meinen Kampf zu ende. Wanke nicht, du bist viel stärker, als du denkst“, flüsterte er. „Ich habe es sofort bemerkt“, fügte er hinzu. Ein friedlicher Ausdruck schlich sich auf sein Gesicht, als er merkte wie Neji zögernd seine Hand ergriff, kurz zurückzuckte, da er merkte wie heiß seine Haut war. Eine sanfte Brise strich über das Lager, wirbelte an einigen Stellen Staub auf. Ein Streifen Rosa zog sich durch den morgendlichen Himmel und hier und da hörte man das Zwitschern der Vögel. Langsam schloss Lee wieder die Augen, ein wenig kippte sein Kopf zur Seite. Der Druck seiner Hand ließ nach und einen Moment später glitt sie aus Nejis. „Ich verspreche es dir.“ Ganz leise durchschnitten Nejis Worte die Stille, daher war er sich nicht sicher, ob Lee ihn gehört hatte, aber es schien, als würde dieser lächeln.
 

~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~
 

Lees Zustand hatte sich über Nacht noch einmal extrem verschlechtert. Am Morgen hatten Neji und Naruto seine Verbände gewechselt und das Erste, was sie bemerkten, war der widerliche Geruch, der von seinen Wunden ausging. Die Blutung war zwar größtenteils gestoppt, doch jetzt war die Haut um die Wunde herum merkwürdig weiß und an der Stelle, wo Tenten provisorisch die schwerwiegendste Verletzung genäht hatte, sonderte diese eitrige Flüssigkeit ab. Die unausgesprochene Gewissheit, dass Lee ohne ärztliche Behandlung in den nächsten Tagen sterben würde, lag in der Luft.
 

Es fiel ihnen an diesem Morgen schwer weiterzugehen, das Verladen des Gepäcks erwies sich als schwer und die Ausdauer, die zur Pflege der Verletzten gebraucht wurde, zerrte an den Kräften derjenigen, die den Kampf unverletzt überstanden hatten. Düstere Stille lag über der ganzen Prozession und gesprochen wurde nur, wenn es unbedingt nötig war. So dauerte es fast den ganzen Morgen, bis alle abmarschbereit waren.
 

Gegen Mittag lichtete sich der Wald und schließlich fanden sie die Straße, die sie zu ihrem Ziel führen sollte. Es war geradezu befreiend der Ödnis des immerwährenden Waldes entkommen zu sein. Im Gegensatz zu kahlen Bäumen säumten nun abgeerntete Felder beide Seiten der gepflasterten Straße. Neji führte den Zug an, während Tenten bei den Verletzten blieb. Zum einen, um sich um eben diese zu kümmern und zum anderen, um selbst unerkannt zu bleiben, falls sie jemandem begegnen würden.
 

Neji starrte auf die Straße. Sein Pferd, das wundersamer Weise noch immer im Wald gewesen war, als er nachgeschaut hatte, hielt er am Halfter. An manchen Stellen war sein Fell zwar von Blut verkrustet, doch hatte es den Angriff beinahe unbeschadet überstanden, was ein Grund dafür gewesen war, dass es nun mit allerlei Verpflegung beladen war. Nejis Augen folgten der Straße. Wie eine Schlange wand sie sich zwischen den Feldern und dem Wald hindurch, das Ende jedoch lag noch so fern, dass man nicht einmal erahnen konnte, wo der Weg schließlich sein Ziel erreichte.
 

Nach einer Weile wurde die Gegend bewohnter. Hier und da konnte man kleine Ansiedlungen von Häusern erkennen und einmal kamen sie sogar an einer kleinen Gaststätte vorbei. Es waren nicht viele Reisende unterwegs und so achtete Neji darauf, möglichst keine Aufmerksamkeit zu erregen. Da sie nun kein Regen mehr aufhielt, kamen sie auch etwas schneller voran, aber der Transport von Verpflegung und die Pflege der Kranken nahmen Zeit in Anspruch. Ob sie überhaupt ankommen würden? Nach so viel Leid und Kampf erschien es Neji beinahe als einzige Möglichkeit zu überleben. Gleichzeitig fürchtete er den Moment, an dem er abhängig war von der Güte der Naras, der sich als der einzige Ausweg zu entfalten schien. Mit einem Schwert konnte er gegen diese Macht nichts ausrichten, ein Fehler und alles wäre vorbei.
 

„Woran denkst du?“, sagte jemand neben ihm. Ein wenig in Gedanken versunken drehte Neji sich um. Als er neben sich blickte, erkannte er Hinata. Kurz sah er ihr in die Augen, dann setzte er seinen Weg fort. Ohne einen Laut folgte ihm seine Cousine, raffte ihre nun leicht schmutzigen Kleider hoch und hielt Schritt. „Ich frage mich, was uns erwartet, sollten wir scheitern“, sagte er dann. Hinata strich sich eine Strähne aus dem Gesicht und betrachtete dann die Felder um sie herum. „Du denkst immer so viel nach, Neji. Vielleicht ist es manchmal besser die Dinge auf sich zukommen zu lassen. Nicht alles ist bis ins kleinste Detail geplant.“
 

Wieder sah er sie an, suchte nach etwas Vertrautem und fand in ihren Zügen etwas, das ihn an ein Zuhause erinnerte. Ihm wurde ein bisschen leichter ums Herz und die Verantwortung schien auf einmal nicht mehr so schwer auf seinen Schultern zu lasten. „Vielleicht hast du Recht, Hinata. Ich mache mir zu viele Gedanken.“ Der Wind wehte Hinatas Haare ein wenig umher und dann fielen sie ihr elegant über die Schultern. Hinata lächelte. Schüchtern wie es in ihrer Natur lag und auch ein bisschen traurig. „Nicht immer sind solche Gedanken schlecht, Neji, ich glaube es war richtig, dass du mich in diesem Moment nicht zu Lee gehen gelassen hast. Ich hätte es nicht ertragen einen Menschen, der mir so nahe steht, so verletzt zu sehen.“
 

Neji blickte nach vorn um sie nicht ansehen zu müssen. Irgendwie brachte er es nicht übers Herz ihr zu sagen, dass Lee nicht schwerkrank war, sondern zwischen Leben und Tod schwebte... „Er wird leben, Hinata“, sagte er stattdessen, aber er wich ihrem Blick aus.

„Ich bete dafür“, antwortete sie.
 

Es wurde Mittag und noch immer konnte Neji nichts anderes als flaches Land ausmachen. So weit das Auge reichte, erstreckten sich Wiesen und Felder und die endlose Straße, die der einzige Wegweiser ihres Zieles war. Die grelle Sonne stach in Nejis Augen und er blinzelte ins Licht. Die Luft flimmerte ein bisschen von der hohen Luftfeuchtigkeit, aber Neji sah sie trotzdem. Eine Gruppe Reisender näherte sich von Westen und so wie es aussah, würden sie sich an der nächsten Kreuzung treffen. Aus der Ferne schätzte er sie auf eine Gruppe von höchstens zehn Personen. Kurz sah er sich um, entschied aber, dass es das Beste war, weiterhin unerkannt zu bleiben. Er musste wachsam sein.
 

Es dauerte nicht lange und sie erreichten die Weggabelung. Jetzt konnte Neji sie deutlicher erkennen. Es waren keine Soldaten, aber auch keine Bauern. Händler? Unwahrscheinlich. Sie trugen allesamt schlichte Kleidung und schienen auch nicht besonders viel Gepäck zu haben. Für Händler zu wenig, für Bauern oder Diebe zu viel. Manche ritten ein Pferd, während andere ihr weniges Gepäck auf den Rücken eines Esels befestigt hatten. Außerdem hatten alle keine Waffen bei sich, das musste heißen, dass sie entweder verborgene bei sich trugen oder aber hier keinerlei Angriff fürchten mussten. Sie unterhielten sich lebhaft und so war es kaum verwunderlich, dass eine lustige, aufbruchsartige Stimmung in der Luft lag. Es konnte wohl keinen größeren Unterschied zwischen ihnen und den Fremden geben, fand Neji. Beinahe schienen sie so, als erwarteten sie in kurzer Zeit an ihrem Ziel anzukommen.
 

Ein hochgewachsener Mann trat aus der Menge auf ihn zu. Der Fremde trug ein sandfarbenes Hemd und eine dichte Leinenhose. Er hatte kurze schwarze Haare, die widerspenstig abstanden und trug seinen Kinnbart kurz und gepflegt. Auf dem Rücken hatte er einen Lederbeutel geschultert. „Wohin des Weges?“, fragte er. Neji beschloss weiterhin Vorsicht walten zu lassen und antwortete: „Mal hier mal dort. Wir sind Händler.“
 

Der Fremde runzelte die Stirn und Neji bemerkte wie sein Blick auf den Bogen und das Schwert fiel. „Seit wann tragen Händler Waffen bei sich?“ Aufmerksam beobachtete der Mann Nejis Mimik. „Man kann nicht vorsichtig genug sein“, wich er aus. „Ihr sprecht so, als hättet ihr bereits Erfahrungen gemacht.“ Sein Blick fiel auf den Verband an Nejis Arm. „Wir hatten einige Schwierigkeiten...“, sagte er sacht, aber bestimmt. „Das glaube ich gern. Die Zeit ist voll von Schwierigkeiten. Erst letzte Woche haben die Rebellen die Vorräte eines ganzen Dorfes geraubt.“ Neji horchte auf. „Was?!“ Fragend sah ihn der Fremde an „Habt ihr nicht davon gehört? Es ist fast ein Wunder, dass niemand bei dem nachfolgenden Feuer umgekommen ist.“ Nejis Augen funkelten und die Wut packte ihn mit einer solchen Wucht, dass er glaubte unter ihr erstickt zu werden. Ohne dass er es mitbekam, ballte er seine Hände zu Fäusten.
 

Überrascht sah ihn der Mann an. „Ihr wirkt so, als wäret Ihr den Rebellen schon begegnet, dabei seid Ihr noch so jung.“ „Ja. Ich bin ihnen begegnet“, sagte Neji. Mehr nicht und der Mann verstand und fragte nicht weiter nach. Nachdem sie schließlich eine Weile stillschweigend nebeneinander gestanden hatten, sagte er: „Die Wunden, die die Vergangenheit in uns geschlagen haben, mögen wir nicht mehr ändern zu können, aber alles was vor uns liegt, ist greifbar.“ Ein Lächeln schlich sich auf Nejis Gesicht und kaum merklich entspannte er sich. „Ihr seid sehr weise. Was macht jemand wie Ihr hier im Nirgendwo?“
 

Ein listiges Funkeln schlich sich in die Augen des Fremden: „Mein Name ist Asuma Sarutobi. Wir sind im Auftrag von Shikaku Nara unterwegs und befinden auf dem Rückweg zum Anwesen der Naras. Wollt Ihr uns nicht ein Stück begleiten Samurai?“
 

~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~
 

Die weitere Reise erschien Neji im Vergleich zu dem vorherigen Wegstück um ein Vielfaches einfacher und unkomplizierter. Durch Asumas freundliches Angebot konnten sie sich einfach unter die Gesandtschaft mischen und es erscheinen lassen, als gehörten sie alle zusammen. Die Verletzten waren in dieser Masse ebenfalls größtenteils verborgen, sodass eventuelle Weggefährten nicht auf sie aufmerksam werden konnten.
 

Der ältere Mann hatte mit irgendeiner Art Nejis Vertrauen geweckt, was bei ihm relativ selten vorkam. Doch trotzdem war da immer noch ein Teil von ihm, der weiterhin skeptisch war und ihn dazu brachte dem neuen Weggefährten immer wieder verunsicherte Blicke zuzuwerfen. Doch Asuma schien nichts davon zu merken. Im Gegenteil: Fast lässig führte er sein Pferd neben Neji her und zog ab und an mal an seiner Pfeife. Neji wandte sich wieder dem übrigen Geschehen zu. Es herrschte eine für ihn fast unerträgliche Lautstärke, Wagen scharten über den Stein, irgendwoher konnte er wüste Beschimpfungen hören. Die Menschen redeten furchtbar durcheinander, was eine so plötzliche Veränderung nach einem Todeskampf war, dass er sich unwillkürlich zwingen musste, unnötige Geräusche auszublenden.
 

Unauffällig beobachtete er Tenten und Hinata, die in einer Art übereinkommenden Stillschweigens nebeneinander hergingen. In beiden Gesichtern konnte er tiefe Erschöpfung ablesen und auch er selbst merkte jetzt immer deutlicher, dass er am Rande seiner Kräfte stand.
 

„Was ist?“, fragte Asuma, noch immer dieses undefinierbare Lächeln im Gesicht. Neji zuckte zusammen. Es war kein gutes Zeichen, dass er nicht mitbekommen hatte, wie der Mann ihn beobachtet hatte.
 

Sein Herz raste, während seine Hand reflexartig zu seiner Waffe geschnellt war. Asuma nahm die Zigarette aus seinem Mund und betrachtete ihn nachdenklich. „Du bist seltsam“, stellte er dann fest. „Du bist eigentlich im genau richtigen Alter eines Samurai. Die Ausbildung abgeschlossen und so weiter, aber dennoch ... wirkst du unerfahren.“ Neji antwortete nicht, sondern starrte nur vor sich hin. „Und trotzdem scheinst du zu wissen, was du tust“, fuhr Asuma fort, „warum bist du dann so nervös?“ Neji drehte ein wenig den Kopf in seine Richtung. „Ist es nicht gut für einen Samurai, dass man nicht genau weiß, was er denkt?“
 

In Asumas dunklen Augen blitzte so etwas wie Interesse auf. Er schmunzelte. „Anscheinend ist zumindest deine Denkweise die eines Samurai.“ „Denken ist etwas, das im Inneren stattfindet, man hat mir beigebracht das Handeln an die erste Stelle zu setzen.“ „Du wirst noch genug Gelegenheiten haben dies zu zeigen, glaub mir.“
 

„Asuma-San!“ Neji und Asuma drehten sich um und sahen einen bärtigen Mann auf sich zukommen, der eine genervte Miene aufgesetzt hatte. Asuma zog an der Leine und brachte sein Pferd zum Stehen. „Was ist los, Hiroshi?“ Der Mann namens Hiroshi spannte verärgert seine Muskeln an. „Seht selbst!“ Gestikulierend deutete Hiroshi auf eine Wiese abseits der Straße. Nejis und Asumas Blick folgten der Richtungsvorgabe.
 

An einen Stein gelehnt, dessen Schatten er ausnutzte, saß ein junger Mann die Arme hinter dem Kopf verschränkt. Die Haare hatte er am Hinterkopf zusammengeknotet. Dazu trug er größtenteils unauffällige Kleidung in Naturtönen. Doch trotz der Tatsache, dass er schlief, konnte man deutlich den gelangweilten Ausdruck in seinen Zügen erkennen. Anscheinend hatte er nicht vor sich noch einmal zu erheben. Im ersten Moment hatte Neji wirklich das Gefühl, dass er nicht schlafe, sondern sich dort mitten im Nirgendwo einfach zum Sterben niedergelegt hätte.
 

Asuma stieß einen Seufzer aus, der wohl aus tiefstem Herzen zu kommen schien. „Nicht schon wieder...“, murmelte er. „Shikamaru!“ Er ließ sowohl Neji, als auch Hiroshi stehen und machte sich auf den Weg zu dem Unruhestifter, der nicht mal mit der Wimper gezuckt hatte, als er gerufen wurde. So gebieterisch wie möglich marschierte Asuma mit furchteinflößend genervter Miene zu dem Jungen namens Shikamaru.
 

Ohne, dass Neji es bemerkt hatte, war auch Hiroshi plötzlich verschwunden und in der Menge untergetaucht. War er etwa an Zwischenfälle dieser Art gewöhnt und hatte sich aus dem Staub gemacht? Um ehrlich zu sich selbst zu sein, fühlte sich Neji ein klein wenig übergangen. Die hatten ihn doch schlicht und einfach stehen gelassen!
 

Währenddessen hatte sich Asuma breitbeinig vor Shikamaru aufgebaut. Die Hände an die Hüften gelegt funkelte er wütend den unter ihm schlafenden jungen Mann an. „Shikamaru, ich warne dich ...“ Es gab keinerlei Reaktion und mit dem Ausdruck in den Augen ein ungehorsames Kind zu bestrafen, packte Asuma ihn mit einer ruckartigen Bewegung am Kragen und rüttelte ihn ungeachtet seines Schlafes kräftig durch. Abrupt aus seinen Träumen gerissen, öffnete der Junge halb sein linkes Auge, klappte es aber gleich wieder zu, als er Asumas wütenden Gesichtsausdruck sah. „Jetzt reicht‘s!“, knurrte dieser. „Das ist jetzt schon die fünfte Verzögerung, die ich deinetwegen erdulden muss! Und tu ja nicht so, als würdest du schlafen, ich habe ganz genau gesehen wie du geblinzelt hast!“ Es folgte ein Brummen seitens Shikamaru, das verdächtig nach etwas Abwertendem klang.
 

Asuma hatte sich in der Zwischenzeit zumindest teilweise wieder beruhigt und beschränkte sich nun damit auf Shikamaru einzureden. „Ist ja schon gut“, unterbrach ihn der jüngere mitten in seinen Argumenten. „Ich komme ja mit“, sagte er genervt. Einen Moment sah ihn Asuma abschätzend an, dann seufzte er: „Was zum Teufel hat dich nun schon wieder dazu bewogen ein Mittagschläfchen halten zu wollen?“ Shikamaru klopfte sich den Staub ab. „Ich wollte eine Pause machen und mir ein bisschen die Zeit vertreiben“, sagte er monoton, zeigte allerdings keine Anzeichen von Reue wegen seines Mangels an Durchhaltevermögen. Asuma blieb skeptisch: „Nachdem du uns bereits vier Mal aufgehalten hast?“ „Ich wollte von Anfang an nicht mitkommen“, brummte er. Darauf wusste selbst Asuma nichts mehr zu sagen.
 

Unbemerkt war nun auch Neji hinzugetreten. „Asuma-San, können wir jetzt weitergehen? Ich habe keine Zeit mich mit kindischen Spielereien aufzuhalten.“ Asuma richtete sich auf. „Natürlich. Wir müssten sowieso sofort ankommen, es kann sich nur noch um eine kurze Zeitspanne handeln.“ „Dann kann ich ja nachkommen“, warf Shikamaru ein, was ihm einen strafenden Blick seitens Asuma einbrachte. „Du kommst mit ...“ Widerwillig rappelte sich der Braunhaarige auf, klopfte sich den Staub von den Kleidern und gähnte ausgiebig. „Nie hat man seine Ruhe“, grummelte er und marschierte auf die Gruppe zu.
 

„Ist der immer so?“, wandte sich Neji an Asuma. Dieser hatte schon die zweite Zigarette ausgepackt und steckte sie sich nachdenklich an. Dann sah er aus, als würde er in Erinnerungen schwelgen, lächelte versonnen und meinte: „Eigentlich ist er sonst sogar noch schlimmer. Ein Wunder, dass er sich gleich beim zweiten Versuch aufgerafft hat.“ „Warum bringt Ihr ihm dann keine Manieren bei?“ Asuma schien sich die Antwort zu überlegen. „Das ist ein Ding der Unmöglichkeit“, sagte er dann und dabei beließ er es.
 

Neji folgte Asuma nicht. Er wusste nicht, was es war, aber irgendetwas hielt ihn davon ab. Vielleicht war es die Tatsache, dass etwas so Normales wie ein aufsässiger junger Mann sie aufgehalten hatte. Oder war es Shikamarus Art vollkommen lustlos zu sein, die das pure Gegenteil seiner stahlharten Disziplin zu sein schien? Stumm ging er mitten in der Menge. Der Vorfall hatte ihn nachdenklich gemacht.
 

Er bemerkte eine Bewegung hinter sich und als er sich umdrehte sah er Naruto, der zu ihm aufgeschlossen hatte. „Was sind das für Leute, Neji?“ „Sie behaupten, sie seien ebenso wie wir auf dem Weg zum Anwesen der Naras.“ Flüchtig ließ Naruto seinen Blick über Nejis Gesicht gleiten. „Ich bin mir nicht sicher, ob wir ihnen vertrauen können, was denkst du?“ Neji zögerte. „Ich weiß nicht genau ...“ „Das heißt dann, dass du ihnen nicht misstraust, dir aber auch nicht sicher bist?“ Er zuckte zusammen. Naruto hatte ihn genauer durchschaut, als ihm lieb war. „Wir können niemanden trauen, Neji, vergiss das nicht.“ „Ich weiß.“
 

Beide gingen wortlos nebeneinander her. Was Neji wunderte, denn Naruto war normalerweise niemand, der besonders wortkarg war. Aber anscheinend hatte die Anspannung und ansteigende Furcht auch bei ihm Eindruck hinterlassen – oder, und das fragte er sich nun schon eine ganze Weile lang, gab es bei Naruto eine Seite, die niemand kannte?
 

Neji blickte auf. Er konnte das Ende der Straße erkennen. Durch die karge Landschaft konnte er ungehindert ein bis zwei Kilometer weit sehen. Und am Ende der Straße befand sich ein Anwesen gigantischen Ausmaßes. Fast wirkte es wie eine kleine Stadt, denn die umliegenden Gebäude waren rund herum um das Hauptgebäude erbaut worden. Dicht an dicht gedrängt wirkten sie wie ein natürlicher Schutz, da man erst durch verwinkelte Gassen und Straßen das Hauptgebäude erreichen konnte. Das Anwesen selbst hatte man mit derzeitiger höchster Baukunst geschaffen. Das Dach, das um die zwanzig Meter hoch liegen musste, war mit goldgelben Dachpfannen bestückt, die das Dach in einem sanften Bogen zu einer harmonischen Form verhalfen. Das Haus war ganz aus Holz und hatte mehrere Balkone und Terrassen. Neji spürte, wie sich die Laune der Menschen um sich herum anstieg. Sie hatten endlich ihr Ziel erreicht.
 

Naruto hatte einen grimmigen Ausdruck aufgesetzt, verschränkte die Arme und fixierte das hochragende Gebäude am Ende ihres Weges. Er wandte sich an Neji: „Nur, weil die Bestie schläft, wenn du ihren Käfig betrittst, heißt das nicht, dass sie plötzlich nicht mehr da ist.“
 

Neji drehte den Kopf herum und für einen Moment schien er die Geräusche um sich herum nicht mehr wahrzunehmen: „Du irrst dich, Naruto, ich werde nicht blind in mein Verderben laufen. Diesmal nicht.“
 

~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~
 

Von Nahem wirkte das Gebäude noch mächtiger. Schon die Häuser ringsherum in denen Familien, Arbeiter und Bedienstete der Familie Nara lebten, waren gewaltig, doch das Hauptgebäude war beinahe so groß wie der Palast in Konoha - Gakure. Nebenan hatte man einen traditionellen japanischen Steingarten arrangiert, der sowohl Schlichtheit, aber auch Klugheit und Macht verdeutlichte. Tenten musste gestehen, dass ihr der Anblick ein wenig den Mut nahm. Noch nie war sie so völlig auf sich gestellt gewesen, wie jetzt. Das einzig Positive war gewesen, dass Ino endlich erwacht war, wenn auch angeschlagen und mit einem blauen Fleck auf der linken Wange, dort wo er sie geschlagen hatte. Sie fühlte sich niedergeschlagen, erschöpft und vor allem nervös. Sie wusste nicht, wem sie trauen konnte – Asuma Sarutobi schien zwar eine gewisse Macht zu besitzen, auf welcher Seite er stand, wusste sie jedoch nicht. Es war klar, dass sie vorsichtig sein musste – sehr vorsichtig. Wenn sie versagte, wer würde Konoha-Gakure dann zu Hilfe eilen?
 

Dies alles ging ihr durch den Kopf, als sie unter dem hölzernen Tor hindurchging. Hinein eine Welt voller Ungewissheit und Geheimnisse. Nichts ahnend, was passieren würde.
 

Tenten betrachtete die Menschen um sich herum. Menschen, unter denen sie nicht als das erkannt wurde, was sie war, wo man sie zum ersten Mal als die verstand, die sie war. Und doch, war es doch nichts weiter als eine weitere Maske, die sie sich aufgelegt hatte.
 

Sie atmete tief durch, nahm eine aufrechte Haltung ein und schritt entschlossen auf Asuma zu. Tenten bemerkte, wie Hinata ihr einen fragenden Blick zuwarf, aber sie achtete nicht darauf. Vor Asuma blieb sie stehen. Er sah sie eine Weile verblüfft an – natürlich, er wusste nicht, wer sie war – und runzelte dann die Stirn. „Asuma Sarutobi“, begann Tenten. „Ja? Wie kann ich Euch helfen?“ Die dunklen Augen nahmen einen fragenden Ausdruck an. Tenten richtete den Blick direkt in seine Augen. „Ich bin Tenten, Tochter Mao-Chéngs, dem Fürsten von Konoha und ich wünsche eine Audienz bei Shikaku Nara.“
 

„Was?“ Seine ruhige Miene verblasste und machte Ungläubigkeit Platz. Seine Höflichkeit schwang in neugieriges Interesse um, das er zwar zu verbergen versuchte, das ihm aber nicht recht gelang. Asuma blickte sie an, als würde er irgendetwas suchen, seine eben noch gelassene Miene spiegelte nun einen etwas überrumpelten, vorsichtigen Ausdruck wieder. Sein Blick schnellte kurz über die Menge und blieb an Neji hängen. „Jetzt verstehe ich“, begann er langsam, „ich bringe Euch zu Shikaku Nara. Folgt mir.“
 

Tenten zögerte, sie konnte sich nicht ohne Schutz hineinbegeben. „Ich möchte Euch bitten mir zu erlauben ein oder zwei vertrauenswürdige Männer zur Verfügung zu stellen.“ Asuma ruckte mit dem Kopf. „Haltet Ihr uns nicht für vertrauenswürdig, Tenten-Hime?“ „Man kann nicht vorsichtig genug sein, Asuma-San.“ „Wollt ihr mir damit irgendetwas sagen?“ Asuma war stehengeblieben und betrachtete sie nun mit offenem Interesse. Tenten stoppte abrupt. „Ich ...“ „Ich begleite Euch, Tenten-Hime.“ „Neji-San...“ „Dann wäre das also geklärt“, sagte Asuma zufrieden. Tenten warf Neji noch einen flüchtigen Blick zu, beeilte sich dann aber mit Asuma Schritt zu halten, der schon fast das riesige Gebäude erreicht hatte. Sie kamen an mehreren Wachen vorbei, aber keiner hielt sie auf ihrem Weg auf.
 

Auf halber Strecke holte Shikamaru sie ein. Was merkwürdig war, denn ein gewöhnlicher Diener durfte normalerweise nicht bei wichtigen Besprechungen dabei sein. Vielleicht arbeitete er irgendwo im Gebäude.
 

Sie gingen durch eine Allee von Sakurabäumen, die alle Blätter verloren hatten und deren Äste und wettergegerbte Rinde man ungehindert betrachten konnte. Inmitten der Pracht und des Reichtums war dies ein merkwürdiger Anblick. Sie vermittelten ein Gefühl des Verlustes.
 

Asuma blieb stehen und sprach mit zwei Soldaten, die den Eingang des Hauses zu beiden Seiten absicherten. Tenten verlangsamte ihren Schritt ebenfalls und Neji hielt sich dezent im Hintergrund. „Ihr müsst nun Eure Waffen ablegen, es ist ein Zeichen des gegenseitigen Respekts und des Vertrauens“, drang Asuma Stimme gedämpft an Tentens Ohr, als dieser sich Neji zugewandt hatte. Neji zögerte zuerst, bevor er schließlich Bogen und Schwert in die Hände der Soldaten gab. Sie streiften ihre Getas, ihre Holzsandalen ab, dann traten beide Männer zur Seite und sie konnten hindurch gehen.
 

Ihre in Strümpfe gehüllten Füße berührten eine glatte Holzterrasse, sodass sie beinahe hinüber gleiten konnte. Doch beim Auftreten erfüllte ein merkwürdiges Geräusch die Luft. Es war kein Quietschen, aber auch keine richtige Musik. Tenten hatte nie etwas Vergleichbares gehört und so zuckte sie überrascht zusammen. „Was ist das, Asuma-San?“ Asuma deutete eine Verbeugung an. „Diese Holzebene wird Nachtigallenboden genannt. Geht man herüber wird dieses Geräusch erzeugt, dass Ihr soeben selbst vernommen habt. Es heißt, dieser Boden singt, wenn man herüber geht. Immer, wenn man herüber geht. Niemand kann darüber gehen, ohne ein Geräusch zu verursachen.“ Tenten war verwirrt: „Aber warum braucht Nara-San solch einen Boden?“ Asuma lächelte: „Nun es amüsiert ihn, wenn er früh morgens darüber geht und das Holz unter sich singen hört. Zudem hält es Eindringlinge fern, denn diese würde man sofort hören, sollte jemand wagen darüber zu gehen. Dies ist der einzige Weg ins Gebäude. Aber nun kommt. Shikaku Nara erwartet Euch bereits, ich habe einen Boten vorgeschickt.“
 

Schweigend gingen sie weiter durch das Gebäude, das überraschenderweise ziemlich schlicht gehalten war, was man auf den ersten Blick gar nicht vermutete, wenn man es zuvor von außen in all seiner Pracht gesehen hatte. Die Gänge waren aus blank gewienerten Holz und angrenzende Räume wurden durch Trenntüren abgegrenzt. Nachdem sie die Treppe zum zweiten Stock hochgegangen hatten, kamen sie schließlich an einer Schiebetür an, die reicher verziert war als die anderen im Haus.
 

„Shikaku erwartet Euch, ich werde Euch nun ankündigen.“ Er legte eine Hand an die Tür und machte Anstalten sie aufzuschieben. „Wartet, Asuma-San. Woher, wusstet Ihr, dass ich tatsächlich die Tochter Mao-Chéngs bin, ich habe Euch meine Identität nicht eindeutig bewiesen.“ Asuma hielt inne. „Aus dem gleichen Grund, aus dem ich erkannt habe, dass Euer Begleiter ein Samurai ist, obwohl er versuchte dies zu verbergen: Ich habe Euch in die Augen gesehen und an Eurem Blick erkannt, wer Ihr seid.“ Insgeheim hielt Tenten das für eine reichlich merkwürdige Erklärung, aber sie wagte auch nicht weiter nachzubohren.
 

Tenten merkte, wie Neji unmerklich zusammengezuckte und Asuma mit fragenden Blick durchbohrte, aber ihr blieb keine Zeit weiter darüber nachzudenken, denn ihr Führer hatte nun die Tür vollends aufgeschoben und trat in den mit Tatamimatten ausgelegten Raum. An einer Wand hing ein auf feinem Papier geschriebenes Gedicht, das mit schwungvollen Pinselstrichen den Raum zu einer einzigartigen schlichten Schönheit aufblühen ließ. Aber Tenten erhaschte nur einen kurzen Blick und konnte daher nicht schnell genug lesen, was die Kalligraphie beschrieb.
 

Im hinteren Teil des Raumes kniete ein Mann. Im Gegensatz zu seinen Ergebenen trug er merklich prächtige Gewänder, wenngleich sie in gewisser Weise noch immer schlicht waren. Aber Tenten ließ sich nicht täuschen, der Kimono, den er trug war gewissenhaft und meisterlich angefertigt, hier und da von Goldfäden durchwirkt. Mit viel Detailliebe waren verschiedene Muster hineingearbeitet, die Tenten als Göttergestalten wiedererkannte. Im Großen und Ganzen verlieh die prächtige Kleidung seinem Träger die genau richtige Mischung zwischen Eleganz, Macht und praktischer Entscheidungsfreude. Das Gesicht des Mannes war ernst und dann wieder völlig gelassen. Es waren so viele Widersprüchlichkeiten darin verwoben, dass Tenten verwirrt blinzelte. Über eine Gesichtshälfte prangte eine gerade Narbe, die von vergangenen Auseinandersetzungen kündete. Die Haare hatte er provisorisch zusammengebunden, was sie allerdings nicht davon abhielt trotzdem in verschiedene Richtungen abzustehen. Er hatte dunkle kluge Augen, die in diesem Moment eine Teetasse mit dampfender Flüssigkeit betrachteten.
 

Tenten holte merklich Atem. Shikaku Nara sah auf und fixierte sie mit durchdringendem Blick, der seine Autorität nur noch unterstrich. Ohne dass sie es bemerkte, waren sowohl Asuma und Neji eingetreten. Sie selbst stand plötzlich mitten im Raum, was sie gar nicht so richtig mitbekommen hatte.
 

„Ich habe Euch bereits erwartet, Tenten-Hime.“ Er hatte eine dunkle Stimme, die das ganze kleine Zimmer ausfüllte, in dem sie sich befanden. Tenten senkte ein wenig die Lider, öffnete dann ihre Augen und deutete ein Lächeln an. „Setzt Euch.“ Elegant ließ Tenten sich ihm gegenüber auf ein Sitzkissen sinken. Asuma setzte ein kleines Stück entfernt neben seinen Herren, während Neji sich in gebührenden Abstand schräg hinter sie setzte. Allerdings so, dass er zu Shikaku Nara eine entsprechende Entfernung einhielt. Die Sitzordnung machte deutlich ihre Rangordnung sichtbar. Während Shikaku Nara und Tenten sich ebenbürtig waren, hielten sich Neji und Asuma im Hintergrund, was ihren niederen Stand verdeutlichte. Würde es jemals einen Moment geben, wo sich Neji ihr gleichwertig fühlen würde? Bitter erkannte sie die Wahrheit. Es würde niemals geschehen, er hatte es selbst gesagt. Er würde sein Leben für sie einsetzen, ihr dienen bis zu seinem Tod, aber nicht aus seinem eigenen Antrieb heraus. Neji würde es als ihr Diener tun ...
 

„Nun?“ Shikaku Nara nippte an seinem Tee. „Was führt Euch zu mir?“ Tenten schreckte aus ihren Gedanken. „Mein Vater hat mich beauftragt Euch um Hilfe zu bitten. Er hat mir das hier für Euch mitgegeben.“ Tenten griff in ihren Kimono, holte eine aus schwerem Papier bestehende zusammengebundene Schriftrolle heraus und reichte sie Shikaku Nara. Es war ein wahrer Segen, dass sie das Papier nicht unterwegs verloren hatten, denn sonst wären ihre Chancen gleich Null gewesen.
 

Dieser nahm sie entgegen und rollte sie auseinander. Schnell huschten seine Augen über das Pergament. Die Zeit schien endlos zu verstreichen, bis er sich ihr wieder zuwandte: „Es ist echt, ich kenne die Unterschrift des Fürsten. Mao-Chéng bittet mich um Hilfe in seinem Krieg gegen die Rebellen.“ Tenten fühlte sich angesprochen noch etwas zu sagen und so erwiderte sie: „Mein Vater braucht Unterstützung, sonst wird ganz Konoha untergehen. Wir brauchen Verbündete!“
 

„Warum sollte ich Euch helfen? Hier herrscht Frieden, ich dulde auf meinem Land keine Gewalt.“ „Ihr seid ein Freund meines Vaters, nie hat Konoha-gakure Euch im Stich gelassen!“ „Ich schicke meine Männer nicht in den sicheren Tod!“ Sie verstummte. Eine Weile sagte keiner ein Wort.
 

„Ihr habt die Worte meines Vaters gelesen Nara-San, die Rebellen sind mächtig und über die Zeit hinweg werden sie mehr und mehr Einfluss beim Volk erhalten, ihre Zahl steigt, während die Armee meines Vaters immer mehr Soldaten durch ihre Angriffe verliert. Es entsteht eine Verschiebung des Kräftegleichgewichts. Bleiben wir in Konoha-Gakure, wird die Armee der Rebellen irgendwann groß genug sein uns anzugreifen, teilen wir die Armee, ist Konoha ungeschützt. Die ausgeschickte Streitmacht wird vielleicht nicht ausreichen um die Rebellen zu vernichten, wenn sie nicht schon auf der Suche scheitert. Wir haben bald Winter ... Deshalb suchten wir einen Ausweg ... und wir fanden einen...“
 

„Ihr wollt meine Streitkraft der Euren hinzufügen, um so weiterhin zahlenmäßig überlegen sein?“, brach er sein Schweigen. „Aber hier haben wir nichts zu befürchten. Mein Anwesen ist kein Dorf oder Stadt, sie werden es nicht angreifen.“
 

Tentens Stimme war beängstigend leise, als sie erneut sprach: „Hier seid Ihr auf Dauer auch nicht in Sicherheit, die Rebellen sind Euch näher als Ihr ahnt.“ Shikakus Blick nahm an Schärfe zu, während er das Papier behutsam auf den Boden gelegt hatte. „Was meint Ihr damit?“ Tenten blickte schnell zu Neji, der bis dahin ausdruckslos zugehört hatte. Er nickte unmerklich. „Wir ... wir sind ihnen begegnet. Sie haben uns angegriffen, deshalb ist die Hälfte meiner Eskorte“, betonte sie, „entweder tot, oder schwer verletzt.“ Die Braunhaarige meinte ein kurzes Flackern in Shikakus Augen wahrzunehmen. „Wie seid Ihr dann entkommen?“ Zögernd blickte Tenten zu Neji. Asuma, der sie die ganze Zeit über beobachtet hatte, zog eine Augenbraue hoch. Schließlich wurde sich auch Shikaku Nara über Nejis Anwesenheit bewusst. „Sprich Samurai.“
 

„Ich habe mit ihm gekämpft, als die Rebellen uns in einen Hinterhalt gelockt haben“, sagte Neji langsam. Ruhig wie es seine Art war, ließ er sich nicht hetzen. „Ich habe mit Sasuke Uchiha gekämpft, der das Kommando hatte, und bin beinahe umgekommen.“ Shikaku Nara und Asuma nahmen flüchtig seine Verletzungen wahr. „Fahr fort.“ „Ich hatte Glück, für einen kurzen Moment war er abgelenkt. Ich habe ihm den Arm abgeschlagen, danach sind die Rebellen geflohen.“
 

Asuma und Shikaku Nara tauschten einen Blick. „In der Vergangenheit ist es niemanden gelungen ihn ernsthaft zu verletzten. Es kamen Gerüchte auf, der Verräter sei unverwundbar. Wie kommt es, dass du es geschafft hast? Welcher Samurai-Familie gehörst du an?“ Neji wirkte überrumpelt. „Ich gehöre keiner Familie an.“ Fragende Blicke lagen auf Neji. „Ich bin niemand, dem alles in den Schoß gefallen ist. Etwas, was ich Euch bieten könnte habe ich nicht, ich habe auch kein Recht Euch um etwas zu bitten, Nara-Sama, aber ich stimme Tenten-Hime zu, es muss etwas geschehen, deshalb sind wir in der Hoffnung gekommen, Hilfe zu erhalten. Sowohl für unsere Verletzen, als auch für unser Land.“ Neji schwieg. Sowohl Asuma, Shikaku Nara, als auch Tenten blickten ihn an – und sagten kein Wort.
 

Shikaku Nara durchbrach die Stille: „Vorerst werdet Ihr hier bleiben, Ihr seid meine Gäste und selbstverständlich wird sich jemand um Eure Verletzen kümmern...“ Asuma verneigte sich leicht „Ich werde sofort entsprechende Maßnahmen ergreifen.“ Doch Tenten dachte nicht im Traum daran, diese Gelegenheit zu verspielen. „Morgen ist es vielleicht schon zu spät, Rock Lee schwebt in Lebensgefahr!“, unterbrach ihn Tenten. Shikamaru Nara ließ sich nicht erschüttern: „Wir werden alle notwendigen Maßnahmen treffen, in der Zwischenzeit werde ich eine Entscheidung treffen“, fuhr er fort.
 

~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~
 

Der Boden fühlte sich kalt an. Kleine Füße tappten vorsichtig den Gang entlang. Es war so finster, dass er sich an den Wänden entlang tasten musste. Die kleinen Finger versteiften sich in einer Lücke in der Wand, als er Stimmen hörte. Eine gedämpfte Diskussion wurde laut. Der kleine Junge ging weiter und hielt an einer Tür, durch die sanft Licht sickerte. Er schob leise die Tür auf und erspähte zwei Männer, die sich im Schein flackernden Feuers gegenüberstanden.
 

„Hizashi, das kannst du nicht tun, sie werden dich töten.“ Der kleine Junge blinzelte durch den Spalt. Beide Männer glichen sich bis auf feinste Unterschiede bis aufs Haar. Sie waren Zwillinge. Einer von beiden begann nervös im Raum umherzulaufen. Nach einer Ewigkeit hielt der Angesprochene plötzlich inne. Gedankenverloren runzelte er die von Sorgen gebeugte Stirn. „Es gibt keine andere Möglichkeit, Bruder, sie haben mich gezeichnet. Orochimaru wird mich jagen.“ Hiashis Miene nahm Verzweiflung an. „Ja, er wird dich jagen, aber wir sind stark, du hast Verbündete, Hizashi, wir werden dich verstecken.“ Hizashi fuhr so schnell herum, dass der kleine Lauscher augenblicklich erschrak und sich vor die Tür kauerte. „Mein Leben lang, bin ich weggelaufen. Du weißt genau, dass mir keine Wahl bleibt.“ Seine Stimme war so eisig, dass sein älterer Bruder ein paar Schritte zurückwich. „Was wird aus Neji? Willst du deinen Sohn schutzlos zurücklassen? Er hat schon seine Mutter verloren.“
 

Auf dieses Argument schien Hizashi zunächst keine Antwort zu finden. Er senkte den Blick und betrachtete das Schwert, dass er an seiner Seite trug. Dann sagte er: „Neji ist stark, er wird seinen Weg finden. Kümmere du dich um ihn. Sei ihm der Vater, der ich nicht sein kann.“
 

Etwas verkrampfte sich in dem kleinen Jungen, eine dunkle Vorwarnung, die sich tief in sein Herz bohrte und ihm die Tränen in die Augen trieb, ergriff von ihm Besitz, obwohl er nicht genau verstand, worüber die beiden Männer redeten. Hiashi trat hinter seinen Bruder und legte ihm eine Hand auf die Schulter. Er sagte nichts, nur in seinen Augen spiegelte sich unendliche Trauer. „Lass mich gehen, Bruder, ich versuche euch alle zu schützen“, sagte Hizashi leise. Immer noch erwiderte sein Bruder nichts. „Es tut mir leid, Hiashi, ich werde sterben.“
 

Vor der Tür sackte der kleine Junge zusammen. Tränen rannen ihm übers Gesicht, als er seinen Vater ansah. Er war fünf Jahre alt.
 


 

Schweißgebadet schrak Neji aus dem Schlaf. Sein Herz hämmerte so stark, dass es eine Ewigkeit zu dauern schien, bis er sich wieder beruhigt hatte. Eine Weile blieb er auf dem Futon liegen, das man ihm zugeteilt hatte und ließ die Bilder, die ihm vor seinen Augen aufflackerten nachwirken. Noch immer atmete er schnell und kurz war er orientierungslos. Was war das für ein Traum? Er wirkte so echt, dass es ihm Angst machte. Was war nur los mit ihm? Neji wurde schwindelig und er musste die Augen schließen, um bei klarem Verstand zu bleiben. Kein Grund zur Panik, er hatte nur geträumt. Ein Traum nichts weiter...
 

Langsam öffnete er die Augen und richtete sich in einer fließenden Bewegung auf. Neji fasste sich an die Stirn und stellte fest, dass das Tuch, mit dem er stets seine Tätowierung verdeckte, klatschnass war. Kurzerhand band er es los. Sofort wirkte die kühle Luft auf seiner Stirn mildernd, sodass er wieder klar denken konnte.
 

Das Zimmer beherbergte fünf weitere seiner Kameraden, die nur leicht verletzt waren. Kotetsu drehte sich schnarchend auf die Seite, die anderen waren relativ ruhig. Neji wollte nicht hier bleiben, er hatte das Gefühl, dass er nachdenken musste.
 

Es dauerte keine fünf Minuten, bis er auf der Terrasse war. Nachdenklich ließ er sich auf den Stufen nieder. Irgendwie überforderte ihn alles. Die Verantwortung, die er Mao-Chéng entgegenbringen musste, der Kampf gegen Sasuke Uchiha und nun ihre Bemühungen um ein Bündnis. Und jetzt dieser Traum, was hatte das alles zu bedeuten?
 

Und Lee ... Shikaku Nara hatte Wort gehalten und Ärzte zu ihnen geschickt, aber anscheinend waren sie nur dazu in der Lage Lees Schmerzen zu lindern. Er war merklich ruhiger geworden, aber Neji hatte den Verdacht, dass das nicht reichte... Die Verletzung war viel zu komplex, als dass man sie einfach heilen konnte. Die Ohnmacht war das einzige, das ihn davor schütze noch mehr Blut zu verlieren, denn in diesem Zustand bewegte er sich nicht viel. Trotzdem war es ein Spiel gegen die Zeit...
 

Von den anderen Verletzten waren zwei weitere im Laufe des Tages verstorben, drei waren wieder zu Kräften gekommen und befanden sich in Behandlung, die allerdings keine lebensbedrohliche Situation darstellten. Nachdenklich beugte sich Neji ein Stück vor. Er hatte auf einer Terrassentreppe Platz genommen, deren Gang einen rechteckigen Platz umschloss, der zugleich der Innenhof war.
 

Plötzlich registrierte er eine Bewegung. Auf der gegenüberliegenden Terrasse huschte ein Schatten entlang. Neji runzelte die Stirn. Warum war da noch jemand wach? Er horchte, hörte aber kein Geräusch, obwohl sich derjenige ziemlich schnell bewegte. Die Gestalt verschwand im Gebäude. Neji stutzte. In genau dieser Richtung befanden sich sowohl die Schlafräume von Tenten, als auch von Shikaku Nara ... Was hatte das zu bedeuten? Normalerweise dürfte niemand Zutritt zu diesem Bereich des Gebäudes haben. Ihm wurde mulmig.
 

Er musste nachsehen. So schnell er konnte hastete er dem Schatten nach und schon nach kürzester Zeit war er dort angelangt, wo er die Gestalt zuletzt gesehen hatte. Suchend sah er sich um und sah gerade noch wie jemand um die nächste Ecke lief. Sofort nahm Neji die Verfolgung auf und rannte hinterher. Er kam an einen langen Gang und einige Meter vor sich konnte er Konturen des Flüchtlings erkennen. Der Schatten war von schlanker Statur und völlig schwarz gekleidet. Für einen gewöhnlichen Menschen war er ungeheuer schnell. Obwohl er sich ungewöhnlich sparsam bewegte, nahm seine Geschwindigkeit stetig zu, sodass Neji kaum mithalten konnte. Es waren eine Art anmutiger fließender Bewegungen, die keinen Laut zu machen schienen. Sein Argwohn wuchs. Niemand konnte sich so völlig lautlos bewegen, nicht einmal seinem Meister traute er dies zu.
 

Neji erschrak, als ein merkwürdiger Singsang vom Boden ertönte. Suchend blickte er sich um und bemerkte erst jetzt, dass er sich im gleichen Gang befand, der den Nachtigallenboden beherbergte. Die Gestalt hielt inne, drehte ihm den Kopf zu. Neji konnte weder sein Gesicht sehen, dass hinter einer Maske verborgen war, noch sonst irgendein Merkmal ausmachen.

Ein durchdringender Blick traf den seinen. Der junge Samurai spürte wie er anfing zu zittern, er blieb stehen. Der Fremde strahlte unheimlich Macht aus, hielt jedoch nur für eine Sekunde an, drehte sich wieder um und verschwand ohne einen Laut über den Gang. Es war eine ungewöhnliche Art der Bewegung. Die Gestalt schien den Boden kaum zu berühren und eher darüber zu gleiten, als wirklich aufzutreten. Schnell, kraftvoll, doch zugleich auf irgendeine Weise traurig. Dann war er in der Dunkelheit verschwunden.
 

Neji spürte wie sein Herz schneller klopfte. Der Fremde hatte keinen einzigen Laut verursacht, als er über das Holz gelaufen war. Der Nachtigallenboden schwieg. Und zwar nur für ihn. Ihn selbst hatte er schändlich verraten und der schwarzen Gestalt mitgeteilt, dass sie verfolgt wurde. Jetzt verstand Neji auch den Sinn des Bodens, es war keineswegs wie Asuma gesagt hatte, Shikaku Nara erfreute sich keineswegs jeden Tag nur an dem Lied des Nachtigallenbodens. Er war wie eine Alarmanlage. Durch einen Schritt würde er sich nicht verraten haben, aber wenn er darüber laufen würde, wäre der Krach so laut, dass sofort sämtliche Menschen aus dem Schlaf schrecken würden. Der Fremde würde in dem Durcheinander entkommen.
 

Neji starrte auf das Holz, er musste einen anderen Weg finden. Er probierte, ob man seitlich an den Wänden vorbeikommen konnte, aber sobald er vorsichtig den Fuß auf eines der Bretter gesetzt hatte, ertönte ein lieblicher Ton, der ihn beinahe aufzufordern schien, voranzuschreiten. Aber Neji trat sofort einen Schritt zurück. Es war unmöglich. Wie war der Fremde bloß darüber gerannt ohne einen Laut zu machen?
 

Er musste das ganze logisch angehen. Der Fremde war kein Freund, sonst wäre er nicht vor ihm geflohen. Er war in der Lage unglaublich schnell zu sein – und vollkommen lautlos. Etwas, was sein Nachteil war, denn selbst in seiner Meditation kam er nicht umhin winzige Geräusche zu machen. Er wurde zwar ein Teil seiner Umwelt, allerdings auch Teil ihrer Laute. Über diesen Weg konnte er den Unbekannten nicht einholen. Aber vielleicht ..., wenn er wusste, wer oder was sein Ziel war ... Plötzlich schoss ihm ein Gedanke durch den Kopf. Es war eigentlich völlig egal wer oder was der Fremde war, seine Aufgabe war es Tenten zu beschützen. Wenn allerdings die Tochter des Fürsten Ziel seines nächtlichen Besuches war ... Neji konnte kaum glauben, dass Tenten Wert auf den Besuch jemandes legte, der ganz offensichtlich nicht zu ihrem Freundeskreis zählte.
 

Der junge Samurai überlegte fieberhaft, dann schlug er einen anderen Weg ein, der zwar verwinkelter war, als der, der über den Nachtigallenboden führte, auf dem man allerdings schneller nach oben gelangen konnte. Asuma hatte sie am Nachmittag im Gebäude herumgeführt, was jetzt sein Vorteil war. Neji hastete in die entgegengesetzte Richtung, lief durch die menschenleeren Gänge und kam schließlich keuchend im zweiten Stockwerk an.
 

Er vergewisserte sich nach allen Seiten, konnte aber weder einen Menschen ausmachen, noch jemanden hören oder sehen. Doch er roch etwas. In der Luft lag ein süßlicher, schwerer Geruch, wie nach einem Parfüm. Es war, als würde etwas Schweres auf seine Sinne drücken, bis er merkte, dass er von dem Zeug schläfrig wurde und bereits halb zusammengesackt war.

Er riss einen Stofffetzen an seiner Kleidung ab und drückte ihn gegen Mund und Nase, sodass er nichts einatmen konnte. Sein Pulsschlag verdoppelte sich, das musste heißen, dass alle Wachen eingeschlafen waren, deshalb hatte ihn niemand bemerkt.
 

Suchend blickte er sich um. In diesem Gang waren sowohl die Gemächer von Tenten und Shikaku Nara, was als Zeichen des Respekts verstanden werden sollte. Es waren acht Wachen im Gang postiert und ausnahmsweise alle lagen zusammengesunken am Boden. Der Fremde hatte sie eingeschläfert, oder vergiftet, was auch immer. Der Gang war so still, dass es Neji schauderte. Der Fremde musste hier sein, alle Anzeichen sprachen dafür, aber er konnte ihn nicht sehen. Neji trat weiter in den Gang hinein, dann erstarrte er. Die Schiebetür, die zu Tentens Gemach führte, stand offen. So lautlos wie möglich bewegte Neji sich zur Öffnung vor. Er verfluchte sich, er hatte nicht mal eine Waffe.
 

Dann stand er im Eingang und blickte in den Raum hinein. Tenten lag inmitten des Zimmers auf weiche Stoffe gebettet und mit so friedlichem Gesicht, dass man nur im Schlaf annahm. Ihre Haut glänzte silbern, als das Mondlicht darauf fiel. Es war wie ein Bild unvergänglicher Schönheit, aber Neji hatte keine Zeit darauf zu achten. Über Tenten stand der schwarz gekleidete Mann, ein merkwürdig gebogenes Messer in der Hand und setzte es an ihren Hals an. Sein Herz setzte einen Schlag aus, das war kein gewöhnlicher Fremder, das war ein Attentäter.
 

Urplötzlich schnellte der Blick des Fremden auf und fixierte Neji auf eine von ihm bisher nie gekannte Art. Fast so, als wolle er ihn hypnotisieren. „Weg von ihr“, sagte er mit einem Kratzen in der Stimme, noch immer darum bemüht, das Tuch vor Mund und Nase zu halten. Der Fremde richtete sich auf, nahm aber die Waffe nicht weg. „Weg von ihr!“, sagte Neji noch einmal, diesmal lauter.
 

Und das Wunder geschah. Der Fremde straffte die Schultern und ließ die Waffe in eins seiner Gewänder gleiten. Dann drehte er sich mit einer eleganten Drehung um und glitt zum Fenster. Neji stürzte ihm nach, doch er war zu langsam. Die schwarzgewandte Gestalt hockte bereits auf dem Fensterbrett und stieß sich kräftig ab und sprang in die Finsternis. Das letzte, das Neji sah, waren zwei eisblaue Augen.
 

~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~
 


 

Willkommen zu einem neuen Kapitel von Samurai. Ist da überhaupt noch einer? Ich weiß, ich lasse euch immer so lange warten >.< Es tut mir leid !!! Diesmal lag es vor allem daran, dass ich mehrere Projekte gleichzeitig am laufen habe. Zwei OS sind fast fertig. Wer möchte kann sie sich ja auch durchlesen, wenn er Zeit und Lust hat.
 

Dieses Mal hab ich den Schwerpunkt mehr auf Dialoge und Handlung gelegt. Und wie die meisten sicher gemerkt, habe ich auch ganz leicht ein bisschen mehr von der Vergangenheit eingebaut. Was das nun bedeutet ... nun ja da könnt ihr euch schön die Köpfe zerbrechen. Aufgelöst wird nämlich erst in Kapitel 25 ... Endlich weiß ich auch, wie lang das hier wird. Es werden exakt 30 Kapitel + Prolog.
 

Danke an Arethelya, die gebatet hat. Ich weiß dich wirklich zu schätzen. MiyuShitaka hat übrigens ein wunderschönes Fanart zu Samurai gezeichnet. Es ist auf jeden Fall einen Blick wert, ich denke sie würde sich freuen, wenn ihr mal reinschaut und vielleicht kommentiert. Vielen vielen Dank noch mal Miyu-chan ^^
 

http://animexx.onlinewelten.com/fanarts/output/?fa=1337121
 

Kapitel 17: Shadow, heißt übersetzt Schatten, was auf das Attentat auf Tenten hinweist. Ich bin sehr gespannt, wen, welches Motiv usw. ihr hinter der Tat seht.
 

Ich freue mich natürlich wie immer über Kommentare.
 

hel

moonlight_005

~ Kapitel 18: Mystery ~

~ Kapitel 18: Mystery ~
 


 

Sie blinzelte. Das fahle Licht des Morgens fiel durch das Fenster und beleuchtete nur schwach ihre liegende Gestalt. Tenten öffnete die Augen und richtete sich leicht auf. Noch saß ihr die Müdigkeit in den Knochen, und noch lähmte sie vorzeitig ihre Gedanken und ihre Reaktion.
 

Auf einmal nahm Tenten eine Bewegung wahr. So leicht wie ein Luftzug, dass man ihn fast nicht bemerkte. Ein Schatten unterbrach den Lichteinfall.

Plötzlich presste sich eine Hand auf ihren Mund und erstickte ihren Entsetzensschrei, zu dem sie ansetzen wollte. Alles ging viel zu schnell, sie hatte nicht mal mehr Zeit über das nachzudenken, was mit ihr passierte. Das Adrenalin schoss ihr durch die Venen und ihr Herz hämmerte gegen ihren Brustkorb.
 

„Still“, zischte eine Stimme hinter ihr, „sag nichts, kein Geräusch, niemand darf uns hören.“ Tenten zählte die Schläge ihres Herzens. Eins … Zwei … Drei … Dann nickte sie leicht und er nahm langsam die Hand weg. Die junge Frau schnappte nach Atem, keuchte. Die Hand streifte ihre Wange und zog sich dann zurück. Beide sagten kein Wort. Tenten ließ sich ihre Überraschung nicht anmerken, obwohl es ihr augenblicklich unangenehm wurde, als sie darüber nachdachte, in was für einer Situation sie sich hier befanden.
 

„Was machst du hier, Neji?“, fragte sie matt, ohne sich umzudrehen. „Ich muss mit Euch reden“, antwortete er. Warum musste er jetzt mit ihr reden? Es war noch nicht einmal Morgen und was machte er in ihrem Schlafgemach? Die Röte stahl sich auf ihr Gesicht.
 

Tenten drehte den Oberkörper und schwang sich mit nackten Füßen aus dem Bett. Ihr Nachtgewand glitt fließend an ihren schlanken Beinen herunter, als sie auf dem Boden aufkam. Unter normalen Umständen hätte das als äußerst unschicklich gegolten, aber die Tochter des Fürsten wusste auch, dass man diese Situation unter den hiesigen Bedingungen nicht wie eine normale bewerten konnte. Außerdem wollte sie mit Neji auf Augenhöhe reden. Vielleicht würde der Abgrund zwischen ihnen dann endlich nicht mehr so groß sein. Sie wusste nicht, was Neji denken musste, als er sie so sah, aber sie konnte nichts daran ändern. Der Samurai ließ sie gewähren, wich aber ein wenig vor ihr zurück. Bei näherem Hinsehen erkannte sie, dass tiefe Schatten unter seinen Augen lagen.
 

Sie sah ihn an. Die Furcht, die sie ihm gegenüber noch empfunden hatte, war wie ausgelöscht, es gab nur noch die Traurigkeit und die Verzweiflung in ihr, die jetzt langsam aufkeimte. Zum ersten Mal waren sie wieder allein. Machte das einen Unterschied? War da eine Veränderung in seinem Blick, oder war da nur Kälte?
 

„Ihr hättet tot sein können“, sagte er. Sein Gesicht lag im Schatten, sodass sie ihm nicht richtig in die Augen sehen konnte. „Was?!“ Sie verstand nicht. Neji wandte sich dem Licht entgegen, das seine Züge erhellte. „Es war ein Attentäter hier. Ich habe ihn gesehen und er kam mir merkwürdig vor, die Art, wie er sich bewegte. Also bin ich ihm gefolgt … Und als ich auf diesem Stockwerk angekommen war, hat er versucht Euch umzubringen.“

„Was?!“, entfuhr es ihr abermals. Er trat auf sie zu, zögerte und ging dann weiter. Tenten spürte, wie ihr Herz schneller schlug. Er streckte die Hand aus… Sie zuckte zusammen und schloss reflexartig die Augen. Nejis Hand war kalt auf ihrer Haut, wie die Fingerkuppen von jemanden, der lange in der gleichen Haltung in der Kälte verharrt und dessen Glieder langsam steif geworden waren. Seine Fingerspitzen strichen an ihrem Hals entlang und verharrten dort einen Moment. Tenten verkrampfte sich und er zog die Hand wieder weg.
 

Ein Schmerz durchzuckte ihren Körper und lief schließlich in der kleinen Wunde an ihrem Hals zusammen. Das Blut war bereits geronnen, aber trotzdem lief ihr ein Schauder den Rücken herunter, als sie daran dachte, dass man sie auf diese Weise hatte töten wollen.
 

„Warum?“, fragte sie, „was habe ich getan, dass man mich töten will?“ „Ihr habt nichts getan, was ein Anlass sein könnte“, sagte er. Tenten sah ihn an. Sieben Sekunden verstrichen. Schließlich konnte Neji ihrem fragenden, verletzten Blick nicht mehr stand halten und schaute weg. „Ihr seid jemand von großer Macht“, sagte er langsam. „Die Unruhen im Land verlangen nach einer Veränderung. Die Rebellen ersehnen eine neue Ordnung und andere werden ihnen folgen. Es hat nichts mit Eurer Person zu tun.“
 

Eine Weile schwieg er, dann sagte er: “Es ist nicht rechtens, das von Euch zu verlangen, aber Shikaku Nara darf unter gar keinen Umständen erfahren was vorgefallen ist. Wenn er es weiß, wird er annehmen, dass die Attentäter Euch gefolgt sind. Er wird sich selbst in Gefahr sehen, wenn er es herausfindet. Solange wir bei ihm sind, wird er uns beschuldigen.“ Tenten antwortete ihm nicht und erst als sein Schatten auf ihre Gestalt fiel, nickte sie leicht. Wenngleich es ein trauriges Einverständnis war. Ihre Lider senkten sich, als sie gedankenversunken aus dem Fenster sah.
 

„Überall ist nur Hass…“, sagte sie, „ich sehe nichts mehr außer Gewalt. Werde ich blind für die Dinge, für die ich kämpfe?“

Kein Geräusch war zu vernehmen, es war ganz still … „Das kommt auf das Licht an, in dem man etwas betrachtet“, antwortete er. Sie schwieg, wusste nicht mehr was sie sagen wollte. Ein kühler Windhauch strich durch den Raum und ließ den Stoff ihres Nachtgewandes für einen Moment umher wirbeln. Neji sah sie an, noch immer war sein Blick angespannt, wenn er sie betrachtete, aber dieses Mal schien mehr Ruhe darin zu liegen. War etwas anders geworden, oder war das nur die ruhige Atmosphäre in diesem Raum? Tenten schaute in die hellen Augen, deren Blick sie jedes Mal wieder fangen konnte. Endlich sah er sie wieder an. Endlich wich er ihr nicht mehr aus.
 

„Habt Ihr Angst?“, fragte der junge Samurai. Sie sagte nichts, noch immer wie in einem Bann. Nach einer Weile schüttelte sie leicht den Kopf. „Du warst da…“, sagte sie, „du hast mir das Leben gerettet. Ich werde mich erst fürchten, wenn du nicht mehr da bist, um mich zu beschützen.“ Er zuckte zurück, sofort kehrte etwas von dem angespannten Ausdruck zurück und von der Ruhe war auf einmal nichts mehr zu spüren. „Es war meine Pflicht“, brachte er durch zusammengepresste Lippen hervor.
 

Tenten wandte sich ab, den Blick zum Fenster gerichtet. Sie hatte sich geirrt … niemals würde Neji seine Entscheidung zurücknehmen, es war verloren, bevor es überhaupt beginnen konnte … Die Prinzessin trat auf ihn zu, streckte ihre Hand nach ihm aus. Neji wich nicht zurück, machte keine Anstalten sich zu bewegen. Nach einer Weile zog sie die Hand wieder weg.
 

„Sag mir, gerätst du nie in Versuchung? Willst du niemals ausbrechen aus deinem Käfig, der dir die Freiheit nimmt? Willst du nie deine Fesseln abwerfen und das tun, was du willst?“ Er starrte auf ihre Silhouette, die sanft vom Morgenlicht umspielt wurde. Er betrachtete die geschmeidigen Haare, die wellenartig ihren Rücken herabfielen. Neji dachte an ihren traurigen Blick und erkannte darin einen Schmerz, der tiefer war, als er es sich vorgestellt hatte.
 

Langsam schob sich die Sonne über den Horizont und tauchte die Umgebung in helles Licht. Schatten tanzten auf seinem Gesicht. Für einen Moment glaubte sie, er würde wirklich schwach werden. Ein trauriges Lächeln trat auf sein Gesicht. „Tenten“, sagte er leise, „einst wollte ich fliegen, doch bis ich begriff, bis ich gelernt hatte wie es gehen mochte, da wurden mir meine Flügel genommen. Es steht nun nicht mehr in meiner Macht.“
 


 

~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~
 

Der Schwerverletzte war schon seit Mitternacht in Schweißausbrüchen und Fieber ausgebrochen. Seine Körpertemperatur war deutlich über dem Normalwert und die Wunde wollte und wollte nicht verheilen. Der Arzt war am Ende seines Wissens. Eine solche Verletzung hatte er noch nie behandelt, es fehlten ihm ganz klar die Fähigkeiten und die nötigen Heilmittel. Desweiteren wusste er auch nicht, ob Gift im Spiel war. Wenn es so weiter ging, war der junge Mann vor ihm innerhalb weniger Stunden tot. Der Mann seufzte, das war alles, was er soweit beurteilen konnte. Vielleicht sollten sie ihm schon ein Grab schaufeln und die Götter um Gnade für seine Seele anflehen.
 

Er lehnte sich zurück und betrachtete das ansonsten friedliche Gesicht des Jungen. Er musste gerade mal so ein Mann sein und hatte schon mehr gekämpft als Ältere. Die Welt war nicht gerecht, das war sie niemals gewesen, aber es erfüllte ihn jedes Mal mit Trauer und Mitleid, dass er nichts tun konnte.
 

Plötzlich hörte er Schritte hinter sich und sah das Mädchen kommen, das zu den Fremden gehörte. Die blauschwarzen Haare hatte sie zu einem Knoten aufgesteckt und ihre Augen richteten sich sofort voller Sorge auf den jungen Mann, der mit dem Tod rang. „Kann ich dir helfen?“, fragte er. Die hübsche junge Frau schien erst jetzt zu bemerken und wich eingeschüchtert wieder ein Stück zurück. „Ich… ich wollte nur nach Lee-kun sehen“, brachte sie schließlich verlegen hervor.
 

Der Heiler sah sie mitleidsvoll an. „Ist er dein Freund?“ „Mein Cousin, Lee-kun, Naruto-kun und ich, wir haben zusammen gewohnt. Ich will ihn nicht verlieren.“ Der Mann seufzte. „Wie heißt du Mädchen?“, fragte er. „Hinata“, antwortete sie schüchtern. „Ich will ehrlich zu dir sein Hinata, es steht nicht gut um ihn, ganz egal wie gut man ihn behandeln könnte. Mit dieser Verletzung wird er den Morgen nicht mehr überleben.“ Das Mädchen erstarrte, sank auf die Knie, wobei sie nicht darauf achtete, dass ihr Kimono dabei dreckig wurde und legte ihre Hand auf Lees Stirn. Seine Haut war heiß und er schien innerlich zu verbrennen. „Was?“, hauchte sie. „Kann man gar nichts tun?“ Der Arzt schüttelte nur den Kopf. „Ich denke nicht, dass-“ „Anstrengend“, kam es aus Richtung Wand. Hinata fuhr herum und erblickte jenen Jungen, der sich gestern so unmöglich benommen hatte und sie alle aufgehalten hatte.
 

Gelangweilt lehnte er an der Wand und beobachtete sie. Schließlich stieß er sich ab und kam auf sie zu. Er sah weder Hinata noch den Heiler an, betrachtete Lee und runzelte dann die Stirn. „Der hält nicht mehr lange durch“, stellte er nüchtern fest. Das Mädchen spürte wie sich etwas in ihr aufstaute. Wie konnte er das sagen? Es war noch nicht zu spät, das wusste sie ganz genau! „Wir können doch nicht einfach aufgeben!“, erwiderte sie heftiger als es sonst ihre Art war. Der Junge stöhnte auf. „Eins sag ich dir, von aufgeben habe ich nie gesprochen, vielleicht hörst du mir mal zu, wenn ich dir was erkläre.“ Verwirrt starrte Hinata ihn an. Wie wollte er nichts unternehmen und trotzdem nicht aufgeben?
 

„Es hilft wohl nichts, ich muss mit meinem Vater reden. Es ist wohl an der Zeit alte Bande zu erneuern.“ Sie stand auf und starrte ihn nun noch verwirrter an. „Wer bist du überhaupt?“ „Ist es wichtig solche Details zu wissen?“, fragte er zurück. Hinata sah ihn verdutzt an, sie wusste überhaupt nicht wie sie ihn einschätzen sollte. „Für mich ist es wichtig, schließlich hängt Lee-kuns Leben davon ab.“ Der Fremde schlug die Augen nieder und murmelte etwas, das eindeutig nach ‚Lästig’ klang. Dann sah er sie zum ersten Mal direkt an.
 

„Mein Name ist Shikamaru Nara, Shikaku Nara ist mein Vater.“
 

~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~
 


 

Tenten hielt seinem Blick stand. Egal wie unnachgiebig Shikaku Nara auch sein würde, sie würde nicht nachgeben. Nicht dieses Mal, da es um Leben und Tod ging. Es war derselbe Raum, in dem sie Shikaku Nara einen Tag zuvor begegnet war. Auch diesmal war Neji bei ihr, seit dem Morgen hatte er sie nicht einen Augenblick allein gelassen. Fraglich, ob er überhaupt zur Ruhe gekommen war. Die Müdigkeit in seinen Augen sprach zumindest ihre eigene Sprache.

Shikaku räusperte sich. „Ihr verlangt also von mir, sofort etwas gegen den Zustand Rock Lees zu unternehmen. Was sollte ich tun können, wenn wir bereits all unsere Möglichkeiten ausgeschöpft haben?“ „Es geht um ein Leben.“ „Genau das ist es, Tenten-Hime, es ist ein einziges Leben. Wird Euer Blick nicht verengt, wenn Ihr euch nur um die kümmert, die vor Euren Augen leiden? Einst werdet Ihr für Tausende von Menschen verantwortlich sein. Wie wollt Ihr damit klarkommen, wenn Euer Blick nur auf das gerichtet ist, was Ihr seht?“
 

„Ich lebe in der Gegenwart, Shikaku-San“, sagte sie. Die Augen Shikaku Naras verengten sich. Es war zwar ursprünglich nicht ihre Absicht ihr Glück so herauszufordern, aber sie musste ihm auch zeigen, dass sie mächtiger war als er. Wenn es auch in diesem Moment mehr als eindeutig war, wer die Macht hatte. Sie hasste es auf jemand anderen angewiesen zu sein. Ohnmächtig zu sein. Abhängig zu sein …
 

„Ich werde nicht hinnehmen, dass Rock Lee stirbt. Sagt mir nur, was ich tun muss, um ihn zu retten.“ Shikaku tauschte einen Blick mit Asuma und sah kurz den jungen Mann an, der ihm erstaunlich ähnlich war, jetzt aber wie unbeteiligt schien. „Ich habe Euch nicht als jemanden mit einer solchen Willenskraft erwartet, Tenten-Hime. Meine Hochachtung, allerdings werdet ihr Euer angestrebtes Bündnis gefährden, wenn Ihr Euch nur um das Leben eines Einzelnen bemüht. Ich mache keine Verhandlungen mit jemandem, der so rational denkt. Wir müssen alles im Blick behalten.“
 

„Vater“, mischte sich plötzlich der junge Mann ein, „verwechselt Ihr diese Situation nicht eher mit etwas, das Folgen haben könnte, als eine, bei der man nachdenkt, wie man ein Problem löst? Es kann ebenso gut ein Zeichen sein, dass man nicht alles hinnehmen sollte.“
 

Neji horchte auf. Vater? Dann war er … dieser Nichtsnutz, der Nachfolger einer der mächtigsten Adelsfamilien des Landes? Deshalb konnte Asuma ihn nicht zurechtweisen. Es war so einfach, dass dieser Shikamaru viel mächtiger war als er. Asuma hätte es wirklich nicht gekonnt, selbst wenn er es gewollt hätte…
 

„Was versprichst du dir davon, Sohn? So etwas schert dich doch sonst nicht.“ Shikamaru verschränkte die Arme hinter seinem Kopf. „Es beginnt ein Wandel. Vielleicht sollte es so sein, dass Rock Lee überlebt. Vielleicht nicht. Es wird oft unterschätzt, wie viel ein einzelner Kämpfer bewirken kann.“
 

„Du hast dir Gedanken gemacht, wie ich sehe. Hast du dann auch eine Lösung, wie man ihn retten kann?“ Shikamarus Augen schweifte umher und mit einem genervten Blick nahm er wahr, dass nun alle Aufmerksamkeit auf ihm lag. „Es gibt für ihn nur noch eine einzige Möglichkeit. Nur, weil es uns nicht möglich ist, Rock Lee zu retten, heißt das nicht, dass jemand anders nicht dazu in der Lage ist. Wir sollten Tsunade-Sama um Hilfe bitten.“ Augenblicklich hob sich das Stimmengewirr im Raum. Einige Berater, die anwesend waren, tauschten empörte Blicke und starrten Shikamaru entsetzt an. Tenten verstand ein paar Wortfetzen und augenblicklich lief ihr ein kalter Schauer über den Rücken… Sie ist eine Hexe … Nicht vertrauenswürdig… Verbannte …
 

Shikaku sah seinen Sohn erstaunt an. „Du weißt, was du von mir verlangst? Diese Frau hat längst mit der Vergangenheit abgeschlossen. Ihre Zeit ist bereits abgelaufen. Sie ist eine Figur der Geschichte, niemand, der in der Gegenwart lebt-“ „Und sie ist die Einzige, die über ein so großes medizinisches Wissen verfügt, dass man vielleicht wieder hoffen kann.“
 

„Egal, wer sie ist“, warf Tenten ein, „wenn es die einzige Möglichkeit ist, ihn zu retten, werde ich meine Chance nutzen. Lee … er wurde verletzt, weil er mich beschützt hat.“ „Habt Ihr nicht gesagt, dass beinahe Eure gesamte Eskorte vernichtet wurde? Treibt Euer Gewissen Euch dazu an, den einzigen zu retten, der noch am Leben ist?“ „Ja, ganz genau.“ Tenten starrte Shikaku Nara wütend an. „Ihr seid bereit, alles zu riskieren? Sogar Euer Leben?“ Sie erwiderte den Blick und hielt ihm stand. „Alles. Irgendwann wird es eine Zeit geben, da werden alle Menschen gleich sein. So lange ich lebe, werde ich für die Leben kämpfen, die ich retten kann.“ Der Herrscher sah sie einen Moment lang an und schien sie prüfen zu wollen. Shikaku Nara schlug die Augen nieder. „Dann geht.“
 

Erleichtert und zum ersten Mal seit langem mit einem Funken Hoffnung blickte sie ihn an. „Aber…“, fuhr er fort, „ich stelle drei Bedingungen. Erstens: Mein Sohn wird Euch begleiten. Zweitens wird Euer Gefolge bis zu Eurer Rückkehr weiterhin in meinem Anwesen bleiben. Drittens Ihr dürft Rock Lee und nur einen Eurer Gefolgsleute mitnehmen.“
 

„Warum muss ausgerechnet ich mitgehen?“, stöhnte Shikamaru. „Im Ernst, Vater, es gäbe doch genügend passendere Besetzungen.“ „Du? Ganz einfach, du weigerst dich ein Krieger zu werden, geschweige denn in meine Fußstapfen zu treten, vielleicht wird dich die Verantwortung ja ein wenig abhärten. Außerdem war es deine Idee, ich dulde keine Widerrede.“ Shikamaru warf seinem Vater noch einen zutiefst genervten Blick zu, dann ergab er sich seinem Schicksal. Allerdings nicht ohne ein paar Verwünschungen vor sich hinzumurmeln.
 

Shikaku Nara fixierte die Prinzessin: „Nehmt Ihr die Bedingungen an?“ „Ja.“ „Wen wählt Ihr zu Eurer Begleitung?“ Tenten drehte sich zu Neji um, der die Diskussion schweigend beobachtet hatte. „Ich denke, da gibt keine Wahl. Neji hat meinem Vater mit seinem Blut seine Treue geschworen. Er hat mir schon einmal das Leben gerettet.“

„Das dachte ich mir“, erwiderte der Mann. „Dann geht. Tsunades Tempel liegt ein paar Stunden Fußmarsch entfernt. Pferde werden Euch nichts nützen, sie lebt im Exil auf dem Berg Izanagi Izar.“
 

~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~
 

Der Berg erstreckte sich von scheinbar unendlicher Größe, mal waren einige kahle Stellen und manchmal war ein deutlicher Grünbewachs zu erkennen. Um die Spitze herum konnte sie einige graue Nebelschleier ausmachen, die den oberen Teil fast vollständig verdeckten. Unerreichbar so schien es. Er war ein gewaltiges Naturmonument, das schon seit Urzeiten bestand.
 

Hinter ihr hatte sich eine Menschenmenge versammelt, die sie misstrauisch und mitleidig betrachteten. An vorderster Stelle stand Shikaku Nara, der sie fast herausfordernd ansah. Oder war das ein mitleidiger Ausdruck? War das eine Prüfung, die sie zu bewältigen hatte? Wollte er sie nur testen und hatte deshalb ihrem Anliegen zugestimmt? Wie auch immer sein Urteil ausfallen würde, sie würde nicht mit leeren Händen zurückkehren. Lee würde nicht sterben.
 

Neben ihr standen Neji und Shikamaru, die beide bequemere Reisekleidung angelegt hatten. In Nejis Fall mit diversen Waffen versehen. Zwischen ihnen lag eine Trage auf dem Boden, auf der Lee aufgebettet lag. Gerade machten sich die beiden Männer daran den Kung-Fu-Kämpfer hochzuhieven und sogleich trat ein gelangweilter, genervter Ausdruck auf Shikamarus Gesicht. Zu ihrem Erstaunen bemerkte sie, wie Neji ihm einen noch böseren Blick zuwarf … als würde er ihn für seine Tatenlosigkeit verachten. Allerdings waren die beiden auch grundverschieden. Auf der einen Seite, der junge Samurai, der nur in strengster Disziplin gelebt hatte und sich alles erarbeiten musste. Und dann dieser Shikamaru, der immer alles gehabt hatte und dennoch das Erbe seiner Familie ablehnte. Sie wurde nicht schlau daraus.
 

Tenten warf einen Blick zurück und erkannte, wie sich die Menge langsam auflöste. Shikaku Nara sah ihnen hinterher. Obwohl sie vergleichsweise weit weg waren, war seine Stimme deutlich zu hören, sie war so klar, als würde er neben ihnen stehen:

„Tenten-Hime, Ihr habt diesen Weg gewählt, mögen die Götter Euch beschützen. Vergesst nicht, dass es um ein einziges Leben geht. Es kann ein Austausch für Euer eigenes sein. Erinnert Euch an meine Worte.“

Dann wandte er sich an Shikamaru: “Ich erwarte von dir die Erfüllung deiner Aufgabe, Sohn, ich dulde kein Versagen. Nun geht.“ Dann drehte er sich um und verschwand.
 

Tenten antwortete ihm nicht, sondern drehte sich um und stellte sich dem Berg entgegen. Sie würde hier nicht scheitern, selbst wenn es ihr Leben kosten würde. „Gehen wir“, sagte Neji, „zeig uns den Weg, Nara.“ Shikamaru warf ihm einen genervten Blick zu. „Nur keine Eile, wir haben noch den ganzen Tag um Tsunade zu finden, der Junge ist zäh.“ „Darauf können wir nicht vertrauen. Wenn er stirbt, zeige ich Euch, wie zäh ich bin.“ „Dafür, dass Ihr losgehen wollt redest Ihr ganz schön viel, Samurai“, entgegnete Shikamaru.
 

„Zeigt mir den Weg, Nara-San, wir haben keine Zeit mehr“, sagte Tenten. Dieser seufzte und setzte sich in Bewegung, wobei Neji ihm folgen musste. „Sie lebt fast auf der Spitze des Izanagi Izar. Ein Gebiet, in das sich jeder Normalsterbliche niemals wagen würde. Es gibt nur einen Weg dorthin, ein geheimer Pfad, den nur Mitglieder meiner Familie kennen. Die Legende besagt, dass man ihn nur finden kann, wenn man nicht versucht ihn zu finden.“ „Was soll das bedeuten?“, fuhr Neji ihn an. „Heißt das, Ihr habt keine Ahnung, wo wir hin müssen?“ Shikamaru zog die Augenbrauen zusammen. „Habt ihr mir eben nicht zugehört? Ich kenne den Weg, aber nur, weil mein Vater dort den Segen der Götter für mich erbeten hat, als ich geboren wurde. Danach war ich nur noch ein einziges Mal dort, als meine Mutter gestorben ist. Alle anderen sind hoffnungslos verloren, wenn sie auch nur einen Fuß auf den Berg setzen.“ Stirnrunzelnd musterte Neji seinen Gesichtsausdruck, aber auf Shikamarus Miene war nicht einmal die Spur einer Mimik zu sehen. Er warf noch einen letzten Blick zurück, dann begannen sie den Aufstieg. Würde der Berg sie in die Knie zwingen, oder würden sie diese Herausforderung meistern?
 

Tenten trat auf einen losen Stein und wäre fast gestürzt, aber sie konnte sich noch rechtzeitig fangen. Als sie nach unten blickte, erkannte sie, dass sie schon ein gutes Stück des Weges zurückgelegt hatten. Das Anwesen der Naras war auf eine Ansammlung kleiner Gebäude zusammengeschrumpft und sie konnte auch schon leichte Veränderungen in der Vegetation feststellen. Im Gegensatz zu tiefer gelegenen Flächen waren sie schon viel höher gekommen und der Fels wurde merklich kahler. Das Gras war graubraun und die Erde wie ausgetrocknet, was nur den widerstandsfähigsten Pflanzen ermöglichte hier zu leben. Unglaublich wie weit man von hier sehen konnte. „Kommt Ihr, Tenten-Hime?“, sprach Neji sie an. Tenten zuckte zusammen, sie hatte gar nicht mitbekommen, dass sie stehen geblieben war. Shikamaru sah sie abwartend an, Nejis Miene hatte eine merkwürdige Ruhe inne. Ungewöhnlich, weil sie hier um ein Leben kämpften. „Verzeihung, ich komme sofort.“
 

Vier Stunden vergingen und Tenten konnte nicht einmal mehr den Boden sehen. Sie waren so hoch, dass sie rein gar nichts erkennen konnten. Bäume oder Gräser gab es nicht mehr, nur nackten Fels, der langsam immer glatter wurde. Ein paar Steine rollten darüber und verschwanden in der Tiefe. Ein Echo war nicht zu vernehmen...

Neji und Shikamaru mussten Lee jetzt mit viel mehr Kraft in der Waagerechten halten, ansonsten würde das Blut wohl in nur einen Teil seines Körpers bleiben, was für seinen Zustand nicht unbedingt förderlich war. „Wir sind zu langsam“, sagte Neji. „Nein, wir sind viel schneller, als ich es erwartet habe“, widersprach Shikamaru. Wütend trat Neji gegen einen Stein, der in der Tiefe verschwand. „Hier ist absolut gar nichts; wo ist der Tempel dieser Hexe?“ „Neji … es ist noch nicht zu spät. Wir müssen Shikamaru-San vertrauen.“ „Er hat uns keinen Anlass dazu gegeben.“ „Und noch weniger einen zum Misstrauen“, konterte Shikamaru. „Ohne mich hättet ihr noch nicht mal die Möglichkeit dazu gehabt, euren Freund retten zu können.“
 

Neji drehte ihm den Rücken zu und schwieg. So sehr er diesen faulen, aufgeblasenen Kerl auch verabscheute … er hatte recht. Ohne ihn wären sie nicht hier und ohne ihn wären sie verloren… Warum hatte er ihnen überhaupt geholfen, er hatte keinen Grund dazu gehabt… „Was macht Euch dann so sicher, dass wir hier richtig sind?“, fragte Neji. Shikamaru gähnte und machte eine Miene als müsse er einem begriffsstutzigen Kind das Rechnen beibringen: „Ganz einfach, dieser Weg ist eine Prüfung der Geduld. Früher kamen oft Mönche und Gelehrte, um hier zu beten und den Göttern zu huldigen. Aber sie konnten ihn nur erklimmen, wenn sie genug Geduld besaßen.“
 

„Es ist eine Geschichte“, sagte der Samurai.

„Und unser einziger Weg.“ Shikamaru warf ihm einen spöttischen Blick zu. „Ihr seid viel zu sehr auf das fixiert, was Ihr sehen könnt, Samurai, habt Ihr nie daran gedacht, dass es da etwas geben könnte, was Ihr nicht mit den Augen erfassen könnt?“
 

„Wenn Ihr euch so sicher seid, warum zeigt Ihr uns dann nicht, wo sie ist?“ „Weil wir noch nicht da sind!“ Shikamaru warf ihm einen bösen Blick zu, den Neji mit nicht minder böse erwiderte. Neji legte die Trage ab, sodass Shikamaru gezwungen war, es ihm nachzutun. Der Samurai trat einen Schritt auf den Adeligen zu und machte Anstalten, ihn am Kragen zu packen. „Stopp!“ Tenten drängte sich zwischen die beiden und schob sie auseinander. „Neji, das führt doch zu nichts. Und Ihr!“, böse funkelte sie ihren Führer an, „provoziert ihn nicht auch noch, er hat in der letzten Zeit mehr als genug Ärger gehabt. Wir müssen Lee retten, verdammt!“ Der Samurai wandte sich ab und Shikamaru seufzte tief.
 

Tenten hörte ihn etwas murmeln, das verdächtig nach Verwünschungen gegen seinen Vater klang, außerdem warf er Neji einen zutiefst genervten Blick zu. Verstohlen sah sie sich nach dem Samurai um, aber der schien dazu übergegangen zu sein, Shikamaru zu ignorieren und hatte beiden den Rücken zugekehrt. Seufzend begann sie mit dem weiteren Aufstieg. Hoffentlich würden die beiden Männer sich nicht noch mehr anfeinden und stattdessen mal zusammenarbeiten. Aber sehr wahrscheinlich war das nicht …
 

Der Fels unter ihr war merklich schräger geworden und Halt gab es auch nicht mehr viel. Der Untergrund wurde zunehmend unbegehbarer. Der Himmel hatte ein kaltes Graublau angenommen und sie spürte, wie die Luft immer dünner wurde. Wie konnte man hier oben bloß leben?
 

„Shikamaru-San? Darf ich Euch etwas fragen?“, wandte sie sich an den Nara. Der Angesprochene drehte ihr leicht den Kopf zu, sah sie aber nicht direkt an. „Das habt Ihr doch schon.“ Tenten wartete. Neji warf ihr einen fragenden Blick zu. Schließlich seufzte Shikamaru. „Also gut, was wollt Ihr wissen?“ Tenten lächelte siegreich: „Diese Tsunade … was für ein Mensch ist sie?“ „Warum wollt Ihr das wissen?“ „Es interessiert mich“, beharrte sie.
 

Der junge Nara ließ seinen Blick über das Tal gleiten, schließlich verlor er sich in der Ferne. „Niemand kennt sie wirklich. Angeblich sieht sie wie eine mittelalte Frau aus, obwohl sie schon über fünfzig ist. Sie soll eine unvergleichbare Ärztin sein, aber nicht besonders menschenumgänglich. Deshalb hat sie sich wohl auch zurückgezogen und lebt seitdem abgeschieden von der Welt.“
 

„Hat nie jemand nach ihren Gründen gefragt?“ „Doch natürlich, aber ich glaube nicht, dass Ihr weiter gefragt hättet, wenn Ihr dabei nicht sicher gewesen wärt, nicht vergiftet zu werden. Sie redet nie über ihre Vergangenheit.“ „Kommt daher das Gerücht, dass sie eine Hexe sein soll?“, warf Neji ein. „Es sind Geschichten“, sagte Shikamaru, „Gruselgeschichten, die sie den Kindern erzählen, damit die nicht auf den Berg gehen und sich verlaufen können. Aber genug davon, wir sind fast da.“
 

Shikamaru deutete auf eine Ebene vor ihnen, die der Nebel bisher verborgen gehalten hatte. Der Wind wehte einige Nebelschwaden davon und nun wurde ihr Weg sichtbar. Die Luftschichten flimmerten und Tenten sah einen gewaltigen Abgrund, der irgendwo in der Tiefe verschwand. Sie hörte ein metallisches Geräusch und wurde sich dem einzigen Übergang bewusst. Eine Holzbrücke schwankte unheilverkündend über dem Abgrund. Die Prinzessin bezweifelte nicht, dass sie schon viele in den Tod gerissen hatte. Besonders stabil sah sie zumindest nicht aus.
 

„Wie kommen wir da rüber?“, fragte Tenten und betrachtete ängstlich den Übergang. Neji seufzte, auch sein Blick hatte die Brücke fixiert. Seine Haare wehten im Wind. „Das ist zu gefährlich.“ Der Nara wandte sich ab und machte sich daran auf den Abgrund zuzugehen. „Dann müsst Ihr euch entscheiden, was gefährlicher ist, ein paar Minuten voller Angst im Angesicht des Todes, oder das Schicksal des Landes herauszufordern. Was wird wohl passieren, wenn Ihr mit leeren Händen zurückkehrt.“ „Ich habe keine Angst vor dem Tod“, sagte Neji. Shikamaru warf ihm einen langen Blick zu.
 

„Ich schon“, sagte er, „deswegen benutzen wir dies.“ Er holte einen reißfesten Strick aus seinem Gepäck. „Wir teilen uns auf, Ihr nehmt Rock Lee, Samurai, ich werde Tenten-Hime begleiten.“ Tenten warf Neji einen Blick zu, er sagte nichts. Wollte er wieder damit anfangen, dass ihm die Vertrauensbeweise fehlten? Als wenn Shikamaru seine Gedanken erraten hatte, sagte er: „Ihr seid wirklich anstrengend“, seufzte er, „ich werde ihr nichts antun. Überlegt einmal, was mir passieren würde, wenn ich es auch nur versuchen würde. Ihr Vater würde mich hinrichten lassen und meine gesamte Familie auslöschen.“
 

Es verging eine Minute, in der Neji keinen Ton von sich gab, aber schließlich nickte er wortlos und nahm den Strick, den Shikamaru weiterhin hielt. Er hob Lee hoch, dessen Körper noch immer vor Fieber glühte und band ihn an seinem Rücken fest. Den längeren Strick befestigte er an einem Felsen und das andere Ende um seine Hüfte. „Ich gehe zuerst, wenn ich abstürze, dann wartet nicht auf mich, sondern sucht einen anderen Weg.“ „Das kann ich nicht, Neji.“ Tenten war merklich blass geworden. Sie streckte einen Arm nach ihm aus, aber Shikamaru ergriff ihr Handgelenk und versperrte ihr den Weg.
 

Langsam trat der Samurai auf die Brücke zu. Neji setzte vorsichtig einen Fuß auf das erste Brett. Zwar knarrte es, aber es hielt. Er machte noch einen Schritt – nichts. Nach einer Weile war er auf der Mitte. Nun etwas mutiger ging er schneller. Das Holz knarrte und hätte beinahe nachgegeben, aber Neji war schon auf der anderen Seite angekommen. Der Schweiß war ihm auf die Stirn getreten und er keuchte stark. In dem Moment, als sein Fuß den Boden berührte, fiel er auf die Knie und Lee rollte von seinem Rücken auf die steinige Erde. Die schwarzen Haare fielen ihm ins Gesicht und er stützte sich auf der kalten Erde ab. Es dauerte einige Minuten, bis er sich wieder rühren konnte. „Neji?“ Tenten Stimme drang nur gedämpft zu ihm durch. „Ist alles okay?“

„Ihr könnt rüber kommen, sie hält“, rief er zurück.
 

Tenten sah Shikamaru an. Er sah zurück und verdrehte die Augen. „Keine Angst, ich passe auf Euch auf.“ Auf der anderen Seite sahen sie, wie Neji das Seil durchschnitt und in den Abgrund fallen ließ. Shikamaru ergriff das Ende und zog es wieder nach oben. Er band es sich um die Hüfte und befestigte auch Tenten daran. Vorsichtig trat Shikamaru auf das Holz. Tenten zögerte. Der Nara machte noch einen Schritt, das Seil spannte sich zwischen beiden und Shikamaru war gezwungen anzuhalten. „Was ist?“ Tenten spürte wie ihr Körper zitterte. Ihr Blick schweifte über den Abgrund und verlor sich irgendwo in der Finsternis. „Ich kann das nicht“, flüsterte sie. Der Nara verdrehte zum unzähligsten Male die Augen. „Schließt die Augen“, befahl er. Zögernd senkte Tenten die Lider und im selben Moment packte Shikamaru ihr Handgelenk und zog sie auf die Brücke.
 

Das Holz ächzte unter ihrem Gewicht und Tenten stellte urplötzlich fest, dass sie keinen festen Boden mehr unter den Füßen mehr hatte. „Macht die Augen nicht auf“, sagte Shikamaru dicht neben ihr, „egal was Ihr tut, schaut Euch nicht um.“ Sie biss sich auf die Lippen und folgte dem sanften Druck auf ihrem Arm, der sie vorwärts zog. Sie machte einen Schritt, der über das Holz schrappte. Sie wagte es nicht auch nur einmal den Fuß zu heben. Noch immer hielt sie die Augen krampfhaft zu, sie durfte nicht schauen. „Shikamaru-San?“, wisperte sie. „Was ist?“, gab ihr Begleiter zurück. „Ich habe Höhenangst.“ Fast im selben Moment ging ein Ruck durch seinen Körper „Was!? Warum zum Teufel sagt Ihr das jetzt? Wir sind mitten über einem Abgrund!“ „Wir mussten doch weiter kommen!“ Tenten konnte hören, wie dünn ihre Stimme plötzlich war. „Wir müssen doch Lee retten.“ Ihre Stimme klang kaum merklich weinerlich und sie verfluchte sich dafür.

„Anstrengend. Das Ganze hier ist anstrengend und nervtötend. Wieso bei allen Göttern habe ich mich darauf eingelassen!?“ Er schimpfte noch eine ganze Weile weiter, aber auf irgendeine merkwürdige Weise lenkte er sie dadurch von ihrer Angst ab und zog sie dabei mit sich. Nach einigen Schritten spürte sie, dass es aufwärts ging, die Spannung, die die Seile straff spannte wurde stärker.
 

Dann fühlte sie, wie sie immer weiter vorankamen. Urplötzlich geriet die Brücke ins Wanken, der Wind pfiff durch die metallischen Befestigungen und erzeugte einen grausigen Ton. In diesem Moment schaute sie. Unter ihr war eine weiße Nebelwand, die alles in sich verschluckte und keinen Blick durchließ. Nichts würde einen Fall aufhalten. In ihrem Kopf drehte sich alles, Tenten merkte, wie ihre Knie nachgaben, ihre Muskeln versagten ihr den Dienst und als sie nach vorn stolperte, erkannte sie mit Schrecken, wie das Holz nachgab. Ihr linkes Bein schrammte am Holz entlang, durchbrach es und wurde von dem scharfen Kanten aufgerissen. Sie biss sich auf die Lippe, um keinen Schmerzensschrei auszustoßen; in ihren Augen sammelten sich Tränen. Dann ging ein Ruck durch ihren Körper und ihr Arm wurde von einer starken Hand umfasst, die sie hochriss. „Ich sagte doch, Ihr sollt nicht schauen.“, sagte Shikamaru. Tenten erwiderte nichts, sondern klammerte sich an seinem Arm fest.
 

Nach ein paar Minuten, die ihr wie eine Unendlichkeit vorkamen, trat sie auf feste Erde, doch als sie das zweite Bein nachzog, klappte es unter ihrem Gewicht zusammen. Der metallische Geruch von Blut stieg ihr in die Nase. Ihr Gehör ließ nach, ihre Sicht verschwamm und sie war kurz davor ohnmächtig zu werden.
 

„Was habt Ihr getan!“, hörte sie die wutentbrannte Stimme Nejis. Ein Reißen von Stoff war zu hören, diesmal, Tenten war sich sicher, hatte Neji nicht vor Shikamarus Stand oder ihren Bitten Halt gemacht. „Sie ist in Panik geraten, dass wäre sie sowieso. Sie hat Höhenangst.“ Ein dumpfer Schlag. Neben ihr kam Shikamaru hart auf der Erde auf. „Rührt sie nicht noch einmal an! Und jetzt zeigt mir den Weg zu dieser Frau.“ Gelassen rappelte sich Shikamaru wieder auf, aber seine Miene hatte härtere Züge angenommen. „Wieso vertraust du mir nicht?“ Neji hatte ihm den Rücken zugedreht und beugte sich über sie um zu sehen, ob sie bei Bewusstsein war. Sein Schatten fiel auf ihr Gesicht. „Weißt du, was ich war, bevor ich Samurai wurde?“ Niemand sagte etwas. „Ich war ein Dieb, habe gestohlen, um zu überleben. Dann haben die Steuereintreiber meine Cousine verschleppt, ich wollte sie befreien, aber als ich die Chance hatte, da hat man mich niedergeschlagen. Ich traue keinem von deinem Format. Nur weil ihr die Macht habt Dinge zu tun, oder sie tun zu lassen, weidet ihr euch an der Angst derer, die euch ausgeliefert sind. Und du! Dich interessiert nichts. Nichts! Es ist dir einfach gleichgültig. Deshalb vertraue ich dir nicht.“
 

Shikamaru schwieg. Es schien, als wolle er nichts mehr sagen, aber Tenten täuschte sich. „Und sie“, sagte er leise, „sie ist die mächtigste Frau im gesamten Fürstentum und ihr vertraut Ihr? Warum?“ Neji antwortete nicht. Er schien mit einem Mal völlig aus dem Konzept gebracht. „Ich…“, begann er, „Ihr denkt ich vertraue ihr?“ „Haltet mich nicht zum Narren, Ihr seid mehr als nur ein Krieger, der ihr Treue geschworen hat.“ Neji sagte etwas, aber Tenten verstand es nicht richtig.
 

„Neji“, sagte sie leise. Die beiden Männer drehten sich zu ihr um, als sie sich aufzurichten versuchte. Sie mussten erwartet haben, dass sie nichts mitbekam … „Wir … wir müssen weiter.“ Schwankend stand sie auf, brach aber sofort unter dem schmerzenden Bein zusammen. „Tenten-Hime…“ Seit langem konnte sie in seinen Augen wieder etwas anderes sehen, als diese Neutralität und Ablehnung. Tenten versuchte es noch mal, allerdings wieder mit demselben Ergebnis. Schließlich schüttelte Shikamaru den Kopf. „Da gibt es nur eine Lösung. Einer von uns muss sie tragen.“ „Und was ist mit Lee?“ „Es war von Anfang an ein Glücksspiel, der andere von uns muss ihn tragen.“ „Nein.“, sagte Tenten. „Ihr könnt nicht riskieren, dass Ihr sein Leben verwirkt, nur um mir Schmerzen zu ersparen.“ „Was sollen wir denn dann tun?“, sagte Shikamaru leise. „Lasst mich hier.“, antwortete sie.
 

„Niemals.“ Überrascht sah Tenten Neji an. „Was?“ „Ich lasse Euch nicht zurück, nicht einmal, wenn Lees Leben dadurch verwirkt ist.“ „So denkst du also darüber?! Du stellst mein Leben über seins!“ Tenten merkte nicht, wie sie anfing vor Wut zu zittern. Ihre Hände ballten sich zu Fäusten und ihre Augen funkelten ihn an. „Ihr seid nicht befugt, mir irgendetwas zu befehlen, Samurai. Lasst mich hier, das ist ein Befehl.“
 

„Schluss“, unterbrach Shikamaru ihren Wutausbruch. „Wir werden alle gehen.“ Damit stiefelte er los und hievte Lee auf seinen Rücken, sodass dieser möglichst wenig Schaden nahm. Noch bevor Tenten etwas erwidern konnte, sagte er: “Ihr mögt vielleicht viel Macht besitzen, aber mir befiehlt niemand etwas. Wir gehen.“ Damit ging er los, ohne seine Begleiter auch nur eines Blickes zu würdigen.
 

Tenten sah zu Neji herauf, der mit undefinierbarer Miene auf sie herabblickte. „Lass mich hier“, flüsterte sie, „bitte…“ Neji antwortete nicht und starrte mit ausdruckslosem Gesicht in die Ferne. Er ging nicht, aber er ließ sie auch nicht allein. Es schien beinahe so, als sei in ihm ein Konflikt ausgebrochen, dessen beiderseitige Argumente er gegeneinander abwog. Sie mussten eine Ewigkeit so dagestanden haben, doch plötzlich meinte sie, etwas in Nejis Blick gesehen zu haben. Noch bevor sie reagieren konnte, legte er ihren Arm um seinen Hals und hob sie hoch. Er sah sie nicht einmal an, aber Tenten war sich sicher, dass es ihm nicht gleichgültig war, er musste mit sich selbst kämpfen. Langsam setzte er Schritt vor Schritt.
 

Sie spürte die Wärme seines Körpers und wie ihr Körper mit seinen Bewegungen mitging. Tenten spürte seinen Herzschlag in seiner Brust, gleichmäßig und kraftvoll. Aber diesmal war es ein anderer Takt als ihr eigener. Das war viel schlimmer, als immer darauf zu achten, auf Abstand zu sein. Es war eine Qual, ihm so nah zu sein und doch zu wissen, dass Welten zwischen ihnen lagen. Das Blut lief an ihrem Bein herunter und sickerte in ihre Kleidung. In ihrer Brust verkrampfte sich ihr Herz.
 


 

~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~
 


 

Seit dem Überqueren der Brücke waren drei Stunden vergangen und sie waren nur langsam vorangekommen. Allerdings hatte keiner mehr gesprochen. Shikamaru war es zu lästig, da sich seine Gesprächspartner in mancherlei Hinsicht als unglaublich stur herausgestellt hatten; Tenten war tief in Gedanken versunken, damit beschäftigt sich ihren Schmerz nicht anmerken zu lassen und Neji dachte nach. Obwohl er sich äußerlich gefasst gab, war sein Inneres aufgewühlt. Einerseits war er wütend auf Shikamaru, den er wegen seiner Gleichgültigkeit immer mehr verabscheute.

Wie konnte er so ruhig sein, wenn ein Leben von seinem Einsatz abhing? Und er war wütend, weil dieser verwöhnte kleine … er dachte den Satz nicht zu Ende. Auch wenn er es nicht wahrhaben wollte, der Erbe der Naras hatte ihn genauer durchschaut, als ihm lieb war. Und das war etwas, was er ganz und gar nicht leiden konnte, er wollte einfach nicht, dass wildfremde Menschen zu viel von ihm wussten.
 

Neji blickte nach vorn. Die Luft war merklich dünner geworden, das Atmen viel ihm schwer und auch die Kletterei war noch schwieriger geworden, sodass er darauf achten musste, dass er jeden Schritt richtig setzte. Erst recht mit Tentens Last auf seinen Armen, denn wenn er fiel, dann würde er sie mit sich reißen.

Er sog die Luft ein und fühlte wie ein eiskalter Hauch seine Lungen füllte. Vor ihnen verdichtete sich der Nebel und ließ gerade so erahnen, wohin sie gingen. Aber so weit er es beurteilen konnte, hatten sie bereits ein gutes Stück zurückgelegt. Auf einmal knirschte es unter seinen Füßen. Überrascht blickte er nach unten und erkannte vor sich eine schneebedeckte Fläche. Shikamaru hatte es auch bemerkt und im selben Moment begann er vor sich hin zu fluchen. Ein Wunder, dass er Lee noch nicht fallen gelassen hatte.
 

„Was ist?“, fragte Tenten. Seine Augen huschten eine Millisekunde zu ihr, trafen den Blick aus ihren dunkelbraunen Augen und fixierten dann wieder den Weg vor ihm. Ihre Nähe wurde ihm mit jedem Augenblick immer bewusster. Er spürte ihren Atem, der in kleinen Wölkchen vor ihrem Gesicht aufstieg und die Wärme, die durch ihren Körper auf seinen überging. Wäre da nicht dieser Abgrund zwischen ihnen gewesen, hätte er diesen Moment vielleicht genossen. Diesen stillen Moment, der jetzt zu einer schweigenden Qual wurde. Neji wusste, dass er stark genug war, aber manchmal … manchmal, da wünschte er, er wäre es nicht. „Wir sind bald am Gipfel“, antwortete er nur.
 

Nach einer Weile war der Schnee so tief, dass Neji bis zu den Waden darin versank, seine Kleidung war bald durchnässt und seine Beine steif, aber er ging weiter. Sein Blick immer auf den weißen Ozean gerichtet, der kein Ende zu haben schien. Vom Himmel fielen Flocken, die sanft auf der Erde aufkamen. Auf eine merkwürdige Art beruhigte Neji dieses Schauspiel, es war, als hätte er für kurze Zeit sein inneres Gleichgewicht wiedergefunden. Hier war die Welt noch in Ordnung, bis hierher drang kaum jemand vor. Es war ein Pfad der Einsamkeit, den nur jene einschlugen, die es mussten oder auf der Suche nach sich selbst waren. War er jetzt schon so erschöpft, dass er über die Welt philosophierte?
 

Beim nächsten Schritt sackte er bis zu den Knien ein. „Neji… bitte, ich kann selbst gehen. Es wird zu viel für dich.“ Etwas in Tentens Stimme klang verlockend, aber er wusste, er durfte nicht annehmen, sie würde nicht einmal fünf Meter weit kommen.

Er wollte sie ignorieren, er wollte so tun, als wäre sie gar nicht da, aber es war ein Ding der Unmöglichkeit. Es hätte ja so vieles einfach gemacht … Er zog sie dichter an sich heran, atmete dabei ihren Geruch ein und verteilte ihr Gewicht erneut auf beide Arme. Tenten war nicht schwer, aber es war anstrengend seine Arme dauerhaft so stark zu belasten. Beim nächsten Schritt spürte er den Fels unter sich. „Nein“, sagte er schlicht.
 

„Wo bleibt Ihr denn, Samurai?“, hörte er in der Ferne Shikamaru rufen. Viel zu weit weg und seine Silhouette zeichnete sich nur Schemenhaft im Nebel ab. Sofort beeilte Neji sich zu ihm aufzuschließen, aber es dauerte doch noch eine geschlagene Viertelstunde, bis sie wieder nebeneinander hergingen. Nur ihre Fußspuren blieben im Schnee zurück.
 

„Wir sind bald da“, durchbrach Shikamaru schließlich das stundenlange Schweigen. „Habt Ihr etwas erkannt, Shikamaru-San?“, fragte Tenten. Der Nara drehte seinen Kopf zu ihr. „Einst“, sagte er, „nannten sie diese Gegend hier ‚Das Plateau des eisigen Schweigens’. Es gibt kein Leben hier und doch zählt es zu den außergewöhnlichsten Gegenden unseres Landes. Viele Poeten haben darüber geschrieben, weil sie die Einsamkeit hier so sehr fasziniert hat. Irgendwo hier lebt Tsunade-Sama.“ Tentens Augen leuchteten auf. Neji spürte, wie die Kraft in ihr zurückkehrte, wie die Hoffnung in ihr wuchs.
 

„Wie lange ist es noch bis Sonnenuntergang?“, warf er ein. „Zwei Stunden.“ „Das ist nicht mehr viel Zeit, oder?“ Mit zusammengekniffenen Augen starrte Shikamaru in den Schnee. Es verging eine ganze Weile, bis er etwas sagte, doch schließlich schlug er resigniert die Augen nieder. „Lasst es mich so sagen, Tenten-Hime. Finden wir sie nicht bevor die Nacht anbricht, wird Lee nicht der einzige sein, der sein Leben in dieser Eiswüste lässt.“ „Sagt doch nicht so etwas Shikamaru-San, ich-“ Weiter kam sie nicht, denn Neji hatte sie blitzschnell zur Erde gleiten lassen und im Zeitraum eines Augenblicks seinen Bogen gezogen, einen Pfeil angelegt und auf eine Stelle im Nebel gerichtet. „Neji? Was?“, brachte sie heraus und auch Shikamaru schien zum ersten Mal angespannt zu sein. „Wir sind nicht allein“, sagte Neji zwischen zusammengepressten Lippen.
 

„Ich weiß, dass Ihr da seid und ich warte nicht bevor Ihr Euch zu erkennen gebt. Zeigt Euch!“ Seine Stimme klang beängstigend dünn in der Stille. Es war fast, als würde sie vom Nebel verschluckt werden oder im Schneegestöber verschwinden. Eine ganze Weile geschah nichts. Nur der Pfeil mit dem der Samurai noch immer auf eine imaginäre Person zielte, zitterte ein wenig.
 

„Da ist niemand, Neji-San“, sagte Tenten. Doch Neji beachtete sie nicht, er rührte sich keinen Millimeter, sein Körper zitterte vor Anspannung. „Zeigt euch!“, rief er. „Sie hat recht, Samurai. Eure Sinne haben Euch einen Streich gespielt, wir sind schon viel zu lange in dieser Einöde“, erwiderte Shikamaru. „Ich irre mich nicht“, antwortete er schlicht.
 

Sie alle verharrten in der Position, in der sie gerade waren. Sie wagten nicht zu atmen, die Stille erdrückte sie fast und dann hörten sie Schritte im Schnee. Im Nebel wurde eine Gestalt sichtbar, deren Umrisse mit jedem Schritt deutlicher wurden, den sie sich näherte.
 

Das Licht der fahlen Sonne fiel auf ihre Gesichtszüge und endlich konnten sie sie erkennen. Sie war eine Frau von schlichter Eleganz. Die Fremde trug einen grünen Kimono mit einem festen Umhang darüber. Sie hatte kurze dunkelbraune Haare, die sanft ihr Gesicht umrahmten, ihr Blick aber war fest und unbeirrbar.
 

„Was wollt Ihr in dieser Einöde? Warum stört Ihr den Frieden, der hier währt?“, fragte sie.

Tenten versuchte sich aufzurichten, aber es gelang ihr nicht richtig. An ihrer statt antwortete Shikamaru: „Wir sind auf der Suche nach der Ärztin Tsunade, wir wollen sie bitten unseren Freund zu retten, der dem Tode nahe ist.“ Misstrauisch betrachtete sie Tenten, Neji und Shikamaru. „Wer seid Ihr?“ „Mein Name ist Shikamaru Nara, meine Familie hat seit Generationen über diesen Berg gewacht. Dies sind Tenten, die Tochter Mao-Chéngs und der ihr untergebene Samurai Neji. Wir wollen Euch nichts Böses. Wisst Ihr, wo Tsunade-Sama ist?“
 

Erstaunt hatten sich die Augen der Fremden geweitet, doch schließlich ließ die Anspannung ihres Körpers nach und sie drehte sich um zum Gehen. „Ich habe nicht erwartet jemanden wie Euch hier anzutreffen Nara-San, Tenten-Hime, Samurai. Mein Name ist Shizune, ich diene Tsunade-Sama und ich werde Euch zu ihr bringen.“
 

Die Gefährten entspannten sich, schließlich ließ Neji den Bogen sinken und befestigte ihn wieder auf seinem Rücken. Er hob Tenten hoch und folgte gemeinsam mit Shikamaru der Frau namens Shizune.
 


 

~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~
 

Voller Erstaunen betrachtete Tenten den Tempel, der von einer festen Nebelwand eingehüllt war. Sie hatte erwartet eine schlichte Behausung vorzufinden, wie vielleicht bei einem Eremiten, aber wenn sie es recht bedachte, hatte sie sowieso keine allzu genaue Vorstellung von Tsunade gehabt. Sie hätte nicht gedacht, dass es sich bei einer Frau wie Tsunade um eine Priesterin handeln musste. Der Tempel musste vor Generationen errichtet worden sein, denn Verzierungen und Dach waren nach altmodischer Bauart errichtet worden. Es führten steinerne Stufen zum Schrein, der auf einer Anhöhe stand. Wie auch die Treppen war auch das Geländer und der Schrein aus Stein gebaut, lediglich die Terasse um das Gebäude herum, schien aus Holz zu sein. Es war zweistöckig, hatte ein Pagodendach und war größer als sie angenommen hatte. Es füllte fast eine so große Fläche aus wie die Adelshäuser in Konoha-Gakure.
 

Gerade trat Shizune aus dem Tempel hervor; sie spürte, wie alles in ihr danach strebte zu ihr zu laufen und sofortige Hilfe zu verlangen, doch ihr verletztes Bein versagte ihr den Dienst. Dazu kam auch noch die andauernde Kälte, Shikamaru und Neji mochten es nicht zugeben, aber auch ihre Körper waren merklich steifer geworden, als am Beginn ihres Aufstiegs.
 

Shizune kam gemächlich auf sie zu und schließlich blieb sie vor der kleinen Gruppe stehen. „Tsunade-Sama wird Euch empfangen“, sagte sie. Sofort richtete sich Neji auf und auch Shikamarus Aufmerksamkeit schien geweckt. „Nara, wir bringen Lee zu ihr“, befahl der Samurai. „Nein!“, fuhr Shizune dazwischen. Neji hielt inne und auch Shikamaru wirkte überrascht. „Was? Ich dachte, sie wollte Lee helfen“, fragte Neji wütend. Shizunes Blick wurde sanfter. „Tsunade-Sama hat noch nicht darüber entschieden. Sie möchte mit Euch reden, Tenten-Hime.“ Tentens Augen weiteten sich vor Überraschung, sie hatte erwartet, dass die Priesterin zuerst mit Shikamaru reden wollte. Shizune blickte zu Neji und Shikamaru, „Allein“, fügte sie hinzu.
 

Tenten blickte noch einmal zu Shikamaru und Neji zurück, aber beide wirkten verunsichert. Zögernd versuchte sie Shizune zu folgen, die bereits am Eingang des Tempels auf sie wartete, doch es fiel schwer. Selbst, wenn sie ihr Gewicht auf das gesunde Bein verlagerte, kam sie nur langsam voran.
 

Es dauerte fast zehn Minuten, bis sie die Frau erreichte und Tenten wurde die Ahnung nicht los, das bereits das Ertragen ihrer Schmerzen zu einer Art Test gehörte. Kaum war sie bei Shizune angekommen, da öffnete diese auch schon die schweren Türen des Tempels und deutete ihr einzutreten. Die Türen schlossen sich hinter den beiden Frauen.
 

Die Wände des Tempels waren aus kastanienbraunem Holz und wurden von Kerzen erleuchtet, die auf metallenen Kerzenhaltern an den Wänden befestigt waren. Es war ein düsterer, gedämpfter Schein, der den Gang mit flackerndem Licht erfüllte. So unheimlich es auch war, Tenten war mehr als dankbar, dass sie der tödlichen Kälte entkommen war. Mit leichtem Schuldgefühl fielen ihr ihre Begleiter ein, die immer noch draußen waren, aber sie schob den Gedanken beiseite. Das Hier und Jetzt zählte.
 

Sie gingen über vier Flure und dann über eine Treppe, die in das Obergeschoss führte. Es gab keine Fenster hier und so war auch die Luft voll vom Geruch des Kerzenrauches. Schließlich standen sie vor einer schlichten Tür und Tentens Herzschlag beschleunigte sich augenblicklich. Gegen ihren Willen wurde sie nervös, viel zu nervös. Wieso machte sie sich Sorgen, wenn diese Frau Lee doch endlich retten würde?
 

Als hätte sie ihre Gedanken gelesen, drehte sich Shizune zu ihr um und schien in ihren Zügen zu lesen. Die Dienerin betrachtete ihr Gesicht und schien die Angst darin zu erkennen. Mit einem Mal wurde ihr Gesichtsausdruck viel sanfter und ein aufmunterndes Lächeln bereitete sich darauf aus. „Ihr braucht keine Angst haben, Tenten-Hime. Tsunade-Sama ist sehr warmherzig, auch wenn man es nicht sofort bemerkt.“ Tenten blickte zu ihr und lächelte etwas verunsichert zurück. „Vielleicht habt Ihr Recht, Shzizune-San, danke.“ Dann öffnete sie die Tür und ging langsam in den Raum.
 

Die Wände waren mit dunkelroten und goldenen Stoffen behängt und das Mobiliar war bis auf einige Regale sehr rar. Am Ende des Raumes, der eine erstaunliche Länge besaß, stand ein kleiner Tisch, auf dem viele Kleinigkeiten herumlagen. Irgendwo hier brannte ein Räucherstäbchen, der Geruch war jedenfalls unverkennbar. Bis auf ein halbes Dutzend Kerzen gab es hier kein Licht und das wenige, dass diese verbreiteten, warf dunkle Schatten auf die Stoffe, sodass es fast wirkte, als würden diese hin und her wehen. Verunsichert schloss Tenten die Tür hinter sich und sah sich nach der Ärztin um. „Tsunade-Sama?“ Es kam keine Antwort. Sie musste doch da sein…

Tenten ging noch ein paar Schritte und hatte den Raum fast zur Hälfte durchquert, als sie eine Bewegung im Schatten wahrnahm. Hinten, fast am Ende des Raumes, saß eine Frau im Schneidersitz und hatte die Augen geschlossen. Ihre Hände lagen auf ihren Knien und die Finger waren merkwürdig abgespreizt. Tenten stockte der Atem. Tsunade war eine Frau von atemberaubender Schönheit. Ihre Haut war fast so hell wie der Schnee und ihr Haar war von einem satten goldblond, das ihr in zwei Zöpfen auf die Brust fiel. Auf ihrer Stirn prangte ein rautenförmiges Zeichen, von dem Tenten nicht sagen konnte, ob es eintätowiert oder darauf gepinselt worden war. Sie trug einen lindgrünen Kimono, dessen Ärmel weit ausgeschnitten waren und darüber so etwas wie einen ärmellosen Umhang, der bis auf den Boden reichte. Ihre Hände waren schmal und trotzdem kräftig. Vor ihr stand ein kleiner Tisch, auf dem ein Räucherstäbchen abbrannte.
 

„Komm näher, Tenten“, durchbrach eine volle kräftige Stimme die Stille. Tenten zuckte vor Schreck zusammen, sie hatte nicht erwartet, dass die Priesterin sie bemerken würde, wenn sie doch zu meditieren schien. Zögernd ging sie auf sie zu, wobei sie immer noch sehr langsam voran kam. Vermutlich hatten sich einige Holzsplitter in die Wunde gespießt. „Du bist verletzt?“, stellte die Priesterin fest. „Linkes Bein, würde ich sagen“, fuhr sie fort. Tenten konnte sich gerade noch fangen, bevor sie diesmal vor Überraschung fast gestürzt wäre. „Woher wisst Ihr das?“, hauchte sie. Tsunade schlug die Augen auf. „Die Leute sind dumm“, sagte sie dann. „Sie glauben, ich wäre nur eine alte Frau, die verrückt geworden ist. Sie haben längst vergessen, wer ich einmal war und wozu ich in der Lage bin.“
 

„Dann sind die Geschichten also wahr?“, hakte Tenten vorsichtig nach. „Manche Geschichten sind wahr und andere nicht, wobei die meisten Leute sowieso nur Mythen über mich gehört haben“, sagte die Priesterin. Ein Lächeln huschte über ihr Gesicht. Tenten durchquerte den Raum und blieb dann unschlüssig vor ihr stehen. „Setz dich“, sagte Tsunade und zündete eine Kerze an. Zögernd ließ Tenten sich vor ihr auf dem Boden nieder.
 

„Nun, warum bist du gekommen?“, fragte Tsunade und sah Tenten dabei direkt in die Augen. Das Mädchen wich dem Blick nicht aus. „Ich bitte Euch, Tsunade-Sama, rettet Rock Lee. Er … er ist mehr oder weniger ein Freund und er ist lebensbedrohlich verletzt worden, weil er versucht hat mich zu beschützen.“ Tsunade schwieg, schließlich griff sie hinter sich, holte eine Sakeflasche mit dazugehörigen Schälchen hervor und goss sich ein. „Warum sollte ich das tun? Ich habe lange mit dieser Welt abgeschlossen, die Vergangenheit liegt hinter mir, warum sollte ich noch einmal in die Geschehnisse der Gegenwart eingreifen und mich in diesen dummen Krieg einmischen? Ich bin niemanden verpflichtet, nicht einmal dir oder deinem Vater.“ „Ich … mir hat niemand gesagt, dass…“, stammelte Tenten. Tsunade setzte die Schale an die Lippen und trank sie mit einem Zug aus. Dann stellte sie sie zurück auf den Tisch. „Du hast geglaubt, du müsstest mich nur erreichen und dann würde ich dir sofort und bereitwillig helfen, nicht wahr?“ Verlegen sah Tenten zur Seite.
 

Eine ganze Weile verging und niemand sagte ein Wort. „Zeig mir deine Hände“, bat Tsunade schließlich. Verdutzt starrte Tenten ihr Gegenüber an. Hatten sie nicht gerade noch über Verpflichtungen philosophiert? Aber Tsunade zuckte nicht mal mit der Wimper und sah ihr ohne zu blinzeln weiter in die Augen. Langsam streckte Tenten ihr schließlich ihre Hände entgegen. Entgegen Tentens Vorstellung war Tsunade überhaupt nicht zimperlich, sie packte ihre Hände zog die Ärmel zurück und befühlte ihre Handflächen. Sie fuhr so eine ganze Weile fort und die Tochter des Fürsten begann sich zu fragen, was sie da eigentlich tat. „Hmm…“, sagte Tsunade, „wie ich sehe, benutzt du diese Hände nicht nur dazu dich fein zu machen, habe ich recht? Du bist eine Schwertkämpferin, auch wenn dein Stil völlig unausgereift ist.“ Tenten zuckte zusammen. „Woher wisst Ihr das?“ „Und du bist unruhig. Die letzten Tage müssen sehr anstrengend gewesen sein. Hast du Shikaku überreden müssen? Dieser alte Sturkopf“, fuhr die Priesterin fort, ohne auf sie zu achten.
 

„Eine Einheit der Rebellen hat uns angegriffen“, sagte Tenten, „und wir haben uns verletzt und mit unseren letzten Kräften zu den Naras durchgekämpft.“ „Schwierig, nicht wahr?“, warf Tsunade ein. „Ich weiß noch damals, als-“ Sie stockte. „Oh, ich glaube das war nicht so angebracht, was?“
 

Tsunade fuhr über ihre Fingerkuppen. „Du bist unruhig und traurig. Aber ich sehe noch etwas in dir: Du bist tief verletzt, habe ich Recht?“ Tenten zog ihre Hand weg. „Ich will nicht darüber reden“, sagte sie.
 

Tsunade goss sich noch eine weitere Schale mit Sake voll und hielt auch Tenten eine hin, die sie leicht entsetzt anstarrte und dann den Kopf schüttelte. Tsunade kippte den Alkohol herunter und verzog dann die Lippen. „Schreckliche Angewohnheit von mir, sag bloß Shizune nichts davon, sie kontrolliert regelmäßig meine Vorräte.“ Tenten starrte sie an. „Eigentlich ist der Sake ja für den Tempel“, fuhr sie fort. „Ihr versteckt den Sake?“ Tenten konnte ihren Ohren nicht glauben, die großartigste Ärztin hatte ein Faible für Sake.
 

Die Priesterin räumte die Schale mit einem leisen Geräusch weg. „Du sagst, ihr wärt den Rebellen begegnet. Normalerweise dürfte eine kleine Einheit doch nicht in der Lage sein so einen großen Trupp auszulöschen, oder?“ „Der Verräter Sasuke Uchiha hat sie angeführt.“ „Das muss sehr schlimm gewesen sein, nicht wahr?“ Tenten hielt ihre Hände an die Kerze um sie zu wärmen. Die Flamme warf Schatten auf die Innenseite ihrer Hände. „Ich kannte ihn vor seinem Verrat, ich mochte ihn nicht besonders, aber manchmal war es angenehm mit ihm zu reden, denn er war genauso allein wie ich.“ Tsunade schwieg und sie fragte auch nicht, was dann geschehen war.
 

„Ich war da, als die Rebellion begann“, sagte sie dann. „Ich habe gesehen, wie es seine Anfänge nahm. Ich sah, wie aus einer Freundschaft Hass wurde und wie die einstigen Bande zerfielen und einer Blutsfehde wichen. Nicht mein ganzes Leben habe ich hier gelebt, auch ich habe gekämpft. Amaterasu war einst mein Schwert.“ „Was?“ „Überrascht? Ich habe es selbst geschmiedet, aber als ich das Kämpfen aufgab und hierher kam, habe ich auch meine Waffe abgelegt und sie deiner Mutter gegeben. Nun beschützt sie dich.“ Tenten stützte ihre Ellbogen auf ihren Knien auf. „Ich habe nie daran gedacht, dass es so viele Zusammenhänge gibt.“ „Du redest nicht nur von dem Schwert, nicht wahr? Es ist die Rebellion, die dir Angst macht.“
 

Die Prinzessin strich sich eine Strähne aus der Stirn. „Heute Nacht hat man ein Attentat auf mich verübt. Es ist nicht so, dass ich Angst vor dem Tod hätte; es ist diese Gleichgültigkeit gegenüber anderen Menschen, vor der ich mich fürchte.“ Die Kerze flackerte auf und erlosch. „Hast du dich nie gefragt, wie die Rebellion zustande kam? Hast du dich nie gefragt, wo die Rebellen sind? Wenn du diesen Krieg aufhalten willst, dann musst die Gründe verstehen, wie es begann.“ Tenten lehnte sich nach vorne. „Heißt das, Ihr wisst, wie es begann?!“ Die blonde Frau neigte leicht den Kopf. „Das nicht, aber ich kenne den einzigen Hinweis, den es von den Rebellen gibt. Es ist ein Rätsel, es heißt niemand könnte es entschlüsseln, außer den Rebellen selbst.“ „Ihr kennt es?“ „Es wurde mir von jemanden anvertraut, der mir sehr wichtig ist, bis-“ Sie biss sich auf die Lippen. „Bis er von mir gegangen ist. Nach seinem Tod kehrte ich hierher und wandte mich ab von der Welt. Er war ein Rebell genau wie Sasuke Uchiha, aber im Gegensatz zu ihm kämpfte er für eine bessere Welt.“
 

Das Mädchen hatte ihr bis dahin schweigend zugehört und nicht einen Laut von sich gegeben, um kein Wort zu verpassen, aber jetzt war ihr die Neugier ins Gesicht geschrieben. Ein Windzug strich durch die Ritzen der Tür und löschte die restlichen Kerzen bis schließlich Dunkelheit um sie legte. Es war ganz still bis Tsunades Stimme die Stille durchbrach.
 


 

„Wenn Feuer auf Wasser trifft,

wenn Tag die Nacht ablöst,

wenn Yin und Yang eins werden,

dann wirst du finden, was du suchst

und erst dann wird es Frieden geben.“
 

Der Klang der Worte war so machtvoll, dass Tenten noch fast zwei Minuten das Echo in der Luft zu hören schien. Es schien, als wäre etwas Uraltes wieder zum Leben erwacht und nahm irgendwo in der Welt wieder seinen Platz ein. In ihren Gedanken wurde die Erinnerung immer stärker, bis sie sich schließlich so anfühlte, als wäre sie schon immer ein Teil von ihr gewesen.
 

„Was bedeutet das?“, flüsterte sie. Tsunade blickte ihr in die Augen. „Niemand hat dieses Rätsel je entschlüsselt, auch ich nicht. Und obwohl ich mir immer gewünscht habe so zu dem zu gelangen, den ich einst geliebt habe, war es mir verwährt. Es ist das größte Mysterium des Landes. Man kann es nur unter ganz bestimmten Bedingungen lösen, allerdings wird das heute wohl nicht mehr geschehen.“
 

Tsunade zückte ein Hölzchen und entzündete es mit dem noch immer brennenden Räucherstäbchen. Das Licht war nicht sehr groß, schien aber einen ungewöhnlich hellen Schein in der Finsternis zu haben. Tsunade richtete sich mit äußerster Geschicklichkeit wieder auf, stemmte die Hände in die Hüften und krempelte ihre Ärmel hoch.
 

„Ich habe mich entschieden, ich werde dir helfen. Wir dürfen keine Zeit verlieren, sonst stirbt Rock Lee noch, bevor ich bei ihm ankomme“.
 


 

~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~
 

Hallo ^^° Jetzt werdet ihr wahrscheinlich wieder denken: Das hat aber gedauert! Und Ja !!! Ihr habt verdammt recht, ich hab viel zu viel zu tun und bin daher stolz, dass ich das endlich mal fertig gekriegt habe. ^^ Na ja und es ist wieder so lang geworden und ursprünglich sollte es auch noch 2 szenen mehr haben, aber ich habe mir gedacht, wenn du bei 3/5 schon bei so viel bist, ist es mit dem Rest noch viel länger ^^°
 

Zu diesem Kapitel:

*Danke an Arethelya für das wiederholte Korrigieren !!!

*Wie findet ihr Tsunades Rolle???

*Der Name des Berges [Izanagi Izar] ist wieder an die japanische Mythologie angefügt und bedeutet: Urgott, das 'Izar' habe ich hinzugefügt.

*Was das Rätsel am Schluss angeht: Es ist die einzige Verbindung zu den Rebellen, wer das Rätsel löst, oder am nahesten dran ist, dem widme ich das Kapitel, wo es aufgelöst wird. Viel Spaß beim Raten XDD
 

*Ich hoffe, ihr seid jetzt glücklich: Es gab mal wieder etwas mehr Romantik ^^°

Und ich sage etwas, weil es traurige Romantik war ^^°
 

So, ich fasse mich heute kurz XDD Ich freue mich immer über Kommentare, sei es nun Kritik oder Lob, ich will EURE Meinungen !!!
 

hel

moony

~ Kapitel 19: Chess ~

~ Kapitel 19: Chess ~
 

Diplomatie ist ein Schachspiel, bei dem die Völker matt gesetzt werden.

[Karl Kraus]
 

~ ♣ ~
 

Tsunade beugte sich über Lee und ließ einen prüfenden Blick über seine Verletzung streifen. Sie legte die Hände auf seinen Brustkorb und tastete an der Wunde entlang. Dann prüfte sie seinen Pulsschlag. Langsam… schwach spürte sie das Pulsieren seines Blutes. Lee hatte nicht mehr viel Zeit. Sie spürte wie das Leben aus ihm wich und wie der Tod seine eisigen Finger nach ihm ausstreckte. Tsunade hasste es jedes Mal, wenn sie einen Verletzten sah, der ein Opfer in diesem Kampf wurde.
 

Tenten und Shizune standen stillschweigend hinter ihr und sahen der Ärztin bei der Arbeit zu. Ab und zu warf Tenten Shizune einen Blick zu, aber die hübsche Frau machte keine Anstalten ihn zu erwidern, was Tenten etwas stutzig werden ließ. Schließlich richtete sich Tsunade auf und verschränkte die Arme vor der Brust. „Es steht schlecht um ihn, ich muss ihn sofort behandeln. Shizune, bereite ein besonders starkes Betäubungsmittel vor und vergiss die kleinen Messer nicht, wir werden sie alle brauchen.“ Shizune verbeugte sich schnell vor der Priesterin und eilte mit einem schnellen „Ja, Tsunade-Sama“ davon.
 

Tsunade wandte sich an die Tochter des Fürsten: „Tenten, ich werde nicht erlauben, dass du dir das mit ansiehst, du hast bereits genug Leid gesehen. Geh und hol Nara und den Samurai. Ihr könnt in einem anderem Raum warten.“ „Aber er hat mir das Leben gerettet und ich-“ „Du“, unterbrach sie die Ärztin, „hast bereits mehr für ihn getan als ein anderer in einem halben Leben, aber während einer Operation dulde ich niemanden, der mir nur im Weg steht.“ Tenten war wie erstarrt. Sicher, Tsunade hatte recht, sie hatte wirklich keine Ahnung. Aber… aber wieder wurde sie vor die schmerzliche Gewissheit gestellt, dass sie nutzlos war. Dass man sie nicht brauchte…
 

„Geh jetzt“, sagte Tsunade. Tenten zögerte nicht und verließ beinahe fluchtartig den Raum, gerade als Shizune mit einem Tablett mit kleinen Instrumenten zurückkam. Shizune sah die Ältere fragend an: „War das wirklich notwendig, Tsunade-Sama?“ Ohne ihre Untergebene anzusehen, bereitete die Blonde mehrere der Instrumente auf einem kleinen Tisch aus und hievte Rock Lee danach auf eine erhöhte Holzplatte, die Shizune zuvor desinfiziert hatte. Dann hielt sie inne. „Hast du dieses Mädchen je reden gehört, Shizune? Sie ist stark und sie wird eine großartige Herrscherin werden, aber sie ist naiv. Sie weiß nicht, wozu ihre Feinde in der Lage sind. Es ist zu früh, dass sie das ganze Ausmaß der Grausamkeit der Menschen kennen lernt.“ Die schwarzhaarige Frau warf Tsunade einen zweifelnden Blick zu: „Sie hat bereits gesehen, wozu die Rebellen in der Lage sind.“ Die Ärztin blickte sie durchdringend an und schien dann nicht so recht zu wissen, ob sie noch etwas preisgeben sollte. „Die Welt ist nicht geteilt in Gut und Böse“, sagte sie langsam; „es sind nicht nur die Rebellen, die Gräueltaten begehen, aber lass uns jetzt nicht von Schuld und Unschuld reden, wir haben zu tun…“
 

Tsunade wusch sich die Hände und desinfizierte sie anschließend, dann griff sie nach einem mittelangen Messer und machte einen Schnitt in den Stoff von Lees Hemd. Shizune, die ihr nun gegenüber stand schlug den Stoff auseinander und befreite Lee von den straffen Verbänden, die um seinen Oberkörper gebunden waren. Shizune riss die Augen auf und schlug sich die Hand vor den Mund.
 

„Das ist schlimmer, als ich erwartet hätte“, murmelte Tsunade. „Hol sofort ein Entgiftungsmittel!“ Die Ärztin beugte sich über Lees Körper, der vom Fieber immer noch schweißnass war. Die Wunde war bereits zugenäht, wie Tenten ihr vorhin berichtet hatte. Doch das war mehr schlecht als recht geschehen. Laut dem Mädchen hatten sie seine Wunden zwar zuvor ausgespült, aber da sie sich in der freien Natur befunden hatten, hatte es keine ausreichende Hygienemöglichkeit gegeben. Der Schmutz war in der Wunde geblieben und durch das Vernähen der Verletzung in Lees Körper geblieben, was dazu geführt hatte, dass sie sich entzündet hatte und das Ganze noch schlimmer gemacht hatte. Hinzu kam der hohe Blutverlust, dem der Krieger längst erlegen wäre, wäre er nicht wenigstens provisorisch behandelt worden. Er hatte vielleicht noch ein paar Stunden.
 

„Tsunade-Sama!“ Tsunade blicke auf, als ihre Dienerin, die wieder zur Tür herein kam, nachdem sie die Medizin geholt hatte, ihr ein Fläschchen reichte. Sie nickte Shizune zu und nahm dann ein anderes Messer mit dem sie die Fäden auftrennte. Mit geschickten Handgriffen zupfte sie alle Reste aus der Wunde, die nun offen lag und einen ekelerregenden Geruch verströmte. Die Verletzung war tiefer als sie angenommen hatte und bei einigen Stellen erkannte sie bestimmte Symptome für eine Entzündung der Wunde. Sie war bereits über die Maßen gerötet, einige Teile des Fleisches schienen überhaupt nicht mehr durchblutet zu werden und sie eiterte stark. Zu Lees Glück schien es eine Fleischwunde zu sein, die die inneren Organe unbeschadet ließ.
 

Tsunade setzte das Messer an und schnitt langsam das nutzlose Fleisch weg, was zur Folge hatte, dass sie auch den Eiterbestandteil der Wunde entfernte. Sofort fing die Wunde an zu Bluten und machte es der Ärztin unmöglich etwas zu erkennen. „Hol das heiße Wasser, Shizune, wir müssen die Wunde ausspülen.“ „Das habe ich bereits vorbereitet.“ Shizune hob einen kleinen Behälter hoch, der dampfendes Wasser enthielt. Tsunade nickte ihr zu. Schon als das Wasser auf der Wunde aufkam, begann Lees Körper sich mit allen Mitteln gegen die neuen Umweltumstellungen zu wehren. Sein Körper bäumte sich gegen die Hitze auf und begann dann unregelmäßig zu zittern. Hätte Shizune Lees Oberkörper nicht festgehalten, wäre Tsunade wahrscheinlich nicht in der Lage gewesen ihm noch zu helfen. Schließlich war das Blut größtenteils weggewaschen und die Wunde ausgespült. Lee lag ruhiger. Tsunade griff nach dem Fläschchen, das ein Naturheilmittel enthielt, das sie aus verschiedenen Kräutern hergestellt hatte. Sie ließ ein paar Tropfen auf die Wunde fallen und nach ein paar Minuten ließ der Blutfluss nach. Tsunade fuhr sich mit dem Armrücken über die schweißnasse Stirn. Langsam wurde ihr unter dem Mundschutz und der weiten heiß gewaschenen Robe ziemlich warm, was die Behandlung beeinflussen konnte. Sie musste sich beeilen.
 

Dann tupfte sie die Verletzung mit einem sauberen Tuch ab. Die Wunde war sauber, eiterfrei und bis auf Weiteres gereinigt. „Wird er durchkommen?“, fragte Shizune nach einer Ewigkeit. Tsunade runzelte die Stirn. „Wasch dir die Hände und drücke dann die Wundränder zusammen.“ Shizune warf Tsunade einen Blick zu, doch die Priesterin beachtete sie nicht, sondern wusch sich jetzt selbst die Hände. Shizune folgte der Anweisung und die Ärztin nahm Nadel und Faden und begann damit die Wunde zuzunähen.

„Tsunade-Sama?“, fragte Shizune vorsichtig. Tsunade stach in das Fleisch und fügte so die Teile der Wunde wieder perfekt zusammen. Sie spannte den Faden straff und schnitt dann das Ende ab, als sie die Wunde zugenäht hatte. Eine kleine ordentliche Naht blieb zurück.

„Ich weiß es nicht“, sagte sie dann. „Wir haben den Schmutz aus seiner Wunde entfernt und die Blutung gestoppt, aber er hat sehr viel Blut verloren.“ Shizune schwieg, sie kannte diese Art von Antworten von Tsunade. „Gib ihm nachher noch eine halbe Flasche mit Stärkungsmittel. Und denk daran, die Salbe auf seine Wunden aufzutragen und ihm einen frischen Verband umzulegen.“ Shizune nickte und wollte schon losgehen, aber irgendetwas hielt sie zurück. Rock Lee lag regungslos auf dem Tisch und schien zu schlafen. Tsunade schloss für einen Moment die Augen und Shizune erkannte in ihren Zügen denselben Schmerz wie damals, als sie hierher gekommen waren. Als Tsunade entschieden hatte abseits der Welt zu leben und sie, Shizune, ihr geschworen hatte ihr zu folgen, was auch immer geschehen möge. „Er wird eine Narbe davontragen“, sagte Tsunade leise, „… eine körperliche und eine seelische…“
 

~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~
 


 

Sie wusste nicht mehr, wie lange sie schon in diesem Raum befand und wartete. Vielleicht schon die ganze Nacht hindurch oder nur ein paar Stunden. An Tenten schritt die Zeit vorbei als wäre sie schon immer hier gewesen. Wenn man allein war verblasste die Zeit. Sie fühlte sich als ob sie schon ihr ganzes Leben an diesem einsamen Ort verbracht hatte und auf etwas wartete. Ein Zeichen, dass es etwas gab was gerecht war. Die ganze Zeit war sie in Gedanken versunken und wiederholte doch nur einen Satz in ihren Gedanken: Bitte, lass ihn nicht sterben, lass ihn nicht für etwas sterben, was mein Tod gewesen wäre.
 

Es war ein ruhiger Raum mit dunklem, poliertem Holz und einem kleinen Fenster, durch das nur spärlich Licht fiel. Irgendwann hatte ihr auch die Anwesenheit von Neji und Shikamaru nichts mehr ausgemacht, die weit voneinander entfernt auf dem Boden saßen und vor sich hinstarrten. Kein Wort. Die Stille zwischen ihnen war so intensiv, dass man sie beinahe greifen konnte. Sie mochten nicht die gleichen Vorstellungen haben, sie mochten anders leben, aber in diesen Momenten der Stille spürte sie ganz deutlich, dass auch sie über den Tod nachdachten und ebenso litten wie sie. Und allein das machte wohl das Menschsein aus. Keine Herkunft oder Ehre oder keinen Ruhm. Es war die Fähigkeit Mitgefühl zu haben und sich nicht abzuwenden.
 

Tenten wusste nicht recht, was sie von dieser Situation halten sollte. Sollte sie froh sein, weil sie alle dasselbe fühlten, oder Angst haben, weil dieses Schweigen ihre Situation noch klarer machte: Wenn Lee starb, war ihre Mission gescheitert, sie wären zu schwach gewesen sein Leben zu retten… Sie hatte hoch gepokert und würde tief fallen, wenn Lee starb. Denn das Bündnis, das den Frieden ermöglicht hätte, würde nie entstehen, und dann hätte sie das Vertrauen Shikaku Naras verspielt. Den einzigen Vorteil, den sie noch hatten.
 

Das Land war in ein Schachspiel geraten, in dem es keinen Sieger geben konnte. Zug um Zug setzte ihr unsichtbarer Feind seine Figuren. Lee würde nur ein einfacher Bauer sein, den man opferte, in dem Spiel, das über das Schicksal entscheiden würde.
 

Alles hing zusammen. Der Tod und das Leben waren so untrennbar verbunden, dass sie sich fürchtete. Das Leben war unendlich. Der Tod war unendlich. Niemand wusste genau, was sie waren, diese Kräfte, die einen ewigen Tanz beschritten. Gab es Leben, dann würde man sterben und solange die Erinnerung existierte, war man nicht tot. Und irgendwann entstand aus der Asche heraus ein neues Leben.
 

Tenten spürte, wie die Angst von ihr Besitz ergriff. Sie wollte nicht, dass Lee starb. Er sollte sein Leben nicht gegeben haben nur für sie. Sie war jemand, der Macht besaß, aber letztlich war sie doch wie jeder andere… Ein Mensch.
 

Auf einmal wurde die Tür geöffnet und Tsunade kam erschöpft in den Raum. Sofort hatte sie die volle Aufmerksamkeit und selbst Shikamaru schaute einigermaßen interessiert. Es war beinahe so, als wäre plötzlich eine rege Lebendigkeit in den Raum zurückgekehrt, die so intensiv war, dass sie augenblicklich die Stille verdrängte. Eine Anspannung, die von jedem von ihnen sofort Besitz ergriff. „Was… was ist mit Lee?“, fragte Tenten. „Er schläft jetzt“, antwortete Tsunade. Tenten spürte, wie ihre Hand zitterte. Es war nicht vorbei… Es gab Hoffnung, sie durfte nur nicht aufgeben sich dem Schicksal anzuvertrauen. Schicksal… Eigentlich hasste sie diese Vorstellung.
 

Die Ärztin sah sie lange an mit diesem durchdringenden Blick, als würde sie etwas in ihren Augen suchen. Suchte sie Stärke? Zum Ertragen eines möglichen Verlustes. Suchte sie Schwäche? Damit sie erkannte, dass auch sie, die Tochter des Fürsten, dazu im Stande war, ihre Maske fallen zu lassen, die sie in der Öffentlichkeit so sorgsam bewahrte. Oder suchte sie nach einer ganz anderen Reaktion? Tsunade überraschte sie.
 

„Euer Freund ist ein komplexer Fall.“ Damit waren auch Neji und Shikamaru angesprochen, die sie leicht überrumpelt ansahen, als Tsunade sie so plötzlich mit einbezog. „Wenn er überlebt, ist er ein medizinisches Wunder, wie ich noch nie eins erlebt habe. Denn eigentlich müsste er tot sein.“ Sie seufzte, stemmte dann die Hände an die Hüften und drückte den Rücken durch, wie um eine Verspannung zu lösen. „Ich habe ihn behandelt, weil ich glaube, dass sein Überleben etwas bewirken könnte. Aber er könnte genauso gut sterben“, fügte sie dann hinzu. Neji schwieg. Shikamaru schwieg. Und auch Tenten sagte kein Wort.
 

„Alles, was wir tun können, ist beten. Dieser Tempel ist der Göttin Kannon geweiht. Vielleicht hört sie auf Gebete. Vielleicht nicht. Bei den Göttern weiß man nie.“
 

Zum ersten Mal lächelte Tsunade und ein bisschen Glück schien zu Tenten zurückzukehren, als sie spürte, dass Tsunade wirklich darauf vertraute, dass Lee gesund werden würde. Oder waren das Erinnerungen an vergangene Zeiten? Sie wusste es nicht, aber sie war dankbar für die neue Kraft, die Tsunade ihr gab.
 

„Wir müssen jetzt warten, bis er aufwacht“, sagte sie, „Geht jetzt schlafen, sonst werdet ihr eure Kräfte vergeuden. Morgen könnt ihr zu ihm.“ Tatsächlich… es war Hoffnung, die die Ärztin ausstrahlte. Aber Tenten war sich nicht sicher, ob sie damit Lees Genesung meinte, oder etwas anderes. Tenten stand auf. Sie wollte nicht länger hier bleiben an dem Ort, wo es so still war. Und sie wollte auch nicht zu Lee. Sie brauchte etwas Zeit für sich selbst.
 

Die junge Frau ging zur Tür und musste daraufhin notgedrungen an der Ärztin vorbeigehen, die noch immer am Türrahmen lehnte. Für einen Moment traf sie ihren Blick, sah darin die unendliche Kraft und gleichzeitig ihre Schwäche. Die Zuversicht und die Zweifel. Tsunade war stark und sie hatte alles in ihrer Macht stehende getan, um zu helfen.
 

Es war ein einziges Wort, dass Tenten sagte, aber das war eindringlicher und ehrlicher als alles, was sie an diesem Abend gesagt hatte.
 

„Danke.“
 

~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~
 

Es standen keine Sterne am Himmel, sodass der Nachthimmel tiefschwarz wirkte und alles Licht verschluckte. Die Nacht war still heute. Hier gab es keine Geräusche, hier waren keine Menschen. Alles schlief und im Schutze der Nacht war er zurückgekehrt wie unzählige Male zuvor. Wie unzählige Male, als sich der Mond für ihn rot gefärbt hatte.
 

Dennoch setzte er seine Schritte leise und bedächtig. Die Luft war kalt geworden und manchmal stieg sein Atem in weißen Dunstschwaden in den Himmel hinauf. Doch er blieb regungslos, ließ sich von solch nichtigen Dingen nicht aus der Ruhe bringen. Er spürte die Kälte nicht und er fühlte auch keinen Schmerz. Es gab nur ein Ziel für ihn heute Nacht.
 

Die Häuser wirkten wie ausgestorben als er daran vorbei ging, auch hier waren die Leute gebrochen, wie überall im Land. Die Rebellen mochten für Freiheit und Gerechtigkeit kämpfen, die Armee des Fürsten mochte versuchen sie zu vernichten. Was blieb, war der Tod. Sie waren schon zu Tode verurteilt, wenn sie geboren waren. Es war eine seltsame Welt und irgendwann hatte er aufgehört einen Sinn zu suchen.
 

Er selbst hatte oft Leben genommen. Im Auftrag oder im Wahn und irgendwann hatte er aufgehört zu bereuen. Der Tod war Alltag in seinem Leben geworden. Immer und immer wieder. Allmählich hatte er ihn akzeptiert wie einen Weggefährten, der ihm überall hin folgte. Aber er blieb immer in Bewegung, damit der kalte Wanderer nicht auch nach seinem Leben begehrte.
 

Mit einem leisen, hellen Ton zog er ein Messer aus der Tasche an seinem Bein, das im gedämpften Licht der leeren Straßen matt glänzte. Bald würde er wieder Tod säen und das Land würde ins Chaos stürzen. Die Klinge lag fest in seiner Hand. Jahrelange Routine hatte ihm dieses Gefühl so vertraut gemacht wie das Atemholen.
 

Der Fremde setzte seinen Weg fort, ging durch die letzte leere Straße bis er vor dem gewaltigen Anwesen stand, das sich weit höher über die anderen Dächer erhob. Jetzt, wo es dunkel war, erschien es sogar noch gewaltiger. Aber was nütze das, wenn es trotz allem noch Schwachstellen hatte? Die Menschen hatten eine seltsame Art zu glauben, dass etwas Gewaltiges sie beschützen könnte. Ein Lächeln schlich sich über das sonst so regungslose Gesicht. Er kannte alle Schwächen, die sie zu verstecken versuchten, denn sie waren vorhersehbar und er wandelte sich. Er passte sich allen Verhältnissen an, durchbrach ihre Schutzwälle und schlüpfte durch ihre fein gewobenen Netze.
 

Ohne einen Laut hangelte er sich an der Wand hoch, die viele Rillen hatte, an denen er Halt fand. Mit Leichtigkeit schwang er sich aufs Dach, das ihn nicht mal einen Bruchteil seiner Kraft kostete. Die braunen Dachziegel glitzerten im Mondlicht, so glatt, dass ein normaler Mensch nach zwei Schritten abgerutscht wäre, doch den Fremden kümmerte es nicht: Er begann zu laufen, als ob er festen Boden unter den Füßen hätte. Das Dach flog nur so unter seinen Füßen hinweg und er selbst bewegte sich mit einer Schnelligkeit, die die Kraft eines normalen Menschen bei weitem überschritt.
 

Seine Schritte waren sicher gesetzt, niemals würde er stürzen, denn auch das war Teil seines Lebens, seines geheimen Lebens… Er sprang über den Abgrund, der zwei Dächer voneinander trennte, und kam federleicht auf der anderen Seite auf. Er folgte dem Dach etwa bis zur Mitte, dann wurden seine Schritte langsamer und als ob er plötzlich wüsste, dass sein Ziel nicht mehr fern war. Noch einmal blieb er stehen, prüfte seine Waffen und richtete dann seinen Blick auf das Fenster unter ihm.
 

Kalte Luft durchströmte seine Lungen, als er noch einmal einatmete und die vertraute Kraft in ihn zurückkehrte. Er spürte wie etwas in ihm erwachte und ihm seine Kraft gab. Die Gier nach dem Leben eines anderen.
 

Dann schwang er sich durchs Fenster und landete in einem leeren Zimmer. Vorsichtig schlich er sich durch den Raum und schob dann leise die Tür auf. Der Gang draußen war leer, aber er spürte, dass es trotz allem Wachen gab. Er griff in seine Tasche und holte ein Fläschchen heraus. Aus Erfahrung wusste er, dass es nicht lange dauern würde, bis die Betäubung wirkte, aber er musste trotzdem vorsichtig sein. Heute durfte es keinen Fehler geben...
 

Normalerweise war es ungewöhnlich für ihn ein Betäubungsmittel zu benutzen, aber mit einem Blutbad würde er zu viel Aufmerksamkeit auf sich lenken und zu viel Zeit verlieren. Das Risiko entdeckt zu werden war ebenfalls eine Komponente, die er nicht unbedingt einberechnen wollte.
 

Er schraubte die Flasche auf. Augenblicklich entwich der Rauch und verbreitete einen süßlichen Geruch, bei dem er darauf achtete ihn nicht selbst einzuatmen. Aber eigentlich brauchte er sich keine Sorgen machen, denn er trug einen Mundschutz und über die Haut konnte er das Gift nicht aufnehmen. Der Fremde wartete. Eine halbe Minute… eine Minute verstrich. Schließlich hörte er vom benachbarten Gang aus ein Geräusch, als würde etwas Dumpfes auf dem Boden aufkommen. Zweimal, dreimal … zum siebten Mal.
 

Dann schritt er den Gang entlang und kam schließlich auf einem zweiten Gang an, an dessen Seiten die Wachen zusammengesackt waren und tief schliefen. Er schraubte die Flasche zu und ging dann sicher durch ihre Mitte. Schließlich stand er vor seinem Ziel. Die schwere Holztür war verschlossen, aber für ihn stellte das kein Hindernis dar. Nach ein paar geschickten Handgriffen ließ sie sich öffnen und er betrat den Raum. Das Licht fiel durch den Spalt und beleuchtete eine liegende Gestalt, die mit dem Rücken zu ihm lag.
 

Er schob die Tür hinter sich zu und trat dann auf den Mann zu, der sich nicht rührte. Es war dunkel jetzt, nur das stetige Atmen des Schlafenden war zu hören. Ein und Aus. Leben und Tod. Es waren fast zwei Minuten, in denen er nur dem Atmen seines Opfers zuhörte und sich an der Macht labte, die er über ihn besaß. Dieser Mann war mächtig, doch für ihn war er nur einer unter vielen, die durch seine Hand sterben würden. Er hob den Dolch, der ein letztes Mal im Mondlicht aufblitzte und sich dann blitzschnell in das Herz Shikaku Naras bohrte…
 

~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~
 

Es waren zwei Tage vergangen, seitdem Tsunade Lee behandelt hatte und noch immer zeigte dieser keine Anzeichen von Erholung. Allerdings verschlimmerte sich sein Zustand auch nicht, was darauf schließen ließ, dass sein Zustand relativ stabil war. Nur… irgendwie festgefroren.
 

Neji blickte auf das blasse Gesicht des Kranken, der noch immer keine Anzeichen machte langsam zu erwachen. Er wusste nicht genau, warum er Lee derart bewachte oder darauf wartete, dass er aufwachte. Vielleicht war es auch nur, um den anderen auch mal ein paar Minuten für sich zu geben.
 

Tenten war fast jede freie Minute in Lees Zimmer, starrte ihn an und kam trotzdem zu keinem Ergebnis. Sie verwunderte ihn, denn eigentlich hatte sie keinerlei Bezug zu Lee. Da war nichts, was sie auf besondere Weise mit einem ihrer Diener verbunden hätte. Er hatte es nicht sehen wollen, er hatte es einfach hinnehmen wollen, aber Tenten trauerte. Um die, die gefallen waren. Um Lee. Und um ihre eigene Schwäche. Eine Herrscherin sollte nicht so sein, sie sollte den Tod ertragen können und es für selbstverständlich erachten, dass ihre Untertanen starben, um sie zu retten. Es war ihre Stärke, aber zugleich auch ihre größte Schwäche.
 

Neji betrachtete Lees blasses Gesicht, dass noch immer keine Reaktion zeigte. Er dachte daran, wie Lee ihn begrüßt hatte, ihn einfach angenommen hatte und wie er langsam zu einem Teil seines Lebens geworden war. Ein Freund… Sollte es jetzt einfach alles vorbei sein? Und das, was Lee zu ihm gesagt hatte… er dachte darüber nach. Er sollte seinen Kampf zu Ende führen? Aber was war das für ein Kampf? So etwas musste man selbst tun, wie konnte Lee es ihm einfach so übertragen, wenn er starb? Neji setzte sich aufrechter hin.

Der Raum war leer und schlicht gehalten wie jedes Zimmer hier im Tempel. Der Tempel war ein Ort der Ruhe und Reinheit. Und wenn er Lee ansah, erschien dieser ihm noch kleiner, als es ohnehin in dem Raum schon aussah. Aber wahrscheinlich war es auch nicht das …
 

Er wollte einfach nicht diese zweite Möglichkeit akzeptieren, dass Lee sterben könnte.
 

Aber was bedeutete schon Sterben? Man existierte nicht mehr in der Welt und der fleischliche Körper zerfiel. Er würde vielleicht noch töten müssen in seinem Leben, denn er hatte ein Leben als Krieger gewählt. Vielleicht müsste er sich sogar selbst töten. Er hätte wahrscheinlich auch den Ronin getötet, wenn er die Chance gehabt hätte… Sollte er sich nicht langsam daran gewöhnen, dass alles vergänglich war?
 

Die regungslose Gestalt vor ihm wurde sanft von der Sonne beschienen, die in dieser Höhe eine ungeahnte Intensität besaß. Neji blickte ihm ins Gesicht, sah das Lachen wieder vor sich, die Lebensfreude und den leichten Schalk, der manchmal in Lees Augen aufblitzte. Der Kung-Fu-Kämpfer war stark und auch schwach, weil er noch immer an diese illusionäre Welt glaubte. Wo gab es schon Gerechtigkeit? Er selbst war das beste Beispiel dafür…
 

Der junge Samurai wusste später nicht mehr, wie lange er sich Gedanken gemacht hatte. Vielleicht nur einige Minuten, vielleicht schon einige Stunden. Die Sonne stand im Zenit, als er sich das erste Mal nach der Zeit fragte und ging gerade unter, als er einen weiteren Blick aus dem Fenster warf. Ein weiterer Lichtstrahl fiel durchs Fenster und in der trockenen Luft bestrahlte er alle Staubpartikel, die zu glitzern begannen, bevor der Lichtstrahl einen hellen Punkt auf Lees Wange malte. Neji merkte nicht wie die Zeit verging, ab und zu nahm er wahr wie jemand an der Tür vorbeiging. Tenten. Tsunade. Shizune. Shikamaru. Keiner betrat den Raum, denn sie schienen zu merken, dass er nicht verschwinden würde und niemand anderen in diesem Raum duldete.
 

Das Licht wanderte weiter über Lees Wange bis zu seinem geschlossenem Auge. Schatten tanzten auf seinem Gesicht. Es war still und auf gewisse Weise fühlte sich Neji der Stille vertrauter als der realen Welt.
 

Lees Lid zuckte und Neji war sofort hellwach. Lee blinzelte, langsam öffnete er erst das eine und dann das andere Auge. Er blinzelte erneut, wollte sich aufsetzen, zuckte aber vor Schmerz sofort wieder zusammen und sank auf seine Decken zurück. Eine Weile starrte er nur an die Decke.
 

„Wo bin ich?“, wisperte er. Die sonst so laute Stimme war zittrig und brüchig, sodass sie dem Samurai fast fremd vorkam. „In Sicherheit“, sagte Neji langsam. Lee richtete nun seinen Blick auf ihn, wofür er den Kopf drehen musste und einen schmerzhaften Laut ausstieß.
 

„Wo ist Hinata? Und was ist mit Tenten? Was ist passiert?“ Lee hatte sichtbar Mühe seine Gedanken zu ordnen. Neji drückte sich vor der Antwort, indem er nun ebenfalls die Wand betrachtete. Schließlich sah er Lee doch wieder an. „Sasuke Uchiha hat dich mit einem Speer durchbohrt. Ich habe gegen ihn gekämpft und ihm dabei den Arm abgeschlagen.“ Lee starrte ihn entgeistert an und Neji musste sich unterbrechen. „Das ist unmöglich“, flüsterte Lee. Der Samurai warf ihm einen Blick zu, der sowohl Stolz als auch Gekränktheit enthielt. „Glaub es, sonst wärst du jetzt nämlich tot und würdest nicht auf dem Izanagi Izar wieder aufwachen.“ „Was? Wir sind auf dem Berg?!“ Jetzt war Lees Stimme schon lauter und Neji schien es beinahe so, als wollte dieser schnellstmöglich zu seiner alten Stärke zurückfinden, denn er selbst war in seiner momentanen Lage mehr als nur bewegungslos. Er war praktisch völlig hilflos, denn es musste ihm selbst unendliche Schmerzen bereiten auch nur einen Arm zu heben.
 

„Tenten hat Shikaku Nara davon überzeugt dich retten zu wollen. Die Ärztin Tsunade hat dich behandelt.“ Neji stützte die Ellbogen auf, ein Haar fiel ihm ins Gesicht. „Dann hat Tenten überlebt? Was ist mit…?“, Lee brach ab, als er Nejis Blick begegnete. „Es haben nicht viele überlebt, hätten wir dich liegen gelassen, wärst du auch gestorben. Wie kann man bloß so verrückt sein, schwer verletzt einen so mächtigen Samurai anzugreifen?“ „Das war, weil…“ Lee hustete, als er zu einer lautstarken Erwiderung ansetzen wollte. „Du bist wirklich dumm… du wusstest doch ganz genau, dass du keine Chance hast.“ Neji stand auf und kehrte ihm den Rücken zu.
 

„Ich habe ihn einmal besiegt“, sagte Lee. Neji fuhr herum, starrte ihn an. „Was?!“ Lee funkelte ihn triumphierend an, wenngleich er immer noch ziemlich blass war. „Er war verdammt arrogant, hat sich schon als Sieger gesehen und war ziemlich überrascht, als ich ihn zu Boden befördert habe.“ Lee grinste, musste aber fast im selben Moment Luft schnappen, nachdem er sich zu viel bewegt hatte. „Du solltest dich ausruhen“, sagte Neji. „Du hast viel Blut verloren, ich schicke Tsunade zu dir.“ Lee sah ihm nach, als er zur Tür ging, zog allerdings eine Grimasse, als er merkte, dass er sich nicht rühren konnte. Als Neji fast den Raum verlassen hatte, drehte er sich noch mal um. „Du bist wirklich lebensmüde Lee, aber-“, Neji betrachtete den Fußboden, „ich bin froh, dass du noch am Leben bist.“
 

Neji legte die Hand an die Tür und schob sie auf. Einen letzten Blick warf er noch zurück, dann schloss er die Tür hinter sich und folgte dem Flur. Draußen war es jetzt dämmrig geworden, doch die Sonne ging in einem so intensiven Blutrot unter, was über dem Berg einen bemerkenswerten Anblick auslöste. Fast fühlte sich Neji dem Himmel näher und irgendwie war er erleichtert. Lee war am Leben, sie hatten nicht umsonst ihr Leben riskiert. Es war gut.

Der Samurai griff nach seinem Schwert, das ihm sofort das Gefühl von Sicherheit verlieh. Nein, es war nicht vorbei, dem Tod war es nicht gelungen Rock Lee zu besiegen und auch Sasuke Uchiha war es misslungen. Fast trat ein triumphierendes Grinsen auf sein Gesicht, aber er verbot sich seine Genugtuung so offen zu zeigen.
 

Neji schlenderte weiter und stutzte, als er den Nara ganz allein auf der Terrasse sitzen sah. Was tat er hier? Der Samurai trat näher. Die Sonne berührte fast den Gipfel des Berges und sandte ihre letzten Strahlen zur Erde, die schwarze Schatten an die Wand warf und den auf dem Boden knienden Mann zweimal so groß wie er war auf dem Holz ablichtete. Neji blieb stehen.
 

„Also ist Rock Lee zu sich gekommen.“ Völlig überrumpelt zuckte Neji zusammen. Der Nara hatte ihm noch immer den Rücken zugekehrt, aber es war ohne Zweifel er gewesen, der ihn angesprochen hatte. „Wusstest du, dass noch Leben in ihm war, Samurai? Oder war es einfach nur Verzweiflung?“ Der Samurai antwortete nicht, sondern trat näher. „Was tust du hier, Nara?“, fragte er stattdessen. Shikamaru drehte ihm langsam, als wolle er ihm zeigen wie unnütz seine Fragen seien, den Kopf zu. Wie immer hatte er einen gelangweilten Gesichtsausdruck aufgelegt, der durch die scharfen Konturen, die die Schatten warfen, noch mehr hervorgehoben wurde.
 

„Ich spiele Schach“, sagte er gedehnt langsam. Jetzt erkannte auch Neji das Schachbrett vor ihm, auf dem die Plättchen bereits auf unterschiedliche Positionen gerückt waren. Er runzelte die Stirn. „Ich sehe nirgendwo jemanden, der auf der gegnerischen Seite spielt.“ „Die höchste Kunst ist es sich selbst zu besiegen.“ Eine ganze Weile dachte Neji über die Worte nach und zog dann Ryujin von seiner Hüfte. Er ging um das Brett herum und setzte sich dem Nara gegenüber. „Ich lege mein Schwert ab und stehe dir gleich gegenüber. Lass uns spielen.“ Shikamaru sah ihn leicht überrascht an, rückte aber die Plättchen zurecht und setzte seinen ersten Zug.
 

Er hatte nicht oft Schach gespielt, viel mehr war dieses Strategiespiel nie etwas, dass er zu lernen beabsichtigt hatte. Aber in seiner Ausbildung hatte auch Kakashi manchmal mit ihm gespielt. Neji war nicht besonders gut darin, er kannte gerade mal die groben Regeln, aber irgendwie hatte er das Gefühl, dass er in dieser Situation sollte. Shikamaru Nara musste oft gespielt haben: Schach war ein Spiel, dass Adelige ihren Kindern beibrachten um sie auf militärische und politische Handlungen vorzubereiten. Wahrscheinlich hatte er nicht die geringste Chance.

Es war nur so ein Gefühl, aber irgendetwas in ihm sagte ihm, dass es richtig war…
 

Neji zog ebenfalls. Eine Zeit lang schoben sie nur ihre Figuren über das Brett und dachten nach. Es waren sehr stille Momente in dem jeder in seiner eigenen Welt versank. Der Nara hob seinen Turm und tauschte mit Nejis Springer die Positionen, wobei er Nejis Figur zur Seite legte. Neji sagte nichts, nahm still hin, dass es für ihn gar nicht gut stand. Eine rasche Bewegung, dann nahm auch er eine seiner Figuren und versperrte damit Shikamaru den Weg. Dieser kniff die Lippen zusammen und überlegte.
 

„Dieses Land versinkt im Chaos“, sagte Shikamaru unerwartet. „Etwas gerät in Bewegung. Es ist langsam, aber je mehr es sich bewegt, desto schneller gerät es ins Rollen.“
 

„Man kann die Zukunft nicht voraussehen“, sagte Neji. „Die Gegenwart bewegt sich rasch“, erwiderte Shikamaru. „Uns steht ein Krieg bevor.“ Neji schlug Shikamarus Turm. „Ich weiß. Aber die Menschen sind blind, wenn sie etwas nicht wahrhaben wollen.“ „Oder befinden wir uns schon mitten in einem Krieg?“, fragte Shikamaru ohne auf Nejis Aussage einzugehen. Neji gab keine Antwort, sondern setzte seinen Läufer schräg zu Shikamarus Königin. „Warum wolltest du kein Krieger werden?“ Der Nara, der gerade seine Königin setzen wollte, stockte. „Warum fragst du mich das, Samurai?“

„Weil du mehr siehst als die Anderen.“ Der Mann sah ihn nicht an und betrachtete stattdessen die Situation, die sich in ihrem Spiel anbahnte. Dann seufzte er und ließ sich nach hinten fallen. „Mein Vater ist ein Daimyo, ein Samurai, der Land besitzt und Herrscher darüber ist. Auch er hat gekämpft und es hat mir gezeigt, wie viel Leid das Leben eines Kriegers bringt. Vielleicht wäre ich stark genug dazu gewesen. Vielleicht nicht. Ich habe ihn enttäuscht, als ich damals abgelehnt habe, aber ich habe meine Entscheidung getroffen, weil ich nicht Teil dieses Krieges sein wollte.“
 

Es musste wohl eine ganze Weile still gewesen sein, denn als sich Shikamaru schließlich wieder aufrichtete, war die Sonne schon fast hinter dem Berg verschwunden. Schweigend setzte er seinen Läufer. „Schach.“ Neji zog seine Königin aus der Reichweite von Shikamarus Figur, was der Nara mit einem merkwürdigen Laut kommentierte. „Warum tust du das, Samurai? Dieser Zug ist dumm.“ „Die Königin ist die stärkste Figur im Spiel. Warum soll ich sie für den König opfern?“ „Du spielst nicht nur mit dem Verstand, Samurai“, sagte Shikamaru, „du hast dein Gefühl noch nicht abgetötet. Ein Krieger sollte immer nur sein Ziel im Blick haben.“ Neji schwieg. Shikamaru hatte Recht mit seiner Aussage. Es war dumm sich so intuitiv leiten zu lassen. Schach war ein Spiel, das auf Verstand und Denken aufbaute.
 

„Nein…“, sagte Neji auf die vorherige Frage des Naras, „das Gefühl verschwindet niemals ganz. Es wird nur weniger je mehr man sich abwendet.“
 

Shikamarus Hand zuckte zu seinen Läufer, schien es sich dann aber anders zu überlegen und setzte stattdessen Neji Springer matt. Mit einem Blick auf das Schachbrett stellte Neji fest, dass das Spiel für ihn verloren war. Er besaß nur noch drei Bauern, einen Turm, die Königin und den König. „Du hast verloren“, kommentierte der Nara. Neji betrachtete das Schachspiel. „Es macht einen Unterschied seine Niederlage zu akzeptieren und aufzugeben und zu wissen verloren zu haben, aber noch zu kämpfen“, sagte er. Shikamaru hob eine Augenbraue. „Diese Situation gleicht der Konohas. Es ist nur noch ein Zug, bis die endgültige Niederlage feststeht. Schach.“
 

Der Samurai beachtete ihn nicht. „Ein einziger Zug, der noch so viel bewirken kann…“ Er setzte seinen Turm vor den König des Naras. „Schach.“ „Du bist seltsam, Samurai. Du bist ein Krieger und doch bist du es nicht.“ „Man ist nur stark, wenn man kämpft“, sagte Neji. Beide betrachteten das Schachbrett auf dem das Ergebnis feststand. Die Sonne war untergegangen. „Dann ist es also Zeit zu kämpfen?“ Neji nickte und Shikamaru unterdrückte ein Gähnen. „Du bist vielleicht doch anders, als ich gedacht habe, Shikamaru Nara.“ „Die Dinge sind nie so wie sie scheinen.“, sagte dieser und ein Lächeln schlich sich auf sein Gesicht.
 

„Schachmatt.“
 

~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~
 


 

Tenten wechselte das feuchte Tuch, das auf Lees Stirn lag. Dieser wollte lautstark protestieren, schluckte seine Einwände aber herunter, als er Tsunades Blick begegnete, der ihn buchstäblich zu durchbohren schien. Die Ärztin hatte ihm strenge Bettruhe verordnet, doch er war der Meinung, dass er schneller wieder gesund werden würde, wenn er sich bewegte. Tsunade hatte ihn schon beim ersten Versuch erwischt und sich anschließend zwei Stunden vor sein Krankenlager gekniet und ihn genau im Auge behalten. Schließlich hatte er kleinlaut nachgegeben.
 

„Wechseln wir die Verbände, Tsunade-Sama?“, fragte Tenten. Die Ärztin, die sich ebenfalls vor Lee gekniet hatte, nickte und zog Lee die Decke bis zum Becken weg, sodass sein Brustkorb frei lag und der Verband sichtbar wurde. Ohne viel Federlesen packte die Frau ein Ende des Stoffes und befreite Lee von seinen Verbänden. Schließlich bedeckte nichts mehr seine Brust. Tenten warf der Ärztin einen fragenden Blick zu, doch diese war damit beschäftigt die Wunde zu begutachten. Tsunade legte den Kopf leicht schief und kniff die Lippen zusammen.
 

„Die Verletzung heilt und die Entzündung schwillt ab“, stellte sie schließlich zufrieden fest. „Dann werde ich also nicht sterben, Tsunade-Sama?!“, gab Lee leicht panisch zurück. „Nur, wenn du nicht so verrückt bist dich wieder zu bewegen“, sagte sie mit einem liebenswürdigen Unterton, der ihrem Patienten einen Schauer über den Rücken jagte.
 

Tenten griff indessen nach der Salbe, die neben Tsunade auf dem Boden lag. Dann kremte sie unter der strengen Beobachtung Tsunades seine Wunde ein, die langsam wieder zusammengeheilt war und merklich gesünder aussah. Als sie fertig war, reichte ihr Tsunade einen neuen Verband, den sie ihm vorsichtig umlegte. Nachdem Tenten jede freie Minute bei Lee verbracht hatte, war die Ärztin schließlich einverstanden gewesen ihr leichte Aufgaben zu übertragen, bei denen sie ihr allerdings noch immer über die Schulter sah. Shizune kümmerte sich derweil um andere Dinge.
 

Tsunade prüfte noch mal, ob der Verband fest genug saß, dann setzte sie sich aufrecht hin und sah Tenten an. „Lee ist soweit wieder gesund, er braucht noch viel Ruhe, aber ich glaube, ihr könnt es euch nicht leisten länger zu warten.“ Die Tochter des Fürsten schwieg. „Nein, wir können es uns wirklich nicht erlauben länger zu bleiben, aber, wenn Lee…“ Der Kung-Fu-Kämpfer unterbrach sie: „Worauf warten wir eigentlich noch? Wenn ihr auf mich Rücksicht nehmt, dann werden wir nie ein Bündnis bekommen!“ Die beiden Frauen sahen ihn an. „Außerdem bin ich schon längst wieder gesund“, fügte er hinzu. Tsunade schüttelte nur den Kopf über so viel Unverständnis.
 

„Wann können wir aufbrechen?“, fragte Tenten, wobei sie Lee nicht beachtete. „Lee muss mindestens noch zwei Tage ruhig liegen, dann könnt ihr den Abstieg wagen. Shizune wird euch begleiten, ihr müsst nicht noch einmal den gleichen Weg gehen, den ihr gekommen seid.“ „Heißt das, es gibt noch einen zweiten?“, schloss Tenten. „Richtig, ein unbekannter Weg, von dem nur die wissen, die ihn gefunden haben.“ Sie zuckte mit den Achseln. „Genauer gesagt, nur Shizune und ich.“
 

Tsunade strich sich eine blonde Haarsträhne aus dem Gesicht und stand auf. „Seid in zwei Tagen bereit.“ Sie verließ den Raum und Tenten und Lee blieben zurück.
 

„Lee?“ Der junge Mann drehte sich soweit es ihm seine Schmerzen erlaubten. „Ja?“ Tenten schien unangenehm berührt und wich seinem Blick aus. Nervös knetete sie ihre Finger. „Du hast mich gerettet.“ „Also bitte“, setzte der Kung-Fu-Kämpfer an, „das war doch selbstverständlich.“ Tenten sah ihn wütend an: „Nein, war es nicht! Du wärst beinahe dabei umgekommen!“ Mit einem Mal schien Lees Miene an Ernst zuzunehmen. „Ihr seid naiv. Habt Ihr wirklich geglaubt, dass man so einen Kampf mit Diplomatie lösen kann? Sasuke Uchiha verhandelt nicht.“ „Du hast mich trotzdem gerettet.“
 

Der Kung-Fu-Kämpfer hob eine Augenbraue. „Sonst hätte das doch niemand gekonnt. Wollt Ihr Euch etwa auf die ganzen Pfeifen verlassen? Da müsst Ihr schon jemanden wie mir vertrauen.“ Er grinste von einem Ohr zum anderen, während Tenten ihn nur überrumpelt anstarrte. „Immerhin bin ich der einzige, der Sasuke Uchiha schon mal besiegt hat“, fuhr er mit seiner Lobeshymne fort. „Und Neji und Naruto haben sich ja wieder wo anders rumgetrieben und an wem bleibt dann die Arbeit hängen? An mir.“ Er grummelte, während Tenten ihn nur anstarrte.
 

„Du bist sauer auf Naruto und Neji?“ Lee blickte sie aus seinen schwarzen Augen heraus an. „Ich werde vollkommen im Trainingsrückstand sein“, jammerte er, dann beäugte er sie wieder. „Ein kleines Dankeschön hätte ich allerdings schon erwartet.“ Auf Tentens Gesicht erschien ein Lächeln. So entrüstet er auch klang, sie war sich sicher die richtige Entscheidung getroffen zu haben, als sie Shikaku Nara dazu überzeugt hatte, ihn zu retten.

„Dann bedanke ich mich hiermit dafür, dass du mir das Leben gerettet hast.“
 

~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~
 

Die Tage in Tsunades Tempel vergingen wie die Gezeiten. Langsam aber stetig in einem immer wiederkehrenden Rhythmus, den man zwar genoss, aber trotzdem wusste, dass er enden würde. Lee wurde immer kräftiger und nachdem er von der Ärztin die ausdrückliche Erlaubnis erhalten hatte, hatte er einige Versuche unternommen zu stehen und ein, zwei Schritte zu gehen.
 

Doch länger konnten sie ihren Aufenthalt nicht mehr hinauszögern. Heute war der Tag des Abschieds gekommen. Heute würde sich etwas entscheiden, dass für ganz Konoha maßgebend war. Shizune, Shikamaru und Neji standen schon draußen, als sie in Begleitung von Tsunade nach draußen trat. Lee lag auf einer Trage und er redete unaufhaltsam auf Neji ein, der davon gar nicht begeistert war und ihn ignorierte.
 

Tenten atmete aus. Die Luft war immer noch dünn hier oben, aber heute erschien sie ihr nicht so trocken, so allumfassend. Tenten schnürte ihr Gepäck zu, das die Vorräte enthielt, die Tsunade ihr gegeben hatte. Es war Zeit zu gehen.
 

„Ich hoffe, du triffst keine falschen Entscheidungen, Tenten“, sagte Tsunade, die plötzlich neben ihr stand. „Es hängt viel von dir ab.“ Die Prinzessin sah die Ärztin an: „Vielen Dank für alles, Tsunade-Sama.“ Die Frau nickte ihr zu und wieder durchlief Tenten eine Welle von Ehrfurcht, als sie Tsunade betrachtete. Es war kein Wunder, dass die Leute sich in ihrer Gegenwart unwohl fühlten, sie hatte eine exotische Ausstrahlung und einen durchbohrenden Blick.
 

Sie machte sich auf und war fast bei Shizune angekommen, als sie eine Bewegung hinter sich wahrnahm. Tsunade hatte die Arme übereinander geschlagen und sah sie durchdringend an. Tenten war nicht sicher, ob die anderen es bemerkt hatten. In Tsunades Blick lag eine gewisse Wehmut und Ernst zugleich. Sie wollte etwas sagen, aber brachte schließlich doch keinen Ton heraus. Die erhabene Frau strahlte etwas aus, das sie augenblicklich verstummen ließ. Einen Moment lang sahen sie sich stumm in die Augen. Die gebrochene Frau und das Mädchen, das den Schlüssel in der Hand hielt etwas zu ändern. „Denk an das, was ich dir gesagt habe, behalte es immer im Gedächtnis zu jedem Moment, sei bereit für den Augenblick, wo es dir nutzen wird.“ Dann drehte sie sich um und verschwand im Tempel.
 

Shikamaru und Neji hoben die Trage vom Boden hoch und Shizune setzte sich an die Spitze, wobei Tenten schnell zu ihr aufschloss. Der Nebel wurde dichter und der Tempel Tsunades verschwand im dichten Dunst. Der Izanagi Izar selbst schien sein Geheimnis zu verschlucken. Und schon verblasste ihre Vorstellung von dem einsamen Plateau mitten auf dem höchsten Fels, das verborgen im Nebel lag.
 

Shizune sagte nicht viel, als sie die Führung übernahm. Ab und zu fragte Tenten sie etwas, aber sie merkte schnell, dass der älteren Frau nicht zum Reden zumute war. Vielleicht lag es daran, dass sie sich der Zivilisation immer mehr näherten. Auf jeden Fall verlief ihr Abstieg gewissermaßen still, denn außer ihr hatte nur Lee etwas zu sagen, der sich die Hälfte der Zeit darüber beschwerte, dass Neji und Shikamaru so unsanft mit ihm umgingen. Neji überging diese Kommentare, doch der Nara ließ sich hin und wieder zu einem genervten Seufzen hinreißen.
 

Sie brauchten fast drei Stunden, bis sie anstatt der zugefrorenen Eisfläche auf Felsen trafen und zwei weitere, bis sie das erste Grün entdeckten. Gegen Mittag machten sie eine Pause und am späten Nachmittag ließen sich die ersten Häuser erahnen, als sie schließlich nicht mehr weit vom Boden entfernt waren.

Auf einmal blieb Shizune stehen und deutete ihren Begleitern anzuhalten. „Hier verlasse ich euch. Shikamaru-San, Ihr müsstet von jetzt an wissen, welchen Weg ihr nehmen müsst.“ Der Nara nickte ihr zu und die Dienerin Tsunades verbeugte sich, bevor sie sich umwandte und ein letztes „Lebt wohl“ herausbrachte. Sie verschwand im Unterholz. Jetzt schien es Tenten fast wirklich so, als ob das Treffen auf dem gewaltigen Monument nie stattgefunden hatte. Waren sie wirklich sechs Tage fort gewesen?
 

„Wir müssen gehen“, merkte Shikamaru an und zog lustlos an der Trage, woraufhin auch Neji ihm folgte. Tenten sah noch einmal über ihre Schulter in die Richtung in die Shizune verschwunden war, dann folgte auch sie den Männern.
 

Sie gingen über gelbbraunes Gras, über harten Fels und über weite Ebenen bis sie zu einer Straße kamen, die zwischen den ersten Häusern und Gehöften und Bauernhöfen hindurchführte. Es war ein weiter Weg und schon nach den ersten Kilometern, die sie vom Izanagi Izar entfernten, taten Tenten die Füße weh. Die anderen zeigten keine Regung. Neji, weil er nie Schwäche zugeben würde und Shikamaru, weil er wusste, wie wichtig ihre Mission war. Lee war der einzige, der redete, wenngleich er trotz dutzender Versuche die angespannte Stimmung nicht lockern konnte. Erst nach zwei Stunden sahen sie in der Ferne die Häuser, die die Residenz von Shikaku Nara umgaben, in der Ferne auftauchen. Schließlich kamen sie in den Straßen an.
 

Die untergehende Sonne tauchte die Dächer in goldenes Licht und ließ sie schimmern wie tausende Wassertropfen, in denen sich das Licht verfing. Es waren nur wenige Menschen auf der Straße, aber die verhielten sich merkwürdig. Es war nicht wie sonst, wenn sie sich ehrerbietend vor Shikamaru oder Tenten verbeugten und sie willkommen hießen. Viel mehr war es eine plötzliche Starrheit oder Entsetzen oder Mitleid, das ihre Gesichter reflektierten. Etwas, das Tenten nicht deuten konnte.
 

Es hing eine angespannte, düstere Atmosphäre über diesem Ort. Etwas war geschehen. Etwas, das maßgebend war. „Die Menschen sind unruhig“, sagte Neji plötzlich. „Sie haben Angst.“ Es war das Erste, das einer von ihnen seit einer Ewigkeit gesagt hatte und so war Tenten zugleich erschrocken über den ruhigen Ton, mit dem Neji das sagte und der Tatsache, dass er Recht hatte…
 

„Sie müssen doch erwarten, dass wir zurückkommen“, flüsterte sie. „Nein“, mischte sich nun der Nara ein, „es war von Anfang an nicht sicher, dass wir zurückkommen. Mein Vater wollte dich davon abhalten zu gehen, weil wir vielleicht nicht zurückkommen würden.“ „Er hat mich schützen wollen?“ Der Nara nickte. „Ja. Er muss etwas vorausgesehen haben.“

Tenten schwieg, aber sie beschleunigte ihr Tempo. Sie mussten sofort mit Shikaku Nara sprechen. Er würde ihnen erklären, was vorgefallen war, was man zu tun hatte und er war derjenige, den sie überzeugen musste.
 

Sie gingen durch die leeren Straßen, ungeachtet der Blicke, die ihnen zugeworfen wurden. Nichtbeachtend des Raunens, das ansetzte, sobald sie vorbeigegangen waren. Tenten war nie in ihrem Leben so unbehaglich gewesen. Sie fühlte sich, als ob sie von allen mit Erstaunen, ja Angst betrachtet wurde. Tenten wagte nicht sich umzusehen und starrte stattdessen auf den Boden, um niemanden ansehen zu müssen.
 

Schließlich standen sie vor dem hölzernen Tor, das zugleich der Eingang der Residenz des Daimyo Shikaku Naras war. Der Eingang wurde von zwei Wachen flankiert. „Shikamaru-Sama!“, sprach der erste Mann den Erben der Naras an. Aber seine Stimme klang zugleich entsetzt wie erstaunt. Tenten fröstelte. „Bringt mich zu meinem Vater. Ich muss ihn einige Dinge fragen“, sagte Shikamaru. Die erste Wache warf der zweiten einen Blick zu. Beide schwiegen. „Ihr wisst es nicht, nicht wahr?“

Shikamaru war verwirrt: „Was sollte ich wissen?“ Der größere von beiden sah ihn an, Mitleid im Blick und Angst? „Das sollte Euch vielleicht jemand anderes sagen. Es wäre nicht gut, wenn…“
 

Neji warf dem Nara einen Blick zu. Dieser war nun merkwürdig angespannt, als hätte auch er eine Vorahnung. „Dann bringt uns zu Asuma-San“, sagte der Samurai. Die Wachen warfen Shikamaru einen Blick zu, aber der nickte bloß. Schließlich machten sie den Weg frei und einer von beiden ging voraus um Asuma zu benachrichtigen, dass sie zurückgekehrt waren.
 

Der Weg erschien Tenten viel länger als beim ersten Mal. Aber vielleicht lag das auch nur an der Atmosphäre, die über diesem Ort schwebte. Ihr fiel auf, dass Neji angespannt war. Befürchtete er etwas? Der Gang war sonnendurchflutet, aber ihr kam es viel zu hell vor. Viel zu schön in dieser Atmosphäre, die Stimmung verriet etwas. Flüsterte ihr Warnungen zu und schien sie vor etwas abzuschirmen.
 

Die Wache öffnete die gleiche Tür, wie vor ein paar Tagen, als sie in diesem Raum dem Daimyo gegenüber gestanden hatte. Jetzt saß Asuma Sarutobi auf dessen Platz, die Augen auf seine Hände gerichtet.
 

„Du bist zurück, Shikamaru?“ Sie betraten den Raum, wobei Shikamaru und Neji Lee samt Trage vorsichtig ablegten. Ihr Gepäck stellten sie zur Seite und auf einen Wink des Mannes vor ihnen betraten zwei Diener den Raum und brachten es in die Zimmer.
 

Shikamaru war stehengeblieben, während sich die anderen bereits gesetzt hatten. Asuma sah ihn an und schließlich setzte er sich vor seinen Mentor. „Eure Mission war ein Erfolg“, sagte Asuma mit Blick auf Lee, der ihn daraufhin schief angrinste. „Ja, Asuma-San“, sagte Tenten, „wir haben Tsunade-Sama gefunden. Sie hat Lee geheilt.“ „Das ist gut.“ Er zündete sich seine Pfeife an. Shikamaru hatte noch immer nichts gesagt.
 

Asuma sah ihn an, zog an der Pfeife und blies den Rauch in den Raum. „Frag mich“, sagte er. „Ich weiß, dass du die Frage kennst, die du mir stellen musst, um die Antwort zu erhalten, die dir eine Erklärung für alles liefert.“ Shikamaru hob den Blick. Er seufzte, wohl wissend, dass ihn alle beobachteten.
 

„Was ist mit meinem Vater passiert?“
 

Asuma schwieg. Keiner sagte ein Wort, sie alle waren erstarrt wie Eis, gefangen in einer Illusion der Stille, denn in keinem von ihnen war es still. Tenten wusste nicht wie viel Zeit vergangen war. Shikamaru blinzelte nicht, er starrte Asuma an, der seinem Blick auswich.
 

„Es tut mir leid“, sagte er irgendwann in die Stille herein. Sie alle rührten sich nicht, spürten, dass das folgende etwas Entscheidendes sein würde. „Es tut mir leid, Shikamaru“, wiederholte Asuma, „Shikaku Nara ist tot.“
 

~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~
 

Die Temperatur im Raum war so kalt, dass er fröstelte. Es war kalt im Krematorium der Naras, obwohl es von etlichen Kerzen erhellt war, die wie dutzende Sterne schimmerten. Es war ungemütlich hier und düster. Aber vielleicht war gerade das eine passende Stimmung für eine Beerdigung.
 

Es waren nicht viele Menschen hier, denn zu Shikaku Naras Beisetzung waren nur seine engsten Ratgeber und sein Sohn zugelassen. Für Tenten hatte man eine Ausnahme gemacht, weil es als Beleidigung aufgefasst werden würde, wäre sie nicht da, um dem Daimyo die letzte Ehre zu erweisen. Neji sah dem Schauspiel nur aus der Ferne zu. Vielleicht wäre es sicherer gewesen, wenn er sie begleitet hätte, aber wer würde sie schon angreifen, wenn sie auf eine Beerdigung ging. Neji lehnte im Gang, der in den Raum führte. Er stand gerade nah genug bei ihnen um sie beschützen zu können und weit genug weg um nicht in die Zeremonie eingeschlossen zu sein.
 

Tenten stand neben Shikamaru, der seit dem Augenblick, da Asuma ihm die Wahrheit erzählt hatte, neben sich stand. Irgendwie hatte er das Gefühl, dass der Nara es gewusst hatte. Vielleicht hatte er das gleiche schon mal erlebt oder er hatte gewusst, wieso das Volk auf diese Art und Weise reagierte, oder wieso man ihm so mitleidige Blicke zugeworfen hatte.
 

Er hatte es gewusst und war doch nicht stark gewesen. Shikamaru war nicht in der Lage, über sich selbst zu gewinnen.
 

Es war wahrlich ein düsterer Tag. Mit einem Schlag waren all ihre Hoffnungen zunichte gemacht worden. Lee hatte zwar überlebt und Tenten somit ihre Vereinbarung dem Daimyo gegenüber eingehalten, aber was nützte das, wenn Shikaku Nara tot war? Sie hatten den Weg umsonst gemacht, denn der einzige, der ihnen ein Bündnis ermöglicht hätte, war ermordet worden. Das Schachspiel um Konoha hatte erneut begonnen und es stand nicht gut.
 

Ein langer Zug kam aus einem angrenzenden Raum, ging direkt an ihm vorbei und trug den Sarg mit dem darauf aufgebetteten Daimyo an ihm vorbei. Der Mann, den er dort sah, wirkte seltsam friedlich. Im Schlaf das Herz durchbohrt, hatte man ihnen später gesagt. In ihm war ein Verdacht aufgekeimt, aber er würde sich hüten etwas zu sagen. Denn alles, was er sagen würde, könnte man gegen Tenten verwenden. Wäre sie nicht hergekommen, wäre vielleicht alles beim Alten geblieben. Das Volk musste Shikaku Nara sehr verehrt haben, denn die Fenster der Häuser waren überall mit Stoff verhangen. Es gab keinen Zweifel daran, dass sie denjenigen hassen würden, der ihnen den Daimyo genommen hatte oder jemanden, den sie dafür verantwortlich erachteten.
 

Ein Priester sagte ein paar Worte, die Antwort war Schweigen. In der Stille nahmen sie Abschied von ihm und schoben ihn in den steinernen Brennofen um den alle herum standen. Shikamaru wurde eine Fackel gereicht, die man bereits angezündet hatte. Eine Weile lang betrachtete der Erbe der Naras einfach nur das Gesicht seines Vaters. Die geschlossenen Augen, die Shikaku Nara trotz seines gewaltsamen Todes einen ruhigen Ausdruck verliehen und ihn friedlich aussehen ließen. Neji wusste nicht, was Shikamaru denken musste, als er die Fackel schließlich auf den Toten warf, aber im Schein der Flammen sah Neji, dass er weinte.
 

Nun hatte er keinen Vergleich mehr zu dem faulen und ernsten Mann, den er kennen gelernt hatte.
 

Morgen würden sie wohl fortfahren mit ihrer Zeremonie. Sie würden Mahlzeiten im Krematorium einnehmen und schließlich die Überreste des Toten, seine Asche in eine Urne füllen. Für einen Daimyo musste es ein wahrlich prächtiges Gefäß sein. Geschmückt mit allen erdenklichen Mustern vielleicht oder aber ganz schlicht. Gäste würden der Familie etwas schenken und umgekehrt ein Geschenk von der Familie erhalten. Nach fünfunddreißig Tagen würde man die Urne auf einem Altar im Anwesen aufstellen und um sie herum Räucherstäbchen anzünden, die die Zeit anzeigen würden, wann man die sterblichen Überreste des Daimyo auf dem Friedhof in Anwesenheit von einem oder mehreren Mönchen beilegen würden. Die Menschen würden wie jetzt weiße Kleidung tragen und Chrysanthemen auf das Grab legen. Jene Blumen, die so viele verschiedene Farben hatten und noch blühten, wenn andere schon längst verwelkt waren. Sie galten als Symbol der Unsterblichkeit und unsterblich war Shikaku Nara wohl geworden.
 

Selbst in einigen Jahren würde man sich wohl seine Geschichte erzählen.

Man würde von seiner Größe erzählen, von seiner Güte, seiner Überlegtheit und seiner Führungskraft. Vielleicht würde man einige Details anders wiedergeben, als sie sich zugetragen hatte, aber das war ja auch nicht so wichtig.
 

Der Samurai lehnte sich näher an die Wand des Ganges. Er lockerte sein Schwert, das einzige, das ihm eine gewisse Sicherheit gab und vor seinem inneren Auge tauchten wieder die Bilder des Ronin und des Attentäters auf. Etwas begann… Vielleicht wendete sich alles zum Guten und vielleicht stand Konoha der Untergang bevor. Oder der Anfang hatte schon vor langer Zeit begonnen. Neji dachte an das tote Oto-Gakure.
 

Er starrte in das Feuer, das jetzt langsam den Toten zerfraß und seinen Körper mit hellen Flammen überzog. Der Rauch war schwarz geworden und in der Luft hing ein Geruch von verbranntem Fleisch.
 

Wenn auch der Mönch eben auch lange mit ruhiger Stimme geredet hatte und ihn geehrt hatte, so war es jetzt still. Die Anwesenden hatten ihre Blicke gesenkt, manche betrachteten den Leichnam, der langsam durch das Feuer zerfiel, andere schienen in ein Gebet verfallen zu sein.
 

Dann hörte Neji auf einmal Shikamarus Stimme, die er zwar nur leise, aber dennoch eigenartig deutlich verstand.
 

„Mein Vater hat viel für dieses Land getan“, sagte er, „Er war ein gerechter Herrscher und hat sich nie etwas zu Schulden kommen lassen. Er war einer jener Menschen, die Konoha geprägt haben.“ Shikamaru machte noch eine Pause, bevor er schließlich etwas lauter fortfuhr: „Sein Tod erschüttert uns alle und lässt uns wünschen Vergeltung zu üben für diesen grausamen Mord. Doch wir können nichts tun, denn wir kennen das Gesicht des Täters nicht. Ich habe lange überlegt und jetzt eine Entscheidung getroffen.“
 

Er schwieg und die Menschen warteten, bis er wieder etwas sagte. Der Nara schluckte seine Trauer hinunter: „Es ist Zeit zu kämpfen. Ich weiß nicht, ob der Tod meines Vaters ein Attentat der Rebellen war, aber wir werden nur Frieden erreichen, wenn wir gegen jene kämpfen, auf die sich der Bruch innerhalb Konohas zurückführen lässt. Die Rebellion muss aufgehalten werden. Ich schwöre, dass mein Vater nicht umsonst gestorben sein wird. Als Erbe meines Vaters und der Nara-Familie gebe ich hiermit das Bündnis zwischen Konoha-Gakure, Mao-Chéng, seiner Tochter Tenten und der Familie Nara bekannt.“
 

Ein Raunen ging durch die Menge und einige Personen begannen aufgeregt miteinander zu flüstern. Shikamaru war erst Siebzehn und durfte das Erbe seines Vaters erst an seinem einundzwanzigsten Geburtstag antreten. Bis dahin würde Asuma Sarutobi die Befehlsgewalt über die Truppen der Naras haben. Dieser Ausspruch Shikamarus kam einem Skandal gleich. Doch er kümmerte sich nicht darum, ging an ihnen allen vorbei und warf keinen Blick zurück, wo die Trauernden noch immer um das Feuer herumstanden.
 

Neji war sich sicher, dass er später zurückkehren würde, wenn keiner mehr da war, der ihn in seiner Trauer stören könnte. Tenten sah ihm nach. Dankbar. Erleichtert. Traurig?
 

Shikamarus Gesicht lag im Schatten, als er an dem Samurai vorbeiging. Er trug weiße Kleidung, aber es war kein Kimono, es war die Kleidung eines Kriegers. Entgegen dessen, was Shikamaru behauptet hatte, glaubte Neji, dass er sehr wohl im Kampf ausgebildet worden war. „Ich habe meinen Vater auch verloren“, sagte der Samurai leise. Der Nara sah nicht auf, blieb aber trotzdem kurz stehen. Neji begriff: Es war nicht Shikaku Nara gewesen, den sie überzeugen mussten, es war sein Sohn. „Du tust das Richtige, Shikamaru Nara.“ Noch immer hatte Shikamaru nicht den Kopf gehoben, aber als er schließlich an Neji vorbeiging, schien es fast so, als würde sein Blick klarer werden.
 


 

~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~
 

[15.o2.2oo9]
 

Lange habe ich euch warten lassen und ich muss mich schon wieder für die ewig langen Unterbrechungen entschuldigen. Ich hoffe, ihr könnt mir noch einmal verzeihen. Ich könnte jetzt Gründe und Ausreden nennen, aber ich lasse es. Von jetzt an werde ich mich bemühen jeden Monat ein Kapitel hochzuladen, dann wäre ich nämlich im Winter also Dezember fertig ^^

Vor allem, da mir dieses Kapitel am bisher schwersten gefallen ist, warum weiß ich nicht. Es ist auch wieder so eins, das aufbaut und Informationen gibt und eine Wendung einschlägt, die wieder prägend ist. Um ehrlich zu sein, habe ich lange überlegt, ob ich Shikaku Nara umbringen lassen sollte, oder nicht. Im Endeffekt habe ich mich dafür entschieden, weil es einfach realistischer ist.
 

Dieses Kapitel ist auch gleichzeitig ein Geschenk. Und zwar an meine liebe Leserin SasuSaku_Chan oder auch Bella wie ich sie nennen darf ^^ Also liebe Bella, hiermit gratuliere ich dir zum 18. Geburtag !!! Alles alles Liebe und Gute!!!
 

Und wieder geht mein Dank an meine großartige Betaleserin Arethelya, die sich mit immer längeren Kapitel abplagen darf und zudem noch Zeit gefunden hat, mir Informationen über die japanische Todeszeremonie zukommen lassen hat. Vielen Dank.
 

Kapitel 19: Chess bedeutet Schach und spielt auf Konohas Situation und die Symbolik des Schachspiels zwischen Neji und Shikamaru an. Das nächste wird lauten: Kapitel 20: Ambush (Hinterhalt) und ist beinahe fertig, dieses wird allerdings die richtige Spannung einleiten und alles auf den Kopf stellen, ich will behaupten, dass einige über den Ausgang erst mal entsetzt sind XDD
 

Über Kommentar, Lob und Kritik würde ich mich freuen, weil ich das Gefühl habe, dass das Interesse ein wenig zurückgeht. Ich hoffe, das liegt nicht an den langen Wartezeiten ... ^^° Noch was ... Ich habe das Layout von Samurai verändert, weil es mir so besser gefällt und alles übersichtlicher macht. Wer also noch Bilder für die Charaktere hat, die in meine Samurai-zeit passen könnten, kann sie mir gerne schicken.
 

Danke, dass ihr noch immer meine Fanfiction verfolgt.
 

moonlight_005

~ Kapitel 20: Ambush ~

Kapitel 20: Ambush ~
 


 

Der Raum war von Fackeln beleuchtet, die die steinernen Wände in gespenstiges Licht tauchten. Es war gerade so hell, dass man etwas sehen konnte, aber es reichte ohnehin nur aus schemenhaften Gestalten zu erkennen. Nur auf der langen Tafel, die mitten im Raum stand und an der sich einige Menschen gegenüber saßen, stand eine Kerze auf einem bronzenen Ständer. Diese schwiegen bis auf den größten Mann an der Stirnseite, der sich über etwas zu amüsieren schien und vor sich hin lächelte. Auf seiner Armlehne hatte sich eine dunkelgrüne Schlange zusammengerollt, die manchmal mit leisen Zischlauten die Stille durchbrach. Der Mann beachtete sie nicht.
 

Sie warteten.
 

Schließlich durchbrach eine der Gestalten die Stille: „Wofür habt Ihr uns rufen lassen, Orochimaru-sama? Der Mann fixierte ihn, der Blick so voller Wahnsinn und Unberechenbarkeit, dass der Fragesteller unter Orochimarus Fixierung ein paar Zentimeter kleiner wurde. „Du willst wissen … warum ich euch herbestellt habe, Kidomaru?“ Der spöttische Unterton entging niemandem. Der Angesprochene nickte, scheinbar noch immer verblüfft von seiner eigenen Kühnheit, die sich in den Momenten, da Orochimaru ihn anstarrte, allerdings in Luft auflöste. „Seit wann toleriere ich es, dass ihr mir Fragen stellt?“, zischte Orochimaru. Der Mann namens Kidomaru wich noch ein Stück weiter in seinen Stuhl zurück. „Nie…niemals, Orochimaru-sama“, brachte er heraus. Der bleiche Mann lächelte ihn süßlich an: „Damit dürfte deine Frage beantwortet sein, aber“, er verengte die Augen zu Schlitzen, „solltest du mir noch einmal so dreist kommen, wirst du nicht noch mal dazu kommen mich so etwas zu fragen.“ Blass vor Angst nickte Kidomaru und auch seine Gefährten rührten sich nicht mehr. Es gab keinen Zweifel unter wessen Befehl sie standen und wer hier das Sagen hatte.
 

Orochimaru streichelte den Kopf der Schlange, die sich daraufhin um sein Handgelenk wand. „Wie sieht es mit deiner Mission aus, Kimimaro? Habt ihr das Versteck der Rebellen aufgespürt?“, wandte sich Orochimaru nun an den stillsten Mann, der ihm gegenübersaß. Im Gegensatz zu den anderen war bei ihm keine Spur von Angst zu bemerken. Sein Blick war unbewegt, fast hypnotisch auf seinen Meister gerichtet. „Wir haben die Südseite der Berge abgesucht“, erklärte er ruhig. „Nirgendwo befindet sich eine Spur, selbst die Minen sind nicht so groß, dass es ein Geheimquartier geben könnte.“ „Ich habe die Möglichkeit an die Minen sowieso verworfen“, unterbrach ihn Orochimaru, „es wäre geradezu naiv zu glauben, dass sie sich nach der Auseinandersetzung vor ein paar Jahren noch immer dort aufhalten würden.“
 

„Deshalb habe ich die Suche auch nur zum Schein dort geführt“, sagte Kimimaro, „Mao-Chéng glaubt, wir haben eine Spur in dieser Umgebung, allerdings…“ er brach ab. Orochimaru strich sich eine schwarze Strähne aus dem Gesicht und lächelte hämisch. „Allerdings hast du die Suche auf alle erdenklichen Standpunkte in der Nähe ausgeweitet? Sehr gut.“
 

Dann verschränkte er die Finger ineinander und lehnte sich ein Stück vor. „Der Grund warum wir hier zusammengekommen sind…“ Er sah jeden der Reihe nach an. Grinste. Ein Geräusch draußen auf im Gang unterbrach ihn, im nächsten Moment wurde die Tür zum unterirdischen Tagungsraum geöffnet. Ohne den Kopf zu wenden huschten Orochimarus Augen zur Tür. „Du bist spät, Kabuto.“ Der Mann schloss die Tür, zog dann einen Mundwinkel leicht hoch. „Es war ein langer Weg.“ Zur Antwort bedeutete ihm Orochimaru sich zu seiner Rechten zu setzen. Kabuto ließ sich neben ihm nieder. Nun war kein Platz mehr leer. „Der Grund warum ich euch alle rufen lassen habe“, wiederholte er, „ist Neji Hyuga.“ Zwei der Anwesenden zogen scharf die Luft ein. Orochimaru sah sie belustigt an. „Tayuya, Jirobo, habt ihr den Gerüchten etwa keinen Glauben geschenkt?“ Er grinste. „Hizashi Hyuga hatte einen Sohn.“ Dann sah er Kabuto an. „Was hast du herausgefunden?“ Kabuto zuckte die Schultern: „Um ehrlich zu sein verstehe ich nicht, dass Ihr euch um jemanden wie ihn Gedanken macht. Ein Einzelner kann nicht viel ausrichten. Er ist ein Nichts, selbst wenn in ihm das Blut einer der mächtigsten Samuraifamilien von Konoha fließt.“ Orochimarus Augen verengten sich zu Schlitzen und er selbst strahlte eine unabwendbare Grausamkeit aus. „Es interessiert mich nicht, … was du denkst. Schon, wenn die Rebellen den Namen Hyuga hören, werden sie sich ermutigt fühlen, sie würden ihn auf ihre Seite ziehen und erst dann würde die Rebellion ihre vollen Ausmaße annehmen. Und…“ Zum ersten Mal zögerte er. „Tenten.“, sagte Kabuto, „Ihr hattet Recht, es besteht noch immer eine Bindung zwischen der Tochter des Fürsten und ihm. Hyuga hat ihre Verbindung nicht vollständig gekappt, zumindest nicht so, wie er es gewollt hatte.“ „Das bedeutet?“ „Neji Hyuga wird Euch, solange er am Leben ist, im Weg sein.“
 

Keiner sagte etwas, nur die Schlange zischte leise. Schließlich leckte Orochimaru ganz langsam über die Lippen, über die strahlend weißen Zähne, die leicht spitz waren. Der Blick aus den bernsteinfarbenen Augen irrte ziellos im Raum umher. „Das überrascht mich nicht, auch wenn es eine seltsame Fügung des Schicksals ist… Nun… ist es Zeit über euren Auftrag zu sprechen.“ Die fünf Gestalten, die an der Tafel saßen, erhoben sich. Kimimaro sah zu seinen Begleitern, langsam drehte er den Kopf mal nach rechts und dann nach links, wo zwei weitere seiner Gefährten standen. Es war das erste Mal, dass ein Lächeln über sein Gesicht huschte, ein kaltes Lächeln. „Ihr braucht nicht länger zu erklären, Orochimaru-sama. Wir wissen was zu tun ist.“
 

Jeder von ihnen trat ein paar Schritte zurück und dann huschten sie wie Schatten durch den Raum so schnell, dass das menschliche Auge ihnen kaum folgen konnte. Es dauerte nicht mal zehn Sekunden, dann hatten sie in einer Art tänzerischen Koordination den Raum verlassen. Ein eiskalter Windzug zog durch die unterirdischen Gemäuer. Die Kerze war erloschen und der Raum nur noch matt erhellt, sodass das übrige Licht scharfe Schatten auf Orochimarus Gesicht zeichnete. Dieser lächelte. Grausam. Mächtig. Siegesgewiss. Kabuto sah ihn nachdenklich an und die Schlange stieß ein leises Zischen aus.
 

„Jetzt beginnt es. Die Geschichte wird sich wiederholen.“ Eine kurze Pause folgte in der Orochimaru sich fast genüsslich über die Lippe leckte.

„So… schließt sich der Kreis.“
 

~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~
 

Die Tore Konoha-Gakures schienen wie riesige Wächter, die mächtig über ihnen aufragten. Der Stein war so unerschütterlich, dass es sich beinahe so anfühlte, als gingen sie in Gefangenschaft anstatt nach Hause zurückzukehren. Es war ein anderes Gefühl wie das letzte Mal, als sie diese Tore durchquert hatten. Damals waren sie sich ihrer Mission bewusst, sie wussten sogar, dass einige vielleicht nicht zurück kommen würden. Aber wirklich daran gedacht hatte niemand von ihnen. Ja, vielleicht hatte es auch keiner akzeptieren wollen.
 

Jetzt kehrten sie verändert zurück. Manche waren gebrochen oder verletzt. Andere hatten sich noch immer nicht von den Verlusten erholt. Und Neji … ihn hatte diese Reise in seinem Inneren verändert. Noch mehr als früher war er in den Wahn seines Kampfes gesunken, in ihm war ein Hass entbrannt. Glühender, leidenschaftlicher Hass. Er hatte gezweifelt, war an den Rande seiner Kraft gelangt und über sich hinaus gewachsen. Er hatte Menschen getroffen, die er und die ihn geprägt hatten. Neji hatte sich wahrlich verändert.
 

Naruto schloss zu ihm auf und betrachtete mit beinahe ehrfurchtsvoller Miene die Stadtmauer, die die riesige Stadt von der Außenwelt abschirmte. „Wieder zu Hause, was?“, sagte er und grinste. Neji hatte nicht viel mit Naruto gesprochen, seitdem Tenten, Shikamaru, Lee und er von Tsunade zurückgekehrt waren. Zuviel war in der Zwischenzeit geschehen: Shikaku Nara ermordet und schließlich sein Sohn, der dem Bündnis mit Konoha-Gakure zustimmt hatte. Viel Zeit mit Naruto oder Hinata zu reden war ihm da nicht geblieben, denn nachdem Shikamaru dem Vertrag zugestimmt hatte, musste auch Asuma als sein Vormund seine Zustimmung geben. Tenten hatte fast drei Tage mit ihnen und anderen wichtigen Beratern der Naras in ihren Tagungsräumen verbracht um das Bündnis in allen Punkten festzulegen. Er selbst war dazu verdammt stillschweigend in ihrer Gegenwart zu verharren um sofort eingreifen zu können, falls ihr Gefahr drohte. Der Anschlag auf ihr Leben war ihm eine Lehre gewesen und er selbst würde seine Ehre als Samurai verlieren, würde er sie daraufhin noch einmal allein lassen und hilflos möglichen Gefahren ausliefern.
 

Es war einfach zu viel passiert und Neji hatte wahrscheinlich nicht die Ruhe gehabt alle Erlebnisse zu verarbeiten. Dass er in den letzten Tagen nicht viel Schlaf bekommen hatte, machte die Sache auch nicht besser. Sein fast immer beherrschtes Gesicht wirkte eigenartig hölzern und seine Züge müde. Seine Wachsamkeit hatte nachgelassen, er hatte die letzten Tage nur durchgehalten, weil er zeitweise in Meditation versank, wobei er neue Kraft hatte sammeln können. Nein, er fühlte sich wirklich nicht, als würden sie nach Hause zurückkehren mit einigen Gesandten der Naras und etlichen Verlusten.
 

Naruto sah ihn fragend an: „Was ist? Bist du etwa erschöpft, großer Krieger?“ Der Schalk tanzte in seinen Augen und der Blonde grinste ihn spöttisch an. Neji warf ihm einen düsteren Blick zu. Im Gegensatz zu ihm hatte Naruto nicht gegen Sasuke Uchiha gekämpft und war auch nicht auf das Plateau des eisigen Schweigens gestiegen und den starken wechselhaften Bedingungen des Izanagi Izar ausgesetzt gewesen. „Ich bin nicht erschöpft genug, dass ich dich nicht noch …“ Neji beendete seinen Satz nicht, aber Naruto hatte die angedeutete Drohung auch so verstanden. Er rollte mit den Augen. Indessen hatte Neji sein Pferd beim Halfter gepackt und ging in Richtung Tor, das sich bereits einen Spalt geöffnet hatte.
 

Grummelnd trottete Naruto hinter ihm her und half unterwegs Hinata, die einige Probleme mit ihrem Gepäck hatte. Dabei wurde er genauestens von Ino beobachtet, die ihn zweifelnd musterte, ab und an düstere Blicke in seine Richtung warf und schließlich selbst mit einem Ruck Hinatas Gepäck packte und das verdutzte Mädchen hinter sich herzog. Naruto blieb nichts anderes übrig als zwei Pferde hinter ihnen durch das Tor zu führen.
 

Auf der anderen Seite hatte sich eine Menschenmasse versammelt. Hauptsächlich waren es Leute aus dem Volk, die die Rückkehr ihrer Prinzessin verfolgen wollten, aber es befanden sich auch eine Anzahl Soldaten und Berater darunter.

Mao-Chéng war nicht da und Tenten, die sich suchend umgesehen hatte, schlug enttäuscht die Augen nieder. Neji ging auf sie zu. Tenten wirkte eigenartig verletzlich mitten in der Masse. Etwas in ihm… Sofort nahm er Haltung an. Neji verabscheute sich, er hatte es nicht geschafft. Die verdammte Bindung bestand noch immer: Sie war ihm nicht egal.

Auf einmal legte sich eine Hand auf seine Schulter. Sofort trat der Samurai zwei Schritte vor und hatte schon beim Herumdrehen die Hand auf seinem Schwertgriff. „Deine Reflexe sind nicht so schnell wie sonst, Neji“, sagte Kakashi. Neji entspannte sich. Der alte Samurai sah ihn prüfend an und ließ seinen Blick dann über die Menge schweifen. „Komm“, sagte er, „Ich habe Mao-Chéng bereits von eurer Ankunft berichtet. Er erwartet dich, seine Tochter und noch ein paar andere.“ Neji runzelte die Stirn, übergab im Vorbeigehen sein Pferd und sein Gepäck einem Bediensteten. Dann straffte er die Schultern. Er musste noch einmal durchhalten und dann würde er Ausruhen.
 

Kakashi indessen bahnte sich einen Weg durch die Menge und deutete dabei noch ein paar Anderen, mit ihm zu kommen. Neji folgte mit zwei Metern Abstand. Nach einer Weile waren sie dem größten Gedränge entkommen. Es schien ihm fast wie eine Ewigkeit bis endlich der Palast vor ihnen auftauchte mit all seinen Terrassen, leicht gebogen Dächern und hölzernen Wänden. Für diesen Ort schien die Zeit stillzustehen. Nichts hatte sich geändert, seitdem er das letzte Mal hier gewesen war. Damals war er jemand anderes gewesen, naiver als jetzt und mit deutlich weniger Erfahrung.
 

Sie betraten das Gebäude. Ein paar Männer gingen in eine andere Richtung, aber Kakashi trieb ihn weiter. Neji fiel auf, dass er keine Waffen trug und als sie schließlich vor einer riesigen Tür standen, musste auch er die seinen ablegen. Leichtes Unbehagen überkam ihn. Er … fühlte sich so nackt und hilflos wie ein kleines Kind. Die Tür schwang auf und Tenten, sein Meister, sowie ein paar andere betraten den Raum. Kurz zögerte er, aber schließlich folgte er ihnen.
 

Der Raum war groß und hatte eine hohe Decke. In seiner Mitte stand ein langer Tisch, was Neji vermuten ließ, dass sie sich hier in einem Konferenzsaal befanden.

Mao-Chéng hatte ihnen den Rücken zugewandt. Er trug einen dunkelroten Kimono, auf den einige Ranken und Ornamente gestickt waren. Es war ein schwerer teurer Stoff, der ihn gewichtig erscheinen ließ, aber auch seine Macht untermalte. Langsam drehte sich der Herrscher zu ihnen um.
 

Als sie ihren Vater sah, huschte ein Lächeln über Tentens Gesicht. Ein erschöpftes, trauriges, aber triumphierendes Lächeln und sie schritt durch den Raum auf Mao-Chéng zu, der sie in die Arme schloss. „Ich bin wieder da, Vater.“ Er lächelte und strich ihr über die Haare. „Ich habe von eurem Erfolg gehört“, sagte Mao-Chéng. Nun sah er auch die anderen an, sein gebieterischer Blick fuhr durch ihre Glieder. Neji war sich sicher, dass dieser Mann zu früheren Zeiten ein erbarmungsloser Krieger gewesen war.
 

„Setzt euch.“ Die übrigen, es waren nur noch fünf weitere Menschen im Raum: Kakashi, Izumo, zwei Gesandte der Naras und er, ließen sich auf den Stühlen rund um den Tisch nieder. Mao-Chéng saß am Kopfende, Tenten rechts von ihm und er… er saß irgendwo auf der linken Seite in der Mitte.
 

„Ich habe vor drei Stunden Botschafter von Asuma Sarutobi empfangen. Die Mission, die ich dir auferlegt habe“, er sah seine Tochter an, „war erfolgreich. Wir sind ein hohes Risiko eingegangen, Shikaku Nara hat sein Leben verloren und wir haben hohe Verluste einstecken müssen.“ Kurz huschte sein Blick zu Izumo, dessen Züge sich eine Winzigkeit lang verdüstert hatten. „Aber… und das ist wichtig: Wir sind mit der Familie Nara verbündet. Etwas, das man nur durch ein Risiko erreichen konnte. So hoch der Preis auch war, dies ist der einzige Weg, dem Krieg ein Ende zu bereiten.“ Die Anwesenden ließen seine Worte und die nachfolgende Stille auf sich einwirken. Der Herrscher hatte ein Talent die Menschen in seinen Bann zu ziehen. Samtweiche Worte, die er mit einer Stärke sprach, dass es niemand wagen würde ihm zu widersprechen. Aber war das richtig? Der Gedanke kam so plötzlich, dass Neji kaum zu fragen wagte, wo er hergekommen war. Plötzlich und unerwartet einfach aufgetaucht. Neji dachte an das Leid, das er gesehen hatte, den kalten Leichnam von Shikaku Nara und Shikamarus Gesicht, als er seinen eigenen Vater zu Grabe hatte tragen müssen. Er dachte auch an die Wut Uchihas, als er seinen Arm an Neji verloren hatte. Oder als er Tentens Blick gesehen hatte, in diesem Zimmer mitten in der Nacht. Es war nicht richtig, aber es gab auch keinen anderen Ausweg.
 

Mao-Chéng sprach noch eine ganze Weile weiter, aber Neji bekam es nicht richtig mit. Kakashi warf ihm einen strengen Blick zu und Neji nahm sich trotz seiner Erschöpfung noch einmal zusammen. Jetzt legten die Gesandten dem Herrscher den bereits von Tenten, Shikamaru und Asuma unterschriebenen Vertrag vor. Mao-Chéng strich das Papier glatt und überflog das aufgesetzte Bündnis. Schließlich rollte der Herrscher das Papier wieder zusammen.
 

Er ließ sich von Izumo über die Reise berichten und fragte die Botschafter nach Einzelheiten des Vertrages. Mit seiner Tochter würde er wohl später sprechen, stellte Neji nüchtern fest. „Damit ist die Sitzung beendet“, hörte er die tiefe, dunkle Stimme des Herrschers. Alle Anwesenden erhoben sich, verbeugten sich und machten sich schließlich wieder auf den Rückweg. Er war der letzte, der aufgestanden war und zur Tür ging. Die anderen hatten den Raum schon verlassen, nur Tenten und Kakashi befanden sich noch mit dem Fürst im Tagungssaal. „Warte.“ Die Stimme ging ihm durch Mark und Bein, Neji blieb sofort stehen, drehte langsam den Kopf. Mao-Chéngs Blick war undurchdringlich. Ausgeschlossen, dass jemand anderes als er gemeint war.
 

„Ich möchte noch mit dir sprechen, Neji-san.“ Er warf einen Blick auf Tenten und Kakashi, die ihn überrascht ansahen. „Allein.“ Sie verschwanden, schneller als er erwartet hatte und der Raum war leer. Stille trat ein. Der Fürst von Konoha sah ihn unverwandt an, ohne Regung, doch mit einem so bestimmenden Ausdruck, dass ihn fröstelte.
 

„Ich habe von deinem Kampf mit Sasuke Uchiha gehört.“, sagte er dann, „zuerst wollte ich es nicht glauben, Uchiha ist stark und gerissen. Er lässt sich in einem Kampf auf Leben und Tod nicht übertölpeln, das macht deinen Sieg noch unglaubwürdiger.“ Sieg? Er hatte nicht gewonnen, er hatte schlicht Glück gehabt. „Ich habe nicht gewonnen.“ „Stimmt.“ Mao-Chéng sah ihn an. Neji war verwirrt, eben noch hatte er behauptet, dass es ein Sieg gewesen wäre. „Wenn du gewonnen hättest, wäre er jetzt tot. Samurai verfallen leicht dem Kampf. Uchiha ist der lebendige Beweis, irgendetwas war in ihm – ... unruhig und abwartend – bis alles eskaliert ist.“ Er seufzte. Neji betrachtete ihn, sie standen nur drei Meter von einander entfernt. Er und der Fürst Konohas. „Ein Kampf“, sagte sein Gegenüber, „der nicht gewonnen oder verloren ist, aber zum Fortschritt führt, ist zwar kein richtiger Sieg, aber auch keine Niederlage.“
 

Der Samurai begann zu verstehen. Er hatte den Ronin nicht geschlagen, aber eine Wunde in seine Unantastbarkeit gerissen. „Deswegen habe ich beschlossen dich von jetzt an bei meinen regulären Samurai unterzubringen. Du wirst gehorchen, wann immer du den Befehl von mir erhältst, du wirst gegen die Rebellion ankämpfen, solange dein Eid dich an mich bindet. Von jetzt an wirst du in einem Quartier der Soldaten wohnen. Deinen Besitz habe ich schon dorthin schaffen lassen.“ Neji starrte ihn an. Er kannte ihn an … aber er zeigte ihm auch Grenzen auf bis zu denen er sich bewegen konnte. Was Mao-Chéng bestimmt hatte war keine Freiheit, es war Kontrolle. Natürlich würde der Mann vor ihm keinen vielversprechenden Krieger gehen lassen, er würde ihn ausbilden lassen, bis er stark genug war Soldaten gegen die Rebellen anzuführen. Die letzte Mission war ein Test gewesen. Wäre er zurückgekehrt, wenn sie ein Fehlschlag gewesen wäre, dann hätte ihn dieser Mann zur Rechenschaft gezogen. Neji lief es eiskalt den Rücken herunter.
 

„Ich … Das überrascht mich.“ „Dachtest du, du wärest nicht bereit und ich würde dich weiter unter Kakashi lernen lassen? Jemand, der so eine Auseinandersetzung überlebt, braucht keine Übung mehr.“ Die hellblauen Augen blitzten ihn an. Erfahrung sprach aus ihnen und Führungskraft. Dies war der Mann, aufgrund dessen Anordnungen sich Nejis ganzes Leben geändert hatte. Er stand vor ihm … nicht mehr wie ein Gefangener, sondern als sein Samurai. Es war ein seltsames Gefühl so in seiner Gegenwart zu sein.
 

Neji hob den Blick. Die weißen Augen blitzten im Sonnenlicht auf, sodass der Fürst blinzeln musste und ihn auf einmal eigenartig fixierte. „Ich bin bereit.“ „Bist du auch bereit den Tod in Kauf zu nehmen? Du wirst ihm mehr als einmal ins Gesicht sehen. Du wirst leiden bis wir gewonnen haben oder bis du tot bist.“ Neji sah ihn an, unerschütterlich. Mao-Chéng blinzelte nicht. Auch das war wieder ein Test, der Fürst prüfte seine Loyalität, würde er sich abwenden, könnte er das nicht mehr. Es war ein Teufelskreis, aus dem er nur mit der richtigen Antwort ausbrechen konnte. Ohne den Blickkontakt zu unterbrechen, fuhr sich der Fürst kurz über den weißen Spitzbart und verschränkte dann die Arme ineinander, wobei die langen Ärmel seines Kimonos kurz den Boden streiften. Neji konnte ihm nicht mehr in die Augen sehen. Sein Blick fiel auf einen Spiegel hinter Mao-Chéng, es war ein bronzenes altmodisches Modell, aber er gab sein Spiegelbild klar und unverzehrt zurück. Lange hatte er nicht mehr sein eigenes Spiegelbild gesehen.
 

Neji sah einen anderen. Der Spiegel gab das Bild eines Kriegers wieder; ein dunkelgrüner Kimono, der ihm in Kämpfen nicht im Weg war, ein Gürtel in dem sonst die Schwertscheide Ryujins steckte, lange schwarze Haare, die ihm einen fast animalischen Ausdruck verliehen. Sein Gesicht war hart geworden, die Wangenknochen traten deutlich hervor und seine Haut legte sich straff über die Knochen. Über seinem Auge sah er die Narbe, die ihm der Ronin beigebracht hatte, bald würde sie nur noch ein weißer Strich auf seiner Haut sein. Alles Kindliche war aus seinem Gesicht verschwunden, selbst sein Blick war anders. Erfahrener, berechnender vielleicht.
 

Abwartend betrachtete Mao-Chéng seine Züge, lächelte auf eine wissende, hypnotische Art. Vielleicht hatte er die Kontrolle über sein Leben, vielleicht war er schon jetzt gefangen in einer Welt voller Lügen. Aber er war jetzt nicht mehr der Gleiche, den man als Aufrührer hierher gebracht hatte um ihn zu töten. Jetzt war er ein Samurai, er wusste wem er verpflichtet war und in dem Moment, als er das einsah, legte er seine Vergangenheit ein für alle Mal ab.
 

„Ich kann nicht zurück.“
 

~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~
 


 

Er kehrte nicht zurück. Naruto, Lee und Hinata mussten auf ihn gewartet haben, aber sie warteten umsonst. Neji war zu den übrigen Kriegern gezogen, nichts verband ihn länger mit dem Leben in der kleinen Unterkunft über dem Stall. Als Krieger musste er lernen wie es war im Kampf zu leben. Diese kleine Verbindung, die er zugelassen hatte… war hinderlich. Neji würde seine Cousine nicht verleugnen, aber er konnte sich nicht länger seinen Pflichten entziehen. Von jetzt an lernte und kämpfte er nur für den Sieg über die Rebellen. Er wurde in Strategie und Kampftechnik unterwiesen und alles Wissen, was man über die Rebellen und deren Strategie zusammengetragen hatte, wurde ihm unterbreitet in der Hoffnung er könne es so verwerten, dass es den Rebellen Schaden zufügte.
 

Er wandte sich ab von allem aus seiner Vergangenheit, er lebte und war gleichzeitig tot. Er verlor sich im Kampf. Mehrere Male schickte man ihn auf Missionen, aber niemals als Anführer. Hatte Mao-Chéng Angst, er könnte sich gegen ihn erheben? Oder war es die effektivste Art ihn einzusetzen?
 

Es gab nicht einen Tag, an dem er etwas Normales tat. Immer nur Kampf … Neji spürte nicht, wie es ihn zermürbte. Nichts vermochte es ihn aus seiner Welt zu erlösen, denn er war nicht mehr er selbst. In diesen Tagen voller Blut und Tod, legte er sich eine gleichgültige Miene zu und wurde in seinem Inneren zum Krieger. Er wurde hart wie Stahl und gnadenlos, wie man es nur in einem Kampf auf Leben und Tod lernen konnte. Selbst sein Äußeres veränderte sich: Sein Körper wurde mehr und mehr zu der muskulösen Statur eines Kriegers geformt. All die Erfahrung, die ihm gefehlt hatte, war nun auf seine Züge getreten. Er hatte Recht behalten mit seinen Worten, die er zu Mao-Chéng gesagt hatte. Es gab kein Zurück mehr für ihn.
 

Bald wurde aus diesen Einsätzen sein Tagesrhythmus, aus dem er nicht mehr ausbrechen konnte. Blut und Tod. Stille. Kampf. Tod. Wieder Stille. Nichts konnte die unendliche Reihe unterbrechen, fast schien es so, als wartete er auf etwas, und irgendwann ließ er dieses Gefühl schließlich zu. Neji war sich sicher, dass etwas näher kam, wie ein Raubtier, das seine Beute belauerte.
 

~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~
 

Neji lag auf der harten Matratze und starrte an die Decke. Draußen hörte er den üblichen Lärm, den die Soldaten jeden Tag veranstalteten. Das Quartier, in dem er jetzt untergebracht war, hatte viele Zimmer, in denen zumeist mehrere Männer wohnten. Der Raum, den er bewohnte, war klein, eng und hatte gerade so Platz, dass er und sein Mitbewohner darin schlafen konnten. Persönliche Gegenstände, so weit sie vorhanden waren, hatten beide in den fest in der Wand eingelassenen Schränken verstaut. Samurai brauchten nicht viel.
 

Sein Mitbewohner war ein Mann Mitte dreißig namens Hayate Gekko, ein Samurai, der schon seit sieben Jahren in den Diensten des Fürsten stand. Neben ihm gab es noch acht weitere Samurai, die ebenfalls hier wohnten, den Rest der Zimmer belegten gewöhnliche Soldaten, die keine Möglichkeit zum Aufstieg hatten oder für ihre Familien wenigstens die nötigsten Nahrungsmittel finanzieren wollten.
 

Hayate Gekko war ein seltsamer Mann; er hatte mehr gesehen als die anderen und war so etwas wie der unausgesprochene stärkste Kämpfer in der Unterkunft der Krieger, dem alle hier unterstanden. Wahrscheinlich war auch das der Grund gewesen, warum man ihm Neji anvertraut hatte, der zwar den gleichen Rang wie die Samurai innehatte, aber noch lange nicht deren Erfahrungsschatz besaß.
 

Am Anfang hatte er es nicht gerade leicht gehabt den Respekt seiner neuen Mitbewohner zu erlangen, denn immerhin hatte er auf manchen Missionen zumindest bedingte Befehlsgewalt über Krieger, die zumeist etliche Jahre älter waren als er selbst und sich deshalb nicht von einem jüngeren unerfahrenen Samurai, einem Emporkömmling, Befehle erteilen lassen wollten. Neji hatte diese Zweifel zerschlagen, als sie ihn kämpfen gesehen hatten. Allerdings war es nur eine Art bedingte Akzeptanz, die sie ihm entgegen brachten, denn er war nicht der erste, der in seinem jungen Alter bereits erfahrenen Samurai gleichberechtigt war. Der Grund war Sasuke Uchiha, der ebenfalls unter Mao-Chéng gedient hatte und denselben Weg gegangen war wie er. Neji hatte Gerüchte über den Ronin gehört, die ihn als gnadenlosen Kämpfer aufzeigten, ihn aber ebenso mit Vertrauen und Respekt seiner Untertanen auszeichneten.

Auch, wenn er es nicht wollte, war das Bild eines jungen Samurai mit der Erinnerung an den Verräter verbunden. Sie würden ihn ewig mit seinem Todfeind vergleichen.
 

Draußen herrschte jetzt lautes Treiben und als Neji sich aufrichtete, kam gerade Hayate in den Raum. Er schob die Tür mit leichtem Schwung auf und stellte seinen Bogen, mit dem er wahrscheinlich trainiert hatte, in die Ecke und warf ihm einen langen Blick zu. Der Samurai hatte fast schulterlange schwarze Haare und einen stets gelassenen Blick, der meistens aber nicht von den dunklen Schatten unter seinen Augen ablenkte. Er trug eine leichte Rüstung, mit der er sich gut bewegen konnte, und ein schmales, aber sehr robustes Katana, sowie ein kleines Wakizashi. Ähnlich wie Neji bevorzugte er allerdings den Umgang mit dem Langschwert, mit dem er ein wahrer Meister war. Er hatte oft mit ihm trainiert um Nejis Technik auszubauen und ihm einige Schlagtechniken beizubringen, die ihm im Kampf hilfreicher waren als ausgeklügelte Angriffe.
 

Jetzt sah Hayate auf Neji herunter und stellte wortlos eine Schale Reis und einen kleinen Teller mit Aal auf den einzigen Tisch im Raum. Neji warf dem Samurai einen Blick zu, nickte ihm zu und brach die Stäbchen auseinander. „Danke“, sagte er als er die Hälfte gegessen hatte. Hayate legte den Kopf schief: „Du kannst dir das Gedrängel nicht vorstellen. Wenn es ums Essen geht, verlieren Soldaten immer den Verstand. Wer soll’s ihnen auch verdenken, wer weiß, ob sie demnächst überhaupt was kriegen.“
 

Hayate hatte in der Zwischenzeit die Tür geschlossen und sich an den Schreibtisch am Fenster gesetzt, wo er einen Bericht durchging. Neji war inzwischen fast mit dem Reis fertig und nahm ein kleines Stück Aal, den sie normalerweise nicht auf dem Speiseplan hatten. Wahrscheinlich hatte Hayate den Fisch in der Küche abgezweigt, die ihm wie alle Teile des Hauses offen stand. Hayate selbst aß nie in seinem Zimmer, sondern bevorzugte die ruhige Ecke im Essenssaal, die nach einem unausgesprochenen Gesetz nur ihm zustand. Dies erfüllte gleichzeitig den Zweck, dass er mit den Samurai und Soldaten aß, aber auch die nötige Distanz zu ihnen wahrte.
 

Hayate rückte ein paar Unterlagen zurecht. Auf dem Tisch stand auch eine Kerze, neben ihm lag ein Schreibset und Tinte. Die Nacht färbte sich schwarz, die Kerze brannte herunter und das Wachs tropfte auf die polierte Holzplatte, wo es abkühlte. Sie redeten nie etwas, wenn sie beisammen saßen, es waren stille Abende. Neji hatte Hayate nie etwas über sich erzählt, oder über seine Ansicht, oder wie er sich fühlte. Hayate hatte nie danach gefragt und dennoch schien er Neji zu verstehen. Auf eine ganz besondere Art und Weise, die Neji nicht richtig deuten konnte. Vielleicht war es sogar der Grund, dass Hayate ihn nicht fragte und nicht zwang zu reden.
 

Draußen war es jetzt dunkel und wieder einmal war Hayate über den Papieren eingenickt. Vorsorglich hatte Neji die Tinte weggeräumt, wie er es jeden Abend tat. Er starrte aus dem Fenster, dachte nach. Dann fiel sein Blick auf eins der Papiere, die Hayate unter sich begraben hatte. Vorsichtig zog er es unter dem Arm seines Vorgesetzten weg.
 

„… deshalb finden Sie sich mit einem Dutzend Soldaten bei Sonnenaufgang an den Toren Konoha-Gakures ein, um…“
 

Neji überflog das Papier. Das Datum stimmte mit dieser Woche überein, der Auftrag war eine Aufklärungsarbeit, bei der die Soldaten des Fürsten in Gebiete vordrängen sollten, in denen die Rebellen zuletzt gesehen wurden. Es wurde eine Reihe von Namen aufgezählt.
 

„… unter dem Kommando Hayate Gekkos …“
 

Schließlich blickte Neji auf seinen eigenen Namen: Er war Teil des nächsten Auftrags. Nach längerer Zeit waren wieder Kampfhandlungen inbegriffen. Im Text hatte etwas wie ‚bis zur völligen Vernichtung’ gestanden. Vernichtung… Das bedeutete, dass Mao-Chéng ihnen den ungeschriebenen Auftrag gab, alle auszulöschen, die auch nur entfernt mit Rebellen zu tun hatten. Neji spürte wie sein Blut in Wallung geriet. Bilder flimmerten an seinem inneren Auge vorbei, verzerrt und verschwommen, als hätte ein anderer sie erlebt:
 

Ein Kampf irgendwo auf der Straße mit grauem Himmel über ihnen. Waffen klirrten aufeinander, Menschen, die sich gegenseitig umbrachten und er, der gehörlos war in diesem Kampf. Dann die Augen eines Rebells, die sich vor Angst weiteten, als er ihn überwältigte und schließlich die Genugtuung, als er ihn töten konnte. Es war wie in einem Rausch, der Kampf gab ihm Freiheit, ließ ihn vergessen, was er nicht ertragen konnte und trug ihn weit weg von alledem.
 

Die Kerze erlosch und mit einem Schlag war es dunkel im Raum. Neji störte es nicht, er war die Dunkelheit gewöhnt, so verbunden mit Stille. Manchmal war sie erdrückend, manchmal entspannend und manchmal erschlug sie ihn beinahe. Heute war es eine andere Art von Stille, erwartungsvolle, geladene Stille.
 

Auf einmal klopfte es. Der Samurai hob den Kopf, seine Augen huschten Richtung Tür. Alle seine Sinne erwachten. Noch einmal pochte jemand auf das Holz. „Ja?“ Seine Stimme war neutral, aber irgendwie doch eiskalt. Vorsichtig wurde die Tür aufgeschoben. Die Gestalt trug eine kleine Laterne, die sofort den Raum und ihre Züge sanft erhellte. Ihre Züge waren härter als sonst, noch immer zerbrechlich zwar, aber auch ausgemergelt und angespannt. „Kann ich reinkommen?“, fragte Hinata leise. Noch immer überrascht von ihrem Besuch, nickte Neji nur leicht, erhob sich und bot ihr den Platz auf seiner Matratze an.
 

Schweigend setzte sie sich. Eine ganze Weile starrten sie sich nur an, Neji, der an der Wand lehnte, und das schüchterne Mädchen, das besorgt den schlafenden Hayate beobachtete. Schließlich durchbrach ihre leise, leicht zittrige Stimme die Stille: „Ich habe dich lange nicht mehr gesehen, Neji. Tage, wochenlang, nichts.“ Er sagte immer noch nichts. Hinata war jetzt noch mehr verunsichert und brachte nur nach einer ganzen Weile die Worte: „Ich mache mir Sorgen um dich“, heraus.
 

Der Samurai sagte nichts, starrte nur still die kleine Papierlaterne an, die sie noch immer umklammert hielt. Das Licht malte sanfte Schattierungen auf Hinatas Wangen und Neji wagte nicht mehr ihr ins Gesicht zu sehen. „Bist du nur deswegen gekommen?“ Zögernd schüttelte das Mädchen den Kopf. „Komm wieder zurück“, flüsterte sie leise. „Komm zurück, lass alles wie vorher werden.“
 

Er löste sich von der Wand, setzte sich neben sie und stellte fest, dass er fast einen Kopf größer war als sie. Früher hatte es kaum Unterschiede zwischen ihnen gegeben, sie hatten einfach gelebt. „Was ist ‚wie vorher’ fragte er, „meinst du die Zeit, als wir als Ausgestoßene gelebt haben, die Zeit in der wir gelernt haben, allein zu leben, oder das Vorher, als …“ Er spürte wie der Tonfall seiner Stimme verächtlich wurde. Neji wusste, dass er Hinata wehtat. „…oder als wir auf dem Dachboden gelebt haben? Alle zusammen?“ Seine Stimme war völlig emotionslos, er wusste es, nur Hinata riss erschrocken die Augen auf. „Das meinst du nicht ernst, Neji!“, hauchte sie.
 

„Ich wusste, auf was ich mich einlasse“, sagte er leise, „dies ist nun mein Leben und es hat wenig Platz für Bindungen.“ Hinata sah ihn an, sagte kein Wort, es war wie nicht mehr wie früher, wo sie sich trotz der Stille, die fast immer da war, dennoch verstanden hatten. „Ich verstehe nichts von diesen Dingen, Neji. Ich weiß nichts vom Kämpfen oder von dem Ehrenkodex der Krieger. Von den Gefühlen, die ein Samurai haben darf oder nicht, aber bitte…“ Sie sah ihm direkt in die hellen Augen, die genauso waren wie die ihren. „Bitte … lauf nicht die ganze Zeit vor etwas davon.“
 

~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~
 

Sie brachen im Morgengrauen auf. Nicht mal die Sonne war vollständig aufgegangen, aber sie hätten auch nicht darauf gewartet. Die Aufträge, die die Samurai erhielten, waren geheim, sodass niemand sie verraten konnte. Niemand, der die Rebellen warnen könnte. Es war eine Gruppe von fünfzehn Mann, die sich versammelt hatte. Relativ klein, aber dafür schnell genug um unbemerkt das Land zu durchqueren ohne Aufsehen zu erregen. Die Männer hatten abgezehrte Gesichter. Manche schienen in freudiger Erwartung, anderen stand die Angst in die Augen geschrieben. Außer Neji war nur noch ein weiterer Samurai anwesend: Hayate Gekko. Zu früheren Zeiten waren auf solchen Missionen mindestens fünf dabei gewesen, aber durch den Mangel an ausgebildeten Kriegern und der nur langsam wachsenden nächsten Generation war Mao-Chéng gezwungen seine Streitkraft so zu verteilen, dass es nicht zu einem Kräfteungleichgewicht kam.
 

Neji hatte noch mit niemandem gesprochen, wie er es immer hielt, wenn er auf Missionen geschickt wurde. Er war niemand, der überflüssige Worte gebrauchte. Erst als der Kampf gekommen war oder sie kurz vor ihrem Ziel standen, sprach er manchmal mit jemand anderem. Dann verfiel er in seinen Kampfesrausch und er vergaß alles. Seine Ideale, seinen Schmerz und seine Vergangenheit. Er war nicht mehr der Dieb von früher und auch nicht Neji. Nicht der Samurai, der aus ihm geworden war, sondern nur ein Krieger, der im Blutrausch war. Seine Kameraden bewunderten ihn für seine Stärke, aber er merkte, wie sie zusammenzuckten, sobald er sich näherte. Wie sich ihre Panik in ihren Bewegungen widerspiegelte, als sie ihm in die kalten Augen sahen. Auch jetzt mieden sie ihn und hörten lieber Hayate Gekko zu, der gerade den Befehl erklärte.
 

Neji war nur mit dem Nötigsten ausgerüstet: Seinen Waffen, einer leichten Rüstung und einem Beutel mit einfacher, aber sehr nahrhafter Kost. An dem Gürtel hing jetzt außerdem ein Wasserschlauch, den er mit eiskaltem Wasser gefüllt hatte. Mehr war nicht nötig auf solch einer Mission. Es konnte schneien, Winde konnten ihnen ins Gesicht peitschen, sie könnten ihren Weg verlieren, aber nichts würde ihn dazu bringen sein Ziel aus den Augen zu lassen.
 

Denn jetzt war das in den Mittelpunkt seines Daseins getreten. Er wartete auf seine Aufträge, erfüllte sie und wartete wieder. Etwas anderes gab es nicht mehr. Neji hatte die Erinnerung verdrängt, als er noch mit Kakashi trainiert hatte oder Naruto davon abgehalten hatte Hinata nachzustellen. Und auch wie Lee völlig erschöpft auf dem Boden seines Zimmers gelegen hatte, nachdem er stundenlang trainiert hatte. Er dachte auch nicht mehr an die Reise zum Izanagi Izar, wo er den Erben der Naras kennen gelernt hatte. All das verschwamm vor seinem inneren Auge, damit er nicht an das denken musste, was ihn mehr als alles andere verletzte: Tentens Blick, der immer und immer verletzter wurde oder ihr Lächeln oder der verfluchte Moment, als er viel zu weit gegangen war. Seine Schuld war Vergangenheit… Er ertränkte diese Gedanken in einer Flut von Blut und Tod und Stille. Dann war da nichts mehr.
 

Ein lauter Befehl unterbrach seine Gedanken. Die Krieger saßen auf ihre Pferde auf und preschten in geordneter Formation durch die Straße auf das riesige Tor Konoha-Gakures zu. Hastig stieg auch er auf, drückte seinem Pferd leicht die Füße in die Seite und brachte es dazu zu den anderen aufzuschließen. Neji wusste nicht mehr, ob er noch mal zurückkehren würde. Vielleicht kam er auch nicht mehr wieder zurück: Auf den Missionen der Krieger starb immer jemand. Ob es nun ein Samurai war oder ein Söldner oder ein einfacher Krieger. Der Tod ritt mit ihnen und jedes Mal riss er mindestens einen aus ihrer Mitte. Vielleicht würde er es diesmal sein. Vielleicht Hayate Gekko oder vielleicht jemand von den anderen.
 

Er erreichte das Tor und nahm seinen Platz an der linken Flanke ein. Hayate nickte ihm nur kurz zu, von seinen Kameraden erhaschte er mal einen flüchtigen Blick, dann war er für sie unsichtbar. Die kraftvollen Bewegungen der Tiere trugen sie weit über das Feld und sie ließen schnell die Stadtmauern hinter sich zurück. Bald waren sie nur noch ein undeutlicher Umriss, der in der Ferne verschwamm.
 

.

.

.
 

Eine schlanke Gestalt stand auf dem steinernen Vorsprung, der direkt hinter der grauen Stadtmauer lag. Ihre warmen dunkelbraunen Augen folgten der kleinen Gruppe Reiter, die in der Ferne verschwand. Es waren die einzigen Momente, in denen sie ihn sah. Er hatte nie gewusst, dass sie ihn beobachtete, wenn er fortging um ein weiteres Mal dem Tod in die Augen zu blicken. Sie würde es ihm wohl auch niemals sagen, denn das hätte bedeutet, dass sie sich ihm ein weiteres Mal ausgeliefert hätte. Das einzige, das sie wollte, war, dass er zurückkehrte.

Der Wind peitschte über das flache Land und riss an ihrem dunkelblauen Kimono, der nicht so richtig zum grauen Himmel über ihr passte. Irgendwann sah sie ihn nicht mehr, nur noch eine ferne Staubwolke, ein letztes Überbleibsel der Erinnerung. Tentens Blick war stumpf, als sie ihm nachstarrte. Sie würde ihn nicht einfangen, ihn nicht beschützen, ihn nicht dazu überreden können, nur bei ihr zu sein. Vielleicht war es das letzte Mal, dass sie ihn sah. Schnell wie der Wind und doch gefangen im Herzen genau wie sie.
 

~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~
 

Die Gegend war ein düsterer Ort voll mit kahlen Bäumen und steinharter Erde. Nur mit Müh und Not hatten sie es schließlich geschafft ein Feuer zu entzünden, damit sie sich wenigstens ein bisschen wärmen konnten. Nachdem sie fast den halben Tag ohne Unterbrechung geritten waren, machten sie die erste Pause. Neji konnte schon jetzt spüren wie die Erschöpfung in seinem Körper lauerte, aber er verdrängte sie. Sie hatten noch einen langen Weg vor sich und er würde nicht mehr kämpfen können, wenn er sich jetzt der Müdigkeit in seinen Knochen hingab. Neji setzte seinen Wasserschlauch an die Lippen und nahm einen langen Zug. Das noch immer eiskalte Wasser war erfrischend und kühl, sodass es alle seine Sinne weckte.
 

„Du siehst ein bisschen angespannt aus, Neji“, sagte plötzlich eine Stimme neben ihm. Mit einem Blick aus den Augenwinkeln erkannte er Hayate Gekko. Neji ließ den Weinschlauch sinken. „Nicht mehr als sonst auch.“, sagte er, „ich kann es mir nicht erlauben meine Deckung aufzugeben.“ „Da hast du allerdings recht“, seufzte sein Vorgesetzter, „wir müssen immer damit rechnen selbst angegriffen zu werden. Nicht …“ Seine Stimme nahm einen sarkastischen Tonfall an, „..., dass die Jäger zu Gejagten werden.“ Der Samurai hob eine Augenbraue, sein Blick wurde hart, als er an den Kampf dachte, der ihnen bevorstand. „Wir sind diejenigen, die jagen. Wir werden unseren Auftrag erfüllen, so wie immer.“ Er nahm noch einen Schluck, aber dabei lockerte sich das Band, mit dem er seinen noch unberührten Essenbeutel an seinem Gürtel fest gebunden hatte, und dieser fiel zu Boden. Neji steckte den Wasserschlauch weg und bückte sich zu dem Essensbeutel, der Brot und zwei dünne Scheiben Fleisch enthielt.
 

Seine Hand umschloss den steifen Stoff, doch im gleichen Moment rutschte seine Kette, die er seit etlichen Jahren trug, aus seinem Hemd und baumelte an dem Lederband vor seiner Brust. Skeptisch deutete Hayate auf das hübsche Schmuckstück: „Was ist das?“

Seit langem fühlte Neji sich nicht mehr so ausgeliefert. Ewigkeiten lang hatte er keinen Gedanken mehr an das perlweiße Yang verschwendet. Es war einfach nur noch da, er trug es aus reiner Gewohnheit ohne groß darüber nachzudenken. Neji richtete sich auf und strich mit dem Finger über die kalte Oberfläche. Hayate beobachtete ihn aufmerksam, vielleicht, weil er ihn noch nie mit etwas so Persönlichem gesehen hatte. Oder, weil es so wertvoll war.
 

Auf einmal wusste er es: Dies war die letzte Verbindung, die er zu seinem altem Leben hatte.
 

„Das ist nichts“, sagte er leise, steckte die Kette aber gleichzeitig wieder locker unter sein Hemd. Hayate warf ihm noch einen skeptischen Blick zu, aber dann zuckte er mit den Schultern und wandte sich wieder seinem eigenen Essen zu. Es vergingen ein paar Minuten und schließlich brachen sie wieder auf. Hastig kehrte jeder der Krieger an seinen Platz der Formation zurück. Nejis Gedanken kreisten um die Kette, die um seinen Hals hing und um das Gesicht, das in seinem Kopf aufgetaucht war. Ein kleines Mädchen, das so völlig anders war als er selbst und das ihm als Freundschaftsbeweis einen Teil ihrer Kette geschenkt hatte. Er würde es wohl nie vergessen, ganz egal wie sehr er sich auch bemühte. Das Lächeln des kleinen Mädchens, die Augen Tentens, die jetzt noch einen genauso starken Blick hatten wie damals. Dieses Gesicht von dem er sich endlich abwenden musste…
 

.

.

.
 

Der Himmel wurde dunkel, aber sie hatten fast ihr Ziel erreicht. Hayate teilte die Gruppe und schickte zwei Männer zum Auskundschaften los. Neji und er blieben bei dem Kernstück ihrer Truppe, die den Hauptangriff durchführen sollte, zurück. Die Gegend, in die sie gekommen waren, war hauptsächlich Land der Bauern und anderer Menschen, die auf dem Land lebten. Nach ihren Informationen hatten die Rebellen einige Dörfer angegriffen um die Bevölkerung zu schwächen, von der auch Konoha-Gakure die nötigen Lebensmittel bekam um durch den Winter zu kommen. Je mehr Vorräte die Rebellen zerstörten oder es zumindest verhinderten, dass neue angepflanzt werden konnten, desto mehr schwächten sie die Kriegsmacht Mao-Chéngs. Denn die war ohne die Vorräte hilflos dem kalten Winter ausgeliefert.
 

Jetzt waren fast zwei Stunden vergangen, in denen sie ununterbrochen nach Anzeichen der Rebellen gesucht hatten, ungewöhnlich, dass sie sie nicht sofort fanden, weil auch die Rebellen die Gelegenheit nicht ungenutzt verstreichen lassen würden einen Teil der Streitmacht Konoha-Gakures auszuschalten. Die Rebellen waren nicht feige, sie versteckten sich sonst nie von ihnen. Es war seltsam.
 

Auf einmal hörte Neji es im Unterholz knacken und eine Sekunde später stolperte einer der Auskundschafter aus dem Wald. Er hatte einen tiefen Schnitt auf dem Oberarm und schien sich nur noch mit Mühe auf den Beinen halten zu können. Sein Körper war blutverschmiert und sein Atem ging schnell. Auf den ersten Blick wusste Neji, dass man ihn nicht mehr retten konnte. Hayate reagierte sofort, kam ihm in Windeseile entgegen und stützte ihn. Neji hörte, wie er ihn leise, aber bestimmt nach seinen Informationen fragte.
 

„Das war eine Falle“, hörte Neji den Verletzten, „sie wussten, dass wir kommen würden, zuerst wollten sie uns ausschalten und dann die Gruppe einkesseln.“ Sein Kopf sank in die Arme von Hayate, der ihn behutsam auf die Erde ablegte. Der Mann schnappte nach Luft und begann dann Blut zu spucken. Der Samurai löste das Schwert des Kriegers, legte es in dessen Hand uns schloss dessen Finger darum. Neji musste sich nicht erst fragen, was aus seinem Kameraden geworden war. Die Rebellen mussten sie überrascht haben, sodass sie keine Möglichkeit zur Verteidigung gehabt hatten.
 

„Sie sind hier.“ Ganz leise waren die Worte des Sterbenden, aber Neji hörte sie trotzdem. Noch einmal hörte man ihn nach Luft schnappen, husten und bevor er seinen letzten Atemzug tat, die Namen seiner Kinder murmelnd. Er sagte sie so liebevoll und gleichzeitig so verzweifelt, dass Neji ein Schauer über den Rücken lief. Hayates Gesicht nahm einen stählernen Ausdruck an, als er dem Mann die Augen schloss. Dann trat er von der Leiche weg, zog sein Schwert und deutete seinen Untergebenen mit einem einzigen Blick sich kampfbereit zu machen.
 

Neji hatte den Angriff erwartet, aber er überraschte ihn doch so sehr, als wäre dies jemandem passiert, der nicht die nötige Ausbildung eines Kriegers genossen hatte. Es war wie der Mann gesagt hatte: Die Rebellen kannten ihre genaue Position, nutzten bereits all ihre Schwächen aus und planten, wie sie möglichst schnell vernichten konnten. Neji wusste, dass sie da waren. Im Unterholz verborgen, hinter den Bäumen und tief im Wald. Sie kamen von allen Seiten.
 

Und auf einmal brach der Kampf los. Schnell und unerwartet wie die Rebellen es wahrscheinlich geplant hatten. Neji hatte gerade noch Zeit Ryujin aus der Scheide zu ziehen bevor die Angriffswelle über ihn hereinbrach. Plötzlich war der Wald mit Schreien und Lärm gefüllt, mit Kampf und mit Tod. Neji drehte sich um die eigene Achse und brachte mit einem Schlag gleich zwei Angreifer zu Fall. Aus den Augenwinkeln betrachtete er ihre Soldaten; durch das Überraschungsmoment hatte sich ihre Formation gelöst, die auch Hayate nicht mehr in Ordnung bringen konnte. Ihr gesamter Plan versank im Chaos. Es war beinahe so, als würden sie nur darauf warten ausgelöscht zu werden.
 

Er warf Hayate noch einen Blick zu, doch der hatte viel zu viel damit zu tun sich selbst zu verteidigen. Die Feinde hatten schnell herausgefunden, wer hier das Kommando hatte …

Es entstand ein schreckliches Kreischen, als Metall auf Metall traf. Nur durch einen Reflex hatte der Samurai seinen Angreifer schließlich abwehren können. Das zeigte ihm einmal mehr ihre aussichtslose Lage. Wie konnten sie hoffen zu gewinnen, wenn sie schon unterlegen waren? Wie kämpfen, wenn bereits alles verloren schien?
 

Neji kämpfte einfach. Ohne zu überlegen und sich all seinen Instinkten überlassend. Wieder fiel er in den Rausch des Kampfes, war überall zugleich und tötete. Wo er auftauchte hinterließ er eine Spur von Blut und Zerstörung und wer ihm in die Quere kam, starb. Aber der Schwall der Feinde nahm nicht ab und irgendwo in seinem Unterbewusstsein schien sich ein Gedanke einzunisten. Ein absurder Gedanke…
 

„Neji!“ Hayates Befehl kam schnell und unerwartet, riss ihn aus seinem Rausch. Neji wehrte erst im letzten Moment den Schlag von links ab, griff dann nach dem Arm seines Angreifers, schleuderte diesen zu Boden und schlitze ihm im selben Moment die Kehle auf. Warmes Blut sickerte aus dem Schnitt, aber der Mann war bereits tot. Dann war Hayate bei ihm, die sonst so müden Augen wachsam auf seine Umgebung gerichtet.
 

„Das ist kein normaler Angriff“, brachte sein Vorgesetzter heraus, worauf er nur den Kopf schüttelte. Natürlich war das kein normaler Angriff. „Was tun wir um die Lage zu retten?“, fragte Neji. Wieder ein abgewehrter Schwertstreich, ein Schrei, der erstarb. Der Samurai keuchte, sah sich wie im Fieberwahn um und berechnete im Kopf blitzschnell ihre Situation. „Wir sind verloren, wenn wir weiter so unstrukturiert handeln“, kommentierte Hayate, „wir … brauchen eine Ablenkung.“ Er sah ihm direkt in die Augen.
 

Neji warf ihm einen Blick zu, nickte kurz und verschaffte sich einen Überblick über die Lage. Auf dem Schlachtfeld brannten vereinzelte Flammen, die den Rebellen halfen ihre Bewegungen zu koordinieren. Bei noch näheren Beobachtungen stellte er fest, dass ihre Gruppe größtenteils gespalten war. Er analysierte die Situation und wusste mit einem Mal, was er tun sollte. Der Samurai hastete auf drei Männer von ihm zu, die sich gegen eine Überzahl von Sieben wehrte, die allesamt lange schwarze Umhänge trugen. Noch ein Indiz, dass es sich nicht um Rebellen handeln konnte, aber vielleicht waren sie auch nur eine neue Kampfmacht der Rebellen, eine Spezialeinheit vielleicht.
 

Dann war er zwischen den Angreifern und seinen eigenen Soldaten. In der Luft lag der ekelerregende Geruch von Schweiß und Blut, doch er achtete nicht darauf. Sein Erscheinen hatte die Feinde kurz innehalten lassen, sodass sie kurz das Gemetzel unterbrachen. „Bist du der Anführer?“, blaffte einer von ihnen, „du bist auch nicht besser, kein Gegner-“ Er brachte den Satz nicht zu Ende, da Neji ihm im selben Moment sein Schwert in den Brustkorb rammte. Dem Schwätzer verging augenblicklich die Sprache und seine Kameraden stierten ihn überrumpelt an, als er auf den Boden sank und Neji sein Schwert aus seinem Körper zog.
 

Seine Augen weiteten sich, als er sich fallen ließ und alle Sinneseindrücke auf ihn einströmten. Lange hatte er nicht mehr in der Meditation einen Kampf geführt, aber dies hier gehörte zu seinem Plan und der verlangte Aufmerksamkeit. Die Bilder kehrten wie scharfgestellt zu ihm zurück. Jeden Ast, jedes Blatt und jede Regung im Gesicht seiner Feinde nahm er wahr und die starrten fassungslos zurück. Sicher hatten sie nie jemand mit dieser Schwerttechnik kämpfen sehen. Ein fast amüsiertes Lächeln – trotz der aussichtslosen Lage – trat auf sein Gesicht. „Tanz des Mondes“, flüsterte er ihnen entgegen und sah, wie sich die Angst in ihren Augen spiegelte. Sie wussten, was diese Worte bedeuteten. Kein Samurai sagte sie einfach so, es waren drei Worte mit unvorstellbarer Macht, die denjenigen, die sie hörten nur eines sagten: Ihr Tod war gekommen.
 

Sie waren viel zu langsam um auszuweichen und er war schnell und stark wie ein Orkan. Neji zog durch die Reihen wie ein Überbringer des Todes, spaltete Schädel, teilte blitzschnelle Schwerthiebe aus – und gelangte so zu der Aufmerksamkeit, die er brauchte. Auf einmal war da Feuer und er konnte in die Augen seiner Feinde sehen, in denen sich die Flammen spiegelten, die aber zugleich auf ihn gerichtet waren. Überall um ihn herum brannte es lichterloh, aber er bahnte sich einen Weg durch das Flammenmeer. Als er sich kurz umsah, erkannte er, dass sie ihm folgten. Ob Hayate seinen Plan verstanden hatte, wusste er nicht, aber er war schlau genug aus einer verwirrten geteilten Streitmacht das Beste zu machen. Hayate würde seine Hilfe nicht brauchen.
 

Seit seinem strategischen Ablenkungsmanöver hatte er sich immer weiter vom eigentlichen Kampf entfernt. Ein paar Männer der Rebellen verfolgten ihn, aber Neji merkte, dass sie weniger wurden. Wie war das möglich? Hatten sie seine Finte durchschaut? Neji hielt an und sah sich suchend um. Ein Frösteln durchlief ihn, als er erkannte, dass er allein war.
 

Die Bäume um ihn herum wirkten auf einmal wie gigantische Pfeiler, die ihn selbst von den Anderen trennten, der Himmel war tiefblau, die Geräusche des Kampfes klangen von fern und seltsam abgestumpft, als hörte er sie durch einen Filter hindurch. Die Welt um ihn drehte sich und säte Panik in ihm. Das war nicht richtig! Irgendetwas lief falsch. Warum verfolgten ihn die Rebellen nicht mehr, wo er doch die größte Bedrohung für sie darstellte. Warum gaben sie die Verfolgung auf?
 

Neji verharrte auf der Stelle, wartete und hörte, wie sein Herz mit dumpfen Schlägen Blut durch seinen Körper pumpte. Sein ganzer Körper war elektrisiert, seine Sinne wie beim Angreifen gespannt, doch sein Geist war in Panik geraten. Zwecklos versuchte er sich zu beruhigen. Er musste logisch denken: All das hatte eine Bedeutung, einen Grund, musste eine Erklärung haben… Das Feuer um ihn herum loderte hoch, tauchte alles in einen orangefarbenen Schein, Neji packte den Griff seines Schwertes fester. Plötzlich nahm er eine Bewegung wahr, blitzschnell raste der Dolch auf ihn zu, er wich einen Schritt zurück und die Klinge bohrte sich in einen brennenden Baumstamm.
 

Das Adrenalin jagte durch seinen Körper, als er mit Angst und Anspannung zugleich all seine Sinne darauf konzentrierte den unsichtbaren Angreifer zu lokalisieren. Vergebens. Das Feuer und der Wald verbarg alles vor ihm. Ein hohles Lachen erklang durch die Bäume, voll und trotz des weiten Areals, gut zu hören. Neji fröstelte, automatisch nahm er Verteidigungshaltung ein – und wartete, dass etwas passierte.
 

Das Flackern des Feuers wurde unterbrochen, als Schatten vorbeihuschten. Zwei näherten sich von rechts, zwei weitere kamen von der Seite. Nejis Blick huschte über die Gegend, schweifte über das Feuer und nahm vier Gestalten wahr.
 

Sie waren so schnell, dass er kaum folgen konnte. In einem Moment hatte er sie lokalisiert, dann verlor sich ihre Spur in einem Kreis rings um ihn. Sie rannten um ihn herum, ohne, dass er sie sehen konnte. Nur ihre Schatten tanzten um ihn herum. Unmerklich zogen sie den Kreis enger um ihn, als wollten sie ihm keine Möglichkeit lassen zu entkommen.
 

Dann war es plötzlich still; Neji hörte keine Schreie mehr von dem Kampf, da war nur noch das Knistern des Feuers um ihn herum und dann sah er sie. Vier Gestalten in blutroten Umhängen, die alle etwa sieben Meter von ihm entfernt standen. Ihre Haltungen waren so gerade als wären sie Statuen, ihre Blicke waren auf den Boden gerichtet. Etwas Unheimliches haftete an ihrem Auftreten. Neji richtete Ryujin auf sie, aber einen Weg zum Entkommen sah er nicht…
 

„Du hast es uns wahrhaft einfach gemacht…-“ Blitzschnell drehte Neji sich um, als er die kalte Stimme hinter sich hörte. Neji wirbelte herum. Aus dem Schatten der Bäume kam ein Mann Bäumen hervor. Er war in einen ebenso blutroten Umhang gehüllt wie seine Kameraden, aber anders als sie trug er darunter ausschließlich blütenweiße Kleidung. Den Eindruck, er würde trauern, vermittelte er nicht… Sein Haar war so gebleicht, dass es fast weiß wirkte, und auf seinem Kopf mehrfach gescheitelt. Die Haut des Mannes war blass, fast durchsichtig so schien es. Sein Gang war sicher und geschickt, alles an ihm wirkte geschmeidig, doch der Ausdruck in seinen Augen war nichtssagend, beinahe unbeteiligt. Er kam noch ein paar Meter näher - so schnell, dass der Samurai ihm mit seinen Blicken nicht folgen konnte – und lächelte ein wissendes überlegenes Lächeln, bevor er seinen Satz beendete:
 

„Neji Hyuga…“
 

Was?! Neji … Hyuga? Niemand hatte ihn je bei diesem Nachnamen gerufen, er hatte ihn schließlich nie gekannt. War das denn sein Name? Und woher wusste der Fremde, wer er war?
 

Der Fremde sah ihn fast amüsiert an. „Du weißt es nicht, nicht wahr? Du weißt nicht, wer du bist. Dabei weist das Mal, das du trägst, dich als den aus, den alle, die wissen, sofort in dir erkennen werden.“ Neji starrte ihn nur fassungslos an. Dieser Mann kannte die Tätowierung auf seiner Stirn. Konnte er etwas über ihn wissen, das er selbst nicht kannte? Der Mann betrachtete seine verwirrte Miene und seine Kameraden schienen sich daran noch mehr zu ergötzen. „Dabei trug dein Vater dasselbe Zeichen“, fuhr er fort.
 

„Wer seid ihr?“, knurrte Neji und wich fast tänzelnd einen Schritt zur Seite. Wieder lachte der Mann, freudlos und überlegen. Die Macht, die er ausstrahlte, war beinahe körperlich zu spüren. Er machte eine weite Geste, als würde er seine Kameraden vorstellen: „Wir sind die Hayai.“
 

Hayai? Was bedeutete das? Nie hatte er diesen Namen gehört. Waren sie Rebellen? „Die Überbringer des Todes…“, fügte der Fremde hinzu. Nejis Augen weiteten sich. In ihm keimte ein Verdacht auf, ein absurder Gedanke, der ihn verwirrte. „Ihr seid keine Rebellen.“, stellte er fest, während er versuchte gleichzeitig alle im Blick zu behalten. „Nein.“, sagte der Mann.
 

„Was soll das Rumgeplänkel, Kimimaro!?“, rief eine der Gestalten, worauf Neji zusammenzuckte, sich blitzschnell umwandte und Kimimaro einen vernichtenden Blick in Richtung des Fragenstellers warf. „Schweig, Tayuya. Du hast meinen Befehlen zu gehorchen, sonst …“ Er ließ die Warnung unvollendet in der Luft schweben. Tayuya zuckte zusammen, erwiderte allerdings seinen Blick. Bei näherem Hinsehen, erkannte Neji, dass sie eine Frau war, mit langen flammend roten Haaren und bernsteinfarbenen Augen,die eine seltsame Mischung von Aufsässigkeit und Ungeduld trugen. Sie trat zwei Schritte auf ihn zu, zog eine Sichel, die an einer Eisenkette befestigt war, aus ihrem Gürtel, ließ sie einmal über ihrem Kopf rotieren und schien auf einen Befehl zu warten.
 

„Warum sollen wir noch warten? Ich finde sie hat recht, Kimimaro“, ertönte da eine Stimme, die von links zu kommen schien. Nejis Blick folgte der Stimme und er erkannte, dass der Korpulenteste unter ihnen gesprochen hatte. Sein Gesicht war irgendwie aufgedunsen, doch sein Körperbau zeigte, dass er keineswegs so langsam war, wie er auf den ersten Blick wirkte. Er hatte eine Streitaxt geschultert, die er jetzt probehalber von der einen in die andere Hand legte. „Wozu sind wir sonst da“, fügte der Dritte hinzu, „wir haben wirklich keine Zeit uns mit unseren Opfern zu beschäftigen.“ Er warf Neji einen süffisanten Blick zu, der noch mehr seine Brutalität und sein schmieriges Äußeres unterstrich. „Da muss ich dir wohl ausnahmsweise recht geben, Sakon“, sagte der Vierte, eher ein dunklerer Typ mit langen spinnenartigen Armen. Der Mann namens Kimimaro ignorierte alle und wandte sich stattdessen wieder an ihn: „Du weißt zu viel, Neji Hyuga und du bist ein Hindernis…“ Er machte eine Pause und trat auf ihn zu, wobei die anderen vier ebenfalls den Kreis enger zogen. Neji hielt das Schwert kurz über seiner Schläfe. „Hindernisse müssen beseitigt werden“, sagte Kimimaro ruhig, „Dein Leben gehört uns.“
 

Als wäre es das gewesen, worauf seine Untergebenen gewartet hatten, zückten sie fast gleichzeitig ihre Waffen und rasten auf ihn zu. Mit extremer Anstrengung glitt Neji wieder zurück in die Schwerelosigkeit. Durch den Zustand der Meditation hörte er ihre Geräusch jetzt doppelt so laut, jeder Schritt wirkte wie eine Erschütterung, aber gleichzeitig hatte er auch das Gefühl, dass sie sich nicht in den Lauf der Natur einfügten. Sie waren geboren worden um zu zerstören…
 

Der dicke holte mit seiner Axt aus und streifte damit seine Rüstung, riss sie auf und Neji konnte nur gerade so ausweichen. Der Samurai stolperte zurück, instinktiv wusste er, dass er mit der schmalen Klinge keine Waffe, die mit solch brachialer Gewalt geführt wurde, abblocken könnte. Er geriet aus dem Gleichgewicht, konnte fast seine Technik nicht mehr halten. Zu spät erkannte er, dass er sich durch seine Flucht selbst ausgeliefert hatte…
 

Einer der Männer, die vorhin gesprochen hatten, der Dunkle, Spinnenartige, erinnerte Neji sich, war plötzlich hinter ihm, in der Hand hielt er eine Lanze, mit der er auf seinen Kopf zielte. Im letzten Moment schaffte Neji es, sie mit seiner Klinge abzulenken. Ein Schlagabtausch folgte, bei dem Neji nicht eine Lücke in der Deckung seines neuen Gegners fand. Der Mann war geschickt, schnell und kraftvoll. Das schrille Kreischen des aufeinandertreffenden Stahls tönte in seinen Ohren und blendete alle anderen Geräusche aus. Plötzlich hielt sein Gegner in seiner Bewegung inne, überrascht sah Neji ihn an, doch er grinste nur überlegen.
 

Neji sah die Bewegung nicht kommen und als er sie registrierte war es bereits zu spät. Der vierte Kämpfer, Sakon, mit den blassgrauen, schulterlangen Haaren traf ihn mit der bloßen Faust im Gesicht. Augenblicklich ging Neji zu Boden, schmeckte Blut und versuchte sich aufzurichten. Doch Sakon verpasste er ihm einen Tritt in den Magen, der Neji erneut zu Boden schleuderte. Der Mann wischte sich seine Hand, an der sein Blut klebte, an seinem Umhang auf. „Das soll ein Hyuga sein? Ich verstehe nicht, dass Orochimaru-sama den fürchtet.“ Orochimaru? Irgendwo in seinem Unterbewusstsein und dem pulsierenden Schmerz in seiner Wange legte sich ein Schalter in seinem Gehirn um.
 

„Du kennst ihn gut und dann ist er dir wieder so fremd, als hättest du ihn noch nie gesehen.“
 

Vor seinem inneren Auge tauchte ein Gesicht auf. Ein hämisches Gesicht mit schneeweißer Haut, durchdringenden Auge, schwarzem Haar und einer Stimme … einer Stimme, die ihn mit ihrem bloßen Klang in zwei Hälften schnitt. Das war derjenige, der den Befehl gegeben hatte ihn zu töten… Er war Mao-Chéngs rechte Hand, was er tat, … war Hochverrat. Dieser Auftrag war nur eine Illusion um ihn zu töten. Die Soldaten vorhin, hatten ihn gehen lassen, weil sie wussten, dass sein Schicksal bereits feststand. Alle übrigen würden sterben, damit niemand berichten konnte, dass es diesen Hinterhalt gegeben hatte. Die offizielle Version würde lauten, dass die Rebellen sie ausgelöscht hatten…
 

„Schweig, Sakon!“, fuhr Kimimaro den Mann an, aber der grinste nur gehässig vor sich hin. Neji wand sich am Boden, als er spürte wie Kimimaro näher kam. Die übrigen Mitglieder der Hayai schlichen um ihn herum. Noch immer hielt er das Schwert in seiner rechten Hand, doch sein Atem ging schwer und sein Kopf fühlte sich wie gespalten an. Zwei weitere Schritte erschütterten sein empfindsames Gehör, begleitet von dem Krachen einer Kastanie, die das Feuer zerfressen hatte, und umstürzte.
 

Seine Arme zitterten, aber Neji wollte sich seine Schwäche nicht eingestehen. Sein Blutrausch war wie verraucht, er selbst war fast von Sinnen, so sehr schnürte die Angst seine Kehle zu. Eine kräftige Hand packte ihn am Hemd und zog ihn wieder auf die Beine. Neji war Kimimaro so nah, dass er dessen warmen Atem auf seiner Haut spüren konnte. „Jetzt weißt du es, aber ich glaube nicht, dass du viel damit anfangen kannst, nicht wahr… Neji Hyuga? Oder den Gründen …“ Neji schauderte, wollte instinktiv vor diesem Mann fliehen, doch dessen Griff war so hart wie Stein, unbeweglich und beherrschend. Er war es gewohnt Befehle zu erteilen, das hatte der Samurai sofort gewusst.
 

Urplötzlich ließ er den Stoff los und Neji taumelte vor ihm zurück. Bevor er sich wieder gefangen hatte, war er schon einige Meter von ihm entfernt. Neji atmete tief durch. Die Nacht roch nach Rauch und Feuer und Blutvergießen. Kaum ein Geräusch drang mehr zu ihm durch. War der Kampf bereits entschieden? Hayate und seine Männer mussten schwere Verluste hingenommen haben, niemand würde sich aufmachen und nach ihm suchen…
 

Dann hörte er noch ein Geräusch, fast wie ein Krächzen eines Vogels, sodass er kurz schauderte. Als er aufblickte sah er, das Kimimaro ein fast weißes Schwert in der Hand hielt. Neji sah es an und wollte es doch nicht sehen. Das war kein normales Material, aus dem die Waffe gemacht war, das war … Der Blick des Kriegers folgte seinem und blieb an dem Schwert hängen. „Du hast niemals zuvor solch ein Schwert gesehen?“ Er lächelte. „Geschmiedet aus Eisen, gehärtet durch das heißeste Feuer und gemacht aus aus je einem Teil meiner Gegner. Es wird die Sünde fort waschen, die auf deiner Existenz haftet.“ Es schien eine Ewigkeit zu dauern, in der der Samurai fassungslos auf das Schwert starrte und nicht daran denken wollte, dass es … dass es aus menschlichen Knochen bestand …
 

„Du hast deine Sache gut gemacht, Samurai“, fuhr der Anführer der Hayai fort, „du hast die Tochter des Fürsten so sehr verletzt, dass sie innerlich zerbrochen ist. Meister Orochimaru", er sprach den Namen fast mit einer innigen Zuneigung aus…“, sieht so etwas auf einen Blick. Aber du hast sie unterschätzt, wie wir alle… Tenten-chan“, wieder grinste er und Neji verabscheute ihn dafür wie er Tentens Namen aussprach, „hegt stärkere Gefühle für dich als erwartet. Sie würde dich niemals aufgeben, solange sie nur wüsste, dass du lebst.“
 

Er erinnerte sich wieder an Tentens Gesicht, an die Verletztheit in ihren Augen, als sie damals gegangen war. Sie war zerbrochen, aber es war umsonst gewesen. Neji konnte sie nicht beschützen und auch niemanden sonst. Er war nutzlos und er hasste es. Seit er Sasuke Uchiha begegnet war, war nicht mehr ein so starkes Gefühl des Hasses in ihm gewesen. Die Hayai wollten ihn hinrichten für etwas, das Tenten zerstörte.
 

Dann kam ihm noch ein Gedanke … Solange sie wusste, dass er lebte… Er begriff es im selben Moment in dem er es dachte… Die Hayai und damit auch Orochimaru glaubten, dass sie ihn aufgeben würde, wenn er tot war und somit schwach genug sein würde, damit sie sie kontrollieren konnten. Sie bauten darauf, dass alles sich so entwickeln würde wie sie es geplant hatten.
 

„Was habt ihr mit ihr vor?!", brachte er schließlich mit zusammengebissenen Zähnen hervor. Der Mann schaute auf ihn herab, genoss die Macht, die er über ihn hatte. „Du denkst, dass wir sie töten, wenn sie nutzlos geworden ist? Nein… für sie haben wir andere Pläne …“ Sofort fuhr Neji hoch, starrte dem Hayai in die Augen und stemmte sich unter Schmerzen hoch. „Ihr werdet ihr kein Haar krümmen!“ Ryujin glitzerte für einen Moment im Schein der Flammen, dann zischte es wie eine wütende Schlange durch die Luft direkt auf Kimimaro zu. Doch der wehrte Nejis Angriff ab, als wäre er nichts: Er schlug das Schwert zur Seite und schlitze Nejis Rüstung an der Seite auf, sodass sie nur noch von ein paar Stücken zusammen gehalten wurde.
 

Die anderen um sie herum lachten, während Kimimaro ihn jetzt wütend, fast verächtlich ansah. „Beleidige mich nicht, Neji Hyuga, du magst es vielleicht mit Sasuke Uchiha aufnehmen können, doch nicht mit mir.“ Inzwischen war Neji wieder auf die Beine gekommen, immer noch das Schwert gezückt. Sein Atem ging schwer. Er konnte die Meditation nicht mehr aufrecht erhalten und merkte, wie die Kraft langsam aus ihm herausgesogen wurde.
 

Er richtete sich auf, streckte den Rücken durch und richtete das verfluchte Schwert auf Kimimaro. Es war seine Herausforderung an ihn und beide wussten es. Neji war sich seines Zustandes sehr wohl bewusst: Wenn es zu einem Kampf kommen sollte, musste es jetzt gleich sein, denn bald würde er nicht mehr die Kraft haben sich ihnen entgegen zu stellen. Das Feuer warf scharfe Schatten auf Kimimaros Gesicht. Vielleicht war es besser einen der anderen anzugreifen, aber instinktiv wusste Neji, dass er der Anführer war, der Stärkste, wenn er ihn ausschaltete, konnte er vielleicht entkommen…
 

Einen Moment verharrte er, ließ sich von allen Eindrücken und Gefühlen durchströmen und für einen Augenblick die Kontrolle über ihn übernehmen. Kraft. Schwäche, Schmerz, Verzweiflung, alles was er erlebt hatte. Er durfte nicht verlieren …
 

Neji spannte seinen Körper an, im Geist holte er alles an die Oberfläche, was er von Kakashi gelernt hatte. Vor ihm waren nur noch der brennende Wald und der eiserne Krieger mit dem Knochenschwert.
 

In seinen Augen blitzte etwas auf und dann griff er Kimimaro an. Die anderen vier, die zwar überrascht wirkten, aber dennoch vorbereitet waren, stellten sich ihm sofort in den Weg. Seine Klinge traf auf den Speer des ihm unbekannten Mitglied der Hayai, doch sein Hieb war so mächtig, dass es diesmal er war, der mit roher Gewalt die Waffe zurückschlug. Zum ersten Mal erkannte Neji so etwas wie Furcht in den Zügen des Anderen, doch der Hayai war nicht gewillt zurückzuweichen. Neji verstrickte sich in einen komplizierten Schlagabtausch mit ihm, wobei er mehr und mehr die Oberhand gewann, doch er hatte keine Zeit …
 

Ein weiterer Schlag und er wandte sich ab, drehte sich um und raste wieder auf Kimimaro zu. Diesmal waren die anderen vorbereitet und Neji wusste, dass er es ihnen nicht wert war bis zu ihrem Anführer durchgelassen zu werden. Tayuya und der Korpulente griffen ihn gleichzeitig an. Der Kettensichel wich er nur aus, indem sich zur Seite warf, abrollte und blitzschnell wieder auf die Beine kam. Doch der vor Kraft strotzende Dicke war schon über ihm; die Kriegsaxt beschrieb einen Bogen und schlitzte ihm den Arm auf, als er gerade zur Seite sprang. Sein Blut quoll aus dem Schnitt und Neji musste sich zusammenreißen, um nicht vor Schmerzen zu schreien. Er stolperte zurück und nahm gleichzeitig eine kurze Blöße in der Deckung des Riesen wahr. Neji wartete nicht erst, bis sein Schmerz nachließ, oder sein Gegner merkte, dass er bereits wieder kämpfen konnte. Sein Schwert wurde schwerer in seinem Griff, aber dies war kein normaler Kampf. Das war ein Hinterhalt, dessen Ziel es war, ihn zu töten. Seine Gegner würden nicht warten, bis er entkam…
 

Die Koordination der Hayai war perfekt abgestimmt, sie mochten sich zwar nicht alle leiden, aber sie waren Verbündete und wussten, wie jeder von ihnen agieren würde. Wenn einer fiel, nahm ein anderer seinen Platz ein, es gab kein Entrinnen für einen einzigen Gegner.
 

Das Schwert raste auf das Gesicht des Riesen zu, aber bevor dieser sich vorbereiten konnte, hatte er ihm Ryujin stattdessen in den Magen gestoßen. Er krachte in sich zusammen und Neji zog das Schwert aus dem Körper seines Gegners. Sein verletzter Arm war erschüttert worden und aus dem Schnitt strömte Blut, er fühlte sich merkwürdig taub an...
 

Einer war so gut wie ausgeschaltet, aber er hatte keine Zeit darüber nachzudenken. Sakon hatte ebenfalls ein Schwert gezogen und kam auf ihn zu. Die Kettensichel rauschte durch die Luft und Neji wollte sie gerade abwehren, als eine blitzschnelle Bewegung seine Abwehr überflüssig machte. „Haltet euch zurück“, sagte Kimimaro, „er gehört mir.“ Sakon hielt inne und Neji meinte auch die anderen nach Luft schnappen zu hören.
 

Sie trafen schneller zusammen, als er erwartet hatte. Neji holte aus, doch Kimimaro war viel geschickter als die anderen, er war so standhaft mit dem Boden verwurzelt, dass nichts ihn umzuwerfen vermochte. Die Schwerter prallten aufeinander, bebten von der Anstrengung beider Kontrahenten und erzitterten. Einen Moment lang versuchte jeder den anderen zu überrumpeln, doch dann wichen sie wieder auseinander, tänzelten umeinander herum und schienen auf ein unsichtbares Signal zu warten.
 

Urplötzlich griff Kimimaro an. Er war so schnell, dass seine Bewegungen selbst Nejis geübtem Auge entgingen. Ohne, dass er es bemerkte, erwischte Kimimaro ihn mit der Waffe am Bein. Er knickte ein und der Andere war plötzlich hinter ihm. Neji wusste schon, dass es zu spät war, als er den Kopf umwandte. Der Anführer der Hayai war zu stark, zu schnell… Die Klinge bohrte sich tief in seinen Schwertarm, der ohnehin schon verletzt war und machte ihn so völlig unbrauchbar. Neji zog scharf Luft ein, als er vor Schmerzen aufkeuchte. Intuitiv wechselte der Samurai das Schwert in die linke Hand um den folgenden Hieb abzublocken. Gerade noch rechtzeitig fing er Kimimaros Schwert vor seinem Brustkorb ab und er wusste plötzlich, dass er die ungebändigte Kraft nicht länger aufhalten konnte. Noch einmal wich er zurück, doch sein Gegner ließ ihm keine Zeit zur Erholung. Er war da, ehe Neji auch nur zwei Schritte rückwärts gemacht hatte und verstrickte ihn sofort in einen komplizierten Schlagabtausch. Seine Schläge kamen von allen Seiten, schnell und unberechenbar, sodass er sie nur allein mit Reflexen abfangen konnte. Der Tanz des Mondes war unbrauchbar bei dieser Schnelligkeit, wahrscheinlich hätte Neji nicht mal mehr die Kraft die Technik anzuwenden.
 

Bei jedem Schlag brannte sein Körper mehr, der Schmerz war überall, in jedem Muskel, in jedem Teil seines Körpers. Der Schweiß rann ihm über die Stirn und die Erschöpfung übermahnte ihn beinahe, als versuchte seinen übermächtigen Gegner abzuwehren. Die Züge Kimimaros waren in einer Art vollkommener Konzentration gehärtet und fast animalisch auf ihn gerichtet … Ein lautloser Jäger, der nur den Befehlen seines Herren folgte und seine Beute fixiert hatte…
 

Auf einmal verschwamm seine Sicht, flackerte und Neji begriff: Er konnte die Meditation nicht mehr halten. Dann wurde alles um ihn herum schwarz. Undeutlich hoben sich die Hayai in der Finsternis ab. Einem Schatten gleich stieß Kimimaro Neji Schwert zur Seite, der kaum noch genug Kraft hatte sich auf den Beinen zu halten. Nur das Feuer erhellte die Dunkelheit, fraß sich durch die Schwärze, die ihm seine Sicht nahm.
 

Das Knochenschwert beschrieb einen Bogen und er wartete darauf getroffen zu werden, doch der Schmerz blieb aus. Irgendetwas hatte den Jäger abgelenkt… Noch während Neji zurückwich sah er wie sich die Kette wie in Zeitlupe unter dem Stoff seines Hemdes löste und vor ihm herschwebte. Kimimaros Blick war auf das schimmernde Yang gerichtet und der Schwerthieb, der eigentlich seine Kehle treffen sollte, durchschnitt das Band der Kette.
 

Die ganze Welt um ihn herum schien auf einmal still zu stehen, als das Metall auf der Erde aufkam. Nichts war mehr wichtig außer, dass die Hayai diese letzte Verbindung durchtrennt hatten. Sein Blick war wie der Kimimaros noch immer auf das Schmuckstück gerichtet, einen Moment lang starrten sie beide darauf. Die eine Hälfte des Ganzen war vergangen… dann sahen sie auf und Neji erkannte, dass er in seiner Ablenkung eine Schwäche offenbarte, die Kimimaro gesucht hatte. Die Klinge schien eine Ewigkeit zu brauchen, bis sie ihn erreichte, er hatte nicht mal Zeit seine Augen aufzureißen. Der Schlag musste unglaublich schnell gewesen sein, doch Neji nahm ihn kaum richtig wahr.
 

Das Schwert durchschnitt sein Hemd und traf auf seinen Körper. Die Klinge fuhr durch seinen Brustkorb und er schrie vor Schmerz, als er das Metall spürte, das ihm durch das Fleisch fuhr wie durch Butter. Er merkte nicht mehr wie er Blut spuckte, oder wie Kimimaro im selben Moment seine Klinge aus seinem Körper zog. Alles um ihn wurde schwarz nur Erinnerungen huschten an seinem inneren Auge vorbei, während er fiel. Nur ein einziges Bild trat aus dem ganzen Wirrwarr seiner Eindrücke heraus und ihr Gesicht war ihm so deutlich, als würde sie direkt vor ihm stehen. Wie im Traum steckte er die Hand aus, um sie festzuhalten, doch er würde sie niemals erreichen. Ein letzter Gedanke schoss ihm noch durch den Kopf, bevor er sich dem Tod hingab.
 

Hätte ich sie doch noch ein letztes Mal gesehen …
 

~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~
 

Ich bereite mich auf das Schlimmste vor. Meuchelt mich, skalpiert mich, aber das wird es trotzdem nicht mehr ändern ^^° Komischerweise gefällt mir dieses Kapitel viel besser als das letzte. An alle, die durchgehalten haben: Super, hat bestimmt lange gedauert das zu lesen... Tja, aber irgendwie konnte ich das nicht trennen...
 

Herzlichen Dank an Arianrhod-, die sich die Mühe gemacht hat, dieses Kapitel auseinander zu nehmen. Du hast mir echt viel geholfen, jetzt ist das Kapitel viel besser, glaube ich ^^
 

Ambush heißt Hinterhalt und das erklärt sich ja schon im Kapitel, nicht? ;)
 

Im nächsten Kapitel gibt es dann erstmal Drama, ich sagte ja, dass ich damit noch gar nicht angefangen hatte...
 

Wie immer freue ich mich über jegliche Reviews, ob Lob oder Kritik, Vorschläge etc.
 

lg

moony

~ Kapitel 21: Sorrow ~

~ Kapitel 21: Sorrow ~
 

Tränen reinigen das Herz. [Fjodor Michailowitsch Dostojewski]
 

- ~ [ ♥ ] ~ -
 

Es waren drei Tage vergangen, seit die Einheit unter der Führung Hayate Gekkos Konoha-Gakure verlassen hatte. Drei Tage, in denen Tenten immer und immer nervöser wurde. Sie war ungeschickt bei ihren Kalligraphiestunden, sodass Sarutobi-Sensei sie mehr als einmal ermahnen musste und wenn sie sich konzentrieren und zuhören sollte, schweiften ihre Gedanken ab. Ihr Blick war weit in die Ferne gerichtet, nichts wollte ihr wirklich gelingen, so sehr sie sich auch anstrengte…
 

Eine ungute Vorahnung hatte von ihr Besitz ergriffen. Immer und immer wieder tauchte das Bild von einer Staubwolke in ihrem Geist auf, die eine Gruppe Reiter hinterließ. Auf irgendeine Art und Weise lag etwas in der Luft, das in ihre Gedanken trat, sobald sie an den schweigsamen Samurai dachte. Sie schien auf irgendetwas zu warten, obwohl sie nicht wusste, was das genau sein könnte.
 

Es tat jedes Mal weh, ihn gehen zu lassen. Warum sollte es also jetzt anders sein? Lange hatte sie versucht es auszuhalten und sich nicht anmerken zu lassen, was in ihr vorging. Aber sie konnte sich auch nicht ewig verleugnen. Tenten war stark gewesen, so wie man es von ihr erwartet hatte, doch ihre Gefühle waren dieselben geblieben. Ganz langsam, ohne Eile zerstörte es sie…
 

Die Tochter des Fürsten sah aus dem Fenster. Es war eigenartig ruhig in Konoha-Gakure. Der Himmel war grau und die meisten Menschen waren bereits in ihren Häusern. Tenten stand auf und der seidene graue Kimono fiel wie ein Wasserfall an ihr hinab. Hinata hatte ihn genäht und der schlichte Stoff mit den wenigen Mustern war ihr wirklich gut gelungen. Ino hatte sich sehr über ihre Fortschritte gefreut und auch Tenten liebte das Gefühl der Seide auf ihrer Haut.
 

Doch jetzt war da keine Freude mehr. Sie fühlte nichts außer dem bohrenden Gefühl der Angst, das mit den Tagen immer schlimmer wurde. Sie ging auf nackten Füßen zur Tür, schob sie auf und verließ langsam den Raum. Es war Zeit mit ihrem Vater zu essen und er schätzte es gar nicht, wenn sie ihn warten ließ.
 

Sie spürte das Holz unter sich, seine glatte, kalte Oberfläche und die kühle Luft, die ihr schon jetzt entgegen kam. Tenten ließ ihren Blick über die Stadt draußen gleiten. Es ging ein eisiger Wind, der um die Häuser strich. Drinnen mussten die Menschen beim Abendmahl sitzen und gemeinsam essen. Manche würden genug haben, andere vielleicht ihr letztes Brot aufteilen.

Es war einer dieser Tage, die geräuschlos und traurig an einem vorbei zogen, kurz ins Leben traten und dann wieder verschwanden.
 

Bald würde es wohl zu regnen anfangen.
 

Tenten fröstelte. Sie war am Ende des Ganges angekommen und streifte sich geschickt ihre Holzsandalen über, die schon für sie bereit lagen. Es war selten, dass sie ohne Diener nach draußen ging, aber heute war es ihr gerade recht. Ein bisschen erinnerte es sie an ihre Kindheit, in der sie fast täglich versucht hatte, den Dienern ihres Vaters zu entkommen, um zu spielen wie andere Kinder. Die strengen Regeln des Adels hatten sie mürbe werden lassen, sie hatte sich nach etwas ganz anderem gesehnt.

Auf einmal hörte sie im Innenhof des Palastes zwei Soldaten miteinander reden und sah sie aufgeregt gestikulieren. Sie blieb stehen und beobachtete die beiden. Tenten hörte Wortfetzen heraus, die augenblicklich ihr Herz höher schlagen ließen.
 

„Sie sind zurück.“ „Was?“ „Hast du es noch nicht gehört? Sie sind am Tor…“
 

Tenten wartete nicht, ohne zu überlegen lief sie auf die Zwei zu, die sich sofort bis auf den Boden vor ihr verneigten. „Worüber habt ihr gesprochen?“, fragte sie, ohne auf ihre Reaktion zu achten. Der größere von beiden, der sich augenblicklich tief vor ihr verneigt hatte, erhob sich auf ihren Wink hin. Er hatte zwar noch immer den Blick gesenkt, doch Tenten beachtete es nicht. „Ihr habt über die Einheit Hayate Gekkos gesprochen, nicht wahr?“ „Tenten-Hime“, murmelte der eine. „Sieh mich an“, sagte sie ungeduldig. Ihr Herzschlag beschleunigte sich. Es war gut. Er war wieder da, ihm war nichts passiert. Der Soldat sah ihr in die Augen und antwortete: „Es ist richtig. Hayate Gekko ist zurückgekehrt. Sie haben zwar Verluste erlitten, aber die meisten, die ausgeschickt wurden, sind zurückgekehrt.“ Noch nie in ihrem Leben hatte sie eine größere Dankbarkeit verspürt. Er war am Leben, er war zu ihr zurückgekommen…
 

„Wie heißt du?“, fragte sie den Mann. „Kenji, Tenten-Hime und das“, er deutete auf den anderen Mann, „ist mein Bruder Isamu.“ Tenten ließ sich seinen Namen durch den Kopf gehen. „Bring mich zu Hayate Gekko, Kenji, und du sagst meinem Vater Bescheid, dass ich mich verspäten werde, Isamu“, wandte sie sich an Kenjis Bruder. Die beiden Männer warfen sich einen Blick zu, aber sie gehorchten sofort. Während Isamu sich auf den Weg zu ihrem Vater machte, bedeutete Kenji ihr ihm zu folgen.
 

Wie Tenten feststellte, war Kenji zwar ein eher ruhiger Mann, aber er schien auch zuverlässig. Sobald sie das Anwesen verlassen hatte, führte er sie zielsicher über die kürzesten Wege zum nördlichen Stadttor, durch das Neji auch Konoha-Gakure verlassen hatte. Die schweren Stadttore wirkten riesig und waren etwa zur Hälfte geöffnet. Ohne, dass sie es bemerkte, beschleunigte sich ihr Schritt, sodass Kenji Mühe hatte mit ihr mitzuhalten. Sie würde nicht mit Neji sprechen, aber sie wusste auch, dass es sie schon beruhigen würde, wenn sie ihn sah.
 

Als sie näher gekommen war, sah Tenten eine Menschenmasse. Die Menschen schienen aufgewühlt und redeten laut miteinander. Die meisten Anwesenden waren Schaulustige, aber Tenten sah auch einige Soldaten und Samurai, die die Ankömmlinge begrüßten. Sie erkannte auch Naruto, Hinata und Lee, die etwas abseits standen und das Geschehen beobachten. Kenji bahnte ihnen einen Weg durch das Getümmel, er rief ihren Namen und sofort machten die Leute Platz. Tenten hörte, wie sie leise miteinander flüsterten. Es war ungewöhnlich, dass sie sich in die Öffentlichkeit begab, ohne eine Dienerin oder mindestens zwei Leibwächtern. Es war überhaupt ungewöhnlich sie außerhalb des Anwesens anzutreffen. Tenten trat vor die Tore Konoha-Gakures, wo die Männer nieder knieten. Viele waren verletzt oder hatten Brandwunden und… es waren erheblich weniger als aufgebrochen waren. Sie hielt nach Neji Ausschau, ließ den Blick über die Gestalten gleiten.
 

Die Tochter des Fürsten spürte, wie sie erstarrte. Noch einmal huschte ihr Blick schnell über die Soldaten, hielt bei jedem Gesicht inne und suchte nach dem einen, das sie sehen wollte. Er war nicht da… Neji war nicht da! Was bedeutete das? Hatten sie ihn zurückgelassen? War er verletzt und hatte die anderen vorausgeschickt?
 

Auf einmal löste sich eine hochgewachsene Gestalt von den Soldaten. Er war recht groß und hatte schulterlanges Haar. Tenten erkannte ihn sofort: Es war Hayate Gekko, ein Samurai, der unter ihrem Vater diente. „Tenten-Hime“, sagte er und senkte den Blick. Tenten fühlte sich, als ob das Blut in ihren Adern gefror. Sie zitterte ununterbrochen und wagte es nicht den Samurai anzusehen. Ihre Stimme war brüchig, als sie leise fragte: „Was ist passiert?“
 

„Es war ein Hinterhalt“, sagte Hayate nach einer kleinen Ewigkeit. Tenten sagte nichts, sah ihn nur an. Irritiert, weil sie nichts erwiderte, betrachtete er ihren Gesichtsausdruck. Vielleicht hatte er erwartet, dass sie ihn für die Niederlage verantwortlich machen würde, vielleicht, dass sie ihm ihr Mitleid aussprach. Ihr Schweigen hingegen war so nichts sagend, wie geheimnisvoll. „Sie haben uns abgedrängt“, fuhr der Samurai sichtlich unwohl fort, „die Rebellen hatten unsere Position lokalisiert und unsere Truppe gespalten…“ „Wo ist er?“, flüsterte sie. Hayate Gekko sah sie an und schwieg. Sie hatte ihn immer als loyalen Krieger ihres Vaters erlebt, aber jetzt war er ein einfacher Mann, der zu viel Leid und Krieg erlebt hatte. Seine Züge verhärteten sich und er schaute zur Seite. Er wusste, wen sie meinte…
 

Langsam, ganz langsam sah sie ihm in die Augen und erkannte die Schwäche darin, die sie nicht sehen wollte. Sie nahm nicht wahr, dass es still geworden war um sie herum. Die Menschen sagten nichts mehr, betrachteten nur die Prinzessin Konohas, die vor ihnen so wurde, wie sie sie nie zuvor gesehen hatten. Tenten war schöner denn je und zerbrechlicher, als sie es je in ihrem Leben sein würde. Es war ein Augenblick, der in der Zeit gefangen zu sein schien. Niemand holte Luft, nur der Wind peitschte über das Feld, über die Stadtmauer, über Konoha-Gakure und durch die Menschenmenge. Er wirbelte durch Tentens Haare und enthüllte ihren Gesichtsausdruck, der wie versteinert war.
 

Es schien eine Ewigkeit zu dauern, bis Hayate Gekko sich wieder bewegte. Er holte etwas aus seinem Beutel hervor, nahm dann Tentens Hand und schloss ihre Finger darum. Tenten wusste was es war, noch bevor sie die Hand öffnete. „Neji hat die Rebellen abgelenkt, er hat die Aufmerksamkeit auf sich gezogen, damit wir unsere Formation ordnen konnten.“ Hayate hielt inne, holte dann tief Luft und fuhr fort: „Wir haben gekämpft… für Konoha, für unsere Ehre und für die Gerechtigkeit. Wir haben gekämpft um am Leben zu bleiben.“ In ihren Ohren klang es fast wie eine Rechtfertigung. „Als wir die Rebellen zurückgeschlagen haben, habe ich mich auf die Suche nach Neji gemacht. Der Wald stand in Flammen und er selbst lag mitten im Feuer… das Leben war längst aus ihm gewichen, als ich ihn entdeckte.“ Sie sah ihm direkt ins Gesicht und wollte doch nicht sehen, was da in den Augen des Kriegers geschrieben stand.
 

„Er ist tot, Tenten-Hime. Es tut mir leid.“ In diesem Moment zerbrach etwas in ihr. Sie hatte gedacht, dass ihr Herz gebrochen gewesen wäre, als er sie damals abgewiesen hatte, aber sie hatte sich geirrt… Sie liebte ihn so sehr, dass sie selbst das akzeptieren konnte, aber jetzt… jetzt wusste sie, dass ihr Leid von damals nichts war im Vergleich zu der Verzweiflung, die nun durch sie hindurch strömte, durch jede Pore ihres Körper, bis in ihr Herz und in die tiefsten Tiefen ihrer Seele. Tenten öffnete die Hand und starrte auf das perlweiße Yang, das jetzt mit Blut befleckt war. Ihr Herzschlag schien aus dem Rhythmus gekommen zu sein …
 

Sie hörte noch, wie Hayate etwas sagte, das wie eine Erklärung klang, dann drehte sie sich um und rannte. Später würde sie sich noch daran erinnern, dass sie in das tränenüberströmte Gesicht von Hinata geschaut hatte oder, dass Narutos so völlig anders wirkte, oder dass Lee vor Wut die Faust in den Boden gerammt hatte, aber es kümmerte sie nicht. Sie rannte und rannte, um nicht mehr in ihre Gesichter sehen zu müssen. In der Ferne hörte sie noch die Stimmen der Soldaten, die ihr nachriefen; sie hörte Kenji nach ihr rufen und die Stadtbewohner ihren Namen flüstern. Die Musik der Stimmen folgte ihr den ganzen Weg, obwohl sie nicht einmal wusste, wo er sie hinführen würde. Nur ein Gedanke war in ihrem Kopf. Ihr gesamtes Sein schien darauf fixiert zu sein.
 

Neji war tot. Er war tot und er würde nie wieder zu ihr zurückkommen; er würde sie nicht mehr ansehen mit diesem alles durchdringenden Blick; nicht mehr mit ihr reden auf diese Weise, wie nur er es verstand. Er war fort und mit ihm, alles was sie gehalten hatte. Tenten war stark gewesen, obwohl er sie abgewiesen hatte und obwohl sie wusste, dass er ihre Liebe niemals erwidern würde. Sie hatte stark sein wollen, ohne zu merken, dass sie gleichzeitig schwach war.
 

Was sollte jetzt werden? Würde sie ihm ihr Leben lang nachtrauern, oder würde sie diese Sehnsucht ihr Leben lang verfolgen? Sie sah ihn vor sich, das Gesicht mit den unendlichen weißen Augen, die sie so sehr liebte. Seine Stimme, die sie unter tausenden erkennen würde. Was wäre wohl, wenn sie Neji nie begegnet wäre? Sie wäre allein gewesen und niemals die geworden, die sie jetzt war. Neji hatte sie verändert. Und in ihrer Welt hatte die Sonne geschienen. Damals hatte er sie auf den richtigen Weg geführt, als sie nicht sehen konnte, was richtig war.
 

Ihr Atem ging schnell und sie spürte, wie sie Seitenstiche bekam. Ein paar Haarsträhnen hatten sich gelöst und fielen ihr lose in die Stirn, doch es kümmerte Tenten nicht.

Schließlich musste sie keuchend anhalten. Der Kimono war mittlerweise dreckig und an einigen Stellen eingerissen, als sie durch ein kahles Gebüsch gerannt war. Wie in Trance blickte sie sich um, die Häuser um sie herum schienen sich im Kreis zu drehen. Tenten wurde schwindelig, sie taumelte und konnte sich noch gerade fangen, bevor sie auf dem grauen Stein aufkam. Sie wusste nicht, wo sie war, irgendwo im nördlichen Bereich Konoha-Gakures, in dessen Straßen sie sich nicht auskannte. Oder aber, sie wollte es nicht wissen. Sie atmete ein, zog tief die Luft in die Lunge, wo sie auf den Knoten in ihrem Hals traf. Tenten hustete. Ihre Hand war zur Faust geballt und das kleine Schmuckstück schnitt ihr beinahe in die Haut.
 

Dann vernahm sie plötzlich Schritte hinter sich. Als sie sich umdrehte, stand Ino hinter ihr. Wie immer trug sie einen einfachen, doch geschmackvoll ausgewählten Kimono. Heute war er kastanienbraun und bot einen schönen Kontrast zu den goldblonden Haaren, die sie hochgesteckt hatte. Vielleicht hatte sie nach ihr gesucht oder war auf dem Weg zu dem Quartier der Diener. „Tenten-Hime“, flüsterte ihre Dienerin, offenbar entsetzt sie so zu sehen. Allein, verdreckt und am ganzen Körper zitternd. Das Metall schnitt ihr in die Haut und Blut tropfte auf den Asphalt. Sie bemerkte es nicht einmal. „Tenten-Hime…“, sagte Ino wieder und ihr Gesicht nahm immer besorgtere Züge an. „Was ist los mit Euch?“ Tenten schwieg, was Ino noch nervöser machte. „Möchtet Ihr etwas essen, baden? Ich massiere Euch auch den Kopf!“, rief Ino verzweifelt. Tenten sagte nichts, sie war nicht einmal imstande dazu sie anzusehen. Wie absurd all ihre Vorschläge in ihren Ohren klangen. Wie konnte sie essen und trinken und baden, wenn Neji das nie mehr konnte? Wie konnte sie leben ohne ihn?
 

Mittlerweile war Ino zu ihr gelaufen und streckte eine Hand nach ihr aus. „Sprecht mit mir!“, rief sie jetzt noch verzweifelter. Das sonst so schöne Gesicht war auf einmal von Sorgenfalten durchzogen und strahlte eine Angst aus, die sie bei Ino noch nie gesehen hatte. Wie sah sie aus, dass Ino so reagierte? Wieder wanderte ihr Blick zu dem weißen Yang und es schnürte ihr abermals die Kehle zu. Am Rande nahm sie wahr, dass Ino sie mit beiden Händen an der Schulter gepackt hatte und sie rüttelte, aber die Worte, die sie sprach, verklangen irgendwo auf dem Weg zu ihrem Gehör. Sie… sie fühlte nichts. Keine Wärme, keine Kälte, keinen Schmerz, nichts… Auf einmal war da nur noch Leere und Verzweiflung.
 

Dann war ihre linke Hand, in der Nejis Yang war, plötzlich geöffnet. Ino hatte ihre Finger auseinander gefaltet und starrte auf das winzige Glitzern in ihrer Hand. Wie aus weiter Ferne hörte Tenten ihre eigene Stimme. Ein leises Wispern, das fast im herannahenden Sturm unterging. „Er ist tot. Er hat mich allein gelassen. Neji…“ Dann brach ihre Stimme und Ino starrte sie nur an. Wahrscheinlich verstand sie nicht, was sie ihr erzählte, aber was zählte das schon. Ino liebte Neji nicht. Sie liebte ihn nicht so wie sie. Ino würde nicht ihr Leben geben um ihn zu retten. Ihre Dienerin ließ Tentens Arme los und wusste nicht was sie tun sollte. Vielleicht wollte Ino sie in ihre Arme schließen, vielleicht wollte sie etwas sagen, um sie zu trösten, aber es würde nie dazu kommen.
 

Ein greller Blitz erhellte den Himmel, gefolgt von einem mächtigen Donnern. Die Tochter des Fürsten rührte sich nicht. Was konnte ein Gewitter, der Himmel, ja die Götter selbst ihr schon anhaben, wenn der einzige, der ihr wirklich etwas bedeutete, nicht mehr war? Später wusste Tenten nicht mehr was passiert war, irgendwann hatte sie sich wohl umgedreht und war weiter gerannt. Die Rufe von Ino ließ sie weit hinter sich zurück, die Welt erschien ihr unwirklich, fast wie von Geisterhand geformt. Die Dächer Konoha-Gakures waren ab und an von weiteren Blitzen erhellt, aber sie merkte es nicht mal.
 

Sie stolperte und schlug sich die Knie auf. Der Schmerz schoss durch ihren Körper und lähmte sie. Keuchend hielt Tenten inne. Sie wollte nicht mehr sehen, nicht denken, nicht fühlen. Warum rannte sie fort? Warum floh sie, wenn es aussichtslos war? Der raue Wind zerrte an ihrer Kleidung, zerrte und versuchte das undenkbare Bild der am Boden zerstörten Erbin Konohas auszulöschen. Sie starrte in den grauen Himmel, den pochenden Schmerz ignorierend. Noch niemals zuvor hatte sie etwas so sehr gewollt, wie sein Leben. In ihrer Brust schmerzte ihr Herz.
 

Warum hatte er nur fortgehen müssen? Warum hatte er sie nur verlassen und war dorthin gegangen, wo sie ihm nicht mehr helfen konnte?
 

Um sie herum herrschte Totenstille, ganz langsam und bedächtig hörte sie ihrem eigenen Luftholen zu. Kurze Atemzüge, die sie einzog, als wolle sie das Leben selbst einfangen. Warum konnte er nicht an ihrer Stelle sein? Warum lag er nicht hier und war am Leben?
 

Tenten hasste es zurückgelassen zu werden. Als ihre Mutter gestorben war, hatte sie sich unendlich einsam gefühlt, von niemandem verstanden und nicht ernst genommen. Jetzt war es genauso, nur, dass der Schmerz ihr diesmal unerträglich vorkam, erschlagend und unbezwingbar.
 

Stöhnend richtete sie sich auf, betastete vorsichtig die blutige Stelle ihres Knies und stand schwankend wieder auf. Neji wäre schon einmal fast gestorben, damals hätte er ohne zu zögern sein Leben für sie gegeben. Niemals hatte sie ihn darauf angesprochen, niemals erfahren, ob es noch einen anderen Grund gab, als die Pflicht ihr zu dienen. Als sie sich rührte, spürte sie den brennenden Schmerz umso stärker. Aber sie beachtete ihn nicht. Zu stark war der Schmerz in ihrem Inneren und nichts im Vergleich zu einer kleinen Wunde, die sie sich aus Unachtsamkeit zugezogen hatte.
 

Die junge Frau setzte langsam einen Fuß vor den anderen, wurde immer schneller, bis sie schließlich abermals rannte. Vorbei an Geschäften, Häusern, Menschen. Nur vor dem Schmerz in ihrem Herz konnte sie nicht fliehen, sie würde es niemals können…
 

Die Straßen schossen an ihr vorbei und manchmal kamen ihr einzelne Menschen entgegen, die ihr überrascht nachstarrten, als sie an ihnen vorbei rannte. Irgendwann verlor sie das Zeitgefühl, das einzige, was sie tat, war ein stetiges Bewegungsmuster. Schritt, atmen, Schritt, wieder atmen. Tenten schlug ihren Weg wahllos ein, manchmal nach rechts, manchmal nach links. Einmal durch eine Hauptstraße, dann durch eine kleine Gasse. Ihr Vater würde umsonst auf sie warten, er würde sie zurechtweisen und wütend auf sie hinab starren, wie er es früher getan hatte, als sie ein Kind gewesen war und wieder einmal die Geheimgänge ihres Anwesens benutzt hatte. Heute konnte er bis in die Nacht warten…
 

Langsam wurden ihre Beine taub, schmerzten, aber sie hielt trotzdem nicht an. Als sie die Worte ausgesprochen hatte, hatte sie es akzeptiert - auf irgendeine Weise... Sie hatte es nicht glauben wollen, als Hayate Gekko es gesagt hatte. Neji war stark, er hatte alles ausgehalten, sie immer beschützt. Wie konnte er fallen, wenn er doch nur die Flügel auszubreiten brauchte, um zu fliegen? Wie gehen, wenn sie auf ihn wartete? Sie hatte ihn gerettet und er sie. Er war zum Samurai geworden und sie zur Erbin Konohas. Er hatte gezweifelt, sie hatte sich überwunden, war an sich selbst gewachsen. Er hatte gelitten, aber seine Schwäche für sich behalten, denn wer schwach war, der überlebte nicht in dieser kalten Welt. Neji war stark gewesen und hatte sie auf den richtigen Weg geführt. Jetzt war er fort und ihre Welt stürzte ins Bodenlose.
 

Wieder durchbrach ein lautes Donnern die Stille. Ein gleißender Lichtblitz drang durch ihre halb verschlossenen Lider. Tenten atmete den Geruch von Gras, von Bäumen und von eiskalter Luft ein. Dann konnte sie nicht mehr weiter. Sie blieb taumelnd stehen und fiel auf die Knie.
 

Der Boden unter ihr war kein Stein, das trockene Gras stach durch den Stoff ihres Kimonos und fügte ihm etliche Grasflecken hinzu, je länger sie kniete. Nach einer kleinen Ewigkeit, so schien es, öffnete Tenten die Augen. Die Bewegung war langsam, vorsichtig, um nicht wieder zurück zu kehren. Die junge Frau blickte auf eine glitzernde, graue Wasseroberfläche, die vom dunklen Himmel wie eine graue Masse schien.
 

Sie hätte überall hingehen können, aber sie war hier. Tenten sah auf den See, das kleine Boot lag noch wie vor Wochen am Ufer vertäut und das Wasser schien immer noch genauso tief wie damals. Fast wollte sie lachen, hysterisch unbeherrscht lachen, als sie die Ironie des Schicksals erkannte. Wie oft hatte sie hier mit Neji gesessen und mit ihm geredet? Wieso war sie an dem einen Ort, den sie um jeden Preis meiden wollte? Warum war sie hier, wo sie ihm ein einziges Mal nahe gewesen war?
 

Das Wasser gab ihr keine Antwort, es war still wie eh und je. Es schien fast zu schweigen. Tenten hasste und liebte diesen Ort zugleich. Sie öffnete die Hand, die immer noch blutverschmiert war. War es jetzt Nejis Blut oder ihres? Mit der anderen Hand zog sie das schwarze Yin unter ihrem Kimono hervor. Tenten hielt die beiden Teile aneinander. Vor langer Zeit waren sie Eins gewesen, jetzt würden sie nie wieder zueinander passen.
 

Die Tochter des Fürsten stand auf. Der Wind war jetzt stärker, peitschte über das Wasser und brachte die träge Masse in Bewegung. Sie erinnerte sich genau an jenen Tag, als Neji auf der anderen Seite des Feldes gestanden hatte und sie unbeweglich angesehen hatte. Jetzt starrte sie auf das aufgewühlte Wasser und schluckte ihren Schmerz herunter.
 

Auf einmal überkam sie eine unbändige Wut. Sie sah Hayates um Entschuldigung bittenden Blick und ihren Vater, der Neji aufforderte bei ihm zu bleiben, als sei er jemand dessen Leben er einsetzen konnte, wie es ihm passte. Noch nie zuvor hatte sie so viel Abneigung gegen ihren eigenen Vater empfunden. Er hatte Neji in den Tod geschickt, wie er sie alle in den Tod schickte. Sie hasste sie alle: Hayate, ihren Vater, die Rebellen und alle, die Neji einfach nur als einen naiven Mann sahen, den sie opfern konnten. Sie wollte toben und schreien und sie verletzen. Sie wollte, dass sie ihr Neji zurückgaben. Tenten ballte die Fäuste und zitterte vor unterdrückter Wut. Irgendwo musste sie sie loswerden, das wusste sie. Aber was gab es schon für eine Möglichkeit? Sie war Erbin Konohas, sie durfte nicht wütend sein, nicht trauern, nie ihre Meinung sagen, nie ihre eigenen Entscheidungen treffen und sie durfte niemals verzweifeln aufgrund einer aussichtslosen Liebe.
 

Es war ein Traum, sagte sie sich.
 

Aber das machte ihren Schmerz auch nicht leichter. Dann wurde etwas in ihr plötzlich ruhig, als wenn es zum Stillstand gekommen war. Die Zeit, die verstrichen war, nachdem ihr Hayate Gekko Nejis Tod eröffnet hatte, kam ihr wie eine Ewigkeit vor. Sie war verzweifelt, traurig, wütend und alles zur gleichen Zeit.
 

Tenten spürte wie die ungeweinten Tränen hinter ihren Augen brannten, aber sie durfte nicht nachgeben. Nie hatte sie seit dem Tod ihrer Mutter geweint, war nie schwach gewesen. Sie hatte alles ertragen und nicht eine Träne vergossen. Vielleicht war sie die einzige im ganzen Land, die nicht weinen durfte. Vielleicht war ihr die Fähigkeit zu weinen auch schon vor langer Zeit verloren gegangen. Dass sie spürte, dass sie kurz davor war, ihrem Schmerz Ausdruck zu verleihen, schockierte sie. Mit aller Anstrengung drängte sie die Tränen zurück, ihr ganzer Körper bäumte sich dagegen auf und es durchschüttelte sie vor Anspannung.
 

Ihre Schritte führten sie zu dem kleinen Boot. In den Wochen, die sie nicht hier gewesen war, war es merklich verrottet. Das Holz war von einem dünnen Flaum grüner Algen überzogen und das Ruder war morsch, als sie es kurz berührte. Dann fiel ihr Blick auf eine flache Holzschale und ein paar rote Kerzen, die unter dem Sitz verstaut waren.
 

Sie schloss die Finger um die kleine Holzschale und nahm eine Kerze heraus. Anders als sie erwartet hatte, wog die hölzerne Schale deutlich mehr, als auf ihr Aussehen zurückzuschließen war. Tenten legte die Sachen auf den Boden und griff anschließend nach zwei Feuersteinen, die sie aneinander schlug und damit den Docht der Kerze entfachte. Mit der einen Hand bildete sie einen Schutz um die winzige Flamme, mit der anderen stellte sie Schale samt Kerze vorsichtig auf das Wasser. Sie stieß ihre notdürftige Konstruktion sanft an, sodass sie über das Wasser glitt.
 

Tenten sah ihr nach. Die Mädchen in Konoha pflegten ein Boot mit einer Kerze auf einen See zu setzen, wenn ihr Geliebter umgekommen war. Früher hatte sie diese Geschichten immer belächelt, hatte es lächerlich gefunden, weil es doch sowieso kein Zurück mehr gab.

Jetzt glaubte sie zu verstehen: Frauen hatten keine Rechte, mussten aushalten, der Krieg hatte sie alle ausgezerrt und so wurde erwartet, dass sie niemanden Sorgen bereiteten. Das Licht, auf dem Wasser war ihre Weise von dem Geliebten Abschied zu nehmen und um ihn zu trauern.
 

Ihr Kerzenboot war schon ein ganzes Stück abgetrieben und durch die Wellen hin und her geschaukelt worden. Tenten dachte an Neji. Ein einziges Mal wollte sie so sein wie diese Mädchen, einmal so sein wie sie und trauern. Vielleicht wollte sie auch, dass es regnete. Dass der Himmel für sie weinte… Sie starrte auf die Flamme und wieder schnürte ihr die Verzweiflung die Kehle zu. Hier hatte sie ihn lieben gelernt, hier hatte er sie geküsst, sie abgewiesen… hier würde sie Abschied nehmen.
 

„Er ist tot…“ Sie wollte das nicht wahr haben. Sie wollte, dass er lebte. Wieder zitterte sie vor Schmerz, ihre Hände verkrampften sich und sie griff noch stärker nach Nejis Schmuckstück. Fast schien es ihr wie die einzige Verbindung, die einzige Erinnerung, die sie noch von ihm hatte. Niemals hatten sie darüber gesprochen, dass sie beide noch ihren Teil des Ganzen hatten. Sie hatten es einfach gewusst. In diesem Moment wünschte sie sich, dass sie ihn danach gefragt hatte, was er dabei empfunden hatte oder warum er die Kette selbst nach acht Jahren niemals abgelegt hatte. Es war kindlich und naiv von ihr gewesen, ihre zu tragen und darauf zu hoffen, dass Neji irgendwann kommen würde. Sie hatte sich so sehr nach jemandem gesehnt, der sie verstand, aber eigentlich hatte sie nie daran geglaubt, dass sie ihn wiedersehen würde.
 

Die letzten Monate, die so kurz schienen im Vergleich zu ihrem ganzen Leben, waren all das gewesen, was sie gewollt hatte. Sie hatte sich verliebt, sie war von ihm verstanden worden; selbst damit, dass er sie abgewiesen hatte, konnte sie leben, aber das… das hier war wie ein Dolch, der ihr ins Herz schnitt. Die junge Frau hatte gedacht, sie hätte damals ihr Herz verloren … Jetzt wusste sie, dass sie alles ertragen könnte, solange Neji nur am Leben war. Solange er am Leben war …
 

Das Feuer war jetzt nur noch ein kleiner Lichtfleck auf dem dunklen Wasser und Tenten fühlte, wie sehr ihr Herz in ihrer Brust schmerzte. In Gedanken dachte sie an sein Gesicht, die feinen Züge auf der hellen Haut, an die schwarzen Haare und an die so intensiven Augen.
 

Die Zeit war grausam zu ihr. Ihre ganze Kindheit hindurch war sie auf ihre Rolle in der Gesellschaft vorbereitet worden, man hatte ihr verboten so zu sein wie andere Kinder, denn sie würde niemals so sein wie sie. Es war eine Zeit gewesen, die sie überdauert hatte, zwar nicht wirklich gelebt, aber gelernt hatte, was sie tun musste, um sich gerecht zu werden. Und dann… dann war diese winzige Zeitspanne voller Leben gewesen.
 

Jetzt war in ihrer Welt die ewige Nacht eingekehrt…
 

Es war nicht richtig, dass sie nur um Neji trauerte, dass sie nur seinetwegen verzweifelt war und die anderen Krieger, die ebenfalls gefallen waren, ihr egal waren. Es war ganz und gar nicht richtig, aber selbst, wenn sie gewollt hätte, könnte sie es nicht ändern. Sie war ein Mensch…
 

Auf einmal fühlte sie Nässe auf ihrem Gesicht. Tenten schauderte und wischte sich dann den Regentropfen von der Wange. Wieder fiel ein Tropfen, dann noch einmal und schließlich wurde die Stille von einem lauten Prasseln durchbrochen. Es regnete…

Tenten ließ sich am Ufer zu Boden sinken, schlang die Arme um ihre Beine und zog sie eng an ihren Körper. Schon bald war sie völlig durchnässt und die wertvolle graue Seide klebte an ihrem Körper. Sogar der Himmel schien ihr ungewohnt dunkel und die Freiheit, die er für sie einst ausgestrahlt hatte, schien in der Schwärze versunken.
 

Der Regen war nicht hart, er schlug nicht auf der Erde ein, wie bei einem heftigen Unwetter. Er war etwas stärker als normaler Nieselregen und sorgte in kürzester Zeit dafür, dass ihr das Wasser an den Haarspitzen herunter lief. Der Regen fiel weich und war beruhigend. Leise und unendlich laut zugleich. Eine Naturgewalt, die ihr noch mehr vor Augen führte, wie vergänglich alles war. Leben mochten gelebt werden, Kriege geschlagen, Liebe und Hass wachsen, aber der Regen… der blieb für immer gleich. Selbst vor tausenden von Jahren mussten die Menschen ihn geschaut haben. Vielleicht hatten sie sich gefreut, oder waren am Boden zerstört gewesen wie sie, aber es musste genauso wie jetzt gewesen sein. Tenten wusste nicht recht, was sie fühlen sollte: Dankbarkeit? Oder Zorn?
 

Der Himmel war von grauen Wolken verhangen und sie konnte fast nicht durch den dichten Schleier des Wassers sehen. Das Mädchen starrte nur immer und immer wieder auf das Wasser des Sees, das sich durch die Tropfen in hunderten winziger Kreise überlappte und ein sanftes Wellenmuster auf der Oberfläche erzeugten.

Sie hatte längst jedes Zeitgefühl verloren. Es konnte Nacht sein, oder erst Abend, es war ihr egal. Tenten starrte auf die jetzt aufgewühlte Wasserfläche und ihr Blick heftete sich auf die kleine Flamme, die trotz des Regens noch nicht erloschen war. Wie sinnlos. Warum betrachtete sie das Feuer noch, wenn doch die Erde bereits über sein Schicksal entschieden hatte? Vielleicht war es Naivität, vielleicht ein letzter verzweifelter Halt an dem sie sich festklammerte.
 

Während sie noch darüber nachdachte, da erlosch plötzlich die Flamme. Das Boot schaukelte noch eine Weile vor sich hin, dann verschwand es in den Fluten. Tenten starrte auf die Stelle, wo es verschwunden war. Dann durchbrach ein lautes Krachen die Stille. Der Donner war von ohrenbetäubendem Lärm und der darauffolgende Lichtblitz zeichnete harte Kontraste in ihr Gesicht. Sie zuckte nicht einmal zusammen.
 

All das… der Regen, das Kerzenboot und das Gewitter… all das löste etwas in ihr. Tenten merkte, wie sie schwach wurde, wie ihr Vorsatz langsam bröckelte und nun nur noch ihrem stillschweigenden Schwur gegenüberstand. Das Wasser rann ihr Gesicht herunter, doch sie wischte es nicht weg, denn ihre Sicht war sowieso schon verschwommen. Selbst der Himmel weint um ihn, dachte sie. Er war ein Mensch und doch jemand, der anders war auf eine faszinierende, betörende Weise… Und dann wusste Tenten, dass sie niemals über ihn hinwegkommen würde. Sie könnte ihn verdrängen, so tun, als hätte es ihn nie gegeben, aber sie würde ihn nie vergessen können. Sie zog scharf Luft ein, um den Schmerz zu unterdrücken. Ein Schluchzen durchschüttelte ihren Körper, aber sie weinte nicht.
 

Auf einmal legte sich eine Hand auf ihre Schulter. Es war ein sanfter, aber bestimmender Druck, aber auf eine eigenartige Art und Weise wie nichts, was sie je gespürt hatte. Sofort fuhr Tenten herum, erschrocken und furchtsam zugleich.
 

Sie blickte auf die hochgewachsene Gestalt Hatake Kakashis, den Mann, den sie am wenigsten erwartet hatte. Seine Miene hatte etwas eigenartig Ruhiges und doch Verletzliches, das er mit der Härte der Krieger überspielte. Er war genauso nass wie sie und eine ganze Weile sahen sie sich nur an. Schließlich setzte sich der Samurai neben sie, immer noch schweigend. Er sagte kein Wort und trotzdem zeigte er ihr damit deutlicher, was er fühlte, als es jeder andere gekonnte hätte. Tentens Lippe bebte, aber Kakashi schien es nicht einmal zu bemerken. Der Regen prasselte pausenlos auf die Erde, mal lauter und mal leiser. Dann wurde ihr Körper abermals von Schluchzern geschüttelt, dass sie sich abwandte, um dem Samurai ihre Verletzlichkeit nicht zu zeigen. Sie wusste nicht mehr, wann er es sagte, aber er tat es leise und bestimmt, als wüsste er ganz genau, wann er etwas sagen konnte und wann nicht. Seine Stimme war samtweich und hart zur gleichen Zeit:
 

„Du darfst ruhig weinen.“
 

Erschrocken drehte sie ihm den Kopf zu, starrte ihn an, aber Kakashi schien bewegungslos zu sein. Tenten wusste nicht, was sie sagen oder denken sollte. Der Samurai hatte sie mit einem einzigen Blick durchschaut und ihre Schwäche erkannt. Trotz des Regens war es fast so, als wäre sie taub. Aber auf eine eigenartige Weise wusste sie plötzlich, dass der Samurai sie verstand. Tenten sah wieder auf den See, sah Nejis Gesicht vor sich. Noch einmal schluckte sie ihre Trauer herunter, doch die Tränen brannten noch immer hinter ihren Augen.
 

Es schien eine Ewigkeit zu dauern, bis sie es zu ließ. Nach all den Jahren, in denen sie ihren Schmerz heruntergeschluckt hatte, strömten Tränen über ihr Gesicht. Sie waren heiß und eiskalt und hinterließen glühende Spuren auf ihrer Haut, aber im Regen konnte es niemand sehen. Nejis Verlust schlug mit der Wucht eines herab fallenden Felsens auf sie ein und dann war da nur noch Schmerz. Ihre Sicht verschwamm hinter einem Tränenschleier und Tenten schluchzte, wie sie es seit Jahren nicht mehr getan hatte. Irgendwann legte Kakashi abermals seine Hand auf ihre Schulter, wie um sie zu trösten und als Tenten kurz blinzelte, sah sie, dass auch seine Augen feucht waren. Ihr Schluchzen war nun das einzige Geräusch im Regen, doch selbst das verhallte in dem lauten Prasseln immer wiederkehrender Regentropfen. In diesem Moment fühlte sie sich hilfloser als sie sich je in ihrem Leben gefühlt hatte.
 

Sie weinte um all das Leid, das es mittlerweile gab. Sie weinte um sich selbst. Sie weinte um Hinata, die ihren einzigen Verwandten verloren hatte. Sie weinte, weil sie nie mehr diesen einzigartigen Ausdruck in Nejis Augen sehen würde.
 

… Und sie weinte, weil sie ihm nie mehr sagen konnte, dass sie ihn liebte.
 


 

~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~
 

Hallihallo liebe Leser,
 

wie es schon in meiner Kurzbeschreibung angekündigt war, kommt nun heute ein neues Kapitel Samurai. Mein Dramakapitel schlechthin. Ich denke, ein viel schlimmeres Kapitel kommt nicht mehr. Ihr dürft aufatmen :D
 

Mir persönlich gefällt dieses Kapitel mit am besten. Es ist sehr tiefgehend und soll sowohl Tentens starke, vor allem aber auch ihre schwache, menschliche Seite hervorheben. Es kann sein, dass dieses Kapitel leichte Ähnlichkeit mit einem One Shot von mir hat, den ich im Rahmen eines Projektes des NejiTen-Schreiber-Zirkels gemacht habe, aber mir persönlich gefällt dieses mehr. Vor allem Kakashi, ich mag ihn hier am liebsten ^^ Ich habe mich sogar kürzer gefasst *wunder* und keine Zeitsprünge *kopf schüttel* Unglaublich v.v
 

Wie dem auch sei: Meine Prüfungen sind endlich vorbei und das Hochladen dieses Kapitels hatte ich mir vorgenommen, wenn ich fertig bin. Das nächste Kapitel hätte zwar besser zu meiner 'Endlich-vorbei-Stimmung' gepasst, aber egal ^^
 

Der Kapiteltitel: 'Sorrow' bedeutet 'Trauer'.

So, dann wollte ich mich noch mal bei Arethelya fürs Korrigieren bedanken, für eure lieben Kommentare und für mittlerweile 260 Favoriten. Ich freue mich wirklich unheimlich, dass so viele Leute sich für diese FF interessieren ^^
 

Bin mal gespannt, was ihr dazu sagt ;)
 

hel

moony

~ Kapitel 22: Decision ~

~ Kapitel 22: Decision ~
 

Nur ein Schritt vorwärts - und alles ist möglich.

Nur ein Schritt zurück - und alles ist verloren.
 

Der zehnte Monat kam und ging. Das Laub färbte sich blutrot, fiel zu Boden und machte dem Winter Platz, der unaufhaltsam näher kam. Die Zeit selbst schien still zu stehen und sie kam sich vor wie ein Geist. War sie stark, dass sie sich nicht selbst aufgab oder war sie schwach, weil sie es sich so sehr wünschte, endlich aufgeben zu können? Ihr Leben war nichts weiter als eine endlose Aneinanderreihung von Pflichten geworden. Sie lebte nur noch vor sich hin und ihr Herz hatte sie weit in den Tiefen ihrer Seele vergraben, sodass es niemand jemals wieder zu berühren vermochte. Denn niemals würde jemand kommen, der so war wie er…
 

Seit dem Zeitpunkt, da sie erfahren hatte, dass Neji tot war, waren mehrere Wochen vergangen und seitdem war es, als hätte sie ihre Seele der ewigen unerfüllten Sehnsucht verkauft. Tenten wusste, dass etwas in ihr gestorben war und dass man es vielleicht niemals wieder zurückholen könnte.
 

Und dann begannen die Gerüchte. Man sagte, dass sie von einem Geist besessen war, der sie heimgesucht hatte, weil sie dem allertiefsten Sehnen erlegen war und nur noch auf ihren Tod warte. Einige widersprachen dem, meinten, sie selbst wünsche ihren Tod und den Untergang des gesamten Fürstentums. Andere sagten, sie wäre dem Tod geweiht, weil sie gesündigt hatte. Nur was für eine Sünde das war, das konnte niemand sagen. Tenten hasste sie. Nicht, weil sie ihr Ansehen beschmutzten, oder niemals erraten könnten, was wirklich mit ihr geschah. Sie hasste sie, weil sie wünschte, all dies wäre wahr, denn dann müsste sie sich nicht mit der Wahrheit auseinandersetzen und Tag für Tag mehr von ihrer Kraft verlieren, während die unerträgliche Sehnsucht immer stärker wurde.
 

Tenten streckte die Hand aus und tastete nach dem kleinen Schmuckstück, das auf ihrem Nachtisch lag. Ihre Handbewegung war fließend und so spiegelte sich der Kerzenschein so sanft darin, dass das perlweiße Metall fast golden schimmerte. Ihre Haut spannte sich straff um die Knochen ihres Handgelenks, war beinahe durchsichtig. In den letzten Wochen war sie merklich abgemagert, auch wenn Ino alles in ihrer Macht stehende getan hatte, um sie zum Essen zu bewegen.
 

Was würde er wohl sagen, wenn er sie so sehen würde? Sie, die sich selbst aufgab, um in den Erinnerungen an ihn zu schwelgen und dabei vergaß zu leben? Würde er sie wohl verachten?
 

Tenten wusste es nicht und sollte es auch niemals erfahren, denn der Einzige, dem sie bedingungslos vertraut hatte, war tot. Er hatte sie allein gelassen, wie vor acht Jahren, als sie sich nichts mehr gewünscht hatte als einen Spielkameraden, dem es egal war, wer sie war. Niemals zuvor in ihrem Leben hatte sie sich so sehr etwas gewünscht, das sie nicht haben konnte. Wenn er doch von den Toten zurückkehren könnte! Wenn er sie doch nur in den Arm nehmen und ihr sagen würde, dass alles gut werden würde!
 

Wieder spürte sie, wie ihr die Tränen kamen. In letzter Zeit hatte sie oft geweint, teils, weil sie seit jenem Tag ihre Hemmschwelle überschritten hatte und teils, weil es für sie keinen anderen Weg gab, ihre Verzweiflung auszudrücken. Was waren schon Worte im Vergleich zu dem Schmerz, der tief in ihr loderte? Tenten schluckte, schniefte dann und versuchte die Tränen zurück zu drängen. Hoffnungslos.

Er war fort. Neji war tot! Sie durfte sich nicht selbst zerstören, denn dann wäre alles umsonst gewesen. Doch all diese Gedanken hatten die gegenteilige Wirkung: Je mehr sie versuchte, sich Mut zu machen, musste sie daran denken, dass es immer nur Neji gewesen war, der ihr die Kraft gegeben hatte. Sie war nicht stark… Heiße Tränen bahnten sich ihren Weg über ihre Wangen. Tenten wischte sie nicht weg. Sich zu verstecken wäre ein noch größeres Zeichen von Schwäche. Und so weinte sie sich wie die etlichen Nächte zuvor in den Schlaf, bis ihr Atem schließlich langsam und gleichmäßig ging. Bis wieder alles so war wie es sein sollte, denn die Erbin Konohas durfte sich nicht dem Schmerz hingeben, den der Tod eines einzigen Mannes in ihr ausgelöst hatte.
 

.

.

.
 

Im Gang vor ihrer Tür sank eine Gestalt zusammen. Nach dem letzten Schluchzen war es still geworden. Viel stiller, als es sonst in der Nacht war, aber vielleicht war es auch nur das Mitleid, das langsam in ihr aufwallte, wenn sie hörte, wie die Prinzessin weinte, wenn sie glaubte, dass niemand es bemerken würde. Sie fühlte sich hilflos und wünschte sich, dass sie etwas tun konnte. Irgendetwas.
 

So ging es nun schon wochenlang. Tenten tat nur das Nötigste, aß und trank nicht viel und schloss sich danach in ihrem Zimmer ein. Oder sie war völlig unauffindbar. Sie hatte nie herausgefunden, wohin sie verschwand, aber sie ahnte, dass Tenten ohne Ziel herumirrte in der Hoffnung, irgendwie ihre Trauer betäuben zu können. Ino seufzte, als sie wieder aufstand und in Richtung der Dienstbotenzimmer verschwand.
 

~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~
 

Am nächsten Morgen ging alles wieder seinen gewohnten Gang. Tenten stand mit den ersten Strahlen der Morgensonne auf, ließ sich von Ino und Hinata beim Ankleiden helfen, nahm ein zugegebener Maßen zu geringes Frühstück ein und machte sich dann auf den Weg zu ihrem Lehrer Sarutobi, der sie heute in gesellschaftlicher Konversation unterrichtete.
 

„Es kommt darauf an, etwas zu sagen und damit mehr auszudrücken, als man eigentlich will“, erklärte er ihr gerade, „oder viel zu sagen und damit nur wenig preiszugeben. Dabei ist es natürlich wichtig, immer höflich zu bleiben. In Eurer Lage“, er sah sie jetzt sehr aufmerksam an, „kann ein falsches Wort einen Krieg auslösen.“ Tenten antwortete nichts und notierte sich wortlos den Rat auf einem Zettel. Sarutobi bat gedanklich um Beistand bei den Göttern. So ging das jetzt schon eine ganze Weile. Die Tochter des Fürsten kam, um bei ihm zu lernen, aber eigentlich war sie gar nicht wirklich anwesend. Langsam begann er sich ernsthaft Sorgen zu machen. Ihre ganze Haltung schien demütig, schwach und gebrochen, ganz zu schweigen von den geröteten Augen, die sie heute wieder hatte. Der alte Mann hatte vieles in seinem Leben gesehen, er hatte Krieg und Leid mit angeschaut und die Liebe, als er jung gewesen war. Wahrscheinlich hatte er sein ganzes Leben lang gelernt, um irgendwann genau dort anzukommen, wo er jetzt war, aber eine solche Verzweiflung hatte er niemals zuvor in den Augen eines Menschen gesehen.
 

Tenten hatte er als fröhliches Mädchen kennen gelernt. Lebensfroh und unternehmungslustig und mit einem stärkeren Gerechtigkeitssinn, als ihn andere je haben würden. Immer hatte sie gekämpft und war für die Belange anderer eingetreten. Immer hatte sie sich selbst zurückgestellt, damit es anderen gut ging und damit sie helfen konnte. Jemanden wie dieses Mädchen, nein wie die Erbin Konohas, gab es nur ein einziges Mal und er konnte nichts weiter tun, als sie zu bedauern.
 

Das Kratzen ihres Pinsels auf dem Papier riss den Alten wieder aus seinen Gedanken. Noch einmal malte Tenten eine kleine Notiz zu dem bereits Geschriebenen hinzu. Schließlich legte sie ihr Werkzeug beiseite und sah ihn erwartungsvoll an.
 

„Um jemandem als positiver Gesprächspartner aufzufallen, muss man sich sowohl mit dem Thema, als auch mit dem Menschen auskennen. Außerdem schadet es nie, ihm charmant entgegen zu kommen. Kleine Anekdoten aus dem eigenen Leben sind auch nicht von Nachteil.“
 

Wieder kratzte der Pinsel über das Papier und der Alte wandte unangenehm berührt die Augen von der jungen Frau vor ihm ab. Und wieder fragte sich Sarutobi, wie es dazu gekommen war, dass Tenten, Tochter Mao-Chéngs, nun so verletzlich, ja fast gebrochen wirkte.
 

„Du solltest niemals reden, wenn ein anderer spricht und-“, hier versagte ihm die Stimme, als Tenten abermals ihren Stift aufgesetzt hatte und darauf zu warten schien, dass er weiter redete.

Seufzend lehnte der alte Mann sich zurück, sah kurz aus dem Fenster und dann wieder zu Tenten, die heute nicht mehr als eine knappe Begrüßung mit ihm gewechselt hatte.
 

„So hat das keinen Sinn, Tenten-hime. Ich weiß, dass Ihr Euer Bestes gebt, aber eigentlich konzentriert Ihr Euch gar nicht auf den Unterricht, nicht wahr?“ Bei seinen Worten hatte Tenten sich aufrecht hingesetzt und sah ihn nun an, als könnte sie nicht glauben, was er gerade gesagt hatte, oder als wollte sie es nicht hören. „Aber ich-“, begann sie und sah mit einem Mal seltsam ertappt aus. „Ihr könnt es im Moment nicht“, schnitt ihr der alte Lehrer das Wort ab.
 

Tenten schwieg, als er fortfuhr: „Manchmal ist das Leben grausam. Manchmal denken wir, dass wir lieber sterben würden, als uns mit den Problemen auseinanderzusetzten. Ich weiß nicht, was Euch passiert ist, aber ich möchte, dass Ihr wisst, dass Ihr in keiner Sekunde allein seid. Das Leben eines Menschen auf Erden ist knapp bemessen, manchmal zu knapp, aber dennoch kann durch ihn Veränderung geschehen.“ Tenten sah ihn an und zum ersten Mal seit Tagen kehrte der Glanz in ihre Augen zurück. Der alte Mann wusste nicht, was sie fühlte. Niemand wusste es, aber auf irgendeine merkwürdige Weise schien Trost aus den einfachen Worten des Alten zu kommen, der unbeholfen versuchte eine junge Frau zu trösten.
 

Ihr Lehrer lächelte, als er sah, wie sie ihn endlich richtig ansah. Sarutobi-sensei knetete seine schon abgearbeiteten Hände, sie wusste, was jetzt kam, denn so hatte er bisher immer versucht sie aufzuheitern. „Als Konoha seine Anfänge nahm, standen die Menschen vor dem Nichts. Die Menschen lebten ohne ein System zusammen, sie hatten nichts, was ihnen das Leben vielleicht verschönert hätte. Es war ein trostloses Dasein und in den wenigsten Familien gab es so etwas wie Freude oder Harmonie. Die damaligen Kriege hatten sie alle zermürbt, aber dann kamen Eure Vorfahren, Tenten-hime.“ Er blickte sie warm an, als würde er ihr selbst ein Kompliment machen. Der Alte räusperte sich. „Sie waren anders als die Menschen hier: Sie hatten Hoffnung. Und dann bauten sie die Städte wieder auf und für die Bewohner Konohas wurden sie zu Helden, die plötzlich aufgetaucht waren und sie zurück ins Leben zerrten. So … war es nicht ungewöhnlich, dass irgendwann einer von ihnen der Herrscher über dieses Land wurde und ihm endlich Frieden brachte. Natürlich gab es Leid, aber jetzt waren die Menschen bereit zu kämpfen. Dieses Land“, sagte Sarutobi langsam, „ist ein Land, das unzählige Narben davon getragen hat, es ist ein Land, das sich immer nach Frieden gesehnt hat und um ihn gekämpft hat. Es gab Freude und Leid, aber die Menschen gaben nicht mehr einfach auf. Sie vertrauten einander und irgendwann waren sie alle Teil eines großen Ganzen. Es herrschte Harmonie…“
 

„Jetzt nicht mehr“, sagte Tenten leise, „jetzt nicht.“ - „Doch“, sagte der alte Mann, „in ihren Herzen kämpfen sie noch, sie sehnen sich nach Frieden, sie vertrauen auf eine bessere Welt und sie warten auf den einen, der sie dahin führen kann. Sie warten auf Euch, Tenten-hime.“
 

Zum ersten Mal seit langer Zeit fühlte sie sich wieder wachgerüttelt. Die Worte Sarutobi-senseis berührten etwas in ihr. „Sie warten auf Euch“, sagte er noch mal, „weil sie Euch vertrauen. Wie ich Euch vertraue. Ihr dürft Euch nicht vollends aufgeben, die Menschen brauchen Euch.“
 

Tenten sah ihn an und ihr Blick wechselte von ausdruckslos zu verzweifelt. „Ich kann das nicht schaffen“, rief sie auf einmal, „ich kann das nicht, nicht ohne…“ Sie verstummte, als sie merkte, dass sie schon wieder an ihn gedacht hatte. Tagsüber hatte sie seinen Namen verdrängt, weil von ihr erwartet wurde, dass sie ihre Rolle spielte.
 

„Wer, wenn nicht Ihr, wäre in der Lage dazu?“, stellte er die Gegenfrage. Tenten schwieg und ihr war so, als wäre jeder weitere Einwand ihrerseits überflüssig, da ihr Lehrer bereits sein Urteil gefällt hatte. „Ich trauere der Vergangenheit nicht nach, Tenten-hime“, sagte er dann und faltete seine alten Hände im Schoß zusammen, „ich vermisse die Zeiten, in denen ich noch töricht war und unerfahren, ja. Aber ich bin niemand, der seinen Blick immer wieder zurückwirft, denn vor uns liegt vielleicht eine Zukunft, die vielleicht mehr bieten kann als die Vergangenheit. Eine Zukunft, in der sich die Menschen verstehen und in der es keine Kriege mehr gibt. Wenn ich eines gelernt habe zu hassen, dann war es der Krieg…“
 

„Es gibt kein Ende für den Krieg“, sagte Tenten bitter, „es gibt kein Ende des Leides, denn solange etwas Gutes in der Welt war, war auch immer Hass da. Trauer. Leid. Ist das gerecht?“

Der alte Mann sah sie nun durchdringend an, prüfend beinahe, dann richtete er den Blick auf ihre Notizen. „Ich habe versucht Euch viel beizubringen, Tenten-hime, aber das meiste davon war wohl nichts als Unsinn.“ Er lächelte sanft. „Dennoch stellt Ihr mir eine Frage, die die Menschen seit Äonen von Jahren beschäftigt und wie all die Menschen vor mir, stoße ich hier an meine Grenze. Ich kann Euch Ratschläge erteilen, aber nichts von dem würde an die Wahrheit herankommen. Es gibt nur eine einzige Sache, die ich Euch bitte, Euch zu merken.“ Mit einem Mal war seine Stimme fest und durchdringend geworden, sodass Tenten erahnen konnte, mit welcher Leidenschaft er früher für seine Ideale eingetreten war. Er sah ihr tief in die Augen und zum ersten Mal nahm die Erbin Konohas das leidenschaftliche Funkeln in den saphirblauen Augen wahr, die sie klar und direkt ansahen. Ihre Lippe bebte. „Was ist es?“, fragte sie langsam.
 

Stille herrschte nun im Raum, geladen von einer Spannung, die Tenten in keiner einzigen ihrer Stunden bei Sarutobi-sensei erlebt hatte. Er hatte ihr so viel beigebracht, aber sie spürte, dass er ihr jetzt das Wichtigste sagen würde.
 

„Hoffnung“, sagte er schlicht. „Ihr wart die Einzige, die den Menschen Hoffnung gab. Ihr veranlasstet die Versorgung Dörfer, die eigentlich dem Hungertod geweiht waren. Ihr habt Euch dafür eingesetzt, dass die Verletzten versorgt wurden, obwohl man sie eigentlich zurückgelassen hätte. Ihr habt das Bündnis mit den Naras möglich gemacht mit einer Bestimmtheit, die niemand sonst gehabt hätte.“ - „Ich-“, fing Tenten an, doch sie wurde durch ein deutliches Klopfen an der Tür daran gehindert weiter zu sprechen. Beide fuhren herum. Tentens Lehrer war der Erste, der sich wieder fasste. „Herein.“ Die Tür glitt zur Seite auf und ein Diener verbeugte sich tief vor Tenten und dem Alten. „Tenten-hime“, murmelte er, „Euer Vater hat mir befohlen, Euch zu ihm zu bringen. Er möchte Euch etwas Wichtiges mitteilen.“ Tenten nickte. In letzter Zeit war es häufiger als sonst vorgekommen, dass ihr Vater mit ihr sprechen wollte. Nachdem sie in jener Nacht erst nach Mitternacht zurückgekehrt war, hatte Mao-Chéng begonnen, sie sorgsamer zu beobachten als sonst. Da half nicht mal Kakashis Erklärung, dass er Tenten mit Fieber gefunden hatte, nachdem sie sich verlaufen hatte. Krankheit war eine gute Ausrede und so hatte sie eine Woche das Bett gehütet und war mehr als froh, dass sie niemanden sehen musste. Doch trotzdem war ihr Vater misstrauisch geworden und Tenten wusste, dass er etwas ahnte.
 

„Hat er erwähnt, worum es sich handelt?“ Der Mann verbeugte sich noch tiefer. „Nein, Tenten-hime, nur, dass es sehr wichtig sei.“ Sie bekam mit, wie Sarutobi-sensei skeptisch eine Augenbraue hob, doch Tenten seufzte nur, raffte dann ihren Kimono und machte Anstalten, den Raum zu verlassen. „Sarutobi-sensei… ich-“ Doch ihr Lehrer lächelte nur. „Wir fahren ein andermal mit dem Unterricht fort, Tenten-hime. Nun geht.“ Tenten trat durch die Tür, doch als sie sich noch einmal umdrehte, kam ihr das Lächeln des alten Mannes auf einmal eiskalt vor. Als wüsste er etwas, das ihr entgangen war.
 

~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~
 

Hinata hatte sich zurückgezogen. Nejis Tod war wie eine böse Vorahnung gewesen, die plötzlich wahr geworden war. Der Alptraum hatte sich in Realität verwandelt und sie hatte den einzigen Menschen verloren, der sich je wirklich um sie gekümmert hatte. Sie hatte ihr neues Leben akzeptiert, weil er so unbestreitbar an dessen Richtigkeit festgehalten hatte. Hinata hatte ihm geglaubt und erst jetzt, da er nicht mehr da war, merkte sie, wie sehr er ihr fehlte. Neji war der Bruder gewesen, den sie nie gehabt hatte. Und plötzlich war da Leere, der Platz in ihrem Herzen, der ihm galt, war ein schwarzes Loch. Die Wohnung unter dem Dach kam ihr kälter, einsamer vor. Etwas fehlte und Hinata kam nicht darum herum zuzugeben, dass es seine stille Art war, die in völligen Kontrast zu Lee und Naruto stand.
 

Doch auch sie hatten sich verändert. Lee trainierte noch härter als zuvor, wie um sich durch nichts ablenken zu lassen… oder um zu vergessen. Hinata wusste, dass Lee Freundschaft alles bedeutete und vielleicht war das seine Art, mit der Situation umzugehen. Sie konnte nur mutmaßen, dass es für ihn beinahe so schlimm war wie für sie und plötzliche Zuneigung für diesen ihr so unähnlichen Menschen keimte in ihr auf.

Im Gegenteil zu Lee verhielt sich Naruto… seltsam. Immer öfter schien er abwesend, seine sonst so direkten Sprüche wurden rar und er schien häufig in Gedanken zu sein. Er wich ihnen aus und es tat ihr mehr weh als die Ignoranz, die andere, die Neji gekannt hatten, seinem Tod entgegenbrachten.
 

Die Nadel, auf halbem Wege den Brokatstoff zu durchstechen, blieb in der Luft stehen und Hinata legte das Nähzeug beiseite. Alles hatte sich verändert und es war schlimmer geworden, als sie es sich je hatte vorstellen können. Es war seltsam still in der kleinen Wohnung unter dem Dach und Hinata wurde sich nun noch mehr der Einsamkeit bewusst, die täglich ein wenig stärker wurde. Das Mädchen stand auf und ging zum Fenster. Als sie es öffnete, strömte ihr ein Schwall kalter Luft entgegen. Bald würde es Winter werden, in den Nächten fror es schon und sie wusste, dass sie Nejis Abwesenheit noch deutlicher spüren würde. In der Vergangenheit hatten sie und Neji oft im Winter an einer offenen Feuerstelle in ihrem kleinen Haus am Waldrand gesessen. Er hatte nicht viel gesagt, aber für Hinata war es genug gewesen. Der Gedanke, das niemals mehr tun zu können war… unerträglich?
 

Hinata hatte ihre Familie früh verloren. Ihre Mutter war, als sie zweieinhalb Jahre war, den Folgen einer Fehlgeburt erlegen und ihr Vater Hiashi war gestorben, als sie sechs und Neji sieben war. Seitdem hatten sie allein gelebt, gelegentlich finanziert von Diebstählen, doch noch immer hoffnungsvoll auf ein besseres Leben.
 

„Was machst du hier, Hinata?“, sagte auf einmal jemand hinter ihr, „müsstest du nicht schon längst bei Ino sein?“ Hinata drehte sich um, das blauschwarze Haar fiel ihr über die Schulter und augenblicklich trat ein verlegener Ausdruck auf ihr Gesicht, als sie Naruto erspähte, der lässig an der Wand lehnte. „Na…Naruto-kun?“ - „Ich wollte nur schnell was holen“, winkte er ab und verzog die Mundwinkel zu einem schiefen Grinsen. „Oh! Oh, natürlich“, brachte sie heraus.
 

Stille. Hinata wusste nicht, was sie noch sagen könnte und Naruto wandte verlegen den Kopf ab, als er bemerkte, dass sie seinem Blick auswich. Langsam kam er auf sie zu. „Hinata?“ Das Mädchen wich einen Schritt vor ihm zurück, stieß mit dem Rücken gegen den Tisch, auf dem ihr Nähzeug lag. Der Stoff segelte zu Boden, die Nadel kam mit einem fast unhörbaren metallischen Geräusch auf dem Boden auf. „Hinata…“, sagte Naruto wieder, kam auf sie zu und als ihn das Mädchen für einen Moment ansah, erkannte sie, dass Narutos Züge seltsam gequält waren. Als wenn er einen inneren Kampf ausfechten mochte.
 

„Neji mochte den Winter, weißt du?“, flüsterte Hinata unhörbar, „ich habe nie wirklich verstanden warum, weil er unser Leben nur noch schwerer machte.“ Naruto sah sie an und ihr kam es vor, als würde der Moment ewig andauern. „Neji ist tot“, sagte Naruto dann, „er würde nicht wollen, dass du dein ganzes Leben damit verschwendest, um um ihn zu trauern.“
 

Das Mädchen stolperte über den Stoff und stieß mit dem Rücken gegen das Fenster. Naruto kam näher, einen ernsten Ausdruck auf dem Gesicht, den sie noch nie bei ihm gesehen hatte. Sie hatte gar nicht bemerkt, dass Tränen über ihre Wangen liefen. Ihr Cousin… Neji würde nicht wieder zurück kommen. Naruto hatte Recht. Sie schämte sich wegen ihrer Schwäche und gleichzeitig konnte sie es doch nicht verhindern. „Sieh nach draußen“, sagte Naruto sanft, stellte sich neben sie und Hinata schaute. Draußen war lautes Geschrei zu hören. Kinder liefen über die Straßen, spielend, sorglos. Jemand pries auf dem Markt seine Erzeugnisse an, sie konnte hören, wie ein Mann einem Dienstmädchen hinterher pfiff.
 

„Das da draußen ist die Welt“, sagte Naruto, „die Menschen leben und sterben in ihr und alles dazwischen.“ Er grinste schief. „Wir alle haben ein Schicksal, etwas, für das wir im Leben sind. Vielleicht war Neji dazu bestimmt, etwas zu erreichen, das wir nicht wissen können, vielleicht sollte er sterben. Aber wir können uns nicht ewig in uns selbst verstecken. Die Welt ist da draußen, nicht in unseren Herzen, denn sie sind nur ein Teil von ihr.“
 

„Na…Naruto-kun… du kannst das nicht verstehen. Er war wie ein Bruder für mich, er hat mich unzählige Male gerettet, mich immer beschützt. Es ist nicht fair! Warum er?“ - „Neji war in letzter Zeit nicht er selbst, das müsste dir aufgefallen sein. Irgendwann musste es dazu kommen, er hatte sich selbst lange vor dieser Mission verloren. … Aber… vorher war er glücklich. Vielleicht das einzige Mal in seinem Leben.“
 

Hinata sah nach draußen. Sie konnte ihn nicht ansehen, denn er hatte Recht. Neji hatte sich selbst verloren, er war nur noch seiner Pflicht gefolgt und es hatte ihn nicht gekümmert, ob er sie, Lee, Naruto oder Tenten damit verletzte. Irgendwo bellte ein Hund und Hinata konnte nichts weiter tun, als starr auf die Dächer zu blicken, die in dem sanften Licht golden glänzten.
 

„Denk darüber nach, ja?“, sagte Naruto und sie hörte, wie er aus dem Raum trat. Doch bevor er die Tür erreichte, drehte er sich noch einmal um. „Eins noch“, er schien heftiger zu atmen, als handelte er gegen besseres Wissen, „denk nicht, ich weiß nicht, wie du dich fühlst…“ Hinata drehte sich zu ihm um, die Tränen hatten salzige Spuren auf ihren Wangen hinterlassen. Sie sah, wie Naruto die Hände zu Fäusten ballte, wie der Wind, der durch das offene Fenster hereinwehte, seine blonden Haare zerzauste. Er zitterte und eine Emotion, geboren aus tiefster Verzweiflung, trat auf sein Gesicht. Erschrocken wich Hinata zurück. Sie hatte ihn als einen lustigen, immer gut gelaunten, positiven Menschen kennen gelernt. Nie hatte sie gedacht, dass sie ihn einmal so sehen würde. „Denk nicht, dass ich dieses Gefühl nicht kenne“, wiederholte er, „meine Familie ist tot, ich habe sie nie kennen gelernt.“
 

~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~
 

Die gewaltigen Holztüren zum Sitzungssaal Mao-Chéngs schwangen auf und kratzten über den Boden. Der Diener verbeugte sich noch einmal ehrerbietig, bevor er die Türen hinter ihr schloss. Der Raum war hoch und geräumig, in seiner Mitte stand eine lange Tafel, dessen Plätze leer waren und an den Wänden hingen prachtvolle Banner mit fünf Symbolen, die Tenten nicht kannte. Es war derselbe Raum, zu dem ihr Vater Kakashi, Neji und sie bestellt hatte, als sie von den Naras zurückgekehrt waren. Mao-Chéng stand mit dem Rücken zu ihr am Fenster und blickte nach draußen.
 

„Vater? Ihr habt mich rufen lassen?“, begann Tenten vorsichtig. Der Mann drehte sich um, seine Augen hatten einen ernsten Ausdruck und seine Hände glätteten fahrig eine Falte in seinem dunkelblauen Kimono. „So ist es, Tenten.“ Er trat näher zu ihr. „Ich muss mit dir über die politische Situation Konohas sprechen.“ Das war merkwürdig, ihr Vater sprach kaum mit ihr über Politik, er verließ sich darauf, dass Sarutobi-sensei ihr alles Notwendige beibringen würde, bevor sie seiner Meinung nach alt genug war, Verantwortung zu übernehmen. Tenten senkte respektvoll ihren Kopf. Ihr ganzes Leben lang hatte man ihr beigebracht, wie wichtig das richtige Verhalten gegenüber anderen war. Ihr Vater… ihr Vater war da keine Ausnahme gewesen. Tenten konnte sich kaum an Situationen erinnern, in denen er nicht der Fürst Konohas und sie nicht seine Nachfolgerin gewesen war, sondern einfach nur Vater und Tochter. Mao-Chéng war nicht wie normale Väter gewesen, seine Pflicht kam immer noch vor seinen eigenen Interessen. Es beunruhigte sie, dass er allein mit ihr reden wollte. Über Politik. Das war noch nie vorgekommen. Irgendetwas war falsch.
 

„Setz dich, Tenten“, sagte Mao-Chéng und bot seiner Tochter einen Stuhl an. Nervös setzte sich Tenten ihrem Vater gegenüber. Tenten faltete ihre Hände im Schoß und es vergingen mehrere lange Momente, bevor sie sich dazu durchringen konnte ihn anzusprechen. „Vater? Worüber wollt Ihr mit mir reden?“ Mao-Chéngs Blick wanderte zum Fenster und zum unendlichen Himmel. „Konoha steht kurz vor dem Ausbruch eines Krieges, Tenten. Die Rebellen haben fast alle Truppen ausgelöscht, die ich zum Schutz der Bevölkerung ausgesandt habe. Die Naras waren uns eine große Hilfe… wir haben jetzt mehr Informationen und wir werden ihre Truppen bekommen, wenn wir sie brauchen.“ Tentens Herz schlug schneller. In all ihrer Trauer hatte sie nicht bemerkt, was um sie herum geschah. Sie war selbstsüchtig gewesen und hatte die Situation um Konoha fast vollständig verdrängt. Es jetzt so von ihrem Vater gesagt zu bekommen, war wie ein Schlag ins Gesicht und sie schämte sich für ihre Gleichgültigkeit.
 

„Aber das ist nicht alles“, fuhr ihr Vater fort, „sie suchen nach Schwächen und sie wissen, dass ich nicht mehr die Kraft habe, gegen sie anzugehen. Konohas Streitkraft ist gespalten, wir verlieren täglich Männer, die zu den Rebellen überlaufen.“ Er sah ihr direkt in die Augen und Tenten spürte seine Hilflosigkeit, da er nicht das aufhalten konnte, was unvermeidlich kommen würde. Chaos. Konoha würde im Krieg untergehen. Sie ballte ihre Hände zu Fäusten.
 

„Aber was hat das mit mir zu tun?“, fragte sie dann. Tentens Vater sah sie mit einem undefinierbaren Gesichtsausdruck an und auf einmal wirkte er merkwürdig alt, so als hätte er zu viele schlechte Erinnerungen hinter sich und ein Leben, an das er sich nicht mehr erinnern wollte. Als hätte er bereits zu viel Leid erlebt und bereitete sich darauf vor, noch eine weitere Schuld auf sich zu lasten.
 

„Wir brauchen eine vertrauensvolle Führung, ein Zeichen, dass wir nicht aufgeben werden und Konoha nicht freiwillig der Grausamkeit der Rebellen überlassen werden.“ Er holte tief Luft. „Du wirst heiraten, Tenten. Nur so erhalten wir dauerhaften Frieden in Konoha.“
 

Ihr ganzer Körper versteifte sich. Heiraten? Das bedeutete eine arrangierte Ehe, ein Leben, das sie nicht wollte. Das bedeutete einen Käfig, der ihr ihre Freiheit nahm. Es war das Eine, das sie niemals gewollt hatte und ihr Vater wusste das. Tenten war ihr Leben lang auf die Machtposition, in der sie sich befinden würde, vorbereitet worden, aber ein Mann würde eine Frau niemals als Herrscherin neben sich akzeptieren. In ihren Gedanken tauchte ein Bild ihrer Selbst auf. Zurückgedrängt, ihres Erbes beraubt und … allein. Neji… Sie wollte keinen anderen als ihn.
 

Mao-Chéng merkte, wie sie sich verkrampfte, aber er hatte gewusst, dass sie so reagieren würde. Tenten sah es an dem Blick, den er ihr zuwarf. „Was?“ Unglauben sprach aus diesem Wort und Verzweiflung, die sie zu verdrängen suchte. „Du kennst meinen Heerführer Orochimaru?“ Sie nickte mechanisch. „Er hat mir so oft geholfen, Tenten. Ohne ihn wäre Konoha längst dem Untergang geweiht. Ich vertraue ihm mehr als jedem meiner anderen Krieger. Ich wüsste keinen besseren als deinen Ehemann.“
 

Tenten fühlte sich, als würde sie zu Stein erstarren. Dieser Mann war mehr als doppelt so alt wie sie. Er war … seltsam. Etwas haftete ihm an, das sie nicht deuten konnte. Manchmal kam es ihr so vor, als würde er auf etwas lauern, wie eine Schlage, die kurz davor war, ihre Giftzähne in ihre Beute zu rammen. Sie hatte Orochimaru seit ihrer Geburt gekannt, er war immer bei den Ratssitzungen gewesen, hatte immer an der rechten Seite ihres Vaters gesessen. Er war der oberste Berater ihres Vaters und wahrscheinlich der mächtigste Mann in Konoha nach ihrem Mao-Chéng. Tenten hatte immer gewusst, dass sie ihr Leben dem Wohl Konohas Wohl verschrieben hatte, hatte immer gewusst, dass ihr Pflicht vor allem anderen kommen würde, aber jetzt… Jetzt keimte ein winziger Funken Egoismus in ihr auf. Orochimaru war nicht Neji…
 

„Nein.“ Das Wort war beinahe ein Flüstern, unhörbar, wenn man nicht darauf achtete. Es war ein winziger Trotz und das erste Mal, dass sie wirklich das sagte, was sie wollte. Mao-Chéng sah sie an, als hätte sie ihm einen Mord gestanden. Fassungslosigkeit war mit Unglauben und Entsetzen vermischt. Noch nie in ihrem ganzen Leben hatte sie sich ihrem Vater widersetzt. Alles hatte sie für ihn getan; Tenten hatte immer ihr Bestes gegeben um eine gute Nachfolgerin für ihn zu werden, sie hatte gelitten und es hingenommen. Wie man es von ihr erwartet hatte, hatte sie sich immer an die Etikette gehalten, war nie ausfallend geworden. Sie war perfekt gewesen für ihren Vater, den sie stolz machen wollte.
 

„Nein?“ Ein harscher Unterton schwang in seiner Stimme mit. Tenten schluckte, holte tief Luft. „Ich will ihn nicht heiraten.“ Mao-Chéngs Augen zogen sich zu Schlitzen zusammen. „Du hast keine andere Wahl, Tenten. Wir mögen vielleicht mächtig sein, aber auch wir sind den Gesetzen unterworfen. Es ist unsere Aufgabe, für die Sicherheit Konohas zu bürgen. Niemand fragt, was du willst!“ Die junge Frau setzte sich kerzengerade hin, ihre Hände, die sie im Schoß gefaltet hatte, zitterten. „Es ist das Einzige, das ich mir wünsche, Vater. Bitte… Ihr wisst, dass ich das nicht durchhalten könnte.“ - „Wir sind dazu geboren durchzuhalten!“, brauste Mao-Chéng auf, „ich bin dein Vater und solange du nicht mündig bist, entscheide ich, was das Beste ist. Ich lasse mich auf keine weitere Diskussion ein. Du wirst ihn heiraten!“
 

Wie ihn Trance schüttelte sie den Kopf. Nein… Nein! Nein… Das konnte er ihr nicht antun, alles nur nicht das! Tenten spürte wie Tränen hinter ihren Augen brannten, aber sie drängte sie mit aller Kraft zurück. Sie würde nicht vor ihrem Vater weinen und ihm die Genugtuung geben, dass sie doch nichts weiter war als eine Frau, die ihre Gefühle nicht im Griff hatte. „Vater… Bitte…“ Mao-Chéng stierte auf den Tisch aus dunklem Holz, dann richtete er seinen Blick wieder auf sie. „Ich will nur das Beste für dich, Tenten. Diese arrangierte Ehe wird dich vor dem Einfluss anderer schützen.“ - „Das Beste, das mich unglücklich macht?“ Ihre Stimme zitterte und sie hasste sich dafür.
 

„Du wirst es später verstehen. Irgendwann wirst du mir diese Entscheidung danken.“ Tenten spürte, wie das letzte bisschen Kraft in Trotz, in Wut floss. „Nein, das werde ich nicht!“, schrie sie, sprang auf und schmiss dabei ihren Stuhl um, der mit lautem Krachen auf dem Boden aufkam. Mao-Chéngs Augen blitzen und auch in seinem Ausdruck war ohne jeden Zweifel Zorn zu lesen. Doch er beherrschte sich und dann trat eine Stille ein, die schlimmer war, als alle Wörter, die sie sich an den Kopf werfen konnten.
 

„Es ist wegen des Samurais, nicht wahr?“ Seine Stimme war so kalt wie Eis und Tenten erstarrte. Er konnte es nicht wissen, er durfte es nicht wissen! „Glaubst du, ich habe es nicht bemerkt?“ Mao-Chéng war nun ebenfalls aufgestanden, ungebändigte Wut in seinem Blick. Tenten wusste nicht, was sie darauf sagen konnte. Sie wollte nicht über Neji nachdenken, sie wollte allein sein und an ihn denken und nur an ihn. Sie wollte allein sein und dabei sich selbst verlieren, bis sie bei ihm war. „Glaubst du, ich habe es nicht gewusst?!“ Seine Stimme war lauter, als sie es je bei ihm gehört hatte. Ohne auf ihre Fassungslosigkeit einzugehen fuhr er fort. „Er ist der Grund, warum du dich so entwürdigend verhältst!“ Er schlug mit der Faust auf den Tisch und Tenten zuckte zusammen, wich zwei Schritte zurück. „Was weißt du schon von Neji?“, flüsterte Tenten. „Willst du dein ganzes Leben lang einem Toten nachtrauern?!“, spuckte er aus, „er war nur ein Dieb, der das Glück hatte, ein Krieger zu werden. Dein Schicksal ist vorherbestimmt, du wirst die mächtigste Frau, die Konoha je gesehen hat. Was auch immer er dir bedeutet, es ist aussichtslos.“ Tenten war den Tränen nahe. „Dann werde ich eben mein ganzes Leben einem Toten nachtrauern, denn er ist es wert!“
 

„Er war weniger als alle, die ebenfalls Samurai geworden sind.“ - „Du hast ihn doch selbst anerkannt!“, schrie Tenten, „er ist für Konoha gestorben und für dich!“ Der Fürst Konohas machte einen Schritt auf sie zu. Seine Augen funkelten. „Ich habe ihn anerkannt, weil du es gewollt hast. Seit diesem Moment wusste ich, dass er anders war als alle anderen. Talentiert, ja. Aber ich sehe ja, dass Talent uns immer nur Unglück gebracht hat. Wenn ich mir auch nur vorstelle, was aus Uchiha geworden ist! Ein Verräter, nichts weiter!“, blaffte er. „Neji ist nicht Sasuke!“, argumentierte sie, „Ihr werdet nie herausfinden, ob er loyal gewesen wäre, denn er ist tot“, sagte sie bitter. ‚Gestorben für einen sinnlosen Krieg’, fügte sie in Gedanken hinzu.
 

Mao-Chéng atmete schwer und ließ sich dann wieder auf seinen Stuhl fallen. „Er ist tot. Das ist der Punkt. Ich werde nicht zulassen, dass du ihm dein Leben lang nachweinst. Liebe hat nicht die Macht das Schicksal zu ändern“, sagte er dann, „du wirst Orochimaru heiraten und den Frieden nach Konoha zurückbringen.“ In diesem Moment wusste Tenten, dass sie verloren hatte. Ihre ganze Haltung fiel in sich zusammen, sie war kurz davor in Tränen auszubrechen und wusste doch, dass es sinnlos war. Ganz langsam bewegte sie sich Richtung Tür, das Herz so schwer wie nie zuvor. ‚Verzeih mir, Neji…’, dachte sie.
 

Dann erreichte sie die Tür, sah sich ein letztes Mal nach ihrem Vater um, der jetzt zusammengesunken allein am Tisch saß. Und der Schmerz in ihr brach zum ersten Mal vor ihrem Vater hervor. „Du wirst nicht sehen, wie ich sterbe“, sagte Tenten und legte ihre Hand auf die Brust an die Stelle, wo ihr Herz schlug, „hier drinnen bin ich bereits tot.“
 

~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~
 

Das Gefühl von Seide auf ihrer Haut. Leichter Wind, der an ihren Haaren zerrte und ihre nackten Füße versanken in feinem Sand. Langsam, fast zögernd öffnete sie die Augen und sah sich eingeschüchtert um. Um sie herum war nichts als weißer Sand, ab und zu mal durchbrochen von kleinen Grasbüscheln, die sich ihren Platz erkämpft hatten. Der Himmel war dunkelgrau, mit Wolken verhangen, doch am Horizont ging eine blutrote Sonne unter, die den ganzen Himmel in ein Farbenmeer tauchte. Einen solchen Anblick hatte Tenten noch nie gesehen. Das nächste, das sie bemerkte, war der salzige Geruch, der ihr in der Nase brannte.
 

Sie kannte es nicht. All dies war ihr unbekannt. Der Wind, der Geruch, der Himmel, ja selbst das Gefühl, hier zu sein. Tenten sah verunsichert an sich herunter. Sie trug ein leichtes, luftiges Gewand aus bordeauxroter Seide, die im Wind um ihren Körper flatterte. Es war nicht wie die strengen Kleider und Kimonos, die sie sonst immer trug. Es war ein angenehmes Gefühl, das ihr irgendwie befreiend vorkam. Darunter trug sie nichts… Aber es war egal. Wo auch immer sie war, sie war allein hier und sie wollte nichts lieber als an diesem Ort allein zu sein. Hier konnte sie vergessen…
 

Und dann fiel ihr Blick auf die träge unendliche Masse an Wasser, die sich bis zum Ende der Welt ausstreckte. Ein dunkelblaues Tuch mit weißen Tupfern darauf, die die Gischt der Wellen waren. Es war die pure Unendlichkeit. Das Wasser kam und ging, es rollte an den weißen Strand und zog sich zurück, machte nie einen Schritt zu viel. Es war da und gleichzeitig nicht, es eroberte und wich zurück und die Ewigkeit schien ihr näher als je zuvor. Tenten verstand nicht, warum sie hier war. Warum etwas sie hierher geführt hatte, aber jetzt konnte sie nur einen Gedanken fassen. Das war das Meer. Der Anblick, den sie sich immer gewünscht hatte. Sie ging durch den Sand und blieb kurz vor dem dunklen feuchten Sand stehen, der die Grenze bildete zwischen dem, was war und dem, was sie wollte.
 

Das Mädchen streckte eine Hand aus, berührte das Wasser und kostete kurz seinen Geschmack. Es war salzig, genau wie der Geruch der Luft. Wie viele Menschen hatten dieses Wunder gesehen? Wie viele hatten verstanden, was die Ewigkeit bedeutete und wie viele waren hier gewesen, einfach weil sie traurig waren? Eine lang vergessene Erinnerung keimte in ihr auf. 'Irgendwann zeige ich dir das Meer…'Aber es würde nicht dazu kommen, sie würde Orochimaru heiraten und dann würde Konoha wieder erblühen, wenngleich sie dabei unterging. Doch es war egal… es war ihre Pflicht und ihr Erbe, das sie dazu drängten, alles andere als das Wohl des Fürstentums auszublenden. Sie konnte lediglich da sein und die Stille genießen und davon träumen, wie es gewesen wäre…
 

Der Wind zerrte an der Seide und Tenten fröstelte leicht, der Sand wurde aufgewirbelt und langsam zu den Dünen getragen. Es war als beobachte sie jemand, das Gefühl allein zu sein, war verschwunden. Eine fast unwirkliche Stille trat ein und Tenten hob langsam ihren Blick.
 

Er stand mit dem Rücken zu ihr, sein Blick auf das Wasser gerichtet und dennoch schien er sich ihrer vollkommen bewusst. Er sah ihr nicht in die Augen, aber sie hätte alles darauf verwettet, dass er sie eben noch angesehen hatte. Das dunkle Haar fiel ihm ins Gesicht, seine Bewegungen waren geschmeidiger als sonst, fast als wäre er endlich zur Ruhe gekommen, doch der Blick aus seinen mondhellen Augen war immer noch derselbe.
 

Aber es konnte keine Wahrheit sein, denn er war gestorben. Sie verharrte einen Moment, starrte ihn nur an, unfähig irgendetwas zu tun. Dann machte Tenten einen Schritt auf ihn zu, dann noch einen und schließlich rannte sie.
 

Neji drehte sich nicht zu ihr, nicht mal als sie direkt hinter ihm stand. Sein Blick galt dem Meer. Tenten spürte, wie ihr Atem schneller ging, noch immer erschöpft vom Rennen atmete sie unregelmäßig. Schließlich war es wieder still und dann wandte er sich ganz langsam zu ihr um. Sie konnte nicht sagen, was sie in diesem Moment empfand. Es war alles, was sie sich gewünscht hatte. Ihn noch einmal sehen, ihn nie gehen zu lassen und dann… ja was dann? Ihre Stimme brach, noch bevor sie die Worte richtig geformt hatte. Nejis Augen trafen ihre. „Tenten“, sagte er. Sie wollte es glauben, sie wollte glauben, dass er zu ihr zurück gekehrt war, aber das Gefühl war falsch. „Du bist tot“, flüsterte sie und merkte wie ihr die Tränen in die Augen traten. Neji sagte nichts, er wandte den Kopf ab, als wenn er es nicht über sich bringen könnte, sie in ihrem Wissen zu bestätigen.
 

„Alles versingt im Chaos“, brachte sie nach einer Ewigkeit wie es ihr schien heraus, „Konoha steht kurz vor einem Krieg.“ - „Ich weiß“, sagte Neji, „ich habe es vorausgesehen, aber ich konnte es dir nicht sagen.“ Schweigen. Zögernd trat Tenten einen Schritt näher. Sand zwischen ihren nackten Zehen, die dunkelrote Seide umspielte ihre schlanke Gestalt. „Ich weiß nicht, was ich tun soll, Neji“, gestand Tenten und konnte nicht verhindern, dass sie sich dabei noch hilfloser fühlte.
 

Auf einmal stand er direkt vor ihr, sie hätte ihn berühren können, wenn sie nur gewollt hätte. Er war so nah und doch unerreichbar und es erinnerte sie an alles, das sie verloren hatte. „Ich kann nicht mehr weiter, Neji“, flüsterte Tenten. Lange sagte er nichts. „Es geht immer irgendwie weiter, Tenten. Ob es nun gut ist… oder schlecht.“ Sie sah ihn an und er sah zurück mit diesen hellen Augen, die niemand anderes besaß. „Ich habe nicht mehr dir Kraft, das Schlechte auszuhalten“, sagte sie und spürte, wie eine einzelne Träne ihre Wange herunterrollte. Im nächsten Moment fühlte sie, wie zwei Arme ihren Rücken umschlossen und dann war da nur noch Nejis Geruch wie in der Nacht im Boot und Tenten weinte nur noch mehr, weil es niemals zur Wahrheit werden konnte. Sie spürte Nejis Atem an ihrem Hals und für einen winzigen Moment waren seine Lippen an ihrer Haut. „Ich weiß, dass du es kannst“, flüsterte er, „es ist nicht zu spät… noch nicht.“
 

Sie wollte nichts mehr, als für immer bei ihm zu sein, aber sie löste sich von ihm. „Der Weg verschwimmt vor mir“, gab Tenten zurück. Neji sah wieder aufs Meer. „Wir werden mit einem Schicksal geboren, unserem ureigenen Weg, aber wir kennen ihn nicht. Erst im Moment unseres Todes verstehen wir, was wir sind. Doch bis dahin…“ Er sprach nicht zu Ende und Tenten fragte sich plötzlich, ob er sein Schicksal bereits kannte.
 

„Du weißt, was du tun musst“, sagte er dann und Tenten konnte nicht widerstehen, ein letztes Mal ihre Arme um ihn zu schlingen. So standen sie da, bis die Sonne im Meer versank, der Himmel schwarz wurde und nichts mehr durch die Dunkelheit drang. „Glaubst du, dass ich es schaffen kann?“, fragte sie irgendwann und lehnte sich kurz von ihm weg. Seine Hand fuhr über ihre Schulter und die dunkelrote Seide stand mit einem Mal im totalen Kontrast mit seiner weißen Haut. Dann wurde es ganz hell, die Umgebung schwand, verzerrte sich und Nejis Gesicht löste sich in dem Licht auf. Unter ihren Händen war nichts mehr. Er war wieder fort. Wieder hatte sie ihn verloren. Das Licht wurde greller und Tenten hörte ein letztes Mal seine Stimme.
 

„Ich bin bei dir…“
 

.

.

.
 

Tenten schrak aus dem Schlaf. Ihr Herz hämmerte wie wild und erst nach einer Weile registrierte sie, wo sie war. Sie war nicht mehr an dem fremden Strand, am Meer mit Neji und mit aller Frustration in ihr erkannte sie, dass es nur ein Traum gewesen war. Neji war tot.
 

Aber da war noch etwas anderes. Ob es nun ein Traum gewesen war oder nicht. Ob es nun Wahrheit oder Lüge war, da war irgendetwas. Die Erbin Konohas setzte sich auf, verließ dann ihr Bett und stand plötzlich vor der Wand, an der Stelle, in die das Geheimfach eingelassen war. Tenten öffnete es und starrte auf ihre Trainingskleidung, das Sonnenschwert Amaterasu und die zwei Teile des Yin und Yang. Lange stand sie so da, doch schließlich griff sie herein, zog die graue Hose und das Kleid darüber an, hängte sich beide Ketten um und verstaute sie anschließend unter der Kleidung. Das Schwert schien ihr wie eine Verheißung, sie würde die Dinge nicht einfach so geschehen lassen. Sie konnte etwas tun und sie würde etwas tun. Hoffnung… endlich wusste sie, was das bedeutete. Ihre Hand umschloss das Schwert.
 

Auf einmal wusste sie, was sie tun musste.
 

~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~
 

Hinata erwachte davon, dass sie unten ein Geräusch hörte. Normalerweise wäre das nichts Ungewöhnliches gewesen, immerhin lebten sie über einem Stall nahe der Hauptstraße, nicht weit vom Palast, aber diesmal war es anders. Nicht so offensichtlich wie das Wiehern eines Pferdes oder die Geräusche der Nacht. Es war … heimlicher, verbotener… Das Mädchen fröstelte und Hinata spürte, wie Angst in ihr aufkeimte. Was, wenn das ein Einbrecher war? Oder noch schlimmer: ein Rebell, der in die Hauptstadt eingedrungen war?

Aber warum machte sie sich überhaupt so viele Gedanken? Es konnte genauso gut Naruto sein, der noch mal nach den Tieren sah. Manchmal, so erinnerte sich Hinata, musste er zu den unmöglichsten Uhrzeiten aufstehen und etwas erledigen. Oder Lee war auf die Idee gekommen, nachts zu trainieren. Aber, was wenn…
 

Der Gedanke ließ ihr keine Ruhe, unruhig wälzte sie sich auf die andere Seite und versuchte es sich auf dem harten Bett so bequem wie möglich zu machen. Zwecklos. Bereits nach zwei Minuten war Hinata hellwach und immer noch in Gedanken an das Geräusch, das sie gehört hatte, versunken. Es half nichts, sie musste sich Gewissheit verschaffen.
 

Leise setzte sie sich auf dem Bett auf, hob ihr Nachtgewand an und schlich dann lautlos zu Narutos und Lees Zimmer, die nur zwei Räume weiter lagen. Vorsichtig öffnete Hinata Lees Tür. Gleichmäßiges Atmen. Nichts. Beruhigt schloss Hinata wieder die Tür. Plötzlich hörte Hinata ein weiteres Geräusch, es klang, als ob jemand eine der Stalltüren öffnete. Hinata erstarrte. Sie hatte sich nicht verhört. Zitternd schlich sie zu der Dachluke, stellte sich so hin, dass man sie von unten nicht sehen konnte und sah ängstlich herunter in den Stall.
 

In der Dunkelheit erkannte Hinata eine Silhouette, zu klein und zierlich für einen Mann. Ausgeschlossen, dass es Naruto war. Die Frau hob gerade einen Sattel auf den Rücken des Pferdes, das sie aus seinem Stall geholt hatte. Das Tier schien völlig ruhig zu sein, was merkwürdig war, da die Tiere sofort panisch werden würden, wenn sich ihnen ein Fremder mitten in der Nacht näherte.
 

Die Fremde saß auf und öffnete dann die Stalltür. Licht fiel auf die Gestalt und Hinata starrte sie an, als hätte sie sie noch nie gesehen. Warum holte die Erbin Konohas mitten in der Nacht ihr Pferd aus dem Stall? „Tenten-hime?“ Keine Antwort. Tenten war längst durch die Tür verschwunden. So schnell sie konnte, stieg Hinata die Stufen herunter, rannte zum Ausgang und sah nur noch, wie die Nacht die Tochter des Fürsten verschluckte. „Tenten-hime!“, rief sie ihr nach, aber Tenten war längst außer Reichweite.
 

Das Mädchen stolperte auf die Straße. Es war still und es war eiskalt. Der Winter stand kurz bevor. Warum hatte Tenten ihr Pferd geholt? Wollte sie Konoha im Stich lassen? Dachte sie, dass es aussichtslos geworden war? Ehe sie es sich versah, rannte Hinata dem Pferd hinterher. Sie musste Tenten aufhalten.
 

Schon nach wenigen Metern war sie völlig außer Atem – und nur zwei Straßen weiter. Tenten war längst außer Sicht. Hinata keuchte, schlug sich innerlich dafür, sich nicht noch etwas übergezogen zu haben und bemerkte so nicht, wie sie in jemanden hineinrannte. Hinata stieß einen spitzen Schrei aus, der blitzschnell von einer Hand gedämpft wurde, die ihr Gegenüber ihr auf den Mund presste. „Bist du wahnsinnig!“, fauchte eine ihr vertraute Stimme und sie hörte augenblicklich mit den Befreiungsversuchen auf. Die Frau ließ von ihr ab. „Ino?“, keuchte Hinata und lehnte sich an eine Hauswand. Ino nickte und schien dann mit den Augen die Umgebung abzusuchen.
 

„Was ist passiert? Warum ist Tenten-“ Sie brach ab, als sie den traurigen Ausdruck auf Inos Gesicht entdeckte. Die Blonde stemmte die Hände in die Hüften, fast um sich selbst wieder etwas mehr Sicherheit zu geben. Eine Weile schwiegen sie, nur unterbrochen von gelegentlichen Keuchen, das ihrer beider Erschöpfung zeigte. „Sie ist weggelaufen“, murmelte Ino dann, „sie hat… ich habe sie noch nie so gesehen, Hinata, ich bin nicht sicher, was sie vorhat, aber wir müssen sie aufhalten…“ Ino ballte die Hand zur Faust und Hinata sah deutlich, wie unsicher sie sich war, „oder mit ihr gehen…“ - „Was?“, flüsterte Hinata. „Du hast mich schon verstanden“, fuhr Ino sie an, „Tenten-hime ist weg, aber nicht ohne Grund. Weck Naruto und Lee auf, wir treffen uns am östlichen Stadtrand, das ist die Richtung, in die sie geritten ist.“ Hinata nickte schnell, wohl wissend, dass Ino keine Ablehnung dulden würde. So schnell sie konnte, rannte sie zurück zum Stall. Sie musste es schaffen, nicht noch einmal wollte sie spüren, wie jemand, der ihr wichtig war, einfach so verschwand. Neji hatte sie gehen lassen, entgegen besseren Wissens. Tenten würde sie nicht gehen lassen, sie würde mit ihr gehen…
 

.

.

.
 

Tenten sah auf das schlafende Konoha hinab. Alles war vollkommen friedlich und sie merkte, dass auch etwas in ihr selbst zur Ruhe gekommen war. Die Verzweiflung war zwar immer noch in ihr, aber es fühlte sich nicht mehr so nah an, als wenn irgendetwas es abdämpfte. Ein einziger Gedanke war in ihr, so stark, dass sie an nichts anderes mehr denken konnte. Endlich hatte sie wieder eine Aufgabe, einen Grund da zu sein und diesmal würde sie nicht scheitern. Ihre Trauer war stark, aber dieses Neue überschattete es um ein Vielfaches.
 

Ich bin bei dir. Es war nichts weiter als ein Traum gewesen, aber er war stärker als jeder der Versuche Außenstehender sie wachzurütteln. Wenn er doch nur wahr sein könnte… Innerlich schlug sie sich bei diesem Gedanken. Sie war selbstsüchtig und egoistisch gewesen, hatte nicht begreifen wollen, dass das Leben auch ohne ihn weiter ging und erst im letzten Moment hatte sie begriffen, was wirklich wichtig war. Was sie tun musste. Vielleicht würde sie nicht zurückkommen. Vielleicht war dies das letzte Mal, dass sie ihr Zuhause sah und vielleicht würde sie sterben, genau wie Neji. Aber zum ersten Mal tat sie etwas, das richtig war. Etwas, das schon längst getan hätte werden müssen.
 

Sie hatte sich von niemandem verabschiedet, fiel ihr dann ein. Aber würde sie jemand vermissen, nicht nur, weil sie die Tochter des Fürsten war? Tenten seufzte. Sie wusste es nicht, aber sie hoffte, dass ihr Vater ihr irgendwann verzeihen konnte. Er musste denken, dass sie vor der arrangierten Ehe davonlief und nicht etwas tun wollte, das sie alle retten konnte. Würde er sie für eine Verräterin halten?
 

Tenten konnte nur daran denken, dass es noch nicht vorbei war. Es war nicht zu spät… Würde Ino sie vermissen? Hinata? Beide waren auf eine merkwürdige Weise plötzlich zu ihren Freundinnen geworden und so fühlte sie Reue, als sie daran dachte, sie ohne ein Wort zurückzulassen. Würde Sarutobi-sensei verstehen, warum sie ging? Hoffnung… Tenten verstand, was er gemeint hatte, aber gleichzeitig war in ihr die Angst vor dem, das kommen mochte. Die Chance, dass man sie tötete, wenigstens gefangen nahm, war nahezu höchstwahrscheinlich. Es gibt keine Hoffnung, keinen Mut ohne Angst. Sie hätte nicht sagen können, woher der plötzliche Gedanke gekommen war, aber sie musste sich eingestehen, dass es sie etwas beruhigte.
 

Fühlte sich so ein Krieger, der vor seiner ersten Schlacht stand und nur die Optionen Tod oder töten zur Auswahl hatte? Hatte Neji sich so gefühlt? Tenten umschloss den Griff Amaterasus und schlang den Mantel, den sie über ihrer Trainingskleidung trug, enger um sich. Ein paar Lichter waren noch in der Stadt zu sehen, ihr Pferd scharrte nervös mit den Hufen. Sie hatte Lebensmittel und Kleidung, die für etwa zwei Wochen reichen würden, aber wo sollte sie anfangen zu suchen? Ihre Suche konnte sie durch das ganze Land führen. Für einen Moment war da wieder die Unsicherheit, das flaue Gefühl im Magen und die Angst vor der Ungewissheit. ‚Ja’, entschied Tenten dann, ‚es musste sich genauso anfühlen’. Aber diesmal würde sie den Dingen nicht einfach ihren Lauf lassen. Diesmal war sie es, die die Dinge lenkte, diesmal würde sie kämpfen.
 

„Tenten-hime?“ Erschrocken drehte Tenten sich um. Ino stand hinter ihr, offensichtlich sehr erschöpft. Sie musste den ganzen Weg gerannt sein. Aber wenn sie hier war, dann hieß das, dass man ihre Flucht bereits entdeckt hatte. Die Soldaten ihres Vaters mussten schon nach ihr suchen. „Was tust du hier, Ino?“ Sie konnte nicht verhindern, dass ihre Stimme leicht unsicher klang. „Dasselbe könnte ich Euch auch fragen, Tenten-hime“, gab ihre Dienerin zurück, „warum… warum seid Ihr fortgelaufen?“, fügte sie dann hinzu.
 

Tenten sah sie an. Das blonde Haar fiel ihr strähnig ins Gesicht und ihre Augen blickten sie verzweifelt, verständnislos an. Es war wie ein Stich in ihr Herz Ino so zu sehen, noch immer um sie besorgt, selbst, wenn sie allen den Rücken kehrte und sie zurückließ. Tenten bemerkte wie Inos Blick über ihre Kleidung und über das Schwert an ihrer Hüfte huschten und sich ihre Augen in Unverständnis weiteten. „Du kannst mich nicht aufhalten, Ino“, sagte Tenten. Ihre Hand lag auf dem Griff Amaterasus, mit der anderen hielt sie ihr Pferd am Halfter fest. Ino starrte noch immer auf das Schwert, dann wanderte ihr Blick zu Tentens Gesicht. Erst zögerte sie, dann trat sie einen Schritt auf Tenten zu und die Erbin Konohas konnte nicht anders, als ihren Mut und ihre Treue zu bewundern. Zuvor waren sie durch die Tore Konoha-Gakures getrennt gewesen, aber jetzt überschritt Ino die Grenze und kam auf sie zu. Tenten empfand es fast wie das Zurücklassen ihrer ganzen Welt.
 

„Ich werde Euch nicht aufhalten, wenn dies Euer Wunsch ist, Tenten-hime“, sagte Ino und Tenten hörte aus diesen Worten ihre innere Stärke heraus, die ihr noch nie so sehr wie in diesem Moment imponiert hatte. „Ich habe all die Zeit gesehen, wie Ihr gelitten habt“, fuhr sie fort, „so kurz davor aufzugeben… aber jetzt…“ Sie kam zwei Meter vor Tenten zum stehen. „Aber jetzt habt Ihr ein Ziel, ich werde Euch nicht im Stich lassen. Wenn es nötig wäre, würde ich mein Leben für Eures geben. Ich lasse Euch nicht gehen, … nicht allein, Tenten-hime.“ Tenten sah sie an und sah sie mit völlig anderen Augen. Erfolglos versuchte sie zu verbergen, wie gerührt sie war. „Ich habe dir doch gesagt, dass du mich nicht Tenten-hime nennen sollst“, wisperte sie, „ich bin deine Freundin Ino, ich bin Tenten, nichts weiter.“
 

Ino sah sie an und zaghaft breitete sich ein Lächeln auf ihrem Gesicht aus und Tenten fragte sich, ob auch sie an die vielen Male dachten, da sie über dieses Thema gesprochen hatten. Tentens Blick wanderte über die wenigen Lichter der Stadt, die in der Finsternis so golden glitzerten wie Inos Haar. Nie hatte es eine Zeit ohne sie gegeben, Ino war immer da gewesen und erst jetzt wurde Tenten klar, wie viel ihr das bedeutet hatte. Aber sie… sie konnte Ino doch nicht wohl wissend dieser Gefahr aussetzen. „Ich-“ Huftrappeln unterbrach sie und dann stürzten drei Pferde durch das Stadttor Konohas. Auf zweien saßen Reiter, der Rücken des dritten war leer. Erschrocken wich Tenten in die Schatten zurück, sodass man ihr Gesicht nicht sofort erkennen konnte. Die Tiere waren nur noch wenige Meter entfernt und dann brachten die Reiter sie sanft zum Stehen. Totenstille lag über der gesamten Szenerie und Tenten konnte ihren eigenen Herzschlag hören.
 

„Ino?“ Tentens Herz machte einen Satz, das waren keine Soldaten, das waren… „Lee? Hinata?“, fragte Ino zurück und als sie näher kamen, erkannte auch Tenten die beiden. Hinata war bleicher als sonst, schien verunsichert und schob sich immer wieder nervös eine Strähne aus dem Gesicht.
 

„Na endlich!“, rief Lee erleichtert, „ich dachte schon, wir müssen noch länger in dieser Dunkelheit herumirren.“ - „Ich bin sicher, Hinata hat genau gewusst, wo wir uns treffen wollten, nur du warst mal wieder zu blöd gleich auf sie zu hören“, fauchte Ino zurück. „Wir hatten ein paar Schwierigkeiten und nur meinen Einfällen ist es zu verdanken, dass wir überhaupt ungesehen da hindurch kamen.“ -„Natürlich“, fertigte Ino ihn ab, ohne ihn ernst zu nehmen und wandte sich dann Hinata zu: „Wo ist Naruto?“ Mit einem Schlag wich alle Farbe aus Hinatas ohnehin schon fast weißem Gesicht und Tenten erkannte, dass sie zitterte.
 

„Hinata?“, flüsterte Tenten und mit einem Schlag lag die gesamte Aufmerksamkeit wieder bei ihr. Hinata schrak zusammen und Lee starrte sie voller Verblüffung an. Peinlich berührt wandte Tenten die Augen ab, nachdem sie realisiert hatte, dass Hinata und Lee ihre Kleidung, das Gepäck und Amaterasu anstarrten. „Tenten-hime.“ Hinatas Stimme war noch zarter als sonst und in der Dunkelheit war sie fast unhörbar. Auf einmal fiel Tenten auf, dass auch Hinata in Reisekleidung gekleidet war und dass ihr Pferd Taschen trug in denen höchstwahrscheinlich Lebensmittel waren.
 

„Wo ist Naruto?“, zischte Ino schließlich durch die Stille, packte Lee am Kragen und achtete nicht auf Hinata oder Tenten, „Hinata sollte euch doch beide mitbringen.“ - „Das hat sie auch“, erwiderte Lee, „aber es war nicht so leicht wie du glaubst. Irgendwann auf der Hauptstraße haben uns Soldaten verfolgt, sie müssen gewusst haben, dass Tenten abgehauen ist.“ Tenten zuckte unter der Direktheit seiner Worte zusammen und musste ihm im Inneren ihres Herzens Recht geben. Das, was sie tun wollte, musste getan werden. Aber es war nicht der einzige Grund. Das, was sie tat, war im Grunde nichts mehr als eine einfache Flucht. Flucht vor einer arrangierten Ehe, an der sie zugrunde gehen würde. Flucht vor ihren Gefühlen, an denen sie zerbrechen würde, wenn sie noch länger untätig blieb.
 

„Naruto hat gesagt, dass er sie aufhält“, fuhr Lee fort, „Er-“ - „Naruto wird nachkommen.“ Hinatas Stimme zitterte, aber Tenten erkannte trotz allem ihren tiefen Glauben in diesen Gedanken und ihr Vertrauen in Naruto. Oder war das nur ein letzter Faden, an den sie sich klammerte? „Dann habt ihr ihn zurückgelassen?“, fragte Ino und mit einem Mal war da mehr Ernst in ihrer Stimme, vermischt mit einer Abgestumpftheit, die Tenten noch nie bei ihr gehört hatte. Es schnürte ihr die Kehle zu. „Er wird nachkommen“, sagte Hinata abermals.
 

Ino ließ Lee los. „Dann haben wir keine Wahl“, erklärte sie kurz angebunden, „wir müssen sofort aufbrechen, oder sie finden uns.“ Alle Augen lagen wieder bei Tenten. Sie sahen sie erwartungsvoll, hoffnungsvoll an, mit dem Glauben daran, dass sie einen Ausweg gefunden hatten. Tenten schauderte und wünschte sich, dass sie ihnen nicht sagen müsste, dass dieser Weg vermutlich in die Hölle führte. „Ich kann euch nicht mitnehmen.“ Verständnislos sah Ino sie an. „Natürlich, wir lassen Euch nicht im Stich.“ - „Es geht nicht darum, dass ihr mich im Stich lasst, Ino“, erwiderte Tenten, „wenn ihr mit mir kommt, kann es sein, dass ich euch…“, sie schluckte, „gezwungen bin, euch im Stich zu lassen.“
 

Stille. Ein Pferd wieherte, Hufe scharrten über den Boden und dann war Lee auf einmal direkt vor ihr, drückte Ino das Halfter des zweiten Pferdes in die Hand und sah sie direkt an. Sein Blick war anders. Zu dem gewohnten Enthusiasmus war Ernst hinzugekommen und als er sprach, fühlte es sich an, als würde auch beides in seiner Stimme sein. Verrücktheit und das Wissen, was er tun musste. „Glaubst du wirklich, dass ich mitten in der Nacht aufstehe, durch die halbe Stadt hetze und dann noch gesagt bekomme, dass ich wieder gehen kann? Hältst du mich für so schwach, Tenten, Tochter Mao-Chéngs, dass ich mich nicht selbst verteidigen kann?“
 

Sie wich seinem Blick aus und wusste doch, dass sie ihn nicht umstimmen konnte. „Tenten-hime“, sagte Hinata, „ich habe Neji verloren, ich lasse nicht zu, dass ich auch noch Euch verliere. Ihr habt mir immer geholfen und jetzt“, ihr Stimme zitterte doch zum ersten Mal ließ sie sich nicht beirren und überwand ihre Schüchternheit, „helfe ich Euch.“ Ino verschränkte die Arme. „Wir lassen Euch nicht allein gehen, Tenten-hime.“ - „Genau“, warf Lee ein, wir folgen Euch überall hin“, er grinste, „selbst, wenn es die Hölle ist. Schlimmer kann es sowieso nicht mehr werden.“
 

Tenten sah sie an, ihr Blick wanderte von Inos sturem Gesichtsausdruck zu Hinata, die sie entschlossen ansah und zu Lee, der enthusiastisch die Faust in die Luft gestoßen hatte. Freunde… Tränen traten ihr in die Augen und sie wusste, dass sie immer zu ihr halten würden. Sie würden ihr folgen, egal ob es ihr Tod sein würde oder nicht. Noch nie hatte jemand etwas Vergleichbares für sie getan. Sie spürte, wie ihr Herz direkt unter den beiden Hälften des Yin und Yang pochte, sie hörte Nejis Worte, die er zu ihr im Traum gesprochen hatte. Ich bin bei dir. Ino, Hinata, Lee und auch Naruto ließen sie nicht gehen. Auch sie würden bei ihr bleiben, egal was auch kommen mochte. Und Tenten fragte sich, wann ihre Freundschaft so stark geworden war.
 

Die Sonne ging auf, blendete sie alle und tauchte den Horizont in blassrosafarbenes Licht. Tenten sah sie nach einander an. „Ihr wollt wirklich mit mir kommen?“, fragte sie noch mal und keiner von ihnen zögerte mit einer Antwort. Lee brüllte seine Zustimmung, Hinata nickte ernst und Ino lächelte triumphierend.
 

Die Erbin Konohas drehte sich dem Licht entgegen, eine Hand am Griff Amaterasus. Irgendwo in der Ferne hörte sie, wie die Stadt erwachte. Irgendwo dort waren die Soldaten. Naruto. Ihr Vater. Und Orochimaru. Sie ließ sie alle zurück, denn sie hatte den einzigen Ausweg gefunden. „Ich beabsichtige Konoha zu retten“, sagte Tenten, „ich werde zu den Rebellen gehen.“
 

~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~
 

Ich weiß, dass ich lange nichts mehr hochgeladen habe, obwohl ich gesagt habe, ich versuche für jeden Monat was zu schreiben... - tja hat irgendwie nicht hingehauen *drop* Dafür erreicht dieses Kapitel mal wieder eine Länge, die ich so eigentlich nicht geplant hatte, aber das kennt ihr ja jetzt schon ^^
 

Ich muss sagen Decision (Entscheidung) ist eins meiner Lieblingskapitel. Es zeigt wie Tenten beinahe an Nejis Tod zerbricht, dann wie sie erstmals anfängt zu ahnen was wichtig ist und was es bedeutet die Erbin Konohas zu sein. Dann der Konflikt mit ihrem Vater (Dachtet ihr es könnte nicht mehr schlimmer kommen? *muhahahaha*) und Mao-Chéng wusste alles... Habt ihr wirklich gedacht, der bemerkt das nicht? Na ja, dann gab es dramatische-Romantik, wenn man es denn so nennen darf und dann natürlich den Freundschaftspart und den Teil, wo ihr jetzt endlich meine nächsten Kapitel erahnen könnt *muhahahaha* Die Rebellen lasse ich doch nicht unter den Tisch fallen, Leute XDD
 

Gebatet hat dieses Mal Knispell. Vielen Dank dafür ^^
 

Ach ja, vielleicht möchtet ihr ja mal in eine neue andere FF von mir hereinschauen: Nachtfalter

http://animexx.onlinewelten.com/fanfiction/226716/
 

Über Kommentare würde ich mich sehr freuen ^^
 

hel

moony

~ Kapitel 23: Search ~

~ Kapitel 23: Search ~
 

Naruto holte sie nicht ein. Nicht nach zwei Tagen und auch nicht an dem danach. Es war, als wäre er vollständig vom Erdboden verschluckt. Vielleicht trug auch die einsame Gegend zu diesem Eindruck bei, aber Tenten wusste, dass da trotzdem noch immer dieses bohrende Gefühl in ihnen war. Das Gefühl, dass ihnen sagte, dass ihm etwas passiert war. Oder dass er ihnen wirklich nicht folgte.
 

Doch das war ihre geringste Sorge. Tenten bereute ihre Entscheidung nicht die Rebellen aufsuchen zu wollen, aber es war etwas völlig anderes es zu wollen, es aber nicht zu können. Niemand wusste schließlich, wo sie sich aufhielten, wo ihre Treffpunkte waren, geschweige denn ihr Stützpunkt. Und sie merkte, dass auch die anderen nicht einfach blind an ihrer Ahnungslosigkeit vorbeisahen, selbst, wenn sie nie etwas anmerkten. Tenten wusste nicht genau, wohin sie gingen; sie hatte keine Ahnung, wo sie anfangen sollten zu suchen und so waren sie einfach immer weitergegangen.
 

Alles was sie wusste, war, dass sie in Richtung Norden gingen. Und jeden Tag wurde es eine Spur kälter. Es war schierer Wahnsinn vor dem kommenden Winter aufzubrechen, wenn die Pässe unbegehbar wurden, aber Tenten wusste auch, dass sie keine Wahl hatten. Der Winter würde den Krieg aufhalten, aber in der Zwischenzeit würden auf beiden Seiten Pläne geschmiedet werden und wenn der Sommer kam, würde tatsächlich Krieg ausbrechen. Das musste sie auf jeden Fall verhindern, selbst wenn sie bei dem Versuch fast erfror und falls, falls sie die Rebellen wirklich fanden, dann würden sie ohne Zweifel in dessen Versteck festsitzen. Sie fröstelte und zog den langen Mantel noch näher um sich.
 

Ihr Pferd wieherte, riss kurz den Kopf hoch, sodass Tenten es nur noch mit Mühe halten konnte, und anschließend zog sie es wieder hinter sich her. Seit fast zwei Stunden gingen sie zu Fuß, um den Pferden eine Pause zu gönnen. Es war eine harte, unwirtliche Gegend, in die Tenten sich vielleicht nie vorgewagt hätte, wären die Umstände anders gewesen. Wenn sie tatsächlich allein aufgebrochen wäre... Tenten blickte nach rechts und links und war entsetzlich dankbar dafür, dass Ino, Lee und Hinata bei ihr waren.
 

Der Pfad, dem sie folgten, war nicht viel mehr als eine häufig benutzte Route, die Bauern und Reisende mit der Zeit festgetreten hatten. Tenten wusste nicht mal, ob sie auf dem richtigen Weg waren. Norden. Hatte ihr Vater die Rebellen dort suchen lassen? So sehr sie sich auch anstrengte, so wollten ihr all ihre Gespräche bis auf das letzte nicht mehr einfallen. Mao-Chéng hatte nicht häufig mit ihr über die Regierungsgeschäfte gesprochen, er hielt sie für zu jung, zu unerfahren und Tenten wusste, dass ihm nicht wohl bei dem Gedanken war sich seiner Tochter, einer Frau, anzuvertrauen, geschweige denn um Rat zu fragen.
 

Früher, so erzählte man, hatten sich die Rebellen in der Nähe der Silberminen aufgehalten, aber jetzt waren diese verlassen und nichts deutete mehr auf irgendeine Zivilisation hin. Ihr drehte sich der Magen um. Was, wenn sich der Ausweg, den sie suchte, als Sackgasse entpuppte?
 

„Irgendwann müsste jetzt eine Straße kommen“, murmelte Ino und riss Tenten aus ihren Gedanken, „da gibt es ein Dorf habe ich gehört. Vielleicht erfahren wir da etwas.“ Tenten nickte dankbar und Lee funkelte sie begeistert an. „Na endlich! Wir hätten den Weg zu Fuß gehen sollen, ich bin schon total erledigt wegen dieser ganzen Reiterei!“ „Das ist hier kein Vergnügungsausflug, du Depp“, knurrte Ino. „Außerdem“, fuhr sie fort, „müsstest du von uns allen am ausdauernsten sein. Aber nein, der Herr meint wohl, dass wir den Weg im Dauerlauf zurücklegen sollten! Hast du schon mal an uns gedacht?“ Lee starrte wütend zurück und setzte zu einer bösen Erwiderung an, aber Tenten unterbrach sie, bevor der Streit ausbrechen konnte. „Ich bin sicher, da kommt gleich die Straße, Ino“, sagte sie und drängte sich zwischen beide. „Lee hat das sicher nicht böse gemeint und wir wissen doch alle, wie ausdauernd er ist.“ Lee strahlte, stieß die Faust in die Luft und saß auf seinem Pferd auf, das erschrocken wieherte. „Dann lasst uns den Weg in der Hälfte der Zeit zurücklegen, meine Freunde!“, rief er und kurze Zeit später war nur noch eine Staubwolke von ihm zu sehen. Ino schüttelte den Kopf. „Ich werde ihn nie verstehen“, murmelte sie.
 

Tenten sah Hinata an. Hinata lächelte zaghaft und beide tauschten einen wissenden Blick. Lee mochte zwar komisch sein, aber tief in ihrem Herzen mochte selbst Ino ihn. Irgendwie. „Wir sollten ihm folgen“, sagte Hinata sanft, woraufhin Tenten und Ino wieder auf ihren Pferden aufsaßen und hinter Lee her ritten.
 

Es musste Mittag sein, als sie endlich die Straße fanden, die sie gesucht hatten. Der Weg schien zwar nicht häufig benutzt zu werden, aber er war doch um ein Vielfaches fester als der Trampelpfad, dem sie durch den Wald gefolgt waren. Doch trotz allem begegneten sie keiner Menschenseele, was Tenten gerade recht war. „Tenten-hime, niemand darf wissen, wer Ihr seid“, sagte Ino als hätte sie ihre Gedanken gelesen. Tenten nickte nur. Das hatte sie schon die ganze Zeit gewusst, denn wenn man herausfand, dass sie verschwunden war, würde erst recht Chaos ausbrechen. Niemand durfte wissen, wer sie war und auf eine eigenartige Weise fühlte sie sich erleichtert. Ihr Herz wurde leicht, als sie begriff, dass sie zum ersten Mal unerkannt sein würde und die Menschen sie erstmals nur als sie selbst ansehen würden. Ino warf ihr einen verwirrten Blick zu, als sie merkte wie Tentens Gesicht sich aufhellte. „Wir müssen trotzdem vorsichtig sein“, fügte sie hinzu. Tenten sah sie an, konnte sich aber ein winziges Lächeln nicht verkneifen. „Ich weiß“, erwiderte Tenten, „aber es fühlt sich … richtig an den Menschen nicht mit einer Maske entgegen treten zu müssen.“ Ino schien noch verwirrter. „Aber ist Eure jetzige Rolle nicht eine Maske?“ – „Wo bleibt ihr denn?“, brüllte Lee und schnitt Tenten das Wort ab, bevor sie auch nur etwas sagen konnte.
 

„Wir kommen!“, rief Tenten zurück und schloss zu Hinata und Lee auf. Als sie sich zu Ino umdrehte, sah sie, dass sie ihr folgte. Ihr Gesicht hatte eine Mischung aus Missbilligung und Amüsement angenommen und Tenten machte diese kleine Geste viel glücklicher als es jede Aufmerksamkeit eines Dieners gekonnt hätte.
 

„Dahinten sind Häuser“, sagte Hinata, die neben ihr ritt. Tenten sah auf die Pferde von Hinata und Lee. Sie hatten ihr nie erzählt wie sie ihr in der Nacht tatsächlich gefolgt waren. Hinata und Lee mussten die Pferde aus dem Stall gestohlen haben und Naruto… Ja, was war mit ihm? Der Gedanke, dass ihm etwas wegen ihr zugestoßen war… war unerträglich. Tenten wollte nicht, dass irgendjemanden etwas passierte, bevor sie auch nur die Chance hatte die Dinge richtig zu machen.
 

„- hime! Tenten-hime, hört Ihr mir zu?“ Tenten schrak aus ihren Gedanken und sah sich kurz orientierungslos um. Hinata bedachte sie mit einem besorgten Blick. „Tut mir leid“, murmelte Tenten, „ich war in Gedanken. Was hast du gesagt?“ „Wir sind gleich da“, wiederholte Hinata und brachte ihr Pferd dazu seinen Schritt zu verlangsamen. „Und wir werden aus denen schon herauskriegen, wo sich diese verdammten Feiglinge verkrochen haben!“, brüllte Lee dazwischen. „Wenn du noch lauter rumschreist, haben sie dich vorher abgestochen!“, fauchte Ino zurück und brachte ihn erstmals seit einer halben Ewigkeit zum Schweigen.
 

Murrend ritt Lee langsamer. Ohne auf ihn zu achten drehte Ino sich zu Tenten um. Besorgnis im Blick. „Vielleicht wäre es besser, wenn Ihr nicht mitkommt, Tenten-hime.“ Tenten starrte sie an, zügelte dann ihr Pferd, das schnaubend stehen blieb. Als die anderen bemerkten, dass sie ihnen nicht folgte, taten sie es ihr nach. Stille bereitete sich aus. „Du willst, dass ich euch alleine gehen lasse?“ Ino nickte. „Es wäre weniger gefährlich, unauffälliger.“ Sie warf einen Seitenblick auf Lee, „Lee sollte bei dir bleiben.“ – „Was soll das denn heißen?“, warf Lee dazwischen. Die Blonde sah ihn nicht an. „Du bist nicht unauffällig“, knurrte Ino dann. „Aber es ist auch gefährlich, wenn ihr nur zu zweit seid“, argumentierte Tenten, „wir gehen alle.“ – „Aber-“ Tenten zog ihren Mantel näher an sich heran, löste ihre Haare, die ihr elegant den Rücken herunterfielen und zog sich dann die Kapuze über den Kopf. Die anderen starrten sie an, als hätten sie sie noch nie gesehen. Tenten vergewisserte sich noch einmal, dass Amaterasu unter dem Umhang nicht zu entdecken war. „Man wird mich nicht erkennen“, sagte Tenten, „lasst uns gehen.“
 

Ino seufzte und folgte ihr schließlich. Hinata lächelte Lee zaghaft an, worauf ihr dieser ein breites Grinsen schenkte. Dann stiegen auch sie ab und folgten Ino und Tenten zu Fuß. Nach dem stundenlangen Ritt mitten durch karges Land war es beinahe befreiend in eine bewohnte Gegend zu kommen. Nach und nach kamen ihnen immer mehr Menschen auf der Straße entgegen. Bauern, die einen Teil der Ernte verkauften, Kaufleute und Familien, die in eine andere Stadt unterwegs waren.
 

Der Himmel war grau, fast zu dunkel und sorgte für eine düstere Atmosphäre, sodass sie nie jemand ansprach. Tenten konnte sich nicht so recht entscheiden, ob das gut oder schlecht war.
 

Gegen späten Nachmittag kamen sie in einem kleinen Dorf an. Es kam nicht an die Größe Tanzakugais heran, der Stadt mit den vielen Vergnügungsvierteln, der Stadt in der sie Sakura Haruno getroffen hatten. Nicht an große Städte wie Ame-Gakure, Kiri-Gakure, Suna-Gakure oder die Hauptstadt Konoha-Gakure, nicht an ihre Schönheit, die Legenden oder das Kulturerbe. Trotzdem war in dieser Ansammlung von Häusern etwas eigenartig Vertrautes. Hinter manchen Fenstern brannte noch Licht und Tenten fragte sich, ob dort Familien zu Abend aßen, ob Väter ihren Kindern Geschichten erzählten, oder ob Liebende einander ewige Treue schworen. Vielleicht verabschiedeten sich auch die Soldaten ihres Vaters von ihren Familien, denn so weit Tenten wusste, wollte ihr Vater so bald wie möglich alle kampffähigen Männer in den Kriegsdienst einbeziehen. Zum Wohle des Landes. Tenten wollte nicht weiter darüber nachdenken.
 

„Habt Ihr vielleicht ein bisschen was zu spachteln für mich, Frau?“ Tenten blickte sich erschrocken um, nur um festzustellen, dass ein Mann ihren Umhang umklammert hielt. Er hatte eine Halbglatze und das übrige Haar begann sich schon zu lichten. Seine Fingernägel waren gelblich und ihm fehlten ein Dutzend Zähne, weswegen er sie schief angrinste. Noch nie zuvor war sie in einer vergleichbaren Situation gewesen. Er zog kräftiger an ihrer Kleidung und die Kapuze rutschte ihr herunter. Ino und Hinata waren stehen geblieben und sahen sich erschrocken nach ihr um. Lee schien nichts bemerkt zu haben. „Na? Habt Ihr was für mich? Ne’ zarte Frau wie Ihr wird einem armen Kerl wie mir doch sicher einen Brotkanten geben, nicht wahr?“, fragte der Bettler. „Wir müssen weiter, Tenten-hi-, Tenten“, rief Ino aus der Ferne, doch Tenten rührte sich nicht. „Tenten?“, lachte der Bettler auf einmal, „da heißt Ihr ja genau wie die Tochter des Fürsten, dieser elendige Verräter! In der Hauptstadt stärkt er die Armee, reißt Familien auseinander und wird uns noch alle ins Unglück stürzen! Als hätte es nicht gereicht, dass er die Hyuga…“ – „Er weiß nicht was er redet, Tenten! Komm, wir müssen weiter!“ Inos Stimme war ganz klar die Panik anzumerken und jetzt waren auch ein paar Passanten auf sie aufmerksam geworden, die die Szene neugierig verfolgten oder sich mit der Verrücktheit des Alten nur die Zeit vertrieben. „Und erst die Rebellen, diese elenden Hurensöhne, denken sie wären die Retter des Volkes, dabei sind sie auch nichts weiter als Mörder, die uns alle abschlachten werden!“ Er drehte sich in Richtung seines Publikums und grinste breit, wobei er seine vielen Zahnlücken offenbarte. „Ja, guckt nur!“, grölte er, „sie werden kommen und dann können wa’ sehn wo wa’ bleib’n. Sie werden eure Frauen nehmen und den Männern die Herzen herausschneiden und eure Köpfe auf Pfeiler spießen!“ Seine Stimme wurde weinerlich. „Sie haben mir meine kleine Yumi-chan genommen.“ Spätestens jetzt hatte sich eine gewaltige Masse an Schaulustigen versammelt, die den Alten wie eine Attraktion anstarrten und ihm herablassende Kommentare zuriefen. Tenten war mehr als froh, dass sie sich der Öffentlichkeit nie mit offenen Haaren gezeigt hatte, nie die Kleidung getragen hatte, die deutlich schlichter als ihre sonstige Garderobe war. Und selbst für die wenigen Reisen, die sie durch Konoha unternommen hatte, war sie dankbar. Die Leute erkannten sie nicht. Jetzt war sie einfach nur eine Frau, die der Alte anbettelte. „Tenten, wir müssen weiter“, sagte Ino eindringlich, als sie schließlich bei ihr ankam. Ino packte sie am Arm und versuchte sie mit sich zu schleifen, doch Tenten ließ es nicht geschehen. „Warte“, sagte sie bedächtig, „er hat etwas von den Rebellen erwähnt… vielleicht weiß er etwas.“ – „Er ist verrückt, Tenten-hime. Vielleicht ein Deserteur“, flüsterte Ino zurück, „sie hassen jede Art von Regierung.“ „Lass es mich versuchen, Ino“, bat Tenten und die Blonde verdrehte kurz die Augen. „In zwei Minuten sind wir hier weg. Ihr habt bereits zu viel Aufmerksamkeit auf Euch gezogen, Tenten-hime.“
 

„-und die Krähen werden euch die Augen aushacken und damit ihre Jungen füttern.“ Der Alte grölte immer noch und schien Tenten vergessen zu haben, obwohl er sie immer noch am Umhang gepackt hatte. „Herr“, der Mann blickte nicht einmal auf. Tenten kniete sich hin und rüttelte ihn an der Schulter. „Herr“, sagte sie noch mal, „die Rebellen. Wisst Ihr irgendwas über sie?“ Endlich drehte der Alte ihr seinen Kopf zu. „Hä? Die Rebellen? Seid Ihr etwa auch eine von denen?“ Tenten schauderte. Die Situation nahm ungeahnte Ausmaße an, die sie nicht erwartet hatte. „Nein… ich, ich gebe Euch etwas dafür.“ Der Mann blickte mit glasigen Augen zu ihr hoch: „Was wollt’n Ihr mir geben, Frau? Etwa den prächtigen Gaul, oder nen’ Schatz“, er kicherte, „oder Eure Unschuld, so eine zarte Frau.“ –„Das reicht!“ Ino starrte ihn und wollte Tenten von ihm wegziehen, doch Tenten löste ihre Hand von ihrer Schulter. Sie griff in ihre Tasche und holte zwei Münzen heraus. Sie öffnete die Hand des Mannes und legte sie hinein; für einen Moment spiegelte sich die Sonne auf dem Gold und der Alte starrte sprachlos auf das, was er erhalten hatte. Dann steckte er eine in den Mund und biss zu, ein Zahn kam auf dem Boden auf. Er verzog keine Miene.
 

„Sie kommen direkt aus der Hölle“, flüsterte er, seine Augen waren geweitet und urplötzlich schien er etwas zu sehen, das ihm ungeheure Angst zu machen schien. „Wisst Ihr, wo sie sind?“, bohrte Tenten nach. „Er ist der Teufel“, flüsterte der Bettler, „hat einen halben Trupp im Alleingang ausgelöscht, als ich noch unter dem Fürsten gedient habe.“ Tenten war verwirrt. Redete er über Sasuke Uchiha oder den Anführer der Rebellion oder über jemand ganz anderen. „Wen meint Ihr? Sasuke Uchiha?“ Er schüttelte den Kopf. „Er ist der Teufel“, wiederholte er, „meine arme Yumi-chan“, murmelte er dann. Tenten zerrte an seinem Griff und mit einem Mal wurde der schwach und die dürre Hand fiel in den Staub. Der Alte atmete schnell, starrte sie glasig an und fragte in einer seltsam melodischen Stimme: „Habt Ihr nen’ bisschen Brot?“
 

Tenten trat einen Schritt zurück und diesmal ließ sie sich widerstandslos von Ino mitschleifen. Erst als sie Hinata und Lee erreichten, die in einer Nebenstraße warteten, war Tenten wieder etwas leichter zumute. Die Begegnung hatte sie mehr aufgerüttelt als sie geglaubt hatte. Schwer atmend blieb sie vor den anderen stehen. „Ich habe eine Kneipe gefunden, Tenten-hime“, sagte Lee, der eilig einen Blick mit Hinata tauschte. „Seid Ihr verletzt, Tenten-hime?“, flüsterte das schüchterne Mädchen und machte Anstalten sich dessen zu vergewissern. Tenten schüttelte den Kopf. „Nein, Hinata… nur durcheinander.“ „Der war verrückt, Tenten-hime“, sagte Ino und in ihrer Stimme klang deutlich ihr Ärger mit. Tenten sah sie direkt an. „Nein, er wusste etwas, Ino, aber er hatte zu viel Angst irgendetwas zu sagen.“ Ino gab ihr einen sehr skeptischen Blick. „Aber-“ „Ich habe eine Kneipe gefunden“, unterbrach Lee sie nochmals, offensichtlich nicht damit einverstanden einfach ignoriert zu werden. Hinata, Lee und Tenten drehten sich gleichzeitig zu ihm um. Er grinste. „Man hat mir gesagt, es kommen eine Menge Reisende vorbei. Dort könnten wir die Informationen bekommen, die wir brauchen.“ Das Grinsen wurde breiter und Lee strahlte sie stolz an. „Dann… dann lasst es uns dort versuchen“, gab Tenten sich schließlich geschlagen. Doch noch immer dachte sie an die Sache mit dem Bettler und dem armseligen Anblick, den er geboten hatte. Was hatte sie die ganze Zeit nur getan?
 

~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~
 

Die Kneipe, von der Lee gehört hatte, stellte sich als düstere Spelunke heraus. Schon als sie davor standen, wäre Tenten am liebsten wieder umgekehrt. Das alte, modrige Schild auf dem ein Name stand, den man nicht mehr lesen konnte, hing windschief über dem Eingang und drohte jeden Moment herunterzufallen. Von drinnen konnte man Gelächter hören und Tenten war sich nicht sicher, ob es dabei nur um ehrbare Dinge ging. Sie zögerte. Was, wenn man sie hier erkennen würde? „Ich habe gehört, dass sich hier die Leute treffen“, erklärte Lee, als er ihren skeptischen Blick bemerkte, „an solchen Orten erfährt man immer das, was man wissen muss.“
 

„Wir müssen nicht reingehen, Tenten-hime“, sagte Ino und starrte Lee wütend an. „Wir haben keine Wahl, Ino“, erwiderte Tenten. „Wenn wir nicht gehen, irren wir nur weiter herum.“ Tenten trat einen Schritt auf die Tür zu und drückte vorsichtig die Klinke herunter. Der Lärm nahm um ein Vielfaches zu und auf einmal fanden sie sich in einem engen Raum wieder, der etliche Ecken und Winkel hatte, in denen vermutlich Schwarzmarktgeschäfte oder ähnliches abgewickelt wurden. Die Kneipe konnte in keinem größeren Kontrast zu dem strengen Leben stehen, das Tenten gewohnt war. Die Luft war stickig und die meisten Plätze waren besetzt. Die Wände waren aus grobem Holz, wahrscheinlich illegal im Wald gefällt und ohne fachliche Kenntnis zusammengezimmert. Die Stimmen wurden lauter und dröhnender, aus einer Ecke kam grölendes Gelächter und kurz darauf zerbrach etwas auf dem Boden. Tenten zuckte zusammen. Schnell sah sie nach links und rechts und bahnte sich einen Weg durch das Gedränge. Jemand rempelte sie an und Tenten fiel beinahe hin. „Pass doch auf, dummes Weib!“, blaffte ein Mann, der eine hässliche Narbe über dem Auge hatte. Überrascht sah Tenten ihn an, doch bevor dieser noch etwas sagen konnte, packte sie jemand am Arm und zog sie Richtung Theke. Es war Hinata. „Die einfachste Art und Weise einem Streit auszuweichen ist, es nicht dazu kommen zu lassen, Tenten-hime.“, murmelte Hinata und führte sie sanft in eine kleine Ecke, von der man nicht gesehen werden, aber selbst gut beobachten konnte. Tenten ließ sich auf einer hölzernen Bank nieder, Ino neben ihr und Hinata nahm rechts von ihr Platz, wobei sie sich so still verhielt, dass man sie übersah, wenn man nicht genau wusste, dass sie da war. Für einen Moment dachte Tenten, dass Hinata sich vielleicht am besten von ihnen mit dieser Art von Interaktion auskannte. Tenten und Ino waren nur das Leben im Palast Konoha-Gakures gewohnt und Lee kannte nichts weiter als sein Training und den Ehrgeiz, den jeder Kämpfer besaß. Hinata war anders… Sie war in den untersten Bereichen des Volkes aufgewachsen, hatte kämpfen müssen um zu überleben und lernen müssen, wie sie sich verhalten sollte. Sie war still und schüchtern, was ihr im Dienst des Fürsten ein Nachteil war, aber in der richtigen Welt konnte es nützlicher sein, als Macht und eine scharfe Klinge. Tenten konnte nicht umhin das stille Mädchen zu bewundern, das schlau und sanft zugleich war. Hinata musste wissen, wie sie in der Wildnis oder in großen Städten überleben konnten und Tenten wurde klar, dass jede ihrer Fähigkeiten früher oder später gebraucht werden würden. Sie alle würden nur überleben können, wenn sie zusammenhielten und ihre Fähigkeiten optimal einsetzten. „Was tun wir jetzt?“, flüsterte Ino und sah Tenten fragend an.
 

„Warten“, antwortete Hinata an Tentens Stelle. „Man braucht Geduld und den richtigen Zeitpunkt, um an Informationen zu kommen.“ Hinata faltete schüchtern ihre Hände im Schoß, blickte aber aufmerksam zu den Gästen und Tenten konnte nicht umhin ihr Recht zu geben. Es war sicherer erst einmal zuzuhören, als sofort alle Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen. Lee ließ ein Murren hören, Ino runzelte die Stirn und Tenten folgte Hinatas Blick. Das Licht im Raum war gedämpft, die verwinkelte Kneipe wurde nur von Kerzen beleuchtet und der Himmel draußen wurde immer dunkler. In einer Ecke war ein Streit losgebrochen. Tenten konnte beobachten, wie der eine dem anderen den Becher aus der Hand schlug und dieser ihm dafür einen Kinnhaken verpasste. „Du wagstet net’ noch mal mich zu beleidigen, du dreckiger-“, er benutzte ein Wort, das Tenten das Blut ins Gesicht trieb und sie wandte sich verlegen ab, als der Mann weiter lallte, dann auf der Tischplatte einnickte und schließlich von zwei anderen Männern aus dem Raum geschleift wurde.
 

Ihr Blick huschte weiter durch die Spelunke und blieb an einer Frau hängen, die ein Baby auf dem Arm hatte, das an ihrer Brust saugte. Sie ignorierte die vulgären Kommentare der Männer, die sie mit lüsternem Blick begutachteten. Das Mädchen war jünger als sie und für einen Moment sah Tenten ihr direkt in die Augen. Sie sah nicht weg und Tenten erkannte den Schmerz in ihr, genauso groß wie der ihre und die Stärke in ihren Augen. Dann senkte sie den Blick und sah liebevoll auf ihr Kind herab. Die Frau legte ihren linken Arm um den kleinen Körper, als wenn sie ihr Kind beschützen wollte und kurz bemerkte Tenten auch die Bitterkeit in ihren Zügen und Angst vor all dem, was kommen mochte. Als würde sie spüren, dass Konoha vor einem Krieg stand und sich vor dem fürchtete, was ihr und dem Kind passieren konnte. Tenten sah weg.
 

Am anderen Ende des Raumes drängte sich eine Frau an einen Mann, Gelächter wallte um sie auf. Der Mann packte die Frau, die nur leicht bekleidet war, um die Hüfte und zog sie mit sich in einen Raum, der weiter in das kleine Haus führte. Vorher ließ er drei Münzen auf dem Tresen fallen. Sie verließen die Kneipe, wahrscheinlich um ein Hinterzimmer aufzusuchen, doch bevor die Frau durch die Tür verschwand, sah sie noch mal zurück und Tenten schauderte. Die Augen der Hure waren stahlhart und doch schien sie sich nach einem Fluchtweg umzusehen. Tenten konnte nur vermuten, dass die Situation in Konoha diesen Tribut von ihr gefordert hatte.
 

Neben ihr atmete Hinata gleichmäßig und langsam löste Tenten sich von dem Schauspiel. Lee betrachtete ein altes Schwert an der Wand und Ino stierte zum Tresen herüber, wo ein Mann mit kurz geschorenem Haar einige Sakeflaschen auf die Holzplatte stellte. „Beobachten“, sagte Hinata plötzlich, leise zwar, aber doch so abrupt, dass sie Tenten damit überrumpelte. Hinata sah ihr kurz in die Augen und Tenten erkannte darin Nejis Augen. Die Augen, die sie nie mehr sehen würde. Hinata schien ihr Unbehagen zu spüren und schaute weg. „Beobachten“, flüsterte sie und auch ihre Gesichtszüge wurden traurig, „Neji hat immer gesagt, dass das am wichtigsten ist. Beobachten und unsichtbar sein.“ Die Tochter des Fürsten sah sie an. Tenten dachte daran, wie Neji und Hinata in ihr Leben geraten waren. So viel hatte sich verändert und in ihren Herzen wussten sie beide, dass nichts mehr so werden würde wie zuvor. Einmal mehr spürte sie den Stich in ihrem Herzen, als sie an ihn dachte. Aber Neji hätte gewollt, dass sie weiterging, nie stillstand und einen Weg fand Frieden zu schaffen. „Aber wir können nicht länger unsichtbar sein.“, antwortete Tenten und sie beide wurden still.
 

Eine Flamme flackerte und an der gleichen Stelle flimmerte die Luft. Etwas daran weckte Tentens Aufmerksamkeit und sie sah irritiert in die Richtung. Die Kerze brannte völlig normal, als wäre nichts geschehen, aber auf einmal war da Vorsicht in ihr. Etwas in ihr war plötzlich hellwach und ihr Gefühl schrie beinahe, dass sie sich in höchster Gefahr befanden. In einer Ecke saß ein Mann. Er war schlank, athletisch und deutlich besser gekleidet als die meisten Besucher hier. Sein rabenschwarzes Haar war kurz und sein Gesicht lag im Schatten. Der Kimono, den er trug war schwarz, an einigen Stellen mit weinrot arrangiert, was ihm ein erhabenes Auftreten verlieh. Der Fremde griff an seine Hüfte und Tenten schauderte, als sie seine Hand auf einem Schwertgriff liegen sah. Sie sah genauer hin und atmete kurz auf. Ein Schwert. Er war kein Samurai, wenngleich er trotzdem gefährlich war. In diesem Moment sah er auf und seine Augen bohrten sich in ihre. Kurz schien er überrascht, doch dann wich die Überraschung in seinem Gesicht einem belustigten Grinsen, das Tenten nicht deuten konnte. Es war, als würde er direkt in ihre Seele sehen. Wusste er, wer sie war?
 

„Nun, was soll’s denn sein?“, unterbrach sie eine Stimme. Eine wuchtige Gestalt schob sich vor ihre Sicht und unterbrach ihren Blickkontakt mit dem Fremden. Der Mann, der eben noch hinter dem Tresen gestanden hatte, sah sie nun mit einem gelangweilten Blick an und wartete darauf, dass sie etwas bestellten. „Was habt Ihr denn?“, fragte Ino vorsichtig. „Alles was Ihr wollt“, erwiderte der Mann gelangweilt, „Sake, was zu essen, ein leeres Zimmer…“ Ino starrte ihn an, Wut im Blick und Tenten wich unbewusst vor ihr zurück. „Für manche Dinge ist diese Rebellion doch gut“, fuhr er gedankenverloren fort, „die Leute sind so voller Angst, dass sie sie unbedingt betäuben wollen. Mein Geschäft blüht.“ Ein Gefühl breitete sich in Tenten aus, noch nie in ihrem ganzen Leben hatte sie etwas Vergleichbares gefühlt. Eine ungebändigte Wut pulsierte in ihr und ein Teil von ihr wollte auf der Stelle das Schwert ziehen und den Mann dazu bringen, seine Aussage auf der Stelle zurückzunehmen. Aber sie konnte es nicht, denn dann würde man erkennen, wer sie war. Und dann würden die Soldaten ihres Vaters sie finden, zurückschleifen, sie würde Orochimaru heiraten müssen und ihr aller Schicksal war besiegelt. Die drückende Gegenwart des Krieges lag über ihnen allen und Tenten wusste, dass es ein Spiel gegen die Zeit war… Aber jetzt… musste sie sich zusammennehmen. Doch bevor sie etwas sagen konnte, kam ihr Lee zuvor: „Wir nehmen den Sake“, erklärte er und klang eigenartig scharf.
 

Mit einem genervten Laut drehte sich der Mann weg, schlurfte zum Tresen zurück, holte eine Sakeflasche und vier Schälchen darunter hervor und stellte sie auf ihren Tisch. „Ist es nicht unschicklich, sich schon vor Sonnenuntergang zu betrinken?“, fragte er plötzlich und Tenten schauderte. „Wer sagt, dass wir uns betrinken“, zischte Ino zurück und gewann damit seine ungeteilte Aufmerksamkeit. „Na, weil das jeder macht, der durch diese Tür gegangen ist. Hier bei mir können se’ alle vergessen, was draußen passiert.“ Tenten sah ihn an und irgendwas in ihr regte sich. Wieder spürte sie die aufwallende Wut in ihr und diesmal konnte sie sich nicht mehr zusammenreißen. „Und macht Euch das glücklich?“, fragte sie. „Sie alle kommen und vergessen. Doch danach sind sie nur noch unglücklicher.“ „Jeder muss sehen, wie er über die Runden kommt und wenn ich an dem Leid anderer überleben kann, dann tue ich es. Es ist alles nur wegen dieser verdammten Rebellion. Sie bringt mir Profit, lässt mich überleben, doch früher… früher war es anders…“ Er fuhr nicht fort, aber Tenten hatte auch so eine ungefähre Vorstellung von dem, was er damit sagen wollte und mit einem Mal tat es ihr leid, dass sie so vorschnell über ihn geurteilt hatte. Er war auch nicht mehr als all die Leute, die durch seine Türen kamen.
 

„Kenzo, was machst du denn so lange? Wir warten immer noch auf unseren Sake, hör auf immer die gleichen Geschichten zu erzählen und trink was mit uns!“, rief jemand und der Mann stellte die Schälchen vor jeden von ihnen hin. Kenzo drehte sich um und entschuldigte sich mit einem Nicken. Tenten starrte auf die durchsichtige Flüssigkeit in ihrem Schälchen, aus den Augenwinkeln betrachtete sie, wie Kenzo auf vier Männer zuging, die in einer Ecke saßen und ihn grölend heranwinkten.
 

Aus den Augenwinkeln heraus beobachtete Tenten, wie er sich zu ihnen setzte und jedem eine Schale Sake reichte, die die meisten sofort herunterkippten. Es folgten eine Reihe ordinärer Sprüche, bei denen sich ein leichtes Lächeln auf Kenzos Zügen bildete und Tenten stellte fest, dass es für ihn längst Alltag war. Er profitierte vom Leid und der Verzweiflung der Männer und konnte trotzdem mit ihnen am Tisch sitzen. Er hatte etwas an sich, das sie nicht recht deuten konnte. Kenzo fuhr sich mit der Hand über das kurz geschorene Haar und hörte einem der anderen aufmerksam zu. In seinen Augen war etwas, das an Gleichgültigkeit erinnerte, gleichzeitig aber auch Verständnis ausstrahlte. Es war so widersprüchlich, dass Tenten ihn irritiert beobachtete. Oder war es ihm vielleicht gar nicht so egal? Taten sie ihm vielleicht leid? Auf einmal bemerkte Tenten, dass Hinata ihn ebenso intensiv beobachtete wie sie und als sie ihren Blick auf sich spürte, drehte sie sich leicht herum und nickte ihr kurz zu.
 

„Wie läuft dein Laden, Kenzo?“, wollte einer der Männer wissen, nachdem er seine geleerte Sakeschale auf den Tisch fallen ließ. „Kommen die werten Herren Mao-Chéngs immer noch zu dir, um sich zu besaufen?“ „Sie sind nicht viel besser als ihr auch“, erwiderte Kenzo, worauf die Männer in grölendes Lachen ausbrachen. „Wohl wahr, wohl wahr“, sagte der Erste und lehnte sich zurück. „Nun“, fing er wieder an, „wir haben alle keine Wahl in dieser Zeit. Da mach ich dir keinen Vorwurf, ob du dich nun beim Fürsten einschleimst oder bei den Rebellen, aber wenn die einen von den anderen Wind bekommen, möchte ich nicht in deiner Haut stecken.“ Kenzo runzelte die Stirn. „Wer sagt denn, dass sie das tun?“ Stille. Schließlich fragte ein kleinwüchsiger Mann mit einer Spur Angst in der Stimme: „Also kommen sie wirklich hierher?“
 

Kenzo antwortete nicht, aber Tenten erkannte anhand seiner Reaktion, dass sein Schweigen Zustimmung war. Ohne einen Laut zu verursachen, stand sie auf und ging in Richtung des kleinen Tisches, wo Kenzo und seine Gäste saßen. Hinata warf ihr einen entsetzten Blick zu, Ino packte Lee und zog ihn auf die Beine. Schließlich kam Tenten bei dem Tisch an. Ihre Augen fixierten Kenzo. Er war die Spur, die sie gesucht hatten. Vielleicht wusste er etwas. Er musste einfach… Einer der Männer sah zu ihr auf, warf ihr einen eindeutigen Blick zu, der Tenten die Röte ins Gesicht trieb und sagte: „Na? Was macht eine Frau wie du denn hier? Willst du dich nicht setzten?“ Tenten ignorierte ihn, packte stattdessen Kenzo an der Schulter und drehte ihn herum. „Was wisst Ihr über die Rebellen?“
 

In diesem Moment schwang die Tür auf und zwei Soldaten traten ein. Auf den ersten Blick erkannte Tenten, dass es Samurai waren. Niedrige Samurai zwar, aber immer noch Gefolgsleute ihres Vaters wie das Wappen auf ihrer Kleidung bezeugte. Sie mussten auf der Stelle verschwinden. Panisch sah sich Tenten nach Hinata, Ino und Lee um, die im selben Moment erstarrt waren wie sie, als sie die ungebetenen Gäste entdeckten. Tenten begann zu zittern und registrierte gar nicht mehr, dass sie noch immer Kenzos Schulter gepackt hatte. Er rührte sich leicht, sodass Tenten seiner wieder bewusst wurde. Ihr Blick huschte von ihm zu den Soldaten hin und her. Es war offensichtlich, dass sie genau in die Richtung des Besitzers gehen würden und Tenten verfluchte sämtliche Götter, die sie in diese Situation gebracht hatten.
 

„Wir sind auf Order Mao-Chéngs hier“, sagte der eine, als er genau vor Tenten und Kenzo stand, „wir haben Grund zur Annahme, dass diese Kneipe ein Treffpunkt der Rebellen ist.“ „Und was bringt Euch zu dieser Ansicht, Samurai?“, erwiderte Kenzo, der sich Tentens Griff entzogen hatte und sich nun aufrichtete. Unbewusst wich Tenten zwei Schritte zurück. Irgendwo hinter sich bemerkte sie, wie Lee sich Inos Griff entzog und unauffällig eine Verteidigungshaltung einnahm. „Der Verräter Sasuke Uchiha wurde hier gesehen.“ Ein scharfes Luftholen ging durch den Raum. Kenzo funkelte den Mann an und Tenten sah die Wut in seinen Augen. „Ich frage meine Gäste nicht, wer sie sind oder woher sie kommen“, knurrte er. „Woher sollte er auch wissen, dass Uchiha hierher kommt!“, rief jemand. „Man trifft nicht jeden Tag auf einen Einarmigen, oder?“, herrschte der Soldat ihn an. „Und, wenn er hier gewesen wäre?“, knurrte Kenzo. „Wem bin ich Rechenschaft schuldig?“ Die beiden Männer standen sich gegenüber und stierten einander wütend an. „Dem Fürst selbst“, erwiderte der Samurai mit zusammen gebissenen Zähnen.
 

Auf einmal legte der andere der beiden Soldaten seine Hand auf die Schulter seines Partners. „Lass gut sein, Takeshi, lass uns das anders regeln. Wir warten bis Dosu-sama hier ist.“ Tenten erstarrte. Dosu? Das konnte doch nicht wahr sein! Von allen, die Mao-Chéng ausschickte, mussten sie ausgerechnet Dosu über den Weg laufen. Tenten riskierte einen Blick auf Hinata. An einem ihrer Abende am Seeufer hatte Neji ihr erzählt, wie er und Hinata nach Konoha-Gakure gekommen waren. Und er hatte ihr von Hinatas Angst vor Dosu erzählt, dem Mann, der sie aus dem wohlbehüteten Zuhause gerissen und ihre Hütte niedergebrannt hatte. Hinatas Gesicht war aschfahl und Tenten bereute, dass sie nicht dagegen protestiert hatte, dass… ja was eigentlich? Hinata war unschuldig und sie hatte sie in die gefährlichste Reise ihres Lebens gezerrt. Sie mussten sofort hier raus.
 

Plötzlich schwang die Tür ein weiteres Mal auf und ein Schwall eiskalter Luft strömte in den Raum. Tenten erstarrte auf halben Weg zum Ausgang. Im Türrahmen stand Dosu, der ungeduldig den Raum nach den Soldaten absuchte, sie schließlich fand und ihnen einen wütenden Blick schenkte. Blitzschnell drückte sich Tenten in eine Wandnische. „Was dauert das solange, Takeshi?“, knurrte Dosu. „Ich habe euch doch befohlen an die Informationen zu kommen und nicht den Besitzer eine halbe Stunde zu verhören.“ Der Samurai namens Takeshi verbeugte sich leicht und murmelte eine Entschuldigung. Dosu schien es nicht mal zu bemerken. Die kleinen wässrigen Augen fixierten Kenzo, der sich mit geballten Fäusten vor ihm aufgebaut hatte. „Nun, war Uchiha hier, oder nicht?“, fragte Dosu gelangweilt. „Als wenn ich jemanden wie Euch irgendetwas sagen würde!“, fuhr Kenzo ihn an. Dosus Augen zogen sich zu Schlitzen zusammen. „Kenzo …, nicht wahr? Deine Kneipe genießt einen gewissen Ruf bei den Soldaten Mao-Chéngs. Wag es nicht diesen Schutz aufs Spiel zu setzen.“ Kenzo schluckte die Drohung ohne mit der Wimper zu zucken. Nur anhand seiner Hände, die er zu Fäusten geballt hatte, konnte man erkennen, dass er kurz davor war seine Beherrschung zu verlieren. Es war das erste Mal, dass er direkten Kontakt mit dem Gesetz hatte und auf einmal wusste Tenten, dass seine Reaktion diesmal anders ausfallen würde. Kenzo mochte vor seinen Kunden große Reden schwingen, aber die Realität sah anders aus. In den Augen des Mannes standen der Trotz und die Wut, die sich über Monate aufgestaut hatten. Und dann hörte Tenten, wie er etwas sagte, etwas von dem sie wusste, dass es seinen Tribut fordern würde. „Raus aus meinem Haus.“
 

„Wie schade, dass du so starrsinnig bist, Kenzo. Dann müssen wir die Sache anders regeln.“ Dosus Stimme war eiskalt und er sah Kenzo an, als wäre er ein lästiges Insekt und kein Mensch, der etwas zu verlieren hatte. Als wenn er weniger wert wäre als er selbst, nicht würdig ihm überhaupt unter die Augen zu treten. Ja, es zu wagen ihn anzusprechen, geschweige denn ihn herauszuwerfen. Tenten wollte ihn warnen, ihm zu schreien, dass er weglaufen sollte, doch kein Laut kam über ihre Lippen. Dosus Bewegung war schneller als sie erwartet hatte. Seine Hand schnellte zu seiner Hüfte, zog ein Kurzschwert und stieß es dem überraschten Kneipenbesitzer in die Brust. Kenzos Augen waren weit aufgerissen, er hatte nicht damit gerechnet, war völlig überrascht und starrte voller Unglauben auf die Klinge in seiner Brust. Ganz langsam verfärbte sich seine Kleidung blutrot und noch langsamer sackte er auf dem Boden zusammen. Er war schon tot, als Dosu das Schwert aus seinem Körper zog und dann an Kenzos Hose abwischte.
 

Für einen Moment war es totenstill. Die Menschen starrten voller Angst auf die Leiche, alles erstarrte in seiner Bewegung und hätte Tenten es nicht besser gewusst, hätte sie vielleicht angenommen die Menschen in diesem Raum waren zu Stein erstarrt. Kenzos Stammkunden mit denen er noch vor wenigen Momenten geredet hatte, konnten den Blick nicht von Kenzos reglosem Körper abwenden. Mit einem Schlag waren sie wieder nüchtern und auch alle anderen Menschen in der Kneipe holten scharf Luft, als sie den ersten Schrecken verdaut hatten. Tenten war übel, mehr als das. Sie wollte weinen, schreien und Dosu ins Gesicht schlagen. Sie wollte, dass er litt und nie wieder im Namen ihres Vaters, in ihrem Namen Verbrechen beging. So also sah die Gerechtigkeit der Soldaten in der Realität aus. Es war längst keine Rede mehr von Stolz, Ehre oder Ruhm. Es ging ums nackte Überleben, um die Existenz jeden einzelnen und für Mitgefühl war längst kein Platz mehr, wenn jemand wie Dosu so etwas überhaupt jemals besessen hatte.
 

„Da wär’ noch was“, durchbrach Dosu die gespenstige Stille, „die Tochter des Fürsten, Tenten-hime ist … zu einer Reise nach Ame-Gakure aufgebrochen. Hat sie jemand gesehen?“ Tenten erstarrte zu Eis und drückte sich noch dichter an die Wand. Ino warf ihr einen panischen Blick zu und Lee hatte auf einmal einen Blick in den Augen, den er nur dann hatte, wenn er sich innerlich auf einen Kampf vorbereitete. Dosus Worte schienen in der Stille nachzuklingen. Noch immer behielt seine Frage die gelangweilte Gleichgültigkeit und vielleicht war es das, was die Menschen wachrüttelte. In diesem Moment brach Chaos aus.
 

„Du hast unseren Freund ermordet!“, brüllte einer von Kenzos Freunden. „Wie kannst du es wagen danach nach so einer Banalität zu fragen, du widerlicher kleiner Wurm!“ Andere stimmten ein und dann sahen sich die Soldaten von einer wütenden Menge umgeben, die spontan jeden Gegenstand, den man als Waffe verwenden konnte, gegen sie richteten. Leere Flaschen flogen durch die Luft, zerschellten an der Wand hinter Dosu, Takeshi und drei weiteren Soldaten, die hereingekommen waren. Wenn sie doch nur wüsste, wie viele es waren.
 

Tenten zitterte. Der Lärmpegel war so urplötzlich angestiegen, dass sie für einen Augenblick orientierungslos geworden war. Ein Schrei spaltete sich von den übrigen Geräuschen ab. Als Tenten in die Richtung sah, aus der er gekommen war, beobachtete sie mit Entsetzen, wie eine Frau mit einer Bauchwunde am Boden kauerte. Über ihr stand ein Krieger mit blutigem Schwert, bereit den letzten Schlag auszuführen. Tenten tastete nach Amaterasu, bekam den Griff zu fassen und spürte wie das Schwert in ihrer Hand pulsierte. Als würde es darauf warten, dass sie eingriff. Tötete. ‚Tu irgendwas’, flehte sie innerlich, aber sie kauerte immer in der Ecke, nachdem sie den Gedanken fünfmal innerlich wiederholt hatte. Der Mann ging einen Schritt auf die Frau zu. Noch einen. Er hob das Schwert. Die Frau wimmerte vor Angst und Schmerz. Irgendetwas krachte gegen die Wand.
 

Sie konnte nicht zusehen. Sie konnte nicht eingreifen. Tenten fühlte sich hilfloser als je zuvor in ihrem Leben. Wozu war sie die Tochter des Fürsten, wenn sie nichts tun konnte, um die Menschen vor der Brutalität der eigenen Regierung zu schützen? Längst musste Mao-Chéng die Augen von solchen Vorfällen abgewandt haben. Der Aufstand einfacher Leute kostete vielleicht einigen das Leben. Der Krieg das von Abertausenden. Sie sollte es mit ansehen und versuchen, selbst zu entkommen, um das winzige Licht der Hoffnung aufrecht zu erhalten, das noch existierte. Aber Tenten wäre nicht sie selbst gewesen, wenn sie es einfach so mit angesehen hätte.
 

„Halt!“, schrie sie, trat in den Raum, duckte sich, als jemand auf sie zielte und versuchte sich durch das Chaos zu kämpfen. Der Krieger hörte sie nicht, doch jemand anderes hatte es getan. Mit einem blitzschnellen Schlag gegen den Hals des Mannes brachte Lee ihn zu Fall, fuhr im gleichen Moment herum und starrte sie an. „Bist du wahnsinnig!“, brüllte er und wehrte ohne hinzusehen einen weiteren Gegner ab. Dann huschten seine Augen durch den Raum, er bemerkte wie er durch seinen auffälligen Stil zu viel Aufmerksamkeit auf sich zog. „Haut ab, verdammt noch mal!“, rief Lee. Tenten stolperte rückwärts. Plötzlich stieß sie auf ein Hindernis und stürzte zu Boden. Als sie genauer hinsah, erkannte sie Kenzos Leiche. Tränen sammelten sich in ihren Augen. Das war nicht das, was sie gewollt hatte. Was war schon der Mut eines einzigen gegen eine solche Übermacht?
 

„Tenten!“ Jemand rief ihren Namen und Tenten sah, wie Ino und Hinata versuchten, sich durch die Menge der aufgehetzten Masse zu schieben. Es war völlig aussichtslos und viel zu gefährlich und trotzdem versuchten sie es. Sollte sie als Konohas Erbin nicht ebenso viel Mut zeigen? Wenigstens ein bisschen… Tenten hatte dafür geübt… jeden Tag trainiert. War sie nun zu schwach irgendetwas zu tun? Nejis Bild tauchte vor ihr auf, wie er mit gezogenem Schwert vor ihr stand und sie mit seinem Leben vor Sasuke Uchiha beschützte. Nein… Sie war stark genug und diesmal wollte sie nicht, dass irgendjemand sein Leben für sie aufs Spiel setzte. Lee wurde nun von drei Soldaten bedrängt, die misstrauisch geworden waren und sich ihm – für sie einen einfacher Bauer oder Handwerker - überrascht und vorsichtig näherten. Tenten schlug ihren Mantel beiseite und das legendäre Schwert Amaterasu glitt lautlos aus seiner Scheide.
 

Sie hob die Klinge über ihren Kopf, das Schwert durchschnitt die Luft mit einer Leichtigkeit, die man ihm auf den ersten Blick nicht ansah. Amaterasu war seit Jahren nur noch als kostbarer Schatz angesehen worden, die Tage, da das Schwert im Kampf eingesetzt worden war, waren lange vergangen. Tenten konnte die entsetzten Blicke Ino und Hinatas auf sich spüren, doch sie achtete nicht darauf. Blitzschnell bahnte sie sich tänzelnd einen Weg durch die aufgehetzten Leiber. Ein Messer surrte durch die Luft. Die Klinge war schnell, geschickt geworfen, wenngleich sie in diesem Durcheinander wohl für jemand anderen gedacht war als für sie. Tentens Herzschlag beschleunigte sich, das Adrenalin rauschte durch ihre Adern und gerade rechtzeitig wich sie zur Seite aus. Das Messer blieb schwingend mit der Klinge voran in der Wand hinter ihr stecken. Jemand stolperte in ihren Weg und krachte dann gegen einen Tisch, auf dem er reglos liegen blieb. Tenten schauderte. Sie hatte davon gehört, wie schnell es in der Bevölkerung in letzter Zeit zu Aufständen gekommen war – auch ohne, dass jemand die Menschen derart provoziert hatte wie Dosu es getan hatte. Aber dass sie derart brutal waren… Vielleicht war sie zu naiv gewesen, zu gutgläubig. Oder sie hatte einfach nicht glauben können, dass die Hemmschwelle zur Gewalt bei den meisten Menschen längst so dünn geworden war wie eine kaum gefrorene Eisfläche.
 

Ein Schmerzensschrei brachte Tenten wieder in die Wirklichkeit zurück. Die Realität stürzte mit der Wucht eines ganzen Gebirges auf sie ein und Tenten wurde sich wieder der düsteren, engen Kneipe bewusst, in der sie stand. Dann sah sie Lee, der verbissen mit zwei Soldaten zugleich rang. Er war stark, das wusste Tenten. Und stur. Lee würde niemals einfach so aufgeben und genau das war das Problem. Egal wie gut er ausgebildet worden war, egal wie sehr er seinen Freunden die Flucht ermöglichen wollte oder wie gut er auch kämpfte… Tenten konnte ihm ansehen, dass die Verletzung, die Sasuke Uchiha ihm beigebracht hatte und die sogar Tsunade nur mit größter Mühe imstande gewesen war zu heilen, an seinen Kräften nagte. Seine Bewegungen waren nicht so geschmeidig wie früher, seine Kampftechnik wies grobe Fehler auf, die ihm eigentlich nicht passieren durften. Mehr als einmal sah Tenten, wie er erschrocken im letzten Moment einem Angriff auswich, den er nicht hatte kommen sehen. Lee war nicht stark genug.
 

Tenten packte das Schwert fester, die dünne, silberne Klinge glänzte matt im Licht der wenigen Kerzen, die durch die Bewegung noch nicht ausgegangen waren. Fünf Meter… wenn sie es nur schaffen konnte … Plötzlich tauchte vor ihr ein Hüne von einem Krieger auf. Er trug das Wappen Konohas auf seiner Rüstung und gehörte offensichtlich zu Dosus Männern. Mit einem Blick zur Tür stellte Tenten entsetzt fest, dass weitere Soldaten durch den Eingang kamen, um jede Flucht der Aufständischen unmöglich zu machen. Der Riese sah auf sie herunter, sein Blick streifte irritiert das elegante Schwert und musterte sie dann misstrauisch. „Was ham’ wir hier?“, grollte er. Blitzschnell sah sie sich nach einem Ausweg um, doch wie sehr sie es auch drehte und wendete – der einzige Weg führte an ihm vorbei. „Eine Frau, die kämpft? Sind die Männer jetzt schon zu feige, oder was?“ Sein Atem erreichte ihre Nase und Tenten schauderte. Er war angetrunken, offensichtlich hatte Dosu nicht erwartet auf Widerstand zu treffen und seinen Männern in Abwesenheit irgendeines Vorgesetzten für ihre glorreichen Taten etwas zu trinken spendiert.
 

Sein Blick glitt über ihren Körper, blieb einen Moment zu lange hängen, ohne sich die Mühe zu machen ihr in die Augen zu sehen. Plötzlich hatte sie einen Geschmack ähnlich dem von Galle im Mund und Tenten musste sich stark zusammenreißen, nicht vor ihm zurückzuweichen, denn das hätte sie erst recht vollkommen bewegungsunfähig gemacht. Sie richtete Amaterasu direkt auf ihn. Der Soldat war ihr körperlich absolut überlegen, egal wie sie es auch drehte und wendete. Ihr einziger Vorteil war ihre Schnelligkeit. Verächtlich betrachtete ihr Gegenüber das Schwert und schien mit einem Mal wieder nüchtern zu sein. „Willste’ tanzen?“, höhnte er. Tenten antwortete nicht, aus den Augenwinkeln beobachtete sie wie Lee an der Schulter getroffen wurde. Ihr Blick huschte suchend durch den Raum und blieb an der Tür hängen, durch die vorhin die Prostituierte mit ihrem Freier verschwunden war. Ein Hinterausgang… Das nächste, das sie spürte, war ein Kurzschwert, das mit brutaler Gewalt auf sie zuraste. Ein erstickter Schrei entrang sich ihrer Kehle und Tenten wich gerade noch rechtzeitig nach links aus. „Dachte’, du willst tanzen“, lachte der Riese und Tenten verfluchte sich dafür, dass sie seine Präsenz auch nur einen Augenblick lang verdrängt hatte.
 

Amaterasu lag leicht in ihrer Hand wie immer, aber sie konnte es mit der Kraft des Soldaten niemals aufnehmen. Die einzige Chance, es nicht auf ein offenes Kräftemessen ankommen zu lassen, war ihm ihre wahre Identität zu enthüllen, denn offenbar hatte er keine Ahnung, dass er die Tochter Mao-Chéngs angriff – oder sie musste ihn überrumpeln. Tenten duckte sich unter einem weiteren Schlag hinweg, ließ das Schwert auf seinen Bauch zusausen und erwischte ihn statt der Rüstung am Unterarm. Es kümmerte ihn nicht und einen Moment später hatte er das Schwert genau in die Stelle gerammt, wo eben noch ihre Hand gewesen war, wenn sie sich nicht rechtzeitig zur Seite abgerollt hätte. Ihr Rücken stieß an etwas Festes, mit der Hand tastete sie hinter sich. Holz. Als sie einen schnellen Blick nach hinten warf, erkannte sie einen der rustikal zusammengeflickten Thekenhocker. Tenten zögerte nicht. Mit aller Kraft ergriff sie den Stuhl und schleuderte ihn gegen den Mann, der überrascht rückwärts taumelte, aber noch an der Schulter von einer Kante des Hockers erwischt wurde. Die Sekunde seiner Unentschlossenheit nutzte Tenten. Sie kam wieder auf die Beine, tänzelte um umgestürzte Möbel und zerstörte Gegenstände herum und fand sich mit einem Mal mitten in einem Kampf zwischen Lee und seinen zwei Widersachern wieder. Einen Moment lang war Lee zu verblüfft, um irgendeine Reaktion auf ihr Auftreten zu zeigen. Tenten achtete nicht auf ihn, sondern machte sich die Überraschung Takeshis zunutze, der ihren plötzlichen Angriff nur mit Mühe abwehren konnte. Das verschaffte Lee zwei entscheidende Vorteile. Erstens: Er war einen seiner Gegner los und zweitens konnte er sich nun Überraschung seines verbleibenden Widersachers zunutze machen. Mit unglaublicher Körperbeherrschung sprang er in die Luft, alle Muskeln angespannt und verpasste seinem Gegner einen so kraftvollen Tritt gegen die Schläfe, sodass er gegen die nächste Wand krachte und reglos liegen blieb.
 

Tenten rang indessen mit Takeshi. Der Soldat hatte augenscheinlich Lee längst vergessen, den er ursprünglich zu töten gedacht hatte. Stattdessen starrte er sie an, als könne er nicht recht glauben, dass eine Frau ihm die Stirn bot. „Wer bist du?“, zischte er und beide Schwerter prallten abermals aufeinander. Tentens Herz machte einen Sprung. Er kannte sie nicht! „Jemand, der bei Gewalt nicht einfach so wegsieht“, antwortete sie. Tenten trat einen Schritt zur Seite, führte Amaterasu von rechts. Takeshi parierte. Ein weiterer Schritt, ein Schlag. Sie drängte Takeshi in die Enge und ihm blieb nichts anderes übrig als sich notdürftig zu verteidigen. Ihr dunkelbraunes Haar flog durch die Luft, Tenten kam dem Krieger immer näher. Takeshi stieß mit dem Rücken gegen die Wand. Er war schwach, nichts weiter als ein Aufschneider, der Schwächere unterdrückte. Ein elender Feigling, der nur seinen Befehlen folgte. Sie verabscheute ihn. Amaterasu surrte durch die Luft, pfeilschnell traf es auf das gegnerische Schwert. Tenten machte eine ruckartige Bewegung aus dem Handgelenk heraus und entwaffnete den Krieger, der das eben geschehene nicht zu begreifen schien. Scheppernd kam das Schwert auf dem Boden auf. Tenten starrte den Mann vor sich an. Jetzt zitterte er und erstmals schien er die Gefahr, die von ihr ausging, wirklich zu realisieren. Er hatte sie unterschätzt und würde es nun bitter bereuen. „Ich werde dich nicht töten“, begann sie, „du bist es nicht wert und der Krieg hat Konoha schon genug Opfer gekostet.“ Wütend starrte sie der Krieger an. Die nackte Panik war verschwunden, stattdessen sah sie sich seiner grenzenlosen Wut gegenüber. „Du hast nur nicht den Mumm dafür“, höhnte er, nachdem sie das Schwert weggenommen hatte, „als, wenn eine Frau jemals den Mumm dafür aufbringen würde!“
 

Tenten trat einen Schritt rückwärts, Takeshi war überheblich, gekränkt durch seine Niederlage und völlig blind vor Wut. Er trat seinerseits einen Schritt vorwärts. Der Lärm schien in den Hintergrund zu treten. „Akzeptier, dass du verloren hast“, sagte sie, „ich brauche keine sinnlosen Auseinandersetzungen-“ „Tenten!“ Tenten wirbelte herum, der Riese, den sie vorhin noch überrumpelt hatte, holte zum Schlag gegen sie aus. Tenten erstarrte. Ihr blieb keine Zeit mehr auszuweichen, sie konnte einen solchen Hieb nicht parieren. Neji! Im gleichen Augenblick erkannte sie, dass er fort war. Sie war auf sich allein gestellt. Etwas prallte gegen sie und riss sie zu Boden. Dann spürte sie einen Luftzug über sich. Ein Schatten war über ihr und als sie näher hinsah, erkannte sie, dass es Lee war, der dem Riesen einen gut gezielten Schlag in den Magen verpasste, gefolgt von mehreren blitzschnellen Tritten in Hals und Brust. Dann kam der Kung-Fu-Kämpfer auf dem Boden auf, wehrte einen weitern Krieger ab und wich einem Kneipenbesucher aus, der an ihm vorbei rannte.
 

„Tenten-hime?“ Erst jetzt bemerkte sie, dass das etwas, das sie getroffen hatte, ein Mensch war. Ein besorgtes Gesicht beugte sich über sie. Hinata. „Bist du verrückt!“, entfuhr es ihr und Hinata sah verletzt zur Seite. „Ich wollte doch nur helfen, Tenten-hime“, murmelte sie. „Du hättest tot sein können!“, rief Tenten. Genau wie Neji. „Ich-“ Ino unterbrach Hinata, indem sie sie ruckartig auf die Beine zog und Tenten ebenfalls hoch half. In ihrem Gesicht war nichts als nackte Angst. „Wir müssen hier weg, Tenten-hime“, keuchte sie und ihr eiserner Griff schloss sich um ihren Oberarm. „Ino, beruhig dich!“, rief Tenten gegen das Getöse an und machte sich los. Für eine Sekunde war Inos Blick vollkommen ausdruckslos, dann ließ sie sich widerstandslos von Tenten mit zur Hintertür schleifen. Tenten stieß die Tür auf und sofort wehte ihnen eiskalte Luft entgegen. Sie drehte sich noch einmal um, Lee war nur wenige Meter hinter ihnen, aber er schien sie aus den Augen verloren zu haben. „Lee!“, schrie Tenten aus voller Kehle. Lee sah sich suchend nach ihr um, entdeckte sie schließlich und folgte ihnen so schnell er konnte. Doch noch jemand hatte sie gehört. Tenten spürte seinen Blick auf sich und als sie ihm direkt ins Gesicht sah, wusste sie, dass er sie erkannt hatte. Dosu schien zuerst erstaunt, dann siegessicher. Mehr bekam Tenten nicht mit, denn im selben Moment riss Lee sie mit sich. Sie stolperten einen schmalen Gang entlang. Hinata war die erste, die durch eine zweite Tür nach draußen taumelte. Ino folgte ihr, Lee und Tenten stürzten gleichzeitig ins Freie.
 

„Dosu hat mich erkannt“, brachte Tenten schließlich keuchend heraus, als sie ein Stück gerannt waren und sich erschöpft in eine dunkle Ecke drückten. „Die Pferde!“ Ino schien sich wieder beruhigt zu haben. „Das kannst du vergessen, durch dieses Chaos kommst du niemals ungesehen durch“, erwiderte Lee, „wir müssen zu Fuß weiter gehen.“ „Was!“, brauste Ino auf, „wir sind tot, wenn wir so langsam vorankommen!“ „Willst du lieber wieder zurück!“ Lee sah sie wütend an. Er war müde und am Ende seiner Kräfte. Tenten konnte sehen, wie er zitterte. Auf einmal hörten sie Stimmen hinter sich. Sie verstummten auf der Stelle. Lee spannte seinen Körper an, Hinata hielt den Atem an und Ino sah sich verzweifelt nach Anzeichen der näher Näherkommenden um. Tenten hob Amaterasu, das sie immer noch in der Hand trug. Die Stimmen wurden lauter. „Wir müssen sofort hier weg“, flüsterte Tenten. Die anderen sahen sie atemlos an. „Wir kommen da nicht ohne Kampf raus“, sagte Lee dann, „ich halte sie auf und ihr seht zu, dass ihr von hier wegkommt.“ „Lee…“, sagte Hinata. „Wir lassen dich nicht einfach so zurück“, unterbrach Tenten sie. Lee funkelte sie an: „Wofür haltet ihr mich eigentlich!“, brauste er auf. „Ich wusste, worauf ich mich einlasse und von uns bin ich der einzige, der auch nur im Ansatz für solche Situationen ausgebildet ist.“ Sein Blick ruhte eine Sekunde zu lang auf ihr.
 

Plötzlich wirbelte Lee herum. „Haut ab!“, rief er, bevor er in derselben Gasse wie die Soldaten verschwand, die unweigerlich an ihnen vorbei mussten. Wie lange brauchte Dosu, um seine Leute wieder zu organisieren? Ino, Hinata und Tenten sahen sich an. Stille. Dann drangen Schreie aus der Gasse, in der Lee verschwunden war. „Lauft“, flüsterte Tenten, „wir können ihn nicht mehr aufhalten, wir müssen weg von hier, ehe uns die Soldaten einholen.“ Inos Gesicht war voller Panik, Hinatas dagegen war so bleich wie nie zuvor. Sie sahen sie an und sahen sie doch nicht an. Dann drehten sie sich um und rannten gleichzeitig los. Die Straße führte in Richtung Wald, in die unbezwingbare Wildnis fern jeder Zivilisation. Ihre Lungen brannten, als Tenten Ino und Hinata folgte. Sie war langsamer als die anderen. Der Kampf in der Kneipe hatte sie ausgelaugt und immer wieder sah sie sich nach einem Zeichen von Lee um. Tenten sah wieder nach vorne und stellte mit Entsetzen fest, dass Hinata und Ino bereits ein gutes Stück vor ihr waren.
 

Urplötzlich packte sie jemand von hinten, ein eiserner Griff schloss sich um ihr Handgelenk, sie wurde herumgeschleudert und prallte noch im Laufen gegen eine nahe Hauswand. Sofort presste sie jemand dagegen und nahm ihr jede Bewegungsfreiheit. Ein Mann, ein wenig größer als sie vielleicht, doch um eine Vielfaches stärker und schneller. Sie hatte keine Chance gegen ihn. Angst, wie sie sie noch nie erlebt hatte, durchströmte jede Pore ihres Körpers und alles, was sie wollte, war verschwinden. Wäre sie doch nur nie mit den anderen in die Kneipe gegangen… Eiskalter Atem streifte ihren Hals. In der Luft stieg er in kleinen Nebelwölkchen auf. Der Mann lehnte sich gegen sie, Tenten entfuhr ein ängstlicher Laut. „Wie gedachtet Ihr denn die Rebellen zu finden, wenn Ihr keine Ahnung habt, wo sie sind, Tenten-hime?“ Tenten erstarrte. Er hatte sie erkannt und er wusste, dass sie die Rebellen suchte… Sie versuchte sich loszureißen. Zwecklos. Der Mann lachte amüsiert. In diesem Moment wichen die Schatten und Tenten sah in sein Gesicht. Kurzes, schwarzes Haar, blasse, unnatürlich bleiche Haut und einen so starren berechnenden Blick aus den eiskalten Augen, sodass es ihr kalt den Rücken herunter lief. Er war der Mann, den sie in der Kneipe beobachtet hatte. „Geht Richtung Westen, haltet Euch abseits der Wege durch den Wald, bis ihr zu einem See kommt. Dort haltet Ihr Ausschau nach Signalfeuern. Die Rebellen werden euch finden.“ Sie starrte ihn an. Er hatte ihr soeben ein Wissen weitergegeben, das er eigentlich gar nicht besitzen durfte. Wusste er, wo die Rebellen waren? Und warum… Warum hatte er ihr diese Informationen gegeben? Der Mann ließ sie los und Tenten wäre fast umgefallen, wenn sie nicht an der Wand gelehnt hatte. Ihr Atem ging schnell noch immer war da diese instinktive Furcht vor diesem Mann. „Wer sagt mir, dass ich Euch trauen kann!“, brachte sie heraus und der Fremde grinste sie hämisch an. „Ihr könnt mir nicht trauen“, erwiderte er, „ihr müsst.“ Tenten starrte ihn an, doch sein Blick war so intensiv, dass sie wegsah. Dann drehte er sich um, glitt in die Dunkelheit und nichts deutete mehr darauf hin, dass das Gespräch jemals stattgefunden hatte. „Warum tut Ihr das?“, rief sie ihm nach. Der Mann blieb stehen, drehte leicht den Kopf. „Ich will sehen, wie sich die Dinge entwickeln. Es ist interessant… die Hoffnungen der Menschen zu sehen und wie leicht sie zerschlagen werden können. Doch noch ist es nicht Zeit...“ Seine Schritte entfernten sich und Tenten war wieder allein.
 

Auf einmal war ihr eiskalt. Wer auch immer der Mann gewesen war, er war gefährlich und sie hatte keine Ahnung, was für eine Rolle er spielte, oder warum er so viele Informationen über die Rebellen hatte. Nur eins wusste sie sicher: er war ein Feind. Und er sah den Krieg als nichts weiter als ein Spiel an.
 

„Tenten-hime.“ Zu Tode erschrocken fuhr sie herum, aber es war nur Lee. Er hatte einige Schrammen auf Armen und Gesicht, doch ansonsten war er unverletzt. Lee musste die Soldaten ausgeschaltet haben. „Lee“, erwiderte sie, richtete sich auf und stolperte ihm entgegen. Noch immer raste ihr Herz und die andauernde Anspannung ließ sie allmählich panisch werden. „Kommt“, sagte Lee und griff ihren Oberarm, „Dosus Leute müssen längst bemerkt haben, dass ich seine Vorhut getötet habe.“ „Du hast sie getötet!“ Tenten konnte das Entsetzen in ihrer Stimme nicht recht verbergen. Lee war ein Kämpfer, aber … sie hatte sich nie wirklich vorstellen können, dass er jemanden umbrachte, nur damit sie schneller voran kamen. „Ich hatte keine Wahl“, erwiderte Lee hitzig, „sie werden uns verfolgen. Je weniger sie sind, desto besser. “
 

Er zog sie mit sich und nach ein paar Metern rannte Tenten neben ihm. Ino und Hinata warteten am Waldrand auf sie. Tenten sah noch einmal zurück. Noch sah sie niemanden, aber sie wusste, dass sie kommen würden. Dosu würde keine solche Gelegenheit verstreichen lassen Ruhm und Ehre und mehr Macht zu erlangen. Macht… Immer ging es nur um Macht. Sie machten nicht Halt, als sie Hinata und Ino erreichten. Der Wald verschluckte sie, als sie blind geradeaus rannten. Westen. Sie würden sie finden. Tenten wusste nicht, warum sie dem Fremden glaubte, aber es war ihre einzige Chance. Irgendwann hörte sie auf ihre Schritte zu zählen, sie rannte und rannte und hoffte auf die winzige Möglichkeit, dass sie die Rebellen tatsächlich fanden. Etwas Kaltes fiel auf ihre Wange und als Tenten in den Himmel sah, bemerkte sie etwas, das ihre Situation noch um ein Vielfaches verschlimmerte. Es hatte zu schneien begonnen.
 

~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~
 

Alles war weiß. Die Zweige der Bäume neigten sich unter den Schneemassen dem Boden entgegen und in einigen Spinnennetzen glitzerten Eiskristalle. Das Schneegestöber war von Stunde zu Stunde schlimmer geworden. Am Anfang waren die Flocken nur vereinzelt gefallen, doch nach einiger Zeit war aus dem sanften Schneefall ein wahrer Sturm geworden, den auch die Bäume nicht völlig abfangen konnten. Der Boden war bereits von einer etwa fünfzehn Zentimeterdicken Schneeschicht bedeckt, was ihre Flucht nur noch beschwerlicher machte. Tenten stapfte mit Mühe durch den Schnee, ihren Mantel dicht um sich geschlagen. Ihre Schuhe waren längst durchgeweicht und es hatte sich langsam ein Gefühl der Taubheit bei ihr eingestellt. Irgendwann hatte auch der Wind aufgefrischt und peitschte ihnen eisern entgegen. Tenten lehnte sich gegen die unsichtbare Barriere. Sie ging einen weiteren Schritt. Dann noch einen. Weiter. Immer weiter nach Westen. Wäre ihre Situation nicht so vollkommen aussichtslos gewesen, hätte Tenten dieses Naturschauspiel vielleicht schön gefunden, aber mit durchweichten Kleidern, ohne Proviant, den sie mit den Pferden verloren hatten, in einem Schneesturm verfluchte sie den Winter, der früher viel früher eingesetzt hatte, als sie es erwartet hatte.
 

Tenten sah sich nach ihren Begleitern um. Ino und Hinata, von allen am wenigsten erschöpft, stapften Seite an Seite durch den Schnee. Lee hingegen schien seine ansonsten ungebändigte Energie verloren zu haben. Der Kampf mit den Soldaten hatte ihm einiges abverlangt und das in einem Stadium, in dem seine Gesundheit eine solche Aktion ganz sicher nicht erlaubt hatte. Sie konnte nicht anders, als sich schuldig zu fühlen. Wäre sie allein gewesen, wäre niemand von ihnen in diese Situation geraten.
 

Auf einmal verhakte sich ihr Fuß in etwas. Zu spät erkannte Tenten ihre Unachtsamkeit und konnte sich nicht mehr fangen. Doch noch bevor sie den Boden berühren konnte, hatte sie jemand am Arm gepackt. „Vorsicht!“, rief Lee. Tenten nickte ihm dankbar zu. Dann setzte sie ihren Weg fort. Nur eine aus dem Boden ragende Wurzel zeugte jetzt noch von ihrem Missgeschick. Doch nach einer Weile würde auch sie vom Schnee bedeckt sein. Westen… Sie wusste nicht mal, ob sie in die richtige Richtung gingen. Der Himmel war von einem dunklen sturmgrau und nur selten zeigte sich die Sonne, anhand dessen Stands sie einen Anhaltspunkt über die Richtung hätten erhalten können.
 

Der Wald war ungewöhnlich still, friedlich. Die idyllische Landschaft, vollkommen mit weiß bedeckt, war wunderschön anzusehen. Dieser Ort hatte etwas Magisches, das sie seltsam ruhig stimmte. Vielleicht war es die Stetigkeit des Schneefalls, der langsam, aber immer und immer weiter fiel. Es war eiskalt, ihre Finger waren schon blau angelaufen, aber Tenten konnte nicht umhin froh zu sein, dass sie hier war und nicht im Anwesen ihres Vaters. Es war hart, aber es war richtig. Allein dieser Gedanke hielt sie aufrecht. Es wäre leicht umzukehren und Dosu zu befehlen, sie zurückzubringen, aber das würde nur noch mehr Komplikationen hervorrufen. Stattdessen rannte sie vor ihm davon.
 

„Tenten-hime?“, machte sich plötzlich Lee wieder bemerkbar. Er war beunruhigend still gewesen und Tenten hatte ihn nicht mal bemerkt, obwohl er schon eine ganze Weile schweigend neben ihr hergegangen sein musste. Es machte sie nervös, dass er so angespannt war und sie selbst konnte ihre Panik nur schwer unterdrücken. Sie hatten lange keine Pause mehr eingelegt und sie wollte nur noch schlafen. „Ja?“ Lee betrachtete statt ihr den Schnee, dann kehrte der Glanz in seine Augen zurück. „Es ist wunderschön, nicht wahr?“, rief er und beschleunigte seine Schritte. Tenten konnte kaum mithalten. Wieso legte er plötzlich eine solche Energie an den Tag, wegen des Schnees, der sie doch gerade ein Hindernis für sie darstellte?
 

„Wir kommen überhaupt nicht voran, Lee“, wagte Tenten zu sagen und konnte die Ungeduld und Resignation doch nicht richtig aus ihrer Stimme verbannen. „Aber der Schnee ist doch schön, nicht wahr, Tenten-hime?“ Tenten seufzte. Lee war so ernst, wenn es sein musste, aber sonst… war er einfach nur unschuldig und ein wenig zu naiv.
 

„Ja, er ist schön“, murmelte sie und fragte sich im gleichen Moment, wie es gewesen wäre, wenn sie mit Neji durch den verschneiten Wald gegangen wäre. Er hätte geschwiegen, er hätte sich nicht anmerken lassen, was er fühlte. Aber wenn er geglaubt hätte, dass ihn niemand sehen würde, dann hätte er gelächelt. Er hätte sich gefreut, einfach, weil es da war. Neji war in vielerlei Hinsicht wie der Winter gewesen. Ruhig und ausgeglichen. Eiskalt. Und so voller Geheimnisse wie diese Jahreszeit, die Tenten noch immer ein Mysterium war und die sie trotz allem schön fand. Wenn es nur passiert wäre …
 

„Kann ich Euch etwas fragen?“, holte sie Lees Stimme plötzlich wieder in die Gegenwart. Er schien ein wenig beherrschter. Vorhin hatte Ino ihn zusammengestaucht und ihn daran erinnert, dass es nicht unbedingt von Vorteil war, wenn ihre Verfolger sie anhand seiner Freudenbekundungen aufspüren würden. Es überraschte sie, dass er jetzt so ernst neben ihr ging, wenngleich die kindische Freude nicht aus seinen Augen verschwunden war. „Was denn?“, fragte sie und irgendwo in ihrem Hinterkopf ahnte sie, dass dieses Gespräch nicht zu denen gehören würde, die sie gerne führen würde. Lee sah sie an. Tenten blinzelte. Er wandte seine Augen nicht ab und als Tenten seinem Blick folgte, sah sie, was seine Aufmerksamkeit fesselte. „Das Schwert…“, brachte er heraus, „ist das…?“ „Es ist nur ein Schwert, Lee. Ich wollte in der Lage sein, mich zu verteidigen, deshalb habe ich es mitgenommen.“ – „Aber-“ „Es ist nur ein Schwert, Lee.“ Ihre Stimme war lauter geworden und Ino und Hinata die vor ihnen gingen, drehten sich zu ihnen um und waren nach einem Moment des Wartens auf gleicher Höhe mit ihnen.
 

„Nein“, brachte Lee ehrfürchtig hervor, „ich habe von diesem gehört. Aber, Tenten-hime… wie ist das möglich… es war verschollen.“ Tenten spürte, wie sie in die Enge getrieben wurde. Lee ahnte, nein, er wusste, dass es sich bei der Waffe um Amaterasu handelte. „Lee, das ist eine ganz gewöhnliche Waffe, die ich aus der Waffenkammer mitgehen lassen habe, als ich den Palast verlassen habe.“ Lee starrte sie an. Tenten blinzelte wütend. „Das ist das Sonnenschwert“, sagte er.
 

Ino schnappte nach Luft, drehte sich zu ihm um und sah ihn an, ohne ihn auch nur eine Sekunde aus den Augen zu lassen. „Wie bitte? Wenn du mir Lügen auftischst, Rock Lee, dann-“- „Aber es ist wahr“, verteidigte sich Lee, „das Schwert um das sich Mysterien ranken, eins der drei legendären Schwerter neben Ryujin und Orion. Die Klinge, die nur von einer Frau geführt werden kann. Eine Waffe, die von der Sonnengöttin persönlich stammen soll und ihren Namen trägt. Wie kann es sein, dass Ihr es besitzt, Tenten-hime? Wie kann es sein, dass Ihr damit umgehen könnt!“ Tenten schwieg. Ihre Antwort hätte nicht deutlicher sein können. Lee schien noch eine ganze Menge mehr sagen zu wollen, aber Ino brachte ihn mit einem wütenden Blick zum Schweigen. Sie setzten ihren Weg fort und der noch immer stetig fallende Schnee machte es ihnen noch beschwerlicher. Langsam… Flocken für Flocken bedeckten die winzigen Eiskristalle die Erde und ließen sie in einem eigenartigen Glanz erstrahlen. Die Ewigkeit, die von diesem Phänomen ausging, war beinahe körperlich zu spüren. Ein eiskalter Wind peitschte ihnen entgegen, doch Tenten, die in ihren Erinnerungen versank, achtete nicht mehr darauf.
 

„Es wusste jemand, dass ich mit Amaterasu kämpfen kann“, durchbrach sie nach einer Weile die Stille. Die anderen sahen sie fragend an, machten aber keine Versuche sie zu drängen. „Ich habe mit Neji gekämpft“, fügte sie hinzu, als sie sich an das Ereignis zurückerinnerte, das schon so weit zurück zu liegen schien. „Mein Cousin?“ In Hinatas Gesicht stand Überraschung. Tenten nickte nur. Damals… Sie ging weiter. Westen… Sie hatte keine Zeit mehr in der Vergangenheit zu schwelgen. „Wer hat gewonnen?“, fragte Ino plötzlich und als Tenten sie ansah, schien sie die Frage schon wieder zu bereuen. Aber… jetzt wo sie es fragte… Wer hatte eigentlich gewonnen? Oder hatten sie beide verloren?

Wer gewann einen solchen Kampf. Derjenige, der schneller, technisch besser war? Jemand, der tückisch war und mit gezinkten Karten spielte? Oder der, der am Ende noch stand während der andere besiegt zu seinen Füßen lag? War der Tod eine Niederlage?
 

Schneeflocken bedeckten ihr Haar, eine fiel auf ihre Wange. Auf eine gewisse Weise war auch der Schneesturm wie ein Tanz. Wirbelnder Wind, der Abermillionen Flocken tanzen ließ. Ihr Kampf mit Neji war auch so gewesen. Langsam stetig, wenn der eine einen Schlag geführt hatte, wich der andere ihm aus. Wenn sie sich duckte, wirbelte Neji bereits wieder herum. Bewegungen, die perfekt aufeinander abgestimmt waren. Tenten wischte sich über die Wange. Das winzige Eiskristall war bereits wieder geschmolzen.
 

„Niemand hat gewonnen“, antwortete sie schließlich wahrheitsgemäß, „ich war genauso gut wie er, aber es wird keine zweite Chance geben, um herauszufinden, wer von uns wirklich besser war.“ Tenten machte eine erschöpfte Bewegung und folgte dem unsichtbaren Band, das sie durch den Irrgarten an Bäumen zu führen schien. Westen… Wie lange dauerte es bis sie das Ziel erreichten? Hatte der Fremde sie doch angelogen? Das Schweigen der anderen begleitete sie und nach einer Weile hörte sie den Schnee hinter ihr knirschen. Sie ließen eine Spur aus Fußabdrücken zurück, die nach einer Weile schon wieder von neuem Schnee bedeckt sein würden. Keiner von ihnen bemerkte den Schatten, der ihnen durch die Bäume folgte…
 

.

.

.
 

Die Sonne versank gerade hinter dem Horizont, als sie Rast machten. Der Himmel hatte jetzt ein trübes dunkelgrau angenommen und der Wind, der ihnen immer noch eiskalt entgegen wehte, machte es nicht gerade besser. Tenten spürte, dass ihre Kleidung völlig durchweicht war, was zur Folge hatte, dass sie unkontrolliert zitterte. Sie war so müde, dass sie alle paar Sekunden einnickte, dann erschrocken wieder hochfuhr und sich über ihre viel zu geringe Belastbarkeit Vorwürfe machte. Der Schlafmangel nach fast drei Tagen ohne großartige Gelegenheiten sich auszuruhen, zerrte an ihren Kräften und Tenten wusste nicht, wie lange sie dieses mörderische Fluchttempo noch durchhalten konnte. Den anderen ging es nicht besser, doch im Gegensatz zu ihr, zeigte Lee kaum Müdigkeit und Hinata schien zu ihrer Überraschung mit dieser Art von Situation vertraut zu sein. Nicht einmal beschwerte sie sich und fragte stattdessen noch, ob sie bei Nacht eine längere Wache übernehmen sollte. Nur Ino schien mit der Anstrengung ähnliche Probleme wie sie zu haben. Gegen Mittag war ihre Laune auf den Tiefpunkt gesunken, was vor allem Lee zu spüren bekam. Trotz allem hatte Ino ihr schon mehr als einmal einen sehr besorgten Blick zugeworfen, was Tenten sagte, dass sie sich mehr um ihre Gesundheit sorgte, als um ihre eigene und ihren Ärger deshalb größtenteils herunterschluckte.
 

Jetzt saßen sie um ein notdürftig errichtetet Feuer herum, das jeden Moment auszugehen drohte. Lee stocherte lustlos in der Glut herum, Hinata hatte sich gegen einen Baum gelehnt und Ino überprüfte gerade das wenige Gepäck, das sie noch bei sich trugen. Auf einmal legte sie den Beutel, den sie eben noch inspiziert hatte, beiseite und seufzte.
 

„Tenten-hime, seid Ihr wirklich sicher, dass es richtig ist, wenn wir den Anweisungen eines Fremden folgen?“ Tenten konnte es ihr nicht verübeln, dass sie skeptisch war. In der letzten Viertelstunde hatte sie den anderen erzählt, was ihr beim Verlassen der Kneipe passiert war. Lee hatte sich über die Brutalität des Mannes aufgeregt und Hinata war ganz still geworden, als wenn sie genau wie Tenten spürte, dass diese Begegnung mehr bedeutete als eine kleine Hilfeleistung. Es blieb an Ino das Misstrauen auszusprechen, das sie insgeheim alle fühlten. „Ich bin mir nicht sicher, dass es richtig ist, Ino“, antwortete sie deshalb, „es könnte eine Falle sein-“, zustimmender Blick seitens Lee, „-aber wir haben keine andere Wahl, als die wenigen Informationen, die wir haben zu überprüfen.“
 

Lee warf wütend den Stock ins Feuer, das einmal kurz zischte. „Was soll das denn überhaupt heißen? Nach Westen! Wunderbar! Als, wenn er uns nicht sagen könnte, wo genau nach Westen! Und was sollen wir mit dem Hinweis auf Seen anfangen? Es gibt tausende Seen und Tümpel in diesem Wald! Halb Konoha ist von Wald bedeckt!“
 

„Das weiß ich auch!“, fauchte Tenten, „Wenn du dich so gut auskennst, dann zeig mir doch einen besseren Weg, wie wir die Rebellen finden können und Dosu abhängen!“ Lee funkelte sie jetzt ebenso wütend an. Hinata hatte sich erschrocken aufgerichtet und Ino starrte von ihr zu Lee hin und her. „Niemand hat die Rebellen je gefunden“, erwiderte Lee. – „Und genau das ist der Punkt!“, rief Tenten. „Wir haben überhaupt keine Wahl als jedem Hinweis nachzugehen!“ Lee sagte nichts darauf und Tenten machte das nur noch wütender. Sie konnte sich nicht recht erklären, warum Lees Aussage sie überhaupt so wütend machte. Vielleicht war es, weil er tatsächlich Recht hatte und sie die bittere Wahrheit, die den wenigen Mut, den sie noch hatte, so sehr verminderte. Vielleicht war es aber auch, weil er ihre Führung anzweifelte. Oder war es, weil er ihrer Gutgläubigkeit misstraute? Tenten knirschte mit den Zähnen.
 

„Dosu wird uns einholen, Tenten-hime“, sagte Lee dann, „wir sind zu erschöpft und sie sind in der Überzahl. Sie können ein viel größeres Gebiet durchkämmen als wir und sie sind schneller als wir. Wir werden ihnen bald begegnen.“ Und was dann? Die stille Frage schien in der Luft zu hängen und Tenten wurde klar, dass sie Lee Unrecht getan hatte. Er wollte sie nicht kritisieren, er suchte lediglich nach einem Ausweg – den es nicht gab. Die Erschöpfung und der Stress hatten sie alle reizbar gemacht. Dadurch, dass sie einen völlig unbekannten Weg in einem Schneesturm einschlugen, wurde es auch nicht besser und nach den Stunden ständigen Marschierens, ohne etwas zu Essen, begann der Hunger an ihnen zu nagen. Tiere gab es kaum, die Pflanzen waren erfroren oder sie wussten nicht, ob sie sie gefahrlos essen konnten. Die einzige Mahlzeit, die sie bekommen hatten, waren ein paar essbare Wurzeln gewesen, die Hinata gefunden hatte. Sie hatte auch das Feuer entfacht und Tenten konnte nicht anders als dankbar zu sein, jemanden mit ihren Kenntnissen dabei zu haben. Nur Wasser gab es reichlich. Sie waren umgeben davon. Der Schnee war zwar eiskalt, aber wenn man ihn lange genug im Mund behielt, löschte er zumindest vorläufig den Durst. Tenten hatte nicht gewusst, in was für eine Katastrophe sie die anderen hereingeführt hatte. Sie hatte immer nur daran gedacht, wie es war, wenn sie den Rebellen gegenüberstanden – nicht was sie vorher überwinden mussten oder ob sie überhaupt dort ankommen würden.
 

Die Tochter des Fürsten betrachtete die erschöpften Gesichter ihrer Gefährten. Lee schien sich wieder beruhigt zu haben, Ino und Hinata wirkten merklich entspannter, auch, wenn da immer noch etwas Gehetztes in ihren Zügen war. Wie ein in die Enge getriebenes Tier, das seine letzte Kraft in die Flucht steckte. Es war dieses winzige Detail, das ihr die Augen öffnete. Sie suchten nicht, sie flohen. Das war der Grund, warum sie durchgehalten hatten. Nicht, weil ihre Motivation oder die Aussicht das Rebellenversteck zu finden, so groß waren, sondern einzig allein wegen ihrer puren Angst vor einer weiteren Konfrontation. Tenten zitterte und im gleichen Moment fragte sie sich, ob sie auch so aussah wie Ino oder Hinata. Würde ihre Reizgrenze mit der Zeit ohne Nahrung auch immer niedriger werden wie bei Lee? Aber sie durfte es nicht zeigen. Um alles in der Welt durfte sie sich ihre Gefühle nicht anmerken lassen. Die anderen vertrauten ihr. Wenn sie ihnen Anlass zur Beunruhigung gab, war alles aus.
 

„Wir sollten weitergehen“, murmelte Tenten. Lee warf ihr einen Blick zu, sagte aber nichts. Nur seine Augen stellten eine weitere stille Frage. Wie lange konnten sie davon laufen, bis sie sich der Übermacht stellen mussten? Lee richtete sich auf und stapfte eine Anhöhe hinauf.
 

Ino löschte das Feuer. Still folgten ihm die anderen und jeder von ihnen versank in seinen eigenen Gedanken. Der Schnee knirschte unter ihren Sohlen, der Wind wehte ihnen eisig entgegen und das Gefühl der Verfolgung lastete noch stärker auf ihnen allen. Tenten wusste, dass Lee erschöpft war, Ino hatte noch nie eine Waffe in der Hand gehabt – nicht, dass eine vorhanden wäre – und Hinata war schlicht zu sanft, um jemand anderen irgendetwas anzutun. Sie selbst hatte keinerlei Erfahrung im direkten Kampf, der ganz anders sein konnte als eine einfache Übung.
 

„Die Spur führt hier entlang, Dosu-sama!“ Tenten erstarrte. Die Stimme war nicht mal hundert Meter entfernt von ihnen. Auch die anderen waren abrupt gestoppt. Der Luxus einer Pause hatte sie entscheidende Zeit gekostet… Einen Moment lang sahen sie sich alle wortlos an. Sekunden verstrichen. Niemand rührte sich. Es war ein seltsames Gefühl und für eine Sekunde glaubte Tenten ihre eigene Angst auch bei den anderen zu sehen. Ein Pferd wieherte. Das Geräusch von immer näherkommenden Hufen. Tenten merkte, wie sie zu zittern begann. „Lauft“, wisperte sie.
 

Im nächsten Moment rannten sie. Lee setzte sich an die Spitze, vermutlich um als Erster reagieren zu können, falls Dosus Soldaten sie abfangen sollten. Der Schnee machte jede ihrer Bewegungen beschwerlicher. Noch ein Mal spannte sie die Muskeln an. Tenten war müde und jede einzige Bewegung kostete sie mehr Kraft, doch die Stimmen verschwanden nicht. Die Bäume rauschten an ihnen vorbei, als sie kopflos irgendeinen Weg wählten. Irgendwo wieherte ein Pferd, lauter, viel lauter, als es sein durfte. In der Ferne konnte sie bereits das Geräusch von Hufen hören, die durch den Schnee pflügten. Alles war weiß, es gab kein Dickicht, in dem sie sich verstecken konnten, die Bäume waren kahl und mit wachsender Panik wurde Tenten klar, dass man sie nicht übersehen konnte.
 

Sie hörte Hinata hinter sich keuchen, ihr Atemrythmus war aus dem Gleichgewicht gekommen. ‚Weiter’, flehte sie innerlich, doch im selben Moment wusste sie, dass ihre Hoffnungen umsonst waren. Alle ihre Muskeln waren angespannt. Sie rannte und rannte - und konnte ihre Verfolger immer näher kommen hören.
 

Auf einmal durchschnitt das Sirren eines Pfeils die Luft. Lee reagierte als Erster. Blitzschnell machte er auf dem Absatz kehrt und riss Tenten und Hinata mit zu Boden. Ino wich gerade noch rechtzeitig nach links aus. Sofort war Lee wieder auf den Beinen, warf einen beunruhigten Blick zu dem Pfeil, dessen schwingender Schaft im Stamm eines Baumes steckte und zerrte Hinata hoch. Das schüchterne Mädchen war leichenblass, sie atmete kurz und schnell, in ihren Augen spiegelte sich blanke Angst.
 

Kaum dass sie auf dem Boden aufkam, hatte sie sich auch schon wieder hochgerappelt. Ihr Herz hämmerte gegen ihre Brust und sie sah sich panisch nach einem Fluchtweg um. Es gab keinen. Aus dem Schatten der Bäume kam ihnen eine Gestalt entgegen. Ein langer, wehender Umhang umspielte seinen Körper. Im Gegensatz zu ihnen wirkte er ausgeruht und frisch; seine Hand umschloss bereits das Heft seines Schwertes.
 

Hinter ihm tauchten weitere Männer auf. Manche zu Fuß, andere zu Pferde. Tenten warf einen Blick zurück, aber auch dort blockierten Soldaten den Weg. Sie waren eingekesselt. „Tenten-hime“, sagte Dosu mit einer übertriebenen Verbeugung und lächelte siegesgewiss. Sie starrte ihn hasserfüllt an. „Warum folgt Ihr mir, Dosu-san?“ - „Warum seid Ihr überhaupt davongelaufen?“, schoss Dosu zurück. Die wässrigen Augen fixierten sie. Sanft, fast belustigt zwar, aber es waren die gleichen kalten Augen, mit denen der Krieger auf einen Unschuldigen herabgesehen hatte im Moment, in dem er seine Klinge in dessen Leib gerammt hatte.
 

„Mao-Chéng-sama schickt mich. Orochimaru-sama selbst hat mich für diesen Auftrag vorgeschlagen. Ihr werdet nach Konoha-Gakure zurückkehren.“ Ihre Hand huschte zu ihrem Schwert. „Ich werde nicht zurück gehen.“ Dosus Augen verengten sich. Tenten spürte wie ein paar Bogen gespannt wurden. „Ich habe meine Befehle“, entgegnete er, „wenn nötig, werde ich Euch mit Gewalt zurückbringen.“ Tentens Finger umschlossen Amaterasus Griff, sie stabilisierte ihre Atmung, spannte ihren Körper an. Wieder spielte sich der Mord vor ihren Augen ab. War das die ganzen letzten Jahre geschehen, ohne dass jemand es gemerkt hatte?

„Dazu habt Ihr kein Recht“, sagte Tenten gefährlich leise, „wie könnt Ihr es wagen, mir zu drohen!“ Dosu brach in ein herablassendes Lachen aus. Tenten kroch ein Schauer über den Rücken. „Wir sind hier nicht in der Hauptstadt, Prinzessin. In der Wildnis herrschen andere Gesetze.“
 

„Mord gehört weder in die Hauptstadt noch in die Wildnis.“, erwiderte Tenten. „Mord?“ Dosu verzog seinen Mund zu einem dreckigen Grinsen. Das war Antwort genug. „Du widerlicher, kleiner Wurm“, knurrte Lee. Dosu warf ihm einen Blick zu. Dann grinste er. „Es fällt niemandem auf, wenn ein oder zwei verschwinden. Mit wem fange ich an, hm?“ Seine Augen wanderten zu Ino und blieben dann an Hinata hängen. „Interessant.“ Er grinste und sagte dann: „Die gleiche Situation hatten wir schon einmal, nicht wahr, Kleine?“ Hinata zitterte, brachte aber keinen Ton heraus. Ihre Augen waren geweitet und sie schien vor Angst fast gelähmt zu sein. „Diesmal ist dein Cousin nicht da, um dich rauszuhauen“, fuhr Dosu fort. „Na, wie fühlt sich das an?“ „Du wirst sie nicht anrühren“, fauchte Lee und glitt übergangslos in eine Angriffshaltung.
 

Dosus Hand fuhr zu der Klinge an seiner Hüfte. „Willst du der Erste sein, Rock Lee? Ich dachte eigentlich Uchiha hätte ganze Arbeit geleistet.“ „Du wirst gleich sehen, wie gut er sie gemacht hat“, knurrte Lee. Tentens Blick huschte zu Lee, der bereit schien sich auf Dosu zu stürzen, obwohl er wusste, dass ihn ein Dutzend Pfeile zuerst treffen würden. Dosu wollte keine Zeugen… Er wollte sie zurückschleppen und die anderen töten. „Lee…“ Er reagierte nicht.
 

„Du bist genauso stur wie er. Wieso kannst du nicht einfach einsehen, dass du verloren hast?“ Dosus Stimme war fast amüsiert, „Du weißt doch, wie Neji geendet ist, als er meinte, sich auflehnen zu müssen.“ Tenten erstarrte. Neji? Was hatte Neji damit zu tun? Lee warf einen flüchtigen Blick zu ihr und Hinata. Tentens Gedanken überschlugen sich. Neji… Neji! Aber er war tot! „Was?“ Ihre Stimme war nur ein Flüstern, aber Dosu hatte sie trotz allem gehört. „Wusstet Ihr das etwa nicht, Tenten-hime? Habt Ihr es nie bemerkt?“, seine Stimme nahm einen Ton an, der ihr zeigte wie sehr er seine Macht genoss. Fast genießerisch leckte er sich über die Lippe. „Habt Ihr je seinen Rücken gesehen?“ Seinen Rücken? „Ihr erinnert Euch an jene Nacht?“ Es war keine Frage. In Tenten keimte eine schreckliche Vorahnung auf. Etwas fügte sich in ihrem Kopf zusammen, etwas, das sie damals nicht hatte sehen können. Wie gebeugt er damals gegangen war… Wie er immer wieder nach Luft geschnappt hatte, als wenn er dagegen ankämpfte, nicht den Schmerz über seinen Körper triumphieren zu lassen. „Du hast ihn gefoltert!“, schrie Lee.
 

„Vergiss, was geschehen ist…“ Er hatte sie damals so sehr verletzt und sie hatte nicht bemerkt, dass er sie eigentlich beschützen wollte. Amaterasu glitt schneller aus der Scheide als je zuvor und bevor sie irgendjemand aufhalten konnte, rannte sie mit gezückten Schwert auf Dosu zu. Vergessen war ihre Müdigkeit, vergessen, an welchem Ort sie sich befanden. Selbst der Grund für ihre Reise wurde bedeutungslos. Da war nur ein unbändiger Hass, wie sie noch nie einen gefühlt hatte. So plötzlich und mit einer solchen Kraft, dass sie glaubte, davon zu verbrennen. Hass auf Dosu. Hass auf alle, die in ihrem Namen Morde begingen. Hass auf alle, die Neji in den Tod getrieben hatte. Ein nie erlöschendes Feuer genährt von unbändiger Wut und einer so tiefen Verletztheit, die sie weit zurückgedrängt hatte. Sie wollte, dass er litt, wie Neji gelitten hatte. Sie wollte, dass er die gleichen Schmerzen erfuhr. Sie wollte ihn töten.
 

Dosu war überrascht von ihrem Angriff. Gerade noch rechtzeitig blockte er den Angriff und stolperte überrumpelt ein paar Schritte zurück. „Tenten-hime!“, hörte sie Ino rufen, aber es war bereits zu spät. Dosus Untertanen waren zu überrascht, um sie aufzuhalten und sie machte sich diese Unachtsamkeit eiskalt zunutze. Sie setzte Dosu nach, der sich noch immer zu sammeln versuchte und traf mit der Klinge seine Schläfe. Augenblicklich schoss Blut aus der Wunde und Dosu wischte sich wütend über das Gesicht. Rotes Blut verfärbte den weißen Schnee. Eine einzige Frage entkam ihren Lippen. „Warum?“ Dosu hob sein Kurzschwert, deutete mit der Spitze auf ihr Herz. Tenten spürte seine Wut. Seine Wut, dass eine Frau ihn angriff. „Weil er im Weg war“, zischte er. „Er hat nie etwas getan.“ Sie trat einen Schritt nach rechts, Dosu folgte. „Es war nicht das, was er getan hatte. Es war das, was er war.“
 

Was er war? Die Klinge zischte durch die Luft und Tenten blockte sie rechts von ihrer Schulter. Die Schwerter zitterten und ihr wurde augenblicklich klar, dass Dosu auf Kraft setzte. Er war stark, aber sie war schneller als er. Sie tauchte unter dem nächsten Hieb hinweg und zielte im Fallen auf seine Schwerthand, erwischte ihn aber nicht richtig und traf stattdessen mit der stumpfen Seite der Klinge. Dosu holte scharf Luft, biss aber die Zähne zusammen und lockerte den Griff um das Heft um keinen Millimeter. Er befand sich in einer Sackgasse und er wusste es. Die Bogenschützen konnten nicht auf sie zielen, da sie sonst riskierten auch ihn zu treffen. Tenten selbst schützte die Tatsache, dass er sie nicht töten durfte. Ihr Kleid wirbelte um sie herum, legte sich dann wieder über ihre Hose, als sie kurz innehielt und flatterte wieder durch die Luft, als sie die Klinge elegant über ihren Kopf sausen ließ und sich erneut auf ihn stürzte. Das metallische Geräusch zweier Schwerter ertönte in der Stille.
 

„Wie konntest du es wagen, ihn zu foltern!“, schrie sie. Tenten war vollkommen außer sich, konnte keinen klaren Gedanken mehr fassen und dann war da nur noch Schmerz. Er wollte sie beschützen… Er hatte sich davor gefürchtet, dass man ihr etwas antun konnte… Ihr anstatt ihm selbst!
 

Und Dosu schien selbst das noch zu amüsieren. Genau wie er den Tod Kenzos einfach so hingenommen hatte. Ihr nächster Schlag war so stark, dass sie ihn drei Schritte zurückdrängte. Tenten setzte nach, führte das Schwert in einem geschickten Winkel von rechts unten und schaffte es beinahe Dosu zu entwaffnen. Dieser wich vor ihr zurück. Endlich schien er sie ernst zu nehmen und sie wusste, dass er es hasste. Der Schnee knirschte, als er langsam um sie herum ging, jeden Moment in der Erwartung, sie könne ihn erneut angreifen. Aus den Augenwinkeln sah sie, wie Hinata verzweifelt ihre Hände zu Fäusten ballte. Wie Ino immer wieder ihren Namen rief. Wie Lees Züge einen Ausdruck vollkommener Nutzlosigkeit annahmen. Weil sie nicht eingreifen konnten. Weil sie dazu verdammt waren zu zusehen…
 

„Ihr solltet bereuen, dass Ihr ihn damals nicht aufgehalten habt“, sagte Dosu. „Ihr solltet bereuen, dass es zu diesem Moment gekommen ist.“ Tenten starrte ihn an. Dieser eine Moment… Seine Augen, die von der gleichen Farbe waren wie der Mond. Sein Haar, das ihre Wange streifte. „Dann bin ich ein Sünder…“ Hatte er gewusst, was mit ihm geschehen würde? Ein unglaubliches Gefühl der Leere breitete sich in ihr aus. In ihr war nichts mehr außer der unendlichen Traurigkeit, die sie nie richtig losgelassen hatte. Tenten stand etwa zwei Meter entfernt von Dosu, der sich ab und an über die Stirn wischte, um seine Sicht von dem Blut nicht beeinträchtigen zu lassen. Er stand da und Tenten sah ihn doch nicht an. „Er ist tot, Tenten-hime. Es tut mir leid“. Die Umgebung schien vor ihr zu verschwimmen. Die Baumstämme zwischen denen die Soldaten standen wurden zu schwarzen Strichen im Schnee.
 

„Irgendwie tut Ihr mir sogar leid, Tenten-hime. Es war doch klar, dass es früher oder später dazu kommen würde. In unserer Welt ist es der Tod, sein Herz an irgendjemanden zu hängen.“ Tenten spürte wie die Klinge in ihrer Hand zitterte. Und dann fühlte sie wie etwas Feuchtes ihre Wange hinunterlief. Sie sah Dosu an und ihre Tränen nahmen ihr beinahe die Sicht. „Ich habe ihn mein ganzes Leben lang geliebt!“, schrie sie und ein Schluchzer entrang sich ihrer Kehle.
 

Ihr Haar flog um ihren Kopf herum, kalte Luft traf auf ihre Haut und Amaterasu blitze kurz auf. Dosus Augen waren eiskalt, als sie nah genug bei ihm war und im selben Moment wusste Tenten, dass er sie niemals verstehen konnte. Jemand wie er konnte sich in sie hineinversetzen, er wusste wie er ihr Schmerzen bereiten konnte, aber wirklich verstehen was sie fühlte, was es für sie bedeutete… das konnte er nicht.
 

Sie führte das Schwert von rechts und ihr Körper folgte dem Schlag. In diesem Moment spürte sie die Präsenz Amaterasus stärker als je zuvor. Die Klinge wurde zu einem Teil ihrer selbst. Beinahe schien es, als hätte die uralte Waffe seine neue Trägerin selbst gewählt. Irgendwo im Unterbewusstsein nahm sie wahr, wie die Geschwindigkeit ihre Tränen aus den Augenwinkeln wischte. Dann war sie bei Dosu und der wuchtige Schlag brachte sie fast aus dem Gleichgewicht. „Mao-Chéng hat nie erwähnt, in welcher Verfassung Ihr zurückkehren sollt“, zischte er. Sie schauderte, hatte aber keine Zeit weiter darüber nachzudenken. Tenten wich einem weiteren Hieb aus und das Kurzschwert bohrte sich an die Stelle, an der eben noch ihre Hand gewesen war. Ein paar Haare segelten auf den Boden. Tenten wich zur Seite aus und im nächsten Moment trafen die beiden Schwerter abermals zusammen und sie spürte, wie Dosu sie immer weiter zurückdrängte. Er war stark, viel stärker als sie erwartet hatte. Ein direktes Kräftemessen würde ihr niemals den Sieg bringen. Geschickt bewegte sie die Klinge und ein ohrenbetäubendes Kreischen ertönte, als sich das Metall aneinander entlang bewegte. Kurz war Dosu abgelenkt und diesen Moment nutzte Tenten, sie drückte Dosus Schwert beiseite und ließ seinen Oberkörper ohne Deckung zurück. Ohne weiter nachzudenken zielte sie auf seine linke Schulter. Die Klinge traf auf seinen Körper, bohrte sich tief in den Stoff seines Hemdes, doch bevor sie ihn verletzen konnte, spürte sie einen Widerstand. Die Klinge verhakte sich in einer geknüpften Rüstung, wie sie Samurai in einer Schlacht trugen.
 

Ein Zischen unterbrach ihre Gedankengänge, ihre Augen weiteten sich, aber es war zu spät. Der Stoff ihres Ärmels riss mit einer einzigen Bewegung Dosus Schwertes. Dann spürte sie den Schmerz. Sie traute sich kaum hinzusehen. Der Schnitt zog sich schräg fast über ihren ganzen Oberarm. Er war zwar nicht besonders tief, doch er zeigte trotz allem seine Wirkung. Tenten taumelte zurück und rutschte fast auf dem glitschigen Boden aus, der ihren festen Stand ohnehin fast unmöglich machte. „Tenten!“, brüllte Lee und machte Anstalten auf Dosu zu zurennen. „Bleib, wo du bist“, schrie sie zurück, „das ist mein Kampf!“ Lee blieb abrupt stehen. Doch statt ihm, antwortete Ino: „Das ist Wahnsinn, Tenten-hime, er bringt Euch um!“ Sie achtete nicht auf sie. Dosu ging einen Schritt auf sie zu, diesmal mit einem ernsten, berechnenden Gesichtsausdruck. „Lasst das Schwert fallen, Tenten-hime und ich verschone die anderen.“ Aus den Augenwinkeln sah sie, wie die Bogenschützen ihre Sehnen zurückzogen. Im Gegensatz zu ihr, konnten sie aus der Distanz töten und Dosu war schlau genug, nicht auf sie selbst zu zielen, sondern auf das, was sie unbeweglich machte. Ihre Freunde. Wenn sie starben, wäre es ihrem Vater egal, wenn er seine Tochter im Gegenzug wieder bekam. Es war schlau und grausam zugleich.
 

Der Schnee knirschte, als Dosu noch einen Schritt auf sie zumachte. Und ihr Blut tropfte auf den Boden, rote Spuren hinterlassend; in ihrem Arm spürte sie ein dumpfes Pochen und Tenten wusste, dass sie nicht mehr lange durchhalten würde. Sie war nicht beidhändig wie Neji oder Sasuke. Wenn ihr rechter Arm unbrauchbar wurde, war sie verloren. Dosu machte einen weiteren Schritt auf sie zu. Er lächelte siegesgewiss. Tenten wich eine Winzigkeit zurück, aber noch immer ließ sie Amaterasu nicht los. Durch die Stille hörte sie, wie ein paar Sehnen noch weiter zurückgezogen wurden. Dosus kalte Augen blickten ihr entgegen und sie wusste, dass es nur noch eine Chance gab. Ihr Körper schnellte in einer rasanten Bewegung vorwärts und Amaterasu traf auf das Kurzschwert. Der Schmerz schnürte ihr fast die Luft ab, aber sie kniff die Zähne zusammen. Die Kraft, die sie in den Schlag gelegt hatte, beinhaltete alle ihre Energiereserven. Dosu, der mit einer Kapitulation gerechnet hatte, traf dieser Angriff vollkommen unvorbereitet. Er hatte keine Zeit zu parieren und ehe er es gemerkt hatte, flog das Schwert weit außer Reichweite in den Schnee. Tenten stand ihm gegenüber, den Arm ausgestreckt, das Schwert auf den Mann vor ihr deutend.
 

Es war totenstill. Dann trat sie einen Schritt auf Dosu zu, der zurückstolperte. Sie beide sagten nichts, aber Tenten konnte sehen, wie die Angst langsam seinen Körper lähmte, als er realisierte, dass er ihr ausgeliefert war. Noch ein Schritt. Dosu keuchte, noch immer hatte sie das Schwert ausgestreckt. Ein weiterer Schritt. Jetzt, wo er unbewaffnet war, zeigte sich sein wahres Wesen. Ein Mann, der aus dem Hinterhalt angriff, die Schwäche seiner Gegner nutzte und einem fairen Kampf immer ausgewichen war.
 

„Wag es nie wieder, mir unter die Augen zu kommen, Dosu Kinuta.“ Er stolperte weiter und plötzlich strauchelte er und fiel nach hinten. Tenten setzte nach und stand dann direkt vor ihm. Er kroch rückwärts. Jetzt könnte sie ihn fragen, was mit Neji passiert war. Aber wollte sie es überhaupt so genau wissen? „Ihr könnt mich nicht töten, Tenten-hime“, riss Dosus Stimme sie wieder aus ihren Gedanken. Sein Mund verzog sich zu einem falschen Lächeln und bevor Tenten reagieren konnte, hatte er die Hand gehoben.
 

Undeutlich nahm Tenten wahr, wie ein Dutzend Sehnen losgelassen wurden und die Stille von dem Zischen von Pfeilen durchbrochen wurde. Aber sie galten nicht ihr… „Hinata!“, schrie Tenten, als sie herumfuhr und das Unausweichliche beobachtete. „Lee! Ino!“ Doch ihre Rufe erreichten ihre Freunde nicht mehr. Die Zeit schien stillzustehen, Tenten merkte nicht mal mehr, wie sie die Augen zusammenkniff. Zu spät.
 

Das Geräusch von Metall, schwerer in der Luft, doch so schnell geworfen, dass das menschliche Auge der Bewegung nicht folgen konnte. Neun Pfeile wurden durchbohrt und an verschiedenen Baumstämmen aufgespießt. Tenten blinzelte. Dann fiel ihr Blick auf Hinata, die zwar zitterte, aber unverletzt war. Ino und Lee stand der Schreck im Gesicht.
 

Plötzlich ertönten Schreie. Blitzschnell fuhr Tenten herum und sah gerade noch wie drei der Soldaten tot auf der Erde aufkamen. Ein Schatten huschte durch die Bäume. Er bewegte sich mit einer Geschwindigkeit, die sie an ihrer Einschätzung zweifeln ließ. Seine Bewegungen waren so geschmeidig wie die einer Raubkatze. Leise und todbringend. Sie wusste, dass da jemand war, aber es war unmöglich auszumachen, aus welcher Richtung er kam. Dann hörte sie einen Ast leise knarren und als sie hochsah, blickte sie ins Angesicht einer vollkommen schwarz gekleideten Gestalt. Tenten begegnete einen kalten, ausdruckslosen Blick aus eisblauen Augen, doch mehr konnte sie nicht erkennen. Es lief ihr eiskalt den Rücken herunter und hektisch versuchte sie die neue Situation einzuschätzen.
 

Sein Gesicht war von einer Maske verdeckt. Nicht mal die Farbe seiner Haare oder die genaue Form seines Kopfes war erkennbar. Hätte sie ihn nicht anhand seines Ganges als einen Mann erkannt, könnte er genauso gut eine Frau sein. Sie wusste, was er war, noch bevor sie ihn ein weiteres Mal ansehen musste. Attentäter, Mörder, Schattenkämpfer… sie hatten viele Namen.
 

Seit langem waren sie verschwunden, hatten im Untergrund gelebt und ließen die Menschen glauben, es gäbe sie nicht mehr. Bis sie in Vergessenheit gerieten und dann schlugen sie zu. Jedes Mal so unerwartet, dass die Menschen wochenlang aus Angst vor weiteren Anschlägen nicht mehr richtig schlafen konnten. Geräuschlos, unerkannt, unbesiegbar durch den Mythos, der sie umgab… Sie hinterließen keine Spuren, nur eine blutige Reihe ungeklärter Morde, die manchmal abbrach, aber nie wirklich verschwand. Er war ein Ninja.
 

Tenten warf einen genaueren Blick auf die Waffen, die er geworfen hatte. Der vierfach gezackte Stern hatte jeweils das Holz des Pfeilschafts gespalten und zentimetergenau getroffen. Es war eine wahre Meisterleistung, die sie niemanden je zugetraut hatte. Der Ninja konnte jeden von ihnen in sekundenschnelle töten. Aber warum hatte er ihnen dann geholfen?
 

„Du hast Shikaku Nara umgebracht“, zischte Dosu plötzlich, er stützte sich immer noch mit den Händen im Schnee ab um nicht rückwärts umzufallen, „Orochimaru-sama wusste, dass sie jemanden schicken würden. Jemanden, der unerkannt ihren Auftrag ausführen könnte. Der Mao-Chéng und seine Tochter umbringen kann und eine neue Ordnung schafft, bevor der Krieg überhaupt ausbricht.“
 

Der Ninja antwortete ihm nicht, aber Tenten wusste trotzdem, dass Dosu recht hatte. Die Art, wie sich der Fremde für eine Sekunde lang verkrampfte und seinen Körper zum Sprung anspannte. Der Ast bewegte sich nicht einmal, als er sprang und lautlos auf der Erde aufkam. Als er leichtfüßig über den Schnee ging, war nichts zu hören…
 

Jetzt würde er sie töten, sie wusste es. Tenten sah es an den kalten Augen, die ihren Blick fesselten. Er musste sie schon einmal so angesehen haben, aber warum… warum hatte er sie dann damals nicht getötet? Dann stand er nur zwei Meter entfernt von Dosu und ihr. Und plötzlich wandte der Fremde den Blick von ihr ab und fixierte stattdessen Dosu.
 

„In einem hast du Unrecht, Verräter“, sagte er, „ich handle nicht mehr nach den Befehlen meiner Gemeinschaft.“ Tentens Augen weiteten sich vor Entsetzen. Sie kannte diese Stimme… Es war die perfekte Tarnung, ein Geniestreich so lange unerkannt am Hof ihres Vaters zu bleiben. Der Fremde griff an seinen Kopf und zog die Maske herunter, die sein Gesicht verhüllte. Tenten blickte voller Entsetzen ins Angesicht Naruto Uzumakis.
 

~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~
 

Gebt mir 11 Kommentare, dann bin ich glücklich! So, das musste ich vorab erst mal los werden, weil ich ziemlich sicher bin, dass ich mit diesem Kapitel die 1000 Kommentarmarke knacke. Unglaublich... *kopfschüttel* ihr seid so toll!!! Und ihr ertragt sogar immer noch meine immer länger werdenen Kapitel ^^"
 

Hier ging es mir vor allem um die politische Situation Konohas, ich wollte einfach mal die Seiten aufdecken, die sich in der normalen Bevölkerung abspielen. Und ich habe mir zwischenzeitlich überlegt, dass ich Tenten nicht ein sondern mindestens zwei Kapitel nach den Rebellen suchen lassen muss. Die können die doch nicht sofort finden, Herrgott!(Außerdem warte ich schon eine Ewigkeit darauf endlich mal einen Kampf mit ihr zu schreiben ^^")
 

Ich will jetzt nicht zu viel sagen, weil ihr ja jetzt sicher alle den Schluss im Kopf habt: Naruto. Es hat wirklich kaum jemand in die Richtung gedacht, dass er der Attentäter war. Dabei habe ich einige Hinweise eingestreut. 1. In der Ruine, als Naruto sich viel zu schnell bewegt hat 2. Eisblaue Augen, man muss einfach nur die ausschließen, die keine blauen Augen haben 3. Er ist zurückgeblieben, als Tenten und Co. auf den Berg gegangen sind. Und welche Rolle würde besser zu ihm passen als ein richtiger Ninja? Die gab es ja schließlich auch ^-^ Ich gebe zu am Anfang wollte ich ihn einfach als Stallknecht lassen - durch euch habe ich es mir anders überlegt und bin mit dieser Idee mehr als glücklich. Ein Rätsel gelöst - ein neues kommt hinzu. Wer war der Informant? Ich sage so viel, dass er wichtig ist und ihr ihn alle kennt. Aber jetzt konzentrieren wir uns doch erst mal auf die Frage auf welcher Seite Naruto steht *muhahahaha* Aber ich sage nichts. Ich bin mal auf eure Vermutungen gespannt ^^
 

Vielen Dank noch an Votani und Arethelya fürs doppelte Korrigieren ^^ Kapiteltitel *Search* bedeutet *Suche* für alle, die es nicht wissen.
 

Das nächste Kapitel heißt *Solution* und wird wie der Titel schon sagt... etwas aufklären - sprich: Ich lasse die nächste Bombe platzen XDD
 

hel

moony

~ Kapitel 24: Solution ~

~ Kapitel 24: Solution ~
 

Naruto.“ Hinata war die Erste, die die plötzlich eingetretene Stille durchbrach. In diesem Wort lag Unverständnis, Glück und Erleichterung, unendliche Erleichterung. Doch Naruto warf ihr nur einen kurzen Blick zu, ehe er sich wieder Dosu zuwandte. Der Mann lag noch immer halb aufgerichtet im Schnee und schien sich von Narutos Anblick nicht lösen zu können. „Was willst du hier?“, knurrte Dosu, „Spione erhalten nichts weiter als den Tod.“ Der Blonde beachtete ihn nicht, wandte sich stattdessen ihr, Tenten, zu. Etwas lag in seinem Blick. Seine azurblauen Augen, die sonst so viel Freude ausgestrahlt hatten, waren nun ernst und berechnend. Tenten wich unwillkürlich einen Schritt zurück; noch immer hielt sie das Schwert erhoben.
 

„Ich will euch helfen“, sagte Naruto. Tenten starrte ihn an, suchte in seinen Augen ein Anzeichen von Lüge, von Verrat, doch sein Blick war unbeweglich. Sie hob das Schwert und fand einen sicheren Stand im Schnee. „Warum sollte ich dir glauben?“, presste sie hervor, „du hast versucht mich umzubringen.“
 

Tenten hörte wie Ino ein paar Meter entfernt scharf Luft holte. „Aber ich habe es nicht getan.“, erwiderte Naruto und sah sie fest an. „Lüg’ mich doch nicht an, du hättest mich auf die gleiche Art getötet wie Shikaku Nara!“ Kurz senkte der Ninja den Blick. Fast schien es so, als würde er sich schämen. Erst jetzt bemerkte Tenten, wie er aussah. Die schwarze Kleidung klebte feucht von Schnee an ihm, seine Haltung war zwar noch immer aufmerksam, aber ihr fiel auf, dass er sich wie zum Sprung ducken schien. Unter Narutos Augen lagen Schatten und er schien keinerlei Habseligkeiten bei sich zu tragen. Hatte er überhaupt etwas gegessen? Geschlafen?
 

Sie war so sehr in ihre Gedanken versunken, dass sie Dosus Bewegung zu spät bemerkte. Er rappelte sich auf, ergriff sein Schwert und stürzte sich auf sie. Tenten erstarrte. Der Schock ließ sie an Ort und Stelle verharren. Sie hatte nicht mal mehr Zeit einen Gegenangriff zu planen, doch noch bevor Dosu sie auch nur erreichte, hatte Naruto ihn gepackt und zu Boden geschleudert. Dosu knallte mit dem Bauch auf die eisige Erde und wirbelte dabei den Schnee auf, der nach allen Seiten stob. Naruto war über ihm und drückte sein Gesicht auf den Boden. Es ging so schnell, dass Tenten nicht mal blinzeln konnte.
 

Dosu keuchte. Sein Schwert, das Naruto ihm entwunden hatte, lag unerreichbar etwa drei Meter entfernt. Er stemmte sich gegen Naruto, doch der packte nur seine Arme und riss sie schmerzhaft nach hinten, während er Dosu mit dem Knie am Boden festnagelte. Dosu schnappte nach Luft, zappelte kläglich, doch Narutos Griff war so hart wie Stahl. Er war Naruto so unterlegen wie ein Spatz einem Adler. Eine ganze Weile bäumte er sich immer wieder auf und versuchte Naruto abzuschütteln, doch die Versuche waren vergebens. Dosus Soldaten schrien nach ihm, doch ihr Herr konnte ihnen keine Befehle geben. Eine weitere Salve Pfeile zischte über sie hinweg und einer hätte Naruto fast getroffen, doch er und Dosu wälzten sich außer Reichweite. Dann hatte Naruto endgültig die Oberhand gewonnen. Dosu konnte nicht einen Finger rühren. Seine Augen blitzen wütend und der Schweiß trat ihm auf die Stirn. Er versuchte sich herumzuwälzen um Naruto abzuwerfen, doch der ließ es gar nicht erst dazu kommen. Seine freie Hand schloss sich um Dosus Hals und drückte ihm kurz die Luft ab. Dieser röchelte.
 

„Noch eine Bewegung und ich töte dich“, knurrte Naruto. „Elender Bastard“, spie Dosu aus, doch Naruto beachtete ihn gar nicht. Seine Augen huschten über die Szenerie. Vorbei an Tenten, Hinata, Ino und Lee, dann zu den Soldaten und schließlich zu Dosu, der fluchend unter ihm kauerte. Für einen Moment dachte Tenten, er würde einen Plan haben, doch dann schrie er nur: „Weg hier!“
 

Das ließen sie sich nicht zweimal sagen. Ino, Hinata und Lee rappelten sich auf und kamen auf Tenten zu. Langsam stand Naruto auf und zog Dosu im Klammergriff mit sich. Dann bewegte er sich rückwärts von den Soldaten weg. Tenten sah wie sein Blick kurz an ihnen hängen blieb und wie sich etwas in seinen Zügen veränderte. Sekundenlang lockerte sich sein Griff, doch mehr brauchte es nicht. Dosu riss sich los, stolperte zurück und brüllte: „Erschießt sie!“
 

Etwa sieben Bögen spannten sich. Naruto fluchte. Tenten warf sich bäuchlings auf den Boden. Ino und Hinata taten es ihr nach, nur Lee wich den Pfeilen geschickt aus. Tenten sah, wie er einen kurzen Blick mit Naruto wechselte, der mit der linken Hand zwei Dolche auf die Männer warf und zwei Gegner binnen Sekunden tötete.
 

Tenten rührte sich nicht; sie spürte wie die Pfeile über sie hinweg schossen. „Du verdammter Mistkerl!“, hörte sie Naruto Dosu anfauchen. Die nächste Salve Pfeile bohrte sich rings um sie in die Erde. Ein Keuchen ertönte und Tenten sah sich entsetzt um und entdeckte, dass ein Pfeil Inos Seite gestreift haben musste. Ihre Kleidung war an einer Stelle zerrissen und tränkte sich mit Blut, doch sie hatte keine Zeit ihr zu Hilfe zu kommen. Kampfgeräusche drangen zu ihr durch und als sie ein wenig den Kopf hob, sah wie Naruto und Dosu miteinander rangen. Dosu hatte einen Dolch gezückt, doch gegen Narutos Schnelligkeit kam er nicht an. Von Grauen erfüllt beobachtete sie wie sich Narutos Blick veränderte und seine Augen eisblau glänzten. Ihr Ausdruck wurde kalt. So kalt. Der Dolch fiel auf die Erde. Dann hatte Naruto Dosus Kopf mit beiden Händen gepackt und riss ihn blitzschnell nach links. Ein grausames Knacken ertönte, als Dosus Genick brach, und dann glotzten seine Rattenaugen ihr blicklos entgegen. Naruto ließ ihn los und sein Körper kippte wie eine Puppe nach hinten, wo er reglos liegen blieb.
 

Das nächste, das sie registrierte, war, dass jemand sie hochriss und sie mit sich zehrte. Völlig orientierungslos stolperte Tenten vorwärts. Ihre Hand war noch immer um Amaterasus Griff geschlossen, während jemand sie an der anderen gepackt hatte und zum Rennen zwang. „Tenten-hime!“ Ihr Name drang von fern, doch dann wusste sie plötzlich wieder wo sie war. Lee rannte neben ihr, seine Hand löste sich von ihrem Handgelenk, als er merkte, dass sie selbst rannte. Tenten schnappte hörbar nach Luft und sah dann kurz hinter sich. Sie hatten sich etwas mehr als einen Pfeilschuss von Dosus Leiche entfernt. Drei der Soldaten lagen tot im Schnee, die übrigen waren durch den Wald geflohen. „Tenten-hime! Tenten-hime!“ Ino und Hinata. Lee und Tenten hielten inne. Kaum hatte Tenten die beiden erspäht, hasteten sie auch schon auf Lee und sie zu. Hinata stützte Ino, dessen Gesicht jede Farbe verloren hatte. „Wir müssen hier weg“, erklärte Lee, als sie sie gerade erreichten, „wer sagt uns, dass da nicht noch mehr Soldaten sind?“ „Gib uns doch mal eine Sekunde um auszuruhen“, fauchte Ino, während sie die Hand auf ihre Taille presste, „siehst du nicht, dass wir erschöpft sind? Es bringt gar nichts weiter zu rennen, wenn wir zwischendurch umkippen!“
 

„Es hilft noch weniger, wenn ihr hier erfriert.“ Schwer atmend fuhr Tenten herum. Naruto war ihnen nachgeeilt und kaum zwei Meter hinter ihnen zum Stehen gekommen. An seinen Händen klebte Blut… „Du!“ Ino funkelte ihn bösartig an und schob sich vor Tenten. Naruto hob entwaffnend die Hände. „Ihr müsst mir vertrauen, ansonsten haltet ihr keine zwei Stunden mehr durch.“ „Dasselbe gilt für dich“, mischte sich Lee ein. Seine Augen blitzen und Tenten merkte, wie er sich bereit machte seinen einstigen Freund sofort anzugreifen, sollte das nötig sein. „Nicht unbedingt. Ich weiß, wie ich überleben kann.“, erwiderte Naruto. Schweigen.
 

Zweifelnd musterte Tenten den Ninja. Sie hatte ihn schon oft dabei beobachtet, wie er in den Stallungen arbeitete, wie er jede ihm aufgetragene Arbeit murrend erledigte und sich über Kleinigkeiten beklagte. Sie konnte kaum glauben, dass es sich um ein und dieselbe Person handelte.
 

„Naruto hat uns geholfen“, piepste auf Hinata einmal, „er würde uns nicht erst retten, wenn… wenn er uns etwas tun wollte.“ Naruto schenkte ihr einen dankbaren Blick, auf den das schüchterne Mädchen bis an die Haarwurzeln errötete. Tenten tauschte einen zweifelnden Blick mit Ino und Lee. Schließlich zuckte Lee mit den Schultern. „Wenn er es versucht, breche ich ihm vorher die Knochen.“
 

„Kommt mit“, rief Naruto sichtlich erleichtert und verschwand zwischen den Bäumen. Zögernd stapfte Tenten hinterher. Hinata und Lee folgten ihr rasch, nur Ino schien noch immer unentschlossen. „Was ist?“, fragte Tenten schließlich. „Ihr habt gesagt, er hat versucht Euch umzubringen, Tenten-hime.“ „Wir brauchen sein Wissen, Ino.“ Die Blonde verschränkte die Arme. „Schön, aber ich traue ihm trotzdem nicht.“ „Was macht das jetzt noch? Es gibt kein Zurück.“, sagte Tenten bitter. „Ich werde bei Euch bleiben“, sagte Ino sanft, „bis zum Ende, wenn es sein muss, Tenten-hime.“
 

Die beiden Frauen sahen sich an, dann folgten sie im stillen Einverständnis der Fußspur im Schnee. Erst jetzt bemerkte Tenten, wie sehr ihr linker Arm schmerzte, wie ihre Glieder langsam steif wurden und sie vor Kälte am ganzen Körper zitterte. Bis zum Ende hatte Ino gesagt…
 

~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~
 

Naruto führte sie tief in den Wald hinein. Es war offensichtlich, dass er sich hier auskannte. Er bewegte sich geschickt durch das Unterholz und blieb nur stehen, um den anderen die Möglichkeit zu geben ihm zu folgen. Sie kämpften sich durch ein Dickicht von schneeüberhäuften Tannen, vereisten Farnen und tief hängenden Zweigen, an denen Tenten Eiszapfen entdeckte. Der Schneeschicht war noch höher geworden und reichte ihr fast bis zu den Knien. Tentens Hose, ihr Überkleid, der Saum ihres Mantels und die Lederstiefel waren längst durchweicht und sie spürte, wie sie das Gefühl in ihren Füßen und Beinen verlor. Irgendwann kam sie nur noch voran, indem sie an den nächsten Schritt dachte. Und dann noch einen. Und einen nächsten und wieder…
 

Soweit Tenten Zeit hatte, ihre Begleiter eingehender zu betrachten, fiel ihr auf, dass Hinatas Wangen gerötet waren, Ino erschöpft wirkte und versuchte sich den Schmerz nicht anmerken zu lassen. Selbst Lee schien Schwäche zu zeigen. Nur Naruto stapfte zielsicher voran. Wahrscheinlich hatte er mit seiner Aussage vorhin recht gehabt. Wenn sie sich nicht bald irgendwo aufwärmen konnten, würden sie erfrieren. Zitternd setzte Tenten noch einen Schritt auf den eisigen Boden. Ihr Bein versank fast bis zum Knie im Schnee, ihr Atem schwebte in Form weißer Nebelwölkchen vor ihr und Tenten wollte nur noch ausruhen. Stehen bleiben, verschnaufen und an nichts denken. Die Kälte tat ihrer Wunde auch nicht das Beste. Durch die eisige Luft spürte sie den Schmerz ihres linken Oberarmes nur umso deutlicher. Sie biss die Zähne zusammen, doch sie spürte, dass sie nicht mehr lange durchhalten würde. Wären die anderen nicht gewesen, denen sie folgen konnte, hätte sie sich längst verlaufen, würde irgendwo unter den Schneemassen begraben liegen und niemand würde ihren erstarrten Körper finden.
 

Tenten hörte nur noch das Knirschen im Schnee. Schritte. Von ihr und den anderen. Immer gleichmäßig. Wenn einer anhielt, war da einer der anderen, der ihn weiter zog. Irgendwann verlor sie ihr Zeitgefühl. Um sie herum war nur noch Weiß. Weiß. Nichts als Weiß. Nur unterbrochen von dem Dunkelbraun der Bäume um sie herum. Es war eine einzige Wüste. Eine Odyssee. Wie konnte sie nur so naiv gewesen sein, dass sie einfach aufbrechen musste und sofort auf das Versteck der Rebellen stoßen würde? Tenten ohrfeigte sich innerlich. Sie hatte nicht mal eine Karte eingepackt. Auch, wenn ihr die wahrscheinlich herzlich wenig nützen würde. Es gab nirgendwo einen markanten Punkt, an dem man sich hätte orientieren können.
 

Tenten rieb ihre Hände aneinander. Erst jetzt bemerkte sie, dass ihre Finger bereits blau waren. Panik machte sich in ihr breit, als sie bemerkte, dass sie auch in den anderen Gliedern ihres Körpers kaum mehr Gefühl hatte. Ihr Körper kühlte aus! Sie brauchte Wärme. Sofort. Tenten ließ ihren Blick schnell herumwandern. Nichts. Nichts! Nur ein Schleier aus unzähligen, abertausenden Schneeflocken, die ihr die Sicht versperrte. Verzweiflung keimte in ihr auf. Vielleicht lag es an ihr, vielleicht an dem Schmerz, doch plötzlich schien alles ganz ruhig zu werden. Die Stille schien greifbar. Vielleicht hatte der Schnee wirklich alle Geräusche verschluckt, vielleicht überhörte sie einfach nur das Stürmen des Windes. Die Vögel, die über den Winter blieben, waren verstummt. Kein Zeichen von Leben. Nur die knirschenden Schritte im Schnee, die immer langsamer wurden. Das war das Ende.
 

„Wir sind da.“ Narutos Stimme riss Tenten aus ihrer Trance; sie blinzelte, als sich ihre Sicht verschleierte. Dann erkannte sie Konturen. Etwas Dunkles, Festes. Sie kniff die Augen zusammen. Vor ihr tauchte eine kleine Hütte auf. Das Dach war mit Steinen beschwert und unter einer dicken Schneeschicht begraben. Sie hatte keine Fenster, nur eine schlichte Tür, die Naruto in eben diesem Moment öffnete. „Wir müssten für heute Nacht sicher sein.“, murmelte er und ging voran.
 

Die Hütte bestand aus einem einzigen Raum. In einer Ecke stand eine Kiste, im Boden war eine offene Feuerstelle, ansonsten gab es nur noch einen einfachen Tisch mit zwei Stühlen. Der Platz war knapp, aber es war alle mal besser als draußen in der verfluchten Eiseskälte. Sie würden zusammenrücken müssen um alle Platz zum Schlafen zu finden.
 

„Ich weiß, das ist ein bisschen klein“, verteidigte Naruto den Schlafplatz, als er die Blicke der anderen bemerkte, „aber eigentlich passen auch nur drei Leute rein.“ „Besser als erfrieren“, kommentierte Ino giftig. Seufzend ließ sich Tenten auf einen der beiden Stühle fallen. Erst jetzt bemerkte sie, wie müde sie war. Das ununterbrochene Wachsein hatte sie zermürbt und sie wusste, dass sie sofort einschlafen würde, sobald sie auch nur zulange saß.
 

„Wir sollten unsere Kleidung wechseln“, sagte sie mit Blick auf den durchgeweichten Stoff. „Da sind Sachen in der Truhe“, gab Naruto ihr Auskunft. Vorsichtig zog sie die weichen Lederstiefel aus, die sie getragen hatte. Ihre Knöchel waren eiskalt und als sie sie bewegte, schmerzten sie. Sie hatte gar nicht bemerkt, wie steif sie geworden war und wie die Taubheit langsam von ihr Besitz ergriffen hatte. Ein wenig später und sie wären tatsächlich erfroren. Tenten schauderte.
 

Nachdem sie sich umgezogen hatten, wobei Ino darauf bestand, dass die beiden Männer vor der Tür warteten, hatten Naruto und Lee das Feuer angefacht. Tenten spürte, wie die Wärme sie augenblicklich wieder belebte. „Gibt es hier irgendwo was zu essen?“, wollte Lee wissen. Naruto deutete nur auf ein Regal, das Tenten zuvor noch nicht entdeckt hatte. Er holte geräuchertes Fleisch, eingelegtes Gemüse und ein bisschen Brot herunter. Dann breitete er das Essen auf dem Tisch aus. Die Situation hatte etwas seltsam Angespanntes. Kaum jemand sagte ein Wort und es herrschte bedrückende Stille. Nur das Feuer prasselte. Nachdem sie sich in Decken vermummt hatten, vor dem Feuer saßen und aßen, durchbrach Naruto die Stille.
 

„Fragt mich endlich. Ich weiß, dass ihr es wissen wollt. Sonst werdet ihr mir nicht vertrauen.“ Schweigen. „Du bist also ein Attentäter?“, fragte Tenten endlich. „Ja.“ „Du hast Shikaku Nara umgebracht?“ „Ja.“ „Warum hast du mich nicht getötet?“ Naruto nahm sich noch ein Stück Brot, sah sie kurz an. Sah wieder weg. Es schien eine Ewigkeit zu dauern, bis er sprach. „Es ist schwer zu erklären“, begann er, „ich kannte dich. Ich wusste, dass du nichts mit dem Krieg zu tun hattest und nur durch deinen Vater hineingezogen wurdest. Es wäre als würde ich ein unschuldiges Kind töten. Er seufzte. „Es ist viel leichter jemanden zu töten, wenn man ihn nicht kennt. Bei Shikaku Nara war es etwas anderes. Ein Auftrag, weiter nichts“, er hielt inne, sah sie dann direkt an, „aber du… du warst anders, ich konnte dich nicht töten.“ „Und warum wolltest du es dann überhaupt?“, fuhr Ino dazwischen. Naruto starrte ins Feuer und für einen Moment schien er etwas zu sehen, das den anderen verborgen blieb.
 

„Ich bin in einem kleinen Bergdorf aufgewachsen“, fing er zusammenhanglos an, „ein Dorf im Verborgenen, von dem ihr noch nie etwas gehört habt. Es ist das einzige seiner Art, alle anderen Stützpunkte werden jede Sekunde geheim gehalten. Niemand von uns enthüllt freiwillig seine Identität.“, er lachte hohl, für einen Moment an die Ironie des Augenblicks erinnert. Und doch hatte Tenten das Gefühl, dass es ihm gut tat ihnen das alles zu erzählen. Es endlich jemanden anvertrauen zu können. „Sie bildeten mich aus“, fuhr er dann fort, „von früh bis spät brachten sie mir Dinge bei. Gift, Waffen, Nahkampf, Anatomie. Am Anfang war ich überall miserabel, ich brachte es einfach nicht über mich die Tiere zu töten, die sie uns zur Übung brachten, um unsere Gefühle abzutöten. Ich kam gegen die anderen im Nahkampf nicht an, ich verwechselte Gifte. Einmal hätte ich fast das Zeitliche gesegnet, als ich aus Versehen ein Heilmittel mit dem Gift einer …“, er brach ab, „jedenfalls habe ich oft Prügel kassiert. Ich war nicht leise genug beim Anschleichen, ich war zu langsam, vergaß Dinge; es gab immer eine Entschuldigung. Irgendwann wurde es mir dann zu viel. Ich übte es, obwohl ich es hasste, ich wurde gut, zu gut. Mit einem Mal stand ich im Mittelpunkt, sie begannen mir zu vertrauen und betrauten mich mit wichtigeren Aufträgen. Es gab nur noch eine einzige Sache, bei der ich immer noch versagte. Für einen Ninja gibt es nur eins: absoluten Gehorsam. Wenn dir jemand von den Ältesten einen Auftrag gibt, führst du ihn aus, ohne nach den Gründen zu fragen. Es ist Teil der Erziehung. Von Geburt an trimmen sie dich darauf ihnen zu gehorchen. Tust du es, wirst du in ihrer Gunst aufsteigen. Verweigerst du dich, töten sie dich. So einfach ist das.“ Er schwieg.
 

„An dem Tag, an dem ich fünfzehn wurde, gaben sie mir meinen Auftrag und schickten mich nach Konoha-gakure. Alles war genau geplant, es konnte gar nichts schief gehen. Schließlich hatte ich vorher alle ihre Aufträge perfekt ausgeführt. Nur hatten sie vergessen, dass da noch immer etwas in mir war, das sie nicht zähmen konnten.“ Naruto starrte ins Feuer und eine ganze Weile lang schien er in Erinnerungen zu verweilen. Es lag so viel mehr in Naruto als Tenten je geglaubt hatte. Sie hatte es einfach übersehen. Es war so leicht die Menschen zu übersehen. Man konnte es leicht verdrängen, dass sie das waren, was sie waren. Menschen. Die Unruhen im Lande hatten das Denken daran meist schon völlig in Vergessenheit geraten lassen. Keiner dachte mehr daran, wie ein anderer fühlte. Es ging ums Überleben und da dachte man zuallererst an sein eigenes Leben. Es war erbärmlich.
 

„Mein Auftrag lautete Mao-Chéng und seine Tochter umzubringen, damit es eine neue Ordnung geben kann.“, sagte Naruto tonlos „Aber du hast deinen Auftrag nicht ausgeführt“, murmelte Tenten, „du willst uns helfen. Heißt das…“ „Sie werden kommen und mich umbringen“, beendete Naruto ihren Satz. Sie alle schwiegen. Tenten konnte nicht anders als Mitleid mit Naruto zu haben. Die Art wie er seinen eigenen Tod ankündigte, erschütterte sie. Er schien es einfach zu akzeptieren, als würde es schon immer zu seinem Leben gehören. Aber sie glaubte an Gerechtigkeit, auch, wenn das kein anderer mehr tat, und alles in ihr schrie, dass es ganz falsch war.
 

„Sie werden dich nicht kriegen.“ Überrascht fuhr Tenten zu Hinata herum. Bis eben hatte sie still in ihrer Ecke gesessen und zugehört, kein Wunder, dass es sie so überrascht hatte, dass Hinata so plötzlich etwas sagte. Und sie hatte mit einem solchen Ernst gesprochen, als wenn es sich dabei um eine Tatsache handeln würde. Tenten merkte wie auch die anderen sie erstaunt ansahen. Naruto fand als Erster seine Stimme wieder. „Nein? Du kennst sie nicht, wie ich sie kenne, Hinata. Früher oder später werden sie mich finden, was nicht heißt, dass ich es ihnen leicht machen werde.“ Hinata sah ihn an. Anders als sonst, wandte sie nicht den Blick ab, sondern sah Naruto auf eine Weise an, die Tenten das Herz wärmte. Sie war sich so sicher, so vollkommen überzeugt. „Sie werden dich nicht kriegen“, wiederholte Hinata, „wir werden nicht zulassen, dass sie dich töten.“
 

Naruto starrte sie an, als hätte er sie noch nie gesehen. Und dann war auf einmal Wut in seinem Blick. „Du verstehst nichts davon! Keiner versteht es, wenn er es nicht selbst erlebt hat! Ich bin ein Mörder. Ich wurde dazu geboren und ich bin es bis zum heutigen Tag.“ Das Bild Dosus tauchte vor Tentens geistigem Auge auf. Sie hörte erneut das Knacken, als Naruto ihm mit einem einzigen schnellen Ruck das Genick brach. Wieder starrten ihr seine Augen milchig entgegen, sein Körper fiel steif in sich zusammen. Vorhin hatte sie keine Gelegenheit gehabt über Narutos Tat nachzudenken. Doch jetzt keimte in ihr das Grauen, die Abscheu auf. Sie hatte gegen Dosu gekämpft, um ihn in seine Schranken zu verweisen. Naruto hatte rational überlegt, was in ihrer Lage das Beste war: Dosus Tod, damit sie entkommen konnten.
 

Naruto schien die nachfolgende Stille als Bestätigung aufzufassen. Er drehte ihnen den Rücken zu, holte einige Decken aus der Kiste und breitete sie auf dem Boden aus. Dann richtete er sich auf und machte sich auf den Weg zur Tür. „Wo gehst du hin?“ Naruto drehte sich nicht mal zu Lee um. „Ich halte Wache. Ich bin ausgeschlafener als ihr, ruht euch aus. Wir müssen morgen früh aufstehen.“ Er verschwand in den Schnee hinaus und schloss die Tür hinter sich. Tenten sah ihm nach. Naruto hatte all ihre Fragen beantwortet, doch unter der Oberfläche war etwas, das sie nur zu gut kannte: Schmerz.
 

.

.

.
 

Hinata konnte nicht schlafen. Es war egal, wie müde sie war, sie musste immer wieder an Narutos Geschichte denken. Immer war da etwas gewesen, das sie an ihm irritiert hatte, aber nie hatte sie gewusst, was es war. Jetzt hatte Naruto es ihnen auf brutalste Art und Weise enthüllt, aber sie glaubte einfach nicht, dass er der eiskalte Mörder war, als der er sich selbst hingestellte. Hinata drehte sich auf die Seite, nur um sich im nächsten Moment wieder aufzurichten. Kurz sah sie sich um, aber Tenten, Ino und Lee schliefen fest. Eine schwarze Strähne ihres Haares fiel ihr über die Schulter. In den letzten Tagen hatte sie kaum eine ruhige Minute gehabt. Die plötzliche Stille wirkte beruhigend, aber sie wusste, dass sie nicht von langer Dauer sein würde. Sie hatten ein Spiel gegen die Zeit begonnen, das entweder mit ihrem Erfrieren enden würde oder einer Konfrontation mit den Rebellen. Hinata hoffte auf Letzteres, obwohl auch dann ihr Schicksal in den Sternen stand. Neji hätte wohl gewusst was zu tun war, aber Neji war nicht mehr da und sie musste alleine klar kommen.
 

Bevor sie so überstürzt aufgebrochen waren, hatte Naruto ihr erzählt, dass auch er keine Familie mehr hatte. Erst jetzt erkannte Hinata gewisse Parallelen zwischen seiner Geschichte und dem, was er ihr allein erzählt hatte. Sein Leben musste hart gewesen sein. Sie verstand ihn und doch war es bei ihr in gewisser Weise anders gewesen. Sie hatte zwar gegen das Gesetz verstoßen, damals in ihrem abgeschotteten Leben von der Welt, aber sie war frei gewesen. Naruto war sein Leben lang durch Erziehung, Erinnerungen und Befehle gebunden.
 

Unbemerkt von den Schlafenden stand Hinata auf. Das Feuer brannte zwar noch, aber ihr war trotzdem ein wenig kalt. Wie musste Naruto sich da erst fühlen, wenn er draußen ausharrte? Entschlossen packte Hinata eine zweite Decke, schlang ihre eigene um ihren Körper und ging nach draußen.
 

Der eisige Wind, der ihr entgegen peitschte, riss ihr fast die Decken weg. Hinata schauderte und schlang den Stoff dichter um sich. Dann sah sie sich nach Naruto um, konnte ihn aber nirgends entdecken. „Was willst du hier?“ Seine Stimme ließ sie zusammen schrecken. Hinata sah sich hektisch um, konnte Naruto aber noch immer nicht ausfindig machen. Auf einmal knirschte der Schnee hinter ihr, Hinata wirbelte herum und sah gerade noch, wie Naruto am Boden aufkam. Über ihm bewegte sich noch ein schwingender Ast.
 

Schließlich stand er vor ihr, seine azurblauen Augen richteten sich auf er warf ihr einen fragenden Blick zu. Wortlos hielt Hinata ihm die Decke hin. Naruto trat noch einen Schritt auf sie zu, er bewegte sich langsam, aber sie war sich sicher, dass dies nichts im Vergleich zu seiner tatsächlichen Geschwindigkeit war. Zögernd streckte Naruto die Hand aus und nahm ihr die Decke ab. Für eine Sekunde berührten sich ihre Hände und Hinata riss ihre so schnell zurück, dass sie beinahe rückwärts gestolpert wäre. Sie spürte wie es ihr die Röte ins Gesicht trieb. Naruto bedachte ihre Reaktion mit einem kritischen Blick, dann wandte er sich ab, wobei er sich die Decke über die Schulter warf. Er machte Anstalten wieder zu gehen und erst jetzt begriff Hinata, dass er ihr Handeln völlig falsch aufgefasst hatte. Er musste denken, sie verabscheue ihn und dass es ihr unangenehm war ihn zu berühren. Hektisch durchforstete Hinata jeden Winkel ihres Gehirns nach etwas, das sie sagen konnte. Panik machte sich in ihr breit. Naruto durfte sie nicht so missverstehen.
 

Bevor sie sich zurückhalten konnte, rief sie: „Ich hasse dich nicht!“ Naruto erstarrte im Gehen. Langsam, ganz langsam drehte er sich um. Hinata wich seinem Blick aus. „Ich hasse dich nicht, Naruto“, flüsterte sie nochmals. „Das solltest du“, entgegnete er endlich, „du solltest mich hassen und erwarten, dass ich dir jeder Zeit ein Messer in den Rücken ramme. Ich kenne mehr Möglichkeiten dich umzubringen als du je zählen könntest.“
 

Der Wind frischte noch einmal auf und wehte einige Schneeflocken zwischen ihnen her. Naruto stand drei Meter entfernt von ihr, aber es kam ihr vor, als wären es Welten. „Sag was“, verlangte er, „du hast mich töten gesehen.“ „Ich habe keine Angst vor dir“, erwiderte sie schließlich, „ich fürchte andere Dinge als du von mir erwartest. Ich fürchte mich davor, dass ich die Menschen verlieren könnte, die mir wichtig sind.“ Hinata schwieg und irgendwie wusste sie, dass sie beide an ihr Gespräch in Konoha-Gakure dachten. „Tenten-hime, Ino, Lee … und dich. Ihr seid meine Freunde; ich will nicht, dass euch etwas passiert.“ Endlich drehte sich Naruto zu ihr um. „Du bist sanft, Hinata“, sagte er schließlich, „du bist viel zu sanft. Niemand hat mir je gesagt, dass ich ihm wichtig bin.“ Ein feines Lächeln tauchte auf seinem Gesicht auf und ihr kam es vor, als wäre es das erste seit einer sehr langen Zeit.
 

Dann war er neben ihr. Noch immer lächelte er und langsam, ganz langsam erwiderte sie es zaghaft. Naruto ließ sich auf einem trockenen Bretterhaufen nieder, der an der windgeschützten Hauswand lehnte und so dem Schneesturm weitgehend entgangen war. Hinata setzte sich neben ihn. „Es gibt etwas in mir, das du nicht kennst“, murmelte er schließlich, „es war schon immer in mir. Manchmal kann ich es nicht kontrollieren und dann falle ich in eine Art Wahn. In diesen Momenten existieren nur mein Befehl und mein Opfer. Ich verliere mich selbst, bis ich gemordet habe. Es ist wie ein Fluch und egal wie sehr ich mich dagegen auflehne, ich komme nicht dagegen an.“ Sein Lächeln wurde bitter. „Das ist der wahre Grund, weshalb man mich ausgewählt hat. Ich bin ein Ungeheuer, Hinata“, endete er.
 

Sie schwieg. Mit so etwas hatte sie nicht gerechnet. Was sollte sie ihm sagen? Sie konnte die Tatsache nicht vom Tisch wischen, dass er vor ihren Augen einen Menschen getötet hatte. „Du hast uns beschützt. Du kannst nicht schlecht sein, wenn du uns nur helfen wolltest.“ Naruto lachte. „Oh ja, es war das einzige Mal, dass ich etwas richtig gemacht habe, was?“ „Du bist nicht so schlecht wie du sagst, Naruto“, hielt sie dagegen. Lauter als beabsichtigt. Wieder errötete sie und wandte sich ab. „Du bist viel zu gut zu mir“, murmelte Naruto, „aber …“ Hinata wagte zu blinzeln und beobachtete ihn aus dem Augenwinkel. „Nicht so wichtig“, winkte er ab.
 

Dann saßen sie da und starrten in das Flockenmeer, das noch immer die Welt in unschuldiges Weiß tauchte. Später wusste Hinata nicht mehr wie lange sie so da saßen, doch irgendwann sagte Naruto: „Ich gehe nicht mehr zurück. Ich bleibe bei euch.“ Und Hinata hatte das Gefühl, dass die Welt ein wenig besser geworden war.
 

~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~
 

„Hier.“ Naruto drückte Tenten und Ino einen schwarzen Dolch in die Hand. „Um einen Gegner effektiv zu töten, stoßt von unten zu. Dann hat er keine Möglichkeit euch zu überrumpeln.“ Er gab Hinata ebenfalls eine Waffe. Tenten sah wie Hinata die ihre schaudernd musterte. Als Naruto Lee auch einen Dolch geben wollte, lehnte dieser ab. „Ich brauche keine Waffe“, erklärte Lee, „ich habe meine eigene Art zu kämpfen.“ Der Blonde zuckte mit den Schultern, wandte sich dann ab und ging Richtung Tür.
 

In der letzten halben Stunde hatte Tenten Naruto alles berichtet, was der Fremde zu ihr gesagt hatte. Naruto hatte einen Moment überlegt und schien zu wissen um welche Gegend es sich dabei handelte. Jetzt waren sie bereit aufzubrechen.
 

Ino öffnete die Tür der kleinen Hütte und ein Schwall kalter Luft strömte ihnen entgegen. Tenten folgte ihr nach draußen und schulterte einen Lederbeutel Jeder von ihnen trug einen bei sich. Sie hatten die Hütte wieder ordentlich hinterlassen, aber sie alle waren überein gekommen, dass sie es sich nicht leisten konnten das verbliebene Essen zurückzulassen. Dazu hatten sie in jeden Beutel Verbandszeug, einfache Medizin und eine leichte Decke gepackt. Selbst, wenn sie getrennt werden sollten, bestand für alle eine Möglichkeit zu überleben.
 

Tenten massierte leicht ihren linken Oberarm. Bevor sie am Abend gegessen hatten, hatte Naruto ihr angeboten ihre Wunde zu versorgen, doch Ino hatte sich eingemischt und ihn nicht an sie heran gelassen. Schließlich hatte sie sie selbst versorgt. Ihr Verband war straff gebunden, aber trotzdem nicht zu stramm. Ihre eigene Wunde hatte sie selbst verarztet. Wie es aussah hatte Ino es nicht zum ersten Mal gemacht.
 

Die Sonne fiel durch die schneebedeckten Kronen der Bäume und tauchte das Weiß um sie herum in ein glitzerndes Meer voller Hoffnung. Tenten hätte den ganzen Tag stehen bleiben und einfach nur die Natur beobachten können, aber sie wusste, dass ihr dies unmöglich war. Dieser neue Tag barg für sie die einzige Chance, die sie hatten und sie war sich darüber bewusst, dass sich heute ihr Schicksal entscheiden würde. Sie holte einmal tief Luft und folgte Ino, die schon ein Stück vorgegangen war. Als sie ihre Sachen gepackt hatten, hatte Naruto ihr erklärt, dass sie nicht weit von dem Punkt entfernt waren, den der Fremde ihr beschrieben hatte. Naruto selbst hatte ebenfalls bestimmte Gerüchte gehört, dass die Rebellen sich in dieser Gegend aufhielten.
 

„Auf geht’s!“, rief Lee auf einmal und grinste über beide Ohren. Tenten starrte ihn verblüfft an. Wie konnte er jetzt plötzlich so enthusiastisch sein? Ino, Hinata und Naruto machten ganz ähnliche Gesichter und schienen ebenso erstaunt wie sie zu sein. Als niemand auf seinen Ausruf antwortete, blickte Lee sie erstaunt an: „Was habt ihr denn? Wir werden die Rebellen heute finden und dann werden wir dem ganzen Mist ein Ende bereiten.“ „Und was ist, wenn nicht?“, entgegnete Ino bissig. „Wir sind zusammen, das wollten wir doch.“, er warf einen kurzen Blick zu Naruto, „Wir werden das schon schaffen.“ Mit diesen Worten drehte er sich um und stapfte munter in den Wald hinein. „Lee?“ „Was ist, mein tapferer Freund?“, antwortete er Naruto. Dieser grinste schief. „Du läufst in die falsche Richtung.“ Lees Lippen bildeten ein erstauntes ‚O’, dann stürmte er zu Naruto zurück, der nun die Führung übernahm. Ein Lächeln schlich sich auf Tentens Gesicht. Lee hatte sie an etwas erinnert, das sie fast vergessen hatte. So viel Leid es auch geben würde, diese Menschen würden bei ihr bleiben und ihr helfen all das durch zu stehen. Fast kam es ihr vor, dass durch diesen bloßen Gedanken alles gut werden würde und dass es da eine Chance gab, so klein sie auch war.
 

Langsam verschwand die Hütte hinter ihnen im Dickicht. Naruto erzählte ihnen, dass es viele im Wald gab. Sie waren von den Ninja erbaut worden, damit es für sie im jeden Teil des Landes einen Platz gab, an den sie gehen konnten. Die einzelnen Punkte waren ein Netzwerk, das niemand fand, wenn er es nicht finden sollte. Naruto hatte ihnen einen großen Dienst erwiesen, indem er das Wissen mit ihnen teilte. Tenten spürte, dass er tatsächlich alles daran setzte, dass sie ihm vertrauten.
 

Gegen Mittag machten sie eine kleine Rast, bei der sie ein karges Mahl einnahmen. Ino hatte zwar protestiert, dass sie, Tenten, etwas mehr essen musste, aber sowohl Naruto als auch Lee waren hart geblieben. Sie wussten, dass sie sich die Nahrung einteilen mussten, wenn sie in der Wildnis überleben wollten. Schließlich hatte Ino aufgegeben, nachdem auch Tenten ihren Einwand abgelehnt hatte.
 

Der Wind ließ gegen frühen Nachmittag nach, was zur Folge hatte, dass sie schneller voran kamen. Doch kaum hatten sie das eine Hindernis überwunden, tauchte auch schon ein weiteres auf: Dunkelheit. Der Winter in diesem Jahr hatte ungewöhnlich schnell eingesetzt, die Tage wurden immer kurzer und tagsüber war es nur für wenige Stunden hell. In Konoha-Gakure hatte Tenten die Abende bei Kerzenschein über ihren Studien verbracht, aber in der Wildnis gab es keine Kerzen und eine Fackel war unmöglich herzustellen, da alles Holz entweder nass oder gefroren war. Außerdem mussten sie nach Narutos Ansicht noch immer davon ausgehen verfolgt zu werden. Nach ein paar Stunden spürte Tenten wie die Müdigkeit sich erneut in ihren Körper schlich. Der Schlaf, den sie letzte Nacht endlich erhalten hatten, war zwar eine Wohltat gewesen, aber gereicht hatte er noch lange nicht. Jetzt war ihre Suche tatsächlich zu einem Spiel gegen die Zeit geworden, denn sie konnten sich nicht in der Wildnis schlafen legen. Ansonsten würden sie in der Nacht erbarmungslos erfrieren. Tenten zog ihren Mantel enger um sich, um die Wärme nicht entweichen zu lassen.
 

„Darf ich dich etwas fragen, Tenten?“, fragte Naruto auf einmal. Tenten hatte gar nicht gemerkt, dass er neben ihr ging. „Nun, das hast du doch schon getan.“, gab sie zurück. Ein Grinsen schlich sich auf Narutos Gesicht: „Also schön, darf ich dich noch etwas fragen?“ Sie nickte. „Angenommen, wir finden die Rebellen, was wirst du dann tun? Ich glaube nicht, dass sie dich mit offenen Armen empfangen. Sie werden dich entweder foltern um an Informationen zu kommen oder als Druckmittel gegen deinen Vater einsetzen.“ Tenten sah ihn nicht an. „Du bist den Rebellen schon einmal begegnet?“ Naruto stapfte weiter wobei er den Blick noch immer stur gerade aus gerichtet hatte. Schließlich gestand er: „Ich habe es euch nie erzählt, aber bevor Sasuke Uchiha alle verraten hat, war er mein bester Freund. Er war der Bruder, den ich nie hatte. Ich kann vermuten was seine Gründe waren, aber jetzt ist es mir unmöglich zu ihm durchzudringen.“ „Was, wenn er der Anführer der Rebellen ist?“ Der Blonde neigte leicht den Kopf. „Er könnte es sein“, gab er zu, „aber ich bezweifle es. Wenn ein Anführer klug ist, hält er sich im Hintergrund. Wir sind ihm mitten im Wald begegnet, als er uns angegriffen hat…“
 

Tenten drang nicht weiter in Naruto ein. In der kurzen Zeit, in der er jetzt bei ihnen war, hatte er ihr fast nur etwas zum Nachdenken gegeben. Erst sein absoluter Loyalitätswandel, dann seine Geschichte und nun eröffnete er ihr, dass er eine Verbindung zu den Rebellen, zu Sasuke Uchiha, hatte, die er ihnen vorher nicht eingestanden hatte. Es musste unglaublich schwer sein Entscheidungen wie seine zu treffen und bis zu einem gewissen Grad bewunderte sie ihn für seinen Willen, doch sie konnte trotzdem die Tatsache nicht beiseite schieben, dass er versucht hatte sie umzubringen. Er barg ein Risiko in sich, dass sie nicht einkalkuliert hatte. Nur mit Hinata, Lee und Ino hätte sie keinerlei Bedenken gehabt, aber bei Naruto musste sie immer wieder abwägen wie stark seine Freundschaft zu ihnen war. Ob sie stärker war, als die Verbindung zu den Attentätern, dessen Auftrag er nicht ausgeführt hatte.
 

„Du hast meine Frage nicht beantwortet“, sagte er plötzlich und riss sie so aus den Gedanken. Etwas verspätet blinzelte Tenten ihn irritiert an. Für einen Moment war er wieder der Naruto, der in den Stallungen gearbeitet hatte. „Was wirst du tun, wenn du ihnen gegenüber stehst?“ Tentens Augen huschten kurz von seinem Gesicht zu ihrem Weg zurück. Sie dachte an all das, was man ihr beigebracht hatte, aber niemals war die Rede davon gewesen einen Krieg zu verhindern. Doch sie erinnerte sich auch an Sarutobi-senseis Worte, dass man den Menschen Hoffnung geben musste, um Frieden zu schaffen.
 

„Ich werde mit ihnen verhandeln“, sagte sie langsam, „und, wenn sie nicht darauf eingehen, werde ich ihnen etwas anbieten, das sie nicht ausschlagen können.“ Der Ninja musterte sie noch einmal, schien zu überlegen, wandte dann aber seinen Blick ab.
 

Es wurde dunkel. Eine graue Wolkenwand hatte sich über den Himmel geschoben und die Sonne ging über den Wipfeln der Bäume unter. Durch den geringen Lichteinfall wirkte die Umgebung schaurig und mehr als einmal blickte Tenten sich panisch um, weil sie glaubte Verfolger wahrgenommen zu haben. Doch jedes Mal stellte es sich nur als eine Täuschung ihrer Sinne heraus, die sie Schatten, die die kahlen Äste der Bäume warfen, mit den Schatten von Menschen verwechselte. Sie alle gingen jetzt dicht aneinander. Hinata und Ino ließen sie nicht mehr aus den Augen, während Lee und Naruto alle ihre Sinne auf mögliche Verfolger konzentrierten. In der Luft lag etwas, das sie alle gereizt und ängstlich werden ließ. Die Anspannung war beinahe körperlich zu spüren und wurde nur durch gelegentliche Kommentare Lees aufgelockert, die sie ihre Sorgen kurz vergessen ließen. Nach fünf Stunden platzte Ino der Kragen.
 

„Als ob wir dich einfach alleine laufen lassen würden! Was denkst du dir eigentlich?“, faltete sie Lee zusammen, der erschrocken ein paar Schritte vor ihr zurück wich, „du wirst elendig verhungern oder erfrieren oder beides und dann werden dich ein paar Soldaten aufsammeln und alles was wir durch gemacht haben, war umsonst!“ „Aber Ino“, protestierte er, „es wäre doch gut, wenn wir wenigstens einen größeren Radius abdecken würden; ich kann schon auf mich selbst aufpassen.“ „Das habe ich gesehen, als du versucht hast heute Mittag ein Feuer anzuzünden. Wer kommt schon auf die Idee…“ „Still!“, unterbrach sie Naruto plötzlich und hielt ihr den Mund zu. Ino riss seine Hand weg und funkelte ihn wütend an: „Du hast mir gar nichts zu sagen, Uzumaki!“, tobte sie, „Irgendwer muss dem Trottel doch mal sagen wie dumm seine Ideen sind und…“ Naruto brachte sie zum Schweigen indem er ihr abermals den Mund zuhielt. Tenten beobachtete wie er sich erneut konzentriert umwandte, in alle Richtungen spähte und lauschte.
 

„Sie sind nah…“ „Wie bitte?“, rief Ino entgeistert aus nachdem sie sich ein zweites Mal von Naruto befreit hatte. Hinata und Lee betrachteten Naruto fragend, während sich in Tentens Kopf bereits die einzelnen Teile zusammensetzten. „Wir bekommen Gesellschaft“, erklärte er, „und es sind viele.“ „Wie viele?“ Tenten merkte wie sie zu zittern begann. Eine weitere Begegnung wie die mit Dosu würde sie nicht ertragen können. Jetzt musste ihr Vater wissen, dass sie gegangen war und er würde alles daran setzten sie zurück zu holen. Selbst, wenn er damit die einzige Hoffnung auf Frieden zerstörte, die dieses Land noch hatte. „Mindestens zwanzig“, sagte Naruto tonlos. Seine azurblauen Augen blitzten ernst. Wenn es zum Kampf kommen würde, dann hätten sie keine Chance. „Vertraut ihr mir genug, um mir zu folgen?“, fragte Naruto dann, „ich weiß wo die Signalfeuer sind, die dieser Fremde beschrieben hat, Tenten, wir sind vielleicht eine halbe Stunde davon entfernt.“
 

Sie sah ihn an. Versuchte in ihn hinein zu sehen. Konnte sie ihm trauen? Doch dann erinnerte sie sich wieder an seine Geschichte und daran, was er aufs Spiel setzte. „Du hast mein Leben verschont“, sagte sie, „ich gebe es einmal mehr in deine Obhut.“ Naruto sah sie dankbar an, dann packte er Hinata am Handgelenk und begann zu laufen. Tenten, Lee und Ino schlossen rasch zu ihm auf. „Kommt!“, rief Naruto, „wir werden die Signalfeuer vor ihnen erreichen!“
 

Und dann rannten sie. Ihre Schritte wirbelten Schnee auf, ihr Atem ging schnell und Tenten sah nichts anderes mehr als den unsichtbaren Weg, dem sie folgten. Nach einigen Minuten nahm sie eine Veränderung wahr. Der Wald war in Aufruhr. Ab und an kreischte ein Vogel und flog durch die Gipfel der Bäume in den Himmel. Naruto hatte recht behalten. Sie wurden verfolgt und die Zahl übertraf die von Dosus’ Soldaten um ein Vielfaches. Wahrscheinlich hatten die Überlebenden Verstärkung geholt. Aber wie war das möglich? Sie hätten bis nach Konoha-Gakure zurückkehren müssen!
 

Tenten strauchelte, fing sich wieder und rannte weiter. Ein paar hundert Meter hinter ihnen hörte sie wie ihre Verfolger durch das Unterholz brachen. Tenten atmete schwer. Sie wurde langsamer, aber Ino und Lee packten jeweils einen ihrer Arme und zerrten sie weiter. Irgendwo registrierte sie, dass ihre Kleidung durchweicht war. Ihr Haar hatte sich aus der Flechtfrisur gelöst, die Ino ihr gemacht hatte, und klebte feucht in ihrem Gesicht. Plötzlich hörte sie wie jemand in der Ferne ihren Namen rief. Tenten lief ein eiskalter Schauer den Rücken herunter. Sie wusste, die Soldaten waren nicht ihre Feinde, würden sie nie umbringen, doch die Jagd weckte ihren Fluchtinstinkt. Adrenalin schoss durch ihre Adern und Tenten rannte noch schneller.
 

Und die Welt breitete sich unendlich weit vor ihr aus. Vor ihnen lag eine flache Ebene, die sich über mehrere Kilometer erstreckte und vom Schnee in eine glitzernde Winterlandschaft verwandelt worden war. Sie hatten den Waldrand erreicht. Tenten stoppte abrupt, brachte Ino und Lee ebenfalls zum Stehen und schnappte schwer atmend nach Luft. „Naruto…“, Tenten konnte den verzweifelten Unterton in Hinatas Stimme wahrnehmen, „was machen wir jetzt? Wir können doch nicht über das Feld laufen. Wir wären für alle sichtbar!” Naruto blickte sich nach allen Seiten um und sammelte Kraft. Dann ließ er seinen Blick über die Ebene wandern. Seine Augen verengten sich. „Die Signalfeuer wurden auf einem See errichtet und der ist hinter diesem Feld. Wenn wir raus finden wollen, was der Fremde gemeint hat, dann dort! Wir haben keine Wahl!“ Und damit setzte er zu einem Sprint an, der es Tenten, Hinata und Ino kaum erlaubte, mit ihm mitzuhalten. Einzig Lee schien das Tempo nichts auszumachen, doch er blieb zurück um sicher zu gehen, dass Hinata, Ino und Tenten nicht zurück fielen.
 

In dem Moment, als sie die Sicherheit der Bäume verließen, fühlte Tenten sich ungewöhnlich verwundbar. Gedanklich wiederholte sie noch einmal jedes Wort, das der Fremde gesagt hatte. „Geht Richtung Westen, haltet Euch abseits der Wege durch den Wald, bis ihr zu einem See kommt. Dort haltet Ihr Ausschau nach Signalfeuern. Die Rebellen werden euch finden.“ Als sie genau auf der Mitte des Flachlandes waren, geschahen zwei Dinge zugleich: Ihre Verfolger brachen durch die Bäume am Waldrand und Tenten sah den See, den sie zuvor nicht gesehen hatte. Und auf der gefrorenen Eisschicht waren in einigen Abständen lodernde Feuer entzündet, dessen Flammenzungen in der schwarzen Nacht verglühten. „Da ist es!“, rief Lee und rannte noch schneller, sodass Tenten kaum mithalten konnte.
 

Tentens Herz krampfte sich schmerzhaft zusammen. Sie würde diese mörderische Geschwindigkeit nicht mehr lange durchhalten können und noch immer waren sie zu weit von dem See entfernt. Panisch blickte sie immer wieder über die Schulter und erkannte, dass ihre Verfolger ein gutes Stück aufgeholt hatten. Ein Wiehern ertönte und als Tenten genauer hinsah, erkannte sie, dass einige ihrer Verfolger beritten waren. „Wir schaffen es nicht!“, rief Ino verzweifelt, als hätte sie ihre Gedanken erraten. Tenten richtete ihren Blick auf die lodernden Feuer und eine einzigartige Erregung durchfuhr sie. Sie waren nah! Sie konnten jetzt nicht aufgeben! Sie blickte sich nach Ino um, die immer langsamer wurde. Diesmal war sie es, die sie packte und mit sich zerrte. Für einen kurzen Moment begegnete sie ihrem Blick. Angst. Verzweiflung und etwas eigenartig Endgültiges. Ihre treue Gefährtin glaubte, dass es jetzt zu Ende gehen würde. Tenten sah ihr fest in die Augen. „Ino!“, schrie sie, „wir werden hier nicht sterben!“
 

Tenten bekam keine Antwort, die Geräusche hinter ihnen wurden lauter. Der Schnee knirschte unter den vielen Sohlen und Hufen, die ihn aufwirbelten, und irgendwo zwischen all den Gedanken und Emotionen, die auf sie einstürmten, dachte sie plötzlich an Neji und an seinen Blick aus den Augen, die so hell wie der Mond waren. Die alte Sehnsucht keimte wieder auf und für einen Moment wünschte sie sich, dass alles vorbei war. Aber nichts war vorbei.
 

Schlitternd kamen sie am Rand des zugefrorenen Sees zum Stehen. Tenten schnappte nach Luft und sah sich dann hektisch um. Ihr Blickfeld war eigenartig verzerrt, wahrscheinlich war sie aufgrund der Anstrengung einfach zu schwach, konnte sich nicht mehr richtig konzentrieren… „Die Rebellen werden euch finden.“ Aber es war niemand da. Alles was sie hörte, waren die Geräusche ihrer Verfolger, die immer näher kamen.
 

„Was jetzt, Tenten-hime?!“, rief Lee, der neben ihr stehen geblieben war. Nochmals drehte Tenten sich nach allen Richtungen um, aber nirgendwo tauchte jemand auf, der sie hätte leiten können. „Ich weiß nicht, Lee! Ich weiß es nicht!“ Ihre Stimme wurde immer zittriger und die Angst kroch ihr in jede Faser ihres Körpers. „Es muss eine Lösung geben, Tenten“, sagte Hinata auf einmal, „dieser Fremde hat nicht umsonst von diesen Signalfeuern gesprochen.“ Und sie blickte sie so ernst an, dass Tenten auf einmal wusste, dass Hinata ihr ihr Leben anvertraute. Vermutlich hatte sie es immer getan, seit dem Moment, da sie Neji und Hinata das Leben gerettet hatte. Tenten schloss die Augen.
 

„Und nun da ich Euch etwas über die Gründung Konohas beigebracht habe, befassen wir uns mit der Geographie. Ursprünglich war Konoha in fünf Einflussbereiche aufgeteilt. Fünf Clans, mächtige Samuraifamilien, die für je einen Bereich zuständig waren, haben unsere Kultur, unser Erbe, unser Land aufrecht erhalten.“, erklärte Sarutobi-sensei. Ein Lächeln breitete sich auf seinem Gesicht aus, „Eure Familie hat über allem gewacht, Tenten-hime, und hat das Volk regiert und Gesetze erlassen, damit kein Clan mächtiger wurde als ein anderer.“

„Aber wie erkennt man, dass man in das Gebiet eines Clans vorgedrungen ist?“, fragte eine dreizehnjährige Tenten. „Die Grenzen können alles sein, ein Fluss, ein Gebirge oder die Signalfeuer.“ – „Die Signalfeuer?“ „Sie markieren die äußeren Grenzen Konohas, Tenten-hime. Sie signalisieren, dass wir eventuellen Feinden nicht schutzlos ausgeliefert sind. Sie brennen seit dem Tag, an dem Konoha vereint wurde.“, sagte der alte Mann. Tenten lächelte. „Dann ist es meine Aufgabe, darauf zu achten, dass sie nie ausgehen?“ Sarutobi ließ ein dröhnendes Lachen hören. „Ganz genau, Tenten-hime, ganz genau.“
 

Tenten öffnete die Augen. Das erste, was sie sah, waren die angespannten, erwartungsvollen Gesichter der anderen, dann sah sie, wie die Soldaten immer näher kamen, dass sie nur noch knappe zwanzig Meter entfernt waren. Die Rebellen konnte sie vergessen. Sie würden sich nicht zeigen und so einer vermeintlichen Nachhut ihren Aufenthaltsort zu verraten. Noch einmal blickte Tenten zu den roten Signalfeuer, die sich in einer geraden Linie über den See zogen. Sie waren jeweils auf einem felsigen Plateau angebracht, auf dem das Holz für das Feuer in einer bestimmten Art und Weise geschichtet lag. Die Zeit rannte ihr davon.
 

„Es hilft nichts“, unterbrach Lee plötzlich ihre Gedankengänge, „ich halte sie auf und ihr versteckt euch und sucht später nach den Rebellen.“ „Sie töten dich!“ Zu ihrer Überraschung hatte Ino Lee angefahren. Ino, die ihn die ganze Zeit nur angegiftet hatte. „Es ist ein guter Weg zu sterben“, erwiderte er mit zusammen gebissenen Zähnen, „ich sterbe um das zu beschützen, was mir wichtig ist.“ „Ich komme mit dir“, sagte Naruto, „mich erwartet ohnehin der Tod.“ „Nein!“, schluchzte Hinata und hielt Naruto am Ärmel fest. Er hatte sich bereits auf den Weg gemacht. „Nein! NEIN! Ihr dürft nicht gehen! Nicht ihr auch noch! Neji ist…“ Wieder brach sie in Tränen aus. Naruto schüttelte sie sanft ab. „Pass auf Tenten und Ino auf, Hinata, ich weiß, du bist stark genug. Neji wäre stolz auf dich.“ Tenten konnte die Szene nicht länger beobachten. Ihre Augen huschten wieder zu dem orangefarbenen Lichtschein, die die Feuer warfen und dann sah sie es.
 

„Halt!“, rief sie. Naruto und Lee hielten inne. „Da ist eine Lücke“, brachte Tenten heraus, „ein Feuer ist nicht entzündet!“ „Was?“ Lee sah sie ernst an: „Seid Ihr sicher? Was…?“ Naruto unterbrach ihn: „Wir gehen über das Eis.“ Er bemerkte die entgeisterten Blicke, die die anderen ihm schenkten. „Glaubt mir, ich weiß, wo ich lang gehen muss. Ich finde einen Weg.“ Er atmete tief durch und setzte den ersten Schritt auf den zugefrorenen See. Es knirschte kurz, aber es hielt. Ermutigt ging Naruto weitere Schritte und schließlich folgten die anderen ihm zögernd.
 

Sie hatten etwa fünfzehn Meter zurückgelegt, als die Soldaten Mao-Chéngs am Ufer des Sees ankamen. „Tenten-hime“, rief einer von ihnen, „wir bitten Euch: Kommt zurück! Mao-Chéng-sama ist vor Sorge fast wahnsinnig!“ Tenten ignorierte ihn. „Hier entlang“, erklärte Naruto und leitete sie im Zickzackkurs über den See. Wieder knirschte das Eis. Hoffnungsvoll blickte Tenten in die Lücke zwischen den zwei Signalfeuern, die zu weit auseinander lagen. Irgendwas hatte das zu bedeuten, sie wusste es… „Tenten-hime!“ Diesmal schrie der Mann sich noch lauter. „Was bringt das?! Ihr könntet umkommen!“ Wieder antwortete sie ihm nicht und der Fremde rief weiter nach ihr. „Tenten-hime!“ „Das ist Hayate Gekko“, flüsterte Hinata plötzlich, „Nejis Vorgesetzter.“
 

Tenten hielt erstarrt inne. Sie erinnerte sich an den Mann. Er hatte ihr von Nejis Tod berichtet. Er hatte ihn zuletzt gesehen… „Er weiß nicht, dass seine Truppe infiltriert wurde“, stellte Naruto fest, „er darf uns nicht schnappen, sonst töten sie uns alle...“ „Was…?“ Naruto warf einen Blick zurück. „Ich erkläre es später, jetzt müssen wir –“ Er wurde von einem scheußlichen Knacken und einem spitzen Schrei unterbrochen. Gerade noch rechtzeitig packte er Hinatas Handgelenk: „Pass auf!“
 

Zitternd vor Schreck klammerte sich Hinata an ihm fest. Wo sie eingebrochen war, klaffte ein dunkles Loch, auf dessen Oberfläche einige Bruchstücke des Eises schwammen. Tenten richtete ihren Blick wieder auf die Lücke. Über den Bäumen wurde es langsam heller und dann erkannte sie Konturen. In der Dunkelheit tauchte ein steinerner Sockel auf, auf dem im Gegensatz zu den anderen das Holz nicht entzündet worden war. Wie konnte das sein? Jedes Signalfeuer war zu entzünden! Jedes! Tenten beschleunigte ihren Schritt. Je näher sie ihrem Ziel kam, desto mehr Geräusche machte die gefrorene Wasserschicht unter ihnen. Wenn sie jetzt einbrach, war es vorbei… Ino und Lee folgten ihr, während Naruto neben ihr ging und Hinata festhielt, damit sie nicht noch einmal einbrach. Sie hörte nur ihren Atem und ihre Schritte auf dem Eis. Es war still. Zu still. Tenten riskierte einen Blick.
 

Das Bild, das sich ihr bot, war schlimmer als sie es sich vorgestellt hatte. Kurz nachdem Hinata eingebrochen war, hatte Tenten Hayate Gekko für einen Moment vergessen, doch dem Samurai schien der Einsturz nur noch mehr zu bestätigen, dass er sie retten musste. Die Reiter waren abgesessen und die Pferde mit den größeren, schweren Soldaten zurück gelassen. Die schlankeren, leichteren Soldaten waren ihnen aufs Eis gefolgt. Hayate Gekko ging voran. Panisch beschleunigte sie ihren Schritt. Es knackte und dann brach das Eis immer kurz hinter ihnen ein. Glücklicherweise hatten ihre Gefährten bereits zu ihr aufgeschlossen, doch so ließen sie nur noch eine größere Schneise zurück.
 

Tenten rannte so schnell sie konnte und es fühlte sich so an, als würden ihre Lungen bersten. Sie fixierte das trockene Signalfeuer und brannte sich das Bild ins Gedächtnis ein. Sie wusste nicht, wie lange sie darauf zu rannte. Das einzige, das sie kurz ablenkte, waren die Schreie der Soldaten hinter ihnen und das Platschen von Wasser, als das Eis unter ihren Füßen wegbrach. Sie krachte gegen etwas Festes. Panisch riss Tenten die Augen auf. Dann prallte etwas in ihren Rücken. „Tenten-hime, seid Ihr in Ordnung?“ Ino. Tenten sah sich um. Sie war gegen den steinernen Sockel des Signalfeuers geprallt und hatte beim Zusammenstoß die meisten Holzscheite beiseite gefegt. Ino kniete neben ihr auf dem Boden und rang nach Luft. Hinata stützte sich schwer atmend am Podest des unangezündeten Feuers ab, während Naruto und Lee beide noch standen und den See beobachteten.
 

„Haben wir sie abgehängt?“, wollte Hinata zaghaft wissen. „Ein paar von ihnen sind eingebrochen, aber das wird sie nicht lange aufhalten“, erwiderte Naruto. Das Mädchen mit den nachtschwarzen Haaren schauderte. Urplötzlich zerriss ein Schrei die Nacht. Tenten fuhr erschrocken herum, nur um zu sehen, dass Hayate sich zurück auf das Eis gezogen hatte und sie mit einem fast hypnotisierenden Blick anstarrte. Tenten konnte nur erahnen, dass er nicht fassen konnte, dass sie sich gegen ihn stellten und dabei seinen Tod, sowie den seiner Männer in Kauf nahmen.
 

Sofort legte sich wieder eiskalte Furcht über sie. Tenten konnte ihr Herz gegen ihre Brust hämmern hören und ihre Finger verkrallten sich in dem Stein, an dem sie immer noch lehnte. Dann hatte sie sich wieder im Griff. Sie verbannte Hayate aus ihrem Kopf und wandte sich stattdessen dem einzigen Signalfeuer zu, das nicht entzündet war. Auf den ersten Blick sah das steinerne Podest aus wie die anderen. Es war hervorragend von einem meisterlichen Steinmetz aus einem Klumpen Stein herausgearbeitet worden, in der Mitte war eine Art Kuhle eingelassen, in die man das Holz stapeln und anzünden konnte, und der Rand hatte der Künstler mit verschnörkelten Symbolen verziert. Tenten betrachtete den Stein genauer. In diesem Moment ging die Sonne auf. Licht fiel auf den Stein und in der Mitte des nach unten gewölbten Beckens. Unter einer Eisschicht prangte die Symbolik des verschmolzenen Yin und Yang.
 

„Denk an das, was ich dir gesagt habe, behalte es immer im Gedächtnis zu jedem Moment, sei bereit für den Augenblick, an dem es dir nützen wird.“
 

Tsunades Worte hallten ihrem Kopf wieder. Tentens Herzschlag beschleunigte sich. In ihren Gedanken hörte sie wieder, wie Tsunade das Rätsel sprach, wie die alten Worte wieder zum Leben erwachten und wie ihr die Ärztin erklärte, dass es der einzige Hinweis auf die Rebellen war, den sie kannte.
 

„Wenn Feuer auf Wasser trifft,

wenn Tag die Nacht ablöst…“
 

Das Signalfeuer! Sie befanden sich mitten auf dem See. Und die Kuhle, in die das Yin und Yangsymbol eingelassen war… „Das ist es“, flüsterte sie. In ihrem Kopf ergab plötzlich alles einen Sinn. Die einzelnen Teile des Rätsels, das keinen Sinn ergab, wenn man nicht zur rechten Zeit am rechten Ort war und nicht wusste was zu tun war, setzten sich zusammen und ergaben ein Bild, das logisch und doch so schwer zu begreifen war.
 

„Tenten-hime, was?“, begann Ino. „Ich brauche Feuer“, unterbrach Tenten sie, „sofort!“ Stille. Dann sah Tenten sich um. Das Eis um die kleine Insel war komplett eingebrochen und sie waren von allem abgeschirmt. In der Ferne mühte sich Hayate immer noch zu ihnen durchzudringen. „Feuer? Wozu…“, fragte Lee. Verzweiflung keimte in ihr auf. Sie konnte nicht hier scheitern. Es war so nah und doch so fern. „Das hier ist der Eingang zum Versteck der Rebellen!“ Lee blickte sie an, als wäre ihm ein Geist begegnet. „Ich irre mich nicht“, rief Tenten, „Alles ergibt einen Sinn.“ Im nächsten Moment sprang Lee ins Wasser, schwamm so schnell zum nächsten Signalfeuer, wie er konnte. „Lee!“, schrie Tenten. „Tenten, er schafft es!“, widersprach Naruto, „er ist stark.“ „Verkauf mich nicht für dumm!“, fauchte sie ihn an, „er erfriert im Wasser!“ Ino und Hinata sagten kein Wort. Tenten war den Tränen nah. Die Chancen, dass Lee das Unmögliche schaffte…
 

Voller Wut zog Tenten ihren Dolch und rammte ihn ins Eis. Es gab einen kleinen Sprung, aber mehr auch nicht. „Gib her“, befahl Naruto grob. Er nahm ihr die Waffe aus der Hand und bearbeitete das Eis. „Du solltest ihn nicht zu schnell abschreiben, wir alle wussten worauf wir uns einlassen. Wir müssen einander vertrauen.“ Du bist derjenige, dem man am wenigsten trauen kann, wollte sie sagen, aber Naruto sah sie mit einer solchen Intensität an, dass sie ihren Kommentar herunterschluckte.
 

Sie wagte kaum sich nach Lee umzusehen. So schnell er konnte schwamm er durch die Schneise, an der das Eis eingebrochen war. Er war schnell, aber als er beim nächstgelegenen Signalfeuer ankam, war er merklich langsamer geworden. Er nahm ein entzündetes Holzstück und ließ sich ins Wasser zurück gleiten. Der Rückweg schien ihm den Rest zu geben. Er wurde langsamer und die Fackel behinderte seine Bewegungen. Lee kämpfte mit allem was er hatte gegen die Kälte des eisigen Wassers, doch auch mit all den Übungen, bei denen er seinem Körper an die Grenzen der Belastbarkeit heran geführt hatte, konnte er nicht gegen die zunehmende Schwäche seiner Kraft tun. Die letzten Meter schien er fast unterzugehen. „Lee!“, rief Hinata und starrte so entsetzt ins Wasser, dass Tenten sich fragte, ob sie auch springen würde. Schließlich erreicht Lee die kleine Insel.
 

„He, meine wundervollen Freunde“, sagte er, zog sich aus dem Wasser, hielt einen brennenden Holzscheit in der Hand und lächelte schwach. Hinata half ihm an Land. Dann brach er vor Erschöpfung und Kälte zusammen. Tenten traten jetzt wirklich die Tränen in die Augen. Doch sie hatte keine Zeit den Mut ihres Freundes zu bewundern, denn Hayate hatte ein paar Soldaten um sich gescharrt und die standen jetzt am Rand der etwa zwanzig Meter langen Einbruchsstelle. „Tenten-hime, seid doch vernünftig!“
 

„Nein“, schrie sie zurück, „ich werde nicht länger eine Schachfigur in diesem Krieg sein!“

Hayate knurrte wütend. Dann zog er ein Messer, fast so lang wie sein Unterarm. Tenten erbleichte. „Besser ich bringe Euch verletzt zurück als überhaupt nicht“, fauchte er. Dann holte er aus. „Öffne den Eingang, Tenten“, brüllte Naruto. Das Geschoss sauste so schnell durch die Luft, dass Tenten für einen Moment wirklich glaubte aufgespießt zu werden. Doch sie hatte Naruto unterschätzt. Er fischte das Messer so blitzschnell aus der Luft, dass sie kaum die Bewegung wahrnahm. Naruto wandte sich Hayate und grinste siegessicher: „Blöd gelaufen, was?“ Nur Ino war noch lauter als er: „Wie könnt Ihr es wagen die Tochter des Fürsten anzugreifen!“, schrie sie und bewarf den Samurai mit Schimpfwörtern, deren Bedeutung Tenten lieber nicht so genau wissen wollte. „Der Eingang!“, schrie Naruto.
 

Sie wandte sich wieder dem Podest zu. Hinata war anscheinend die einzige, die den Ernst der Lage begriffen hatte. Sie schmolz mit dem Feuer bereits das Eis und stach mit ihrem eigenen Dolch darauf ein. Es hatten sich bereits große Brocken gelöst und es fehlte nur noch ein kleiner Teil, ehe sie alles freigelegt hatte. Tenten nahm ihren eigenen Dolch, den Naruto auf dem Rand liegen gelassen hatte, und half ihr.
 

„Jetzt ist Schluss!“ Hayate legte ein paar überflüssige Gegenstände ab und machte sich zum Sprung bereit. Kurz darauf hörte sie ein Klatschen, als er, gefolgt von drei Leuten, ins Wasser sprang. Zwanzig, vielleicht fünfundzwanzig Meter. Wie schnell konnte man die in der Eiseskälte zurücklegen? „Wir haben es geschafft“, unterbrach Hinata ihre Gedanken, „was jetzt, Tenten?“
 

„…wenn Yin und Yang eins werden,

dann wirst du finden, was du suchst…“
 

Yin und Yang. Wie oft hatte sie an die Symbolik gedacht? Wie oft hatte sie Neji und sich selbst damit verglichen? Zwei Teile, die ein Ganzes ergaben. Und noch im Tod rettete er ihr das Leben. Tenten griff an ihren Hals und löste die beiden Teile, die sie seit jenem schicksalhaften Tag nie abgelegt hatte. Das Geräusch von platschendem Wasser brachte sie wieder in die Realität zurück. Hayate war näher gekommen. Sie passte die beiden Teile in die Mitte des Beckens ein. Sie spürte einen Widerstand und drückte stärker. Dann gab es ein merkwürdiges Geräusch, als ob Luft entweichen würde. Sie hatte einen Mechanismus in Kraft gesetzt. Ein Laut wie Stein auf Stein ertönte und dann schien sich etwas zu bewegen und stand urplötzlich still. Tenten starrte für einen Moment auf das nach so langer Zeit wieder vereinte Yin und Yang. Die letzte Zeile des Rätsels kam ihr in den Sinn.
 

„…und erst dann wird es Frieden geben.“
 

Dann war Lee neben ihr. Noch immer zitterte er wie verrückt, seine Lippe schimmerte bläulich und sein Gesicht schien ungeheuer bleich. Doch sein Wille war ungebrochen. Seine Finger krallten sich in den Stein und sie erkannte, dass eine Rille entstanden war. Hinata und Ino packten ebenfalls mit an und gemeinsam hoben sie den Stein an, der Zentimeter um Zentimeter zur Seite rutschte. Ein schwarzes Loch klaffte unter ihnen auf. Tenten hätte nicht sagen können, wie tief es hinunter ging, aber Naruto hockte schon auf dem Rand und blickte in die Schwärze. „Ich gehe zuerst“, sagte er mit tödlichem Ernst. Und ehe sie ihn aufhalten konnte, war er auch schon in der Dunkelheit verschwunden. Dann war ein dumpfer Aufprall zu hören. „Naruto?“ „Ihr könnt nachkommen!“, tönte es von unten, „ich fange dich auf, Hinata.“ Hinata errötete, doch dann zog sie sich auch über den Rand. Ino stieß sie an. „Los!“, befahl sie. „Tenten-hime!“, zerriss eine weitere Stimme die Stille. Hayate war noch etwa sieben Meter entfernt.
 

Sie riss die beiden Teile, Yin und Yang, aus dem Stein und dann ließ sie sich in die Dunkelheit fallen. Der freie Fall dauerte nur wenige Sekunden, doch trotzdem war er eine Erfahrung, die Tenten nie wieder machen wollte. Naruto fing sie mit einer beachtlichen Geschicklichkeit auf und kurz darauf segelte ein brennender Holzscheit herunter. Die improvisierte Fackel kam dumpf am Boden auf. Dann ertönte ein spitzer Schrei und Ino und Lee, der noch immer klitschnass war, kamen fast gleichzeitig am Boden an wobei Lee, der noch immer angeschlagen war, Ino gerade noch erwischte, ehe sie brutal aufgeschlagen wäre. Kaum, dass sie beide unversehrt am Boden angekommen waren, sackte er in sich zusammen.
 

Plötzlich war ein gewaltiges Krachen zu hören. Das Licht, das zuvor noch durch den Eingang hereingefallen war, wurde wieder von Stein verdeckt. Im selben Moment ertönte ein Wutschrei, der ihr sagte, dass Hayate gerade oben angekommen sein musste und festgestellt hatte, dass ihm der Weg versperrt war.
 

Tenten gestattete sich eine Pause. Sie holte schnell Atem und versuchte ihren Adrenalinhaushalt zu beruhigen. „Was ist das hier?“, fragte Ino in die Stille hinein und hob die Fackel auf. Auch Tenten blickte sich jetzt um. Sie befanden sich einem steinernen Gang, dessen Wände feucht schienen und von mehren großen Holzbalken im Abstand von einigen Metern aufrecht gehalten wurde. Nach ein paar Metern fiel der Gang ab und spaltete sich in drei weitere auf. Die Luft roch muffig und abgestanden und erinnerte Tenten an die alten Kellergewölbe unter dem Palast in Konoha-Gakure.
 

„Das ist ein Tunnelsystem“, erkannte sie, „die Rebellen haben sich die ganze Zeit unter der Erde verborgen.“ Tenten drehte sich um und starrte in den Gang hinein. Sie hatte bereits eine Hand auf dem Griff ihres Dolches. Etwas Unheimliches schwebte über diesem Ort. Es war draußen eiskalt gewesen, doch die frostige Atmosphäre in dem Tunnel war noch durchdringender. Irgendwas war falsch und die Ungewissheit machte ihr mehr Angst als die ganze Verfolgung. Und dann erstarrte sie.
 

„Keine Bewegung!“, befahl eine eiskalte Stimme, die sie nur zu gut kannte.
 

~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~
 

Ready! Endlich... ich habe wieder so lange gebraucht *seufz* Ich hoffe, ihr mögt das Kapitel, es war eines mit der 'schnellsten' Handlung finde ich ^^ Btw. danke an Sorca fürs Korrigieren, wirklich lieb von dir.

So... zwei Dinge: Erst einmal bedanke ich mich ganz recht herzlich für die über 1000 Kommentare. Ihr seid so super!!! *knuddel* Ich hoffe, dass ihr mit dem Rest also auch noch glücklich seid XDD

Zweitens... vor etlichen Kapiteln habe ich versprochen, demjenigen, der das Rätsel löst, das Kapitel hier zu widmen. Leider hat das keiner so wirklich gelöst. Ihr habt es irgendwie alle ein bisschen philosophischer ausgelegt, was teilweise stimmt, wenn man die Geschichte im Ganzen betrachtet (vor allem das mit Yin-und-Yang), aber im Prinzip war es eher eine Ortsbeschreibung bzw. die Lösung mit der man die Rebellen finden kann. Da es aber einige richtige Überlegungen gab, möchte ich dieses Kapitel allen widmen, die sich die Zeit genommen haben mitzurätseln ^^ Ihr seid wirklich ganz toll (und ich hatte tierischen Spaß mir die Vermutungen durchzulesen ^^)
 

hel

moony
 

P.S.: Sasuke ist wieder da! Gebt ihr jetzt Ruhe, ja?

~ Kapitel 25: Hideout ~

~ Kapitel 25: Hideout ~
 

Tenten fuhr herum. Mit der einen Hand hatte sie den Dolch gezogen, in der anderen hielt sie immer noch die beiden Teile des Yin und Yangs. Die Augen des Verräters blitzten gefährlich und im dämmrigen Licht wirkte er noch einschüchternder als sonst. Die altbekannte Furcht vor diesem Mann keimte wieder in ihr auf. Sasuke Uchiha verzog keine Miene.
 

„Tenten-hime“, begann der Ronin, „was für eine Überraschung.“ Ein Lächeln schlich sich auf sein Gesicht. Ein kalter Schauer jagte ihren Rücken herunter. „Ich zeig’ dir gleich, was eine Überraschung ist!“, fauchte Ino. Sasuke wandte ihr den Blick zu, hob dann eine Augenbraue und wandte sich wieder ab. „Ach du.“, tat er ihren Ausruf ab. Dann sah er Lee an, stutzte und ließ sich zu einem Grinsen herab. „Hast du es also überlebt?“ Er klang spöttisch, als, wenn Lee nicht mal einen zweiten Gedanken Wert war. Sie wollte etwas sagen, doch seine Ausstrahlung ließ sie vor Angst fast erstarren und sie hatte nicht einmal die Kraft Wut zu empfinden. Sasukes Gegenwart war beängstigend, beinahe erdrückend. Sie begann unkontrolliert zu zittern. Der Ronin hatte die Hand schon auf dem Griff von Orion liegen, bereit das Schwert jederzeit zu ziehen.
 

„Kommt Ihr freiwillig mit, oder muss ich Euch zwingen?“, unterbrach der Uchiha ihre Gedanken. „Ich denke viel eher, dass du uns den Weg zeigen wirst, Sasuke.“, fiel ihm Naruto ins Wort bevor sie etwas sagen konnte. Sasukes Blick huschte nach links und blieb an dem Ninja hängen. „Naruto?“ Zum ersten Mal glaubte Tenten bei Sasuke so etwas wie Überraschung zu erkennen. Sie musste daran denken, was Naruto ihr erzählt hatte. Vor langer Zeit war Sasuke Narutos bester Freund gewesen. Sie waren zwei Menschen, die nie wirklich alles über sich gewusst hatten, die so unterschiedlich waren wie Tag und Nacht. Und die trotzdem Freunde gewesen waren… Doch jetzt war alles vorbei. Aus Freund wurde Feind, aus Vertrauen Misstrauen. Das Leben zeigte ihr nur eine weitere Tragödie.
 

Sasuke sah Naruto noch immer an. Fast schien es als würde er abwiegen, ob es sich lohnte ihn zu erledigen. Er überlegte einen Moment zu lang… Noch ehe der Ronin seine Waffe ziehen konnte, hatte Lee ihm einen gewaltigen Tritt in die Magengegend verpasst, der ihn gegen die Wand schleuderte. „Den war ich dir noch schuldig!“, fauchte Lee. Sasuke Uchiha spuckte Blut, rappelte sich auf und sagte: „Suigetsu?“ „Warum muss ich immer die Drecksarbeit machen?“, beschwerte sich ein Mann, der aus der Dunkelheit auftauchte. Er hatte kurzes Haar, trug Lederkleidung und an seinem Gürtel hing eine beachtliche Messersammlung. „Weil ich es sage“, knurrte der Uchiha. Suigetsu seufzte, schien sich dann nicht so richtig entscheiden zu können, welches Messer er nehmen sollte und suchte dann ein mittelanges mit Wellenschliff aus.
 

„Zwing mich nicht gegen dich zu kämpfen, Sasuke“, sagte Naruto und seine Augen funkelten, „es würde nicht gut für dich ausgehen.“ „Pah!“, erwiderte der Uchiha, „als ob du es mit mir aufnehmen könntest!“ Im nächsten Moment bohrte sich ein Shuriken dicht neben Sasukes Kopf in die Wand. Naruto hechtete vorwärts, doch Suigetsu stellte sich ihm in den Weg. „Ich habe meine Befehle, tut mir leid“, grinste er und enthüllte dabei äußerst spitze Eckzähne. Allerdings kam er nicht mehr dazu Sasukes Anweisungen auszuführen. Lee hatte seine Hand in einer speziellen Weise gekrümmt und versetzte Suigetsu einen so starken Schlag gegen die Schläfe, das es ihn fast an die Wand geschleudert hätte, wenn er sich nicht noch im Fallen gefangen hätte und geschickt in der Hocke aufgekommen wäre, wobei er noch zwei Messer mehr aus seinem Arsenal zog. Er stürzte sich auf Lee, doch dieser blockte, noch bevor die Waffen ihn berühren konnten. Und doch… seine Bewegungen waren um ein Vielfaches langsamer geworden. Die Erschöpfung und Schlaflosigkeit hatten ihn ausgelaugt. Außerdem musste er von dem Eiswasser noch immer angeschlagen sein. Er konnte sich kaum auf den Beinen halten und Tenten wusste, dass es nur eine Frage der Zeit war, bis er zusammenbrechen würde.
 

Gleichzeitig stürzte Naruto auf Sasuke zu, der in eben diesem Moment tänzelnd auswich. Allerdings hatte er nicht mit Narutos Schnelligkeit gerechnet. Der beengte Gang bot Naruto einen natürlichen Vorteil. Sasuke konnte das Schwert nicht ziehen, was ihn unbeweglich machte. Naruto hingegen war es gewohnt auch in engen Räumen zu kämpfen. Tenten konnte nicht erkennen, was für Waffen Sasuke sonst noch trug, doch er war ausreichend ausgebildet worden, sodass er es wohl auch mit bloßen Händen mit Naruto hätte aufnehmen können.
 

Im selben Moment krachte Lee gegen einen Pfeiler. „Oh, komm schon“, verspottete ihn Suigetsu, „bist du schon müde?“ Lee kam benommen wieder hoch. Er stolperte rückwärts und nahm eine Defensivhaltung ein, wobei er zu langsam war und Suigetsu ihm den Trizeps aufschlitzte. Lee biss die Zähne zusammen und brachte mit einem gezielten Tritt Raum zwischen beide. Doch Suigetsu war zu schnell und Lee, der ohnehin schon angeschlagen war, konnte seinem nächsten Angriff nicht mehr ausweichen. Der Dolch bohrte sich in seinen Oberarm und drang tief in sein Fleisch ein. Das Blut floss an seinem Arm herunter. Lee keuchte und wenn der Schmerz ihn nicht so benebelt hätte, wäre er vermutlich zusammengesackt. Suigetsu grinste: „Heimvorteil, Kumpel.“
 

Ihm verging das Lachen als Ino mit der Fackel nach ihm schlug und dabei seine Kleidung ankokelte. „Du kleine Missgeburt!“, fauchte der Rebell und wollte auf Ino losgehen, doch er kam nicht mehr dazu. Lee zog mit schmerzverzerrtem Gesicht die Waffe aus seinem Arm, warf ihn beiseite und krachte in halben Weg in Suigetsu, wobei er ihn zu Boden schleuderte.
 

Unterdessen war der Kampf zwischen Naruto und Sasuke weiter fortgeschritten. Trotz Narutos Erschöpfung waren sie einander ebenbürtig und lieferten sich einen schnellen Schlagabtausch. Der Ronin hatte einen Dolch gezogen und parierte jeden Angriff, den Naruto mit dem Kunai, dem zweischneidigen Ninjamesser ausführte, wobei es jedes Mal ein hässliches Kreischen von Metall auf Metall gab. Die Allzweckwaffe war handlicher als Sasukes Dolch und hatte viel mehr Verwendungszwecke; als Hieb- und Stichwaffe war sie in der Enge leichter zu führen und erlaubte Naruto eine größere Geschwindigkeit.
 

Aber Sasuke Uchiha galt nicht umsonst als ein Genie. Er analysierte blitzschnell und mit der Zeit landete er einige Treffer, die Naruto Schnittwunden auf Armen und Brust bescherten. Naruto hatte Sasuke zwar auch getroffen, doch im Gegensatz zu dem Ninja war er frisch und hatte keine tagelange Reise hinter sich. Er landete einen erneuten Treffer und traf Naruto an der Schulter. Die Klinge riss einen Schlitz in seine schwarze Kleidung und tränkte den Stoff mit Blut. Naruto keuchte. Sasuke kam noch näher und schlug Naruto mit einer geschickten Bewegung die Waffe aus der Hand. „Sieht aus, als hätte ich Recht gehabt, Trottel, du kannst es immer noch nicht mit mir aufnehm-“ Urplötzlich prallte etwas in seinen Rücken. Der Ronin taumelte und stützte sich reflexartig an der Gangwand ab.
 

Dann drehte er sich um und blickte wutentbrannt eine zitternde Hinata an, die in just diesem Moment den Dolch zog, den Naruto ihnen zuvor gegeben hatte. Sie hielt die Waffe mit beiden Händen und wagte fast nicht den Ronin anzusehen. Die beiden waren sich nie begegnet, da Hinata bei Sasukes Angriff bewusstlos gewesen war. „Hinata“, keuchte Naruto, „lauf weg.“ Sasuke Uchiha richtete sich auf, ließ den Blick über das Mädchen gleiten. Langsam trat er auf sie zu, ließ die Waffe in seiner Hand einmal herumwirbeln und Hinata wich angsterfüllt vor ihm zurück. „Sasuke!“, brüllte Naruto, „sie hat nichts damit zu tun!“ Sasuke ignorierte ihn. „Du hast Mut“, gab er an Hinata gerichtet zu, doch seine Stimme war kalt. Hinata ging rückwärts, Schritt um Schritt wich sie vor ihm zurück und er lächelte, als er ihre Furcht bemerkte. Sie stieß mit dem Rücken an die Wand. Ein Schrei ertönte und Lee krachte neben ihr in die Wand. Hinata stieß ein Quietschen aus und schien es nicht zu wagen Lee anzusehen. Sasuke Uchiha trat noch einen Schritt auf sie zu, doch im gleichen Moment stürzte sich Naruto trotz seiner Verletzung auf ihn und verpasste ihm einen gezielten Schlag ins Gesicht, worauf dieser zurücktaumelte. „Fass sie nicht an!“, brüllte Naruto und schob Hinata hinter sich. Sasuke wischte sich das Blut aus dem Gesicht und in diesem Moment war sein Blick voll von blankem Hass. Gefährlich langsam kam er wieder auf die Beine, ergriff den Dolch und packte ihn fest. „Dass du es wagst!“, spuckte er aus.
 

„Sasuke!“, rief Suigetsu auf einmal. Der Ronin wirbelte herum, doch er war nicht schnell genug. Tenten war schon hinter ihm, riss ihn am Hemd zurück und drückte ihm ihren Dolch an den Hals, wobei die Klinge ins Fleisch schnitt. „Du…!“ „Bring mich zum Anführer der Rebellen“, erwiderte Tenten, „oder ich töte dich.“
 

Einen Moment herrschte Totenstille. Suigetsu, der kurz davor gewesen war, Lee zu erledigen, ließ sein Messer sinken, Hinata zitterte wie verrückt und wäre vermutlich in Tränen ausgebrochen, wenn Naruto sie nicht an sich gedrückt hätte. Ino hielt noch immer die Fackel, wischte sich Ruß aus dem Gesicht und trat unsicher auf Lee zu. Tenten rührte sich nicht. Der Ronin hatte noch immer nicht reagiert. War Sasuke Uchiha so wütend, dass er nicht mal die Worte fand um sie zu verfluchen, fürchtete er, sie könnte ihre Drohung wahrmachen, oder dachte er sich in diesem Moment einen Plan aus sie zu töten? Dann passierte etwas, das sie nicht erwartet hatte. Er lachte. Zuerst leise, dann immer lauter, sodass es in dem leeren Gang von den Wänden widerhallte. In ihrem ganzen Leben hatte sie nie größere Angst gehabt.
 

„Als, wenn Ihr jemals den Mut dazu hättet, Tenten-hime.“ Sie konnte förmlich spüren wie seine Augen blitzten. In seiner Überheblichkeit schien ihn die Situation nur zu amüsieren. Obwohl sie die Waffe in der Hand hielt, begann Tenten zu zittern. Sasuke Uchiha hatte vielleicht einen Fehler gemacht, aber wenn sie nicht aufpasste, würde er jede Schwäche sofort ausnutzen. Ihn als Druckmittel einzusetzen verschaffte ihr vielleicht einen kurzen Vorteil, aber der Verräter war noch immer gefährlich und er würde jede Möglichkeit nutzen ihre Plätze zu tauschen. Sie hatte ihn in seiner Ehre gekrängt und dafür würde er sie leiden lassen. Doch noch war es nicht vorbei, sie war diejenige, die den Dolch in der Hand hatte. „Ich habe nichts mehr zu verlieren“, presste Tenten heraus, „leg deine Waffen ab.“
 

Für einen Moment glaubte Tenten, er würde sie einfach ignorieren, doch dann schien er sie endlich ernst zu nehmen, bewegte sich langsam und ließ seine Waffe fallen, die klirrend auf dem Boden aufkam. Sein Blick wanderte zu seinem Schwert. „Naruto“, sagte Tenten, „nimm das Schwert, ich will es nicht in seiner Reichweite haben.“ Sasuke zischte wütend und durchbohrte Naruto mit einem eiskalten Blick, als dieser Orion an sich nahm. Kurz vergewisserte sich Tenten, dass Amaterasu noch immer an ihrer Hüfte hing und, dass Sasuke es nicht erreichen konnte. Dann sah sie in den leeren Gang hinein und schauderte kurz.
 

„Suigetsu“, sagte Sasuke plötzlich, „geh.“ Suigetsu hatte sich indes wieder von seinem Kampf gegen Lee erholt. Er richtete sich auf und schob seine Messer wieder in seinen Gürtel zurück. Dann feixte er: „Dass ich dich mal in so einer Situation sehe…“ „Sofort“, knurrte Sasuke. Suigetsu verschwand in der Dunkelheit.
 

Tenten atmete tief durch. „Worauf warten wir noch!“, holte Lee sie aus ihren Gedanken zurück. Er grinste erschöpft, seine Zähne blitzten und trotz seines Zustandes schien er keinerlei Zweifel im Gelingen ihrer Mission zu haben. „Linker Gang“, unterbrach der Verräter seine Euphorie und Tenten führte ihn langsam in den Gang hinein. Ino nahm die Fackel wieder auf während Hinata und Naruto Lee stützten.
 

Je weiter sie in das Höhlensystem eindrangen, desto mehr fiel der Gang ab. Bald musste Tenten immer langsamer gehen, um nicht zu stürzen und Sasuke Uchiha keine Möglichkeit zu geben sie zu überrumpeln. Die Luft wurde trocken und roch noch immer ein bisschen nach dem See, der über ihnen war. Zuerst waren die Wände leicht feucht, doch dann – je weiter sie kamen, desto mehr Abzweigungen sie entlanggingen - wurden sie immer trockener. In immer kürzeren Abständen entdeckte Tenten Holzbalken, die den Gang abstützten – und dazwischen entzündete Fackeln, die ein schauriges Licht auf den Stein warfen. Die Gänge mussten vor Jahrhunderten von Menschenhand ausgehöhlt worden sein. Sie mussten so alt sein, dass ihre Existenz längst ins Vergessen geraten war. Vor langer Zeit hatte es Wächter gegeben, die für die Signalfeuer zuständig gewesen waren, doch mit der Zeit waren auch sie Boten der Vergangenheit geworden. In den Wirren des Bürgerkrieges war die Erinnerung der Menschen an eines ihrer ältesten Geheimnisse verloren gegangen.
 

Tenten fragte sich wie die Rebellen es wieder entdeckt hatten. Waren sie einfach nur durch Zufall darauf gestoßen, oder gab es jemanden, der das Wissen besaß, das längst niemand mehr kannte? Wenn das der Fall war, musste sie noch vorsichtiger sein. Jemand, der dieses Geheimnis kannte, musste auch über andere Dinge Bescheid wissen. Und jemand, der so viel wusste, war gefährlich…
 

Irgendwann wusste sie nicht mehr wie lange sie schon gegangen waren, sie vergaß welche Abzweigungen sie genommen hatten. Sasuke Uchiha hätte sie hinführen können wo er wollte, sie hätte es nicht gemerkt. Nur die Klinge an seinem Hals hielt ihn dazu ab, sie vollends seiner Gnade auszuliefern.
 

Sie kamen an einem Raum vorbei, in dem drei Männer saßen. Als sie daran vorbei gingen, sahen sie auf und blickten sie voller Unglauben an. Doch dann verwandelte sich ihr Ausdruck in etwas anderes. Zuerst verstand sie es nicht. Sasuke Uchiha führte sie weiter, sie nahmen an einer Weggabelung den rechten Tunnel und dann wurde die Stille von einem Flüstern unterbrochen.
 

„Uchiha…?“

„Das ist Tenten, Tochter Mao-Chéngs…“ –

„Was macht sie hier? Wie hat sie hergefunden?“

„Elende Verräterin, man sollte sie…“
 

Den Rest bekam Tenten nicht mehr mit. Der Raum, in den sie kamen, war riesig. Die Decke war mindestens vier Meter hoch und seine Länge entsprach etwa der von zwei Häusern nebeneinander. Ein, zwei Tische standen am Rand und in regelmäßigen Abständen waren Öffnungen von weiteren Gängen. Von allen Richtungen strömten Menschen auf sie zu. Es waren junge Männer, Alte und hin und wieder ein Kind von kaum zwölf Jahren. Tenten schätzte ihre Zahl auf vierzig bis fünfzig. Der Verräter beachtete sie nicht mal, aber an der Art, wie sie vor ihm zurückwichen, erkannte Tenten, dass sie ihn fürchteten. Als Tenten und Sasuke sich einen Weg durch die Menge bahnten, schwoll das Gemurmel an. Sie traute sich kaum den Menschen in die Gesichter zu sehen, aber dann konnte sie es doch nicht verhindern und erhaschte einen weiteren Blick auf die Menschen. Die meisten waren ausgemergelt und dünn. Fast jeder war bewaffnet, ihre Haut war durchscheinend, da sie kaum an die Sonne kamen und ihr Haar häufig dünn und ausgebleicht. Doch alle hatten sie stählerne, entschlossene Augen, die ihr in einer fiebrigen Weise folgten, dass Tenten auf einmal wusste, was sie nicht hatte einordnen können.
 

Hass…
 

Sie hassten sie für alles wofür der Krieg stand. Sie hassten sie dafür, dass sie kein Zuhause mehr hatten. Sie hassten sie, weil sie die Tochter Mao-Chéngs war, der ihre Unterdrückung herbei geführt hatte. Sie hassten sie, weil sie all das verkörperte, das ihnen alles genommen hatte.
 

„Uchiha!“ Eine junge Frau bahnte sich energisch einen Weg durch die Menge. Sie hatte weizenblondes Haar, das sie geflochten und hochgesteckt hatte. Sie war etwa einen halben Kopf größer als Tenten und trug dunkelbraune Lederkleidung bestehend aus Hose und einem enganliegenden Hemd mit einer Weste darüber, geschnürte Stiefel und an der Hüfte eine Kusarigama, eine Sichel, die mit einer Kette verbunden war und es ihr so möglich machte aus der Distanz zu kämpfen. Auf ihrem Rücken prangte ein Symbol, ein Kreis, der eine Wüste zeigte über der gerade die Sonne aufging. Irgendwo hatte sie das Zeichen schon mal gesehen…
 

„Platz da!“, fauchte die Frau plötzlich, als die Menge nicht schnell genug vor ihr zurückwich. Dann hatte sie sie erreicht und musterte sie der Reihe nach. Die Frau hielt kurz inne als sich ihr und Tentens Blick trafen, doch weiter beachtete sie Tenten nicht. Kurz drehte sie sich zu den Rebellen um und befahl: „Habt ihr nichts zu tun? Zurück an die Arbeit!“ Langsam löste sich die Menschenmasse auf und der Raum leerte sich. Schließlich standen sie ihr allein gegenüber.
 

Die Fremde bedachte den Verräter mit einem stechenden Blick. „Was hat das zu bedeuten, Uchiha?“, fragte sie. „Bring uns zu deinem Bruder, Temari.“, entgegnete dieser ohne ihre Frage zu beantworten. „Ignorier mich nicht“, knurrte Temari, doch der Ronin beachtete sie nicht weiter. „Willst du es immer noch nicht wahrhaben, dass eine Frau im Krieg nichts zu suchen hat?“ Temari stemmte die Hände in die Seiten und funkelte Sasuke Uchiha böse an. „Ich bin eine Sabakuno, falls du das vergessen hast!“, fauchte sie, „in meinem Clan haben Frauen die gleichen Rechte wie Männer!“ „Absoluter Schwachsinn“, erklärte Sasuke Uchiha. Die Rebellin funkelte ihn wutentbrannt an und sah so aus, als ob sie jeden Moment auf den Verräter losgehen würde. „Du…-“ „Halt!“, unterbrach Tenten das Gespräch, dann sah sie Temari fest an, „ich bin Tenten, Tochter Mao-Chéngs. Ich muss sofort mit dem Rebellenanführer sprechen.“
 

Zum ersten Mal schien Temari die Situation vollends zu begreifen. Sie wandte sie Tenten den Blick zu, der mit einem Mal ernst geworden war. Ihre Augen hatten ein intensives Blaugrün und auf ihrer Wange zog sich eine lange Narbe entlang, die einen Schatten auf ihr ansonsten hübsches Gesicht warf und sie entstellte. Tenten sah auf den ersten Blick, dass sie eine Kämpferin war.
 

Für einen Moment lang sahen sich die Frauen nur an. Tenten merkte wie die Rebellin aus ihrem Verhalten schlau zu werden versuchte. Schließlich gab sie sich geschlagen. „Temari Sabakuno“, stellte sie sich vor, „folgt mir.“ Sie drehte sich um und verschwand in einem weiteren Gang ohne darauf zu warten, dass sie ihr folgten. „Sabakuno?“, flüsterte Ino, „aber sind sie nicht…“ „Mein Clan ist vernichtet“, sagte Temari laut, wobei Ino rot anlief, „aber nicht ganz.“
 

Schweigend gingen sie weiter, aber Tenten konnte ihren Blick nicht von Temaris Rücken abwenden. Sie kannte das Symbol auf ihrem und auch das auf Sasukes Rücken, eine rote Flamme auf schwarzem Grund. Aber wo hatte sie es schon mal gesehen? Sie musste sich erinnern ehe es zu spät war…
 

Je weiter sie gingen, desto tiefer fiel der Gang ab. Es war beinahe so als würden sie sich direkt in das Herz der Erde vorzuwagen. Tenten konnte nicht erahnen wie weitläufig das Labyrinth, bestehend aus Gängen und Räumen war, aber es musste sich über mehrere Meilen hinziehen. Und, wenn die Räume des Rebellenführers so tief in der Erde lagen, dann bedeutete das, dass sich darum eine beeindruckende Verteidigung aufbaute. Das unterirdische Versteck der Rebellen war nicht mit gewöhnlichen Festungen zu vergleichen. Es war anders als die Festungsstadt Konoha-Gakure oder irgendeine andere Art von Burgen, die sie kannte. Das Labyrinth hatte keine Mauern, die man einreißen konnte, eine Armee würde nie bis hierher vordringen können und einen Eingang zu finden war beinahe unmöglich. Das Labyrinth war uneinnehmbar und das machte die Rebellen nur noch gefährlicher.
 

„Wir sind gleich da“, informierte Temari sie plötzlich. Tenten sah auf. Sie konnte sich nicht erinnern wie viel Zeit vergangen war, seitdem sie Temari getroffen hatten, doch es musste länger gewesen sein, als sie eingeschätzt hatte. Die Müdigkeit hatte Tentens Wahrnehmung getrübt. Sie waren vielleicht ihren Verfolgern entkommen, aber noch immer wussten sie nicht, was sie bei den Rebellen erwartete. Das einzige, das sie noch immer klar wahrnahm war Sasuke Uchiha, der Dolch an seinem Hals und Temari, der sie unablässig folgten.
 

Die Fackeln an den Wänden wurden rarer. Wahrscheinlich hing es damit zusammen, dass es hier weniger Sauerstoff gab, doch noch immer gingen sie tiefer. Es war eigenartig still und dann ging Tenten auf einmal der Grund auf. Sie waren keinem Menschen mehr begegnet, seitdem sie Temari getroffen hatten. Aber warum?
 

Der Gang war vollkommen leer, nur ab und an kamen sie an Türen vorbei, die Vorratsräume, Waffenkammern und Schlafsäle sein könnten. Doch selbst die schienen verlassen. „Wo sind wir hier?“, wagte Tenten zu fragen. „In der Nähe des Konferenzsaales“, antwortete Temari, „ein paar Minuten von unserem Ziel entfernt.“ Tenten tauschte einen Blick mit Ino, die ungewöhnlich blass war. War Suigetsu hierhin vorgegangen?
 

Auf einmal regte Sasuke sich. Sofort packte Tenten den Dolch fester, sodass er beinahe in seinen Hals schnitt, aber der Uchiha schien es nicht zu kümmern. Tenten konnte förmlich sehen wie seine Augen blitzten… Er wirkte so unglaublich mächtig, doch sie konnte sich nicht davon abhalten ihren Blick an die Stelle wandern zu lassen, an der eigentlich sein rechter Arm sein müsste. Tenten schauderte. Der schwarze Stoff hing schlaff an seiner Seite herunter.
 

Und dann standen sie plötzlich vor einem riesigen Tor aus dunklem Holz und Türen, die so breit waren wie die im Palast ihres Vaters. Darüber waren Zeichen eingraviert. Zwei davon kannte sie, denn sie hatte sie noch immer vor Augen: Die Wüste mit der aufgehenden Sonne und die Flamme auf schwarzem Grund. Die Wappen der Sabakuno und der Uchiha. Die anderen drei kannte sie nicht, doch alle fünf waren um ein sechstes im Kreis angeordnet, das sie noch nie gesehen hatte. Darüber war eine Inschrift eingemeißelt, doch die Sprache war so alt, dass Tenten die Zeichen vollkommen unbekannt waren. Sie sah wieder zu den Wappen hinauf und dann ging ihr plötzlich die Bedeutung auf. Sarutobi-Sensei hatte ihr einst erklärt, dass vor langer Zeit fünf Clans, fünf Samuraifamilien über Konoha geherrscht hatten. Die Sabakuno, die Uchiha, die Nara, die Hyuga und die Aburame. Nicht wie heute, wo nur noch zwei Clans übrig geblieben waren…
 

Auf einmal drehte Sasuke Uchiha den Kopf leicht zur Seite, sodass er sie ansehen konnte. Ein feines Lächeln umspielte seine Lippen und seine Augen bohrten sich in ihre. „Erinnert Euch an meine Worte, Tenten-hime“, sagte er und sein Lächeln wurde breiter, „Ihr habt Euch euren größten Feind selbst geschaffen.“ Sie hatte keine Zeit seinen Worten irgendeine Bedeutung abzugewinnen.
 

Temari pochte an das Tor. Eine Zeit lang geschah nichts, dann hörte sie plötzlich ein scharfes Geräusch, als würde Holz über Stein schleifen. Das Tor öffnete sich einen Spalt und jemand trat nach draußen. Er war groß, schlank und gutaussehend, hatte sandfarbenes dunkles Haar und war ähnlich wie Temari gekleidet. „Was denkst du dir eigentlich dabei, Temari?“, begann er, „wir sind mitten in einer Kriegssitzung.“ „Ich würde nicht stören, wenn es nicht wirklich wichtig wäre, Kankuro“, erwiderte Temari, „aber…“ Sie ließ ihren Blick zu ihr und Sasuke schweifen. Kankuro folgte ihrem Beispiel, sein Blick blieb an ihr hängen und seine Augen weiteten sich. Dann wurde er ernst. „Ich werde veranlassen, dass die Sitzung unterbrochen wird, Schwester.“ Schwester! Noch ein Sabakuno! Wie konnte das sein!? Der Clan war vernichtet… so hatten es all die Berater und Ratsmitglieder ihres Vaters immer und immer wieder gesagt, wenn sie über das Clansystem Konohas debattiert hatten. War das alles nur eine Lüge gewesen?
 

Kankuro war indessen wieder im Inneren verschwunden. Dumpf hörte sie wie er etwas sagte, dann war es einen Moment totenstill und schließlich setzte auch bei ihnen Gemurmel ein. Wie viele waren da? Wenn es eine Kriegssitzung war, dann mussten die wichtigsten Befehlshaber in diesem Augenblick an ein und demselben Tisch sitzen. Das erklärte auch warum sie im letzten Stück des Weges niemanden begegnet waren… Niemand störte eine Sitzung, das hatte sie schon am eigenen Leib erfahren…
 

Die Gespräche erstarben, Kankuro öffnete die Tür zum Sitzungssaal erneut und nickte ihr zu. „Die Sitzung ist aufgelöst“, erklärte er, „die Mitglieder des Rates haben den Konferenzsaal soeben verlassen. Der Anführer der Rebellen ist jetzt bereit Euch zu empfangen, Tenten-hime.“ Tenten schluckte und sammelte ihren ganzen Mut. Das war der Moment auf den sie seit Tagen hinarbeitete… und die einzige Chance auf Frieden, die ihr blieb. Sie sah ein letztes Mal zu ihren Freunden hin. Ihren wunderbaren Freunden, die alles für sie riskiert hatten. Mit einem Mal hatte sie einen Kloß im Hals. Ich bin bei dir. Solange hatte sie sich an diesen Traum geklammert und dann wusste sie es mit Sicherheit. Neji würde bei ihr sein; selbst, wenn er tot war, gab er ihr die nötige Stärke um dem Anführer der Rebellen gegenüber zu treten. Ein letztes Mal sah sie zurück, dann schwangen die Türen auf und sie blickte ihrem Schicksal von Angesicht zu Angesicht gegenüber.
 

Er war charismatisch, jeder Blick war so niederschmetternd, dass es sich fast so anfühlte, als würde es sie zerreißen. Er wirkte intelligent, analytisch und mächtiger als jeder andere, den sie kannte. Ohne Probleme konnte er mit seiner Ausstrahlung sowohl mit ihrem Vater, Kakashi Hatake und Sasuke Uchiha konkurrieren. Sein Haar war rostrot, was in totalem Kontrast zu seiner hellen Haut stand und seine Augen waren die gleichen wie Temaris. Er trug eine Rüstung, darunter ein kastanienbraunes Wams und über seinen einen Umhang in der gleichen Farbe seiner Haare. An der Hüfte waren ein Bronzeschwert und zwei Messer befestigt. Tenten fühlte sich plötzlich an ihre eigene Erscheinung erinnert. Ihr Haar hing ihr feucht ins Gesicht, ihre Kleidung war zerrissen und sie selbst war in einem miserablen Zustand. Sie dachte an all die Stunden, in denen Ino ihr geholfen hatte sich zurecht zu machen und für jeden Anlass passend zu kleiden. Und hier stand sie vor dem Anführer der Rebellen mit zerrissener Kleidung, einem Schwert und einer Geisel, der sie einen Dolch an den Hals drückte. Sie errötete vor Scham. Dem Anführer der Rebellen schien ihr Unwohlsein nicht aufzufallen, er faltete die Hände und sah sie direkt an. „Warum seid Ihr gekommen, Tenten, Tochter Mao-Chéngs?“, fragte er.
 

Tenten schluckte. Er war ganz anders als sie sich ihn immer vorgestellt hatte. Anfang zwanzig vielleicht, jung und bis auf weiteres, der zweitmächtigste Mann im ganzen Land. Ein Wink von ihm und man würde sie töten. Tenten zwang sich ihn anzusehen. Er ist der Teufel! Der Deserteur fiel ihr wieder ein und ihre Angst wurde noch größer. Der Mann war mittlerweile aufgestanden. Er ging um einen langen Tisch herum an dessen Kopfende er gesessen hatte. „Warum seid Ihr gekommen?“, wiederholte er.
 

Tenten kratzte ihr letztes bisschen Mut zusammen. Niemand anderes außer ihr konnte dies tun. „Ich bin gekommen um über den Frieden zu verhandeln.“ Der Anführer der Rebellen trat näher. Er überragte sie fast um einen halben Kopf. „Ich habe Eurem Vater mehr als einmal die Möglichkeit gegeben mit mir zu verhandeln. Er hat das Angebot immer ausgeschlagen.“ „Ich kann nicht für meinen Vater sprechen“, gab Tenten zurück, „ich spreche mit all der Autorität, die mir gegeben ist. Ihr habt mich ernst zu nehmen.“ Kurz huschte ein Schimmer von Wut über sein Gesicht. „Ich muss niemanden ernst nehmen.“, zischte er, „Mao-Chéng hat zugesehen als mein Clan vernichtet wurde und nicht einen Finger gerührt um den Untergang nicht nur von meinem, sondern insgesamt von drei der fünf Samuraifamilien zu verhindern.“ Er sah ihr erneut ins Gesicht und in ihr flackerte langsam eine Erkenntnis auf. „Ihr seid…“ – „Gaara Sabakuno.“, antworte ihr der Rebellionsführer, „ich werde nicht ruhen bis die alte Ordnung wieder hergestellt ist.“ „Ihr dürft nicht mehr weiter kämpfen!“, rief Tenten, wobei der Dolch an Sasukes Hals verrutschte und leicht in sein Fleisch schnitt. Ein Tropfen Blut rann seinen Hals herunter.
 

„Nein? Wir kämpfen seid fast einem Jahrzehnt, Tenten-hime. Ohne die Rebellion wäre Konoha längst zerbrochen. Sie hält das Land in der Balance, sie ist das bisschen Hoffnung, das den Menschen geblieben ist. Es wird Krieg geben und wir werden ihn für uns entscheiden.“ Seine Stimme war ganz ruhig, aber Tenten konnte dennoch die Macht seiner Worte spüren. Gaara Sabakuno hatte etwas an sich, das sie ein wenig an Naruto erinnerte. Auch bei ihm hatte sie das Gefühl, dass unter der Oberfläche etwas schlummerte, das gefährlicher war als alles, das sie sich vorstellen konnte. Doch sie durfte sich nicht einschüchtern lassen, sie hatte alles riskiert, alles aufgegeben um hier vor ihm zu stehen. Tenten funkelte den Anführer der Rebellen an. „Ich werde alles tun um diesen Krieg zu verhindern!“
 

Stille. „Und was“, begann Gaara, „könnt Ihr mir bieten?“ Tenten sah in seine türkisblauen Augen, er war unbeweglich, stark und es gab nur eines, das sie ihm geben konnte. Sie dachte an alles zurück was sie erlebt hatte. An ihre Kindheit und an ihren Vater, an die Begegnung mit Neji, ihre Freunde und an den Krieg, der unter der Oberfläche brodelte. ‚Danke’, dachte sie. Als sie sprach war ihre Stimme laut und klar. Niemals zuvor war sie sich so sicher gewesen das richtige zu tun.
 

„Ich biete Euch mein Leben.“
 

„Nein“, flüsterte Ino, „das dürft Ihr nicht tun, Tenten-hime!“ Tentens Blick huschte kurz zu ihren Freunden. Hinata und Lee sahen sie fassungslos an und Naruto hatte die Augen weit aufgerissen. Nun verstand er was sie gemeint hatte, als er gefragt hatte was sie tun würde, wenn sie dem Anführer der Rebellen gegenüber stand. Ihr Opfer war der Preis, den sie zahlen musste, wenn sie den Krieg verhindern wollte. Es hatte nie einen anderen Weg gegeben.
 

„Euer Leben?“, fragte Gaara Sabakuno, „wisst Ihr, worauf Ihr euch einlasst?“ Tenten nickte. „Tut mit mir was Ihr wollt. Solange der Krieg verhindert wird, nehme ich alles in Kauf.“, sie biss sich auf die Lippe, „sogar meinen Tod.“ „Wenn Ihr sterbt verliert Konoha ihre Erbin“, sagte Gaara. „Das ist mir bewusst“, erwiderte Tenten, „vielleicht ist jetzt der Zeitpunkt gekommen, da sich alles verändern wird.“ Gaara sah sie an und zum ersten Mal erkannte sie in seinem Blick einen Hauch von Mitleid. „Ich kann das nicht entscheiden“, sagte er dann, „nicht ganz allein. Temari würdest du bitte…“ Temari nickte ihm kurz zu, dann verschwand sie durch das riesige Tor. „Warum könnt Ihr das nicht allein entscheiden?“, wagte Tenten zu fragen. „Weil er größeren Einfluss über die Rebellen hat als ich es je haben werde“, erwiderte der Sabakuno. Die Angst nistete sich in jedem Teil ihres Körpers ein. Wer konnte denn noch mächtiger sein, als der Anführer der Rebellen selbst?
 

Plötzlich begann Sasuke Uchiha zu lachen, Tenten fröstelte und fühlte sich unangenehm an seine Worte von vorhin erinnert. Ihr habt Euch euren größten Feind selbst geschaffen. Und dieser Feind war nicht Gaara Sabakuno.
 

Und die Tore öffneten sich erneut. Tenten wandte sich um und wusste auf einmal, dass es sie mehr Mut kosten würde als es sie gekostet hatte Gaara Sabakuno gegenüber zu treten. Das Schicksal selbst schien diesen Moment herbeigeführt zu haben… Sie wagte hinzusehen und er sah sie an wie er sie noch nie angesehen hatte.
 

„Neji Hyuga“, sagte er, “Sohn und einziger Erbe Hizashi Hyugas, des Rebellionsgründers.“
 

Und ihr Herz stand still.
 

~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~
 

[28.o2.2010]
 

Da bin ich wieder ^-^ Ich bin schneller fertig geworden und ihr müsst euch dieses Mal auch kein so 'endlos-langes-Kapitel' antun. Dieses ist kurz und bündig und fast mit das wichtigste überhaupt. Ich hatte es schon ewig im Kopf und dementsprechend habe ich es auch immer wieder umkorrigiert, damit es meinen Erwartungen entspricht. (So viel habe ich noch nie an einem Kapitel verändert und wieder neu geschrieben... glaubt mir.) Mir war es wichtig, dass ich ein paar Sachen andeute (Sasuke mal etwas alt aussehen lasse... *grins*) und dann sind da natürlich die Rebellen... Die meisten lagen bei ihren Vermutungen was den Rebellionsanführer betrifft, falsch. Aber ich finde Gaara passt am besten in diese Rolle und - glaubt mir... das waren noch nicht alle Rebellen.

Allerdings glaube ich, dass euch das jetzt nur mäßig interessiert. Neji ist zurück (Halleluja...!) und jetzt kennt ihr das, was ich die ganze Zeit zurückgehalten habe. Hizashi hat die Rebellion gegründet. Neji weiß wer er wirklich ist (- er lebt noch, wunder o wunder...-) und die Vergangenheitsgeschichte lüfte ich nächstes mal. Dieses Kapitel ist unkorrigiert (tut mir leid, ich wollte nicht länger warten und ich hielt es gut genug). Der Titel 'Hideout' bedeutet 'Versteck'
 

Ich hoffe, ihr hattet Spaß beim Lesen ^-^
 

hel

moony

~ Kapitel 26: Past ~

~ Kapitel 26: Past ~
 

Der Anführer eines großen Heeres kann besiegt werden. Aber den festen Entschluss eines einzigen kannst du nicht wankend machen. [Konfuzius]
 

Der Dolch kam klirrend auf dem Boden auf. Im selben Moment packte Sasuke Uchiha ihre Hand und schleuderte Tenten auf die Erde. Sie hatte nicht mal einen Sekundenbruchteil um zu reagieren, dann durchfuhr sie ein höllischer Schmerz, als sie mit ihrem verletzten linken Arm zuerst aufkam, doch er war weit weg. So weit weg… Sie konnte keinen klaren Gedanken fassen. Neji… Er lebte. Er lebte!!! Sein Tod hatte sie beinahe vollkommen zerstört und er lebte! Tenten wusste nicht was sie zuerst denken, was empfinden sollte.
 

Dann spürte sie plötzlich wie ihr Kopf zu Boden gedrückt wurde. Sein Griff war übermächtig und Tenten hatte nicht den Hauch einer Chance gegen Sasukes Brutalität. Sie hatte ihm die eine Sekunde gegeben, die er brauchte um sie zu überwältigen. Aber was zählte das schon? Was zählte das! Tenten spürte wie ihr die Tränen in die Augen stiegen. Sie hätte nicht sagen können, ob sie vor Schmerz kamen, vor Glück oder von schlichter Überlastung. Noch immer war die Erkenntnis nicht bis zu ihr vorgedrungen. Sie befand sich in einer Art Taubheit. Neji lebte… Neji lebte… Neji lebte.
 

„Hyuga.“ Sasuke klang verächtlich, als er den Namen aussprach. Es dauerte eine Weile bis Tenten zwischen diesem Namen und Neji einen Zusammenhang aufgebaut hatte… Die Hyuga waren eine uralte Samuraifamilie und vor langer Zeit waren sie vollkommen vernichtet worden. Es durfte keinen einzigen Überlebenden geben…
 

Tenten blickte zu ihm auf. Er sah anders aus, als sie ihn Erinnerung hatte. Seine Haaren waren kürzer und sein Gesicht blasser. Er trug andere Kleidung, einen dunkelgrünen Hakama – das zweigeteilte Beinkleid – und darüber einen noch dunkleren Haori, die Art von Bekleidung, die hochrangige Samurai noch vor einigen Jahren stets getragen hatten. Ryujin hing an seiner Seite als wäre es nie anders gewesen. Tentens Blick wanderte zu dem Wappen auf seiner Brust. Ein Kreis, wie bei den Uchihas und Sabakunos, und darin war ein Adler, der die Flügel ausgebreitet hatte. Doch das auffälligste an ihm war, dass er das Tuch, das sonst seine Stirn bedeckte, abgelegt hatte und das Brandzeichen offen trug.
 

Hyuga… Neji Hyuga. Das war sein Name. Sein Clan, seine Familie… Sie hatte ihn nie ganz gekannt… Selbst jetzt nicht. Neji Hyuga, der Sohn des Rebellengründers. Neji Hyuga, dem sie ihr Leben anvertraut hatte. Neji Hyuga, den sie über alles liebte und … ihr Feind.
 

„Uchiha.“ Seine Stimme war eiskalt und es machte ihr mehr Angst als alles, das sie in den letzten Stunden erlebt hatte. „Was für ein Auftritt“, spottete Sasuke, „was willst du jetzt tun? Willst du sie abstechen, oder soll ich es tun?“ Tentens Augen weiteten sich. Neji antwortete nicht. „Ja“, fuhr der Uchiha nun an sie gewandt fort, „ich lasse mich nicht gerne als Geisel nehmen, Tenten-hime.“ Sein Griff wurde fester und die Umrisse verschwammen vor ihren Augen. Dann spürte sie ihre eigene Waffe an ihrem Hals. „Tenten-hime!“, hörte sie Ino rufen und irgendwo glaubte sie Hinata zu hören, die das Wort an ihren totgeglaubten Cousin richtete. „Na, wie fühlt sich das an?“, flüsterte Sasuke Uchiha, „ich könnte Euch töten, denn mein Gewissen habe ich vor langer Zeit abgelegt…“ Und Tenten sah in Todesangst zu seinem Gesicht herauf. Seine schwarzen Haare warfen tiefe Schatten auf seine blasse Haut und in seinen Augen funkelte ein Hass, der den der Rebellen, denen sie vorhin begegnet waren, um Welten übertraf. Ein Mensch, der nichts zu verlieren hatte, war unberechenbar und Sasuke Uchiha war tief gefallen. Vielleicht war es hier zu Ende. Die Rebellen würden sie töten und ihr Vater würde vor Wut alles zerstören in einem Versuch ihren Tod zu rächen… Vielleicht war es endlich vorbei… „HALT!“ Alles verstummte. „Lass sie los, Sasuke, oder ich garantiere für nichts.“ Sasuke blickte den an, der ihn angesprochen hatte, und lockerte langsam seinen Griff.
 

Tenten schnappte nach Luft, die Welt kehrte ins Gleichgewicht zurück, aber ihre eigene war aus den Fugen geraten. Es war nicht Neji, der geantwortet hatte, es war Gaara… Neji schien es egal, ob sie starb… Er hatte einfach nur zugesehen… „Lass sie los“, befahl der Rebellenführer nochmals. Diesmal kam der Ronin dem Befehl nach, stand auf und sah verachtend auf sie herab. „Und das nennt sich die Erbin Konohas…“ Dann drehte er sich um und ging. Erst nachdem er den Raum verlassen hatte, rührte Tenten sich wieder. Im nächsten Moment waren Hinata und Ino bei ihr und halfen ihr hoch. Abermals traten ihr Tränen in die Augen. Sie hatte sich nicht einmal gewehrt… Wo war nur ihre Kraft geblieben? Wo ihr Mut?
 

„Tenten, Tochter Mao-Chéngs“, riss Gaara Sabakuno sie aus den Gedanken, „entschuldigt bitte das Verhalten … meines Untergebenen, ich werde ihn später dafür zu Rechenschaft ziehen.“ Er sah sie direkt an: „Niemand wird Euch anrühren, solange Ihr hier seid. Bis auf weiteres seid Ihr mein Gast.“
 

Aber sie hörte ihm gar nicht richtig zu. Tenten umfasste den Griff Amaterasus und drückte so fest, bis ihre Hand schmerzte. Alles um sie herum war in Dunkelheit versunken und in ihrem Herzen spürte sie so tiefen Schmerz, dass es sie innerlich zerriss. Warum fühlte sie so? Sie müsste glücklich sein, dass Neji am Leben war, sie müsste ihre Gefühle verdrängen und alles daran setzen den Krieg zu verhindern. Nicht das hier… Nicht diese Schwäche, die alles zunichte machen konnte. Und sie begriff, dass es nicht Sasuke Uchiha oder Gaara Sabakuno waren, die in der Lage waren sie zu Fall zu bringen. Neji Hyuga war der einzige Mensch, der sie vollkommen zerstören konnte.
 

~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~
 

Tenten wusste nicht mehr wie viel Zeit vergangen war. Temari hatte sie in einen Raum gebracht, der in einem weiteren Gang des scheinbar unendlichen Labyrinths lag. Zuvor hatte sie ihr ein Nachtgewand gegeben und Tenten hatte sich in einem der Badezuber den Dreck der ganzen letzten Tage abgewaschen. Aber es war keine Ino da, die ihr die neuesten Modetrends vorführte oder ihre Haare flocht. Auch keine Hinata, die sie schüchtern fragte, ob sie ihr bei irgendetwas helfen konnte. Von Naruto und Lee war weit und breit keine Spur zu finden. Sie war allein… Und mit diesem Gedanken sank sie in einen langen traumlosen Schlaf und ihr Körper holte sich endlich seine wohlverdiente Ruhe zurück.
 

Als sie das nächste Mal aufwachte, stand ein Teller mit Brot, einem Streifen Fleisch und Käse sowie eine Kanne mit Wasser und einem Becher auf dem Boden neben ihrem Futon. Erst jetzt merkte sie wie hungrig sie war. Wann hatte sie zum letzten Mal gegessen? An dem Morgen, an dem sie die Hütte im Wald verlassen hatten? Aber wann war dieser Morgen gewesen? Tenten schüttelte die Gedanken ab und nahm das Brot. In wenigen Minuten hatte sie das Brot, den Fleischstreifen und den Käse gegessen. Danach atmete sie tief durch, trank von dem Wasser und zum ersten Mal fühlte sie sich etwas besser. Doch dann fielen ihr die tausende Menschen ein, die hier unten hausten. Hatten sie genug zu essen? Verhungerten sie, weil sie ihr Essen gaben? Tenten fühlte sich schuldig, sie war in ihr Reich eingedrungen und sie gaben ihr zu Essen, obwohl sie ihr Feind war.
 

Sie blickte sich um. Das Zimmer war nichts im Vergleich zu ihren Räumlichkeiten im Palast ihres Vaters, aber auf eine verquere Art war es einladender und gastfreundlicher als ihr riesiges Zimmer mit der schönen Einrichtung und all den fantastischen Kleidern. Ihr Vater war seit ihrer Kindheit nicht mehr abends zu ihr ins Zimmer gekommen und hatte ihr Gute Nacht gewünscht, geschweige denn ihr etwas gebracht. Dafür gab es schließlich Diener und warum sollte sich der Fürst Konohas selbst um so etwas kümmern, wenn es doch einen Krieg zu gewinnen galt?
 

Tenten sah auf den leeren Teller auf dem jetzt nur noch ein paar Krümel lagen. Was machte wohl ihr Vater jetzt, da sie fort war? Hatte er durch Hayate bereits eine Nachricht erhalten? Sie hatte nicht mehr viel Zeit, aber sie konnte nichts anderes tun als warten. Gaara Sabakuno würde zu ihr kommen, wenn feststand, was sie mit ihr tun würden. Nicht eher. Er war nicht die Art Mensch, die etwas überstürzt entschieden… Die Erbin Konohas legte sich abermals auf das Futon und wieder lullte sie die Müdigkeit ein, bis sie erneut in tiefen Schlaf sank.
 

.

.

.
 

Laute Stimmen rissen sie das nächste Mal aus dem wohlverdienten Schlaf. Draußen vor ihrem Zimmer war ein Streit entbrannt und dann hörte sie ein Poltern, als wenn etwas zu Bruch ging. „Brecht die Tür auf!“, brüllte eine Frau, woraufhin ihr jemand wütend entgegnete: „Niemand rührt sie an, hast du Sabakunos Befehl vergessen?!“ „Sabakuno ist auch nur ein Mensch! Vielleicht ist er in all den Jahren ja weich geworden?“ Wieder begannen sie zu streiten und ihre Stimmen überschlugen sich dabei förmlich. Tentens Herz raste. So schnell sie konnte stand sie auf, griff nach ihrem Schwert und drückte sich in die dunkelste Ecke ihres Zimmers.
 

„Sie wird dafür bezahlen!“, brüllte die Frau, „Mao-Chéng hat meine gesamte Familie auf dem Gewissen und sie ist auch nicht besser, spaziert hier herein, als würde ihr alles gehören!“ „Aber der Befehl-“ „Jetzt ist sie eine Geisel. Wir sollten sie auch wie eine behandeln-“ „WAS IST HIER LOS!“ Eine Stimme übertraf alle anderen und urplötzlich kehrte draußen Stille ein.
 

„Es ist nicht so wie es aussieht, Temari“, versuchte sich einer rauszureden. „Oh, das sehe ich, Omoi“, schnitt Temari ihm das Wort ab, „du wolltest Karui also nur aufhalten in dieses Zimmer einzusteigen und Gaaras Gast den Hals umzudrehen, was?“ Keine Antwort. „Sie hat es verdient!“, brauste wieder die Frau auf, „sie hat es verdammt noch mal verdient! Sie ist auch nicht besser als ihr Vater!“ Ein Rumpeln war zu hören und dann ein Geräusch, dass wie ein Klatschen klang. „Das war nicht nötig, Karui“, sagte eine sanfte Frauenstimme, „Temari hat recht und das weißt du.“ „Du weißt gar nichts, Samui“, erwiderte die Frau namens Karui, „du weißt gar nichts…“
 

Tenten schob die Tür einen Spalt auf und konnte gerade noch erkennen wie eine schwarzhaarige Frau mit fast ebenso dunkler Haut und bernsteinfarbenen Augen davon stürmte. Sie war hübsch, aber ihre Züge waren bitter und sie hielt sich die Wange. Zurück blieben Temari, deren Hand zitterte, eine hochgewachsene Frau mit glatten blonden Haaren und ein Mann, der fast ebenso dunkle Haut hatte wie Karui, dessen Haare aber raspelkurz waren und stachlig in alle Richtungen abstanden. Hinter Temari tauchte ein Mann auf, der sein blondes Haar zu einem Zopf zusammen gebunden hatte, wobei ihm ein Teil ins Gesicht fiel und seine linke Gesichtshälfte fast vollständig bedeckte. Seine blauen Augen blitzten.
 

„Ich hätte das nicht tun sollen“, sagte Temari, „jetzt hasst sie mich. Wenn wir anfangen uns selbst zu misstrauen werden wir untergehen.“ „Du hast das richtige getan“, antwortete die blonde Frau, „auch ich habe versucht sie aufzuhalten, aber wir wissen alle, dass Karui jede Vernunft verliert, wenn es um ihre Familie geht. Dass die Tochter Mao-Chéngs hier ist, hat sie sehr aufgewühlt.“ „Trotzdem…“ Omoi schüttelte den Kopf, „sie weiß ganz genau, dass Gaaras Befehl Gesetz ist, egal wie sie sich fühlt.“ „Ach was“, mischte sich nun der verbliebene Mann ein und grinste schief, „ein kleiner Schlag hat noch niemanden geschadet. Ich weiß noch, als Temari mich geschlagen hat. Also das war eine echte Lektion, hm.“ Tenten schloss die Tür mit einem leisen Klicken, aber noch immer hatte sie das Bild vor Augen, wie Temari entgegen ihres Willens lächeln musste. Es war ein schönes Lächeln und Tenten ahnte, dass es hier unten nicht oft etwas zu lachen gab.
 

Kaum hatte sie die Tür geschlossen, verstummten draußen die Stimmen. „Habt ihr das gehört?“, wollte Omoi wissen, doch er bekam keine Antwort. „Das haben wir gleich, hm“, antwortete Deidara schließlich, doch jemand war schneller. Im nächsten Moment wurde die Tür zu ihrem Raum aufgerissen und Temari sah sie an und wurde noch blasser. „Ihr seid wach“, sagte sie. Tenten nickte nur und strich sich unbehaglich das Nachtgewand zurecht. „Die Kleidung, Deidara“, befahl Temari als nächstes und der blonde Rebell hinter ihr reichte ihr einen ordentlich gefalteten Stapel Kleidung. „Zieht Euch um“, sagte Temari dann, „mein Bruder möchte mit Euch reden.“
 

Tenten nahm widerstandslos die Kleidung entgegen und Temari schloss die Tür hinter sich. Kaum eine Minute später trug Tenten eine dunkelgraue Hose und ein Hemd in derselben Farbe und darüber ein ähnliches Kleid wie sie zuvor eins getragen hatte: hochgeschlossen und an der Seite zugeknöpft, aber ärmellos, sodass die dunkelgrauen Ärmel einen starken Kontrast zu dem weinroten Stoff bildeten. Das Kleid selbst war an den Seiten mit einem Schlitz versehen, der aber an ihrer Hüfte von einem breiten grauen Gürtel verdeckt wurde. Tenten wollte gerade an die Tür klopfen, um Temari zu signalisieren, dass sie fertig war, als sie es sich anders überlegte. Ihr Blick fiel auf das Schwert, das in der Ecke lehnte. Karui mochte nicht die Erste gewesen sein, die sich an ihr rächen wollte. Wenn sie schlief, war sie wehrlos, aber sie musste sich nicht noch ungeschützter zu den Rebellen begeben. Sie mochten vielleicht denken, dass sie schwach und verletzlich war, aber Tenten wollte ihnen keinen weiteren Grund dafür liefern, dass sie völlig hilflos war.
 

Sie band Amaterasu an ihre Hüfte und klopfte einmal gegen die Tür. Temari öffnete sofort und machte ihr dann Platz um sie vorbeizulassen. Tenten verließ den Raum. Samui und Omoi waren verschwunden. Nur der blonde Deidara grinste ihr entgegen. „Hätte nie gedacht, dass ich dir einmal leibhaftig gegenüber stehen würde. Wärst du nicht selbst gekommen, hätte man mich vielleicht geschickt um dich zu ermorden, hm.“ Tenten fröstelte. Meinte er das ernst? Temari warf ihm einen vorwurfsvollen Blick zu, aber der Blonde grinste nur. Dann ergriff er ihre Hand und machte eine ungeschickte Verbeugung. „Ich bin Deidara, hm.“ Tenten zog ihre Hand weg. „Musste das sein?“, murrte Temari, „man hat gerade versucht sie im Schlaf zu erdolchen.“ „Ich bin wenigstens ehrlich und sie weiß gleich, dass ich ein böser Kerl bin, hm“, erwiderte Deidara. „Du bist durchgeknallt, das ist alles.“ „Du verletzt meine Gefühle, Temari, wirklich, ich bin feinfühlig.“ „Das habe ich ja gerade gesehen“, antwortete die Sabakuno. Dann wandte sie sich an Tenten: „Tut mir leid, dass das passiert ist. Karui ist impulsiv, vielleicht hätte ich besser auf sie achten sollen. Wenn Hyuga nicht angeordnet hätte, dass wir rund um die Uhr Euer Zimmer bewachen lassen, wäre das vielleicht schon eher…-“ „Was?“, unterbrach Tenten sie, „sag das noch mal!“ „Dass das vielleicht schon eher passiert wäre?“ „Nein“, sagte Tenten, „ich meine… hat Neji wirklich…“
 

Temari sah sie lange und ernst an. „Ja, das hat er“, antwortete sie dann. „Schon komisch wie die Dinge kommen, hm?“, fragte Deidara, „erst finden Temari, Sasuke und ich ihn halb tot in der Wildnis liegen und im nächsten Moment ist er der Held der Rebellion.“ Er schüttelte den Kopf. „Wir konnten Sasuke gerade noch abhalten ihn abzustechen, dabei hatte Hyuga gerade einen Kampf mit allen fünf Hayai überlebt. So einer kann nützlich sein, hm.“ „Hayai?“, wagte Tenten zu fragen. „Ein Hinterhalt“, sagte Temari, „aber das sollte Gaara Euch wohl besser erklären.“ „Dann beantwortet mir wenigstens eine andere Frage: Wo sind meine Freunde?“ Temari und Deidara tauschten einen Blick. „Eingesperrt“, gab Deidara zu, „bis auf Hinata Hyuga, das hätte Neji nie zugelassen.“ „Hinata Hyuga?“, hauchte Tenten fassungslos. Sie hatte die ganze Zeit nur an Neji gedacht und dabei nicht registriert, dass Hinata als seine Cousine demselben Clan entstammte. „Und sie ist furchtbar sauer auf Neji und weigert sich ihr Zimmer zu verlassen“, grinste Deidara, „das hätte ich ihr gar nicht zugetraut…“
 

Hinata. Natürlich, sie war einer der loyalsten Menschen, die sie kannte. Sie würde sich in die Hölle begeben nur um bei ihr zu sein. Aber wie stark waren die Bindungen zu ihrer Familie? In welcher Hinsicht standen die Hyuga zur Rebellion?
 

„He, Schwesterchen!“ Kankuro tauchte wie aus dem Nichts auf. Dann erstarrte er. „Tenten-hime...“ „Gaara will mit ihr reden“, schnitt ihm seine Schwester das Wort ab. „Worüber?“ Kankuro klang verwirrt. Temari sah für einen Moment so aus, als würde sie ihm über den Mund fahren, aber noch bevor sie die Chance dazu hatte, kam ihr Tenten zuvor. „Er hat seine Entscheidung getroffen“, sagte Tenten leise, „er wird mir sagen, was mit mir passiert und“, sie biss sich auf die Lippe, „ob er mich am Leben lässt…“ Alle erstarrten und obwohl jeder von ihnen wusste, dass es früher oder später so gekommen wäre, erwiderten sie nichts. Es war fast, als würde es ihnen leid tun. Doch das war lächerlich, sie war einer der Gründe warum sie hier unten hausten…
 

Sie ging an ihnen allen vorbei, nur ihre Hand am Griff Amaterasus zitterte leicht. Fühlte es sich so an vor ein Gericht gestellt zu werden? Fühlte es sich so an zum Henker geführt zu werden? Tenten würde sich vergewissern, dass die Rebellen ihre Freunde am Leben ließen. Sie würde ihr Leben geben um den Krieg zu verhindern, denn es war der einzige Weg und tief in ihrem Herzen wusste sie, dass es ihr Schicksal war. So war es schon immer gewesen… „Zeigt mir den Weg!“, befahl sie und es überraschte sie selbst wie dünn ihre Stimme klang. Warum? Warum hatte sie immer noch solche Angst? Und dann spürte sie wie ihr die Tränen kamen. Heiße, salzige Tränen, die ihr die Wange herunter liefen. Erschrocken tastete Tenten nach ihrem Gesicht, doch die Tränen verschwanden nicht. Es schien eine Ewigkeit her zu sein, dass sie das erste Mal geweint hatte. Seit sie um Neji getrauert hatte…? Und worum weinte sie jetzt? Um eine Zukunft, die es nie geben würde? Sie drehte sich nicht um, aber sie spürte die Blicke der drei Rebellen in ihrem Rücken. Halb rechnete sie damit, dass sie sie verspotteten, aber nichts dergleichen geschah.
 

„Ihr seid eine außergewöhnliche Frau, Tenten, Tochter Mao-Chéngs“, sagte Kankuro und in seinen Worten klang ehrliche Bewunderung mit.
 

~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~
 

„Ich habe Euch erwartet, Tenten-hime“, sagte Gaara, als sie ihm gegenüber stand. „Dann habt Ihr Eure Entscheidung getroffen?“, fragte sie fest und sah ihm direkt in die Augen. Sie würde keine Schwäche zeigen. Die Tränen waren vergossen, die Entscheidung gefallen. Es gab nichts mehr, dass ihr noch Angst machen konnte. „Ich hatte viel Zeit zum Nachdenken“, gab er zu, „Ihr habt fast fünf Tage geschlafen.“ Sie riss die Augen auf. „Nein“, hauchte sie, „das kann nicht sein. Ich kann nicht so lange geschlafen haben…“ „Eure Reise muss hart gewesen sein“, bemerkte Gaara, „warum seid Ihr mitten im Winter aufgebrochen?“
 

Sie sah ihn an und auf einmal war er nicht nur einfach der Anführer der Rebellion. Er hatte Schatten unter den Augen, als ob er zu lange und zu viele Nächte wach geblieben war. Seine Kleidung war leicht zerknittert, nur seine Ausstrahlung war noch genauso einnehmend wie zuvor. Aber er war nicht einfach nur der brutale Mörder, nicht der geniale Stratege oder Kriegsherr. Er war ein Mensch, der zu viel Leid erfahren hatte und sich verzweifelt gegen das Unrecht auflehnte. Und auf eine verquere Weise schien es ihn ehrlich zu interessieren, warum sie entgegen allen besseren Wissens aufgebrochen war, um den Krieg zu verhindern, wohl wissend, dass es ihr eigenes Ende bedeutete.
 

„Warum?“, wollte Gaara wissen, „warum werft Ihr für dieses Land Euer Leben weg?“ „Warum kämpft Ihr gegen meinen Vater?“, fragte sie statt einer Antwort. „Es ist derselbe Grund wie meiner, nicht wahr?“ Mit den letzten Worten brach ihre Stimme, doch sie konnte ihren Blick nicht von seinen türkisblauen Augen abwenden. Sie hatten den gleichen fiebrigen Ausdruck, der auch in ihren eigenen zu sehen sein musste. „Es ist, weil wir nicht anders können, nicht?“, flüsterte sie, „es ist, weil es richtig ist.“ Der Anführer der Rebellion knetete seine Hände, als würde er nachdenken. Schließlich sah er sie an und dann legte er seine Schwerter auf dem Tisch ab. Der Raum wirkte im Licht der einzigen Kerze gespenstig und die Stille war erdrückend. Dennoch kam es ihr so vor, als würde Gaaras Präsenz den ganzen Raum ausfüllen. Sein rotes Haar schimmerte wie Feuer und seine Bewegungen waren geschmeidig wie die einer Raubkatze. „Ist es nicht seltsam“, sagte Gaara dann in die Stille hinein, „dass wir beide Waffen tragen und sie nicht benutzen werden?“
 

Zum ersten Mal war ihr, als würde sie aus einer Trance erwachen. „Was soll das heißen?“ „Ganz einfach“, sagte Gaara, „ich werde Euch nicht töten. Die Rebellion entstand nicht einfach nur, weil wir auf Krieg aus waren, Tenten-hime, sie entstand, weil Menschen keine andere Wahl mehr hatten. Ursprünglich waren die Motive der Rebellen und Mao-Chéngs gleich. Alle wollten den Frieden und glaubten ihn nur zu erreichen, wenn sie den jeweils anderen vernichteten.“
 

Tenten sah ihn ungläubig an, doch er wich ihrem Blick nicht aus. Gaara Sabakuno meinte seine Worte ehrlich und mehr brauchte es nicht um sie vollkommen zu verwirren. Zögernd legte sie ihr Schwert neben seine. Die bronzefarbenen Klingen waren genau gleich lang, sahen völlig identisch aus und schienen sich in nichts zu unterscheiden. So eine vollkommene Handwerkskunst hatte sie noch nie gesehen. Zögernd wandte sie ihren Blick von den Waffen wieder dem Anführer der Rebellen zu. Es war eine Art vorläufiges Friedensabkommen und sie wusste nicht, ob Gaara seine Meinung noch ändern würde, oder ob Nejis so viel mehr zählte als seine, oder ob er sie überhaupt tot sehen wollte. Aber sie brauchte Antworten. Sie wollte endlich die Wahrheit erfahren.
 

„Warum kämpft ihr dann gegen meinen Vater?“ Der Anführer der Rebellion wandte sich ab, er sah sie nicht an, als er sprach. „Wir kämpfen nicht gegen Mao-Chéng“, erklärte er dann, „wir kämpfen gegen den, der dieses Land ins Chaos gestürzt hat… Ich erzähle Euch wie alles begann.“ Stille… Die Kerze erlosch und auf das Gesicht des Anführers der Rebellen schlich sich ein bitteres Lächeln.
 

„Am Anfang war eine Freundschaft…“
 

.

.

.
 

Neunzehn Jahre zuvor…
 

.

.

.
 

„Chéng! Chéng!“ Ein Mann Mitte zwanzig rannte durch einen Garten, ungeachtet dessen, dass ihm einige Diener wütende Blicke zuwarfen und eine alte Frau ihm erzürnt mit der Faust drohte, als er sie fast umrannte. Der Mann namens Chéng sah von dem Pergament auf, das er gerade las. „Was ist los, Hizashi?“, wollte er wissen und legte das Pergament neben sich auf die Bank, auf der er sich ausgeruht hatte. Der Fürst Konohas hatte viele Verpflichtungen, aber niemand würde ihn dazu abbringen bei diesem Wetter nicht in die wunderschönen Gärten Konoha-Gakures zu gehen. Hizashi und er hatten seit ihrer Jugend alle Zeit, die sie erübrigen konnten, hier verbracht. Ob es sich nun um Übungskämpfe gehandelt hatte, oder um Gespräche wie sie Konoha verbessern konnten. Der Zweitgeborene der Hyuga war sein bester Freund und nichts in der Welt würde das ändern.
 

Chéng sah Hizashi fragend an, doch der ließ sich nur neben ihm auf der Bank nieder. „Na los, sag es mir, Hizashi, ich habe nicht ewig Zeit“, verlangte er mit einem Schmunzeln auf den Lippen. Schließlich hielt es Hizashi nicht mehr länger aus. „Ich bin Vater!“, rief er aus, „Vater, Chéng, ich habe einen Sohn!“ Für einen Moment starrte Chéng seinen Freund verblüfft an, im nächsten Augenblick lagen sich beide in den Armen. „Das ist großartig, Hizashi, wie geht es Yui?“ Mit einem Schlag verfinsterte sich Hizashis Gesicht und Chéng wünschte, er hätte nicht gefragt. Hizashi liebte seine Frau über alles, und dass er so reagierte konnte nur eins bedeuten… „Sie hat die Geburt nicht überlebt“, sagte er tonlos. Beide schwiegen. Es war einer dieser Momente in denen sie sich ohne Worte verstanden und den Schmerz des jeweils anderen teilten. Hizashi war da gewesen, als Chéngs Frau Keiko zwei Fehlgeburten hinter sich hatte. Er war da gewesen, als Chéng das Erbe seines Vaters antrat und sich nicht sicher war, ob er der Verantwortung gewachsen war. Über die Jahre hatte sich ein tiefes Band zwischen den beiden entwickelt. Sie standen sich näher als es dem Fürst Konohas und dem Zweitgeborenen der Hyuga, der niemals den Clan übernehmen würde, erlaubt war, aber es hatte sie nie gekümmert. „Sie hat ihm seinen Namen gegeben“, sagte Hizashi irgendwann und eine einzige Träne rann seine Wange herunter, „sie hat ihn Neji genannt, Neji Hyuga…“
 

.

.

.
 

Drei Wochen waren seit der Geburt von Hizashis Sohn verstrichen. Der Junge sah seinem Vater auffallend ähnlich. Er hatte seine Augen geerbt, die blasse Haut und das dunkle Haar, das in ein paar Jahren vielleicht genauso lang sein würde wie das seines Vaters. Nur die weichen Gesichtszüge und die Form seiner Hände waren die seiner Mutter. Doch Neji Hyuga würde nie die Chance bekommen, seine Mutter kennen zu lernen, und Hizashi tat alles, um ihm beide Elternteile zu ersetzen. Doch an diesem Tag würde es anders sein. Heute würde Hisana, die Frau seines Zwillingsbruders, auf seinen Sohn aufpassen. „Hizashi!“ Sein Bruder klang ungeduldig. „Ich komme!“, rief Hizashi und holte seinen Bruder ein. Dann machten sich beide auf den Weg zum Sitzungssaal des Fürsten Konohas. Beide trugen einen dunkelblauen Kimono mit dem Zeichen der Hyuga, dem Kreis mit dem Adler darauf, und wäre Hiashi, der Erstgeborene, nicht ein wenig größer gewesen, hätte man beide nicht voneinander unterscheiden können. Beide hatten langes schwarzes Haar, das sie im Nacken zusammen gebunden hatten, und die einzigartigen Augen der Hyuga: So hell wie das Mondlicht, sodass man kaum ihre Pupille erkannte. Sie waren Zwillinge und wäre Hizashi ein wenig früher geboren worden, hätte er das Erbe der Hyuga angetreten. Doch ihm stand nicht der Sinn nach Führerschaft. Alles was er wollte war ein ruhiges Leben, in dem er seine Kinder aufwachsen sah, alt wurde und vor ihnen starb. „Du weißt, was für eine Ehre es ist, dass Chéng dich an dieser Sitzung teilhaben lässt.“ Es war keine Frage. „Natürlich, Bruder“, antwortete Hizashi. „Enttäusch mich nicht“, erwiderte dieser.
 

Ein paar Minuten später standen sie vor dem gewaltigen Anwesen des Fürsten Konohas. Das Dach schimmerte in der Sonne fast golden und von drinnen hörte man die typischen Geräusche eines Palastes. Dennoch lag eine angespannte Stimmung in der Luft. Heute kamen die Oberhäupter der Clans zusammen, um über Konoha zu beraten. Dieses Treffen fand jährlich statt und immer war ein wenig Nervosität im Spiel. Die Oberhäupter der Samuraifamilien waren allesamt stolz und sie in ihrer Ehre zu verletzen war leicht. In der Vergangenheit war dies einmal passiert und für drei Jahre war Konoha im Krieg versunken. Niemals wieder sollte es zu solchen Ausschreitungen kommen, das hatte Hizashi sich geschworen. Sein Sohn sollte in der Welt aufwachsen, die er lieben gelernt hatte. Nicht in einem von Krieg zerrütteten Land, das nur durch übertriebenen Stolz ins Unglück gestürzt worden war.
 

Man sah sie schon von weitem kommen und Diener verbeugten sich vor ihnen, wenn sie vorbei gingen. Sobald man sie erkannt hatte, öffnete man ihnen die riesigen Tore des Palastes und führte sie direkt zum Sitzungssaal. Hizashi sah sich nach Chéng um, doch der war noch nicht da. Stattdessen saßen die mächtigsten Männer und Frauen Konohas an beiden Seiten des Tisches: die schöne Tsunade Senju, die Kriegerin und Ärztin zugleich gewesen war und deren Ruhm sich in ganz Konoha verbreitet hatte, Hiruzen Sarutobi, einst ein Krieger, dann Lehrer Chéngs, nun sein Berater. Da waren Shibi Aburame, Daimyo und Oberhaupt der Samuraifamilie der Aburame, die für ihre einzigartigen Fähigkeiten im Kyudo berühmt waren und Shikaku Nara, Daimyo und Oberhaupt der Nara. Er war ein genialer Stratege, der stets gefasst wirkte und nie den Kampf gesucht hatte. Neben Shikaku Nara saß eine Frau. Hizashi hatte sie noch nie gesehen, aber das Wappen auf dem Rücken verriet ihm, dass sie das neue Oberhaupt der Sabakuno war. Der einzigen Samuraifamilie, in der Frauen den männlichen Samurai gleichgestellt waren. Als sie seinen Blick bemerkte, grinste sie ihn leicht an und zwinkerte ihm zu. Der letzte war Fugaku Uchiha, der ein wenig in sich gekehrt wirkte und das Pergament vor ihm las. Die Uchiha hatten immer den Ruf gehabt unberechenbar zu sein und unendlich schwer zu durchschauen, und ausnahmslos alle hatten den Weg des Schwertes gewählt, was ihnen den Respekt, aber auch die Furcht des Volkes eingebracht hatte. Doch an diesem Tag schien der Daimyo der Uchiha nicht auf einen Kampf aus.
 

Hizashi sah zu seinem Bruder, der sich bereits neben Tsunade gesetzt hatte, womit ihm nur noch zwei freie Plätze blieben. Der rechte neben dem Kopfende oder ihm schräg gegenüber. Hizashi zögerte nicht. Der Platz zur Rechten Chéngs war seiner Frau Keiko vorbehalten. Sie hatte vor zwei Wochen eine weitere Fehlgeburt gehabt und nun wurde gemunkelt, dass sie unfruchtbar sei und der Fürst sich eine Konkubine nehmen müsse, um einen Nachfolger zu zeugen. Doch Hizashi wusste es besser. Chéng würde seine Frau nie hintergehen, und dass er ihr den Platz neben sich zuwies, hieß, dass er sie nach wie vor achtete.
 

Er nahm den Platz neben Shikaku Nara ein, der ihm kurz zunickte. Der Hyuga sah sich um. Tsunade unterhielt sich mit Hiruzen Sarutobi, dessen Augen leuchteten als er wild mit den Händen gestikulierte und dann lachte. Tsunade fiel mit ein und Hizashi konnte nicht anders als zu schmunzeln. In seiner Jugend hatte Hiruzen Sarutobi auch ihn im Schwertkampf unterrichtet, als Chéng sich über fehlende Mitschüler beklagt hatte. Nicht immer war sein Lehrer dabei so umsichtig vorgegangen, wie er sich jetzt gab.
 

„Hizashi Hyuga?“, fragte auf einmal jemand neben ihm. Verwundert drehte sich der Samurai nach rechts um. Der Mann neben ihm war ihm gar nicht aufgefallen. Er trug einen schlichten schwarzen Kimono ohne irgendwelche Verzierungen oder Bestickung, was seltsam war, da alle Mitglieder des Rates ausnahmslos prächtige Kleidung trugen. Seine Haut war beinahe noch blasser als die Fugaku Uchihas, sein schwarzes Haar länger als sein eigenes und seine Augen waren bernsteinfarben und hatten einen Ausdruck, den er noch bei keinem anderen Menschen gesehen hatte. Hizashi fühlte sich, als ob er sich einer Schlange, die jeden Moment ihre Giftzähne in ihn rammen konnte, von Angesicht zu Angesicht gegenüber sah. „Ja?“, sagte Hizashi, als der Fremde ihn noch immer anstarrte. „Es freut mich, einen der Hyuga endlich einmal kennen zu lernen“, sagte er schließlich, „ich bin Orochimaru, Herr über Oto-Gakure.“ Hizashi wurde eiskalt. Er hatte Geschichten über Oto-Gakure gehört und keine davon war angenehm. „Dann solltet Ihr vielleicht lieber mit meinem Bruder sprechen“, wandte er ein, doch Orochimaru schüttelte nur den Kopf. „Nein…“ Doch Hizashi hatte keine Zeit mehr das zu hinterfragen, denn in diesem Moment betraten Chéng und seine Frau Keiko den Raum.
 

.

.

.
 

„Wer ist er?“, fragte Hizashi. „Wer?“ Chéng sah ihn verwirrt an. „Orochimaru.“ „Du hast mit ihm gesprochen?“, erwiderte der Fürst und ging unberührt weiter. Hizashi war kurz stehen geblieben, zögerte und holte Chéng ein. Sie gingen durch die Gärten Konohas wie sie es immer taten, wenn sie miteinander reden wollten. Und nach fast zwei Monaten hatte Hizashi endlich den Mut gefasst, seinen Freund auf seinen neuen Berater anzusprechen. Er war nun schon seit zwei Monaten in Konohas Hauptstadt und viel hatte sich unter seinem Einfluss gewandelt. „Er ist der Stadtaufseher Oto-Gakures“, sagte Chéng, „das hat er dir doch erzählt, oder?“ „Ja, und genau das ist es was mir Sorgen macht.“
 

Chéng runzelte die Stirn. „Oto-Gakure ist eine aufstrebende Wirtschaftsmacht, Hizashi. Keine andere Stadt hat in den letzten Jahren dermaßen großen Profit erwirtschaftet. Die Menschen dort verehren Orochimaru, denn er hat sie zu Ruhm und Reichtum geführt. Es ist eine Chance, Hizashi, die wir nutzen müssen. Orochimaru hat Erfahrung, die Leute vertrauen ihm. Mit ihm als meinem Berater werden wir Konoha in ein nie gekanntes goldenes Zeitalter führen.“ Es lag ihm auf der Zunge zu sagen, dass sie ihre eigenen Vorstellungen für Konohas Zukunft gehabt hatten, ihre eigenen Träume, doch Hizashi brachte es nicht über sich. Chéngs Augen glitzerten und ein nie gekanntes Funkeln veranlasste Hizashi dazu, seinen Standpunkt noch mal zu überdenken. Vielleicht hatte sein Freund recht und er machte sich etwas vor, oder er deutete sein Gefühl vollkommen falsch.
 

Mittlerweile waren sie auf der Terrasse angekommen. Dort hatte man bereits ein Gedeck mit Tee für sie bereit gestellt und eine Dienerin verbeugte sich vor ihnen, als sie Platz nahmen. Sie lächelte Hizashi zu, als sie ihm eingoss, und er fühlte sich unangenehm an Yui erinnert. Yui war schön, Yui war sanft, sie konnte aufbrausend sein und gleichzeitig liebevoll. Sie war die Frau seines Lebens gewesen und ihr Verlust schmerzte ihn noch immer. Allein sein Sohn konnte seine Traurigkeit vertreiben. Hizashi konnte Neji stundenlang zusehen und sich ausmalen, wie wohl seine Zukunft aussehen würde. Welchen der drei Wege der Samurai er wählen würde, wie er als Erwachsener aussah, in welche Frau er sich verlieben würde…
 

„Ich verstehe deine Bedenken nicht“, murmelte Chéng plötzlich, „Orochimaru hat hier schon so viel Gutes bewirkt. Durch seine Anbautechnik haben wir mehr Reis als wir essen könnten, er veranlasst den Bau der schönsten Gebäude Konoha-Gakures. Es lungern sogar weniger Bettler auf den Straßen herum…“ Eine Weile schwiegen sie und Chéng nippte an seinem Tee. „Hast du nie Geschichten über Oto-Gakure gehört?“, fragte Hizashi. Der Fürst schüttelte den Kopf. „Was für Geschichten sollten das sein?“
 

Der Samurai schluckte. Dies war der Moment, vor dem er sich gefürchtet hatte. Er wollte Chéng nicht seine Vision eines glücklichen Konoha nehmen, aber konnte er ihm so wichtige Erkenntnisse vorenthalten? „Es wird gesagt, dass es dort noch immer Sklaverei gibt, Chéng. Schwarzmarkt. Hinter der schönen Oberfläche sind andere Dinge, die nie bis zu den Clans vorgedrungen sind. Ansonsten hätte zumindest Shikaku Nara reagiert.“ Der Hyuga sah vorsichtig zu seinem Freund, doch dessen Hände waren zu Fäusten geballt und er zitterte. „Wie kommt es dann, dass du etwas davon weißt?“, wollte er wissen und mit Bestürzung erkannte Hizashi, dass er wütend war. Chéng war nie wütend. Er war immer beherrscht und nie war er mit ihm in Streit geraten.
 

„Chéng…“, versuchte Hizashi ihn zu beschwichtigen, aber der Fürst Konohas hörte gar nicht zu. „Bist du eifersüchtig, Hizashi?“, wollte er dann wissen, „dass du solche Lügen verbreitetest?“ „Wie kannst du das sagen?“, flüsterte Hizashi fassungslos, „du konntest mir immer vertrauen, warum zweifelst du jetzt an mir? Mayumi Sabakuno hat Hiashi und mich gewarnt. Sie hat Handel mit Oto-Gakure betrieben und einige ihrer Männer-“ „Du paktierst mit den Sabakuno!?“, fiel ihm der Fürst ins Wort und stand so schnell auf, dass er die Teekanne umwarf. Ein Klirren ertönte, als sie auf dem Stein zerbrach und plötzlich war es totenstill. Die Diener hielten in ihren Gesprächen inne und die Shamisenspielerin, die den Garten in ein wundervolles Lied gehüllt hatte, legte ängstlich ihr Instrument beiseite.
 

„Du bist mein bester Freund, Hizashi, und ich vertraue dir“, sagte Chéng in die Stille hinein, „aber du weißt ebenso wie ich, dass es meine Aufgabe ist darauf zu achten, dass ein Gleichgewicht zwischen den Samuraiclans herrscht. Ich kann es nicht dulden, dass du dich mit Mayumi Sabakuno verbündest.“ Hizashi war nun ebenfalls aufgestanden. „Chéng, bitte hör’ mir zu!“ „Ich habe genug von deinen Lügen gehört, Hizashi!“, schnitt er ihm das Wort ab, „vielleicht solltest du dich zur Abwechslung mal um deinen Clan kümmern!“
 

.

.

.
 

Es verging fast ein Jahr ehe Hizashi Chéng wieder sah. Der kurze Ruhm Konoha-Gakures war abgeflaut und die Steuern waren höher als je zuvor. Auf den Straßen verhungerten die Menschen und es gab mehr als ein paar Aufstände, die Chéng allesamt niederschlagen ließ. Zweifelsohne unter dem Einfluss Orochimarus, der – so munkelte man – dem Fürsten nur noch zum Schlafen von der Seite wich. „Gib ihm Zeit“, hatte Hiruzen Sarutobi ihm einmal geraten, als er zu Besuch gekommen war, aber aus Tagen wurden Wochen, aus Wochen Monate und die Monate vergingen und Hizashi hörte nichts mehr von seinem Freund.
 

Bis jetzt.
 

Er hätte es nicht glauben können, wenn er nicht den Brief wahrhaftig in den Händen gehalten hätte. Er zitterte und las ihn noch mal, doch es bestand kein Zweifel. Die Schrift gehörte ganz eindeutig Chéng. Schlanke, feine Buchstaben in allerschönster Kalligraphie. So ein Schreiben erhielten nur die Oberhäupter der Clans. War sein Warten belohnt worden? War Chéng endlich zur Vernunft gekommen? Er musste es wohl herausfinden und Hizashi starrte auf die Buchstaben, die für ihn die Welt bedeuteten:
 

Einladung zur Feier der Geburt meiner Tochter Tenten, Erbin Konohas
 

.

.

.
 

Hiashi warf ihm einen besorgten Blick zu, als sie die Tore des Palastes durchschritten, doch Hizashi beachtete ihn gar nicht. Gerade wollte er den Raum betreten, in dem die Feierlichkeiten stattfanden, als sein Bruder ihn zurückhielt. Hiashi sah ihn mit so einer Intensität an, wie er es von ihm noch nie gesehen hatte. In seinen hellen Augen standen Ernst und… Sorge? „Sei vorsichtig, Hizashi“, sagte er.
 

Dann betraten sie den von Menschen gefüllten Raum. Überall war Gelächter zu hören. Frauen trugen atemberaubend schöne Kimonos und die Männer schienen allgemein viel ausgelassener zu sein. Hin und wieder erhaschte Hizashi den Blick auf eine der Geishas, die zu diesem Fest zur allgemeinen Erheiterung gebucht worden waren. Der Raum war von Lampions und Papierlaternen beleuchtet und einige Menschen tanzten in dem dämmrigen Licht. Doch die größte Gruppe war am Ende des Raumes und schien etwas zu umringen. Hizashi erkannte Hiruzen Sarutobi, Tsunade und Mayumi Sabakuno und alle hatten einen seltsam sanften Ausdruck in den Augen. Dann sah er Chéng. Er schien in den letzten Monaten um Jahre gealtert zu sein, ein paar graue Strähnen hatten sich in sein Haar geschlichen, doch seine Augen glitzerten vor Glück. In seinen Armen hielt er ein Baby und als Hizashi näher trat, sah er wie Chéng das kleine Mädchen sanft in seinen Armen wiegte.
 

Hiashi stieß ihn an, sodass Hizashi sich erschrocken nach ihm umsah. „Geh“, sagte er, „er ist dein bester Freund.“ Hizashi sah ihn zweifelnd an, doch dann überkam ihn die Erinnerung, wie sehr sich Chéng für ihn gefreut hatte, als Neji geboren worden war. War es nicht seine Pflicht ihm die gleiche Freude für seine Tochter zu zeigen? Er nahm seinen Mut zusammen und ging auf die Gruppe zu.
 

„Hizashi!“ Hiruzen Sarutobi hatte ihn zuerst gesehen. Sofort verstummten die Gespräche und es schien eine Ewigkeit zu vergehen, bis Chéng seine Aufmerksamkeit von seiner Tochter abwandte und ihn ansah. „Sie ist wunderschön“, brachte er heraus und wartete darauf, dass der Fürst Konohas etwas sagte. Doch Chéng sah nur abwechselnd zu ihm und zu seinem Kind. „Sie hat die Augen ihrer Mutter“, sagte er endlich, „und sie wird genauso schön wie sie werden.“ „Nein, sie wird noch viel schöner“, mischte sich ein anderer ein. Sofort wandte sich ihm alle Aufmerksamkeit zu. Hizashi kannte ihn, er hatte es als Schriftsteller weit gebracht, auch wenn seine Werke nicht immer der allgemeinen Vorstellung von Sitte und Moral entsprachen. Doch er hatte das Herz am rechten Fleck. „Ich könnte ein ganzes Buch über sie schreiben“, ereiferte er sich, „oh, das wird ein Meisterwerk, sie wird einen ganzen Haufen Verehrer haben-“ „Jiraiya“, ermahnte ihn Chéng, „du redest gerade über meine Tochter.“ Alles lachte und selbst Hizashi konnte sich eines Lächelns nicht erwehren.
 

Schließlich hatte sich die Gruppe aufgelöst und Hizashi und Chéng waren allein. „Wann wurde sie geboren“, fragte Hizashi in die Stille hinein. „Vor zwei Tagen“, erklärte Chéng, „Keiko ist sehr schwach, aber ich habe sie noch nie so glücklich gesehen.“ „Tenten…“, murmelte Hizashi langsam, „ein schöner Name.“ „Keiko hat ihn ausgesucht.“ Sie sahen sich an und Hizashi war sich sicher, dass auch Chéng gerade daran dachte, als er ihm von dem Tod seiner Frau berichtet hatte. Hizashi betrachtete das kleine Mädchen und strich ihr dann sanft über die Stirn. „Sie wird eine würdige Nachfolgerin für dich sein“, sagte Hizashi und Chéng sah ihn nachdenklich an. „Das wird sie“, sagte er fest, „Tenten…, meine Tochter, Hizashi, ich kann es immer noch nicht glauben.“ Hizashi nickte und wollte gerade gehen, als Chéng ihn am Arm packte. „Hizashi?“ „Ja?“ Chéng sah ihn ernst an. „Es tut mir leid.“
 

Den Rest des Abends verbrachte Hizashi größtenteils damit, sich mit alten Bekannten, mit Angehörigen der anderen Samuraifamilien zu unterhalten. Einmal ließ er sich sogar auf ein Schachspiel mit Shikaku Nara ein, das er natürlich verlor. Aber das war nicht schlimm. Niemand gewann gegen den Daimyo, wenn es um Denkspiele ging.
 

Sein Bruder war in ein Gespräch mit Hiruzen Sarutobi vertieft, der einen Jungen an seiner Seite hatte, der nicht älter als zwanzig sein mochte. Sein neuer Schützling? Hiashi hatte mal erwähnt, dass Hiruzen Sarutobi einen neuen Schüler hatte, der meisterhaft mit der Klinge umgehen konnte. Kakashi Hatake, hieß er nicht so?
 

„Was für eine Freude Euch hier zu sehen, Hyuga-sama“, sagte plötzlich jemand hinter ihm. Hizashi fuhr herum. Ein feines Lächeln zog sich auf Orochimarus Gesicht, doch Hizashi konnte trotzdem nicht anders, als unwillkürlich zwei Schritte zurück zu gehen. Dieser Mann war für seinen Streit mit Chéng verantwortlich. Er hatte die Gedanken seines besten Freundes vergiftet… „Ihr müsst mich mit meinem Bruder verwechseln, Orochimaru-san“, erwiderte er barsch, doch Orochimaru lachte nur. „Nein, ich denke ich vertausche Euch nicht mit Eurem Bruder, selbst, wenn es nicht leicht ist einen Unterschied zu erkennen, nicht wahr, Hizashi-san?“ Hizashi sah sein Gegenüber misstrauisch an, entschied aber sich nicht provozieren zu lassen.
 

„Was kann ich für Euch tun, Orochimaru-san?“, fragte Hizashi. „Nichts Besonderes“, entgegnete der Berater des Fürsten, „ich wollte nur mal … Hallo sagen. Wir hatten noch nicht viel Gelegenheit uns zu unterhalten. Vielleicht wollt Ihr Euch einmal mit mir die Gemälde im Westtrakt ansehen?“ Hizashi beobachtete ihn misstrauisch, doch Orochimaru machte keine Anstalten alles als einen Scherz abzutun. Der Hyuga überdachte nochmals seine Position. Er hatte sich gerade erst wieder mit seinem Freund versöhnt, er konnte Orochimaru nicht einfach abweisen und war es nicht ein gutes Zeichen, wenn er Chéng zeigte, dass er über seinen Schatten springen konnte?
 

„Na gut“, stimmte er zu. Kurze Zeit später gingen beide einen langen Gang entlang, an dessen Seiten großartige Gemälde hingen. Hizashi wusste nicht, wer der Künstler war, der sie geschaffen hatte, aber er verspürte großen Respekt vor ihm. Da waren Landschaftsgemälde aus allen Teilen Konohas, ein Reiter, der gerade ein Pferd bändigte, und Bilder von Samurai. Etliche Bilder von Samurai. Einmal im Schwertkampf, dann als Bogenschützen und einmal auch im Kampf Mann gegen Mann. An dieser Stelle runzelte Hizashi die Stirn. Seit Generationen hatte seine Familie den Weg der Sanftheit gewählt. Judo. Aber im Volk galt er nicht als so edel wie Kyudo oder Kendo. Judo war keine Angriffstechnik, es diente zur Selbstverteidigung und dazu, die Kraft des Gegners gegen ihn zu verwenden. Hiashi war ein wahrer Meister dieser Technik und auch er selbst hatte sie bereits in frühen Jahren gemeistert. Chéng hatte ihn immer dafür bewundert den schwersten aller Wege zu gehen, aber warum hing dann nur ein Bild im Gang?
 

„Also das hier ist wirklich interessant“, vernahm er auf einmal Orochimarus Stimme. Stirnrunzelnd trat der Hyuga näher. Orochimaru stand vor einem Bild, das fast drei Meter lang und ebenso hoch war. Es war ausnahmslos in dunklen Tönen gehalten und bei seinem Anblick lief es dem Samurai kalt den Rücken herunter. Eine Kriegsszene… nein, ein Gemetzel. Verstümmelte Körper lagen am Boden. Blut. Und inmitten des Bildes stand ein einziger Krieger einer ganzen Armee gegenüber. „Ist es nicht der perfekte Ausdruck menschlicher Schwäche?“, wollte Orochimaru wissen. Hizashi starrte ihn an, doch er beachtete gar nicht sein Entsetzen. „Schönheit findet man nicht nur in schönen Dingen“, sagte er dann und leckte sich langsam über die Lippen. „Es ist grauenvoll“, presste Hizashi heraus, doch Orochimaru lachte nur. „Ich war mir sicher, dass Ihr das so sehen müsst, aber jetzt lasse ich Euch wohl besser alleine. Den Weg findet Ihr, nicht?“ Hizashi nickte nur. Kaum war Orochimaru verschwunden, atmete er tief durch. Noch einmal sah er das Bild an, aber er wandte sich fast augenblicklich wieder ab. Die Szene ging ihm durch Mark und Bein. Warum hängte Chéng ein solches Bild auf? Immer war er gegen jegliche Gewalt gewesen, warum also jetzt?
 

Plötzlich ertönte ein Schrei. So grauenvoll und schmerzverzerrt, dass es ihm beinahe das Herz zerriss. Hizashi riss die Augen auf und sah sich dann hektisch um. Der Gang war leer, aber der Schrei war unverkennbar aus dieser Richtung gekommen. Hizashi begann zu rennen, seine Schritte hallten von den Wänden wider, doch er wusste, dass er zu spät kommen würde, egal wie schnell er war. Sein Herz hämmerte gegen seine Brust und er flehte die Götter an, dass seine Vermutung sich nicht bewahrheitete.
 

Im nächsten Moment riss er eine Tür auf und Horror breitete sich auf seinem ganzen Gesicht aus. Der Raum war ordentlich, sauber und gepflegt, doch alle Unschuld verblasste bei dem, was Hizashi in diesem Augenblick sah. „Keiko?“, flüsterte er in die Stille hinein. Keine Antwort. Inmitten des Raumes lag Chéngs Frau, die Mutter der kleinen Tenten, in einer Blutlache. Tot. Ihre Augen waren vor Schock weit aufgerissen und ihre Hände verkrampft als wollte sie das Unheil in letzter Sekunde noch abwenden. Nie in seinem Leben hatte Hizashi sich so hilflos gefühlt. Er hatte sie gehört! Er hatte sie doch gehört!!!
 

Das nächste, das er registrierte, war die Waffe. Eine blutbeschmierte silberne Klinge, die auf dem Boden lag. Und in seinem Entsetzten begriff Hizashi, dass er sie kannte. Ryujin, eines der drei legendären Schwerter, dessen Geschichte im ganzen Land verbreitet war. Die verfluchte Klinge, das Schwert, das Chéngs Frau das Leben genommen hatte. Noch immer taub vor Entsetzen hob Hizashi das Schwert auf. Die Waffe war gefährlich und schön zugleich, das rote Blut schimmerte im hereinfallenden Licht und dann erstarrte er. Die Klinge spiegelte etwas wieder, einen Menschen. Den einzigen, den er jetzt nicht sehen wollte.
 

„Keiko?“, flüsterte Chéng. „Keiko!“ Im nächsten Moment weiteten sich seine Augen mit Schock, als er Hizashi mit dem Schwert in der Hand anstarrte. „Du!“, schrie er und in seinen Augen flammte nie gekannter Hass auf, „du Mörder! Ich habe dir vertraut!“ „Chéng!“, rief Hizashi, „das ist ein Missverständnis! Ich habe sie nicht-“ „Schweig!“, herrschte ihn der Fürst Konohas an, „du hast meine Frau umgebracht!“ „Nein…Nein!“ Doch Chéng war vor Schmerz und Trauer weit weg von jeder Vernunft. Er griff an seine Hüfte und zog sein Schwert schneller als Hizashi es je bei ihm gesehen hatte. Im nächsten Moment ertönte ein Kreischen, als Hizashi reflexartig das einzige tat, was ihm in diesem Moment in den Sinn kam: Er riss Ryujin hoch und fing den Schlag ab.
 

Ihre Augen begegneten sich und Hizashi blickte seinen Freund voller Entsetzen an. Nie hatten sie ernsthaft gekämpft, doch hier stand Chéng und wollte ihn töten. Noch bevor er weiter nachdenken konnte, wurde die Tür aufgerissen und Hiashi tauchte im Türrahmen auf. Mit einem Blick durchschaute er das Szenario. Die tote Frau, das Blut auf Ryujin und Chéng, der drohend und von allen Sinnen verlassen mit dem Schwert auf Hizashi deutete.
 

„Was ist hier los?“, wollte Hiashi wissen, doch er bekam keine Antwort. Hizashi konnte immer noch nicht glauben, dass Chéng ihn angegriffen hatte und der Fürst zitterte am ganzen Leib vor Wut und Schmerz. Dann blitzten seine Augen auf. „Ihr!“, brachte er heraus, „verfluchte Hyuga! Ihr habt das geplant! Ihr habt meine Frau auf dem Gewissen!“ Er machte sich zum Sprung bereit, um Hizashi den Rest zu geben, doch Hiashi reagierte blitzschnell. Mit einem Satz war er zwischen den beiden, packte Chéngs Handgelenk, entwand ihm das Schwert und riss ihm dabei die Füße weg, sodass Chéng schmerzhaft auf dem Boden aufkam. Im nächsten Augenblick hatte der Daimyo seinen Bruder am Arm gepackt und zerrte ihn aus dem Raum.
 

„Was tust du!“, schrie Hizashi. „Ich rette dir das Leben“, brüllte Hiashi zurück, „was glaubst du was passiert, wenn sich verbreitet, dass du seine Frau getötet hast!?“ „Aber ich habe sie nicht getötet! Versteh doch, Bruder, es war eine Falle!“ Hiashi hatte keine Zeit zu antworten, denn im gleichen Moment tauchten vor ihnen Soldaten auf, die den Tumult gehört hatten. „Lasst sie nicht entkommen“, donnerte Chéng hinter ihnen, „sie haben meine Frau ermordet!“ Die Soldaten stürzten sich auf sie und, wenn Hiashi nicht bei ihm gewesen wäre, war Hizashi sich sicher, dass sie ihn auf der Stelle getötet hätten. Doch auf seinen Bruder war Verlass. Hiashi erledigte die ersten fünf mit einer Leichtigkeit, die nur einem exzellenten Kämpfer vorbehalten war. Einem Daimyo… Er war blitzschnell, seine Schläge kraftvoll, dass manchmal nur einer ausreichte um einen Gegner zu Boden gehen zu lassen. Anders als Hizashi selbst war Hiashi brillant in allen Künsten und im Gegensatz zu ihm zögerte er keine Sekunde seine Gegner auch zu töten. Hizashi wollte nicht kämpfen, doch er konnte seinen Bruder nicht im Stich lassen und so kämpften sie Rücken an Rücken, immer weiter fort vom Schauplatz des Mordes, bis auf einmal niemand mehr vor ihnen war.
 

Die kalte Nachtluft holte Hizashi aus seiner Trance, doch er konnte nicht das Bild aus seinem Kopf verbannen. Die tote Frau und Chéng, der ihn so ansah wie er es noch nie getan hatte. Und er hielt noch immer das Schwert in der Hand… Er versuchte alles auszublenden, doch nicht einmal er konnte Chéngs Stimme aus seinem Kopf verbannen, der hinter ihnen schrie: „Ich werde euch vernichten! Hörst du mich, Hizashi, ich werde euch so lange jagen, bis kein Hyuga mehr am Leben ist!“ Und in der Ferne hörte Hizashi Hyuga wie ein Kind zu schreien begann. Tenten…
 

~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~
 

Hey ich bin zurück ^^ (Hat ja auch lange genug gedauert, aber bei der Vergangenheitsgeschichte muss wirklich alles stimmen)

Ich nehme an, ihr habt jetzt erst mal ein großes Wiedersehen erwartet, aber so einfach mache ich es euch nicht. Neji lebt zwar, aber dafür stehen jetzt noch mehr Dinge zwischen Neji und Tenten. Außerdem war es mir wichtig die anderen Charaktere, wie Temari, Sasuke, Karui, Deidara und Gaara noch mehr hervorzuheben. Immerhin hassen die meisten Rebellen die Regierung (hoffentlich wird jetzt auch offensichtlich, warum Sasuke so relaxxt war, der hätte sich jederzeit befreien können, wenn Tenten nur einmal nicht aufpasst, was ja dann der Fall war). Na ja, Neji ist jetzt erst mal reserviert, das hat seinen Grund, den ich in diesem und dem nächsten Kapitel erläutere: Die Vergangenheit. Die Geschichte von Hizashi Hyuga und Chéng und der Rebellion. Die Charaktere Yui Hyuga, Hisana Hyuga und Mayumi Sabakuno gehören mir und ich bin gespannt was ihr vor allem zu letzterer sagt (Im nächsten Kapitel gibt es mehr von ihr).

Hier werde ich eine Menge erklären und hoffentlich wird sich die Geschichte am Ende dann wie ein Kreislauf abrunden. Mir persönlich gefällt die Vergangenheit sehr gut, ursprünglich war es auch ein Kapitel, aber 20000 Wörter am Stück wollte ich euch doch nicht antun. Nächstes Mal erfahrt ihr genauer, wie Orochimaru seine Intrige spinnt ^^
 

Ein Dankeschön noch an SorceressKonan, Votani und hiatari die mir bei der Korrektur geholfen haben und mir mit ihrer Meinung zur Seite standen. Außerdem freue ich mich, dass mittlerweile 290 Leute diese Geschichte lesen. Nächstes Mal gibt es dann den 2. Teil der Vergangenheit (für die Zukunft ist sie sehr wichtig, weil ich die Politik schon ein bisschen angeschnitten habe) und dann gibt es im übernächsten etwas worauf ihr euch freuen könnt: Endlich wieder Romantik XDD
 

Ich hoffe ihr hattet viel Spaß beim Lesen

hel

moony

~ Kapitel 27: Hero ~

~ Kapitel 27: Hero ~
 


 

Tagelang waren sie unterwegs. Seit jenem Ereignis hatte Hizashi keine Ruhe mehr. Noch in derselben Nacht hatte Chéng die Hyuga angegriffen. Schock und Schmerz blendeten seine Urteilskraft und so kamen Hiashi und er fast zu spät um ihre Familie zu warnen, die in dem Anwesen der Hyuga zurückgeblieben war. Auf der Flucht holte Chéngs Armee sie ein. Doch er führte sie nicht an. Hizashi Hyuga starrte Orochimaru entgegen, der ihm Tage zuvor noch die Gemälde im Palast gezeigt hatte. In dieser Nacht vernichtete er die Hälfte des Clans. Orochimaru kannte kein Mitleid, keine Gnade. Er machte nicht vor Kindern halt, nicht vor Alten. Sein einziger Befehl lautete, die Hyuga für immer auszulöschen. Hizashi wusste nicht mehr, wie sie es schafften ihm zu entkommen. Sein einziger Gedanke galt seinem Sohn, den er um jeden Preis retten musste, und Hiashi sowie deren Frau, die hochschwanger war.
 

Sein Leben wandelte sich vor seinen Augen. Was einst Alltag für ihn gewesen war, wurde nun zu einer bitteren Zerreißprobe. Nicht länger ging es um Ruhm und Ehre, die Hyuga standen am Rand ihrer Vernichtung und niemand musste Hizashi sagen, dass sie es reinem Glück verdankten Orochimaru entkommen zu sein. Konoha war in Unruhe geraten. Der direkte Angriff des Fürsten auf einen der Clans brachte das Gleichgewicht der Samuraifamilien durcheinander. Hizashi konnte sich leicht vorstellen in welchem Zwiespalt die anderen Clans steckten. Stellten sie sich auf Chéngs Seite, dann würden sie mit den Hyuga auch die Ordnung des Landes vernichten. Gewährten sie ihnen Schutz, würden sie selbst zur Zielscheibe des Fürsten werden.
 

Hizashi schüttelte die Gedanken ab und zog die Kapuze seines Umhanges tiefer ins Gesicht. Am Morgen hatten sie Tanzakugai erreicht, jene Stadt, die für ihre Vergnügungsviertel und Schönheit berühmt war. Eine Stadt voller Menschen, voller Geheimnisse… Eine Stadt, in der sie für kurze Zeit sicher sein würden.
 

„Bist du sicher, dass wir ihr trauen können?“, zischte Hiashi ihm zu, der plötzlich neben ihm auftauchte. Hizashi sah sich kurz um und erspähte in der Menge weitere Mitglieder seiner Familie. Dann widmete er seinem Bruder wieder seine Aufmerksamkeit. „Nein“, erwiderte er, woraufhin ihm Hiashi einen wütenden Blick schenkte. „Du kannst uns nicht zu ihr führen, wenn du dir nicht sicher bist, dass sie uns nicht verrät“, brauste der Daimyo auf. „Wir können niemandem trauen, Bruder“, fiel ihm Hizashi ins Wort, „aber sie ist die einzige, die ich für so verrückt halte, dass sie uns tatsächlich Unterkunft gewährt.“ Hiashi schüttelte nur den Kopf.
 

Unerkannt gingen sie durch die Gassen Tanzakugais. Unter den Menschen verschmolzen sie mit der Menge und so kamen sie ohne jemandem aufzufallen an ihrem Ziel an. Es war Jahre her, seit Hizashi das letzte Mal hier gewesen war, doch das Gasthaus ‚Zur stillen Harmonie’ sah immer noch genauso aus wie bei seinem letzten Besuch. Damals war er zu einer Reise aufgebrochen, in der er hoffte über seine Heimat und sich selbst zu lernen. Jetzt schien es ihm, als würde diese Erinnerung zu einem anderen Leben gehören. Hizashi fasste sich ein Herz und klopfte. Nichts rührte sich. Er klopfte erneut. Diesmal schienen sie mehr Glück zu haben. Im Inneren konnte man hektische Schritte hören, dann wurde die Tür aufgerissen.
 

„Warum, um der Götter Willen, reißt Ihr mich mitten in der Nacht aus dem Schlaf!“ Eine alte Frau Anfang sechzig baute sich vor ihnen auf und funkelte sie wütend an. Ihr grau meliertes Haar hatte sich an einigen Stellen aus dem ordentlichen Knoten gelöst, zu dem sie ihr Haar streng zurück gebunden hatte. „Wie oft muss ich euch Pack noch sagen, dass ihr vor meinem Gasthaus-“ Hizashi zog sich die Kapuze vom Kopf. Die Augen der Frau weiteten sich. „Hizashi?“, wisperte sie. „Ich brauche deine Hilfe, Chiyo“, sagte Hizashi.
 

.

.

.
 

Die Kerze flimmerte als ein Luftzug durch das Zimmer strich. Hizashi kniete auf einem Sitzkissen gegenüber von Chiyo. Hiashi saß rechts von ihm. Keiner sagte ein Wort. Noch nie war es Hizashi so unangenehm gewesen, einen anderen Menschen um Hilfe zu bitten. Chiyo hatte sie ohne zu zögern ins Haus gebeten, als sie ihn erkannt hatte. Chiyo… So viele Erinnerungen stürmten auf ihn ein. Damals, als er die alte Frau kennen gelernt hatte, war sie genauso ruppig gewesen. Und genauso wie heute hatte sie nicht gezögert ihm Unterkunft zu gewähren, als er in einer stürmischen Nacht an ihre Tür geklopft hatte. Vieles hatte er von ihr gelernt.
 

„Ich habe davon gehört“, sagte sie schließlich und sah ihn ernst an, „Gerüchte verbreiten sich schnell in Tanzakugai.“ „Was genau sagen diese Gerüchte?“, wollte Hizashi wissen. Die alte Frau seufzte. „Sie sagen, dass du die Frau des Fürsten ermordet hast.“ Hizashi schloss gequält die Augen. Tief in ihm hatte er noch immer die Hoffnung gehegt, dass alles wieder wie zuvor werden könnte. Doch nun sah er, dass der Albtraum gerade erst begonnen hatte. „Das ist eine Lüge“, flüsterte er, „dieser Orochimaru hat mich weggelockt und dann … und dann… Ich habe sie schreien hören“, fuhr er stockend fort, „ich wollte ihr helfen, aber als ich bei ihr ankam, war sie bereits tot.“ Wieder schwiegen sie. Hiashi war es, der die Stille durchbrach. Er verhakte seine Finger und starrte ins Nichts. „Wisst ihr, was das bedeutet?“ Hizashi sah seinen Bruder nur fragend an. „Orochimaru hat dich gezielt an den Tatort gelockt, Hizashi. Er wollte, dass Chéng dich mit dem Schwert findet…“ Chiyos Augen verengten sich. „Ein Komplott?“ „Ja“, antwortete der Daimyo, „sie haben gerade erst begonnen uns zu jagen.“
 

„Nein“, stöhnte Hizashi, „nein, das darf nicht sein… Was ist mit Chéng? Früher oder später werden sie ihn töten…“ Urplötzlich fuhr der Daimyo herum, packte seinen Bruder am Arm und Hizashi schrak aus seiner Trance. „Denkst du immer noch an deinen ‚Freund’?“, brauste Hiashi auf. Sein Griff war stahlhart. Hizashi starrte ihn an. Sein Bruder war immer ruhig, immer gelassen, nie brachte ihn irgendetwas aus der Ruhe. Ihn so zu sehen erschütterte sein Weltbild. Doch hatte seine Vorstellung eigentlich jemals der Wahrheit entsprochen? „Wenn er dir so sehr traut, warum hat er dich dann ohne zu zögern angegriffen?!“, herrschte ihn Hiashi an, „wach endlich auf, Hizashi, dieser Orochimaru hat ihn längst eingelullt!“ Der Samurai sah ihn wie hypnotisiert an, er wusste nicht, was er zuerst fühlte: Wut oder die Erkenntnis, das Hiashi recht hatte.
 

„Was weißt du schon davon?“, entgegnete er heftig, „immer hast du nur dem Clan gedient. Vielleicht ist dir ja dein Mitgefühl längst abhanden gekommen?“ Der Schlag traf ihn so heftig, dass er zurücktaumelte und sich gerade noch abstützen konnte. Hiashis Blick war eiskalt als er ihn ansah. In seinen Augen blitzten die Wut und die Frustration, die er selbst verspürte. „Überleg dir genau, was du sagst, Bruder. Du hast uns alle in deine Angelegenheiten hereingezogen, in deinem Glauben noch immer das Richtige zu tun! Weißt du, warum dich Orochimaru ausgewählt hat seine Marionette zu sein? Du bist gutgläubig, Hizashi, du vertraust Chéng mehr als du jedem anderen vertraut hast. Er hat deine Freundschaft ausgenutzt und er wird nicht ruhen, bis er Chéng und dich weiter gegeneinander ausgespielt hat. Reicht dir deine momentane Situation nicht? Du hast deine Familie in den Untergang geführt. Ist es das, was du für Neji gewollt hast? Also urteile nicht so voreilig über mich!“
 

Während seiner Rede war Hiashi aufgesprungen und ziellos im Raum herumgelaufen. Seine Hände waren zu Fäusten geballt und er zitterte als würde er um Fassung ringen. „Jetzt ist Schluss!“ Die alte Frau stemmte die Hände in die Hüfte und funkelte beide gleichermaßen wütend an. Hiashi hielt in seinem Tun inne und auch Hizashi starrte sie überrascht an. „Ihr wisst beide nicht mehr was ihr redet“, fuhr sie grollend fort, „wenn ich das richtig verstehe, seid ihr und die Hyuga noch immer auf der Flucht. Was bringt es sich selbst zu beschuldigen? DAS ist genau das, was dieser Orochimaru will, also kommt mal wieder zu Sinnen!“
 

Schuldbewusst sah Hizashi seinen Bruder an. Er war der einzige, der sich nie beklagte, ihm immer geholfen hatte und er hatte nur noch über Chéng und Orochimaru nachgedacht, sodass er dessen Gefühle völlig verdrängt hatte. Schlagartig wurde ihm klar, dass sein Bruder nicht länger den Status eines Daimyos inne hatte. Er konnte ihn nicht länger beschützen. Niemand konnte das. In seiner Verletztheit hatte er Hiashi völlig verdrängt. Wie musste es sich wohl für ihn anfühlen? Er war für seine Familie verantwortlich und war bereits jetzt dabei gescheitert, viele von ihnen vor einem schrecklichen Tod zu bewahren. Chiyo hatte recht. Wenn sie überleben wollten, dann durften sie sich nicht misstrauen, sich keine Vorwürfe machen. Sie mussten eine Lösung finden und keinen weiteren Streit vom Zaun brechen.
 

„Hiashi, es tut mir leid“, keuchte er, „ich kann nicht mehr klar denken, seit er mich angegriffen hat.“ „Dann fang schleunigst damit an“, unterbrach ihn sein Bruder barsch, „sonst sind wir schneller tot als du denken kannst.“ Und damit rauschte er aus dem Raum. Wahrscheinlich um nach seiner Frau zu sehen. Hizashi starrte ihm nach.
 

„Lass ihm ein wenig Zeit“, sagte Chiyo, als hätte sie seine Gedanken gelesen, „die Ereignisse haben ihn ausgelaugt.“ „Ich weiß“, sagte Hizashi tonlos. Nachdenklich betrachtete ihn die alte Frau. Dann stand sie auf, packte ihn ungewöhnlich kräftig am Arm und zog ihn hoch. „Komm mit“, sagte sie, „wir reden ein bisschen. Wie in alten Zeiten.“ Sie lächelte und Hizashi konnte nicht anders als es zu erwidern.
 

Wenige Minuten später lehnten beide am Geländer der Terrasse. Der Mond warf ein silbriges Licht auf das Holz und ließ es leicht in der Dunkelheit schimmern. Sie schwiegen. Hizashi warf Chiyo aus den Augenwinkeln einen Blick zu. In diesem Moment schliefen seine Verwandten in Schlafstätten, die sie ihnen zugewiesen hatte. Nie war er jemanden so dankbar gewesen… „Was wirst du jetzt tun?“, durchbrach Chiyo plötzlich die Stille. Hizashi schüttelte nur stumm den Kopf. Chiyo seufzte. „Du musst etwas tun, Hizashi, du kannst deine Familie nicht im Stich lassen.“ „Das werde ich nicht“, erwiderte der Hyuga endlich, „aber alles, woran ich geglaubt habe, zerfällt vor meinen Augen zu Asche.“ „Glauben“, sagte Chiyo, „findet man manchmal an den Orten, an denen man ihn am wenigsten erwartet. Hab Vertrauen.“
 

Der Wind rauschte durch die Blätter der Bäume, strich an den Hauswänden entlang und wehte leicht durch Hizashis dunkles Haar. „Dein Bruder hat über jemanden gesprochen“, griff Chiyo den Faden wieder auf, „wer ist Neji?“ Hizashi wandte ihr seine hellen Augen zu. „Mein Sohn“, antwortete er leise. „Dann hast du also geheiratet?“ „Sie ist tot“, erwiderte Hizashi, „sie ist bei seiner Geburt gestorben.“ Wieder schwiegen sie. Chiyo sagte nicht, dass es ihr leidtat. Sie war nicht wie all die anderen, die ihm Mitleid heuchelten, wenn die Sprache auf dieses Thema fiel und dafür war er ihr dankbar. All die Trauer, die in den Reihen der Hyuga über die Toten umging, erinnerte ihn an Yui. An ihr sanftes Wesen, an die Worte mit denen sie ihn binnen Sekunden beruhigen konnte.
 

„Chiyo? Chiyo?“, eine ängstliche Stimme durchbrach die Stille. Hizashi spannte sich unwillkürlich an, als eine Silhouette sich aus den Schatten löste. Ein kleines Mädchen, nicht älter als drei oder vier Jahre, tappte auf nackten Sohlen auf sie zu. „Naoko, was machst du denn hier?“ Schüchtern richtete das kleine Mädchen die Augen auf den Boden und murmelte etwas Unverständliches. Chiyo seufzte und ging auf das Kind zu und nahm es in den Arm. Naoko schlang die kleinen Arme um ihren Hals und die alte Frau strich ihr beruhigend übers Haar. Irgendetwas an dieser Szene rührte ihn. Das kleine Mädchen mit den großen grünen Augen und dem roséfarbenen Haar war so voller Unschuld, dass es ihn all die Gewalt der letzten Tage vergessen ließ. Ohne zu wissen was er tat, ging er auf die beiden zu und beugte sich zu ihnen herunter, sodass er mit der Kleinen auf gleicher Höhe war. „Wie heißt du?“, fragte er.
 

Schüchtern wich das Mädchen vor ihm zurück und Hizashi fragte sich schon, ob er zu weit gegangen war, als sie schließlich doch beschloss ihm zu trauen. „Naoko“, sagte sie und grinste ihn leicht an, „ich werde mal eine Geisha wie meine Mama.“ Hizashi tauschte einen Blick mit Chiyo. „Eine Geisha also“, wiederholte Hizashi. Naoko nickte eifrig. „Und dann bin ich die Schönste von allen und ich bekomme einen ganz tollen Namen.“ Verwirrt sah der Samurai die Kleine an. „Eine Maiko nimmt einen anderen Namen an, wenn sie eine vollwertige Geisha wird“, half ihm Chiyo weiter, „und ich kenne nur einen passenden, der für Naoko in Frage kommen würde.“ Sie lächelte die Kleine an und Hizashi war, als würden vor seinen Augen die Jahre von ihr abfallen. „Sakura…“, flüsterte Chiyo in die Nacht, „eines Tages wird das ihr Name sein.“ Und sie betrachtete das kleine Mädchen, das in diesem Moment in ihren Armen eingeschlafen war.
 

Hizashi betrachtete sie nachdenklich. „Ich habe einen Sohn“, sagte er endlich, „Neji. Vielleicht trefft ihr euch irgendwann mal, Sakura…“
 

Noch lange nachdem Chiyo Naoko ins Bett gebracht hatte, blieb Hizashi wach. Seine Gedanken kreisten um alles und nichts. Er war verwirrt und gleichzeitig war ihm als könnte er endlich wieder klar denken. Das kleine Mädchen hatte ihn an etwas erinnert. Sie hatte einen Traum und auch er hatte Träume gehabt. Er und Chéng. Ihr Traum von einem goldenen Zeitalter. Ihr Traum von einem Konoha, in dem ihre Kinder in Frieden aufwachsen konnten. Aber jetzt hatte Chéng geschworen die Hyuga für immer auszulöschen. Doch er würde nicht länger tatenlos zusehen. Er würde alles tun um Neji zu beschützen.
 

.

.

.
 

Der Abschied von Chiyo fiel ihm nicht leicht. Hizashi war ihr dankbar, nicht nur dafür, dass sie seine Familie völlig fraglos aufgenommen hatte, sondern auch, weil er unter ihrem Dach endlich wieder zu sich selbst gefunden hatte. Doch noch länger konnte er ihr das Risiko nicht aufbürden, sie aufzunehmen. In der Stadt waren bereits mehr Soldaten als er zählen konnte. Bitter dachte er, dass Chéng tatsächlich alles tat um sie zu finden. Sie verließen das Gasthaus noch vor Sonnenaufgang. Mehr als eine Woche waren sie in Tanzakugai geblieben, doch er und Hiashi hatten sich übereinstimmend entschieden, dass es Zeit war die Stadt zu verlassen. Es barg ein Risiko zu lange an einem Ort zu bleiben und beiden war klar, dass sie in Bewegung bleiben mussten, damit man sie nicht fand. Noch ein letztes Mal sah er zurück. Chiyo lehnte an der Tür des Gasthauses und sah ihm nach. Und da wusste er, dass es diesmal ein Abschied für immer war. Die alte Frau hatte ihm ein zweites Mal geholfen zu sich zu finden, doch ein drittes Mal würde es nicht geben. Er würde sie nie wieder sehen…
 

„Vorsicht jetzt“, murmelte Hiashi neben ihm, als sie den Stadtrand erreichten. Er sah über die Schulter und nickte seiner Familie ernst zu. Auf allen Gesichtern sah Hizashi den Stress, dem sie schon fast einem Monat unaufhörlich ausgesetzt waren. Und die Angst… Die Angst nirgendwo mehr sicher zu sein. Und er trug die Schuld dafür. Wenn er Chéng doch nur nicht so bedingungslos vertraut hätte… Wenn er doch nur Orochimarus Absicht früher erahnt hätte…
 

Hizashi folgte seinem Bruder nachdenklich. Vor zwei Tagen hatte seine Frau ihm eine Tochter geboren. Ein wunderschönes kleines Mädchen mit den sanften Augen seiner Mutter. Hinata. Hizashi dachte an das Glück, das in Hiashis Augen geglitzert hatte. Trotz aller Hoffnungslosigkeit hatte er Hoffnung empfunden. Hoffnung, dass vielleicht alles gut werden würde…
 

„Jetzt!“, schrie eine Stimme und Hizashi wirbelte blitzschnell herum, aber er kam zu spät. Noch bevor er reagieren konnte, hörte er Schreie um sich herum und ein paar Hyuga um ihn herum gingen getroffen zu Boden. Instinktiv wich er einem Pfeil aus und erspähte auf den Dächern von Tanzakugai Bogenschützen, die sie aufs Korn nahmen.
 

Hektisch sah er sich nach seinem Bruder um und drückte Neji an sich, den er getragen hatte. Der zweijährige Junge riss die Augen auf und begann zu schreien. „Hizashi!“, hörte er seinen Bruder nicht weit von sich rufen, „bring sie weg von hier, wir werden sie aufhalten!“ Auf Hiashis Geheiß hin sammelten sich die Samurai der Hyuga um ihr Oberhaupt und zogen mit einer Endgültigkeit ihre Waffen, die Hizashi bis ins Mark erschreckte. „Nein“, murmelte er wie in Trance. „Nein“, wiederholte er, „nein! Bruder, ich lasse dich nicht-“ Er kam nicht dazu zu Ende zu sprechen, denn in diesem Moment stürmten von allen Seiten Krieger auf sie zu. Und die Hölle brach los. Es war als würde die Welt selbst enden.
 

Alles, was er hörte, waren Schreie und alles, was er sah, war Blut und Stahl. Und bevor er registrierte, was er tat, hatte er das verfluchte Schwert gezogen und Ryujin glitt so leicht durch das Fleisch seiner Feinde, als hätte er nie mit einer anderen Waffe gekämpft. Vor ihm fielen so viele Männer, dass er aufhörte zu zählen. Mit der einen Hand drückte er seinen Sohn an sich, mit der anderen kämpfte er. Doch der Albtraum endete nicht und voller Verzweiflung sah er wie um ihn herum immer mehr Mitglieder seiner Familie fielen. Diejenigen, die versucht hatten zu fliehen, waren von Soldaten eingeholt worden und das Massaker begann erneut. Es gab keinen Ausweg. Sie würden alle sterben und es war seine Schuld.
 

„Hizashi!“, erschallte die Stimme seines Bruders über den Kampfeslärm und er entdeckte, dass es Hiashi gelungen war eine Schneise durch ihre Angreifer zu schlagen. Völlig außer Atem kämpfte sich der Hyuga zu seinem Bruder durch. Es waren kaum mehr als zehn Samurai in der Lage zu kämpfen. Der Platz vor den Toren Tanzakugais hatte sich in einen Ort des Todes verwandelt. Überall lagen Leichen herum, Freunde, Verwandte, Menschen, die er seit seiner Geburt gekannt hatte.
 

Er war fast bei seinem Bruder angekommen, als er die Samurai bemerkte. Ein Banner mit einer roten Flamme auf schwarzen Grund wurde gehisst und Hizashi riss vor Entsetzen die Augen auf. Ein Clan hatte seine Entscheidung gefällt. „Fugaku“, flüsterte Hiashi, als Hizashi nahe genug war um ihn zu verstehen. Und auf einmal schien es als stünde die Zeit selbst still. Die Uchiha brachen in die Reihen der Hyuga und metzelten alles nieder was in ihrem Weg war. Doch Hizashi konnte sich keine Gedanken über Fugaku Uchiha machen, denn alles was zählte war, dass er seinen Sohn rettete. Hizashi drückte Neji noch fester an sich, erreichte endlich seinen Bruder und wehrte gerade noch rechtzeitig einen Schlag ab, der Hiashi fast zum Verhängnis geworden wäre. Sie sahen sich an und es war als würde zwischen ihnen ein stummes Einverständnis herrschen. Rette so viele wie möglich!
 

Auf einmal ertönte ein Horn weit über den Kampflärm hinweg. Hizashi sah auf und erblickte eine kleine Gruppe von Frauen, Alten und Kindern, die von etlichen Soldaten umzingelt waren. Hizashis Herz sank ein weiteres Mal. Doch weiter kam er nicht. Ein weiter Trupp Krieger schnitt ihn von seinem Bruder ab und er entfernte sich immer weiter von ihm. Ohne zu wissen, wie er es tat, tötete Hizashi fünf Männer, die ihn angriffen, aber die Übermacht war zu groß. Er sah noch, wie Hiashi zu seiner Frau und seiner Tochter aufschloss, die dem Kampf bereits entkommen waren, als er noch mal herumfuhr. Ihre Blicke begegneten sich. ‚Geh’, flehte Hizashi mit den Augen und sein Bruder sah ihn an, als hätte ihn noch nie etwas so sehr gequält. Das letzte, das Hizashi registrierte, war, dass er Neji von allem abschirmte. Dann traf ihn etwas gegen den Kopf und alles wurde schwarz um ihn.
 

.

.

.
 

Als er wieder zu sich kam, war er in einem von Kerzen beleuchteten Raum. Die Flammen malten schaurige Schatten an die Wände, sodass er zuerst dachte noch immer in der Hölle des Massakers zu sein. Das nächste, das er registrierte, war, dass er an den Händen an eine Wand gefesselt war. Sein Haar hing lose auf seinen nackten Oberkörper und in seinem Kopf breiteten sich unglaubliche Kopfschmerzen aus.
 

„Ihr seid wach, Hizashi Hyuga.“ Schmerzhaft riss der Samurai die Augen auf und starrte direkt Orochimaru an, der kaum zwei Meter entfernt stand. „Du!“, entfuhr es dem Hyuga, doch sein Gegenüber lächelte nur. „Ja, ich“, sagte er kalt und sein Lächeln wurde breiter.

„Was-“, begann Hizashi zusammenhanglos, doch dann unterbrach er sich selbst. Er wurde bleich. „Wo ist mein Sohn?“ „Oh?“ Orochimaru hob eine Augenbraue, „wirklich… ein vollkommener Vater“, spottete er, „ich schätze der Fürst würde mir in diesem Punkt sicher zustimmen.“ Noch nie hatte Hizashi solch einen Hass für jemanden empfunden. „Du! Du hast seine Gedanken vergiftet!“ Orochimaru lachte nur. „Vergiftet sagt Ihr? Nein… Ich habe weit Größeres mit ihm vor. Die Zeit des Friedens ist vorbei, Konoha wird brennen und aus der Asche wird ein Reich entstehen wie es noch nie eines gab. Dies ist nur der Anfang.“ Hizashi starrte ihn an. „Du bist wahnsinnig…“ „Habt Ihr etwa schon vergessen, was ich Euch gesagt habe? Nicht alles, das schön erscheint, ist es wirklich. Nicht alles, das richtig erscheint, ist gut. Ebenso wie Macht nur ein flüchtiges Aufflackern eines Landes ist, doch dieses Mal… dieses Mal schaffe ich ein Zeitalter, an das sich jeder erinnern wird, aber genug davon.“ Er faltete die Hände zusammen.
 

„Wir haben Gäste.“ Die Türen des Raumes schwangen auf und herein stolperte eine Reihe Gefangener, die an den Händen aneinander gekettet war. „Hizashi?“, flüsterte der Erste und voller Entsetzen erkannte der Hyuga in ihm einen entfernten Cousin. Die Gefangenen, die die Soldaten eingekreist hatten. „Ich sehe, ich muss euch nicht vorstellen“, unterbrach Orochimaru ihn. „Bringt sie rein“, herrschte er dann einen der Soldaten an, der die Gefangenen mit Schlägen weiter trieb, bis alle im Raum waren.

Und dann, wie auf ein unsichtbares Zeichen hin, zogen die Soldaten, die hinter den Hyuga standen, fast zeitgleich ihre Waffen und hielten sie den Gefangenen an den Hals. „Gebt ihnen die Kapseln“, befahl Orochimaru und riss Hizashi vom Anblick seiner Verwandten los. „Was?“, brachte er heraus, während sein Gehirn noch versuchte die Einzelteile zusammenzusetzen. „Der Befehl des Fürsten lautet die Hyuga vollständig zu vernichten“, erwiderte Orochimaru ohne ihn anzusehen, „ich tue genau das und nebenbei…“, er leckte sich über die Lippen, „werde ich Euch für immer vernichten.“
 

Dann rief er einen Befehl und Hizashi erstarrte als seine Freunde, seine Verwandten, die Mitglieder seiner Familie… jeweils die linke Hand hoben und etwas in den Mund steckten. Manche weinten, andere schluckten ohne eine Regung zu zeigen, doch sie alle waren gegen die Wirkung des Giftes machtlos. Der Tod kam schnell. Zuerst keuchten sie nur, dann spuckten sie Blut. Einige verdrehten die Augen und fielen direkt in die Klinge, die sich noch immer an ihrem Hals befand. Ihre Körper zuckten, als sie die Kontrolle verloren. Die Schreie hallten von den Wänden wider und wenn Hizashi gekonnt hätte, dann hätte er sich die Ohren zugehalten, doch die Fesseln zwangen ihn alles zu hören. Jeden ausgehauchten Atemzug, jeden Tod…
 

Irgendwann war es still. Viel stiller als es sein durfte… Auf Orochimarus Wink hin verließen die Soldaten den Raum und schleppten die Leichen mit sich. „Du Mörder“, keuchte Hizashi. „Jetzt sind nicht mehr viele Hyuga übrig“, sagte der Intrigant, „und wir wollen dem großen Clan doch ein würdevolles Ende bereiten, nicht wahr?“ Er klatschte einmal in die Hände und ein weiterer Diener kam in den Raum. In den Händen hielt er ein Bündel, was Hizashi irritierte. Warum trug er keine Waffen bei sich? Ein Schrei zerriss die Stille. Doch es war keiner, den ein Sterbender ausstieß. Es war das Schreien eines Kindes. Eines Kindes, das unvorstellbare Qualen litt.
 

„Ich dachte mir, dass Vater und Sohn gerne beieinander sein würden“, sagte Orochimaru, als der Diener den Stoff zurückschlug. Das Geschrei wurde lauter und Hizashi wünschte sich, er hätte nicht hingesehen. Da war Blut, überall Blut, und auf seiner Stirn… auf seiner Stirn… Der Anblick zerriss ihm das Herz. „Neji“, hauchte er, doch niemand hörte ihn. „Ich werde Euch zeichnen, Hizashi Hyuga“, hörte er Orochimarus Stimme wie aus weiter Ferne, „dieses Zeichen soll für alle sichtbar sein. Jeder soll den letzten der Hyuga erkennen, wenn er dem Tod entgegen schreitet und sie alle werden wissen, dass Ihr es wart, der Konoha in den Untergang geführt hat…“ Und das nächste, das er spürte war das Feuer und den Schmerz, unendlichen Schmerz, als sie ihm das Zeichen einbrannten, das ihn für immer kennzeichnen würde. Hizashi Hyuga verbrannte innerlich. In Orochimarus Lachen mischten sich seine Schreie und er schrie bis er nichts mehr empfand außer dem Schmerz, der seine Seele entzweibrach.
 

.

.

.
 

Er wusste nicht mehr, ob er lebte oder tot war. Alles in ihm war leer. Sein Selbst war irgendwo auf der Ebene zwischen wachen und träumen zurückgeblieben. Langsam kam die Erinnerung zurück. Da war sein Bruder… ein Verrat… nein, ein Massaker und sein Sohn. Neji… Neji. Und Schmerz… nur noch Schmerz. Langsam spürte Hizashi wie er das Gefühl über seinen Körper zurück gewann. Zuerst spürte er, wie die Taubheit aus seinen Armen wich. Dann bewegte er vorsichtig seine Beine und stellte fest, dass er sich hochstemmen konnte. Noch war er wackelig auf den Beinen, doch auch das legte sich. Schließlich stand er, seine Handgelenke waren zwar noch immer in Ketten, doch es war ihm, als könnte er wieder etwas freier atmen. Als letztes öffnete er die Augen. Im selben Moment explodierte ein alles zerstörender Schmerz in seinem Kopf. Hizashi stöhnte, blinzelte dann und merkte, dass geronnenes Blut auf seinem Gesicht klebte. Die Wunde pochte.
 

Auf einmal hörte er Schritte auf dem Flur. Doch es war nicht der gemütliche Gang eines von Orochimarus Folterknechten, es war ein hektisches Rennen wie von einem verwundeten Tier. Die Tür wurde aufgerissen. Jemand stürzte in den Raum, aber Hizashi konnte nicht sagen, wer es war, denn seine Sicht war noch immer verschwommen. Sein Körper war schwach.
 

Der Blick des Fremden fiel auf ihn und er erschrak, als er merkte, dass er wach war. „Hyuga ist…“, brachte er noch hervor, dann kippte er plötzlich vorne rüber. Eine Blutlache breitete sich unter ihm aus. Hinter ihm stand eine Frau. Hizashi blinzelte noch mal, die Konturen wurden klarer. Er kannte sie… Sie kam auf ihn zu, steckte im Gehen das Messer in seine Scheide zurück und zückte einen Schlüssel, mit dem sie Hizashi von den Fesseln befreite. Kaum war er frei, kippte er nach vorn. Die Frau fing ihn auf und zum ersten Mal konnte Hizashi sie wirklich erkennen. Von draußen hörte er Lärm. Die Schritte vieler Menschen. Schreie. Kampf. Die Fremde warf sich seinen Arm über die Schulter. Ihre Augen nahmen einen ernsten Ausdruck an. „Wir haben nicht viel Zeit“, sagte Mayumi Sabakuno.
 

„Mein Sohn“, keuchte er, als Mayumi ihm aufhalf, „Neji… ich weiß nicht wo…“ „Meine Leute kümmern sich darum“, unterbrach ihn die Clanführerin der Sabakuno, „wir holen dich hier raus, Hizashi.“ Er stöhnte erneut, als der Schmerz ein weiteres Mal durch seinen Kopf jagte. Dann blinzelte er. Sie waren in einem Gang. Der Lärm wurde lauter. In der Ferne konnte er verschwommene Schemen erkennen. Grimmig verstärkte Mayumi Sabakuno ihren Griff, zehrte ihn mit sich und er stolperte voran.
 

„Was tust du hier, Mayumi?“, flüsterte Hizashi schwach. Kurz schien sie den Atem anzuhalten. „Ich bin hier, weil ich nichts mehr zu verlieren habe“, sagte sie schließlich, „die Sabakuno sind…“, sie brach ab. Dann ging sie weiter und schleifte ihn mit sich. Sie wollte nichts mehr preisgeben, doch Hizashi hatte zu viel Schmerz erlebt, als ihren nicht zu bemerken. „Weil ich nicht wollte, dass dir das gleiche widerfährt wie mir“, flüsterte sie, sodass er es kaum verstehen konnte.
 

„Sabakuno-sama!“ Mayumi erschrak und sah sich hektisch um, bis ihr Blick auf einen Mann fiel. Offensichtlich einer ihrer Gefolgsleute, stellte Hizashi im Stillen fest. „Habt ihr sie aufgehalten?“ Der Fremde nickte und hielt ihm dann eine Waffe hin. Augenblicklich erstarrte Hizashi zu Eis. „Herr“, murmelte er, „nehmt Euer Schwert.“ Hizashi konnte nicht antworten, er starrte nur stumm Ryujin an, die Klinge, die ihm so viel Schmerz bereitet hatte. ‚Sie findet immer zu ihren Besitzer zurück’, hieß es in der Legende, ‚bis der Fluch auch ihn eingeholt hat.’ Ohne auf sein Zögern zu achten, drückte Mayumi ihm das Schwert in die Hand, ehe sie sich wieder ihrem Untergebenen zuwandte. „Wir können nicht mehr lange durchhalten“, berichtete dieser gerade. Mayumi fragte ihn nach weiteren Einzelheiten des Angriffs, bis Hizashi plötzlich etwas ganz anderes einfiel. Und der Gedanke war noch schrecklicher, als es die Androhung von erneuter Folter je sein könnte. „Was ist mit meinem Sohn?“ Mayumis Untergebener hielt mitten in seinem Bericht inne und sah ihn verwirrt an. „Ich weiß nichts von einem Kind“, begann er. „Was!“ Mit einem Mal war Hizashi hellwach, unter Schmerzen richtete er sich zu voller Größe auf. „Ich gehe hier nicht ohne Neji weg, eher sterbe ich bei dem Versuch ihn zu retten!“ „Hizashi, wir kümmern uns um-“ „Nein!“, schnitt der Samurai ihr das Wort ab, „ich sehe ihn nicht, wo-“ Ein weiterer Schmerz explodierte an seiner Schläfe, als Mayumi einmal fest dagegen schlug. „Hizashi, sieh mich an!“, befahl sie und der Hyuga richtete widerwillig seinen Blick auf sie. Ihre Augen waren von einem lebhaften Blaugrün, wie die Farbe der Bäume an einem warmen Sommertag und in ihnen strahlte eine Wärme, eine Stärke, so machtvoll, dass er zuerst erschrak. „Ich schwöre dir, Hizashi Hyuga“, sagte sie fest, „ich lasse weder dich noch deinen Sohn zurück.“ Hizashi war nur noch im Stande zu nicken. Es war, als wäre für einen Moment die Zeit eingefroren. Er sah nur noch den Ernst in ihren Augen, spürte nur noch ihren Griff, der ihn immer weiter zerrte und er konnte nur noch daran denken, dass ein Versprechen eines Samurai für immer galt. Er würde es halten, egal was auch der Preis sein mochte.
 

Mayumi zerrte ihn weiter und allein ihrer Kraft war es zu verdanken, dass er unterwegs nicht stolperte. Hizashi war nicht imstande dazu, seine Umgebung wahrzunehmen. Die Menschen, die an ihm vorbeistürzten waren nichts weiter als Schatten, die sich aus der Dunkelheit gelöst hatten, die Geräusche, die Schreie, waren nichts weiter als eine Erinnerung, die in weiter Ferne lag, und das, was er sah, nichts weiter als eine Illusion, denn er hatte in zu kurzer Zeit zu viel Leid gesehen. Zu viel Schmerz gespürt, dass er nicht mehr ertragen konnte.
 

Später konnte er sich nicht mehr erinnern, wie er es geschafft hatte, den Ort des Grauens zu verlassen, doch dafür erinnerte er sich ganz genau an den Moment, als er wieder zu sich kam.

Es war, als würde ihn sein Spiegelbild anblicken, als sein Bruder plötzlich vor ihm stand. Hiashi war verletzt, erschöpft, aber noch immer voller Kraft. Es brauchte keine Worte, als sein Bruder ihn in die Arme schloss und an sich drückte. „Ich dachte, ich hätte dich verloren“, sagte Hiashi leise. „Das dachte ich auch“, flüsterte Hizashi schwach. „Auf Mayumi Sabakuno ist Verlass“, erwiderte Hiashi nur, „ich konnte nicht zu dir, aber sie hat es an meiner Stelle getan.“ Sein Blick verlor sich in der Ferne. „Was hat er dir nur angetan, Hizashi?“ Hizashi sah ihn nicht an. Erst jetzt fielen ihm die Menschen auf, die um sie herum standen. Vielleicht zwanzig oder dreißig, nicht mehr. Sie hielten sich abseits, doch alle hatten sie die Waffen im Anschlag, wie in der Erwartung eines Angriffs, und alle starrten sie seine Stirn an. „Er hat-“, begann er, doch kaum, dass Hizashi zu einer Antwort angesetzt hatte, unterbrach ihn Mayumi Sabakuno, die sich durch die Menge kämpfte. „Lasst mich durch!“, befahl sie und augenblicklich wichen die Menschen ehrfurchtsvoll vor ihr zurück.
 

Aber Hizashi hatte nur Augen für das Bündel in ihren Händen. Mayumi bemerkte seinen Blick, schlug den Stoff zurück und strich dem kleinen Jungen sanft über die Wange. Dann lächelte sie ihn an. „Ich halte meine Versprechen immer, Hizashi Hyuga.“ Ohne den Blick von seinem Sohn abzuwenden, ging er auf sie zu und nahm ihr das Kind ab. Neji hatte die Augen geschlossen und schlief, doch noch zu genau erinnerte sich Hizashi an seine Schreie. Der winzige Kopf war verbunden, doch seine Seele konnte niemand heilen… „Es geht ihm gut, Hizashi“, unterbrach Mayumi seine Gedanken, aber Hizashi hörte es kaum. Er spürte zwei Dinge: grenzenlose Erleichterung darüber, dass Neji am Leben war und grenzenlosen Hass dem gegenüber, der es gewagt hatte seinen Sohn zu brandmarken wie Vieh, das zum Schlachter geführt wurde.
 

„Er wird dafür bezahlen.“ Es überraschte Hizashi selbst, wie kalt er es sagte. „Er wird dafür bezahlen“, wiederholte er wie um sich selbst zu bestätigen. Und auf einmal war Mayumi bei ihm. „Orochimaru hat nicht nur den Hyuga Schreckliches angetan“, sagte sie, „die Sabakuno sind zerschlagen. Ihr alle“, richtete sie das Wort an die umstehenden Menschen, „ihr alle seid Opfer seines Wahnsinns geworden. Doch ihr alle habt nicht aufgegeben. Ihr kämpft! Und wir werden weiter kämpfen für die wenige Hoffnung, die uns bleibt!“ Ein Gemurmel hob an, das schließlich in wilde Rufe mündete. Hizashi sah auf die Menge, die ihn umringt hatte. Vielleicht zwanzig Menschen. Zwanzig, die nichts mehr zu verlieren hatten. Er konnte nicht umhin, an Orochimarus Hohn zu denken, und an Chéng. An seinen unbändigen Zorn, an den Schmerz in seinen Augen, als klar war, dass er seine Frau für immer verloren hatte. Und an seine Worte… Sein bester Freund hatte ihn zu Tode verurteilt und noch immer hatte Hizashi gehofft, gebetet, dass er wieder zu sich kommen mochte. Aber Chéng wachte nicht wieder auf und er ebenso wenig. Der Albtraum war längst Realität geworden. Er musste zurücklassen, woran er einst geglaubt hatte. Er musste sich von Chéng lösen und vergessen, dass sie je Freunde gewesen waren…
 

Doch in dem Moment, in dem Orochimaru Neji angerührt hatte, hatte er eine Grenze überschritten. Nicht länger würde er zusehen. Ein Impuls, ein Verlangen, keimte plötzlich in ihm auf, als er seinen Sohn ansah. Der verzweifelte Wunsch, irgendetwas zu tun. Irgendetwas, damit das Leid ein Ende hatte, egal wie töricht oder dumm es auch sein mochte.
 

„Seht mich an…“, seine Stimme war leise, aber etwas in ihr verschaffte ihm die Aufmerksamkeit der Menge: Derselbe Schmerz, der in allen von ihnen war. Hizashi hatte nicht so laut gesprochen, nicht so enthusiastisch wie Mayumi, aber aus irgendeinem verqueren Grund verstummten die geflüsterten Unterhaltungen. Ein Plan, eine Idee reifte in seinen Gedanken, und bevor er es sich anders überlegen konnte, sprach er schnell weiter:

„Ihr seht, was Orochimaru getan hat.“ Kurz hielt Hizashi inne, als er glaubte, die Blicke auf seiner Stirn zu spüren. „Er hat Chéng gegen uns alle aufgehetzt, er hat unterdrückt, gemordet und den Menschen schreckliches Leid angetan!“ Bei der Erinnerung wurde seine Stimme fester. „Auch mich will er tot sehen, wie alle, die sich ihm in den Weg stellen könnten. Aber er hat es nicht geschafft!“, fuhr er fort. „Wir sind am Leben und ich sage: Solange wir noch einen einzigen Atemzug in uns haben, lasst uns gegen ihn kämpfen! Konoha ist nicht verloren, es ist erst zu spät, wenn es niemand mehr gibt, der sich gegen ihn auflehnen könnte!“
 

Die Reaktion der Menschen überraschte ihn. In den noch vor wenigen Minuten erschöpften Gesichtern zeichnete sich Ernst und Kraft ab. Aus Abgestumpftheit wurde Zuversicht, auf zuvor hoffnungslosen Gesichtern erkannte er eine plötzliche Erregtheit. Dann begannen die ersten seinen Aufruf zu erwidern. Immer und immer lauter wurden die Stimmen. Die Zustimmung der Menge brandete ihm in Form von Rufen und Schreien entgegen. Der Lärm schwoll an und Hizashi musste sich anstrengen ihn zu übertönen.
 

„Orochimaru mag uns zwar einen Schlag versetzt haben, doch wir sind hier. Wir werden nicht länger vor ihm im Staub kriechen! Wir werden kämpfen! Für alle, die uns etwas bedeuten! Für Konoha! Damit wir den Frieden bewahren, den er uns mit so feigen Mitteln entreißen will!“ „Für Konoha!“, rief jemand und riss sein Schwert in die Luft. „Für die Ehre meiner Familie!“, rief Mayumi Sabakuno und fiel in die Rufe ein. Hizashi sah seinen Bruder an, der ein eigenartiges Funkeln in den Augen hatte. „Ich bleibe bis zum Ende bei dir, Bruder“, sagte er, „für jeden einzelnen Hyuga, den die Schlange auf dem Gewissen hat!“ Und auch er zog seine Waffe und stieß sie in die Luft. Und schließlich zog auch Hizashi sein Schwert; die verfluchte Klinge fiel im Meer der blitzenden Waffen nicht weiter auf. Er sah Neji an, den er noch immer im Arm hielt, aber von all dem Aufruhr nichts mitbekam. „Für ein freies Konoha“, dachte er, „für den Frieden, für die Hoffnung der Menschen und für eine bessere Welt.“
 

In jener Nacht begann die Rebellion.
 

.

.

.
 

Oto-Gakure war still. Die Nacht hatte die Stadt in Schweigen gehüllt und der Mond war hinter einer dichten Wolkenwand verschwunden. Alles war ganz ruhig. Friedlich. Doch die Wahrheit sah anders aus. Sie belagerten die Stadt jetzt schon einen Monat lang. Ein Monat, der Hizashi wie eine Ewigkeit vorkam. Ein Monat voller Leid, Gewalt und Mord. Seit jenem Tag an dem Mayumi Sabakuno, Hiashi und ein paar treue Gefolgsleute ihn aus Orochimarus Kerker befreit hatten, waren fast drei Jahre vergangen. Aus der kleinen verzweifelten Menschenmenge war ein Heer von fast fünftausend Männern geworden. Ein Heer, dessen Mittelpunkt er geworden war. Er, dem man am meisten von allen den Tod wünschte, weil er gegen die Gesetze der Clans verstoßen hatte. Weil er Chéngs Frau ermordet hatte. Weil er so viele Menschen getötet hatte. Weil er die Rebellion gegründet hatte in jener Nacht, die sein Leben für immer verändert hatte.
 

Manchmal fragte Hizashi sich, ob er Chéng je wiedersehen würde, ob er je mit ihm reden könnte so wie früher. Nur ein einziges Mal. Nur ein Mal… Aber selbst das hatte sich verändert. Chéng nannte sich nun Mao-Chéng. Sein einstiger bester Freund hatte den Adelszusatz seiner Familie angenommen, den er immer so sehr verabscheut hatte. Und die Welt war vor Hizashis Augen zu Staub zerfallen und niemals mehr zu dem geworden, was sie sein sollte. Die Zeit glitt an Hizashi vorbei, ohne dass er merkte, wie die Jahre ins Land zogen. Aber was war schon Zeit in einer Welt, die jede Bedeutung verloren hatte?
 

„Hizashi!“, zischte Mayumi neben ihm, „wir sind so weit. Gib den Befehl zum Angriff.“ Kurz blickte er seine Gefährtin an und sah wieder auf die schlafende Stadt hinab. Oto-Gakure war schön. Die Gebäude hatten etwas Einzigartiges an sich; etwas Geheimnisvolles, Bedrohliches, Faszinierendes, Anziehendes, Gefahrvolles, Wunderschönes…. „Hizashi!“, drängte Mayumi. Widerwillig riss sich der Samurai vom Anblick Oto-Gakures ab. „Warte noch“, unterbrach er Mayumis Ungeduld. Seine Gefährtin runzelte die Stirn und sah dann wieder auf ihre Stellungen nicht weit hinter ihnen.
 

Angespannt beobachtete der Samurai die Stadt; jeden Moment würden seine Männer das östliche Stadttor stürmen. In diesem Moment würden sie Oto-Gakure von allen Seiten angreifen. Unter der Führung von Anko Mitarashi, der Stadthalterin Oto-Gakures, hatten ihnen die Bürger erbitterten Widerstand geleistet, doch gegen den vereinten Ansturm der Rebellen würden sie machtlos sein. Nie hatte Hizashi vergessen, was Orochimaru getan hatte und er würde ihn dort treffen, wo es ihn am meisten schmerzte: Seine Stadt. Heute würde Oto-Gakure durch seinen Befehl zu Staub zerfallen.
 

Eine mächtige Explosion zerriss die Stille. Auf der anderen Seite der Stadt stieg Rauch auf und plötzlich schien Oto-Gakure zum Leben zu erwachen. Überall stürmten Menschen aus ihren Häusern, Soldaten rannten in die Richtung des gefallenen Stadttores. Hizashi und Mayumi tauschten einen Blick. Langsam richtete sich der Samurai auf, sah ein letztes Mal zurück, dann verhärtete sich sein Blick. „Angriff!“
 

Die Verteidiger Oto-Gakures waren viel zu überrascht von dem zweiten Angriff, als dass sie hätten zurückschlagen können. Hizashi blickte in Gesichter, die vor Angst starr waren. Doch für die meisten kam der Tod so schnell, dass sich kaum eine Regung bei ihnen abzeichnete. Der Samurai war zu keinem rationalen Gedanken mehr fähig. Es gab nur noch ihn, die Rebellen und die Verteidiger der Stadt. Oto war mächtig, Oto war voller Hass. Oto hatte ihnen nichts entgegen zu setzen.
 

Es war wie ein Rausch. Hizashi hatte nie etwas Vergleichbares gefühlt. Hier und jetzt hatte er die Chance, Orochimaru einen Teil seines Schmerzes spüren zu lassen, einen Teil des Schmerzes des Volkes, das die Unterdrückung nicht länger ertragen wollte. Die Gewalt riss ihn mit sich, bis er nicht mehr wusste, ob er es war, der tötete oder verletzt wurde.
 

Das Blutbad hatte nichts mit dem Massaker der Hyuga gemein. Er tötete nicht mehr, weil er überleben wollte, sondern um seinen Feinden so viel Leid zuzufügen wie möglich. Hizashi riss das Schwert aus dem Körper eines weiteren Soldaten. Warmes Blut floss aus der Wunde, die die Waffe geschlagen hatte. Der Mann krümmte sich ein letztes Mal, dann brach er tot zusammen.
 

‚Was tust du hier?’
 

Die Frage kam so plötzlich, dass er einen Moment brauchte um sie vollends zu begreifen. Was tat er? Seine Kleidung war blutdurchtränkt, von seinem Blut und dem seiner Gegner. Er tötete ohne jede Regung, er war die Angst selbst. Er war der Untergang Oto-Gakures.
 

Warum? Aber warum tat er es?
 

Den nächsten Hieb wehrte er nur halbherzig ab und anstatt seinen Gegner zu töten, entwaffnete er ihn nur. Aus irgendeinem Grund musste er plötzlich an Hiruzen Sarutobi denken, der ihn einst die drei Wege der Samurai gelehrt hatte. „Es gibt keine wirkliche Methode, nach der sich ein Samurai für einen der drei Wege entscheidet“, hatte sein alter Lehrer gesagt. Es war einer jener seltenen Momente gewesen, in denen es nicht um Chéngs Zukunft gegangen war, sondern um ihn. Nur um ihn. „Es wird einen Moment geben, an dem ein Samurai erkennt, welcher Weg für ihn bestimmt ist…, oder welchen er gehen muss.“ Immer hatte Hizashi angenommen, dass er dem Erbe seiner Familie folgen würde und Judo, den Weg der Sanftheit, wählen würde, aber nun war er hier und ließ die Bevölkerung einer ganzen Stadt hinrichten.
 

Vollkommen in Gedanken versunken reagierte er zu spät, als links von ihm zwei weitere Verteidiger heranstürmten und ihn in die Enge drängten. Auf einmal fand sich der Samurai in der Realität wieder. Hizashi hörte jedes Geräusch, seinen gehetzten Atem, die Bewegungen, die die Waffen in der Luft erzeugten. Die Schreie schienen plötzlich doppelt so laut. Wie lange mochte der Angriff bereits dauern? Zwei Stunden, drei? Er vermochte es nicht zu sagen, überall lagen Leichen herum und Hizashi sah lieber nicht so genau hin, aus Angst, Freunde unter ihnen zu finden.
 

Ein weiterer Schlag schlitzte ihm den Arm auf. Hizashi stöhnte schmerzverzerrt auf, schaffte es aber noch seinen Gegner zu entwaffnen und sich so genügend Zeit zu verschaffen um zurückzuweichen. Doch er hatte den zweiten Soldat vergessen, der plötzlich hinter ihm auftauchte und ihm einen harten Schlag gegen die Brust versetzte, sodass er zurücktaumelte und sich nur noch gerade so fangen konnte.
 

„Was soll das, Hizashi!?“, brüllte auf einmal jemand hinter ihm, „spiel hier nicht den Moralapostel!“ Mayumi tauchte plötzlich in der Masse der Kämpfenden auf und rammte seinem Gegner kaltblütig einen Dolch in den Rücken. Der andere Soldat war längst wieder im Schlachtgetümmel verschwunden. Dann war sie bei ihm. Mayumi schleifte ihn in den Schutz einer Mauer und begutachtete kritisch die Verletzung. „Kannst du mir mal verraten, was du tust?!“, zischte sie plötzlich und funkelte ihn wütend an. „Ich“, begann er, „ich dachte nur, dass wir genau das Gleiche wie Orochimaru tun.“ Kurz schwiegen sie beide. Schließlich wandte sich Mayumi von ihm ab, richtete ihre Waffen und wog ein Schwert in den Händen, das sie offenbar einem ihrer Gegner abgenommen hatte. „Darüber kannst du später nachdenken“, antwortete sie ihm schließlich schroff, „unsere Truppen werden zurückgedrängt, Oto-Gakure zieht seine letzte Verteidigung zusammen.“
 

Erst jetzt bemerkte Hizashi, das sie stark angeschlagen war. Mayumis Kleidung war blutverschmiert und offenbar war ein Großteil davon ihr eigenes. In ihren Augen lag ein gehetzter Ausdruck. „Was ist mit dem östlichen Stadttor?“ „Überrannt“, erklärte die Sabakuno knapp, „die Hauptstreitmacht zieht sich in die Stadt zurück, sie setzen auf den Ortsvorteil, aber lange halten sie nicht mehr stand.“ Hizashi warf einen nervösen Blick über die Mauer. Niemand hatte sie gesehen, um sie herum tobte weiterhin Chaos. „Weißt du, wer die Verteidigung koordiniert?“ Die Samurai nickte. „Anko Mitarashi. Sie ist Stadthalterin Oto-Gakures, aber hier nennen sie die Leute nur ‚die Kobra’.“ „Wo ist sie?“ „Vermutlich im Ratssaal der Stadt.“ Hizashi raffte sich auf. „Dann lass uns keine Zeit verlieren.“ Und dann umarmte sie ihn. So plötzlich, dass ihn ihre Heftigkeit überraschte. „Wir vertrauen dir, Hizashi“, flüsterte sie, „lass nicht zu, dass dieses Opfer umsonst ist.“
 

Im nächsten Moment waren sie wieder im Schlachtgetümmel. Stahl prallte auf Stahl, Menschen prügelten sich zu Tode und die Stadt brannte lichterloh. Wie sie durch den ganzen Tumult kamen ohne in größere Gefechte verwickelt zu werden, wusste er nicht. Dann standen sie plötzlich vor einem hoch aufragenden Gebäude. Seine Architektur war überwältigend, überall im Gemäuer waren Steinskulpturen und Bildnisse eingearbeitet worden. Das Material war scheinbar importiert worden, denn keines der anderen Häuser Oto-Gakures schien aus diesem Stein zu sein. Neben ihm holte Mayumi tief Luft. „Lass uns reingehen“, murmelte sie und trat in den Schatten des düsteren Gebäudes. Hizashi folgte ihr.
 

Vor ihnen breitete sich ein gewaltiger Korridor aus, die Decke war fast fünf Meter hoch und die Geräusche von draußen drangen seltsam gedämpft herein. Es war unnatürlich still, nur ihre Schritte hallten von den hohen Wänden wider. Wenn sich Anko Mitarashi wirklich hier verschanzt hatte, hatte sie sich gut versteckt. Doch was ihn vor allem irritierte war, dass sie überhaupt keinen Wachen begegneten. War das Zufall?
 

Sie kamen in einen weiteren Raum, doch im Gegensatz zu der gigantischen Eingangshalle war er nicht prunkvoll, sondern eher schlicht. Bis auf einen schweren Tisch in der Mitte des Raumes gab es keine weiteren Möbel. Hizashi blickte sich kurz misstrauisch um und trat dann näher an den Tisch heran. „Irgendwas stimmt nicht“, murmelte Mayumi. Sie hatte recht, das wusste er, aber im Augenblick zog etwas anderes seine Aufmerksamkeit an. Auf dem Tisch lagen ein paar Blätter beschriebenes Papier.
 

Misstrauisch trat Hizashi näher, ließ das Papier durch seine Finger gleiten und las. Es waren Aufzeichnungen der letzten Wochen, Analysen über die Belagerung und … Fluchtmöglichkeiten. Irritiert hob der Samurai eine Augenbraue. Warum sollte jemand seinen einzigen Plan um zu überleben so achtlos an einem Ort herumliegen lassen, den die Rebellen kontrollieren würden. „Was ist?“, wollte Mayumi wissen, als sie ihm über die Schulter spähte. Hizashi schüttelte den Kopf, während seine Gefährtin ihm sanft die Dokumente aus der Hand nahm. Die Frau mit den nussbraunen Haaren überflog den Text. „Katakomben?“, fragte sie, „glaubt diese Frau, sie könne sich einfach so aus dem Staub machen?“ „Ich bin mir nicht sicher“, murmelte Hizashi. Die ganze Sache wurde immer skurriler. Erst begegneten sie niemanden in dem Gebäude, von dem aus der Widerstand eigentlich koordiniert werden müsste, und schließlich ließ Anko Mitarashi eine Spur zurück, die es ihnen möglich machte, ihr und ihren Begleitern zu folgen? Das war…
 

„Wir werden sie nicht so einfach davon kommen lassen“, knurrte Mayumi und riss ihn damit aus seinen Gedanken. Sie zerknüllte die Aufzeichnungen in ihrer Hand und stürmte schneller als er es begriff zu einem Gang, der ihm zuvor nicht aufgefallen war. „Mayumi!“ Die Sabakuno beachtete ihn nicht. Hizashi fluchte. Mayumis verdammter Stolz würde sie noch umbringen. Kurz überschlug er seine Möglichkeiten. Er könnte Verstärkung holen – etwas, das sie ohnehin schon hätten tun sollen – aber das dauerte zu lange und wer sagte ihm überhaupt, dass er in dem Chaos schnell genug ein paar Verbündete finden würde, die nicht in irgendeinen Kampf verstrickt waren? Ihm blieb keine Wahl. Widerstrebend folgte er seiner Gefährtin in den dunklen Gang.
 

Es war stockfinster und augenblicklich bereute Hizashi keine Fackel mitgenommen zu habe. Er tastete sich an den dicken Steinwänden entlang, immer in Erwartung eines Angriffs, doch nichts geschah. Eigentlich hätte er Mayumi bald einholen müssen, aber anscheinend hatte sie einen größeren Vorsprung als er gedacht hatte. Auf einmal wurde es heller. Fahles Licht kroch den Stein entlang, sodass Hizashi kurz blinzeln musste. Augenblicklich erhöhte er sein Tempo. Sein Gang wurde zum Laufschritt. Plötzlich ertönte ganz in der Nähe ein schrilles Kreischen. Stahl auf Stahl. Doch umso deutlicher hörte er Mayumis erstickten Kampfschrei heraus, der in dem Gang ein leises Echo auslöste. Er wurde bleich, dann rannte er. Noch einmal konnte er nicht zu spät kommen. Das schreckliche Bild von Keikos zerstörtem Körper tauchte wieder in seinen Gedanken auf. Nicht noch mal. Nein… Nein. Nein.
 

Die Geräusche erstarben in dem Moment, in dem er in den Raum stürzte. Drei Gestalten lagen am Boden. Zwei davon offensichtlich tot, nur die letzte bewegte sich noch. Ihr mittelbraunes Haar lag um ihren Kopf ausgebreitet und ihr Brustkorb hob und senkte sich unregelmäßig, als würde sie nicht genug Luft bekommen. Ihre Kleidung war zerfetzt und unter ihrem Körper verfärbte sich der Boden langsam blutrot. Das hektische Luftholen wurde zu einem Japsen. „Hizashi?“, flüsterte Mayumi.
 

Er verschwendete nicht einmal Zeit sich nach möglichen Feinden umzusehen. Binnen eines Augenblicks war er an ihrer Seite. „Mayumi! Mayumi! Halt durch! Ich bring dich hier raus!“ „Wie dumm von mir“, brachte die Sabakuno heraus, „einfach so in eine Falle zu laufen…“ „Mayumi!“ Hizashi packte ihre Hand, wie um sie bei sich zu behalten und sie daran zu erinnern, dass sie beide noch hier waren. „Schön“, hustete Mayumi und ein Rinnsal Blut lief aus dem Winkel ihres Mundes herunter. „Schön, dass du … mich nicht allein lässt.“ Einen Augenblick starrte Hizashi sie fassungslos an. Wo war die selbständige, starke Frau, die er kennen gelernt hatte? Er war nicht gekommen, um ihr beim Sterben zuzusehen, verdammt!
 

Ein endloses Echo spielte sich in seinem Kopf ab. Zu spät. Zu spät… Zu spät! Zu spät…. Zu … spät… Wieder zu spät… Zu spät! Zu spät! Zu spät!!!
 

„Hizashi“, murmelte Mayumi leise und drückte leicht seine Hand. Der Hyuga spürte wie ihm die Tränen in die Augen stiegen. Er sah jeden Tag den Tod, aber sie war immer da gewesen. Sie hatte ihm Zuversicht gegeben, dass alles irgendwie gut ausgehen mochte. Aber auch sie war im Augenblick des Todes nur noch ein Schatten ihrer selbst.
 

Und dann spürte er Wut. Wut auf sie, auf Oto-Gakure und Orochimaru. Auf Chéngs Blindheit, auf die verdammte Welt, die sich in die Hölle verwandelt hatte. Doch am meisten richtete er sie gegen sich selbst. Die Kraft in ihm fand kein Ventil, immer und immer mehr Druck staute sich in ihm auf. Doch es gab nichts, wohin die unbändige Wut hätte entweichen können. Eine winzige Berührung brachte ihn in die Realität zurück. Mayumi hatte ihre Hand an seine Wange gelegt. Erschrocken fuhr er zurück. Es war so lange her, seit ihn jemand fast liebevoll berührt hatte. „Du weinst.“ Ihre Stimme war jetzt nur noch ein Flüstern, nur noch ein Hauch warmer Luft und er musste sich zu ihr hinab beugen, um sie zu verstehen. „Du … weinst“, wiederholte sie ungläubig, als dachte sie, auch das sei nur eine Illusion, die ihr von den Schmerzen vorgegaukelt wurde. Ihre Worte schnürten ihm die Kehle zu. Wie konnte sie glauben, man würde nicht um sie trauern? Wie konnte sie annehmen, sie würde ihm nichts bedeuten?
 

„Hizashi…“ Jetzt war ihre Stimme nur noch ein Wispern. „Geh’ nicht“, flüsterte er, doch sie schien ihn nicht zu verstehen. Wieder wiederholte sie seinen Namen und er beugte sich so über sie, dass sie ihm etwas ins Ohr flüstern konnte. Kaum hatte er sich aufgerichtet, da bemerkte er eine Veränderung in ihrem Gesicht. Leicht, ganz leicht verzogen sich ihre Mundwinkel zu einem feinen Lächeln, das so wunderschön war wie der Sonnenuntergang. Er hatte sie herrisch erlebt, bestimmt, wütend, verzweifelt, aber noch nie hatte sie gelächelt. Und noch während er sie ansah und die Tränen seine Wangen herunter liefen, wurde ihr Blick trüb. Und das Licht verschwand für immer aus ihren Augen.
 

Die Verzweiflung stürzte mit einer solchen Wucht auf ihn ein, dass er die Schritte hinter ihm überhaupt nicht wahrnahm.
 

„Du bist spät, Hizashi“, sagte jemand ohne ein Anzeichen von Nervosität, „wer hätte erwartet, dass Mayumi so viel ungeduldiger war als du Orochimaru einen Schlag zu versetzen?“ Ganz langsam drehte er sich um. Hinter ihm stand eine Frau. Die Fremde hatte kurzes dunkles Haar, das im spärlichen Licht olivfarben schimmerte, die Kleidung, die sie trug, war abgenutzt und zerknittert. Sie war mindestens anderthalb Kopf kleiner als er, aber in ihren Augen blitzte eine Listigkeit, die sie beinahe so gefährlich machte wie Orochimaru selbst.
 

Die Nüchternheit, mit der sie sprach, erschütterte ihn. Sie sprach bereits in der Vergangenheit von Mayumi, als sei ihr Tod keine weitere Erwähnung wert. Langsam zog sie ein bronzefarbenes Schwert aus seiner Scheide. Das Metall glänzte im Licht der Fackel, die auf dem Boden lag. Mayumis Fackel.
 

Seine Ahnung bestätigte sich im Bruchteil einer Sekunde. Anko Mitarashi hatte nie vorgehabt zu fliehen, sie wusste, dass es kein Entkommen gab. Deswegen tat sie das Einzige, das ihr als Vergeltungsschlag noch übrig blieb: Sie zerstörte die beiden Menschen, die imstande waren die Rebellen zu vereinen. Sie gab die Schlacht um Oto-Gakure verloren, ja, sogar ihr eigenes Leben, aber sie sorgte dafür, dass die Rebellen den Krieg niemals gewinnen konnten.
 

„Hier wird es heute zu Ende gehen“, verkündete Anko Mitarashi, als sie sein Entsetzen bemerkte, „Oto-Gakure, ihr Leben, dein Leben, meins…“ „Wie kannst du immer noch für ihn kämpfen, wenn er euch doch schon im Stich gelassen hat?“, knurrte Hizashi. „Es ist ein Missverständnis“, antwortete Anko Mitarashi. Im nächsten Moment lachte sie hohl. „Eure Strategie scheint aufzugehen, er jagt deinem Bruder hinterher, ohne zu wissen, dass er es ist und nicht du.“
 

Für einen Moment glaubte er Bitterkeit aus ihren Worten herauszuhören. Irgendwie konnte er es nachempfinden. Orochimaru ließ sie einfach im Stich, nur weil er glaubte ihn töten zu können.
 

„Ihr lasst mir keine andere Wahl“, sagte Hizashi schließlich. Anko trat vor, ihre Bewegungen waren geschmeidig, als würde sie den Boden gar nicht berühren. „Du hattest nie eine“, sagte Oto-Gakures letzte Verteidigerin, „seit der Krieg begonnen hat, wusstest du doch bereits, dass es nie mehr zu der Harmonie kommen würde, die ihr Hyugas immer so geschätzt habt.“
 

Er antwortete ihr nicht. Ohne sie anzusehen ging er noch einmal zu Mayumis Leichnam zurück. Er kniete sich neben sie und schloss vorsichtig ihre Augen. Für sie würde es eine bessere Welt geben. Für sie war der Albtraum endlich vorbei, aber ihm hatte sie die Zukunft anvertraut. Die Worte seines alten Lehrers hallten wieder durch seinen Kopf.
 

„Es wird einen Moment geben, an dem ein Samurai erkennt, welcher Weg für ihn bestimmt ist…, oder welchen er gehen muss.“
 

Dieser Moment war jetzt gekommen. Es würde ein Tabu sein, etwas nie dagewesenes, aber es scherte ihn nicht weiter. Er hatte bereits alle Regeln gebrochen. „Ihr habt recht“, sagte Hizashi leise, „es wird nie wieder so sein wie zuvor.“ Der Blick in ihren Augen wurde hart und er bemerkte, wie sie zum Angriff ansetzte. Sie schoss so pfeilschnell auf ihn zu wie eine Schlange, die ihre Beute mit einem einzigen Biss tötete. Doch er war schneller und sie hörte nur noch die Worte, die sein Leben für immer verändern würden.
 

„Ich wähle den Weg des Schwertes.“
 

.

.

.
 

„Ich habe davon gehört.“ Hizashi drehte sich nicht zu seinem Bruder um. Er hatte Hiashi ewig nicht gesehen. All die Zeit hatte er sich gewünscht mit ihm zu reden, doch jetzt wünschte er, sein Bruder würde ihn mit seinen Gedanken in Ruhe lassen. Natürlich hatte er davon gehört. Jeder hatte es.
 

Hizashi bemerkte, wie sein Bruder eine Augenbraue hob und ihn musterte, aber er sagte kein Wort. Wieder schweiften seine Gedanken zu Mayumis Tod ab. Immer noch sah er ihr Gesicht vor sich. Das erste zarte Lächeln seit ihr Leben zerstört worden war. Er konnte es einfach nicht vergessen. Noch weniger war es zu fassen, dass Chéng, der immer so sanft gewesen war, so etwas duldete. Aber er duldete es! Er ordnete es sogar an!
 

„Hizashi?“ Zögernd legte Hiashi ihm die Hand auf die Schulter. Kurz schien es als wollte er noch mehr sagen, aber dann seufzte er und verließ den Raum. Hizashi sackte auf seiner Schlafstätte zusammen und vergrub sein Gesicht in seinen Händen. Seit Mayumi bei der Belagerung Oto-Gakures gefallen war, war alles im Chaos versunken. Die Arbeiter in den Silberminen hatten ihnen zwar Asyl gewährt, doch gleichzeitig waren sie nun in den endlosen Höhlen gefangen. Viele seiner Verbündeten waren im Krieg gefallen und der Kampfeswille der Übrigen war Verzweiflung gewichen. Eine Zeit lang hatte er geglaubt, dass alles besser werden würde, wenn sein Bruder zu ihnen stieß, doch der brachte seinen eigenen Schmerz mit. Er war Orochimarus Verfolgung zwar entkommen und hatte sich bis zu ihm durchgekämpft, doch er war nur mit der vierjährigen Hinata zurückgekehrt. Hiashi hatte nie auf seine Fragen geantwortet, wie es passiert war. Er hatte sich einfach nur noch mehr hinter seiner Mauer abgeschottet und all seine freie Zeit mit seiner Tochter verbracht. Was aus Hisana geworden war, erwähnte er niemals.
 

Die Rebellen hausten in unmenschlichen Zuständen. Ihre Zahl war deutlich kleiner geworden und ihr Feuer war mit der Sinnlosigkeit ihrer selbstgestellten Aufgabe beinahe verloschen. Sie waren in der Dunkelheit der Mine verschwunden und sie waren es müde für etwas zu kämpfen, dass vielleicht niemals Realität werden würde. Er konnte es ihnen nicht mal übel nehmen.
 

Die Zeit hatte ihre Wunden nicht geheilt. Im Gegenteil, je mehr Tage verstrichen, desto tiefer wurde ihr Schmerz. Je länger sie auf etwas warteten, desto weniger Sinn schien in ihrem Glauben zu liegen. Hier in der ewigen Dunkelheit gab es keine Freude mehr, kein Lachen, kein Licht. Er hatte sie in einen Krieg geführt, den sie nicht gewinnen konnten.
 

Der Herbst und der Winter flossen dahin. Die Kälte wich den ersten Sonnenstrahlen des Frühlings ohne dass er es bemerkte. Eintönigkeit bestimmte sein Leben. Ohne, dass es ihm bewusst war, schottete er sich von allen ab. Es gab nur noch einen Menschen, der irgendwas in ihm auslöste. Neji … Es bereitete ihm Freude zu sehen wie er heranwuchs, wie er lernte und wie er schlief. Er war das Licht in seiner endlosen Nacht. Unwillkürlich musste Hizashi an den einen Tag denken, der ihn für kurze Zeit alles vergessen ließ. Der Tag am Meer. Der Tag, an dem er seinem Sohn das Schwimmen beibrachte… So hätte es sein sollen. Flucht und Krieg sollten nicht seine Kindheit bestimmen.
 

Hizashi hatte Neji erzählt, dass sie viel herumreisen würden und dass er ihm viele Dinge zeigen wollte. Es war eine erbärmliche Lüge, aber in seiner kindlichen Naivität glaubte ihm der Junge. Vielleicht dachte er, er würde ihm noch mehr so wunderbare Dinge zeigen wie das Meer. Nur manchmal konnte er das Leid nicht von ihm abhalten. Einmal hatte Neji einen Mann gesehen, der verblutet war. Auf seine Frage, was mit dem Mann passiert war, hatte er ihm keine Antwort geben können und mit der Zeit lernte der Junge nicht mehr danach zu fragen.
 

Irgendwann begriff Hizashi was ihnen bevorstand. Die Rebellen würden sich nicht ewig in den Minen verstecken können. Entweder Orochimaru würde sie finden oder jemand aus ihren eigenen Reihen würde verzweifelt genug werden sie zu verraten. Sie warteten nur noch auf ihren Tod. Die Frage war nur noch wie lange es dauern würde.
 

.

.

.
 

Jemand pochte an seine Tür. Viel zu laut, viel zu energisch und viel zu ungeduldig. Noch bevor Hizashi ihn hineinbeten konnte, riss sein Bruder die Tür auf. Die schwarzen Haare waren durcheinander geraten und er schien … Angst zu haben. Hiashi zeigte seine Gefühle niemals. Mit einem Schlag war Hizashi hellwach, sprang von der abgenutzten Matte auf und starrte seinen Bruder an. Hiashi taumelte hinein, warf einen schnellen Blick durch das Zimmer und ließ sich auf einen Stuhl fallen. „Sie haben uns gefunden“, murmelte Hiashi, „es ist zu spät.“
 

Hizashi brauchte einen Moment, um die Nachricht aufzunehmen. Er hatte damit gerechnet, ja, aber es so plötzlich mitgeteilt zu bekommen, ließ auch ihm das Adrenalin durch den Körper schießen. Es war schneller passiert. Viel schneller als er erwartet hatte, aber es war geschehen. Die Minen boten ihnen nicht länger Schutz.
 

„Was tun wir, Hizashi?“, wollte der Daimyo wissen. Hiashi kämpfte sichtlich um Fassung, was er bei ihm noch nie erlebt hatte. Doch die Angst, in der Falle zu sitzen, schien auch an ihm nicht spurlos vorüber zu gehen. „Haben sie schon irgendeinen Kontakt aufgenommen?“, fragte Hizashi. Hiashi nickte. „Orochimaru hat einen Boten geschickt“, kurz stockte er, „sie fordern dein Leben und unsere bedingungslose Kapitulation.“ Was hätte er anderes erwarten können? Es war ihm immer klar gewesen, dass sich weder Orochimaru noch Chéng mit etwas anderem zufrieden geben werden würden.
 

Langsam ließ der Anführer der Rebellen sich auf einen zweiten Stuhl gegenüber seinem Bruder sinken. „Es gibt zwei Möglichkeiten“, eröffnete er Hiashi, „entweder wir ergeben uns kampflos, oder wir greifen sie so schnell wie möglich mit allem an was wir haben.“ „Glaubst du wirklich, dass wir eine Chance haben?“, wollte der Daimyo wissen. „Nein“, stellte der Samurai klar, „aber ich glaube, es ist richtig, wenn wir den Menschen wenigstens die Gelegenheit geben zu kämpfen. Tu mir den Gefallen und rufe eine Versammlung ein. Dann werden wir alles Weitere besprechen.“ Hiashi nickte kurz und wirkte gleich viel gefasster. Für sie beide war es das erste Mal, dass nicht der ältere die Entscheidungen traf. Vielleicht war sein Bruder auch einfach nur froh, dass er sich nicht selbst mit dem weiteren Vorgehen auseinander setzen musste.
 

„Gib mir eine Stunde, dann ist alles bereit“, erklärte Hiashi und stand auf. Er strich sich eine Strähne aus dem Gesicht und atmete einmal tief durch. „Ich hätte nicht gedacht, dass es so endet“, murmelte er und verschwand ohne ein weiteres Wort in den Stollen, um den Befehl weiterzugeben. Hizashi sah ihm nach und versuchte nicht daran zu denken, dass es noch eine dritte Möglichkeit gab. Eine, die er seinem Bruder verschwiegen hatte.
 

.

.

.
 

Die Versammlung dauerte drei Stunden. Sie alle wussten, dass ihre Entscheidung bereits feststand, doch es gab so etliche Dinge zu bedenken. Wie schaffte man die Arbeiter der Silberminen hinaus, die mit der ganzen Sache nichts zu tun hatten? Wie konnte es ihnen gelingen, die Höhlen unbemerkt zu verlassen? Wo sollten sie zuerst angreifen? War Orochimaru, ja sogar der Fürst selbst bei dem Heer? Und wenn ja, wie sollte man dann verfahren? Schon nach einer Stunde spürte Hizashi, dass sie sich immer mehr von dem eigentlichen Problem entfernten. Aber das war ihm gerade recht, denn so merkte niemand, dass er seinen eigenen Plan verfolgte.
 

Draußen musste es bereits Nacht sein. Ihm blieben nur noch ein paar Stunden. Es war ein seltsames Gefühl durch die leeren Gänge zu gehen, jetzt da alles so klar war. Da es endlich keine Zweifel mehr gab. Manchmal kam ihm jemand entgegen, doch meist verneigte sich dieser nur vor ihm, grüßte oder dankte ihm. So viele Menschen waren seinetwegen zusammengekommen, so viele vertrauten ihm selbst jetzt noch. Einmal hatte er gehört, dass ein Einzelner alles verändern konnte. Damals hatte er es nicht geglaubt, jetzt erfüllte es ihn mit einer bitteren Endgültigkeit.
 

Als er Hiashis Raum erreichte war dieser leer. Er entzündete eine Kerze, die sogleich den Raum in gedämpftes Licht tauchte. Zögernd zog er den Brief aus seinem Gewand, betrachte ihn ein letztes Mal und legte ihn auf den Tisch in der Ecke des Raumes.
 

„Kannst du mir mal verraten, was du hier tust?“ Erschrocken zuckte Hizashi zusammen und drehte sich zu seinem Bruder um, der im Türrahme lehnte. „Ich wollte nicht, dass du es so erfährst“, sagte Hizashi endlich. Hiashi runzelte die Stirn, dann entdeckte er den Brief. Kurzerhand ging er an ihm vorbei und riss das Papier auf. Seine Augen huschten über die Schrift, dann zerknüllte er den Brief. Hizashi konnte seine Miene nicht deuten, da war Wut, Enttäuschung und noch so viel mehr.
 

„So wolltest du dich von mir verabschieden? So?!“ Er antwortete ihm nicht. Es hätte alles so einfach sein können. Seine Entscheidung war gefallen und nicht einmal sei Bruder konnte sie noch umstoßen. Warum ersparte er ihm nicht diese Situation? Warum konnte Hiashi seinen letzten Willen nicht stumm erfüllen? „Du hast das die ganze Zeit geplant, oder?“, flüsterte Hiashi mit belegter Stimme, „deswegen hast du dich so sehr für die Struktur der Höhlen interessiert, deswegen-“ „Ja.“ „Du kannst das nicht tun, Hizashi, sie werden dich töten!“ Mittlerweile standen sie sich gegenüber, Hiashi funkelte ihn wütend an, während er keine Miene verzog. Dann fasste er sich an die Stirn und löste das Stoffband, das das Brandzeichen all die Jahre verdeckt hatte. Er hatte es Hiashi seit jener Nacht nie mehr gezeigt und so wunderte es ihn auch nicht, dass sein Bruder erschrocken zurückwich und mit leichtem Entsetzen seine Stirn anstarrte. „Es gibt keine andere Möglichkeit, Bruder, sie haben mich gezeichnet. Orochimaru wird mich so lange jagen, bis er mich findet.“
 

Hizashi beobachtete, wie sein Bruder sich fasste, sein Gesicht nahm wieder den untrügerischen Anschein, den er immer hatte, wenn er scharf nachdachte. „Ja, er wird dich jagen, aber wir sind stark. Du hast Verbündete, Hizashi, wir werden dich verstecken.“
 

Verstecken. Dieses Wort löste etwas in ihm aus. Die Erinnerungen an die jahrelange Flucht rauschten an seinem inneren Auge vorbei. Wütend fuhr er zu dem Daimyo herum. „Mein Leben lang bin ich weggelaufen. Du weißt genau, dass mir keine Wahl bleibt.“ Danach herrschte für einen Moment Ruhe, die Kerze flackerte und warf gigantische Schatten an die Wände. Schließlich durchbrach Hiashi erneut die Stille und in seinem Blick erkannte er etwas, das seinem Schmerz sehr nahe kam. Derselbe Schmerz, den er gesehen hatte, als er ohne Hisana zurückgekehrt war. „Was wird aus Neji?“, fragte er, „willst du deinen Sohn schutzlos zurücklassen? Er hat schon seine Mutter verloren.“
 

Das war sein stärkstes Argument, doch Hizashi hatte längst entschieden wie er darauf antworten würde. „Neji ist stark“, sagte er und wusste gleichzeitig, dass es stimmte. Sein Sohn war so ganz anders als er, auch, wenn er ahnte, dass er ihm später mal sehr ähnlich sehen würde. „Er wird seinen Weg finden“, fuhr er fort, „kümmere du dich um ihn. Sei ihm der Vater, der ich nicht sein kann.“ Hiashi starrte ihn an, als könnte er nicht begreifen, dass diese Worte aus seinem Mund kamen. Aber wen konnte er bitten außer ihm? Seinem Bruder, zu dem er immer aufgesehen hatte. Es war die richtige Entscheidung.
 

Plötzlich merkte er, wie Hiashi ihm die Hand auf die Schulter legte. In der Berührung konnte er denselben Schmerz fühlen, den auch er tief in seinem Herz fühlte. Hiashi sagte nichts, doch diese Stille sagte mehr als alles, das er ihm mit Worten hätte sagen können. „Lass mich gehen, Bruder, ich versuche euch alle zu schützen“, flüsterte er und endlich spürte er, wie Hiashi ihn losließ. Seine Entscheidung akzeptierte.
 

Hiashi war sein Bruder. Er war ein brillanter Kämpfer und er hatte den Clan der Hyuga immer nach bestem Gewissen geführt. Unzählige Male hatte er ihm das Leben gerettet. Es war gut, dass das Schicksal ihm Hiashi als seinen Zwilling zugewiesen hatte. Es war eins der besten Dinge, die ihm je passiert waren. Am Ende war er glücklich, dass er genau dieses Leben geführt hatte. Wehmütig dachte er an all den Verlust, an all das Glück. All die Menschen, denen er begegnet war. Hiashi, Yui, Mayumi, Chéng… Da wusste er es plötzlich. Er würde in Hiashis Erinnerungen weiterleben, sein Bruder würde Neji von ihm erzählen, wenn er alt genug war. Yui würde für immer bei ihm sein, Mayumis Tod war nicht umsonst und Chéng… Chéng war immer noch sein Freund, er würde es immer bleiben. Doch jetzt war seine Zeit gekommen, es war an ihm zu gehen und zu Ende zu bringen, was vor fünf Jahren begonnen hatte.
 

„Es tut mir leid, Hiashi, ich werde sterben.“
 

.

.

.
 

Hizashi beugte sich über den winzigen Körper seines Sohnes. Neji hatte die Augen geschlossen und schlief ruhig. Es war ihm immer wieder ein Rätsel, wie er es schaffte sich im Schlaf gar nicht zu bewegen. Sachte strich er ihm das dunkle Haar aus dem Gesicht und sah ihn an. Ein letztes Mal dachte er an Yui, als sie ihm seinen Namen gab kurz bevor sie gestorben war. Er liebte sie beide. Yui und Neji. „Wenn du nur wüsstet wie stolz ich auf dich bin“, flüsterte er in die Stille. Er beugte sich hinab und küsste ihn auf die Stirn. Hizashi Hyuga sah ein letztes Mal zurück, ein sanftes Lächeln schlich sich auf seine Züge, dann drehte er sich um.
 

Und er ging seinem Tod entgegen.
 

~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~
 

„Hizashi Hyuga starb als Märtyrer und als Held“, beendete Gaara seine Geschichte, „sein Tod ermöglichte den Rebellen die Flucht. Er ist der Grund, warum die Menschen den Mut fanden, sich gegen Orochimaru aufzulehnen.“
 

Tenten schwieg. Sie hatte Tränen in den Augen. „Ich hatte keine Ahnung“, flüsterte sie. „Das habe ich auch nicht erwartet“, erklärte der Rebellenanführer, während er sie aufmerksam beobachtete. „Ich wollte, dass Ihr versteht, warum es zur Rebellion kam.“
 

Tenten sah ihn an, aber richtig konnte sie sich nicht darauf konzentrieren. Die Geschichte Hizashi Hyugas geisterte noch immer durch ihre Gedanken.

In ihr war so viel Mitleid. In ihr war so viel Bewunderung. Für Hizashi Hyuga, über den ihr Vater nie ein Wort verloren hatte und der so viele Schicksalsschläge hatte hinnehmen müssen. Und für Neji, der seinen Vater nur für so kurze Zeit hatte kennen lernen dürfen. Endlich verstand sie alles. Es erklärte, Neji so war wie er war und warum er handelte wie er es tat. Es war der Grund, warum ihr Vater manchmal in ein langes Schweigen ausbrach, wenn er in den Garten sah. Hizashi Hyuga hatte Konoha eine Zukunft gegeben.
 

Und dann durchfuhr es sie wie ein Schlag. Sie erkannte die Einzelheiten von Orochimarus Plan. Er hatte neunzehn Jahre gewartet um ihn zu vollenden, doch jetzt war er ungeduldig geworden. Er war nur noch einen Schritt davon entfernt sein Ziel zu erreichen. Einen Schritt und Konoha würde untergehen.
 

~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~
 

„Wir haben sie gefunden.“ Der Satz hallte durch den Raum und verfehlte nicht seine Wirkung. Aufgeregtes Getuschel hob an, das erst verstummte als Mao-Chéng ungeduldig um Ruhe bat. „Woher habt Ihr diese Information, Orochimaru-san?“, wollte der Fürst wissen. Orochimaru erhob sich gebieterisch und berichtete: „Seit Tenten-hime verschwunden ist, habe ich alles Menschenmögliche unternommen, um sie zu finden und zurückzubringen.“ Wieder wurde Getuschel laut, als der oberste Heerführer das kritische Thema anschnitt. Die Ratsmitglieder waren von Mao-Chéng nur dürftig darüber unterrichtet worden und nahmen die neuen Informationen somit mit noch größerem Interesse auf.
 

„Und weiter?“, unterbrach ihn der Fürst. Kurz wartete Orochimaru, bis die Ratsmitglieder verstummt waren und er die volle Aufmerksamkeit der Beteiligten hatte. „Nun“, begann er, „es scheint, als hätte uns Eure Tochter direkt zu den Rebellen geführt.“ Die Nachricht schlug ein wie eine Bombe. Mao-Chéng sprang so schnell auf, dass sein Stuhl umkippte und viele der Übrigen hatten die Hände vor den Mund geschlagen. Einzig Hiruzen Sarutobi blieb sitzen und schien nachzudenken.
 

„Was?“ Die Stimme des Fürsten sorgte abermals für Ruhe. „Was sagt Ihr da? Die Rebellen haben meine Tochter?!“ „Majestät“, unterbrach ihn auf einmal Hiruzen Sarutobi. Wütend fuhr der Fürst zu ihm herum, doch der sprach ungerührt weiter: „Wenn ich das richtig verstanden habe, dann ist Tenten-hime aus eigenem Entschluss aufgebrochen. Das muss nicht bedeuten, dass sie eine Geisel ist.“ Orochimaru funkelte den alten Gelehrten wütend an. „Wir wissen aus sicherer Quelle, dass sie sich in Gewalt der Rebellen befindet.“ „Aber-“ „Kein ‚aber’, Sarutobi“, schnitt ihm der Fürst das Wort ab, „Ihr alle habt Orochimarus Bericht gehört. Die Zeit des Abwartens und des Bündnisse Schmiedens ist vorbei! Sagt allen Soldaten, dass sie sich kampfbereit machen sollen! Morgen brechen wir auf. Wir werden die Rebellen für immer vernichten. Sie haben mir zwar meine Frau genommen, aber meine Tochter werde ich nicht an sie verlieren!“
 

Verzweifelt blickte Sarutobi zu Mao-Chéng, doch dabei entging ihm, dass sich Orochimarus Züge zu einem hinterhältigen Lächeln verzogen hatten.
 

~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~
 

Teil 2 der Vergangenheit und um ehrlich zu sein, bin ich sehr stolz darauf. Es gab auch ein paar eigene Charaktere. Mayumi Sabakuno, Temaris, Kankuros und Gaaras Mutter und Yui und Hisana Hyuga, Neji und Hinatas Mütter. Es würde mich interessieren wie ihr Mayumi fandet. Die Leute, die es testgelesen haben, haben mich gefragt, ob es da so eine Art Beziehung zwischen Hizashi und Mayumi gab. Mir ist das erst späater aufgefallen, aber der Gedanke, dass Mayumi in Nejis Vater verliebt gewesen war gefällt mir. Aber ich lasse es erst mal offen. Es ist jedem freigestellt da hinein zu interpretieren und mal sehen vielleicht kann ich daraus ja noch was machen ^^ Ein paar Andeutungen für später gab es auch, aber ich will jetzt nicht vorweg greifen. Mir gefällt dieser Zwiespalt in dem Hizashi steckt, das ganze Drama und wie ich alles zusammen gebastelt habe. (Jetzt, wisst ihr z.B. woher Sakura Neji kannte) Außerdem musste ich dauernd mit der Zeit aufpassen, diese ganzen Geburten und Ereignisse usw. Ich hoffe, es hat euch gefallen, denn mir hat das Schreiben unheimlich viel Spaß gemacht ^^ Beim nächsten mal gibt es dann was für alle NejiTen-Fans und na ja... es wird spannend...
 

hdl

moony

~ Kapitel 28: Scar ~

~ Kapitel 28: Scar~
 

Allem kann ich widerstehen, nur der Versuchung nicht. [Oscar Wilde]
 


 

Das Heer durchbrach die Stille des Waldes. Wo die Natur einst in unschuldiges Weiß getaucht war, konnte man jetzt Fußabdrücke entdecken, die schwer gepanzerte Soldaten hinterlassen hatten. Wohin sie auch kamen, ließen sie eine einzige Spur der Verwüstung zurück und das Gleichgewicht der Natur geriet von ihrem brutalen Eindringen durcheinander. Vögel flogen kreischend von den Wipfeln der Bäume auf und die Tiere, die am Boden lebten, nahmen Reißaus, wenn sie die riesige Menschenmasse kommen hörten, die so rau in ihren Lebensraum eindrang.
 

Mao-Chéng hatte die Streitmacht Konohas zu einem Gewaltmarsch gezwungen. Bald waren die Soldaten erschöpft, doch ihr Herrscher duldete keine Schwäche. Wer nicht stark genug war, blieb zurück, wo er jämmerlich in der Wildnis erfror. Und da sich ihnen niemand entgegen stellte, legten sie den Großteil der Strecke schon in einer Woche zurück.
 

Nach einem weiteren Tag, entdeckten sie die Leiche Dosu Kinutas, dann trafen sie schließlich auf Hayate Gekko und sein Gefolge. Knapp zwei Wochen nachdem sie aufgebrochen waren, hatten Mao-Chéng und Orochimaru die Rebellen gefunden. Der zugefrorene See war beinahe vollkommen von notdürftig errichteten Zelten umgeben. Dennoch blieb eine weite Fläche fast unberührt. Dort würde alles ein Ende nehmen.
 

Ein Rabe stieß ein schrilles Kreischen aus, flatterte gen Himmel und der Fürst Konohas sah ihm mit grimmiger Miene nach. Nach fast vierzehn Jahre Suche hatte er das Versteck der Rebellen endlich gefunden und dieses Mal würde er sie endgültig auslöschen.
 

~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~
 

Das zaghafte Klopfen an ihrer Tür war das erste Lebenszeichen seit einer gefühlten Ewigkeit. Stunde um Stunde war sie in diesem Raum auf und ab gegangen. Tenten wusste, dass es zu ihrer eigenen Sicherheit war, aber dennoch war sie eher eine Gefangene, als ein Gast, der sich nach Belieben unter den Rebellen bewegen konnte. Tenten erhob sich von ihrem Lager, packte Amaterasu und gürtete sich das Schwert um die Hüfte.
 

„Ja?“, bat sie ihren Besucher herein. Die Tür wurde von draußen entriegelt und ein junges Mädchen öffnete sie. Ihre Besucherin trug einen Leinenrock und eine abgetragene Bluse. Sie hatte hübsches, mittelbraunes Haar, aber es kam fast gar nicht zur Geltung, da sie es streng zurück gebunden hatte. Tenten schätze sie auf fünfzehn Jahre, aber der abgehärtete Ausdruck und das Messer an ihrer Hüfte lehrten sie, dass dieses Mädchen viel zu schnell erwachsen hatte werden müssen.
 

„Bitte entschuldigt die Störung“, begann das Mädchen, „ich bin Matsuri. Sabakuno-san hat mich geschickt um Euch zu holen. Es gibt eine Versammlung und er möchte, dass Ihr anwesend seid.“
 

Tenten sah sie dankbar an. Endlich erfuhr sie was vor sich ging. Seit Gaara ihr die Geschichte der Rebellion erzählt hatte, waren fast fünf Tage vergangen und diese Zeit hatte sie nur mit jemandem Kontakt gehabt, als man ihr etwas zu Essen gebracht hatte. Mit der Zeit war auch ihre Unruhe gewachsen und irgendetwas sagte ihr, dass etwas ganz und gar nicht stimmte.
 

„Danke, Matsuri.“, sagte Tenten, „würdest du mir den Weg zeigen?“ „Selbstverständlich.“ Das Mädchen verneigte sich und gebot ihr den Raum zu verlassen. Tenten warf einen Blick zurück. Matsuri hatte die Tür wieder verschlossen und in diesem Moment wusste Tenten, dass sie nicht mehr zurückkehren würde.
 

Sie waren bereits dreimal abgebogen, als sie das Gefühl beschlich nicht mehr allein zu sein. Nach der fünften Abbiegung war sie so weit, sich panisch umzudrehen, doch der Gang war leer…
 

„Wir sind gleich da, Tenten-hime“, sagte Matsuri und lächelte schüchtern. „Hab ich dich endlich!“ Augenblicklich fuhr Tentens Hand zu dem Griff ihres Schwertes. Ohne, dass es Matsuri oder Tenten gemerkt hatten war Karui vor ihnen aufgetaucht. In der Hand hielt sie einen langen Dolch und ihre Augen funkelten vor Hass. Matsuri schob sich unwillkürlich vor sie. „Karui-san“, begann das Mädchen, aber die erwachsene Frau schnitt ihr das Wort ab. „Ach hör schon auf, Matsuri, du bist ihr nichts schuldig und nur, weil du Gaaras Liebling bist, wirst du mich nicht aufhalten.“
 

Die Rebellin kam auf sie zu und Matsuri hielt die Waffe vor sich. Auch ohne Matsuris Können zu kennen, erkannte Tenten, dass das junge Mädchen keine Chance gegen eine zu allem entschlossene Karui hatte. „Karui-“ „Wag’ es nicht mich mit meinem Namen anzusprechen!“, fauchte die Rothaarige sie an, „deinetwegen habe ich keine Familie mehr!“ Und binnen einer Sekunde hatte sie sich auf sie gestürzt, Matsuri stellte sich ihr entgegen, doch Karui schleuderte sie mit einem einzigen Angriff an die Wand, wo sie stöhnend liegen blieb.
 

Tenten riss erstarrt die Augen auf, als Karui auf sie zu kam und konnte nur noch im letzten Moment ausweichen. „Kämpf mit mir!“, brüllte Karui als Tenten vor ihr zurückwich. „Nein!“, erwiderte Tenten. „Du bist ebenso feige wie dein dreckiger Vater!“ Tenten stieß mit dem Rücken an die Wand und stellte erschrocken fest, dass sie keine Fluchtmöglichkeiten hatte und selbst wenn… sie würde sich hoffnungslos verlaufen und gleich den nächsten Rebellen in die Arme laufen, die sie angreifen würden. Mit oder ohne Gaaras Befehl.
 

Doch noch ehe sie reagieren konnte, packte jemand Karuis Arm, entwand ihr die Waffe und drückte sie an die Wand. „Verschwinde“, zischte Neji, „niemand rührt sie an.“ Karui versuchte sich loszureißen, aber er war stärker als sie. Schließlich gab die Rebellin widerstrebend auf, warf Tenten noch einen letzten hasserfüllten Blick zu und rempelte Neji im Vorbeigehen mit voller Absicht an. „Neji“, flüsterte Tenten, doch er warf ihr nicht mal einen Blick zu und verschwand ohne ein Wort in der Dunkelheit des Ganges.
 

~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~
 

Die Rebellen drängten sich dicht in dem gewaltigen Saal zusammen. Bei jeder Bewegung konnte man das Klirren von Waffen hören und aus allen Ecken wurden Gespräche laut, die sich zu einem gewaltigen Stimmengewirr vereinten. Es lag Nervosität in der Luft. Irgendetwas beunruhigte die Rebellen. Tenten saß wie versteinert auf ihrem Platz, warf ab und an Gaara einen Blick zu, doch der schien die Ruhe selbst zu sein. Er musste schon oft solche Situationen erlebt haben, in denen sich die Rebellen einer Macht gegenüber sahen, die der ihren ebenbürtig, wenn nicht sogar überlegen war. Mit der Zeit musste er gelernt haben einen neutralen Gesichtsausdruck aufzusetzen. Gaara wusste genau was er tat, er kannte die Gefahr und wusste gleichzeitig was er tun musste um die Menge zu beruhigen.
 

Er stand auf, blickte in die Runde und mehr brauchte es nicht, damit die Rebellen ihm ihre Aufmerksamkeit schenkten. Die Gespräche verstummten und die Rebellen sahen erwartungsvoll zu Gaara auf. Es mussten fast zweihundert Menschen im Raum sein, die restlichen passten schon gar nicht mehr herein und warteten draußen in den Gängen ungeduldig auf Neuigkeiten. Tentens Augen huschten kurz zu den Menschen, die ihr am nächsten standen. Temari hatte die Stirn gerunzelt und blickte wachsam auf die Menge vor ihr, Kankuro, der zur Rechten Gaaras saß wandte die Augen keinen Moment von seinem Bruder ab. Sasuke Uchiha hingegen schien vollkommen desorientiert und betrachtete ohne auf das Geschehen zu achten sein Spiegelbild in der Klinge, die er sich von Naruto und Lee wieder zurückgeholt haben musste. Tenten fröstelte als sie an ihre Freunde dachte. Was hatte Gaara mit Naruto, Lee und Ino vor? Soweit sie wusste, hatte keiner Narutos Geheimnis erraten, doch würde es sie davon abhalten ihn stattdessen dafür zu verurteilen, dass er sie unterstützt hatte? Und was war mit Ino und Lee? Die beiden waren nur hinein geraten, weil sie ihr helfen wollten! Doch sie kam einfach nicht dazu den Rebellenanführer um eine weitere Audienz zu bitten. Da Gaara in den letzten paar Stunden so beschäftigt war, hatte sich einfach keine Gelegenheit ergeben, was Tentens Nervosität noch mehr steigerte. Einzig Hinata war sicher. Im Augenblick saß sie neben ihrem Cousin und wirkte mit dem angstvollen Blick im Vergleich zu Neji, dessen Züge einen aufmerksamen Gesichtsausdruck angenommen hatten, einfach nur deplatziert. Neji… Nichts deutete darauf hin, dass sich nach ihrer Begegnung irgendetwas geändert hatte.
 

„Rebellen“, riss Gaara, der die Arme ausgebreitet hatte, sie aus den Gedanken. „Ich habe euch etwas mitzuteilen und ich erwarte nicht, dass ihr bleibt, wenn ihr es gehört habt. Die Feiglinge unter euch können sich verkriechen, es ist mir gleich.“ Er sagte es kraftvoll und mit einer Autorität, dass keiner es wagen würde irgendetwas gegen ihn zu sagen. Es war genial. Gaara zog die Grenzen so klar, dass jeder, der sich seinen Wünschen entgegen setzte als Feigling und Verräter galt. Sie alle würden ihm folgen.

„Es ist etwas geschehen“, fuhr er fort, „etwas, das zuletzt vor vierzehn Jahren passiert ist.“ Tenten merkte wie die Menge gespannt Atem holte. „Spuck’s schon aus!“, dröhnte Deidaras Stimme aus der Menge hervor, doch Gaara brachte ihn mit einem einzigen eiskalten Blick zum Schweigen.
 

Die Stille war beinahe greifbar. Die Menschen starrten ihn an, manche aufmerksam, andere nervös oder analysierend. Sie warteten ab, aber sie alle hatten nicht mit Gaara Sabakunos nächsten Worten gerechnet. „Mao-Chéng und Orochimaru belagern uns. Es wird nicht lange dauern und sie werden einen Weg finden uns anzugreifen.“ Tenten erstarrte.
 

Seine Worte verfehlten ihre Wirkung nicht. Zuerst war es totenstill, dann brach ein ohrenbetäubender Tumult los. Plötzlich war der Raum von Rufen erfüllt, Gespräche wurden laut und ab und an hörte Tenten die Panik hinter den Worten. Die Menge beruhigte sich erst wieder, als Temari sich aggressiv Ruhe verschaffte. Gaara würdigte die Unterbrechung mit keinem Wort.
 

„Ich habe nachgedacht“, fuhr er dann fort, als wäre nichts geschehen, „sie sind uns zahlenmäßig ebenbürtig und eine weitere Chance, die so günstig ist bekommen wir nicht. Sie kennen sich hier nicht aus, wir schon“, erläuterte er, „und das werden wir nutzen.“ Kaum, dass er geendet hatte bemerkte Tenten wie die Menschen Hoffnung schöpften. Fiebrige Erregung machte sich breit und ihr wurde plötzlich eiskalt. Gaaras Rede erzielte eine Wirkung, die sie nicht erwartet hatte und seine Worte gingen in eine Richtung, die ihr gar nicht behagte.
 

„Es ist Zeit das Schicksal dieses Landes zu wenden“, sagte der Sabakuno, „wir haben lange genug gewartet, … es ist Zeit…“ „An die Waffen!“, brüllte jemand und die Menge bekundete lautstark ihre Zustimmung. Verzweifelt ballte Tenten die Hände zu Fäusten. Viele der Rebellen waren aufgesprungen, manche hatten schon den Raum verlassen und rannten los um die Waffen zu holen. Gaara Sabakuno sah auf die Menge herab, die ihn noch immer erwartungsvoll ansah. „Macht euch bereit“, sagte er dann, „morgen greifen wir sie an!“ Und die Menge schrie ihm Schlachtrufe entgegen. Tenten hielt es nicht mehr länger aus, das Entsetzen schnürte ihr die Kehle zu. „Das könnt ihr nicht machen!“, schrie sie, „das macht alles nur noch schlimmer!“ Doch gegen den Lärm kam sie nicht an und der Anführer der Rebellen beachtete sie nicht. „Wir werden in fünf Gruppen angreifen. Temari und Kankuro werden die rechte Flanke führen, Uchiha, du bist links, Samui…“ „Gaara!“, rief sie, „GAARA! Bitte…“ Ihre Stimme wurde weinerlich. Der Samurai beachtete sie immer noch nicht, oder er hörte sie nicht. „Deidara, du…“ „Gaara!“ Es hatte keinen Zweck, sie stand auf und drängte sich bis zu ihm durch. „Hyuga und ich führen die Sperrspitze des Angriffs…“ „Gaara!“ Er hörte sie nicht. Als sie schließlich bei ihm ankam, packte sie ihn am Ärmel und erregte damit endlich seine Aufmerksamkeit. „Bitte“, flüsterte sie, „das könnt ihr nicht tun…“ Ein Paar türkisfarbene Augen bohrten sich in ihre und beobachteten sie schweigend. „Bitte“, flehte sie noch einmal, „Ihr könnt nicht gegen sie kämpfen, ihr würdet Orochimaru direkt-“ „Ich kann nicht?“, unterbrach er sie leise und es jagte ihr einen eiskalten Schauer über den Rücken. „Niemand sagt mir was ich kann und was nicht.“
 

Er wandte ihr den Rücken zu und schloss sich den Rebellen an, die im Eilmarsch den Sitzungssaal verließen während Tenten wie erstarrt zurückblieb. Die plötzliche Stille schien sie beinahe zu erdrücken und in ihrem Entsetzen merkte sie nicht einmal, dass Neji zu ihr herüber sah bevor auch er den Raum verließ. Tenten sackte geschlagen in die Knie. Es war vorbei und sie hatte alles falsch gemacht.
 

~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~
 

Es war um Welten schwerer als er erwartet hatte. Immer und immer wieder versuchte er das Bild aus seinem Kopf zu verdrängen. Dieser Blick mit dem sie ihn angesehen hatte und der ihn fast dazu gebracht hätte umzudrehen und ihr zu sagen, dass alles eine Lüge war. Neji schüttete sich das eiskalte Wasser über den Kopf und erschauderte. Sein Blick blieb an der Narbe hängen, die sich von seiner linken Schulter quer über seinen Oberkörper bis zur Hüfte zog. Er hätte in dieser Nacht sterben sollen. Die Hayai hätten ihn töten sollen. Dann hätte er nicht die Wahrheit erfahren. Dann wäre alles anders gekommen. Doch das war es nicht. Das Schicksal hatte ihn schließlich eingeholt. Er war ein Hyuga, ein Überlebender des Clans, der vollkommen vernichtet sein müsste. Nur, dass er nicht tot war…
 

Hier war er ein Held, ein Symbol des Widerstandes ohne, dass er es sein wollte. Er konnte nichts für seine Vergangenheit, doch für die Rebellen war es als wäre durch Hizashi Hyugas Sohn auch er selbst zurückgekehrt.
 

Er erhob sich aus dem Bottich in dem er gebadet hatte und zitterte kurz, als die kalte Luft seine nasse Haut traf. Schließlich trocknete er sich ab und zog sich seine Hose an. Für einen Moment stand er da und dachte an nichts. Eine eigenartige Ruhe hatte von ihm Besitz ergriffen. Merkwürdig, wenn er bedachte, dass er wohl kaum noch einen Tag zu leben hatte. Er machte sich keine Illusionen bezüglich der bevorstehenden Schlacht. Orochimaru und Mao-Chéng würden da sein und, wenn sie erfuhren, dass er überlebt hatte, würden sie alles daran setzen ihn zu töten. Sollten sie kommen! Grimmig verzog Neji das Gesicht. Sollten sie doch kommen und versuchen ihn zu töten. Er hatte nichts mehr zu verlieren und alles in ihm schrie nach Rache für den Tod seines Vaters.
 

Neji konnte sich nicht mehr daran erinnern was er alles gefühlt hatte, als Gaara ihm seine Herkunft enthüllt hatte. Da war so viel gewesen. Wut und Hass auf alle, die seinen Vater in den Tod getrieben hatten. Verlust, Trauer, Verstehen, Verwirrung, … Machtlosigkeit… Er hatte keinen Gedanken mehr an eine Familie verschwendet, seit er begonnen hatte sich mit Hinata allein durchzuschlagen. Damals war keine Zeit gewesen darüber nachzudenken und er hatte den Gedanken an seinen Vater verdrängt. Jetzt war es anders. Die Rebellen ließen ihn keinen Augenblick vergessen wer er war und warum.
 

Wieder dachte er an die Freundschaft seines Vaters mit Mao-Chéng. Mao-Chéng, der ihn bitter verraten hatte und einem dahergelaufenen Mistkerl mehr vertraute als seinem besten Freund. Und er, Neji, hatte unter ihm gedient! Unter dem Mann, durch den er alles verloren hatte!
 

Und er dachte an Tenten. Sie, die ihn mehr verändert hatte als Jahre des Stehlens und des Hungerns. Mehr noch als der Tod seines Vaters. Zum wohl tausendsten Mal fragte er sich, warum er ausgerechnet sie hatte treffen müssen. Warum hatte ausgerechnet sie ihm das Leben gerettet? Warum hatte das Schicksal die beiden Menschen zusammengeführt, die sich mehr hassen sollten als jeder andere?
 

Wütend über sich selbst knallte er die Tür hinter sich zu und machte sich mit mörderischer Miene auf den Weg zurück zu seinem Zimmer. Jeder, der ihm entgegen kam, zuckte unter seinem Blick zusammen und machte ihm hastig Platz. Nach ein paar Abzweigungen des Labyrinths stand er schließlich vor der Tür seines Raumes. Er war froh über die Stille, die ihm entgegen schlug. Niemand hatte es je gewagt ihn in seiner Ruhe zu stören und vor der alles entscheidenden Schlacht gegen Mao-Chéng würde es erst recht niemand wagen. Ohne nach links oder rechts zu sehen, stürmte er durch die Tür. Kaum war er in dem Raum, den außer ihm niemand betrat, atmete er tief durch. Plötzliche Erleichterung durchströmte ihn, er erlangte die Kontrolle über seine Sinne zurück, seine Wut verflüchtigte sich. Neji spürte den leichten Luftzug, der über seinen nackten Oberkörper strich, nicht mal.
 

Ein leises Geräusch ließ ihn zusammen zucken. Die Tür wurde mit einem fast unscheinbaren Laut geschlossen. Ganz langsam drehte er sich um. Tenten richtete sich auf. Die graue Seide ihres Gewandes floss an ihr herunter und folgte ihrer Bewegung. Im dämmrigen Licht glitzerten die silbernen Fäden, die zu einem Muster auf dem Stoff aufgestickt waren. Unter ihrem Gewand trug sie ein hochgeschlossenes Kimonounterkleid von weinroter Farbe, dessen Ärmel ihr bis zu den Handgelenken reichten. Ihr Haar, das ihr fast bis zur Hüfte fiel, wehte leicht hinter ihr her, als sie auf ihn zu kam. Eine erhabene Aura umgab sie, so dass er zum ersten Mal die Macht, die sie inne hatte, wirklich wahrnahm. Nur in ihrem Gesicht erkannte er die Spuren des Leids, die zeigten, dass auch an ihr das Leben nicht spurlos vorbeigegangen war.
 

„Also ist es wahr“, flüsterte sie und wandte ihre Augen keinen Augenblick von seinem Rücken ab. Neji antwortete nicht, Tenten trat einen Schritt näher. Immer noch fixierte sie die feinen weißen Narben, die seinen Rücken wie ein verwinkeltes Spinnennetz überzogen. Momente lang, die ihm wie die Ewigkeit vorkamen, starrte er sie an. Was tat sie hier? Woher nahm sie sich das Recht hier zu sein nach allem was geschehen war? In ihm kochte Wut hoch, wie er es noch nie gespürt hatte. Sie rauschte durch sein Blut, pulsierte in seinen Adern und eine Sekunde lang glaubte er das Verlangen gespürt zu haben ihr etwas anzutun. Tenten schien von alledem nichts mitzubekommen. Mit einem Blick, der an Dreistigkeit erinnerte, sah sie ihn an, beinahe mitfühlend. Mitfühlend! Fast hatte sie ihn erreicht, als er plötzlich herumfuhr und sie wütend anfunkelte. „Was tust du hier!?“ Tenten zuckte zusammen, als hätte er sie geschlagen.
 

„Neji…“ „Was soll das, Tenten?!“, schnitt er ihr das Wort ab, „du hast keinerlei Recht hier zu sein!“ Die Wut in seinem Inneren wurde stärker, sie sollte verschwinden. Sie sollte dahin zurückgehen wo sie hergekommen war. Sollte sie verschwinden in ihre heile Welt und ihn da lassen wo er hingehörte! In die Armee der Rebellen an die Stelle, die einst sein Vater ausgefüllt hatte. Er hatte sein Schicksal begriffen, nur sie wusste immer noch nicht wo ihr Platz war. Kurz wanderte ihr Blick von seinem Gesicht zu seinem Oberkörper, wo er an der langen Narbe hängen blieb, die er Kimimaru verdankte. Neji meinte sie kurz schaudern zu sehen. Dann fanden ihre Augen wieder seine und sie sah ihn fest an, doch er spürte, dass sie damit kämpfte seinem Blick standzuhalten. „Ich weiß“, presste sie schließlich heraus, „ich sollte nicht hier sein, aber, aber… ich will mit dir reden Neji…“ „Es gibt nichts mehr zu reden“, sagte er kalt. Sie schwieg.
 

Und dann war es so still, dass er sogar glaubte keinen von ihnen mehr atmen zu hören. Eine Ewigkeit standen sie nur da. Tenten, die zu Boden sah und er, der versuchte sie nicht zu beachten. Still, so still, als hätten sie sich nichts mehr zu sagen, keine Worte, die es wert waren, erwähnt zu werden. Nichts, dass irgendetwas verändert hätte. Das Leben hatte ihnen eine bittersüße Wahrheit hinterlassen… „Gaara hat mir die Geschichte deines Vaters erzählt“, sagte sie tonlos in die Stille hinein. „Unserer Väter meinst du wohl.“ „Neji, ich hatte keine Ahnung! Mein Vater hat nie ein Wort über Hizashi verloren, er hat nie…“ –„Natürlich hat er das nicht!“, fuhr Neji sie an. Tenten begegnete seinem Blick aus blankem Hass. Die Augen, aufgrund dessen Blicks sie ihm früher ihr Leben anvertraut hatte waren kalt und leer und in ihren Tiefen glaubte sie etwas zu sehen, das er nicht wahrhaben wollte. Trauer… Verletztheit… Einsamkeit… Doch er war nicht der einzige, der gelitten hatte. Tenten raffte die Schultern und starrte ihn an ohne zu blinzeln. „Meine Mutter ist auch gestorben!“
 

Zum ersten Mal zeigte sein Gesicht so etwas wie eine Regung. Tenten spürte wie sie zitterte. „Wie kannst du denken, dass du der einzige bist, der etwas verloren hat“, flüsterte sie, „dieser verfluchte Krieg hat viel zu viele Leben zerstört.“ Noch immer zitternd trat sie auf ihn zu. „Neji… bitte, du kannst sie aufhalten. Sie dürfen nicht kämpfen!“ Er sah sie durchdringend an und sagte dann: „Du irrst, niemand kann es mehr aufhalten, Tenten.“ „Aber du…“ Er machte drei schnelle Schritte auf sie zu und funkelte sie an. „Was glaubst du eigentlich?! Ich habe meine Seite gewählt, hier gehöre ich hin. Nicht nach Konoha-Gakure, auf einen Dachboden, an einen Ort, an dem man mich gezwungen hat zu leben! Was weißt du schon von mir? Ich bin Hizashi Hyugas Sohn.“ Er lachte freudlos. Tenten blinzelte verletzt. „Das habe ich nicht so gemeint.“ Doch ihre Antwort ging in seinen Worten unter. „Du hattest Recht.“ Er klang beinahe spöttisch. „Der Krieg hat viele Leben zerstört. Er hat mein Leben zerstört und das Leben meines Vaters und ich werde dafür sorgen, dass es nicht umsonst war!“ Dann war er noch näher und mit einer blitzschnellen Bewegung drückte er sie gewaltsam gegen die Wand. Er packte ihre Oberarme und sie keuchte leicht, als er ihre noch immer nicht richtig verheilte Wunde fest umfasste. Seine Lippen waren an ihrem Ohr und Tenten spürte seinen warmen Atem auf ihrer Haut. Und zum ersten Mal fühlte sie noch etwas anderes. Angst… Sie fürchtete sich vor ihm. „Ich bin nicht mehr der, den du kanntest…“ Seine Stimme war nur noch ein Hauch, ein leises Flüstern und dennoch verletzte es sie mehr als jeder körperliche Schmerz. „Du solltest mich hassen, Tenten… “
 

So schnell wie es geschehen war, war es auch schon wieder vorbei. Sie blinzelte und Neji stand fast zwei Meter entfernt. Tenten merkte wie ihr die Tränen in die Augen stiegen. Die Angst wich etwas anderem, einem Gefühl der Leere. Ihn hassen? Wenn er eins verlangte, dass sie nie erfüllen könnte, dann war es das. Sie konnte wütend auf ihn sein, sie konnte an seiner Seite glücklich sein, sie konnte versuchen ihn zu vergessen, vielleicht könnte sie sogar ihre Trauer besiegen, die sie bei seinem vermeintlichen Tod beinahe zerstört hätte, aber ihn hassen? „Das kann ich nicht…“ „Das solltest du“, erwiderte er.
 

„Du bist nicht so kalt, wie du mich glauben machen willst, Neji.“ Mit einem Anflug von verzweifeltem Mut überwand sie den Abstand zwischen ihnen und legte ihre Hand auf seine Schulter. „Das bist du nicht, Neji… Du warst niemals ein gefühlsloser Mensch.“ Tenten dachte an den kleinen Jungen, der ihr einst von seinem Traum erzählte ein Samurai zu werden um die zu schützen, die er liebte und die, die sich nicht selbst verteidigen konnten. Es war so viele Jahre her und aus ihm war wahrhaftig einer der größten Samurai geworden, die je gelebt hatten. Eine Legende, eine Erinnerung an eine Vergangenheit, die jeder vergessen wollte. Jemand, der das Erbe und die Hoffnung einer ganzen Generation in sich trug. Neji war niemals ein eiskalter Mörder gewesen, niemals vorschnell, niemand, der handelte ohne die gesamte Wahrheit zu kennen. „Egal wie sehr du versuchst mir etwas vorzuspielen, Neji, das bist du nicht.“
 

„Ach ja?“ Seine Augen funkelten, bohrten sich in ihre und er richtete sich zu seiner vollen Größe auf. „Ich müsste dich töten, Tenten“, sagte er dann mit ruhiger Stimme. Sie zuckte zusammen. „Das, was zwischen unseren Vätern passiert ist“, fuhr er fort, „macht uns zu Todfeinden und alles, das vorher war, wird im Angesicht dieser Tatsache bedeutungslos.“ Neji sagte es, als wäre es etwas Unumstößliches, etwas, dass immer schon da gewesen war nur ohne, dass sie es gewusst hatten. So viel war geschehen und der kleine Junge, der ihr einst so fremd und anders vorgekommen war, hatte sich verändert. War reifer geworden, stärker. Aus dem einst mittellosen Dieb war ein Krieger geworden und aus dem Krieger war jemand geworden, der ihr fremd schien und doch so vertraut. Ihr Blick fiel auf das Brandzeichen auf seiner Stirn und Tenten verstand erstmals die Bedeutung dahinter. Das Mal war ein Zeichen. Das Zeichen eines Todgeweihten, das Zeichen einer verlorenen Vergangenheit, ein Symbol der Hoffnung und eines der Trauer. Ja, Neji hatte sich verändert. Er war derjenige geworden, den sie bedingungslos und gegen alle Logik liebte.
 

„Ich müsste dich töten“, wiederholte er. Und seine Augen sahen plötzlich genauso aus wie in jener Nacht. Unentschlossen und mit diesem Funken von Widerwillen. Tenten wusste nicht, ob es das war, das den Ausschlag gab. Oder aber die Tatsache, dass es das Richtige für ihn wäre sie umzubringen, er es aber nicht tat. Dass er zögerte… In ihrem Hals bildete sich ein Kloß und ein unterdrücktes Schluchzen drang aus ihrer Kehle. Eine allesumfassende Verzweiflung bereitete sich in ihrem ganzen Körper aus. Sie war einen Schritt davon entfernt ihn für immer zu verlieren. Sie spürte wie ihre Augen feucht wurden und es gab nur noch eins, das sie tun wollte. Noch einmal wollte sie es fühlen dieses Gefühl der vollkommenen Schwerelosigkeit. Nur noch ein einziges Mal…
 

Noch immer sah er sie mit dem gleichen Blick an darauf wartend, dass sie irgendetwas sagte. Doch es gab keine Worte mehr um das auszudrücken, das sie empfand. Schneller als er reagieren konnte, war sie bei ihm und tat das Einzige, das sie tun konnte. Jetzt, da alles verloren war. Ihre Hände fanden seine Wangen, sie sah noch wie er sie überrumpelt ansah und dann spürte sie wie ihre Lippen auf seine trafen. Sie versuchte alles in diesen Kuss zu legen. Alles, für das es zu spät war und für das sie nie den Mut gefunden hatte ihm zu sagen. Kurz schien die Zeit stillzustehen, Tentens Herz klopfte in ihrer Brust, dass sie fast glauben mochte, dass Neji es wahrnehmen musste. Und ihre Tränen liefen langsam an ihrer Wange herunter bis sie auch seine Haut berührten. Sie merkte wie er erstarrte, wie sein ganzer Körper taub wurde und wie er rückwärts stolperte. Und dann wich auch sie zurück. Sie sah ihn immer noch an, doch diesmal hatte sie kaum die Kraft ihm in die Augen zu sehen. Ein Tränenschleier nahm ihr die Sicht, alles verschwamm. Die Umrisse des Raumes, das Gefühl in ihrem Körper, Neji, der sie geschockt anstarrte und sich nicht rührte, alles löste sich in nichts auf.
 

„Du hast es immer noch nicht verstanden“, flüsterte sie, „ich hätte alles für dich getan.“ Dann drehte sie sich um. Es war ihr ein bisschen leichter ums Herz. Sie war mutig gewesen und dennoch war es unnütz. Vielleicht, dachte sie, war das der Preis den sie bezahlen musste.
 

.

.

.
 

Sie ging. Kaum hatte sie die Worte gesprochen, kehrte sie ihm den Rücken zu und hastete Richtung Tür. Auf ihn wirkte es wie eine Flucht. Und ein bisschen wie ein Abschied. Neji wusste, dass er sie nie wieder sehen würde, wenn er sie jetzt gehen lassen würde. Wusste, dass er sie vielleicht das letzte Mal sah. Alle Gefühle in ihm prallten aufeinander. Die Wut über den Tod seines Vaters kämpfte gegen die Schuld sie zum Weinen gebracht zu haben. Seine Logik rang mit seinem Herz und das Glück, das er erfahren hatte mit der unendlichen Trauer. Während er sie betrachtete zogen die Erinnerungen an seinem inneren Auge vorbei. Das kleine Mädchen, das ihn beschimpfte, weil er es bestohlen hatte. Die Tochter des Fürsten, die ihm das Leben rettete, indem sie ihn zum Krieger machte. Die junge Frau, die vor Sasuke Uchiha zurückwich. Tenten, die ihr Leben einsetzte um ein ganzes Land zu retten, selbst, wenn es aussichtslos war. Tenten, die weinte und ihn küsste trotz allem, was er ihr an den Kopf geworfen hatte. Sie öffnete die Tür einen Spalt breit, von draußen fiel Licht herein…
 

„Vertraust du ihr?“, echote die Stimme Sakura Harunos in seinem Kopf, „was ist es, das dich zweifeln lässt?“ In diesem Moment erkannte er, dass er ein vollkommener Narr gewesen war. Wie von selbst setzte sich sein Körper in Bewegung, er packte sie an der Schulter, wirbelte sie zu ihm herum… Die Tür knallte zu und Neji presste sie mit dem Rücken gegen die Tür und küsste sie so heftig als würde sein Leben davon abhängen. Es war egal. Alles war egal. Es zählte nur noch, dass sie bei ihm war, dass er sie berührte und sie nie wieder gehen ließ. „Verzeih mir“, brachte er heiser heraus bevor er ihre Lippen wieder und wieder mit seinen versiegelte, „verzeih mir…“
 

Ihre Tränen waren noch nicht getrocknet, als er plötzlich bei ihr war, die Hände an ihr Gesicht legte und mit einer Leidenschaft seine Lippen auf ihre presste, die sie ihm nie zugetraut hätte. Nejis Arme umschlossen sie vollkommen und sie spürte die Hitze, die von seinem Körper ausging, durch ihre Kleider hindurch. Immer und immer wieder flehte er, sie möge ihm verzeihen und Tenten musste nur noch mehr weinen. Doch sie merkte es kaum, denn er hatte alles in ihr in Flammen gesetzt. Sie waren Feuer, sie waren Glut, sie waren Hitze und Asche zugleich. Es gab keine Gedanken mehr, keine Worte, die gesagt werden müssten und Tenten verzieh ihm stumm.
 

Seine Hand strich an ihrem Arm entlang, bis zur Hüfte, wo sie einen kurzen Moment verweilte, dann drückte er sie so stark an sich, als glaubte er, sie würde verschwinden, wenn er losließ. Tenten schlang ihre Arme um seinen Hals und küsste ihn abermals. Nejis warmer Atem traf auf ihre Haut, er küsste ihre Augen, ihr Haar, ihre Stirn und sie schmiegte sich an ihn. Ihre Körper drängten sich so dicht aneinander, dass Tenten irgendwann nicht mehr wusste wo sie aufhörte und Neji begann. Der Stoff ihres Kleides fühlte sich auf seinen nackten Armen auf einmal seltsam rau an und plötzlich waren seine Lippen an ihrem Hals, fuhren sachte darüber und ließen sie erschaudern. Und dann küssten sie sich wieder so stark, dass ihr schwindlig wurde. Tenten wollte ihm so viel sagen, doch alles was sie herausbrachte war sein Name. Immer und immer wieder. Sie fuhr durch sein Haar, streifte sein Ohr und zog ihn noch näher an sich heran. Die Wirklichkeit verschwamm, aber was war noch wirklich?
 

Seine Augen schienen in der Dunkelheit noch heller, als er innehielt und sie ansah. Ihre Gesichter waren kaum eine Handbreit voneinander entfernt, als Neji seine Stirn gegen Tentens lehnte und ihren Geruch einatmete. Sie sahen sich an und blieben eine Ewigkeit vollkommen still. Eine Strähne fiel Tenten ins Gesicht und kitzelte ihre Wange. Sanft strich er sie hinter ihr Ohr und Tenten fiel erstmals die Form seiner Hände auf. Es waren schöne Hände. Seine Finger waren lang und geschmeidig und der Hautton schimmerte perlmuttfarben. Tenten dachte daran, was diese Hände schon alles getan hatten. Sie hatten gestohlen, getötet, gekämpft… und sie beschützten sie…
 

Neji wusste nicht genau warum er innehielt, aber irgendetwas in ihm wollte sie ansehen. Sehen wie sie ihn ansah, sehen wie ihre Gefühle ihre Augen erreichten. Er spürte ihren warmen Körper nahe an seinem, seine Hand berührte die samtweiche Haut ihrer Wange und er wollte nichts lieber als ewig zu verweilen. Es war solange her, dass er jemandem so nah gewesen war, es war noch länger her, dass ein anderer Mensch ihm das Gefühl gab nicht allein zu sein. Sie schaffte es mit nur einem einzigen Blick. Alle Sorgen, all die angestaute Wut, all die Hilflosigkeit fiel von ihm ab. Es war ein merkwürdiges Gefühl nichts mehr fürchten zu müssen. „Neji“, murmelte sie und sah schüchtern zu ihm auf. Ihm war bis zu diesem Moment noch nie aufgefallen, dass sie einen guten halben Kopf kleiner war, als er. Tentens seidiges Haar, das gewellt über ihre Schultern fiel, schimmerte im gedämpften Licht kastanienbraun. In ihren Augen las er Wärme, Erleichterung und etwas, das er nicht benennen konnte.
 

Vorsichtig berührte sie seine Wange, nahm sein Gesicht in beide Hände, als würde sie immer noch nicht glauben, dass das wirklich passierte. „Neji…“ Ihre Stimme war nur ein Hauch, nicht mehr. „Ich bin so froh, dass du noch lebst“, sagte sie. Und dann, als könnte sie sich nicht mehr zurückhalten: „Als die Nachricht kam du seist… du seist…, ich konnte nicht mehr weiter, ich kann nicht mehr weiter“, korrigierte sie sich, „die ganze Zeit… ich wollte nur, dass es aufhört und … und … und dann warst du plötzlich wieder da. Neji, lass mich nie mehr allein, ich … ich… ich habe keine Kraft mehr und-“ Weiter kam sie nicht. Neji nahm ihre Hände von seinem Gesicht, hielt sie fest und küsste sie abermals. Diesmal so fordernd, dass sie erschrocken zusammenzuckte. Dann blinzelte sie und drückte sich ihm entgegen. Seine Lippen strichen sachte über ihre, zupften leicht an ihrer Unterlippe. Doch sie wich nicht zurück. Die Hitze kroch in ihm hoch, verteilte sich in seinem ganzen Körper bis er sie in den Fingerspitzen spürte und er wusste, dass es ihr genauso ging. Dies war intensiver, intimer, stärker als alles, was er bislang erlebt hatte.
 

Langsam bewegte er sich auf sie zu und Tenten wich noch langsamer zurück. Es war wie ein Tanz, dessen Schritte sie nur nach und nach lernten. Irgendwann stießen ihre Kniekehlen gegen etwas Weiches. Seine Schlafstätte…Tenten knickte ein, fiel auf die unordentlich hingeworfene Decke und nun beugte sich Neji vorsichtig über sie. Ihre Haare breiteten sich wie ein Schleier um ihren Kopf aus, ihr Brustkorb hob sich mit jedem Atemzug. Kurz schienen ihre Lippen zu beben, aber ihr Blick wich keine Sekunde von seinem ab. Und die Zeit schien stillzustehen, als er sich ebenfalls herunterbeugte.
 

Das Licht einer Fackel beleuchtete den Raum, flackerte leicht und warf ihre Schatten an die Wand. Neji sah sie an, Amaterasu lag vergessen auf dem Boden, ebenso wie Ryujin. Tenten erwiderte seinen Blick und lächelte. Dann legte sie die Hände an sein Gesicht und zog ihn zu sich herunter. Der weiche Stoff unter ihr, gab kurz unter seinem Gewicht nach, doch keiner von ihnen beachtete es. Tenten bemerkte nicht mal, dass sich ihr Gewand gelöst hatte, sah nicht wie er die beiden Teile der Kette betrachtete, die sie seit seinem angeblichen Tod immer unter ihrer Kleidung getragen hatte. Im gedämpften Licht des Feuers wirkte ihre Haut weich, ein wenig blasser als zuvor. Die beiden Anhänger der Kette, Yin und Yang, fielen mit einem leisen Aufschlag zu Boden, als er die Verschlüsse öffnete, und die Nacht glitt an ihnen vorbei.
 

Unendlich langsam strich er ihr die Seide von den Schultern und Tenten streckte ihre in der Dunkelheit fast silberne Hand nach ihm aus und berührte sanft die Narben auf seinem Körper. Narben, von denen sie gewusst hatte, dass sie eines Tages seine Haut übersähen würde, doch nicht so bald. Während er sie betrachtete, erkannte er plötzlich, dass es nicht nur Narben gab, die Waffen schlagen konnten. Sie beide waren verletzt worden, doch die wirklich verheerenden Narben waren nicht die, die man sehen konnte. Sie beide hatten diese Narben davongetragen. Vielleicht würden sie heilen, vielleicht nie. Es brauchte Zeit sich darum zu kümmern, Zeit, die sie nicht hatten. Tenten richtete sich auf und umarmte ihn. Es war eine Umarmung wie die einer Mutter, die er nie gehabt hatte. Sanft, fest, sicher… Die graue Seide flatterte durch die Luft und bedeckte die beiden Schwerter auf dem Boden, ihre seidigen Haare fielen über ihren nackten Körper…
 

Morgen würde alles zu ende sein. Morgen würde sich alles verändern, aber diese Nacht gehörte ihnen. Niemand war mächtig genug sie jetzt voneinander zu trennen. Und Tenten fragte sich wie sehr man jemanden lieben konnte, dass alles andere bedeutungslos wurde. Wie sehr konnte man jemanden lieben, dass all das Geschehen der Vergangenheit nicht mehr zählte, dass es egal war, wer sie war und wer er war? Niemals würde sie eine Antwort finden, doch es machte nichts. Nicht jetzt…
 

Neji fühlte alles. Sie war alles, das er wollte und alles, das er nicht haben konnte. Doch es war leicht zu vergessen in dieser stillen Nacht. Es war so leicht… Er wünschte sich, dass der Morgen nicht kommen mochte, denn dann musste er sie zurücklassen. Sie, die ihn aus der Dunkelheit geholt hatte und ihm gezeigt hatte, wer er wirklich war. Auf einmal war er sich nicht mehr sicher welche Seite er gewählt hatte. War er wirklich mit seinem ganzen Sein auf der Seite der Rebellen? War er auf der Seite des Fürsten, auf der seines Vaters? Oder hatte er bereits vor langer Zeit eine Seite gewählt, damals als er noch ein Kind war? Das Leben hatte ihnen ein Schicksal gegeben, das er nicht verstand. Ihre beiden Wege waren verworren, hatten zu diesem einen Treffen geführt als sie Kinder waren und dann … ja dann…
 

Sie hätten Feinde seien sollen, das wusste er, aber sie waren es nicht. Selbst die Geschichte ihrer Väter hatte es nicht fertig gebracht, dass sie sich voneinander abwandten. Tenten hätte ihn hassen sollen, das hätte alles so viel einfacher gemacht, aber jetzt, da sie ihm leicht unsicher zulächelte, wusste er, dass nichts in der Welt sie dazu bringen konnte. Er konnte sie verspotten, er konnte ihr alles nehmen, er konnte sie verletzen und sie würde ihn dennoch nicht hassen. Und er konnte sich nicht dazu bringen, dass er sie hasste und sich ein für alle mal von ihr abwandte. Ja, das Schicksal spielte ein seltsames Spiel mit ihnen.
 

Hauchdünner Schweiß überzog ihre Körper, auf einmal war seine Kehle trocken, sein Herz raste… Lippen trafen sich zu einem Kuss, der in einen nächsten floss und in noch einen bis sie nahtlos ineinander übergingen.
 

Es sollte nicht geschehen. Er sollte die Macht haben, es aufzuhalten, doch er hatte sie nicht. Manche Dinge konnte man nicht aufhalten. Einen ungebrochenen Willen, die Macht der Natur, Hass… Liebe… das Schicksal… Für manches gab es keine Antwort… Neji wusste, er würde es bereuen. Tenten hatte etwas Besseres verdient als ihn. Jemanden, der sie wahrhaft vor Leid beschützte. Nicht jemanden, der sie immer und immer wieder verletzte, doch es war egal… Er starb sowieso… Da konnte er auch das noch tun. Der Rausch nahm ihn gefangen, Neji spürte ihn in jeder Phase seines Körpers, in jedem Atemzug, in jeder Berührung ihrer nackten Haut…
 

In der Dunkelheit konnte Neji ihr Gesicht nicht richtig erkennen, doch er spürte ihn, diesen Blick, der alles in ihm erstarren ließ. Sie schloss die Arme um ihn und für einen Moment kam es ihm so vor, als hätte sie Angst, dass er fort war, wenn sie los ließ. Vielleicht war es aber auch nur, weil ihm immer noch ihre Worte durch den Kopf schwirrten.
 

Lass mich nicht alleine.
 

Neji wünschte, er könnte ihr Gewissheit geben, dass es nicht so war, aber das wäre eine Lüge gewesen. Es dauerte nur noch wenige Stunden bis sich ihre Wege für immer trennen würden, aber in dieser wenigen Zeit wollte er diesen Traum festhalten. Einen Traum, denn etwas anderes war es nicht. Eine törichte Hoffnung, so klein, so unbedeutend, doch eine Hoffnung…

Noch während er die Worte aussprach, wusste er, dass er sie nicht würde halten können.
 

„Ich bleibe bei dir…“
 

~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~
 

... Ich widme dieses Kapitel meiner guten Freundin, hiatari, die schon ganz heiß darauf war, DIESES Kapitel zu lesen. Tja, hia-chan, jetzt denken alle du bist pervers, weil du dieses Kapitel haben wolltest XDD
 

Na ja, mal ehrlich. Ich bin hin und her gerissen von Verlegenheit und Stolz. Ich bin nicht der Typ einen 'herkömmlichen' Lemon zu schreiben, es ist nicht so 'heiß' wie bei anderen, aber das wäre auch nicht mein Stil. Ich habe lange überlegt wie ich es schreibe, ich hätte es geschafft das ganze detailliert zu schreiben, aber ich wollte, dass es etwas wird über dass man nicht nachdenkt. Etwas, das an einem vorbei zieht und das die Beziehung zwischen Neji und Tenten vertieft. Daher ist es eher eine verzweifelte Romantik geworden, die meiner Meinung nach besser vor eine Schlacht passt, als ... nun ja, der andere Kram XDD
 

Ich hoffe ihr mochtet es, schließlich gab es bei mir lange keine Romantik mehr *seufz* Und zum Schluss bedanke ich mich ganz recht herzlich bei Votani, die es mir in Rekordzeit gebatet hat. Ganz viele liebe Grüße ans andere Ende der Welt, Votani :)
 

Alles Liebe

moony

~ Kapitel 29: War ~

~ Kapitel 29: War ~
 


 

Alles war still. Lautlos schob Neji die vereisten Zweige aus seinem Blickfeld. Das Lager Mao-Chéngs und dessen Soldaten, das sie einen Tag zuvor aufgeschlagen hatten, lag wie ausgestorben da. Lediglich ein paar Wachen liefen Patrouille. Das war überraschend. Er hätte nie damit gerechnet, dass sie sich so sicher fühlen würden. Natürlich hatte die Armee des Fürsten den klaren geographischen Vorteil, aber ihnen musste doch bewusst sein, dass Gaara das ebenfalls wusste und nicht erst abwarten würde, ehe sie in der Falle saßen.
 

„Was ist, Hyuga?“, riss ihn eine Stimme aus den Gedanken. Es war Omoi, der in seiner Gruppe war. „Wir warten“, bestimmte Neji, „Gaara hat noch kein Signal gegeben.“ „Er sollte sich mal beeilen“, brummte Omoi ungeduldig. Und er war nicht der einzige. Hinter ihnen konnte Neji ab und an ein kampflustiges Wispern hören, aber noch hielten sich die Rebellen im Zaun. Sie würde noch genug Gelegenheit für ihren Blutdurst bekommen…
 

Im Lager bewegte sich nun etwas. Mit dem aufziehenden Morgen erwachten die Krieger langsam. Ob Kakashi auch dabei war? Der Gedanke kam ihm so plötzlich, dass es ihn selbst überraschte. Was würde er tun, wenn es tatsächlich so war? Konnte er seinen eigenen Lehrmeister töten?
 

„Lasst uns endlich angreifen!“, zischte eine Stimme rechts neben ihm. Karui. Er hatte sie nicht mehr gesehen, seitdem er sie davon abgehalten hatte, Tenten zu- Tenten… Sie schlief vermutlich immer noch. Sie hatte so friedlich ausgesehen vorhin, so völlig unschuldig und entspannt, dass er es fast nicht übers Herz gebraucht hatte, sie – „Das kann doch nicht so lange dauern!“ Karuis Stimme war lauter geworden. Neji drehte sich ärgerlich um und warf ihr einen Blick zu, der ihr klar bedeutete den Mund zu halten. Wirkungslos. „Diese verfluchte Warterei!“, zeterte sie weiter. „Sei still!“, zischte Neji ihr scharf zu und sie verstummte mitten im Satz. Vermutlich war auch ihr der kleine Zwischenfall auf dem Gang noch in bester Erinnerung und sie wagte nicht, sich noch mal gegen ihn zu stellen.
 

Doch sie hatte etwas ausgelöst. Auch in ihm wuchs die Anspannung und die Erwartung auf die kommende Schlacht tat nicht gerade etwas dafür, dass sie sich legte. Es würde eine Schlacht werden, die alles überstieg, das er je erlebt hatte. Und es gab nur eine einzige Möglichkeit sie zu beenden, bevor tausende von Leben verloren waren. Er selbst musste es tun. Doch die Wahrscheinlichkeit war hoch, dass er bei dem Versuch umkam.
 

Jetzt konnte es nicht mehr lange dauern. Bald brach die Morgendämmerung an und bevor das geschah, würde Gaara die Schlacht eröffnen. Fast lautlos glitt seine Hand zu dem Heft seines Schwertes. Ryujin fühlte sich an wie ein treuer Gefährte, der ihn auch jetzt in der düstersten Stunde begleite. Neji zog das Schwert heraus und hörte, wie es ihm die circa fünfhundert Rebellen hinter ihm nach taten. Mit der anderen Hand fasste er den Schild fester und richtete sich dann langsam auf. Hunderte Rebellen erhoben sich wie ein Mann.
 

Die Sonne ging auf, tauchte die glitzernde Eislandschaft in atemberaubendes Licht und verdrängte die Schatten, die bis zu diesem Moment das düstere Bild aufrecht gehalten hatten. Und dann hörte er die Schreie. Grauen- und schmerzerfüllte Schreie, die von der anderen Seite des gewaltigen Lagers kamen. Der Stützpunkt glich jetzt einem hektischen Ameisenstaat. Die aufgeschreckten Soldaten rannten wild durcheinander, auf der Suche nach Waffen oder um ihre Kameraden zu wecken. Von der kleinen Anhöhe aus, sah Neji wie von der anderen Seite des Sees Gaaras Streitmacht in das Lager einfiel und jeden niedermetzelte, der sich ihnen in den Weg stellte. Vollkommen überrascht von diesem Angriff, konnten die Männer Konohas ihnen nicht viel entgegensetzen, wenn sie nicht ohnehin im Schlaf erstochen wurden. Aber das Lager war gewaltig. Zelt um Zelt breitete es sich über mindestens fünf Meilen entlang des Seeufers herum aus und jetzt schienen ihre Feinde die Lage etwas in den Griff zu bekommen.
 

Offiziere und hochrangige Samurai erteilten Befehle und die Männer Mao-Chéngs formierten sich. Der Ansturm wurde aufgehalten. Beide Seiten schlugen nun erbittert auf einander ein und kämpften verbissen um jeden Meter Boden. Neji straffte die Schultern und wandte sich um. „Bogenschützen!“, rief er und die Angesprochenen stellten sich in gut drei Reihen mit gespannten Bogen auf. Nun war sein Moment gekommen und er musste ihn nutzen, um jeden Preis.
 

Der Samurai starrte denen, die ihm am nächsten waren, ins Gesicht. Viele erwiderten glühend seinen Blick, anderen stand die Angst ins Gesicht geschrieben und wieder andere wappneten sich davor ihr Leben zu lassen. Doch in jedem dieser Gesichter lag ein tiefer Wille diese Schlacht für sich zu entscheiden und Mao-Chéngs Herrschaft und Orochimaru, der diesen manipulierte, ein für alle mal zu vernichten. Sie wollten das Konoha zurück, dass es zu Zeiten seines Vaters gegeben hatte. Konoha, bevor Orochimaru gekommen war und alles zerstört hatte. Für dieses Ziel waren sie zu sterben bereit.
 

Karui und Omoi stellten sich zu beiden Seiten neben ihm auf und sahen ihn erwartungsvoll an. Er bemerkte, wie viele Blicke zu dem Wappen auf seinem Rücken huschten. Der Adler der Hyuga. So lange hatten sie ihn nicht gesehen und viele setzten vermutlich all ihre Hoffnung darin, dass er sie alle retten würde, wie sein Vater es getan hatte. Aber er war nicht sein Vater. Und doch musste er sein Werk zu Ende bringen.
 

Neji richtete seine Aufmerksamkeit wieder auf die Schlacht unter ihm. „Folgt mir!“, befahl er und die Fußsoldaten setzten sich in Bewegung. Sie waren gut siebenhundert Meter vom Lager entfernt und für diese Zeit waren sie völlig schutzlos. Neji drehte sich zu den Bogenschützen um, die noch immer an Ort und Stelle verharrten, und hob den Arm. „Feuer!“, brüllte er und dann war die Luft erfüllt von dem Surren der Pfeile, die durch die Luft schossen.
 

Er stürmte mit gezogenem Schwert heran, spürte, wie der Schnee unter seinen Füßen knirschte und sah in entsetzte Gesichter, als die Krieger Mao-Chéngs sie endlich bemerkten. Vor ihm blieb ein brennender Pfeil in einem Zelt stecken und setzte es in Brand, doch Neji scherte es nicht. „Omoi, nimm ein paar Männer und hilf Gaara!“, schrie Neji über den Lärm hinweg, „Karui, du kommst mit mir!“
 

Karui stürzte mit gezückter Waffe an ihm vorbei und stieß einen Schlachtruf aus, der ihm durch Mark und Bein ging. Neji beeilte sich ihr zu folgen, denn bei ihrem Temperament wäre es nicht das erste Mal, dass sie sich in einer Situation wieder fand, aus der sie ohne fremde Hilfe nicht mehr herauskommen würde.
 

Doch er hatte keine Gelegenheit sich noch weiter Gedanken darüber zu machen, denn in diesem Moment tauchten vor ihm zwei Krieger auf, die ihn gemeinsam angriffen. Dem ersten Hieb wich Neji zur Seite aus, den zweiten blockte er mit seinem Schild, nur um im nächsten Moment die Klinge durch die Rüstung seines Gegners zu stoßen.
 

Für den Bruchteil einer Sekunde trafen seine Augen die des Sterbenden, Neji zog Ryujin wieder aus seinem Körper heraus und der Mann klappte vornüber auf den Boden. Noch bevor der zweite reagieren konnte, hatte Neji auch ihn nieder gestreckt und er fiel neben seinen Kameraden in den Schnee. Irgendwo über dem Kampfeslärm hörte er das Kreischen eines Falken und er wusste, dass nun auch Uchiha in die Schlacht eingegriffen hatte. Der Krieg hatte begonnen und der Schnee färbte sich blutrot…
 

~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~
 

Sie spürte die Wärme. Die Wärme ihres Herzens. Die Wärme völliger Zufriedenheit. Von Glück. Er war hier. Tenten lächelte im Halbschlaf und streckte dann suchend ihre Hand nach ihm aus. Ihre Finger tasteten über die Decke und den weichen Futon, fanden aber nichts. Tenten blinzelte und öffnete langsam die Augen.
 

Das erste, das sie feststellte, war, dass sie nackt war. Ihre Haare waren offen und fielen ihr geschmeidig den Rücken herab. Als sie sich aufrichtete, rutschte die Decke herunter, die ihren Körper bedeckt hatte. Doch sie verspürte keine Scham. Es… es fühlte sich einfach richtig an. Nur die Kälte war ihr etwas unangenehm und so schlang Tenten die Decke wieder um ihre Schultern. Ein Lächeln schlich sich auf ihr Gesicht bei dem Gedanken, wie Neji sie zugedeckt hatte, wie vorsichtig er gewesen war. Als wäre sie aus Glas und könnte bei dem ersten Windhauch zerbrechen. Sie war so glücklich endlich bei ihm zu sein. Wahrscheinlich konnte er sich noch nicht mal ausmalen, wie viel er ihr bedeutete.
 

Suchend blickte sie sich nach ihm um. Unter der Tür drang Licht hervor und tauchte den Raum in sanftes Dämmerlicht. Ihr Blick schweifte durch den Raum, blieb an ihren Kleidern auf dem Boden hängen und über dem Schwert, das an der Wand lehnte. Sie konnte sich noch nicht mal erinnern, wie ihre Sachen dorthin gekommen waren. Es war als würde sie durch einen Schleier sehen, der die Wirklichkeit vor ihrem Blick verbarg. Verwirrt blinzelte sie und schloss kurz die Augen. Die Erkenntnis kam so plötzlich, dass sie erschrocken die Augen wieder aufriss.
 

Irgendetwas stimmte nicht.
 

Zuerst begriff sie nicht und dann wurde ihr plötzlich eiskalt. Hektisch ließ sie den Blick noch einmal im Raum schweifen. Nichts. Er war nicht da. Ihr Herzschlag beschleunigte sich. Er war nicht da! Neji hatte sie allein gelassen. Tenten klaubte ihre Kleider vom Boden auf und zog sich so schnell an, wie sie konnte.
 

Dann stürzte sie zur Tür und versuchte sie zu öffnen. Vergebens! So oft sie auch rüttelte, drückte und dagegen schlug, das Holz gab nicht einen Millimeter nach. „Neji!“, rief sie, doch es kam keine Antwort. „Neji! Mach auf!“ Tenten schlug mittlerweile mit der Faust gegen die Tür, doch das Hämmern schien niemandem aufzufallen. „Irgendjemand!“, rief sie verzweifelt. „Macht die Tür auf!“ Ihre Stimme wurde immer lauter, doch es schien niemanden zu geben, der sie hören konnte. Neji hatte sie eingeschlossen.
 

Noch einmal schlug Tenten gegen die Tür. Diesmal vor Wut. Es gab ein lautes Geräusch, aber die Tür hielt ihrer Kraft mühelos stand. Eine Weile hämmerte sie nur dagegen, rief nach Menschen, die sie nicht hören konnten, oder ignorierten, doch nichts passierte. Die Rebellen waren längst Gaaras Befehl gefolgt und kämpften gegen ihren Vater und Orochimaru. Es gab niemanden mehr, der sie hören konnte, und er hatte es gewusst. Neji hatte es gewusst! Das Glücksgefühl, das sie noch vor wenigen Minuten verspürt hatte, war vollständig verblasst.
 

Noch einmal schlug sie vergeblich gegen das Holz. Diesmal aus purer Verzweiflung. Dann sackte Tenten an der Tür herunter und vergrub ihr Gesicht in den Händen. Das konnte doch alles nicht wahr sein! Er hatte ihr geschworen, dass er sie nicht wieder allein lassen würde. Wie konnte er sie nur so anlügen!
 

Momente lang saß sie nur still da, unschlüssig zu einer Bewegung oder auch nur eine Entscheidung zu fällen. Es war als würde sie versuchen zu laufen und nicht von der Stelle kommen. Die plötzliche Hilflosigkeit machte sie fast wahnsinnig. Der unbändige Wunsch in ihr irgendetwas zu tun kam nicht gegen die Unmöglichkeit dessen an. Noch nie im Leben hatte sie sich so machtlos gefühlt.
 

Ihr Blick wanderte ziellos durch den Raum und auf einmal fiel ihr ein Zettel auf dem Boden auf, der ursprünglich an einer anderen Stelle gelegen haben und herunter geweht sein musste. Tenten streckte die Hand danach aus, hob das Papier auf und entfaltete es. Die Nachricht war kurz, sah aus, als wäre sie in höchster Eile hingeschmiert worden und die schwarze Tinte war an manchen Stellen verschmiert. Doch seine Worte waren nie schmerzlicher gewesen.
 


 

Folg mir nicht. Danke für alles. Neji
 


 

Tenten spürte wie tief in ihr eine Angst aufstieg, die schlimmer war als alles, das sie je gefühlt hatte. Für eine Sekunde kam alles zum Stillstand. Neji war draußen und kämpfte in der Schlacht und er hatte gewusst, dass er darin umkommen würde. Dieser schlichte Zettel war keine einfache Nachricht… es war sein Abschiedsbrief.
 

Tenten zerknüllte das Papier in ihrer Faust. Dann stand sie blitzschnell auf, drehte sich um und fixierte abermals das Holz. Tränen standen ihr in den Augen und die Angst nistete sich kalt in ihrem Inneren ein. Sie würde es nicht ertragen können. Sie könnte nicht seinen Leichnam sehen und seinen Tod wirklich und wahrhaftig anerkennen. Einmal hatte sie seinen Tod ertragen, doch sie wusste, dass sie es ein zweites Mal nicht schaffen würde. „Neji!“, schrie sie und hämmerte so stark sie konnte gegen die Tür.
 

~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~
 

Schreie. Nichts als Schreie. Und Blut. Und Tod. Es war ein einziges Sterben um ihn herum. So sinnlos. So leicht. Sterben nur für die Gier eines Mannes, der in seiner Blindheit ein ganzes Land ins Chaos gestürzt hatte. Die Schlacht hatte blutige Ausmaße angenommen. Der Schnee war von den vielen Fußspuren aufgewühlt und blutdurchtränkt. Überall lagen Tote und Waffen herum. Das Lager Mao-Chéngs brannte in diesem Abschnitt lichterloh und Neji konnte durch den Rauch kaum die Hand vor Augen sehen. Angriffe konnte er meist nur noch im letzten Moment abwehren. Trotzdem hatte er schon einige kleine Verletzungen davon getragen. Hätte er den Schild nicht gehabt, wäre es vermutlich noch viel schlimmer gekommen. Er konnte kaum die Männer sehen, die unter seinem Befehl standen. Viele von ihnen waren bereits gefallen und Neji wusste nur noch eine Hand voll nah bei sich.
 

„Hyuga!“, schrie Karui und er warf sich im letzten Moment zur Seite als ein Pfeil auf ihn zuschoss. Neji entging dem Geschoss um Haaresbreite, hatte aber nicht mit dem zweiten gerechnet, der seinen Arm streifte und dabei den Stoff zerriss. Neji unterdrückte einen Schmerzenslaut. Er hörte, wie die junge Kriegerin zwei ihrer Bogenschützen Anweisungen gab auf den gegnerischen Schützen zu zielen und brachte sich dann hinter einem noch unversehrten Zelt vorübergehend in Sicherheit.
 

Neji atmete tief durch und begutachtete dann den Schnitt auf seinem Arm. Er war nicht tief, aber er schmerzte trotzdem. Doch dies war eine Schlacht, er konnte jederzeit sterben und solch kleine Lappalien durften ihn nicht aus der Fassung bringen. Neji hob seinen Blick. Die Armeen prallten mit einer Heftigkeit aufeinander, die ihn erschütterte. Durch den Rauch stürzten Gestalten aufeinander zu. Waffen trafen klirrend zusammen und ein einziger Fehler bedeutete den Tod.
 

„Bist du in Ordnung?“ Karui tauchte atemlos vor ihm auf, ihr Gesicht war vom Rauch verdreckt und ihre Kleidung war an ihrer linken Schulter blutdurchtränkt. Neji erhob sich und nickte. „Wir fallen zurück“, informierte ihn Karui mit zusammen gebissenen Zähnen. „Es sind zu viele und sie sind zu gut organisiert. Mifune leitet die Hauptstreitmacht.“ „Mifune?“ Karui nickte verbissen. Mifune war keine unbekannte Größe. Er galt als brillanter Kämpfer und absolut loyaler Gefolgsmann Mao-Chéngs und war für seine Führungsqualitäten berühmt. „Wir müssen ihn ausschalten“, knurrte Karui, „sonst werden wir untergehen.“ „Überlass das mir“, antwortete Neji grimmig. Er richtete sich zu seiner vollen Größe auf und lugte aus der Deckung hervor.
 

Einen Moment blieb er vollkommen reglos, ließ sich tief in seinen Geist zurück sinken, nahm alle Kraft zusammen und schöpfte neue Energie aus dem Zustand der Meditation. Es war, als tränke er halbverdurstet die ersten Tropfen Wasser. Leben kehrte in seine Glieder zurück und er spürte, wie er zu seiner alten Kraft zurück gelangte. Dann beendete er abrupt die Meditation und stürzte sich direkt in den Rauch, Karui dicht auf den Fersen.
 

„Hyuga-sama!“ Seine Leute erkannten ihn und auf ihren Gesichtern keimte Hoffnung auf. „Weicht nicht zurück!“, brüllte Neji. „Wir kämpfen für dieses Land! Wir dürfen Orochimaru nicht gewinnen lassen! Kämpft für die Freiheit, die ihr euch so sehr wünscht!“ Seine Worte verfehlten ihre Wirkung nicht. Die nach und nach immer mehr zurückgedrängten Rebellen schrien ihm ihre Zustimmung entgegen und stürzten sich mit neuer Zuversicht in den Kampf.
 

Er brach bis an die vorderste Front durch, wirbelte wie ein Todesbringer durch ihre Reihen und tötete so schnell, dass die Verteidiger Konohas voller Angst vor ihm zurückwichen. Die Rebellen jubelten ihm zu und er sah, wie Karui ihm einen Blick voller Hoffnung zu warf. Er hatte auf den Stoff verzichtet, der sonst seine Stirn bedeckte, sodass das Brandmal für alle sichtbar war und auf seinem Rücken prangte stolz das Wappen der Hyuga.
 

Das Zeichen zu sehen war ein Schock für alle, die sich ihm entgegen stellten. Hatten sie doch geglaubt, die Hyuga seien für alle Zeit ausgelöscht worden. Doch er lebte noch und er würde ihnen zeigen, was es bedeutete, dass noch ein Hyuga übrig war.
 

Sie waren dem Seeufer jetzt immer näher gekommen und ein paar Mal glaubte Neji einen Körper in dem Eiswasser treiben zu sehen, doch er hatte keine Zeit, sich weiter umzuschauen. Im nächsten Moment wich er einem Hieb aus, rammte dem Angreifer seinen Schild ins Gesicht und durchbohrte mit Ryujin den Magen des Mannes. Gurgelnd sackte er zusammen und Neji sah sich schon den nächsten Gegnern gegenüber. „Stirb!“, brüllte einer über den Lärm hinweg und zielte mit der Klinge auf Nejis Gesicht. Der Hieb beschrieb einen Halbkreis. Neji sah ihn kommen und wischte mit Ryujin das Schwert beiseite, duckte sich unter einem zweiten Angriff hinweg und schlitzte dem ersten in einer einzigen fließenden Bewegung den Hals auf. Blut quoll hervor, der Krieger würgte und verdrehte dann seine Augen als er an seinem eigenen Blut erstickend zusammen brach.
 

„Habt keine Furcht!“, hörte Neji jemanden rufen. „Wir sind Wächter Konohas, wir werden nicht verlieren. Kämpft! Kämpft für unsere Prinzessin!“ Für einen Moment hatte der Sprecher, offensichtlich ein hochrangiger Samurai, die vollkommene Aufmerksamkeit aller. Neji wandte ihm im gleichen Moment den Kopf zu, in dem der Samurai seinem Blick begegnet. Da war Erschrecken und Unglauben in seinen Augen, als er sich umwandte und Neji fassungslos anstarrte.
 

„Neji?“, fragte Hayate Gekko und schien seinen Augen nicht trauen zu können. „Aber… du warst tot… Ich habe deine Leiche gesehen… was… was tust du hier?“ Dann huschte sein Blick zu den Toten zu seinen Füßen und wieder zurück zu ihm. Neji wirbelte Ryujin durch die Luft und verharrte dann in einer typischen Angriffshaltung. Seine Augen fixierten Hayate, als er ihm entgegen trat. „Ich bringe das Werk meines Vaters zu Ende.“ Hayate schien noch immer verwirrt. Ein paar Haare klebten ihm im Gesicht und unter seinen Augen zeichneten sich dunkle Ringe wie von vielen schlaflosen Nächten ab. „Mein Vater war Hizashi Hyuga und ihr werdet dafür bezahlen, was ihr ihm angetan habt!“
 

Ein Wispern setzte um ihn herum ein. Neji und Hayate umkreisten sich lauernd. Nicht wenige schienen von der Neuigkeit, dass Hizashi Hyuga einen Sohn hatte, vollkommen überrascht. Der Mann, mit dem er sich wochenlang ein Zimmer geteilt und unter dem er gedient hatte, sah ihn mit einem Ausdruck an, der rasch zwischen Entsetzen, Fassungslosigkeit und Zorn wechselte. „Das ist unmöglich“, schleuderte ihm Hayate entgegen; „wir wüssten, wenn Hizashi Hyuga einen Sohn gehabt hätte!“ „Nein…“, widersprach Neji ruhig, „ihr wüsstet es nicht, aber Mao-Chéng und Orochimaru wussten es. Das war schließlich der Grund, warum die Hayai versucht haben mich umzubringen!“ Hayate hob nun ebenfalls seine Klinge und Neji sah, wie sich sein eigenes Spiegelbild darin abzeichnete. „Das war ein Kampf mit den Rebellen!“, rief Hayate wütend. „Du hast mit deinem Blut geschworen Konoha zu dienen, Mao-Chéng hat dein Leben verschont und so dankst du es ihm? Elender Verräter!“ Hayate starrte ihn hasserfüllt an, doch Neji war genauso wütend. „Der einzige Verräter ist Orochimaru! Wach auf, Hayate, sonst werden wir alle untergehen!“ „Nein…“ Hayates Stimme nahm die Entschlossenheit eines Kriegers an, „nicht wir werden untergehen. Nach dem heutigen Tag wird die Rebellion für immer zerschlagen sein!“
 

„Es wird immer Menschen geben, die die Wahrheit kennen!“, entgegnete Neji. „Und solange es die gibt wird die Rebellion nicht vorbei sein. Orochimaru hat meinen Vater und Mao-Chéng gegeneinander aufgehetzt, oder wie erklärst du es dir, dass beste Freunde plötzlich zu Todfeinden werden!?“ Mit jedem Wort war er lauter geworden, aber es kümmerte Neji nicht. Hayates Ignoranz, Unwissen und sein Hang noch immer blind den Worten des Fürsten zu vertrauen, brachten ihn an den Rand der Selbstbeherrschung. „Schweig!“, rief Hayate ihm wutentbrannt zu. „Dein so genannter Vater ist für das Schicksal dieses Landes verantwortlich. Wie kannst du es wagen dem obersten Heerführer Hochverrat vorzuwerfen!? Die Rebellen haben Konoha verraten! All die Jahre, in denen sie gestohlen, gemordet und gebrandschatzt haben und du nimmst sie in Schutz! Beantworte mir nur noch eine Frage bevor ich dich töte, Verräter: Wo ist Tenten-hime?“
 

Hayate wechselte das Schwert in seine linke Hand, verstärkte seinen Stand und blitzte ihn mit einem zu allem entschlossenen Glitzern in den Augen an. Neji erkannte den Mann, dem er immer höchsten Respekt gegenüber empfunden hatte, nicht wieder. Aber er musste alles vergessen, was vorher gewesen war. Orochimaru durfte Tenten niemals in seine Gewalt bekommen. Er erwiderte Hayates Blick mit der gleichen fast manischen Entschlossenheit und sagte: „Eher sterbe ich.“
 

Sie stürzten zeitgleich aufeinander zu. Ihre Schwerter krachten mit einem schrecklichen Geräusch aufeinander und die beiden Kontrahenten versuchten sich mit aller Macht wegzudrücken. Im Schnee fanden sie wenig Halt und Neji brauchte all seine Konzentration, um nicht seinen Stand zu verlieren. Hayate bemerkte es ebenfalls, duckte sich unter Nejis Schwertarm hinweg und trat mit aller Macht auf sein Standbein.
 

Neji sah es kommen, war aber zu langsam. Hayate riss ihm die Beine weg und er stürzte haltlos in den Schnee, warf sich nach rechts und Hayates Klinge bohrte sich an die Stelle in den Schnee, an der vor einer Sekunde noch sein Kopf gewesen war. Neji rappelte sich auf, nutzte Hayates Ablenkung und führte einen Hieb von oben herab, den sein Widersacher nur blocken konnte, indem er das Schwert im letzten Moment hochriss. „Sag mir, wo sie ist!“, forderte Hayate. „Nein!“, schrie Neji ihm entgegen.
 

Grimmig riss Hayate das Schwert hoch und wieder traf Metall auf Metall. Es folgte ein Schlagabtausch, den beide mit solcher Gewalt führten, dass Nejis Arm davon schmerzte. Er hatte Hayate unterschätzt, der nicht umsonst als einer der bestausgebildetsten Krieger Konohas galt. Neji riss die Augen auf, als er einen Schlag nicht kommen sah und nach hinten auswich. Doch seine Reaktion kam zu spät. Die Klinge streifte seine Schläfe und Neji spürte, wie ihm aus dem Schnitt warmes Blut das Gesicht herunter rann und ihm die Sicht nahm.
 

Er stolperte rückwärts und fiel geradewegs in ein brennendes Zelt, das er mit seinem Sturz umriss. Der brennende Stoff verbarg ihn vor Hayate, doch Neji musste fast augenblicklich stark husten. Ein Schatten tauchte über ihm auf, hob eine Waffe und Nejis Hand tastete instinktiv nach der nächstmöglichen Waffe. Er bekam ein brennendes Stück Holz zu fassen, das ursprünglich als Stützte gedient haben musste, und schlug es Hayate mit aller Kraft ins Gesicht. Dieser heulte auf, verdeckte mit den Händen sein Gesicht und taumelte zurück. Neji sprang auf, das Schwert in der Hand und setzte ihm nach. Doch noch bevor er ihn erreicht hatte, traf Hayate etwas in den Rücken. Er öffnete den Mund zu einem stummen Schrei und seine Augen weiteten sich vor Überraschung. Sein Schwert fiel mit einem dumpfen Geräusch in den Schnee und ein paar Meter entfernt entdeckte er Suigetsu, der ein weiteres Messer erhoben hatte. Aber bevor er es werfen konnte, brach Hayate im Schnee zusammen. Die toten Augen weit aufgerissen, starrte er Neji an.
 

~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~
 

Hinata hatte sich in ihrem ganzen Leben noch nie so sehr gefürchtet. Die nicht aufhören wollenden Schritte vor ihrer Tür und die lauten Stimmen der Rebellen, die sie trotz allem noch durch die Wand hören konnte, waren zwar schon seit einer Weile verklungen, aber sie nahm trotzdem ganz deutlich die in der Luft liegende Anspannung wahr. Doch niemand schenkte ihr Beachtung. Sie war mit ihrer Angst vollkommen allein, während draußen die Vorbereitungen für die Schlacht getroffen wurden.
 

Nachdem sie von Tenten, Ino, Naruto und Lee getrennt worden war, hatte man sie in einen eigenen Raum gebracht und sich ehrerbietig um sie gekümmert. Hinata war in ihrem ganzen Leben noch nie so eine unterwürfige Behandlung zuteil geworden. Immer hatte sie um etwas kämpfen oder sich verteidigen müssen. Sie war das schüchterne Mädchen, das niemand wirklich ernst nahm. Und plötzlich war sie eine der letzten Überlebenden eines alten ehrwürdigen Samuraiclans, dem die Rebellen Respekt und sogar Verehrung entgegenbrachten.
 

Zu sagen, es wäre kein Schock gewesen ihren Cousin so plötzlich leibhaftig gegenüber zu stehen, wäre eine Lüge gewesen. Aber Neji, ihr liebster Cousin, der sie immer beschützt hatte und dem sie so nah wie einem Bruder war, lebte noch. Doch er war zu den Rebellen übergelaufen, nachdem diese ihm das Leben gerettet hatten. Neji hatte versucht mit ihr zu reden, aber Hinata sah immer noch das Bild vor sich, wie er keinen Finger rührte, als Sasuke Uchiha Tenten misshandelt hatte. Sie waren im Streit auseinander gegangen und Hinata hatte sich seitdem geweigert mit irgendjemanden zu sprechen.
 

Hinata legte ein Ohr an die Tür und lauschte. Nichts war zu hören. Sie schob die Tür einen Spalt auf. Der Gang war leer. Keine Wachen, nichts. Die letzten Tage hatte sie vor allem damit verbracht, so viele Informationen wie möglich zu sammeln. Sie wusste zwar nicht, wo die Rebellen Tenten und Ino hingebracht hatten, aber sie hatte herausgefunden, wo Naruto und Lee festgehalten wurden.
 

Hinata atmete tief durch, versicherte sich, dass Narutos Dolch gut greifbar an ihrer Hüfte befestigt war und trat auf den Gang hinaus. Nach dem, was sie wusste, waren ihre Freunde ein paar Gänge von ihr entfernt, wenngleich sie ganz sicher eingesperrt waren. Sie wusste, dass die Schlacht bereits begonnen hatte, und dass Neji wahrscheinlich darin kämpfte. Sie hatte keine Ahnung, was mit Tenten und Ino passiert war, aber sie musste wenigstens versuchen, Naruto und Lee zu befreien, damit sie gemeinsam überlegen konnten, was sie tun sollten. Das Mädchen wandte sich nach rechts und hastete den Gang entlang.
 

Das Labyrinth strahlte eine noch düstere Atmosphäre aus als vor ein paar Tagen, nachdem sie es halb erfroren betreten hatten. Tenten hatte versucht, diese Schlacht aufzuhalten, aber sie war machtlos im Angesicht des Hasses der Rebellen und der durch Orochimaru infiltrierten Armee des Fürsten. Kurz bevor er gegangen war, hatte Neji ihr die Geschichte der Hyuga erzählt, aber sie war noch nicht bereit, sich mit all dem auseinander zu setzen. Ihr verzweifelter Versuch, Frieden zu schaffen, war von vorn herein zum Scheitern verurteilt gewesen. Alles, was sie tun konnte, war, an ihre Freundschaft zu Tenten, Ino, Naruto und Lee zu glauben und auf ein Wunder zu hoffen.
 

Sie raffte ihren Kimono hoch und bog um die nächste Ecke. Im Kopf ging sie immer und immer wieder den Weg ab, verglich die Beschreibungen der Rebellen, die sie belauscht hatte, mit den realen Gegebenheiten vor ihr. Rechts… links… wieder scharf links… eine lange Strecke nur geradeaus… rechts… an ein paar Räumen vorbei… Der Sitzungssaal der Rebellen tauchte links von ihr auf. Hinata wurde langsamer, drückte sich an die Wand und spähte hinein. Nichts. Der Raum lag verlassen da und er wirkte eigenartig leer ohne die Präsenz Gaara Sabakunos und der übrigen Rebellen. Kurz ruhte sie sich aus und machte sich erneut auf den Weg. Jetzt konnte es nicht mehr weit sein.
 

Die achte Tür auf der linken Seite in einem Nebengang. Sie wurde langsamer, aber wenn Naruto und Lee wirklich hier waren, musste Naruto bereits ihre Schritte gehört haben. Zwei… vier… sechs… acht. Hinata blieb stehen und lehnte sich an die Tür. „Naruto? Lee?“, flüsterte sie. Hinter der Tür ertönte ein Geräusch, als wäre etwas umgestoßen worden. Dann stürzte jemand zur Tür. „Hinata? Bist du das?“ Narutos Stimmer klang erstaunt und erleichtert zugleich. „Was zum Teufel machst du hier?“, wollte er als nächstes wissen. Dann schien er es sich anders zu überlegen. „Vergiss’ es! Hol’ uns hier raus, wir müssen nach draußen.“ Hinata trat einen Schritt von der Tür weg und begutachtete dann die Tür, die von einem gewaltigen Balken verschlossen gehalten wurde.
 

„Geht bitte ein Stück zurück“, bat sie. „Ich versuche, die Tür zu öffnen.“ „Du schaffst das, Hinata!“, meldete sich nun auch Lee zu Wort, der mehr als froh wirkte endlich seinem engen Gefängnis entfliehen zu können. Hinata packte den Balken und drückte ihn mit aller Kraft nach oben. „Weiter, Hinata! Die Tür öffnet sich schon!“, klang Lees Stimme durch die Tür. Hinata ächzte und schließlich wurde ihr das Gewicht zu viel und sie ließ das Holz los. „Was ist los?“, fragte Naruto auf der anderen Seite. „Er ist zu schwer“, keuchte Hinata; „ich bin nicht stark genug.“ „Versuch es noch mal“, antwortete Naruto, „leg dir den Balken auf die Schulter und drück ihn hoch.“
 

Hinata startete einen neuen Versuch und ihre Arme zitterten vor Anstrengung. Mit aller Kraft versuchte sie Narutos Anweisung Folge zu leisten und schaffte es schließlich den Balken auf ihre Schulter zu legen. „Nur noch ein bisschen“, sagte Naruto im Zimmer, „die Tür bewegt sich.“ Hinata stemmte das Holz hoch und gerade als ihre Kräfte sie zu verlassen drohten, krachte der Balken auf den Boden und sie stolperte gegen die gegenüberliegende Wand.
 

„Hinata!“ Naruto und Lee stürmten aus dem Zimmer und halfen ihr auf. „Du hast es geschafft!“, krähte Lee und strahlte übers ganze Gesicht während Naruto ihr auf die Beine half. „Was ist mit den anderen? Was ist passiert?“, fragte Naruto. „Schlacht…“, keuchte Hinata, „ich … weiß … nicht… wo … Neji … und Tenten… und Ino … sind…“ „Mach dir keine Sorgen“, beruhigte sie Naruto. Er sah zwar besorgt und erschöpft aus, aber er hatte eine entschlossene Miene aufgesetzt.
 

„Hinata!“, er packte sie an den Schultern und sah sie ernst an. „Weißt du, wo der Ausgang in diesen Tunneln ist? Wir müssen unbedingt nach draußen, vielleicht können wir in dieser Schlacht irgendetwas bewirken… du sagst, Neji ist dort? Er wird wissen, was hier vor sich geht.“ „Orochimaru…“, brachte sie heraus, „er … er hat… unsere gesamte Familie ermordet…“ Für einen winzigen Moment glaubte sie so etwas wie eine Erkenntnis in Narutos Augen aufleuchten zu sehen, aber so schnell wie es dort war, war es auch schon wieder verschwunden. „Kennst du den Weg nach draußen?“, wiederholte er. Hinata nickte. „Ja“, sagte sie. „Es ist nicht weit von hier. Wir gehen nur gerade aus, dann links und dann kommt man in einem Ausgang im Wald heraus. Ich zeig es euch, folgt mir.“ Sie drehte sich um und sah, wie Naruto Lee einen schnellen Blick zu warf.
 

Was dann geschah, ging so schnell, dass sie es unmöglich nachvollziehen konnte. Aus den Augenwinken nahm sie eine Bewegung wahr, dann spürte sie einen Schlag im Nacken und alles wurde schwarz.
 

~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~
 

„Deidara! Nimm ein paar Männer und hilf Kankuro. Wir verlieren die Kontrolle über den östlichen Abschnitt!“, schrie Gaara Sabakuno dem blonden Rebell zu, der sich sogleich daran machte, den Befehl des Rebellenanführers auszuführen. Ihm folgten gut zwanzig Rebellen, die den Befehl mitbekommen hatten.
 

Gaara Sabakuno ließ die Zwillingsschwerter über seinem Kopf kreisen und ließ einen Angriff eines törichten Gegners wirkungslos abprallen. Im nächsten Moment hatte er ihn mit einem gezielten Hieb nieder gestreckt.
 

„Samui! Zieh dich zurück, Mifune übernehme ich!“ Die blonde Frau sah auf, wich dann zurück und rief den ihr zugewiesenen Rebellen zu: „Wir ziehen uns in den Wald zurück!“ Triumpfschreie ertönten, als Samui mitsamt ihrem Gefolge die Flucht ergriff. Einfältige Narren. Glaubten sie wirklich, dass sie sich so einfach besiegen lassen würden?
 

Er hatte eine Strategie und wenn Mifune so reagierte, wie er es vorausgesehen hatte, saß die Hauptstreitmacht Mao-Chéngs in dem Moment in der Falle, in dem er sie mit seiner einkesselte. Gaara verzog das Gesicht zu einem diabolischen Grinsen. Um ihn herum wichen die Soldaten Konohas zurück. Er erkannte Angst, Erschöpfung und Verunsicherung in ihren Augen. Seine Stärke machte sie mutlos. Elende Feiglinge. Wenn sie nicht bereit waren für ihr Land zu sterben, würden sie ihn nie besiegen.
 

Binnen eines Augenblicks war er bei dem ihm am nächsten stehenden, der ihn überrumpelt ansah, gerade noch das Schwert hochriss und seinen ersten Hieb mit allergrößter Mühe abwehrte. Doch er hatte keine Ahnung, wie er gegen einem Meister der Zwei-Schwerter-Technik ankommen sollte und so traf ihn der zweite Hieb vollkommen unvorbereitet. Gaara zog die Klinge aus seiner Brust und wehrte einen weiteren Schlag ab. Die Wut über das Schicksal ihres Kameraden brachte die übrigen dazu, ihn gleichzeitig anzugreifen. Doch sie hatten keine Ahnung, mit wem sie sich angelegt hatten.
 

„Verdammter Rebell!“, brüllte einer. „Dafür wirst du bezahlen!“ Gaara schlitzte ihm die Kehle auf. In einer perfekten Abfolge von aufeinander folgenden Schwertstreichen und Schnelligkeit streckte er einen nach dem anderen nieder. Aus den Augenwinkeln verfolgte er wieder die Bewegung von Mifunes Streitmacht, doch Mifune selbst hatte er immer noch nicht gesichtet. Doch er fiel auf seine Finte herein. Der Großteil seiner Männer war Samui in den Wald gefolgt, wo zweifelsohne gerade erbitterte Kämpfe stattfanden, aber hier waren die Rebellen im Vorteil, da sie die Umgebung nutzen konnten. Sie warteten nur noch darauf, dass er den Kreis schloss.
 

Der letzte seiner Gegner brach tot auf dem Boden zusammen. Sein Kopf ein paar Schritte von seinem Körper entfernt. „Jetzt!“, schrie Gaara. „Hinterher! Kesselt sie ein!“ Um ihn herum entstand Bewegung, als die ersten Rebellen auf Befehl ihres Anführers den Männern Konohas in den Wald folgten. Kurz ließ er den Blick über das Lager schweifen. Viele Zelte waren abgebrannt, eingebrochen oder nieder getrampelt. Der Schnee war an manchen Stellen weg geschmolzen, an anderen rot vor Blut und dazwischen lagen die Leichen der Rebellen oder Mao-Chéngs Samurai. Es war ein Bild der Zerstörung. Doch die Freiheit bekam man nicht umsonst.
 

Gaara hob die Zwillingsschwerter und machte sich auf den Weg seinen Angriff einzuleiten, als eine ganz in rot gewandte Gestalt mit einem weißen Schwert zwischen den Zelten auftauchte. Der Mann war anders als die Männer, gegen die er gekämpft hatte, er strahlte die Kraft und die Erfahrung eines wahren Kriegers aus. Der Anführer der Rebellen spannte sich augenblicklich an. „Gaara Sabakuno“, sagte der Fremde, „mein Name ist Kimimaro Kaguya, Anführer der Hayai, ich habe Befehl, Euch umzubringen.“
 


 

~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~
 

Mao-Chéng sah von einer Anhöhe auf die Schlacht hinab. Unter ihm leuchteten vereinzelt die Feuer, die die Pfeile der Rebellen entfacht hatten. Das Geräusch kreischenden Stahls drang zu ihm hinauf, doch der Fürst Konohas hatte in seinem Leben genug Kämpfe gesehen, als dass ihn jeder dieser Tode noch berühren konnte. Er war abgestumpft, nachdem Hizashi ihn verraten hatte, hatte resigniert und war alt geworden.
 

Beinahe wunderte er sich, dass es noch immer weiter ging. Die Rebellion hatte einen entscheidenden Wendepunkt erreicht und er war nicht gewillt, ihnen das Land zu überlassen. Wie einst seine Vorfahren hatte Mao-Chéng den Schwur geleistet, Konoha mit all seiner Kraft zu beschützen. Doch dann hatte sich sein bester Freund gegen ihn gestellt und einen Aufstand von so ungeheurer Größe gegen ihn angezettelt, der das Land in seinen Grundfesten erschüttert hatte. Bis er Hizashi ein Ende gesetzt hatte.
 

Für einen Moment driftete Mao-Chéng in seiner Erinnerung ab bis zu jenem Moment, in dem er und seine Krieger die Rebellen in den Silberminen aufgespürt hatten. Ein paar Wachen hatten sie erledigt und die Rebellen hatten tief in der Erde in der Falle gesessen, nur noch darauf wartend, dass er seinen Samurai den Befehl gab sie endgültig zu vernichten. Doch dazu war es nie gekommen. Wieder hatte Hizashi ihm im letzten Moment einen Strich durch die Rechnung gemacht. Er sah es vor sich, als sei es gerade erst geschehen. Sah den Eingang, der tief in den Berg führte, und wie sich ein einzelner Krieger mit gezogenem Schwert ihm und seinem ganzen Heer in den Weg stellte. Hizashi Hyuga. Bruder von Hiashi Hyuga, dem Clanoberhaupt der Hyuga und Begründer der Rebellion. Nie würde er den Blick in seinen Augen vergessen, als Hizashi ihn endlich angesehen hatte.
 

„Was hast du mit diesem Land gemacht, Hizashi?“, murmelte er. Die Schreie drangen jetzt lauter zu ihm hinauf. Er beobachtete, wie die Hauptstreitmacht unter Mifunes Kommando einigen Hundert Rebellen in den Wald folgte. Was für ein sinnloses Sterben.
 

„Herr?“ Orochimaru war lautlos an ihn heran getreten. Genau wie er selbst steckte der Heerführer in einer äußerst widerstandsfähigen Rüstung, das Schwert an der Hüfte festgemacht. Ohne sich umzusehen sagte Mao-Chéng zu den Soldaten, die nicht weit standen und die für seine Sicherheit verantwortlich waren: „Ihr dürft euch entfernen.“ Die Männer verneigten sich fast bis zum Boden und verschwanden. Orochimaru trat neben ihn.
 

„Glaubt Ihr, ich hätte es verhindern können, wenn ich Hizashi eher durchschaut hätte?“ Orochimaru ließ sich Zeit mit seiner Antwort, aber das kannte Mao-Chéng bereits von ihm. Der Heerführer schien bei jedem Satz seine Worte abzuwägen und stets waren seine Antworten logisch und wohl überlegt. Dies war einer der Gründe, warum er ihn zu einem seiner wichtigsten Vertrauten gemacht hatte. Vielleicht zu dem wichtigsten.
 

„Das Opfer Hizashi Hyugas hatte zweifelsohne eine große Wirkung auf die übrigen Rebellen“, sagte Orochimaru endlich, „aber ich glaube nicht, dass sich die Situation ohne ihn großartig verändert hätte. Irgendwo… finden sich immer Fanatiker, die… nun ja…“ Mao-Chéng nickte abwesend und betrachtete die verschiedenen Grüppchen, in die sich die Schlacht aufgesplittert hatte. Von einer Ordnung oder gar strategischen Vorgehensweise konnte wirklich keine Rede mehr sein. Aber vielleicht trog der Schein, denn er hatte noch immer keine Ahnung, was für eine Art Mensch ihr Anführer war. Es könnte sich tatsächlich um eine Strategie handeln, oder es war ein einziger Kampf ums Überleben, wer wusste das schon?
 

„Wir werden Eure Tochter wieder finden…“, sagte Orochimaru neben ihm. Mao-Chéng ballte die Hände zu Fäusten. Tenten… Er hatte ihnen viel zugetraut. Diese verdammte Rebellion war schuld daran, dass das Land im Chaos versank! Ihretwegen starben Unschuldige, wurden Menschen verkrüppelt und seine Regierung untergraben! Und nun hatten sie ihm seine Tochter geraubt, sein geliebtes Kind, das für alle Menschen gleichermaßen nur das Beste wollte und sich mit all ihrer Kraft für Konoha einsetzte!
 

„Sie werden dafür bezahlen!“, knurrte Mao-Chéng und zitterte vor Wut. „Ich kann nicht glauben, dass Hizashi das hier-“, er deutete auf die Schlacht unter ihnen, „in Kauf genommen hat für seine fanatischen Vorstellungen!“ „Man kann sich nie sicher sein, ob man einen Menschen wirklich kennt“, erwiderte sein Gesprächspartner leise, „es gibt immer … Seiten, die im Verborgenen bleiben… vielleicht hat Hyuga von Anfang an geplant, dass es zu dieser Schlacht kommt, vielleicht… ist er aber auch unschuldig…?“ Irgendwas an seinem Tonfall ließ Mao-Chéng wachsam werden und er runzelte misstrauisch die Stirn. „Hizashi, unschuldig? Ich bitte Euch, Orochimaru-san!“
 

Plötzlich begann Orochimaru zu lachen. Es war ein leises, fast amüsiertes Lachen, das ihm durch Mark und Bein ging. So unangemessen in einer solchen Lage, dass Mao-Chéng jeden anderen dafür schwer bestraft hätte. „Ich hätte nicht erwartet, dass Ihr so leicht zu manipulieren seid… so blind für auch nur das kleinste bisschen Wahrheit. Ihr habt es mir so leicht gemacht…“ Mao-Chéng riss die Augen auf und fuhr zu ihm herum. „Was hat das zu bedeuten!“ Sein Lächeln war so kalt, dass es den Fürsten dermaßen fesselte, dass ihm beinahe das verräterische Geräusch entging, mit dem ein Schwert aus der Scheide gezogen wurde. Er riss die Augen auf, als er die Tragweite dessen erkannte. Er wollte zurückweichen, aber Orochimaru ließ ihm nicht die geringste Chance. „Ihr habt jahrelang den Falschen gejagt, Mao-Chéng…“, flüsterte Orochimaru und dann rammte er ihm sein Schwert in den Magen.
 

~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~
 

28.o3.2o11
 

Hallihallo,
 

ich melde mich mit dem ersten Teil des Finales zurück. Zu diesem Zeitpunkt kann ich endlich genau sagen, dass Samurai noch 4 Kapitel haben wird und bald beendet ist. Ich arbeite mit Höchstleistung an allen übrigen Kapitel und habe mir noch so einiges für die Schlacht aufgehoben. Unter anderem die angedeuteten Kämpfe wie Gaara vs. Kimimaro und den Verrat Orochimaros an Mao-Chéng. Die letzten Kapitel werden so schnell wie möglich nach kommen. Hier bedanke ich mich auch nochmals bei Arethelya, die wirklich ganz flott die Korrektur gemacht hat. *knuddel*
 

So, ich hoffe ich habe eure Erwartungen an die Schlacht bis jetzt noch nicht enttäuscht, denn das ist ganz schön kompliziert ^^
 

Bis zum nächsten Kapitel
 

lg

moony

~ Kapitel 30: Fate ~

~ Kapitel 30: Fate ~
 


 

Abermals schlug Tenten gegen die Tür. Sie wusste nicht, wie lange sie diese Prozedur schon wiederholte. Vielleicht eine Stunde, vielleicht hatte sie ihr Zeitgefühl auch schon längst verloren. „Hilfe!“, rief sie und ihre Stimme klang allmählich dünn und krächzend von dem vielen Rufen. Für einen Augenblick drehte sich alles und ihre Hand schmerzte von den Schlägen gegen die Tür. Als Tenten kurz innehielt und ihre Finger spreizte, stellte sie fest, dass ihre Haut stark gerötet war und, dass in regelmäßigen Abständen ein starker Schmerz durch ihre Hand jagte.
 

Seitdem sie aufgewacht war und festgestellt hatte, dass Neji sie eingesperrt hatte, hatte sie so ziemlich alles probiert, um sich zu befreien. Von dem Versuch, die Tür aus den Angeln zu heben, bis hin zu brachialer Gewalt, indem sie sich dagegen warf, war alles misslungen. Ihre Stimme war von dem ganzen Rufen schon deutlich schwächer geworden und langsam schwand Tentens Hoffnung, dass überhaupt noch irgendjemand in den Gängen unterwegs war. Wer sollte schon hier bleiben, wenn draußen die Schlacht tobte und die Rebellen mit all ihrer Kraft gegen ihren Vater kämpften?
 

Neji hatte alles genau geplant. Er hatte von Anfang an gewusst, dass sie sich nicht von allein befreien konnte, hatte berechnet, dass niemand in seinem Zimmer nach ihr suchen würde. Dem letzten Ort, an dem sie sein würde, waren sie doch dazu bestimmt, Todfeinde zu sein. Ein bitteres Lächeln schlich sich auf ihre Züge. Wieder war es genau wie jedes andere Mal auch. Er versuchte sie mit all seiner Kraft zu schützen. Selbst gegen ihren Willen. Während er auf seine Art das in seinen Augen Nötige unternahm, um alles wieder grade zu biegen. Wo nichts mehr grade war…
 

Hilflosigkeit keimte in ihr auf. Wäre sie doch nur bei ihm und konnte wenigstens versuchen irgendetwas zu tun… Stattdessen war sie eingesperrt und zu Untätigkeit verdammt. Alles wäre besser gewesen als das. Warum hatte er ihr das angetan? Warum! Wütend knallte sie ihre Unterarme auf das Holz und lehnte sich gegen die Tür. Es war nicht gerecht… warum gab er ihr nicht einmal die Chance zu kämpfen? Er konnte nicht immer jede Bürde allein tragen. Hatte sie ihm nicht oft genug gezeigt, dass er nicht allein war? Neji …
 

Tenten spürte, wie ihr die Tränen in die Augen traten. Das durfte doch alles nicht wahr sein! Orochimaru durfte seinen Plan nicht in die Tat umsetzen, ansonsten waren sie alle verloren. Er hatte gewartet, ja, aber nach Jahren endloser Geduld, dürfte auch er nicht mehr länger warten wollen. Dies hier… war die beste Gelegenheit alle seine Feinde auf einen Schlag loszuwerden.
 

Tenten spürte ihren Atem heiß auf ihrem Gesicht, als sie ihre Stirn gegen die Tür lehnte und ihr Haar wie ein Schleier um ihr Gesicht fiel. Was hatte sie nur getan, als sie hierher gekommen war? Mittlerweile lehnte sie mit dem ganzen Gesicht am Holz, atmete den herben Geruch ein und lauschte erschöpft. Nun kannte sie die Wahrheit; sie wusste, dass Neji lebte; sie wusste, warum die Rebellen entstanden waren und was ihr Vater und Orochimaru damit zu tun hatten – doch zu welchem Preis! War das Leben hunderter Menschen nicht mehr wert als das? Sie konnte es doch nicht hinnehmen, dass so viele Menschen ihr Leben gaben, nur damit ein paar wenige die Wahrheit erfuhren, denn es gab keinen Sinn in diesem Kampf. Und wenn es einen gegeben hatte, so war dieser längst verloren. Tenten blinzelte eine Träne weg – und hielt inne. Hatte sie etwas gehört? Sie presste ihr Ohr gegen das Holz und tatsächlich: Irgendwo in der Nähe ging jemand den Gang hinunter. Tenten lauschte angestrengt und konnte hören, wie Fußschritte langsam in ihre Richtung kamen. Egal wer das war, beschloss sie, schlimmer als das hier konnte es nicht mehr werden. „Hilfe!“, schrie Tenten mit aller Kraft und hämmerte wie wild gegen die Tür. „Hilfe! Macht die Tür auf!“
 

Draußen auf dem Gang verstummten die Schritte. „Hilfe!“, rief Tenten noch einmal, „HILFE!“ Jeden Ausruf betonte sie mit einem besonders kräftigen Schlag und die Schritte des Fremden wurden hastiger, lauter und kamen in immer kürzeren Abschnitten auf dem Boden auf. Jemand rannte in die Richtung, aus der der Lärm kam. Ihr Herz machte einen Hüpfer. Es gab eine Chance! Es würde für sie eine Möglichkeit geben Neji zu retten, einen letzten Versuch all das zu verhindern...
 

„Hallo?“ Jemand kam unschlüssig vor ihrer Tür zum Stehen. „Hier“, beeilte Tenten sich zu sagen, „holt mich hier raus!“ Stille. Dann machte die Person sich an dem vorgeschobenen Riegel außerhalb der Tür zu schaffen. Es ruckte laut, Tenten stemmte sich mit aller Macht gegen das Holz und dann gab es einen schrecklichen Knall, als der Riegel nachgab. Tenten, die sich gegen die Tür gepresst hatte, landete mit viel Schwung schmerzhaft auf der Erde.
 

Als sie aufsah, blickte sie direkt in das Gesicht Temari Sabakunos, die volle Männerrüstung trug, ihre Kusarigama festhielt und sie mit weit aufgerissenen Augen anstarrte. „Temari“, stammelte Tenten. Ihr Blick huschte an ihr vorbei und als Tenten ihren Augen folgte, erkannte sie, was Temari so sprachlos machte. In ihrer Besessenheit herauszukommen, hatte sie nicht mehr an das Geschehene gedacht. Auf Nejis Futon, das sie sich diese eine Nacht geteilt hatten, lag unordentlich die Decke und auf dem Stoff… war ihr Blut. Tenten konnte förmlich sehen, wie Temari gedanklich die Verbindung herstellte.
 

„Temari, bitte!“, flehte sie, „du musst mir helfen, sonst ist alles verloren. Orochimaru hat einen Plan, er wird versuchen-“ Die Sabakuno hob eine Hand und Tenten verstummte augenblicklich. „Ich habe keine Ahnung, wie Ihr hierher gekommen seid“, erklärte die junge Kriegerin, „zum Teufel! Ich will es gar nicht wissen. Sag’ mir nur eins: Glaubst du, dass es irgendeine Möglichkeit gibt, diesen Wahnsinn aufzuhalten?“ In Temaris Augen trat ein seltsamer Ausdruck. Eine Mischung aus Müdigkeit und einer längst aufgegebenen Hoffnung. „Temari, ich-“ – „Glaubst du, es gibt eine Chance?“, unterbrach sie die Rebellin. „Ich-“ Glaubte sie überhaupt noch daran? Gab es diese Möglichkeit auf Freiheit noch? Oder war längst alles verloren? Temari sah sie immer noch an.
 

„Ich… verdammt!“, fluchte sie plötzlich, „ich habe keine Ahnung, aber ich will nicht aufgeben, ich werde es nicht tun! Es ist meine verdammte Pflicht, es wenigstens zu versuchen!“ Auf einmal lächelte die Frau mit dem weizenblonden Haar. Tenten hatte sie noch nie lächeln sehen, sie war immer stark und selbstdiszipliniert und noch nie hatte Tenten so etwas wie Hoffnung bei ihr gesehen. „Gute Antwort“, sagte Temari, „komm…“ Temari wandte sich zum Gehen, doch Tenten zögerte. Mit einem Mal hatte sie das Bild einer Schlacht vor Augen und Orochimaru, der nur darauf wartete, sie … „Warte“, flüsterte Tenten, huschte in den Raum zurück und ihre Finger schlossen sich um den Griff des Sonnenschwertes.
 

~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~
 

Neji hatte das Seeufer erreicht. Hier wurde nur noch vereinzelt gekämpft. Soweit er es in all dem Chaos beurteilen konnte, hatte Gaara eine Finte eingeleitet und die Hauptstreitmacht Mao-Chéngs in den Wald gelockt, wo die Rebellen ihnen klar überlegen waren. Noch war kein Sieger abzusehen, aber das Ergebnis würde so oder so dasselbe sein. Es würde ein einziges Gemetzel werden. Und der Tod war überall. So sehr man auch wollte, man konnte nicht die Augen davon abwenden.
 

Noch immer hatte Neji das Bild des toten Hayate vor Augen, den Suigetsu so hinterrücks erstochen hatte. Einen Menschen, den er gekannt und gemocht hatte. Tot. So schnell, so unnütz... Die Erinnerung versetzte ihn in einen tauben Zustand. Er kämpfte und kämpfte doch nicht, er atmete und erstickte gleichzeitig an dem Schmerz. Hayate war für nichts und wieder nichts gestorben und das verursachte eine Bitterkeit in ihm, die sich grauenhaft anfühlte.
 

Von seinen einstigen Gefährten waren kaum noch Rebellen übrig. Sie waren entweder tot oder so weit verstreut, dass er den Überblick verloren hatte. Vielleicht waren es noch fünfzig in einem Umfeld von zwei Meilen. Neji hatte keine Ahnung, wo Omoi war, nur Karui musste sich noch irgendwo in seiner Nähe befinden.
 

Neji atmete tief durch und schloss für einen Moment die Augen. Er hatte Deckung. Für den Augenblick war er in Sicherheit. Der Schnee fiel kalt auf sein Gesicht und er war dankbar für eisige Kühle, bei der er sonst so gefroren hätte, dass er glaubte, sein Körper sei schon taub geworden. Der kurze Moment wurde von den Schreien der Sterbenden zerstört und Neji fand sich ohne Vorwarnung in der Realität wieder.
 

Er spreizte kurz die Finger seiner Hand und packte sein Schwert fester. Dann verschaffte er sich einen Überblick über die Lage. In der Nähe stand der größte Teil der Zelte noch, ab und an lagen Verletzte oder Tote auf dem Boden. Etwa fünfzig Meter entfernt tobte ein Kampf zwischen zwei größeren Gruppen. Neji erkannte Karuis roten Haarschopf und hörte, wie sie ihren Verbündeten Befehle und den Feinden laute Kampfschreie zurief. Sie war auch so eine starke Seele, die alles verloren hatte und einen Hass auf die ganze Welt verspürte. Dennoch machte sie irgendwie weiter. Genau wie Gaara, Temari und Kankuro. Wie Sasuke. Tenten. Genau wie er.
 

Er wollte gerade zu ihr laufen, als er etwas anderes wahrnahm und ihm blieb fast das Herz stehen. Im Schneegestöber konnte er eine Gestalt ausmachen, die er nur allzu gut kannte. Kabuto, der Handlanger Orochimarus, schnitt einem Rebell hinterhältig die Kehle durch. Selbst im Toben des Schneesturms konnte Neji ihn noch lachen hören. Eine Wut, wie er sie noch nie gefühlt hatte, keimte in ihm auf.
 

Bevor er es sich versah, hatte er sich schon an die Verfolgung gemacht. Kabuto lief Richtung Wald, vielleicht zu einer Anhöhe, von der aus man alles beobachten konnte. Vielleicht… befanden sich dort Orochimaru und – ihm drehte sich der Magen um – Mao-Chéng. Kabuto hatte ihn noch nicht bemerkt, aber das war auch keine Kunst bei dem Sturm. Allerdings war er kaum zu übersehen, wenn Kabuto zufällig in seine Richtung sah. Doch er durfte ihn auf gar keinen Fall entdecken. Neji beschleunigte seine Schritte, versank im Schnee und nahm alle Kraft zusammen. Der Abstand schrumpfte.
 

„Hyuga?“ Neji fuhr herum. Aus dem Schneegestöber löste sich eine in Rot gewandte Gestalt und sein letztes Treffen mit dem Krieger hatte er nicht gerade in guter Erinnerung. „Ich dachte, Kimimaro hätte dich erstochen!“, sagte Kidomaru. „Wie du siehst, hat er seine Arbeit nicht gründlich gemacht“, erklärte Neji knapp. Kabuto war gute zehn Meter vorangekommen. „Na, so was“, amüsierte sich der Hayai, „der perfekte Kaguya hat es vergeigt.“ Neji verfolgte, wie er seine Lanze, mit der er unerfahrenen Kriegern weit überlegen war, hob und gegen ihn richtete. „Hast ganze Arbeit geleistet“, erklärte er dann, „Jirobo ist tot. Aber gegen mich hast du keine Chance. Noch einmal passiert ein solcher Fehler nicht… Denk nur daran, wie reich mich Meister Orochimaru belohnen wird, wenn ich ihm deinen Kopf bringe.“ Ein Grinsen schlich sich auf sein Gesicht und der Hayai blickte ihn gehässig an.
 

Neji starrte mit der gleichen Abscheu zurück. „Du wirst niemandem mehr etwas berichten können. Mein Schwert ist das letzte, das du sehen wirst.“ „Na, na, Hyuga… hat dein Vater dir keine Manieren beigebracht?“ Sein Mund verzog sich zu einem Grinsen. Neji starrte ihn an. Lass dich nicht provozieren… darauf legt er es nur an… hör nicht hin… „Ach nein, er hatte ja keine Zeit mehr, tot der Gute, nicht wahr?“
 

Die Worte drangen tief in seine Seele und die Wut in ihm erreichte den Siedepunkt. Neji spürte die Kälte nicht mehr, nicht all die Gefühle, die die Schlacht in ihm hervorgerufen hatte, nur der Hass war noch da. Er hatte nicht geglaubt, dass er so hassen konnte. „Tot, der Gute… tot…“, echoten die Worte des Hayai in seinem Kopf. Im Bruchteil einer Sekunde hatte er sich auf Kidomaru gestürzt, der ein wenig überrascht zur Seite sprang. Neji wirbelte auf dem Absatz herum, verlagerte sein Gewicht auf das rechte Bein und drehte sich in der Seitwärtsbewegung herum.
 

Es gab ein hässliches Kreischen, als Ryujin auf die Spitze der Lanze traf. Für einen Moment spürte Neji die Kraft, die hinter beiden Waffen steckte. Ein stummes Ringen um die Oberhand in diesem Kampf. Eine winzige Bewegung erregte Nejis Aufmerksamkeit. Der spinnenartige Kidomaru, obwohl im Kampf mit der Lanze nahezu unbesiegbar, wurde leicht weggedrückt. Anscheinend hatte er die Situation noch nicht unter Kontrolle und war von seinem plötzlichen Angriff überrascht.
 

„Wage es nie mehr meinen Vater zu beleidigen“, zischte Neji ihm zu. Kidomaru nutzte seine kurze Ablenkung, stieß das Schwert beiseite und taumelte ein paar Schritte zurück. „Und wenn?“, spottete er, „was tust du dann Hyuga?“ Diesmal war Neji nicht schnell genug. Der Hayai hatte sich von seinem ersten Schreck erholt und stieß nun mit der Waffe, die die deutlich größere Reichweite besaß, nach ihm, woraufhin Neji rückwärts stolpernd auswich, aber seinen Halt verlor und in den Schnee stürzte. Kidomaru, der seine Chance witterte, ließ die Lanze auf seinen Kopf zu sausen, doch Neji rollte sich im letzten Moment zur Seite.
 

„Lachhaft, Hyuga!“, spottete er, „du bist nichts als eine kleine Made, die in etwas weit Größeres hinein geraten ist, dem sie nicht gewachsen ist. Als ob du oder dein Vater je etwas gegen Meister Orochimarus Plan ausrichten könntet!“ Mit Mühe kam Neji wieder auf die Beine, keuchte schwer und versuchte seinen Atem wieder in den Griff zu bekommen. Kidomaru wirbelte die Lanze in einem perfekten Halbkreis über seinen Kopf, erstarrte in der Bewegung und beobachtete jede einzelne seiner Reaktionen. Noch immer stand ihm der Schalk, ja beinahe die Überlegenheit, ins Gesicht geschrieben. „Als ob du es jetzt noch verhindern könntest!“, fuhr er fort und seine Augen blitzten Neji an. In Neji breitete sich eine furchtbare Ahnung aus… Die Vernichtung der Hyuga war nicht Orochimarus eigentliches Ziel gewesen. Da gab es noch mehr… etwas weit Größeres, ein Plan, der sich vielleicht über Jahre hingezogen hatte. „Was hat er vor? Antworte mir!“
 

Kidomaru lachte kalt. „Du bist so naiv, Hyuga“, der Hayai hielt einen Moment inne, „es gibt nur einen einzigen legalen Weg an die Macht…“ Kidomaru sah ihn durchdringend an, als würde er einen großen Triumph auskosten; er wartete darauf, bis Neji erkennen würde, bis er verstehen würde… Doch er verstand nicht. Kidomaru wartete immer noch, ein Grinsen im Gesicht und dann endlich wurde es ihm klar. „Das wagt ihr nicht…“, flüsterte er Neji, „das wagt ihr nicht!“
 

Kidomarus Grinsen wurde breiter. „Aber ja“, beschwichtigte der Hayai ihn beinahe sanft, „der Plan hat bereits begonnen. Niemand, der Meister Orochimaru gefährlich werden könnte, wird diese Schlacht überleben. Das Volk wird denken, Mao-Chéng hätte die Rebellen besiegt und sich geopfert. Meister Orochimaru wird wie ein Held gefeiert werden… Alles was fehlt ist sie…“ „Ihr werdet sie niemals bekommen!“, schnappte Neji.
 

„Nein? Gib’ es auf; Hyuga, du kannst sie nicht mehr retten. Es ist zu spät. Und du wirst heute dein Leben lassen.“ Für eine Sekunde starrten sich die beiden Kontrahenten nur an und Neji wusste, dass er sterben würde, wenn er den Hayai nicht zuerst ausschaltete. Dass Tenten verloren war… Tenten…
 

„Ich wünsche mir ein Konoha, das frei ist.“ Sie hatte den Blick auf den See gerichtet und starrte nachdenklich aufs Wasser. „Niemand soll mehr unterdrückt werden, ich will, dass die Menschen einander wirklich verstehen. All das Leid soll ein Ende haben!“ Ihre Stimme war lauter geworden, doch gleichzeitig nahm er einen beinahe frustrierten Unterton wahr. So vollkommen hilflos.
 

Neji und Kidomaru stürzten im selben Moment aufeinander zu. Diesmal war es kein Abtasten mehr, sie attackierten sich mit roher Gewalt. Neji wusste, dass er eine Chance hatte. Es war eine Sache, alle Hayai gleichzeitig gegen sich zu haben, aber in einem fairen Zweikampf konnte er es ohne Probleme mit Kidomaru aufnehmen.
 

Er erinnerte sich… Es war einer dieser Nachmittage am See, an ihrem Ort an dem sie über alles und nichts gesprochen hatten. Damals, als noch alles so viel einfacher war. Damals, als Tenten zum ersten Mal über ihre eigenen Träume, ihre Pflicht und ihr Schicksal gesprochen hatte…
 

Neji drehte sich auf dem Absatz um und führte eine schnelle Serie von einfachen Schlägen gegen Kidomaru, die dieser allerdings ebenso geschickt abwehrte. Sein Gegner war vermutlich seit frühester Kindheit ausgebildet worden, sodass er beinahe automatisch auf jeden Angriff einging und Nejis Anstrengung scheinbar mühelos zunichte machte.
 

Der Schnee erschwerte seine Bewegungen ebenfalls. Wo er sonst keinerlei Probleme gehabt hätte, seine Verteidigung aufrecht zu erhalten, wurde es jetzt fast zu einer Qual. Die Anstrengung, die Neji jedes Mal aufwenden musste, um sich im Schnee einigermaßen zu bewegen, machte ihn langsamer als er es sonst gewesen wäre. Eine Tatsache, die Kidomaru gnadenlos ausnutzte und ihm in einem unachtsamen Moment die Spitze der Schwertlanze in die Brust stieß. Neji schnappte nach Luft, doch seine Rüstung hatte das gröbste abgefangen. Trotzdem spürte er einen stumpfen Schmerz, der durch seinen Körper jagte. Der Schlag würde bestenfalls einen Bluterguss, schlimmstenfalls einen Rippenbruch hinterlassen, doch er brachte ihn nicht um. Ein wenig benebelt tat Neji das einzige, das ihm einfiel: Er stützte sich auf Ryujin ab, dessen Spitze in der kalten Erde steckte, und schlug Kidomaru mit voller Wucht ins Gesicht. Kidomaru stolperte rückwärts und hielt sich mit der einen Hand die Nase, aus der Blut über sein Gesicht lief. Seine Augen nahmen einen mörderischen Ausdruck an. „Ich bring dich um“, zischte er.
 

„Glaubst du, dass es möglich ist mit der Rebellion und allem?“, fragte er. Tenten sah ihn an und schien einen Moment zu überlegen. „Möglich ist alles, Neji“, erklärte sie dann, „aber darauf kann ich mich nicht verlassen. Meine Familie hat vor langer Zeit geschworen, den Frieden in Konoha zu halten, doch jetzt…“ „Jetzt herrscht kein Frieden.“ Tenten schüttelte den Kopf. „Nein. ... Aber es wäre möglich, dass irgendwann wieder Frieden einkehrt. Aber auch, dass Konoha im Chaos versinkt. Wenn ich es genau überdenke, dann ist Krieg sogar wahrscheinlicher…“
 

Neji täuschte links an und warf sich dann nach rechts, doch Kidomaru hatte bei weitem genug Erfahrung, um die Finte zu erkennen, und tauchte unter dem Schlag weg. Nur um im nächsten Moment Nejis kurze Blöße auszunutzen und ihm die Schwertlanze an der Seite entlang zu ziehen. Die Klinge durchtrennte Stoff und Rüstung und Neji wich mit einem Aufschrei zurück. Für eine Sekunde wurde ihm schwarz vor Augen, in der nächsten wehrte er schon wieder einen Angriff seitens des Hayai ab. Er hatte ihn unterschätzt, so viel war sicher. Vielleicht hatte er neben dem übermächtigen Kimimaru wie ein Gegner gewirkt, den man leicht bezwingen konnte, doch dem war nicht so. Kidomaru stimmte seine Angriffsserie so geschickt aufeinander ab, dass Neji kaum noch folgen konnte.
 

„Warum kämpfst du dann, wenn du weißt, dass es sinnlos ist? Wieso gibst du nicht einfach auf und versuchst zu retten, was zu retten ist? Jeder andere hätte in Anbetracht dieser Bedrohung längst Maßnahmen ergriffen, um sich im Falle eines Falles selbst zu schützen.“
 

Kidomaru wechselte die Waffe blitzschnell in die linke Hand, ließ sie einmal rotieren und rammte Neji, der von diesem Zug überrumpelt war, die stumpfe Seite in den Magen. Der Schmerz war beinahe überwältigend, doch sein Gegner ließ ihm keine Gelegenheit zur Ruhe zu kommen. Kaum hatte er einen Treffer erzielt, setzte er ihm nach und Neji verlor vollends das Gleichgewicht. Noch während er fiel, schloss er die Augen und zog sich tief in sein Inneres zurück. Das Gefühl, das nun folgte, hatte er in dieser Weise noch nie gespürt. Seine Seele öffnete sich der Welt, doch was war das für eine Welt! Alles war eiskalt, Pflanzen waren abgestorben, Tiere tief im Wald verborgen und über allem lag der Tod, der die klammen Finger nach den Menschen ausstreckte, die auf dem Schlachtfeld fielen. Er spürte alles. Ihre Angst, ihre Wut, ihr letztes verzweifeltes Ringen mit dem Tod und dann … nichts mehr. Mit jedem Moment fühlte Neji, wie irgendwo ein Leben erlosch. Die Schönheit, die Farben, die das Leben malte, und die nur jenen, denen es möglich war ihren Geist mit ihrer Umgebung zu verschmelzen, sichtbar waren, verblassten langsam. Zurück blieb eine graue Welt.
 

So fühlte sich also Krieg an. Verzweiflung. Wut. Rache. Angst. Keine Hoffnung, nichts. Das ganze durfte nicht länger als wenige Augenblicke gedauert haben, denn auf einmal war der Hayai über ihm und Neji rollte sich zur Seite, um der Lanze auszuweichen, die sich im nächsten Moment dort in den Schnee bohrte, wo vor einer Sekunde noch sein Kopf gewesen war. Mit einem kräftigen Ruck befreite Kidomaru seine Waffe aus dem vereisten Boden und Neji, dessen Sinne nun bis aufs Äußerste geschärft waren, fing die scharfe Spitze mit Ryujin über seiner Brust ab, während er noch auf dem Rücken lag.
 

„Gib’ doch einfach auf, Hyuga! Du kannst nicht gewinnen!“ Ryujin erzitterte und Neji biss die Zähne zusammen. Er starrte Kidomaru in die Augen. Der Ausdruck in ihnen war bar jeden Mitleides, kalt und arrogant. Sein Gegner hatte so oft getötet, dass es ihm längst nichts mehr ausmachte. Im Gegenteil, ihn durchflutete ein fast euphorisches Glücksgefühl, wenn er es tat. Dies war das Bild des Feindes, das er zerstören musste. Ihm wurde immer klarer, dass es nicht der Mensch war, den er besiegen musste, sondern das, wofür er stand. Kidomaru drückte sein Schwert näher an seine Brust und Neji konnte es nur noch mit Mühe von sich weg halten. Es wunderte ihn, dass der Hayai die Situation so unausgenutzt ließ. Neji hatte erwartet, dass er etwas tun würde, was ihn fast unbeweglich machen würde, aber anscheinend hatte er sich geirrt… Oder… Kidomaru kostete einfach seinen Triumph aus.
 

„Na, wie fühlt sich das an, Hyuga? Du kriechst im Dreck, wo du hingehörst!“ Er lachte gehässig und Nejis Hand zitterte noch heftiger vor Anstrengung. Er legte die linke Hand flach unter die Klinge, um mehr Stabilität zu erreichen, doch zu seinem Entsetzen änderte sich seine Situation überhaupt nicht. „Na? Willst du nicht um dein mickriges Leben betteln, du feige Ratte? ...“ Seine Worte dröhnten in Nejis Ohren, aber es war nicht mehr seine Stimme, die er hörte. Er war wieder dort… an dem anderen schöneren Tag…
 

„Damit haben sich schon viele weise Männer und Frauen beschäftigt, Neji“, gab Tenten zu. „Aber ich glaube, jeder muss seinen eigenen Grund finden, um zu kämpfen. Es gibt so viele verschiedene Menschen und alle gehen ihren eigenen Weg.“ „Und du?“, wollte er wissen, „was ist dein Grund?“ Die junge Frau starrte wieder auf das Wasser des Sees und zerknüllte den Stoff ihres Kimonos. „Ich weiß nicht, ob meiner wirklich ein Grund ist. Ich wünsche mir nur… ich wünsche mir nur, dass Konoha wieder so wird wie es einst war. Ein Land, in dem keiner mehr Angst haben muss, in dem es gerecht zugeht…“ Neji runzelte die Stirn. Ihre Worte klangen stark, aber sie waren nur das: Worte, und er war ein praktisch denkender Mensch, der nicht wusste wie sie dieses so große Ziel erreichen wollte…
 

Neji beobachtete sie. Ihre Haare waren hübsch aufgesteckt, doch einige Strähnen hatten sich gelöst und tanzten im Wind, wenn eine leichte Bö aufkam. Sie hatte keine Ahnung, was sie für eine Wirkung auf ihn hatte. „Aber… wie?“, hörte er sich sagen und konnte einen Teil seiner Verlegenheit doch nicht aus seiner Stimme verdrängen.
 

Sie sah ihn an. Mit diesen dunklen lebendigen Augen, die eine Kraft ausstrahlten, die ihr noch nicht einmal selbst bewusst war. Doch was sie dann sagte, würde ihm für immer im Gedächtnis bleiben. „Es ist nicht viel, das man tun kann, aber wenn man es tut, könnte es die Welt verändern.“
 

Ihre Worte brannten sich in seine Seele. Sie hatte nie erfahren, dass ihr Traum in diesem Moment auch zu seinem geworden war...
 

„Du hast recht“, brachte Neji atemlos hervor, „vielleicht kann ich nicht gewinnen, aber ich kann es versuchen!“ Damit wand er sich unter den Waffen weg, mobilisierte alle Kraft und brachte Kidomaru mit einem gezielten Tritt zu Fall. Dieser, vor Überraschung völlig überrumpelt, gab sich für einen Moment eine Blöße. Sein Griff lockerte sich und Neji schaffte es endlich, die Waffe weit von sich zu schleudern. Die Lanze schlitterte über den Schnee außer Reichweite. Kidomarus Blick folgte der Waffe, doch diesmal war Neji schneller. Er warf sich auf ihn und rammte das Schwert durch seine Schulter und nagelte den Hayai so am Boden fest.
 

Kidomaru stieß einen Schmerzenslaut aus, aber Neji war sich sicher, dass der Hayai mit ihm keine Gnade gehabt hätte. Dessen Atem ging schnell und stoßartig. Dann spuckte er Blut. Die Klinge musste durch einen seiner Lungenflügel gestoßen sein. Neji zog Ryujin aus Kidomarus Schulter. Der stöhnte vor Schmerz auf und schließlich sah er Neji mit einem Hass an, der sich wie Gift anfühlte. „Na los!“, röchelte er, „tö-töte mich, a-aber M-meister O-orochimaru wirst d-du nicht a-aufhal...“
 

Neji starrte auf ihn herab. Einen Menschen, der so viel Leid über Konoha gebracht hatte in seinem wahnsinnigen Glauben und fanatischer Ehrerbietung zu Orochimaru. Einer, der ihn irgendwo halbtot im Wald liegen gelassen und sich an seinen Schmerzen ergötzt hatte...
 

„T-töte m-mich!“ Kidomaru begann schrill zu lachen, das jedoch schnell in ein Husten überging. Voller Ekel betrachtete Neji den niedergestreckten Mann. Einen Moment lang spielte er mit dem Gedanken, ihm ein Ende zu machen. Aber hatten die Hayai ihn getötet, als er glaubte nichts auf der Welt mehr ertragen zu können? Sollte Kidomaru das gleiche Schicksal haben, das er für ihn gewollt hatten. Sollte er allein sterben...
 

Der Blick des Hayai war noch immer erwartungsvoll auf die Waffe gerichtet, aber Neji schob Ryujin ohne ein Wort in die Schwertscheide zurück. „Du bist es nicht wert“, flüsterte er mehr zu sich selbst als zu ihm. Du bist es nicht wert...“ Dann drehte er sich um. Ließ alles hinter sich und fixierte den Waldrand. „Neji! Hilfe!“ Karuis Stimme holte ihn aus seinen Gedanken. Sie war offensichtlich in Schwierigkeiten und hoffte auf seine Unterstützung, doch er hatte sich entschieden. Es gab etwas, das er tun musste. Erst dann würde der Wahnsinn ein Ende haben und dafür musste er Opfer in Kauf nehmen...
 

Neji wandte sich dem Wald zu, erinnerte sich, wo er Kabuto zuletzt gesehen hatte und folgte dann der Spur, die dieser im Schnee hinterlassen hatte.
 


 

~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~
 


 

Er kam direkt aus der Hölle und brachte das Grauen über sie. Er war die Feuer gefangene Wut, er war der Handlanger des Todes, der ihnen ins Gesicht lachte und er war der, über den sie Geschichten gehört hatten. Ein Fleisch gewordener Albtraum, der sie alles vergessen ließ, was sie gelernt hatten.
 

Er durchbrach ihre Verteidigung so mühelos wie er einatmete. Waffen brachen, Knochen brachen, ihr Blut breitete sich gleich einer Pfütze unter ihren leblosen Körpern aus, die den Boden zu seinen Füßen pflasterten. „Du Monster!“ Ein muskulöser Soldat, der die Rüstung Konohas trug, stürzte sich auf ihn, aber er trat nur einen Schritt zur Seite, zog ihm mit einer blitzschnellen Bewegung die Beine weg, sodass sein eigenes Gewicht ihm zu Verhängnis wurde, und ließ dann das Schwert auf ihn herab sausen.
 

Er trat über die Leiche hinweg und ging behutsam um den Kopf des Soldaten herum. Seine Schritte verursachten ein matschiges Geräusch, als er durch das blutdurchtränkte Schlachtfeld ging. Wenn er auftauchte, fror das Geschehen ein. Sowohl Feinde, als auch Verbündete sahen gleichermaßen furchtsam zu ihm auf. Doch er hatte nur Verachtung für sie übrig. Sie kannten keine wahre Angst, hatten nie vor ihm gezittert... so wie er.
 

Doch er hatte gelernt, keine Gnade walten zu lassen. Sein Bruder hatte ihn den Hass gelehrt und der Hass machte ihn stark. Unbezwingbar. Seine Seele unberührbar. Wer töricht genug war, es mit ihm aufzunehmen, starb. Starb wie ein Insekt, das er zwischen zwei Fingern zerquetschte. Er spürte, wie sie alle vor ihm zurück wichen, doch es gab kein Entkommen für sie.
 

Er wütete unter ihnen wie der Tod selbst. Sie hatten ihm nichts entgegen zu setzen. Einer nach dem anderen fielen sie und er ließ einen Weg der Zerstörung zurück. Schmerz. Nichts als Schmerz hatte er gefühlt... damals. Und nichts als Schmerz würden sie durch ihn spüren. Die Welt sollte wenigstens einen kleinen Teil seines Leides erfahren, auch wenn er dieses vermaledeite Gefühl niemals mehr zulassen würde. Seine Klinge fuhr über den Hals eines weiteren Mannes, der gurgelnd umkippte und an seinem eigenen Blut erstickte.
 

„Sasuke!“
 

Es war das erste Mal seit einer Ewigkeit, dass er etwas anderes wahrnahm als seinen blutigen Kampf. Er kannte diese Stimme, hatte sie unzählige Male gehört. Er kannte diesen Mann... Langsam drehte er sich um, fast ein Lächeln auf den Lippen, und richtete sein Schwert direkt auf das Herz des Mannes, der ihm in einem anderem Leben mal etwas bedeutet hatte.
 

„Es ist lange her, Meister...“
 


 

~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~
 


 

Seine sturmgrauen Augen blickten direkt in seine Seele, als er aus dem Dunkel der Höhle ins Licht trat. Es war die Miene eines Mannes, der den Tod akzeptiert hatte und bereit war zu gehen. Hizashi Hyuga trat aus den Schatten heraus und augenblicklich setzte ein Wispern unter den Männern ein. Dies war derjenige, der im Alleingang eine Rebellion ausgelöst hatte. Er war es, den sie seit Jahren zu fassen versuchten.
 

„Hizashi“, begrüßte er ihn, aber die einstige Wärme war aus seiner Stimme verschwunden. „Chéng“, antwortete Hizashi. Beide Männer sahen sich abschätzend an. Dann setzte sich Hizashi in Bewegung, trat in die Mitte des Kreises, den sie freigelassen hatten. Kurz beäugte sein früherer Freund das Aufgebot an Soldaten, musterte scheinbar das Heer, und sah dann wieder zu ihm.
 

„Du kennst das Gesetz dieses Landes, Hizashi. Du wirst hingerichtet für die Verbrechen, die du begangen hast“, erklärte er. Hizashi blieb unbeeindruckt. „Ich tat, was ich für richtig hielt, mein alter Freund.“ „Du hast in dem Moment meine Freundschaft verloren, als du meine Frau ermordet hast.“ „Nein“, sagte Hizashi ruhig, „sie starb nicht durch meine Hand.“
 

„Lügner!“, schrie er und um ihn herum setzte ein Chor von Stimmen ein. „Lügner! Lügner! Lügner!“ Chéng hätte erwartet, dass er sich erneut dagegen wehren würde, doch Hizashi ließ die Anschuldigungen kommentarlos über sich ergehen. Als die Menge sich beruhigt hatte, sprach er erneut: „Eines Tages wirst du die Wahrheit erkennen, Chéng...“ „Nein, ich kenne sie bereits!“, herrschte er ihn an. „Du kennst seine Wahrheit...“ Chéng bemerkte, dass er an ihm vorbei sah, Orochimaru hinter ihm ansah...
 

All seine Wut keimte wieder auf und etwas brach sich aus seinem tiefsten Inneren frei. Noch einmal spürte er den Schmerz über Hizashis Verrat, über den Tod seiner geliebten Keiko … Er sah ihm direkt in die Augen, diesem Mensch, der sein Vertrauen so schändlich ausgenutzt hatte...
 

„Tötet ihn...“, flüsterte er. Eine Regung ging durch die Menge. „Tötet ihn!“, befahl er laut, „macht ihm ein Ende!“ Eine Bewegung hinter ihm. „Wenn Ihr erlaubt, Herr...“ Orochimaru, sein treuer Berater, Heerführer und ergebener Diener hatte sein Schwert gezogen und wartete auf einen Befehl von ihm.
 

„Geh!“ Orochimaru trat einen Schritt vor, doch dann tat Hizashi etwas, dass er nicht erwartet hatte: Er sank zu Boden, zog mit einer einzigen fließenden Bewegung das Schwert aus der Scheide. Chéng konnte beinahe spüren, wie hunderte Männer um ihn herum Luft holten. Doch es war zu spät.
 

„Ihr werdet mich nicht töten“, hörte er Hizashi durch den plötzlich eingesetzten Lärm, als alle auf ihn zu stürmten. Chéng sah, wie die gleiche Klinge, die auch seine Frau das Leben gekostet hatte, ein letztes Mal in der Sonne aufblitzte und sich schließlich in Hizashis Magen bohrte. Hizashi hatte seinen Blick keine Sekunde von ihm abgewandt und Chéng starrte wie gelähmt in die Augen seines einstigen besten Freundes, die langsam ihren Glanz verloren und ihn mit einem toten Blick ansahen...
 

Das Lachen Orochimarus dröhnte in seinen Ohren, während der Schmerz fast sein gesamtes Denken benebelte. Alles Lügen... all die Jahre hatte er diesem Menschen geglaubt und Hizashi dafür in die Hölle geschickt. Er hatte sich so einfach manipulieren lassen! Er, der so vorsichtig gewesen war und niemandem leicht vertraute. Hizashi war einer der wenigen Menschen gewesen, denen er vertraut hatte. Es war so einfach gewesen... Orochimaru hatte Hizashis Platz eingenommen... und beide gegeneinander aufgehetzt. Dann kam ihm ein weiterer schrecklicher Gedanke. Wenn Hizashi Keiko nicht ermordet hatte, wer dann?
 

„Du warst es...“ Mao-Chéng konnte seinen Blick nicht von Orochimaru abwenden. „Was?“, entgegnete dieser, „die Vernichtung der Hyuga? Die Rebellion? Der Bürgerkrieg? Oder doch lieber die Ermordung eurer so geschätzten Ehefrau? Was hättet Ihr denn gern, Mao-Chéng-sama?“
 

Seine Stimme war so gleichgültig... als wäre es nichts Besonderes ein Leben auszuradieren, oder tausende... Mao-Chéng spuckte Blut. Die Demütigung war beinahe noch schlimmer als die Wunde, die Orochimaru ihm zugefügt hatte. Endlich hatte er die Antwort auf alle Fragen, die er sich im Laufe der Jahre gestellt hatte, aber die Intrige war schon zu dicht gesponnen. Ein so feinmaschiges Netz, das er nicht mehr zerreißen konnte. Und er kroch zu Füßen des Mannes, der sein Land ins Chaos gestürzt hatte.
 

„Du hast Konoha an den Abgrund geführt...“ „Gut beobachtet“, spottete der Verräter kalt, „und bald ist es mein, aber Ihr werdet es nicht mehr erleben. Ich bin viel zu lange vor Euch zu Kreuze gekrochen!“
 

Mit letzter Kraft kratzte Mao-Chéng das letzte bisschen Lebenswillen zusammen. Orochimaru mochte vielleicht glauben, dass er gewonnen hatte, doch so leicht würde er ihm das Land nicht überlassen. Er stemmte sich hoch, ächzte unter der fatalen Wunde und warf sich auf Orochimarus Beine, um diesen zu Fall zu bringen. Mao-Chéng erwischte ein Bein, doch Orochimaru reagierte blitzschnell, nicht umsonst war er einer der gefährlichsten Krieger, die das Land zu bieten hatte... Der Tritt traf ihn in die Seite und einen Augenblick war ihm schwarz vor Augen. Orochimaru prügelte auf ihn ein wie auf einen räudigen Köter!
 

„Ihr seid ein alter Narr“, herrschte er ihn an, „als ob Ihr mir jemals gewachsen wärt!“ Mao-Chéng holte abgehackt Luft. Der Stoff seines Hemdes fühlte sich bereits verdächtig feucht an. Wahrscheinlich war es nur noch eine Frage der Zeit bis er wegen dem hohen Blutverlust das Bewusstsein verlor.
 

„Lasst es uns beenden, Mao-Chéng“, sagte Orochimaru fast zärtlich, „ich werde Euch nun töten. Wer weiß, vielleicht seid Ihr dann endlich mit Eurer Liebsten wieder vereint.“ Er packte das Schwert, Kusangi, erinnerte sich Mao-Chéng, das schon voll von seinem Blut war, und hob es hoch über seinen Kopf. Hast du dich so gefühlt, Hizashi?, dachte er, Fühlt es sich so an, dem Tod ins Auge zu sehen?
 

Er starrte seinem Peiniger stur in die Augen. Selbst, wenn dieser ihn mit seinen Lügen vergiftet hatte, er würde nicht wegsehen, wenn Orochimaru ihn tötete. Diesen letzten Triumph wollte er ihm nicht gönnen... Das Schwert blitzte einmal auf und die letzten Gedanken galten seiner Tochter. Tenten... hoffentlich war sie irgendwo in Sicherheit...
 

„Halt!" Mitten in der Luft hielt Orochimaru im Schlag inne. Dann drehte er ganz langsam den Kopf in die Richtung, aus der die Stimme gekommen war. Mao-Chéng folgte seinem Blick. Zwischen den Bäumen trat eine Gestalt hervor. Es war ein Krieger, der sein Schwert bereits gezogen hatte und dessen Rüstung im Laufe der Schlacht schon viel aushalten musste. Er hatte lange, ebenholzschwarze Haare und einen blassen Teint. Und dann diese Augen! Es war, als würde er direkt Hizashi ansehen... aber das konnte nicht sein, oder war er ein Geist? Doch Hizashi hatte vor seinen Augen Harakiri begangen und war als wahrer Samurai gestorben... und doch.... war er da...
 

Orochimaru senkte das Schwert. Der Moment seiner Überraschung war verflogen. Stattdessen zeichnete sich ein dünnes, fast amüsiertes Lächeln auf seinen Zügen ab und er machte eine ausladende Geste wie um den Fremden zu begrüßen.
 

„Neji Hyuga“, sagte er. Der Fremde antwortete nicht, doch es war unverkennbar, dass Orochimaru die Wahrheit sagte. Mao-Chéng sah in das Gesicht eines jungen Mannes und erkannte darin Hizashi Hyugas Sohn.
 

~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~
 

Es geht weiter :) Ich gebe zu, diesmal hat es ein wenig gedauert, da ich irgendwie im Kampf Neji vs. Kidomaru nicht weiter gekommen bin, aber sei es drum. Dieses Kapitel ist fertig und ich hoffe, ich habe die Hektik in der Schlacht ein bisschen einfangen können. Das ganze ist ziemlich schwierig, weil so vieles wichtig ist und ich um dieses Chaos zu erreichen aus relativ vielen Perspektiven schreiben muss. In diesem Fall: Tenten, Neji, Sasuke und Mao-Chéng. Und keine dieser Szenen kann unter den Tisch fallen, deshalb wird wahrscheinlich klarer, warum das Finale in 5 Kapitel aufgeteilt ist. Ich hoffe, ich konnte die Spannung noch mal anheizen. Schließlich trifft Neji jetzt auf Orochimaru und da kommt dann noch mal so einiges *grins* Spontan habe ich mich auch noch dazu entschlossen aus Mao-Chéngs Sicht Hizashis Tod darzustellen und Sasuke reinzubringen, der im Prinzip ja völlig abgedreht ist, seit sein Leben aus den Fugen geraten ist. Ich hoffe, es hat euch gefallen :)
 

Dank gebührt diesmal hiatari fürs schnelle Korrigieren und der lieben Knispell, die mir ein ganz tolles neues Cover entworfen hat. (Das alte fand ich langsam nicht mehr so schön...)
 

Bis zum nächsten Mal...
 

Liebe Grüße

moony

~ Kapitel 31: Courage ~

~ Kapitel 31: Courage ~
 

Mut ist nicht die Abwesenheit der Angst, sondern die Erkenntnis, dass es etwas gibt, das wichtiger ist als die Angst. [Ambrose Redmoon]


 

Die eisige Luft ließ Tenten für einen Moment innehalten. Dann hörte sie den Lärm. Da waren das Aufeinanderprallen von Waffen, die Schreie der Kämpfenden und das Surren der Pfeile in der Luft. Tenten kämpfte sich durch ein Dickicht von schneebedeckten Farnen, die einen weiteren Geheimgang in das Labyrinth der Rebellen verdeckten. „Wartet“, forderte Temari sie dicht hinter ihr auf. Tenten hielt inne und drehte sich zu ihr um. Die blonde Rebellin trat neben sie, schob den Vorhang aus Zweigen beiseite und spähte dann nach draußen.
 

„Was ist?“, wollte Tenten wissen. Temari runzelte die Stirn. „Die Heere haben sich in mehrere Gruppen aufgespalten“, erklärte sie, „irgendwo in der Nähe findet ein größerer Kampf statt, aber wir müssen nicht zwangsläufig daran vorbei… was genau-?“ „Ich muss Neji finden, oder meinen Vater oder Meister Kakashi.“ „Hyuga sollte einen Angriff gegen das Lager führen. Die Wahrscheinlichkeit, dass wir ihn in der Nähe des Seeufer finden ist am größten, wenn…“ Sie ließ den Satz unvollendet und sah Tenten mitleidsvoll an. Doch Tenten wusste auch so, was Temari eigentlich sagen wollte. Wenn er noch lebt… Als hätte ihre unerwartete Verbündete ihre Gedanken gelesen, erklärte sie: „Macht Euch nicht so viele Sorgen, Hyuga ist stark. Als Uchiha und ich ihn im Wald gefunden haben, hatte er gerade gegen alle fünf Hayai gekämpft und war trotzdem noch am Leben.“ „Du hast ihn gerettet?“ Temari grinste. „Nachdem ich Uchiha daran erinnert habe, wer das Sagen hat und wir ihn nicht einfach sterben lassen können.“ Ein leichtes Lächeln trat auf Tentens Gesicht und ihr war seit einer gefühlten Ewigkeit etwas leichter zumute, als sie sich daran erinnerte, wie Sasuke ihr gegenüber bemerkt hatte, dass man es sich mit Temari besser nicht verscherzen sollte.
 

„Die Luft ist rein, kommt jetzt.“ Temaris ernste Stimmlage holte sie mit einem Schlag wieder auf den Boden der Tatsachen zurück. Ihre Gefährtin hatte unterdessen noch einmal ihre Waffen kontrolliert und nun ihr sicheres Versteck verlassen. Tenten folgte ihr zögernd und spürte wie der Schnee unter ihren Fußsohlen knirschte. Kaum war sie ins Freie getreten, zerrte der Wind an ihren Kleidern. Die ohnehin eisige Kälte wurde durch dadurch noch verstärkt und sie war auf einmal sehr froh sich etwas dicker angezogen zu haben.
 

„Seid vorsichtig“, empfahl Temari neben ihr, „hier könnten überall Orochimarus Leute auf uns warten und die sind nicht gnädig. Egal was mir auch passiert, Ihr dürft ihnen auf keinen Fall in die Hände fallen. Wir können es uns nicht leisten, wenn sie Euch als Geisel nehmen, habt Ihr verstanden, Tenten-hime?“ Tenten nickte, doch die Bewegung war beinahe mechanisch und fast schaffte sie es nicht den Gedanken zu verdrängen, dass Temari wirklich etwas passieren könnte, wenn sie mit ihr zusammen war. Sie wollte nicht zurück bleiben, nicht schon wieder allein sein ohne die Möglichkeit irgendetwas zu tun. „Tenten?“ Temari war stehen geblieben. „Ich komme“, beeilte sie sich zu sagen. Dann machten sie sich auf den Weg.
 

Sie hatte sich wieder gefangen, doch innerlich stand Tenten unter Anspannung. Sie erwartete jeden Moment einen Angriff, rechnete damit, dass in der nächsten Sekunde einer von Orochimarus Leuten aus dem Gebüsch springen und sie angreifen würde. Durch die Geräusche der Schlacht war es fast unmöglich einen Angreifer auszumachen, da man einen Hinterhalt durch die Lautstärke einfach zu spät bemerken würde.
 

„Wir müssen Ruhe bewahren und genau nachdenken“, riss Temari sie aus den Gedanken. „Du hast recht.“, erwiderte Tenten. „Wo gehen wir hin?“ „Es ist ein Risiko“, gab Temari zu, „aber wir müssen uns aufs offene Feld wagen. Dorthin, wo Neji das Feldlager angreifen sollte.“ „Einverstanden.“
 

Der Wald begann sich zu lichten. Die skelettartigen Bäume standen immer weiter voneinander entfernt und der Wind wehte den Schnee auf, sodass ein feines weißes Pulver um die Stämme herum wirbelte. Tenten wurde zunehmend nervöser. Schließlich sah sie den Waldrand. Ihr Herz schlug mit jedem Schlag schneller in Erwartung des Kommenden. Nervös glitt ihr Blick zum See in einiger Entfernung und blieb an einem dunklen Fleck auf dem Schnee hängen.
 

Auf dem weißen Schnee war der Kontrast einschneidend. Tenten verlor die Kontrolle über sich, hastete ungeachtet die letzten Meter auf die zusammengekrümmte Gestalt zu und blieb dann reglos vor ihr stehen. Es war ein Junge, nicht älter als zwölf Jahre. Seine Haut war aschfahl, seine Glieder steif und in einem merkwürdigen Winkel abstehend. Sein Hemd war rot verfärbt und auf seiner Stirn klebte getrocknetes Blut. Doch das schlimmste waren die Augen, die Tenten weit aufgerissen anstarrten ohne zu blinzeln. Tenten sank zitternd vor ihm auf die Knie, streckte die Hand aus und zog sie wieder zurück.
 

„Er ist tot.“ Tenten hatte gar nicht bemerkt, dass Temari hinter sie getreten war und ihr die Hand auf die Schulter gelegt hatte. „Ka-kanntest du ihn?“ „Ja.“ Tenten konnte den Blick nicht von dem kleinen Jungen lösen und war überrascht als ihre Sicht von Tränen verschwamm. „Sein Name war Udon“, sagte Temari, „er hat immer viel Unsinn gemacht, aber er hatte ein gutes Herz. Hat immer davon geträumt irgendwann ein anderes Leben zu leben.“ Eine Weile schwiegen sie beide und starrten stumm auf den Toten. „Warum?“, flüsterte sie, „warum tut man das? Er ist doch noch ein Kind.“ „Der Krieg fragt nicht danach, wie alt seine Opfer sind“, sagte Temari, „und wir können es nicht verstehen. Alles was uns bleibt, ist weiter zu leben und für das zu kämpfen woran wir glauben. Das ist Mut.“
 

„Wenn ich nur mutig bin, wenn ich mit all dem leben muss, dann bin ich lieber feige und muss nicht diese ganzen Toten hinnehmen“, sagte Tenten bitter. „Dann würdet Ihr nicht leben“, gab Temari scharf zurück. Tenten, die immer noch den Jungen ansah, wandte ihr den Blick zu. Die Worte ihrer Gefährtin, die so viel Wahrheit enthielten, lagen schwer in der Luft. „Steht auf“, forderte die Rebellin, „steht auf und zeig mir, dass mehr hinter Eurer Überzeugung steckt als nur leere Worte. Lebt für sie alle!“ Temari hielt ihr ihre Hand hin, doch Tenten ergriff sie nicht. Sie schloss dem kleinen Jungen die Augen und küsste ihn sanft auf die Stirn. „Du bist nicht umsonst gestorben“, flüsterte sie ihm zu. Dann ergriff sie Temaris Hand und ließ sich von ihr hoch ziehen.
 

Ohne ein weiteres Wort machten sich beide auf den Weg erreichten den Waldrand, erblickten den zugefrorenen See und vor ihnen erstreckte sich das gewaltigste Schlachtfeld, das Konoha seit den Anfängen der Rebellion gesehen hatte. Tenten ging an dutzenden von Leichen vorbei, die Tieren gleich abgeschlachtet, manchmal übereinander gestapelt waren und hoffte mit ganzer Seele im nächsten Toten keinen Bekannten zu entdecken. Die Toten trugen unterschiedlichste Kleider. Von purpurnen bis dunkelgrauen Hemden unter der Rüstung bis hin zu auffällig verzierten Wappen, die pompös auf ihnen prangten, war alles vertreten. e Krieger wie Rebellen hatten sich für ihren Tod heraus geputzt – und doch waren sie darin alle gleich. Bleiche Gesichter, blicklose Augen, gefallene Körper – nirgendwo ein Fünkchen Leben.
 

Plötzlich hörte Tenten, wie Temari hinter ihr scharf Luft holte. Die Schritte hinter ihr verstummten. „Samui…“ Tenten drehte sich um und sah Temari neben der blonden Frau knien, die sie kurz vor ihrem Zimmer beobachtet hatte. Samui, die noch immer ihr Schwert fest umklammert hielt, war von etlichen, nun aus ihrem Körper ragenden Pfeilen getroffen worden. Manche waren abgeknickt und die Federn am Ende zerzaust, doch sie hatten ausgereicht um die so starke und bedachte Kriegerin auszuschalten.
 

Tenten sah, wie Temari zu zittern begann, ihre Hände ballten sich zu Fäusten, verkrampften sich. Dann straffte sie die Schultern, atmete tief durch und ließ die einstige Gefährtin hinter sich zurück. Tenten warf Temari einen Blick zu, aber sie blickte so stur geradeaus, dass Tenten es nicht wagte zu fragen, ob sie in Ordnung war.
 

Schweigend gingen sie über das Schlachtfeld, aber keine von ihnen wagte es ein zweites Mal einen der Toten näher anzusehen. Tentens Blick wanderte zum Himmel. Schwere Wolken verdeckten jedes Licht und tauchten die Welt in einen unruhigen Ort des Dämmerns. Nicht dunkel, aber so klar Winter, dass es irgendwie düster wirkte, obwohl es fast Morgen sein musste… Auf einmal musste sie daran denken, wie dieser Ort vor ein paar Tagen ausgesehen hatte. All das glitzernde Eis, die Signalfeuer in der Nacht und dann dieser riesige See, dessen Oberfläche ein uraltes Geheimnis bewahrte… Jetzt zeugte nichts mehr an diesem Ort von seiner einzigartigen Schönheit. Der Schnee war von den vielen Schritten aufgewirbelt und matschig. Im Wald waren Zweige abgeknickt und Wege durch das Dickicht gebahnt worden. Die riesige Ebene war mit Gefallenen übersät und im Wasser des Sees schwammen so viele Leichen, dass es an manchen Stellen einen rötlichen Ton annahm.
 

„Tötet sie!“ Tenten und Temari griffen gleichzeitig nach ihren Waffen, aber der Ausruf galt nicht ihnen. Am Ufer des Sees nicht weit von ihnen war eine kleine Gruppe Rebellen zusammen gedrängt. Eine Frau mit flammendroten Haaren und einem blutroten Umhang hielt eine Kusarigama, eine Sichel, die an einer Kette befestigt war, wie Temari eine besaß, und hatte sich vor ihnen aufgebaut. Vor ihr kniete eine Rebellin, die mit einer Mischung aus Angst und Trotz zu ihr aufsah. Doch die Fremde beachtete sie nicht, ihr Auftreten hatte etwas Herrisches und Wildes, bei dem es Tenten kalt den Rücken herunter lief. Es war als wartete sie nur darauf zu töten… Neben ihr schrak Temari zusammen.
 

„Das ist Tayuya“, flüsterte sie, „eine der Hayai. Orochimaru hat das Heer unterwandert…“ Hayai… schon wieder dieses Wort. Sie… sie hatte versucht Neji zu töten… „Wir werden uns niemals ergeben! Ihr könnt uns nicht alle ausrotten!“ Es war, als wäre sie in Eiswasser getaucht. Gesprochen hatte die Rebellin, die vor der Mörderin kniete. Doch sie kannte die Stimme. Karui. „Nein“, flüsterte Temari, „das ist Nejis Einheit!“ Tentens Herz setzte einen Schlag aus, sie spürte wie die Angst sich ihrer zu bemächtigen versuchte, aber diesmal war sie nicht stark genug. Ihre Angst, dass Neji etwas zugestoßen war, übertraf die um ihre eigene Sicherheit bei weitem.
 

Tenten packte Amaterasu und zog zu Temaris Entsetzen das Schwert aus der Scheide. Eine Sekunde reflektierte die Klinge den weißen Schnee. “Tenten?“ Aber Temaris Stimme war so weit weg… „Nein…“, die Stimme der Attentäterin durchschnitt die Stille, „vom heutigen Tag an wird niemand mehr von euch übrig sein. Es wird nur einen Sieger geben und der steht weder auf Seiten der Rebellen noch auf Mao-Chéngs! Und nun stirb!“ Temari wollte sie aufhalten, aber sie war zu langsam. Tenten begann zu rennen, ihre Schritte wirbelten den Schnee auf und ein paar Meter vor sich, sah sie wie Tayuya das Schwert zum finalen Streich hob. „Tenten, nein!“, schrie Temari hinter ihr, aber es war zu spät.
 

„Nein! Töte mich an ihrer Stelle! Verschone sie-“ Zwei Männer drückten einen sich aufbäumenden Mann zu Boden, der Karui und Tayuya fanatisch anstarrte. In seinen Zügen stand so viel Schmerz und Hilflosigkeit, dass Orochimarus Männer um ihn herum laut lachten und sich an seiner Pein weideten. Omoi. Doch sein Aufbegehren brachte auch die anderen Rebellen dazu sich zur Wehr zu setzen. Unruhe entstand, doch die Attentäterin beachtete sie nicht weiter. „Du willst an ihrer Stelle sterben? Mach dich nicht lächerlich, du Stück Dreck! Du wirst schon noch an die Reihe kommen! Ihr werdet alle sterben, es gibt niemanden, der sich uns jetzt noch entgegen stellen kann!“ Die Hayai, hob das Schwert hoch über ihren Kopf, holte aus und traf mit voller Wucht auf eine silberne Klinge.
 

Die beiden Waffen zitterten unter der Kraft ihrer Besitzer. „Du irrst“, schleuderte Tenten der überraschten Tayuya entgegen, „solange ich lebe, werde ich mich immer gegen eure Tyrannei stellen. Ich werde nicht eher ruhen, bis Konoha wieder frei ist von eurem Hass!“ Ein Wispern ging durch die Menge, Tenten spürte wie ihr die Blicke folgten. Die ungläubigen der Rebellen und die hasserfüllten von Orochimarus Gefolgsleuten. Die überraschten von Omoi und Karui…
 

„Du?!“, zischte Tayuya, „du bist nichts weiter als eine Schachfigur in diesem Spiel, Prinzessin! “ „Nein“, gab Tenten zurück, „ich werde mich nie wieder benutzen lassen, euer Spiel ist nicht meines!“ Tayuyas funkelte sie an. „Du kleine Schlampe!“ Sie riss ihre Waffe in die Höhe und brachte Tenten für einen kurzen Moment ins Stolpern, dann ließ sie die Kette mit dem Gewicht, die an der Kusarigama befestigt war, einmal über ihrem Kopf rotieren und zielte direkt auf Tentens Gesicht.
 

In der Luft konnte Tenten die Waffe nur unter größten Mühen abfangen. Die Kette schlang sich um ihr Schwert während das Gewicht gegen die Klinge stieß und einen dumpfen Ton erzeugte. Mit einem kräftigen Ruck an der Kette, brachte Tayuya Tenten aus dem Gleichgewicht. Sie rutschte mit dem linken Fuß weg und wäre beinahe zu Boden gegangen. Ein eisiges Lächeln schlich auf das Gesicht der Attentäterin. Sie packte die Sicher und ließ sie auf Tenten niedersausen. Die, halb kniend, halb stehend, fing die Sichel mit einem lauten Krachen über ihrem Kopf ab.
 

Derweil war Bewegung in die Menschen um sie herum geraten. Die Rebellen, die sich dem Tod beinahe schon ergeben hatten, begehrten auf, sodass ihre Peiniger sie kaum mehr bändigen konnten. „Tötet sie!“, kreischte Tayuya durch den Lärm, „metzelt sie alle nieder!“ Von irgendwoher kam ein Pfeil angeschossen. Die Menge floh auseinander. Zwei Meter neben Tenten und ihrer Widersacherin fiel ein Mann mit durchgeschnittener Kehle in den Schnee. Omoi kämpfte sich auf die Beine. „Kämpft!“, rief er mit heiserer Stimme, „kämpft um euer Leben, um unser aller Zukunft!“ Weitere Pfeile schossen in die Menge. Aus dem Augenwinkel sah Tenten, wie Temari einen weiteren Pfeil anlegte.
 

Tayuya funkelte sie an. „Du kleine Missgeburt, wie kannst du es wagen?!“ Tenten starrte zurück. Die Hayai verstärkte ihre Kraft auf der Waffe, doch Tenten hielt genauso erbittert dagegen. Auf einmal spürte sie eine kurze Berührung. Karui hinter ihr, hatte ihr den Dolch an ihrer Hüfte abgenommen und stürzte sich mit erhobener Waffe auf die Hayai, sodass sie sie beide zu Fall brachte. Tenten holte tief Luft und kam wieder auf die Beine. Karui hatte Tayuya die Kusarigama entwunden, doch die Hayai drückte Karui mit aller Kraft zu Boden. Beide rangen nach dem Dolch, den die Rebellin immer noch umklammert hielt. „Lass sie los!“, rief Tenten. Keine der beiden schenkte ihr Beachtung. Im nächsten Moment nahm sie eine Bewegung hinter sich wahr, einer Tayuyas Untergebenen hatte es auf sie abgesehen und sich ungesehen von hinten an sie heran gepirscht. Sie fand sicheren Stand und bevor ihr Gegner wusste, wie ihm geschah hatte sie ihn mit einer einzigen blitzschnellen Bewegung entwaffnet. Einige Sekunden lang starrten sie sich an. Der Mann mit einem unbändigen Hass auf sie, Tenten sich schmerzlich bewusst, dass auch er nur von Orochimaru benutzt wurde. Sie… sie konnte ihn nicht töten. Ein Surren ertönte und ein gut gezielter Pfeil bohrte sich in den Hals des Mannes. Dann spuckte er Blut, seine Augen traten aus ihren Höhlen hervor und er kippte tot vor ihr in den Schnee.
 

Für einen Moment fing Tenten Temaris Blick auf. Es war nicht der einer Mörderin, es war einer voller Verzweiflung, Angst und der Traurigkeit, die sie bei Temari gesehen hatte, als sie Samuis Leiche gefunden hatten.
 

Ein Schrei riss sie aus ihrer Trance. Tayuya hatte Karui das Messer entwunden und diese musste all ihre Kraft aufbieten, damit die Hayai es ihr nicht in die Brust rammte. „Karui!“ Der Schrei war voller Angst. Tenten drehte den Kopf, blickte in die Richtung, aus der die Stimme gekommen war. Omoi. Der sanfte Wächter, der Karui davon abgehalten hatte, in ihren Raum zu stürmen und Rache einzufordern. „KARUI!“ Seine Stimme wurde verzweifelter und er kämpfte noch erbitterter gegen zwei von Tayuyas Männern an, die ihm den Weg abschnitten.
 

Tenten brauchte eine Weile, ehe sie registrierte, dass er nicht rechtzeitig bei der Rebellin sein würde. Es verstrichen wertvolle Sekunden ehe sie begriff, dass Karui nicht mehr standhalten konnte. Tod. Noch mehr Tod! Im nächsten Moment stürzte sie sich durch die Menge aus mit sich ringenden Leibern, stolperte fast über eine auf dem Boden liegende Waffe und hob den Blick, als Orochimarus Untergebene Karui niederrang. Das Silber der Waffe blitzte auf, so kurz über dem Herzen der Rebellin...
 

„NEIN!“ Ihr Schrei lenkte Tayuya für einen kurzen Moment ab. Kurz genug für Tenten um sich auf die Intrigantin zu werfen und sie von Karui herunter zu reißen. Noch im Fallen riss Tayuya die Klinge in die Höhe und erwischte damit Tenten an der Wange. Schmerz explodierte in Tentens Gesicht, als der lange Schnitt quer über ihrem Gesicht zu bluten begann und sogar den harten Aufprall auf dem Boden überstrahlte. Ihre Sicht ertrank in Rot und für eine Sekunde war sie wie blind. Die Hayai kam einen knappen Meter neben ihr auf, rollte sich in perfekter Manier ab und war schon wieder auf den Beinen, ehe Tenten auch nur so viel getan hatte, als ihr Schwert zu umklammern und die andere Hand auf ihr blutendes Gesicht zu drücken. „Du-!“ Die Hayai hatte sich über ihr aufgebaut, die Waffe in der Hand und einen Hass im Blick, der Tenten Todesangst in die Glieder trieb. Tayuya führte das Messer blitzschnell, schneller als sie würde reagieren können… Neji… Es war vorbei.
 

Ein dumpfes Geräusch brachte sie zurück.
 

Die Hayai hatte mitten in der Bewegung inne gehalten. Ihre Augen weiteten sich vor Überraschung, sie drehte den Kopf, nur um zu sehen, dass Temaris Kusarigama sie an einer Stelle in den Rücken getroffen hatte, die nicht von ihrer Rüstung bedeckt war. Die Waffe steckte bis zum Schaft im Fleisch und Tenten konnte sehen wie ihr Blick glasig wurde. … „Ihr…ihr könnt nicht gewinnen…“ Ihre Stimme brach bei dem letzten Wort, die feuerroten Haare verdeckten ihre Wunde und mischten sich mit dem Blut. Dann gab es einen Ruck, als Temari die Kusarigama aus dem Körper der jungen Frau riss. Einen Moment schien Tayuya noch zu stehen, dann klappte sie zusammen und kam mit einem dumpfen Laut auf dem Boden auf.
 

Einer der Rebellen stieß einen Jubelschrei aus, aber Tenten war nicht zum Jubeln zumute. Tayuya lag kaum einen Meter von ihr entfernt. Unter ihrem Körper breitete sich eine Blutlache aus und noch immer hielt sie die Waffe umklammert, mit der sie sie hatte töten wollen. Noch immer raste ihr Herz und tief in ihrem Inneren wurde Tenten klar, wie falsch das alles war. Tayuya war Orochimaru bedingungslos treu gewesen, doch ihr Tod würde ihn nicht einmal kümmern. Auf eine Art, die sie selbst nicht verstand, fühlte Tenten Mitleid für sie.
 

Zitternd stemmte sie sich wieder auf die Beine, das Schwert noch immer in der Hand. „Du!“ Eine Hand packte sie am Kragen ihres Kleides und der Schock jagte einen Schwall Adrenalin durch ihren Körper. Sie bereitete sich darauf vor zu kämpfen, aber dann erkannte sie die Rebellin. Karuis Blick war stark, dennoch war da eine winzige Unsicherheit. „Warum hast du mich gerettet?“ Tentens Atem beruhigte sich wieder, aber Karuis Griff hatte sich kein bisschen gelockert. Ihre Augen bohrten sich in ihre und sie fragte noch mal: „Warum hast du mich gerettet?“ Diesmal war es beinahe ein Flüstern. „Ich…“ „Tenten!“ Temari hatte sie entdeckt und kämpfte sich zu ihr durch. „Sag‘ es!“, verlangte die Rebellin lauter, ohne auf Temari zu reagieren. „Sag es mir…“ „Lass sie los, Karui, das ist ein Befehl!“
 

Widerstrebend gehorchte Karui, starrte Tenten aber weiterhin wie apathisch in die Augen. Die Frage brannte noch immer in ihrem Blick. „Sie hat ihr Leben für euch riskiert, Karui“, sagte Temari, doch Karui schnitt ihr das Wort ab. „Und genau deshalb will ich wissen warum. Wo war sie denn, als meine Familie ermordet wurde?! Ich würde lieber sterben, als in ihrer Schuld zu stehen!“ Ihre Worte bohrten sich in ihr Herz. Tenten hatte nicht geglaubt, dass es sie so sehr berühren würde. Obwohl sie gewusst hatte, dass viele sie und ihren Vater für den zermürbenden Bürgerkrieg und die Gewaltherrschaft - denn etwas anderes war es vielerorts nicht gewesen – verachteten, aber es war etwas ganz anderes so direkt mit Karuis Hass konfrontiert zu werden. Dennoch…
 

„Ihr seid das Volk.“ Tenten sah Karui fest in die Augen. „Jeder einzelne von euch ist mein Volk. Rebellen oder die Krieger meines Vaters. Arme, Reiche, Bettler oder Clanangehörige. Ihr seid Konoha, nicht ich oder mein Vater oder irgendeine Streitmacht in diesem Land. Und solange es auch nur eine winzige Möglichkeit gibt Leben zu retten, werde ich sie ergreifen. Auch, wenn du mich dafür hasst.“
 

Für einen Moment wirkte Karui wie erstarrt. Unzählige Emotionen spiegelten sich in ihren Augen. So viel Schmerz, so viel Kampfgeist und doch sah sie so aus, als könnte sie nicht glauben, dass sie diese Worte zu ihr gesagt hatte. Doch gleich darauf war da wieder die Maske. Karui schaffte es innerhalb Sekunden sich wieder vollkommen in den Griff zu bekommen. Ihre Überraschung verwandelte sich in Hohn.
 

„Und wie willst du das anstellen?“, spottete Karui, „willst du zu jedem gehen, dem je ein Unrecht geschehen ist und ihn um Vergebung anflehen?“ Tenten sah sie flehend an, aber Karuis Blick blieb hart. „Ich kann die Vergangenheit nicht ändern, aber ich kann Orochimarus Pläne immer noch verhindern. Ihr müsst mir helfen. Ich muss Neji finden.“ „Hyuga ist ein Verräter!“, entgegnete die Rebellin hart. „Wir haben ihm vertraut, doch er hat uns im Stich gelassen, obwohl er wusste, dass er für uns verantwortlich war!“ „Er ist kein-“ Temari legte ihr eine Hand auf die Schulter. „Lasst gut sein, Tenten-hime.“
 

„Nein! Ihr versteht das nicht! Ich kenne Neji, er würde niemals einem Freund den Rücken kehren ohne einen Grund zu haben.“ „Was-“, begann Karui. „Was für ein Grund soll das sein?“, beendete Omoi ihre Frage. Überrascht erkannte Tenten, dass Omoi, der zwar aus mehreren Wunden blutete, aus dem Kampfgetümmel auf sie zugehumpelt kam und sofort an Karuis Seite war. Nun blickte auch Temari in die Augen und Tenten fühlte sich vollkommen durchleuchtet.
 

Die Worte formten sich in ihrem Inneren, die Wahrheit vor ihrem inneren Auge. Sie hatte es gewusst, als sie allein aufgewacht war. Noch immer betrunken vor Glück, bevor sie gemerkt hatte, dass Neji sein allerletztes Versprechen an sie gebrochen hatte.
 

„Er will Orochimaru töten oder bei dem Versuch umkommen.“
 

~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~
 

Sie waren gleich stark. Es war eine Ewigkeit her, dass Gaara auf jemanden getroffen war, der ihm ebenbürtig war. Die meisten seiner Gegner hatten seinem perfekt synchronisierten Zwei-Schwerter-Stil nichts entgegen zu setzen, aber dieser Krieger passte sich schlicht seinem Tempo an und – nein er war sogar noch schneller, andernfalls wäre es ihm nicht möglich auch den zweiten Schwerthieb abzufangen.
 

Der Anführer der Rebellen biss sich auf die Lippen. Er brauchte sich nicht auszurechnen, was geschah, wenn er auch nur eins der Zwillingsschwerter verlieren würde… Wieder führte er einen perfekten Angriff aus. Diesmal war so viel Kraft dahinter, dass Orochimarus Schoßhund lieber auswich. Feige, aber klug, denn im nächsten Moment glitt dessen Klinge schon wieder um Haaresbreite an seinem Gesicht vorbei. Er hatte den Schlag nicht mal kommen sehen und war kaum in der Lage ihn mit einem der beiden Schwerter richtig abzuwehren. Alles, was er vollbrachte, war den Angriff abzulenken. Aber, wenn er eins gelernt hatte, dann, dass es keinen falschen Weg gab um am Leben zu bleiben. Ha! Der Bastard konnte sich an ihm die Zähne ausbeißen.
 

Fast als hätte er seine Gedanken gelesen, huschte ein arrogantes Lächeln über die Züge seines Gegners. Seit dieser ihm offenbart hatte, dass Orochimaru ihm seinen Mord aufgetragen hatte, war ihm kein Laut über die Lippen gekommen. Trotzdem wusste Gaara Sabakuno genau wen er vor sich hatte. Es gab nur eine Handvoll Leute, denen Orochimaru genug vertraute, um ihnen diesen Auftrag ausführen zu lassen – und noch weniger davon, die es mit ihm aufnehmen konnten. Nein… Es gab nur einen einzigen: Ihn.
 

Gelassen trat sein Gegner einen Schritt zur Seite und entging so dem komplizierten Manöver, das der Anführer der Rebellen gegen ihn gerichtet hatte. Ihr Kampf wurde so schnell, dass es Gaara Sabakuno nicht mehr bewusst vermochte über das nachzudenken, das er tat. Es ging Schlag auf Schlag. Reiz, Reaktion, er war nur noch purer Instinkt.
 

„Herr!“ Einen Sekundenbruchteil verharrte der Anführer der Rebellen, ein Schwert hoch über den Kopf erhoben, das andere vor seinem Körper zur Verteidigung. Sofort wischte sein Gegner seine Verteidigung beiseite und traf Gaara auf einer Platte seines Brustpanzers, die daraufhin eine tiefe Scharte erlitt und die Platte so verschob, dass sie seine Bewegungen verlangsamte. Er wich zurück, beide Schwerter noch immer erhoben.
 

„Verschwinde“, zischte Gaara ihm zu, „sieh zu, dass ihr Mifune in Schach haltet, bis ich komme.“ Die Schlacht war mit so einer Heftigkeit zu ihm zurückgekehrt, dass sie Gaara beinahe zu überwältigen drohte. Für eine Sekunde sah er die Hoffnung des Mannes in seinen Augen aufglühen. Hastig verneigte sich der Rebell vor ihm, rannte um seinen Befehl auszuführen, doch als er fast den Waldrand erreicht hatte, brach er plötzlich gurgelnd zusammen. Ein feines Messer steckte in seinem Hals. Gaaras Blick fand den von Orochimarus Lakai. Dieser hielt beinahe gelangweilt seine Hand erhoben wie um den Mann zu grüßen. Kein Zeichen, dass vor Sekunden noch das Messer in seiner Hand gewesen war. In seinen Zügen fand sich kein Mitleid, er musste zu oft getötet haben, um noch etwas dabei zu empfinden. Manchmal handelte auch Gaara so, einfach weil es sonst keine Möglichkeit gab es zu ertragen, wenn es notwendig war. Kimimaro Kaguya jedoch… so mächtig er auch war, hatte sein Mitgefühl abgetötet, hatte sich von Orochimaru verleiten lassen, war blind dessen Idealen gefolgt, bis er sich die verquere Vorstellung des Verräters von Gut und Böse angeeignet hatte. Nichts von Orochimarus wahren Absichten war zu ihm durchgedrungen.

„Ihr werdet keine Befehle mehr erteilen, Sabakuno.“ Seine Stimme war kalt wie Eis, bar jeder Emotion. Gaara Sabakuno wandte den Blick von dem Körper des toten Rebellen ab. Es hätte nicht deutlicher sein können, dass der Krieger ihn von jedem Eingreifen in die Schlacht isoliert hatte. Was konnte eine führerlose Armee ausrichten? Es würde ein Massaker werden, er musste so schnell wie möglich zu seinen Leuten zurück und wieder das Kommando übernehmen.
 

„Und ich werde erst recht keine entgegen nehmen, Kimimaro Kaguya“, erwiderte er. Ruhig, aber mit nicht zu überhörender Schärfe hinter seinen Worten. Zum ersten Mal wirkte der Krieger überrascht. Er musste nicht damit gerechnet haben, dass er seinen Namen kannte. Kimimaro Kaguya, der Anführer der Hayai, trat langsam, gelassen einen Schritt nach rechts und zog dann das linke Bein nach. Bedächtig schlich er um ihn herum, sodass Gaara keine andere Möglichkeit blieb, als es ihm nach zu tun, um seinen Gegner nicht aus den Augen zu verlieren.
 

„Ich bin nicht hier um zu reden, Sabakuno.“ „Ihr unterschätzt mich, Kimimaro Kaguya, ich bin schon aus ganz anderen Situationen heraus gekommen.“, entgegnete Gaara und warf gleichzeitig einen angespannten Blick über seine Schulter. Die Rebellen waren im Wald verschwunden… „Das bezweifle ich nicht, Sabakuno, ansonsten wärt Ihr schon längst nicht mehr am Leben. Aber-“ Er blieb plötzlich stehen und machte dann einen blitzschnellen Satz nach vorne. „-das wird Euch diesmal nicht gelingen!“
 

Gaara hatte gerade noch Zeit beide Schwerter zur Verteidigung zu kreuzen, doch auch mit beiden war der Aufprall so gewaltig, dass er seinen Stand verlor und von Kimimaro Kaguya meterweit auf dem rutschigen Schnee zurück geschoben wurde. Fast hatte er das Gefühl ihm würden die Arme brechen, aber er durfte keinen Zentimeter nachgeben, ansonsten war er tot. Das war also die Stärke des berühmten Kimimaro Kaguya, den niemand kannte, aber der unter den Rebellen allseits gefürchtet war. Er war ein Schatten, dessen Gesicht nur diejenigen gesehen hatten, die seine Opfer geworden waren. Er wusste nicht, wo Orochimaru ihn als Kind aufgelesen hatte, aber es ging das Gerücht er hätte den Jungen einzig zum Zweck des Tötens ausgebildet. Er war der mächtigste unter Orochimarus Dienern und der loyalste.
 

Mit dem Rücken schlug er hart gegen einen Baumstamm und sämtliche Luft wurde aus Gaaras Lunge gepresst. Langsam aber sicher spürte er, wie seine Stärke schwand und alles was er sah, waren die kalten Augen des Attentäters aus denen längst jede Wärme verschwunden war…
 

Gaara spürte wie seine Verteidigung brach. Kimimaro Kaguyas weißes Schwert entriss ihm das Schwert, das er in der linken Hand hielt, und schlitzte ihm den linken Arm auf. Der Schmerz kam so plötzlich, dass es bei ihm einen unerwarteten Adrenalinschub freisetzte. Er keuchte schwer. Der Anführer der Rebellen riss sich los und stolperte von Orochimarus Lakai weg. Im Lauf drehte er sich halb, in der rechten Hand immer noch das andere Schwert, während er zu spät bemerkte wie sehr er Kaguyas Reaktionsgeschwindigkeit unterschätzt hatte. Das letzte, was er sah, war ein weißer Schatten und dann wurde seine Welt zur Hälfte schwarz.
 

Vor seinen Augen verblassten die Farben. Das Rot seines Blutes, das in den weißen Schnee getropft war, begann zu flackern. Die dunklen Bäume, die sie umgaben, wurden zu langen verschwommenen Strichen. Kaguyas Gesicht wurde zu einer weißen Maske.
 

Gaara stieß einen schrillen Schrei aus. Schmerz… Schmerz wie er ihn noch nie gespürt hatte, alles Denken überschattend. Ihm war übel und alles drehte sich. Gaara packte sich an den Kopf, der Zentrum seiner Qual war. Etwas Warmes floss ihm über das Gesicht und als er seine Hand ansah, klebte rotes Blut daran. Irgendwo in seinem Unterbewusstsein nahm er die Kälte des Schnees wahr. Wann war er auf die Knie gefallen? Gaara blinzelte, aber diese winzige Tat löste Höllenqualen in ihm aus. Er versuchte zu sehen, aber er sah nicht. Nicht richtig. Seine Welt war unscharf geworden, schwankte gefährlich. Entfernung und Dimension waren außer Kraft gesetzt und während er das erkannte, brach die Erkenntnis mit unvereinbarter Härte auf ihn ein. Kimimaro Kaguya hatte ihm sein linkes Auge genommen.
 

Sein Gehirn arbeitete zu langsam, sein verlorenes Augenlicht hatte jedes Denken ausgeschaltet. Dann traf ihn ein Fuß hart in die Seite, schleuderte ihn ein Stück über den Boden. Gaara kam hart mit dem Kopf auf und stieß ein Keuchen aus. Doch kaum hatte er sich ein wenig hochgestemmt, trat Kaguya erneut zu. Die gleiche Stelle, immer wieder die gleiche Stelle. Seine Rüstung konnte dem nichts entgegen setzen, im Gegenteil sie hinderte ihn daran sich zu rühren. Er keuchte, spuckte Blut. Immer noch bei Bewusstsein, immer noch am Leben. Es war Jahre her, dass er sich so hilflos gefühlt hatte. Damals als seine Mutter ihn und seine Geschwister zurück gelassen hatte, um die Rebellion zu unterstützen und er auf sich selbst gestellt gewesen war.
 

Der Anführer der Rebellen spürte wie unter einem weiteren Tritt zwei seiner Rippen brachen. Er winselte vor Schmerz. Er erwartete einen weiteren Tritt, aber der kam nicht. Stattdessen packte ihn Kaguya am Kragen und flüsterte in sein Ohr: „So stirbt also der Anführer der Rebellen. Auf dem Boden herum rutschend. Was für eine Schande…“ Kaguya zog sich zurück und in diesem Moment begriff Gaara, dass er sterben würde.
 

Ein bisschen entfernt vor ihm lag das zweite der Zwillingsschwerter, aber Gaara hätte nicht sagen können, wie groß die Entfernung war. Er hatte eine einzige Chance. Um gegen Kaguya zu bestehen brauchte er beide Schwerter, eins um den Angriff abzuwehren und das andere um seinen Gegner so schwer wie möglich zu verletzen. Es gab nur ein einziges Problem: Er konnte sich nicht auf seine Augen verlassen.
 

Kaguyas Schritte verstummten. Dann spürte Gaara einen Luftzug. Metall, das die Luft durchschnitt… Wo war sein Schwert? Das Schwert… Er musste unbedingt das Heft erwischen. Die Klinge konnte nicht allzu weit sein… Trotz der in der Nähe tobenden Schlacht, hörte er nichts von den Schreien, dem kreischenden Metall. Da waren nur Kaguya, das zu erwartende Geräusch des knisternden Eises und seine Klinge. Einen Moment lang hörte Gaara nur seinen Herzschlag. Ein stetiges Wummern, das die Sekunden zwischen Tod und Leben zählte.
 

Anspannung machte sich in ihm breit. Um seine Sicht so gut wie möglich zu erhalten, schloss Gaara die Augen. Dann zählte er rückwärts. Drei. Herzschlag. Zwei. Herzschlag. Eins. Gaara warf sich nach rechts, spürte wie seine Finger das Heft berührten. Er rollte sich über die Klinge weg, riss sie hoch und fing in der Hocke Kaguyas Angriff ab, der versucht hatte ihm mit einem Hechtsprung endgültig von dem zweiten der Zwillingsschwerter zu trennen. Er zögerte keine Sekunde. Kaguya hatte ihm direkt in die Karten gespielt und seinen rechten Arm nicht geblockt. Mit aller Kraft rammte er dem Hayai die Klinge in den Leib.
 

Kaguyas Züge waren eine Mischung aus Schmerz und Überraschung. Der Hayai stolperte einen Schritt zurück, sodass Gaaras Schwert aus seinem Körper glitt. Der Anführer der Rebellen schnappte einmal nach Luft und stürzte sich mit einem Kampfschrei wieder auf Kaguya. Der, eine Hand auf der Wunde, die andere um das Schwert geschlossen, parierte den ersten Schlag mit grimmiger Miene. Die Verletzung machte ihn langsamer, aber seine Wut verlieh ihm Kraft.
 

Die Klingen prallten in einem metallischen, fast manischen Gleichklang aufeinander. Führte Gaara einen Angriff, war Kaguya sofort da und blockte ihn. Sein Gegner war zwar merklich langsamer geworden, aber seine Brillanz als Krieger wurde Gaara erst mit andauerndem Kampf klar. Wozu brauchte man schon Schnelligkeit, wenn man ohnehin jeden Angriff voraus sah?
 

Der Anführer der Rebellen änderte den Rhythmus seiner Schläge, aber nachdem Kimimaro Kaguya die ersten überraschenden Angriffe abgefangen hatte, gewöhnte sich dieser schon an die neue Abfolge. Die einzige Möglichkeit einen Treffer zu landen war, wenn er seinen Schlagrhythmus stets und ständig änderte, um Kaguya keine Zeit zu geben sich daran anzupassen. Doch das hieß gleichzeitig, sich immer wieder eine Blöße zu geben, die Kaguya unter Garantie ausnutzen würde. Hinzu kam, dass er sich nicht sicher war, wie schnell er wirklich reagieren konnte, jetzt, da seine ganze linke Seite nur noch ein blinder Fleck war und er auch nicht mehr in der Lage Entfernungen richtig einzuschätzen.
 

Der Hayai schien praktisch nur noch darauf zu warten, dass sein linker Arm schwächer wurde. All seine Gegenangriffe konzentrierten sich fast ausschließlich auf seine linke Seite. Gaaras einziger Trost war, dass er – obwohl er beidhändig war – ursprünglich Linkshänder gewesen war und folglich in dieser Hand mehr Kraft hatte. Wenn es auch nicht viel war und nur die wenigsten von dieser Tatsache wussten. Kaguya wusste es zu seinem Glück offensichtlich nicht.
 

Ihr beider Keuchen wurde lauter. Es ging nur noch darum, wer zuerst einen Fehler machte, aber keiner wollte nachgeben. Obwohl Gaaras Kopf wie Feuer brannte, obwohl Kaguya mit jedem Schritt seine Verletzung aufs Neue spüren musste. Es war ein Kampf zweier unbeugsamer Willen. Sie würden sich gegenseitig zerreißen, wenn nicht etwas Unvorhergesehenes passierte…
 

Er stieß sich vom Boden ab, die Zwillingsschwerter wirbelten über seinen Kopf hinweg, während Gaara den Schwung seines Sprunges nutzte um sich auf seinen Gegner zu werfen. Kaguya zuckte nicht mal mit der Wimper, glitt fast sanft zur Seite und Gaara schoss an ihm vorbei. Unter ihnen war bereits Blut. Wo sie auch miteinander rangen, ließen sie eine rote Spur im Schnee zurück. Gaara führte den ersten Schlag mit links, den Kaguya mühelos parierte, doch dann schlug er mit dem rechten Schwert nach den Beinen des Hayai, dass dieser mit einem müden Lächeln quittierte. Sein Lächeln verwandelte sich in Schock, als er den Halt verlor und auf dem Schnee weg rutschte. Gaara zögerte keine Sekunde, rammte ihm das Schwert durch die Hand und nagelte ihn am Boden fest. Dann herrschte tödliche Stille.
 

„So stirbt also der berühmte Kimimaro Kaguya. Orochimarus treuester Diener, was für eine Schande“, flüsterte Gaara fast spöttisch. Doch Kaguya zeigte keine Furcht. Er wirkte … beinahe gelassen. Und dann verzog sich sein Gesicht ebenfalls zu einer spöttischen Miene. „Das glaube ich nicht, Sabakuno.“, antwortete er im selben Moment, in dem ein Pfeil Gaaras Schulter durchbohrte.
 

Der Schmerz nahm ihm abermals die Sinne. Gaara stolperte zurück, ließ das Schwert los, das noch immer Kaguyas Hand durchbohrte, und erbleichte. Unter den Bäumen senkte eine weitere in rot gewandte Gestalt ihren Bogen. „Sakon.“, begrüßte Kaguya den Neuankömmling. „Du scheinst Probleme zu haben, Kimimaro“, erwiderte Sakon. Der Schalk tanzte in seinen Augen. Kaguyas Blick begegnete für einen Moment dem seinen. Sein Mund verzog sich zu einem Lächeln. „Jetzt nicht mehr und, wenn du es noch einmal wagst mich in Frage zu stellen, werde ich dir zeigen, was Probleme wirklich sind.“
 

Ein weiterer Hayai. Er war verloren. Kaguya war bereits ein übermächtiger Gegner, gegen zwei kam er in seinem Zustand nicht an. „Dein letztes Stündchen hat geschlagen, Sabakuno“, bemerkte Sakon, als er den Bogen wegsteckte und stattdessen eine gewaltige Kriegsaxt von seinem Rücken löste. Gaara versuchte seinen Atem wieder zu finden, stolperte rückwärts. Er spürte das nasse Blut, das ihm bereits bis in den Nacken gelaufen war. Nicht weit von ihm zog Kaguya sein Schwert aus seiner Hand und kam taumelnd auf die Beine. Sein Blick war immer noch beherrscht, eiserne Disziplin verbot es ihm den Schmerz zuzulassen, aber um seine Mundwinkel lag eine Spur von Triumpf…
 

Die beiden Hayai tauschten einen Blick und dann – wie auf ein unsichtbares Zeichen hin – griffen sie gleichzeitig an. Gaara hob das Schwert, auch wenn er wusste, dass es sinnlos war. Temari… Kankuro… die Götter mochten seine Geschwister schützen…
 

Ein schwarzer Schatten schoss durch die Luft und traf Kaguya mit einem gewaltigen Tritt in den Magen auf die Stelle, an der Kaguya bereits verletzt war. Sein Angreifer kam leichtfüßig wieder auf die Beine. Rock Lee, einer der Begleiter der Prinzessin. Gleichzeitig schossen etliche Messer durch die Luft und nagelten Sakon schmerzhaft an den nächsten Baum.
 

Alles ging so schnell, dass Gaara dem Geschehen kaum folgen konnte. Ein leises Knarren ließ ihn herum fahren. Etwa hundert Meter entfernt sprang eine ganz in weiß gekleidete Gestalt, die im Schnee fast unsichtbar war, lautlos auf den Boden. In jeder Hand hielt sie ein paar Wurfmesser. Kunai erkannte Gaara, jene Waffen, die den Ninja vorbehalten waren und die es im Messerwerfen zur Meisterschaft gebracht hatten. Eisblaue Augen blitzten durch die Dunkelheit.
 

„Und so wendet sich das Blatt“, sagte Naruto Uzumaki.
 


 

~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~
 

„Er sah Kabuto, Orochimarus rechte Hand, und folgte ihm in den Wald.“
 

Karuis Worte echoten in ihrem Kopf. Tenten rannte. Rannte. Rannte. Rannte. Sie musste ihn finden. Ihn und ihren Vater und Orochimaru. Sie spürte Temari neben sich. Keine von ihnen sprach, aber in ihrem Schweigen war Temari ihr näher, als sie es mit den größten Worten gewesen wäre. Temari hatte ihr Wesen erkannt, hatte sie so akzeptiert wie sie war und ließ sie in dieser dunkelsten Stunde nicht allein.
 

„Da!“, rief Temari auf einmal und durchbrach das Schweigen zwischen ihnen. Tentens Blick folgte ihrer ausgestreckten Hand. Nicht weit von ihnen lag jemand im Schnee. Inmitten der Schlacht war der Anblick einer Leiche nichts Besonderes und sie wäre ihnen vermutlich nicht einmal aufgefallen, wenn sie nicht mit einem blutroten Umhang bedeckt gewesen wäre - es war der gleiche, den auch Tayuya getragen hatte.
 

Temari kniete sich neben die Leiche und die Sorge in ihrem Gesicht wuchs. „Was ist?“, fragte Tenten, „wer ist das?“ Die junge Kriegerin richtete sich auf. „Kidomaru, einer von Orochimarus Leuten. Aber das ist es nicht, was merkwürdig ist…“ Tenten sah auf. Temari hatte die Stirn gerunzelt und betrachtete den Leichnam. Doch sie konnte nichts Ungewöhnliches feststellen.
 

„Er wurde nicht niedergestreckt, Tenten“, begann ihre Verbündete, „er ist erfroren.“ „Was?!“ „Es gab einen Kampf“, fuhr Temari unbeirrt fort, „und glaub mir-“ Sie deutete auf die Kampfspuren rundherum. – „es gibt nicht viele, die einem Hayai einen solchen Kampf liefern könnten. Das ist Hyugas Handschrift.“ „Neji hat…“ Temari nickte. „Davon ist auszugehen. Er hat den Kampf zwar gewonnen, aber er dürfte ihn extrem angestrengt haben.“ Und dann hat er ihn erfrieren lassen.
 

„Dann dürfen wir keine Zeit verlieren“, erklärte Tenten mit fester Stimme, „wenn Neji verletzt ist, ist es glatter Wahnsinn sich auch noch Orochimaru zu stellen.“ Temari erwiderte nichts, aber ihr Blick verriet Tenten, dass sie genau das gleiche dachten: Neji war verrückt genug genau das zu tun.
 

Ohne ein weiteres Wort machten sie sich zum Wald auf. Das Waldstück, in dem Neji laut Karui verschwunden war, stieg an, je näher sie dem Waldrand kamen. Eine Anhöhe. Perfekt um zu beobachten und das ganze Geschehen zu koordinieren. Außerdem war es für Feinde schwierig sich unbemerkt zu nähern und, wenn sie es doch schafften, hatten sie immer noch den Hang zu bewältigen. Unter den gegebenen Möglichkeiten hatte Orochimaru strategisch den besten Platz ausfindig gemacht.
 

Der Wald verschluckte sie. So leise wie möglich schlichen sie durch das Unterholz, doch alle paar Meter ließ Temari sie anhalten. Die Szenerie stand in absurden Kontrast zum Rest des Waldes. Der Schnee war unberührt und glitzerte in allen Facetten, wenn das Mondlicht darauf fiel. Tenten hätte diesen Anblick geliebt, wenn sie nicht eine solche Angst gehabt hätte. Angst, dass sie zu spät kommen würde. Angst, vor dem was sie sehen würde. Angst davor diesmal wirklich Nejis toten Körper zu sehen. Oder den ihres Vaters. Sie allein konnte es verhindern, musste es verhindern…
 

Sie waren so weit gegangen, dass der Wald ihnen jede Sicht auf den See genommen hatte. Die Bäume waren wie Striche, die ein Künstler mit dem Schwung seines Pinsels in den Winter gemalt hatte. Aber die Gewissheit, dass um sie herum ein Krieg tobte, machte diese Harmonie unwirklich. Sie umklammerte Amaterasus Griff.

Allerdings war ihre Sorge umsonst. Keine Spur von Orochimaru, Neji oder ihrem Vater. Aber sie mussten irgendwo in der Nähe sein. Auf einmal schien etwas Temaris Aufmerksamkeit erregt zu haben. Und als sie näher hinsah, erkannte auch Tenten die Blutspur, die zu den beiden Leichen führte. Ihr Herzschlag beschleunigte sich. „Nein.“ „Was ist?“, hakte Temari scharf nach, „kennt Ihr sie?“ „Das sind die Leibwächter meines Vater“, erwiderte Tenten mit Blick auf die beiden Männer, dessen Körper mit Pfeilen gespickt waren. Temari untersuchte unterdessen die Toten. „Ihre Körper sind noch warm“, wisperte Temari. Tenten lief ein kalter Schauer über den Rücken. Der Schütze war noch in der Nähe.
 

„Versprecht mir etwas“, sagte Temari plötzlich und riss Tenten aus ihren Gedanken. Tenten sah auf. Ihr Blick traf den der Kriegerin. Härte. Trauer. Rachsucht. Hoffnung. Verletzlichkeit. Alles lag darin und Tenten glaubte für einen Moment Temaris wahres Wesen gesehen zu haben. „Was?“ „Egal was passiert“, Temaris Blick fixierte sie, „tut alles was notwendig ist um Konoha zu retten. Alles. Lasst mich zurück, wenn es sein muss-“ „Aber, Temari-“ „Tötet Orochimaru, wenn Ihr die Gelegenheit habt“, fiel ihr Temari ins Wort. „Ihr müsst überleben, Tenten- hime. Ihr seid anders als Euer Vater. Ich glaube, … dass es Euch gelingen könnte. Ihr könntet Konoha verändern, die Menschen verändern und ihnen Hoffnung geben. Ihr könnt dieses Land retten, Tenten-hime, wenn Ihr es wirklich wollt. Lasst nicht zu, dass ich meinen Glauben in die Falsche gesetzt habe.“ Nein… Das würde sie nicht… „Ich verspreche es.“
 

Ein kurzer Blick auf ihre Gefährtin zeigte Tenten, dass sich deren Haltung geändert hatte. Temari Sabakuno hielt ihre Kusarigama umklammert und sah sich aufmerksam um.
 

Plötzlich stoppte Temari neben ihr abrupt und bedeutete ihr still zu sein. „Was-“ Ein surrendes Geräusch durchbrach die Stille. „Vorsicht!“, schrie Temari und stieß sie weit von sich, sodass der Pfeil sie verfehlte. Tenten kam unsanft auf dem Boden und konnte gerade noch sehen, wie Temari die Kette über ihren Kopf wirbelte und mit aller Kraft von sich schleuderte. Die Waffe krachte in den Stamm eines Baumes, sodass eine kleine Lawine Schnee auf den Boden regnete. Dann – Stille.
 

Tenten rappelte sich auf, zog das Schwert aus der Scheide und tauschte einen angespannten Blick mit Temari. „Zeig dich, du Feigling!“, rief Temari. Wieder Stille. Wer auch immer in der Dunkelheit auf sie lauerte, war schlau. Er würde seine Deckung nicht auf- „Was für ein unerwartetes Vergnügen Euch schon jetzt begrüßen zu dürfen, Tenten-hime. Ihr erspart uns eine ganze Menge Arbeit.“ Tenten wurde eiskalt, während Kabuto Yakushi nur ein paar Meter von ihnen entfernt zwischen den Bäumen auftauchte und gemächlich auf sie zu geschlendert kam. Er hatte den Bogen noch in der Hand und mit Grauen erinnerte Tenten sich, dass er ein wahrer Meisterschütze war.
 

„Was für eine Begrüßung soll das sein?!“, fauchte Temari, „lässt Orochimaru seine Gäste immer zur Begrüßung abschlachten, du Bastard?“ Ein falsches Lächeln erschien auf Kabutos Gesicht und er erwiderte: „Nur manchmal, Sabakuno. Ich dachte eigentlich, mein Pfeil hätte Euch schwerer verwundet.“ Tenten drehte sich erschrocken zu Temari um. Einer Ihrer Ärmel war zerrissen und ihr Arm blutete. Ein Streifschuss.
 

„Dieser Kratzer?“, entgegnete Temari spöttisch. „Da habe ich mir schlimmere Verletzungen zugezogen, als ich auf meine Brüder aufpassen musste.“ Kabuto hob amüsiert eine Augenbraue. „Ach wirklich? Ich würde Euch zu gern von meinem Können überzeugen, aber ich habe leider keine Zeit. Meister Orochimaru ist sehr beschäftigt, müsst ihr wissen.“
 

Angst kroch aus der Tiefe ihres Herzens und breitete sich in ihrem ganzen Körper aus. „Wo sind sie…“, flüsterte Tenten, „wo sind Neji und mein Vater!“ Kabuto fixierte sie. Ein hungriger Ausdruck war in seine Augen getreten, der Tenten erschaudern ließ. Es war als ob er sich an ihrem Leid ergötzte.
 

„Ah… Hyuga. Wer hätte gedacht, dass er noch am Leben ist. Und was Euren Vater angeht… es wäre mir eine Ehre Euch zu ihm zu geleiten. Ich bin sicher unser aller Fürst wird sich freuen endlich seine Tochter in die Arme zu schließen.“
 

Ihre Angst verwandelte sich in Wut. Diese miese Ratte. „Wie könnt ihr es wagen!“ Ihre Stimme zitterte vor unterdrückter Wut. „All diese Menschen sterben!“ „Ja, kann schon sein“, erwiderte Kabuto aalglatt. Eine Strähne seines ausgebleichten Haares fiel ihm ins Gesicht, die er lässig wegwischte. „Ihr könnt ja später nachsehen, wie viele es sind, aber jetzt bitte ich Euch mir zu folgen, Prinzessin … sonst könnte es wirklich unangenehm für Euch werden.“ Langsam fuhr seine Hand zu seinem Gürtel, an dem ein langes Messer befestigt war. Einen Augenblick verharrte er, dann setzte er sich in Bewegung. Temari schrie irgendwas. Die Kusarigama zischte abermals durch die Luft, verfehlte ihn. Tenten wollte Temari helfen, doch die hatte sich schon zwischen sie und Kabuto geschoben. Mit der linken Hand zog sie gerade noch rechtzeitig ihr Schwert, um Kabuto abzufangen.
 

Tenten stolperte zurück. Entsetzen im Blick, während Temari mit Kabuto rang. Sie musste ihr helfen! Doch gerade, als sie diesen Entschluss gefasst hatte, sah Temari sie an. Und ihre Augen flehten um etwas anderes. Kabuto drängte sie zurück, aber die Kriegerin stemmte sich ihm entgegen.
 

„Lauft!“ Sie konnte nicht. „Lauft!“ Sie konnte Temari nicht im Stich lassen! Temari… Temari war ihre Verbündete. „LAUFT!“ Temari war … ihre Freundin und sie hatte ihr etwas versprochen. Sie würde kämpfen und sie würde alles tun um dieses Land zu retten. Inmitten ihrer Zweifel, inmitten der Dunkelheit hatte Temari sie gelehrt, was Mut war. Sie würde ihr Versprechen halten.
 

Tenten drehte sich um und rannte.
 

~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~
 

„Ich kann mich nicht entscheiden, wen von euch ich mehr hasse.“ Neji ging auf Orochimaru und Mao-Chéng zu. “Euch Mao-Chéng, weil Ihr meinen Vater, Euren besten Freund, für eine Lüge verraten habt, oder dich Orochimaru, weil du ihn umgebracht hast.“ Orochimarus Bernsteinaugen folgten jedem seiner Schritte, während der Fürst ihn anstarrte, als ob er einen Geist gesehen hatte.
 

Abrupt richtete sich Orochimaru auf und ließ Mao-Chéng so plötzlich los, dass dieser hart auf dem Boden aufschlug und sich vor Schmerz krümmte. „Neji Hyuga“, sagte Orochimaru, „was… für eine Überraschung. Ich hatte gedacht, Kimimaro hätte mit dir kurzen Prozess gemacht.“ Ein Lächeln huschte über das bleiche Gesicht. „Nein…“ Eine Erinnerung formte sich vor seinem inneren Auge. Schmerz. Blut. Feuer. Über ihm lachte jemand. Er war tot. Und dann… war er es nicht.
 

„Die Hayai haben also versagt.“, stellte Orochimaru mit ruhiger Stimme fest, „Ich gebe zu ich habe dich unterschätzt, Hyuga. Ich hätte wissen müssen, dass du mir genauso ein Dorn im Auge sein wirst wie dein Vater.“ Neji spürte wie eine gewaltige Wut in ihm wuchs. „Wie kannst du es wagen, vor mir von ihm zu sprechen!“, fauchte er. „Hizashi Hyuga war nichts weiter als ein naiver Träumer, der sich meinen Plänen in den Weg gestellt hat. Habe ich nicht Recht, Mao-Chéng?“ Orochimaru blickte gehässig auf den Fürsten zu seinen Füßen herunter, der ihn mit einer schmerzverzehrten Miene ansah. „Sieh mich nicht so an“, verlangte der Heerführer, „schließlich waren es deine Pläne, alter Mann.“ „N-nein“, krächzte der Fürst. „Nein?“, lachte Orochimaru, „wenn ich mich recht entsinne, warst du es, der Hizashi in Stücke reißen wollte, als deine Frau starb.“
 

Dieser… Bastard. Orochimarus Falschheit ließ Neji vor Wut zittern, sodass er sein Schwert fester umklammern musste. „Aber ich mache dir keinen Vorwurf, mein Freund, jeder kann sich mal irren. Auch du. Allerdings hatte dein Fehler weit größere Konsequenzen, als der eines gewöhnlichen Menschen. Ich muss mich sogar bei dir bedanken, Chéng, ohne deine Blindheit wäre es mir nie möglich gewesen meinen Plan in die Tat umzusetzen.“
 

Eiskalt fiel Neji seine Unterhaltung mit Kidomaru wieder ein. Der Triumpf in seinen Worten, als er Tenten erwähnte. Für Orochimaru war sie nichts weiter als eine Schachfigur in seinem Plan, aber was würde mit ihr geschehen, wenn sie ihren Zweck erfüllt hatte? Das Heulen des Windes ließ ihn schaudern. In diesem Moment traf ihn Orochimarus Blick.
 

„Du weißt, was ich meine, Neji Hyuga, nicht wahr?“, fragte er leise und Neji funkelte ihn an. „Na, na“, rügte ihn sein Gegenüber, „hat dich Hizashi keine Höflichkeit gelehrt?“ Das feixende Grinsen immer noch im Gesicht beobachtete Orochimaru ihn. Neji spürte wie Ryujin in seiner Hand zu zittern begann. „Höflichkeit?“, seine Stimme war leise, „Höflichkeit! Er hatte keine Zeit mehr mir irgendetwas beizubringen, weil du ihn ermordet hast!“ Ohne auf seinen Wutausbruch einzugehen, hob Orochimaru sein Schwert und wischte es an Mao-Chéngs Kleidung ab ohne auf dessen Stöhnen zu achten. Kusanagi war bereits rot vor Blut.
 

Orochimaru lächelte ihn an. „Ich habe ihn nicht getötet, er hat den Tod selbst gewählt.“ „Du weißt gar nichts! Du warst nicht da an jenem Tag, hast nicht gehört, wie er seinem Bruder von seinem Plan erzählte… Wie er mich zurück ließ!“ „Wirst du jetzt sentimental, Hyuga?“, erkundigte sich der Heerführer, „hat Kakashi dir nicht beigebracht hart zu werden?“ Neji biss die Zähne zusammen. Was wusste Orochimaru schon über ihn?
 

„Nein, das hast du getan. Ich war ein Säugling, als du mich gebrandmarkt hast.“ Er riss sich das Tuch von der Stirn, das das alte Mal verdeckte. Mao-Chéngs Augen weiteten sich. Hatte er gewusst, dass Hizashi das Zeichen getragen hatte? Dass Orochimaru auch ihm seinen Hass auf die Stirn gebrannt hatte? „Damals war ich hilflos, aber jetzt bin ich es nicht mehr. Ich werde dich töten oder hier mein Leben lassen.“ Das Tuch fiel in den Schnee.
 

Neji folgte Orochimarus Bewegungen. Er bewegte sich elegant und sicher, mit einer Arroganz, die seinesgleichen suchte. Langsam kam er auf ihn zu. „Genug.“ Er flüsterte beinahe, aber seine Stimme war eiskalt geworden. „Ich habe genug von deinen Einmischungen. Du magst die Hayai überlebt haben, nur für das Schicksal nun durch meine Hand zu sterben. Wäre die Alternative nicht angenehmer gewesen?“ Sie standen sich gegenüber. „Ich habe noch nie den einfachen Weg gewählt.“, entgegnete Neji. „Schade.“, sagte Orochimaru, „ich hatte gehofft, dass du mir den Aufenthaltsort der Prinzessin freiwillig verrätst.“
 

Neji zog scharf die Luft ein, aber er war nicht der einzige. Mao-Chéng starrte Orochimaru mit Horror in den Augen an. „Was?“ Orochimaru drehte leicht den Kopf, als hätte er vergessen, dass der Fürst noch immer da war, verblutend auf der Erde lag und ihn mit vor Entsetzen geweiteten Augen anstarrte. „Meine Tochter? Du willst meine Tochter? Deswegen…“ Mao-Chéng schien vollkommen apathisch. „Deswegen.“, flüsterte er. „Und wieder begreifst du viel zu langsam, Chéng. Mein Plan geht so viel leichter auf, wenn ich sie finde. Es war so einfach und trotzdem bist du viel zu blind um es zu erkennen.“
 

„Tenten“, flüsterte Neji. „Du wolltest sie die ganze Zeit.“ Orochimaru grinste ihn spöttisch an. „Deine Gefühle verraten dich, Hyuga. Glaubst du, ich hätte nicht gemerkt, was vor sich gegangen ist? Ich weiß über jede einzelne Stunde Bescheid, in der sie sich weggeschlichen hat um sich mit dir zu treffen. Kabuto hat dir meine Antwort ins Fleisch geschnitten, aber du konntest sie trotzdem nicht loslassen. Du warst mir ein Dorn im Auge und irgendwann war das Risiko zu groß, dich noch länger leben zu lassen.“
 

Ryujin erwachte in seiner Hand zum Leben. Neji hatte geglaubt in seinem Leben schon viel Hass empfunden zu haben. Damals, als er die Götter für den Tod seiner Mutter gehasst hatte. Als er die gesichtslosen Menschen gehasst hatte, die seinen Vater in den Tod getrieben hatten. Er hatte das Leben auf der Straße gehasst und die Hilflosigkeit, als sein Onkel gestorben war und ihn und Hinata ganz allein gelassen hatten. Die Hayai. Gelegenheiten zu hassen hatte es viele gegeben, aber es war nichts im Gegensatz zu dem, was er in diesem Moment empfand.. Neji hob die Klinge und glitt übergangslos in Angriffsposition. Er hatte so viel gehasst und das Leben verflucht, aber dann war Tenten da gewesen und plötzlich hatte es dieses Licht in seinem Leben gegeben. Auf einmal hatte es einen Grund gegeben zu ertragen, nur um das Leuchten in ihren Augen zu sehen. Neji starrte Orochimaru in die Augen.
 

„Du hast mir alles genommen, aber sie bekommst du nicht!“
 

„Das werden wir sehen“, antwortete Orochimaru, aber Neji hat schon die Distanz überwunden. Mit voller Wucht prallten beide aufeinander. Allerdings hatte Orochimaru nicht die kleinste Mühe seinem Schlag Stand zu halten. Mit einer Hand blockte er das Schwert, mit der anderen packte er Neji am Arm und schleuderte ihn von sich. Neji schlitterte rückwärts und fand mit Müh und Not das Gleichgewicht wieder. Doch da war Orochimaru schon bei ihm. Der Angriff kam schnell. Viel schneller als Neji je einen Angriff gesehen hatte. Jetzt zahlten sich alle Trainingsstunden mit Kakashi aus, in denen ihn sein Meister gelehrt hatte jeden Angriff mit jedem Mittel zu blocken. Es war purer Instinkt, der ihn noch rechtzeitig das Schwert hochreißen ließ. Da war kein Gedanke gewesen. Die Erfahrung hatte seinen Körper gelenkt.
 

Nur mit einem hatte er nicht gerechnet: Mit der puren Kraft, mit der Orochimaru Ryujin immer näher an seine Kehle drückte. Neji stemmte sich dagegen, aber er spürte, dass der Kampf gegen Kidomaru und die Schlacht ihn ausgezehrt hatten… Orochimaru… hatte noch gar nicht gekämpft und seine Schläge waren so schnell und kraftvoll wie nach einem erholsamen Schlaf. Darüber hinaus hatte Neji keine Ahnung, wie stark Orochimaru wirklich war.
 

Triumph schlich auf die Züge des Heerführers, als er Neji blitzschnell von sich stieß und in der nächsten Sekunde bereits wieder auf Ryujin einschlug. Nejis Arm zitterte von dem Aufprall und er musste das Schwert mit beiden Händen stützen um überhaupt Stand zu halten. Er trat einen Schritt rückwärts um sich besser halten zu können und schon spürte er, wie er wegrutschte. Orochimaru war zu stark! „Was ist, Hyuga?“, spottete sein Gegner. Neji biss die Zähne zusammen.Konzentrier dich! Doch noch ehe er einen weiteren Gedanken fassen konnte, durchbrach Orochimaru seine Verteidigung. Sein Kopf wurde zur Seite gerissen. Schmerz explodierte in seinem Gesicht. Ihm wurde schwarz vor Augen. 8i]Zu langsam…
 

Seiner Sicht beraubt stolperte Neji rückwärts, das Schwert halb erhoben, aber Orochimaru war schon da. Es war zu spät den Schwertstreich zu parieren. Er setzte alles auf eine Karte, warf sich zu Boden und entging hauchdünn der Schneide. Kaum berührte er den Boden, rollte er sich zur Seite. Keine Sekunde zu früh, denn Orochimaru rammte das Schwert blitzschnell in die Erde. Neji spürte das kalte Metall nah an seinem Arm und als er sich zur Seite schmiss spürte er wie der Stoff seines Hemdes riss.
 

Keuchend kam er wieder auf die Beine. Orochimaru war drei Meter von ihm verharrt. Kalt lief ihn ein Schauer den Rücken herunter. Die ganze Zeit… die ganze Zeit hatte er sich nur verteidigt. Orochimaru war zu schnell, zu stark und zu erbarmungslos. Sein Kampfstil hatte unglaublich viel Kraft, trotzdem war er wahnsinnig schnell und Neji ahnte, dass Orochimaru auch nicht zögern würde zu unlauteren Mitteln zu greifen.
 

„War das alles?“, die Stimme des Heerführers durchschnitt die Nacht. „Ich hatte geglaubt, dass du mir wenigstens ein bisschen entgegen zu setzen hättest, aber ich habe mich geirrt.“ Nejis Atem beruhigte sich, die Konturen, die kurzzeitig vor seinen Augen verblasst waren, kehrten scharf zu ihm zurück. Er lebte noch und wischte sich das Blut vom Gesicht.
 

„Was ist? Willst du mir nicht antworten, oder kannst du es nicht?“ Neji hatte keine Wahl, er musste diesen Kampf so schnell wie möglich beenden, bevor die Anstrengung ihn noch mehr ermüdete. Orochimaru war näher gekommen. Die Furcht vor dem, was er fühlen, nein, das was er würde ertragen müssen, war überwältigend. Trotzdem blieb ihm keine Wahl.
 

Er nahm seine Umgebung in sich auf. Das Weiß des Schnees unter dem sich die knorrigen Äste der Bäume zu Boden neigten. Den Wind, der ihm die Kälte ins Gesicht wehte. Das Metall Ryujins, das in seinen Händen langsam zum Leben erwachte. Die Geräusche, die der Wald flüsterte. Seine eigenen: sein Atem, jede seiner Bewegungen. Die Welt verschwamm vor seinen Augen und nahm neue Gestalt an. Sein Geist hatte sich geweitet, seine Sinne geschärft. „Glaubst du wirklich, dass ich das zulasse, Hyuga?!“ Orochimaru griff ihn mit einer schnellen Schlagabfolge an. Hinter jedem einzelnen steckte so viel Kraft, dass Neji lieber auswich. Er hatte keine Zeit! Orochimaru ließ ihm nicht die Gelegenheit die Meditation überhaupt aufzubauen! Es gab nur einen Weg: Er musste es während des Kampfes schaffen.
 

Doch so wie er die Schönheit der Natur klarer sah, so kehrte auch das Leid, das er so sehr gefürchtet hatte, zurück. Wenngleich sie weit entfernt ertönten, hörte er das Echo jeden Schreies, den die Schlacht forderte. Überall Tod. Das Gefühl zerriss ihn beinahe, denn mit jedem, der starb fühlte es sich an, als ob der Welt das Leben selbst genommen wurde. Ein weiterer Schlagabtausch. Er hatte kaum die Kraft die Angriffe, die auf ihn nieder prasselten zu blocken, aber er musste! Er tauchte wieder in die andere Sicht ein. Alles, das er sonst noch wahrnahm, war der kreischende Singsang der Waffen, das Stöhnen der Verletzten und Verzweiflung, wenn der Tod wieder einen Freund oder Gefährten zu sich nahm. Der ewige Hass des Krieges.
 

Seine Sicht flackerte von Realität zur Meditation. Kein Bild blieb lange. Noch nie war es ihm so schwer gefallen die Meditation aufrecht zu erhalten, aber er musste es ertragen, damit es nicht zu noch mehr Tod und Verzweiflung kam. „Gib auf, Hyuga!“, rief Orochimaru, aber diesmal spürte Neji, dass er die Meditation fest halten konnte.
 

Neji hob das Schwert und starrte Orochimaru mit der Miene eines Mannes an, der nichts zu verlieren, aber alles zu gewinnen hatte. Der Verräter musste wissen, dass ein solcher Gegner der schlimmste war. Und mit der grausigsten Hintergrundmusik, die in seinen Ohren hallte, eröffnete Neji den Kampf auf Leben und Tod erneut. Denn es würde nur einer von ihnen überleben und die Wahrheit des Siegers war es, die das Land retten oder ins Chaos stürzen würde.
 

Diesmal waren sie sich ebenbürtig. Neji vergaß die Verletzungen, die der Kampf gegen Kidomaru ihn gekostet hatte. Vergaß, wie viele er hatte sterben gesehen und wie vielen er den Tod gebracht hatte. Die Meditation im Zustand starker Erschöpfung einzusetzen war wahnsinnig. Sie wirkte wie eine Droge, die den Schmerz betäubte, während der eigene Körper zunehmend schwächer wurde. Neji konnte auch nicht darauf hoffen, dass der Heerführer es zuließ, dass er den Tanz des Mondes einsetzte. Er würde noch mehr Zeit zur Vorbereitung brauchen, als bei der Meditation und die Zeit würde Orochimaru ihm nicht geben. Die einzige Hoffnung, die ihm blieb, war ihn mit purer Schnelligkeit zu überlisten. In diesem Kampf kam es nicht auf ausgefeilte Technik an, vielmehr würden ihm alle schmutzigen Tricks helfen, die das Leben auf der Straße ihn gelehrt hatte.
 

Die Schwerter prallten aufeinander, ihre Gesichter fast so nah, dass Neji Orochimarus Atem auf dem Gesicht spüren konnte. Sein Feind trat einen Schritt nach links, worauf sich das Gleichgewicht verlagerte und Neji einem gezielten Tritt auf sein Standbein nur knapp ausweichen konnte. Aber im winzigen Moment, in dem Orochimaru ihn verfehlt hatte, zeigte die Meditation ihm eine Lücke. Ohne Nachzudenken rammte er Orochimaru das Knie in den ungeschützten Magen, worauf dieser einen würgenden Laut ausstieß und sich die Balance erneut veränderte. Kusanagi, das Schlangenschwert, verlor auf Ryujins Oberfläche den Halt und rutschte seitlich weg. Neji nutzte die sich ergebende Gelegenheit und zog die Klinge über Orochimarus Schwertarm. Schmerz trat in Orochimarus Augen, der sich sogleich zu Hass verwandelte. Kaum, dass Blut aus der Wunde schoss, führte Orochimaru den nächsten Schlag, als würde er den Schmerz nicht spüren. Es war zu spät den Schlag abzufangen, also wich Neji mit einer Schnelligkeit zur Seite aus, die ihm nur seine gesteigerten Sinne erlaubten.
 

Doch es war, als würde er gegen zwei Feinde kämpfen. Der Tod drückte ihn nieder während er alles tat, um Orochimarus Schläge zu parieren. Neji biss sich auf die Lippe. Die Meditation, die ihm so oft das Leben gerettet hatte, entpuppte sich als sein größter Feind. Es war nicht sein Körper, der stärker als Orochimaru sein musste, sondern sein Geist. Nur der Gedanke an Tenten gab ihm Kraft. Damals als sie Kinder gewesen waren, da hatte er ihr gesagt, dass er ein Samurai werden wollte um die zu beschützen, die ihm am meisten auf der Welt etwas bedeuteten. Vor acht Jahren hatte er nicht einmal geahnt, dass der Moment kommen würde, da er für sie kämpfen würde. Für sie und seinen Vater, für Hinata und für seine Freunde. Für dieses Land, das er zu lieben und zu hassen gelernt hatte.
 

Wieder prallten sie zusammen. Die Klingen lösten sich, fanden wieder zusammen. Ein Schlenker nach links, dann ein Hieb nach seinem Kopf unter dem er sich hinweg duckte. Von allen Gegnern, gegen die er jemals gekämpft hatte, war Orochimaru der gefährlichste. Ryujin beschrieb einen Halbkreis, blitzte kurz auf und flog auf den Hals des Heerführers zu. Der fing es ohne Hinzusehen mit Kusanagi an seiner Schulter ab, drehte sich auf der Stelle und traf Neji, der für einen Augenblick ohne Deckung war, mit einem Tritt schmerzhaft in den Magen. War eine weitere Rippe gebrochen? Doch er kam nicht zum Nachdenken. Orochimaru schnellte im Sprung auf ihn zu, mit einem gezielten Schwerthieb wischte er Ryujin zur Seite, mit seiner freien Hand packte er Nejis Arm und brachte ihn aus dem Gleichgewicht. All das Gewicht seines Gegners krachte auf ihn und drückte ihn zu Boden.
 

Der Aufprall nahm ihm fast den Atem, aber viel schlimmer als das, war, dass Orochimaru die Oberhand erlangt hatte. Kusanagi drückte Ryujin immer näher an seine Kehle. „Hyuga!“ Ganz weit entfernt, hörte er den Fürsten seinen Namen rufen. Auch er wusste, dass Konoha verloren war, wenn Orochimaru ihn tötete.
 

„Gib auf.“ Orochimarus Stimme war wie das Zischen einer Schlange bevor sie zum tödlichen Biss ansetzte. „Gib auf, Neji Hyuga und ich mache deinen Tod kurz und schmerzlos.“ Die Bernsteinaugen funkelten bösartig. Doch seine geschärften Sinne offenbarten ihm auch die Heimtücke darin. Als wenn er diesem Bastard auch nur ein Wort geglaubt hätte… Das Gefühl kam so plötzlich, dass die beiden Schwerter noch näher an seine Kehle heran rutschten. Gaara. Irgendwo dort draußen. Verletzt, er spürte den Schmerz, den seine Wunden bereiten. Aber er führte die Rebellen nicht in die Schlacht. Da waren noch mehr. Er konnte Lee ausmachen und einen Hass, der fast so tief ging wie sein eigener gegenüber Orochimaru. War das Kimimaro? Und da… er kannte auch diese seltsame Kälte, die nun in sein Bewusstsein drang. Wann war er diesem Menschen begegnet? Bei den Naras? Der Attentäter, der den Daimyo der Naras und Tenten beinahe erstochen hatte? Aber wie war das möglich? Und da war noch jemand, den er kannte, aber nicht wiedererkannte. Dann war das Gefühl fort und er fand sich wieder mit vor Anstrengung zitterndem Arm, der ihm gerade so die Klinge vom Leib hielt, in der Wirklichkeit zurück.
 

„Gaara“, keuchte er, „was hast du mit ihm gemacht?“ Interessiert sah Orochimaru ihn an, doch er fragte nicht, woher er so plötzlich diese Information hatte. „Kimimaro wird ihn töten“, sagte er so schlicht und doch mit einer solchen Grausamkeit, die Neji mit einer solchen Kälte erfüllte, dass er langsam verstand, wie Orochimaru ein ganzes Land manipuliert hatte. „Er ist ein Aufrührer und er ist mir im Weg. Deshalb wird auch er sterben.“ „Hast du nichts anderes als den Tod im Sinn. Merkst du nicht, dass bald nichts mehr übrig ist, das du regieren könntest?“ Orochimaru drückte ihm die Knie, mit denen er ihn am Boden hielt, noch fester auf die Beine. Neji keuchte. „Leben und Tod gehen Hand in Hand. Hat dir das Kakashi nicht beigebracht, Hyuga? Viele werden sterben, damit viele leben können. Wo vergeht, wird wachsen. Das ist der Lauf der Welt. Mao-Chéng hier wird sterben, damit ich der Herrscher sein kann, dem das Volk wieder vertraut. Und du…“ Er leckte sich über die Lippen. „Dich werde ich töten, damit sich nie wieder jemand erdreistet mich heraus fordern zu können. Dein Tod wird den Willen der Rebellen brechen und er wird mir die Prinzessin zu einer willenlosen Marionette machen. Was meinst du… wird sie noch genug Kraft haben sich gegen mich zu wehren, wenn sie unter mir liegt?“
 

Tenten. Tenten! TENTEN! Nein! Er würde sie nicht anrühren! Er durfte sie niemals anrühren! Seine Kraft explodierte in ihm. Mit einer unglaublichen Anstrengung drückte er Orochimaru von sich, nutzte dessen Überraschung und rollte sie beide herum, sodass nun er es war, der den Krieger im Schnee festnagelte. Der Hass und der Tod konnten ihm nichts mehr anhaben, denn nun verschmolz auch sein Hass mit dem kollektiven Hass der Schlacht und es war Orochimarus Tod, den er wollte.
 

„Du wirst sie niemals bekommen!“, schrie er, „ich sterbe lieber, als sie zu verraten, und ich bin der einzige, der weiß, wo sie ist.“ Doch seine Wut ließ ihn unvorsichtig werden. Er war so damit vertieft Orochimaru die Kehle durchzuschneiden, dass er das Messer beinahe zu spät bemerkte, das Orochimaru plötzlich in der Hand hielt und mit dem er auf seinen Bauch zielte. Neji warf sich herum und die Klinge glitt nur über die Oberfläche seines Arms, anstatt ihn ernsthaft zu treffen. Doch damit hatte er seinen einzigen Vorteil verspielt. Ryujin entglitt ihm fast und Orochimaru, der sich längst befreit hatte, versetzte ihm einen so heftigen Schlag auf den Rücken, dass er hart auf dem Boden aufschlug.
 

„Du liebst sie.“, sagte Orochimaru ganz leise. „Liebe. Sie ist deine größte Schwäche und wird dein Verhängnis werden, so wie sie das Todesurteil deines Vaters war.“ Er lächelte auf ihn herab, während er langsam das Schwert hob. „Du bist zu weich, Neji Hyuga. Dir fehlt die Kaltblütigkeit eines Kriegers. Das ist auch der Grund, warum sich die meisten Hyuga nicht als Schwertkämpfer eignen.“
 

Neji rollte sich auf den Rücken, seine linke Hand fuhr zu dem Griff des Messers. Er wusste nicht mehr was er fühlte. Hass und Schmerz und Verzweiflung waren eins geworden. Lass mich vergessen, flehte er innerlich. Und er vergaß. Alles, was noch in ihm existierte, war der brennende Wunsch den Verräter in Stücke zu reißen, ihm die Klinge ins Fleisch zu stoßen und seine vor Hass triefende Stimme verstummen zu hören. Da war Rache in ihm und Wut, so große Wut. Und Angst. Angst, dass er ihn nicht aufhalten konnte.
 

Er riss Kiba’s Dolch, der an seinem Gürtel befestigt war, aus der Scheide und zielte auf Orochimarus Gesicht. Der Wurf war präzise, doch Orochimaru war wieder schneller. Er riss den Kopf zur Seite und das Messer flog an ihm vorbei ohne Schaden anzurichten. Doch Neji war schon auf den Beinen, täuschte links an und überraschte Orochimaru mit einer Finte, sodass sich für einen Moment eine Lücke auftat. Neji zögerte nicht, glitt blitzschnell in Angriffsstellung führte den ersten Schlag, mit dem er Orochimarus Schwerthand nach rechts riss. Der zweite drängte ihn nach links. Stück für Stück öffnete er Orochimarus Deckung. Dessen Augen weiteten sich als er begriff, dass er Neji genug Zeit gegeben hatte den Tanz des Mondes gegen ihn einzusetzen.
 

Sieben Schläge. Mehr brauchte er nicht um Orochimaru die Klinge in den Leib zu stoßen. Er wurde schneller, während Orochimarus Augen seinen Bewegungen kaum folgen konnten. Drei Schläge. Er würde sie retten. Einer. Sein Schwert raste auf die Brust seines Todfeindes zu, doch auf einmal formte sich auf Orochimarus Mund ein bittersüßes Lächeln. Bevor die Klinge ihn berühren konnte, spürte Neji den Schmerz. Warmes Blut lief seinen Arm herunter. Er keuchte auf, aber jede noch so winzige Bewegung ließ ihn die Schneide Kusanagis spüren, die ihm tief im Fleisch zwischen Schulter und Arm steckte. Seine Konzentration zerbrach und die Welt nahm wieder ihre ursprünglichen Farben an.
 

Mit einem einzigen Ruck riss Orochimaru die Klinge aus seinem Körper. Neji brach auf dem Boden zusammen. Orochimaru versetzte ihm einen Tritt, der genau auf die neue Wunde abzielte. „Glaub nicht, dass du mich mit einer Technik überlisten kannst, die ich schon hunderte Male gesehen habe.“, sagte er verächtlich. „Wunderst du dich, wie es mir gelang?“ Er wartete Nejis Antwort nicht ab ohne auf dessen Stöhnen zu achten. „Es gibt einen blinden Fleck in dieser Technik. Kurz vor dem letzten Hieb. Hätte ich dich nicht zuerst getroffen, wäre ich vermutlich tot. Du warst deinem Ziel sehr nah, Hyuga. Näher als sonst irgendjemand… Du kannst wirklich stolz-“ Er wirbelte herum und Neji sah das Unfassbare.
 

Nach jahrelangem Hass den Hyuga gegenüber hatte der Fürst sich trotz seiner lebensbedrohlichen Verletzung aufgerafft und schlug mit letzter Kraft nach dem Verräter. Um ihm zu helfen. Einen Augenblick glaubte Neji den Krieger zu sehen, der Mao-Chéng einst gewesen war, doch das Gefühl dauerte nur eine Sekunde. Mit einer einzigen kräftigen Bewegung riss Orochimaru dem Fürsten das Schwert aus der Hand, das er ohnehin nur notdürftig festhielt. Mit der anderen rammte er ihm die Klinge seines Messers in die Wunde, die er ihm bereits zugefügt hatte. Der Schrei des Fürsten hallte ihm in den Ohren. Sein festliches Seidenwams mit Konohas Wappen, das er vermutlich zum Anlass der Schlacht übergestreift hatte, sog sich voll von seinem Blut. Sein Schwert fiel ihm aus der Hand und er kam hart daneben auf. Ein weiterer Schrei entwich ihm.
 

„Du bist tot, alter Mann.“, sagte er so kalt, dass Neji fast spürte wie der Tod seine gierigen Finger nach Konohas Herrscher ausstreckte. Aber warum? Warum hatte er ihm geholfen?! War etwas von dem Chéng, den sein Vater als seinen besten Freund bezeichnet hatte, wieder an die Oberfläche gekommen?
 

Er konnte sich kaum rühren, aber während Orochimaru abgelenkt war, stemmte er sich trotzdem mit zittriger Anstrengung auf die Beine. Es war Wahnsinn, aber er tat es trotzdem. Er war zu schwach um sich noch einmal der Meditation zu bedienen, noch weniger würde sein Geist dem Ansturm von Schmerz standhalten können.
 

Seine Hoffnung war aus Verzweiflung gewachsen, denn tief in seinem Herzen wusste er, dass Orochimaru zu stark für ihn war. Nejis Technik verlor jeden Glanz. Es war nur noch brutale Kraft, keine Raffinesse, keine Taktik. Nichts. Er wollte einzig und allein den Abstand zu Mao-Chéng vergrößern.
 

Er drängte Orochimaru zwölf Meter zurück, dann zerschlug dieser all seine Hoffnung. Ryujin flog durch die Luft, beschrieb einen Kreis und bohrte sich außer Reichweite in den Boden. Kaum hatte er ihn entwaffnet, trat ihm der Verräter die Beine weg und war hinter ihm ehe er blinzeln konnte.
 

„Das war dumm, Hyuga. Wir wissen beide, dass du am Ende bist. Doch jetzt wird es schmerzhaft für dich.“ Eine Hand, durch deren Haut er jeden Knochen spürte, packte das Handgelenk seines verletzten Armes und riss ihn gewaltsam zur Seite. Neji schrie auf, doch der Schmerz verebbte nicht. Dann spürte er einen Fuß an seinem Arm. Er wusste was kam, noch ehe es geschah. Sein Schrei war noch markerschütternder als der des Fürsten, als Orochimaru seinen Arm zu sich hin zwang und gleichzeitig mit dem Fuß in die entgegengesetzte Richtung drückte. Der Knochen brach mit einem Geräusch, das Neji würgen ließ.
 

Orochimaru ließ ihn auf den Schnee fallen. Endlich… endlich ließ er ihn los. Neji fiel auf die Seite, sein Haar bedeckte sein Gesicht, aber durch die Strähnen sah er trotzdem in welchem unnatürlichen Winkel sein Arm abstand. Er schnappte nach Luft, aber der Schmerz wurde nur noch schlimmer. Er wand sich, krümmte sich, aber der Bruch brachte ihn beinahe um den Verstand. Neji fühlte jeden Schnitt, jede Wunde, jeden blauen Fleck, doch all das überlagerte sein gebrochener Arm.
 

Orochimaru trat ihn auf die unverletzte Schulter, sodass er seitlich wegkippte und nun auf dem Rücken lag. Über ihm schien sich Orochimarus Gestalt aufzutürmen. Sein Körper verdeckte den Himmel über ihm und Neji begriff, dass er den Mörder seiner ganzen Familie würde ansehen müssen, wenn er ihn tötete. Neji hatte immer gehofft, dass sein Tod schnell kommen würde. Ein Fehler in irgendeinem Kampf, aber dies hier… war die reine Qual. Nur ein abgrundtief böser Mensch würde ihn darauf warten lassen.

„Du hast mich lange zum Narren gehalten, Neji Hyuga.“, sagte Orochimaru, „lange genug.“ Die Klinge schwebte über ihm und Neji konnte nicht mal seinen kleinen Finger heben. Eine Schneeflocke traf auf das Metall und vermischte sich mit dem Blut, das auf der Waffe war. Orochimaru holte aus. „Stirb!“ Neji starrte ihn an, während er die letzten Sekunden seines Lebens dahin fließen sah.
 

Er war tot.
 

Atmen. Schnelles Atmen, als ob jemand gerannt wäre. Da war noch jemand. Und Kusanagi hatte ihn nicht berührt. ‚Sieh hin‘, befahl er sich. Langsam fuhr Nejis Blick an der schmalen Klinge entlang, die Orochimarus Schlag gestoppt hatte. Er sah wie kleine Wölkchen ihres Atems sich in grauen Dunst verwandelten. Sah das Haar, das vom Schnee leicht gewellt war, und ihr bis zur Hüfte reichte. Die schlanken Finger, die das Heft des Schwertes hielten.
 

Tenten.
 

Alles war vorbei.
 


 

~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~
 

Ja, ich lebe. Ja, ich weiß, dass es laaaange her ist, seit ich das letzte Kapitel online gestellt habe, aber das hat seinen Grund. Erstens steckte ich bis zum Hals in den Abschlussprüfungen meiner Ausbildung zur Verwaltungsfachangestellten, die ich zu meiner Überraschung mit 2 bestanden habe und zweitens war dieses Kapitel eine ziemlich große Herausforderung.
 

Zum einen ist es verflucht schwer so eine Schlacht zu planen (glaubt mir!) und dann hatte ich da noch so viele Handlungsfäden, die alle gleichzeitig spielten *argh* UND es ist das actionreichste Kapitel, das es in der gesamten FF geben wird. Himmel, ich werd schon wehmütig, jetzt wo ich merke, dass mir nur noch zwei Kapitel fehlen. Deswegen: Sagt mir bitte ganz ehrlich was euch gefallen, oder auch nicht gefallen hat. In diesem Kapitel steckt jede Menge Arbeit.
 

Das musste auch Sorca (Arianrhod-] erfahren, die dieses Kapitel korrigiert, mich auf meine katastrophale Kommasetzung und sämtlichen unlogischen Dinge aufmerksam gemacht hat. Vielen, vielen lieben Dank, Sorca ♥
 

Ach ja: Welcher Kampf gefiel euch besser, der Kimimaro vs. Gaara oder Neji vs. Orochimaru?
 

Dann bis zum nächsten Kapitel, das hoffentlich nicht so lange dauern wird. Ich gebe mir Mühe, wirklich!
 

alles Liebe

moony

~ Kapitel 32: Encounter ~


 

~ Kapitel 32: Encounter ~

Unser Morgen wird anders sein,

wenn wir das Heute verändern.

[Hermann Gilhaus]
 


 

Verschwinde! Tenten, bist du wahnsinnig?! Hau ab!“ Tenten hatte sich nicht vorgestellt, was das Schlimmste war, das hätte passieren können. Sie hatte keinen Gedanken daran verschwendet, um sich nicht ihrer Furcht untertan zu machen. Jetzt wusste sie, dass sie keine Vorstellung von Grausamkeit besaß. Sie hatte sie gefunden, aber es war schrecklicher als alles, das sie sich hätte ausmalen können. Neji blutete aus mehreren Wunden, die allesamt so schrecklich aussahen, dass sie kaum wagte hinzusehen. Und ihr Vater… „Er hat recht“, keuchte Mao-Chéng, „selbst, wenn er uns tötet. Dich darf er niemals bekommen, sonst ist Konoha verloren!“
 

„Hör sie dir an.“ Orochimaru sah sie mit seltsamer Faszination an. Er verstärkte die Kraft und Tenten stemmte sich mit aller Macht gegen sein Schwert. Der Verräter sah belustigt auf die Klinge, die ihn davon abgehalten hatte, Neji zu töten. „Hör sie dir an, Prinzessin… wie sie um deine Sicherheit besorgt sind.“ Seine Augen huschten kurz zu Mao-Chéng und Neji. „Ihr würdet euer Leben dafür geben, dass ich sie nicht bekomme, nicht wahr?“, wandte er sich an sie. „Dein Leben zu schützen, Prinzessin, … ja, das ist die einzige Sache in der Welt, in der sich diese beiden verbünden würden.“
 

Orochimaru zog seine Klinge zurück und für einen Moment war Tenten erleichtert. Doch kaum hatte sich das Gefühl in ihr ausgebreitet, trat Orochimaru mit erhobenem Schwert auf sie zu. Tenten hob Amaterasu vor ihr Gesicht, trat aber gleichzeitig Schritt um Schritt zurück, als der Verräter auf sie zukam. Abwartend bewegte sich Tenten von ihm fort, bis Orochimaru und sie genau zwischen Neji und ihrem Vater standen. Zu spät erkannte Tenten, dass sie damit den Vorteil ihrer Umgebung verspielt hatte. Der schützende Wald war mittlerweile zu weit entfernt…
 

„Ich hätte nicht gedacht, dass du freiwillig zu mir kommen würdest, Prinzessin.“, sagte Orochimaru leise, „offenbar habe ich dich unterschätzt. Oder aber du bist so dumm, dass du die Konsequenzen deiner Handlung nicht erkannt hast.“ „Nein“, unterbrach Tenten ihn, „ich weiß genau warum ich hier bin. Wie sonst könnte ich Euer Vorhaben verhindern? Ihr glaubt doch nicht, dass ich dabei zusehen werde, wie Ihr mein Land vernichtet.“
 

Orochimarus Miene blieb zunächst ausdruckslos, dann trat ein anerkennender Ausdruck auf sein Gesicht. „Na sieh mal einer an. Mumm hast du offensichtlich hierher zu kommen, obwohl du meine Pläne kennst. Aber das nützt dir nichts… Deine Mutter war genauso. Zu klug. Im Gegensatz zu Chéng hier.“ Er machte eine wegwerfende Handbewegung zu ihrem Vater. „Du Bastard“, keuchte Mao-Chéng. „Zu klug, zu schön, zu einflussreich.“, fuhr der Verräter fort ohne die Beleidigung des Fürsten überhaupt zur Kenntnis zu nehmen. „Es war nur noch eine Frage der Zeit, bis sie sich mir offen entgegen gestellt hätte. Damit hat sie dann ihr Todesurteil unterschrieben, aber du bist nicht deine Mutter, Tenten. Du wirst einsehen, was das Beste für Konoha ist. Was das Beste für dich selbst ist.“
 

Tentens Griff um Amaterasus Heft wurde fester. „Ihr wisst gar nichts über mich! Ich werde mich Euren Plänen niemals unterwerfen!“
 

„Nein? Heißt das, du verschmähst mich als deinen Mann?“ „Was!?“ Orochimaru drehte den Kopf und richtete seinen Blick auf den am Boden liegenden Neji. Tenten wurde eiskalt. „Sie hat es dir nicht gesagt, nicht wahr?“ Die Stimme des Verräters klang amüsiert. „Was gesagt?“ Doch Orochimaru lachte bloß. Tenten fing Nejis Blick auf, aber sie hielt ihm nicht stand.
 

„Sie hat dir nicht gesagt, dass sie mit mir verlobt ist.“
 

Orochimaru musterte Neji hämisch, der so aussah, als hätte man ihn ins Gesicht geschlagen. „Das ist nicht wahr…“, wisperte Neji, „sag mir, dass das nicht wahr ist, Tenten.“ Tenten sah wie Nejis Unterlippe bebte. Er sah sie an und blickte in sie hinein. Da war so viel Schmerz in seinen Augen. Als hätte sie ihn verraten. Die Erinnerung überkam sie heiß und kalt. Ihre Lippen auf seinen. Seine Hand, die ihr die Haare aus dem Gesicht strichen.
 

Aber wie hätte sie ihm das sagen sollen? Diese Tatsache, die ihr so viel Angst bereitet hatte. Wie konnte sie ihm etwas sagen, das sie in den hintersten Teil ihrer Seele gesperrt hatte? Wie konnte sie ihm die Wahrheit sagen, wenn sie sich dieser Tatsache schämte und vor ihr weggelaufen war?
 

„Was bist du so überrascht, Hyuga? Du hast es doch vermutet, oder nicht? Der einfachste Weg an die Macht führt immer über eine Frau.“ Tenten wurde übel. Alles war so, wie sie es vermutet hatte. „Und dann?“, warf sie Orochimaru an den Kopf, „wann wirst du mich töten, um dir die ganze Macht zu sichern?“ Orochimaru schwieg und diese Stille war es, die ihr einen Schauer über den Rücken jagte.
 

„Das… kommt ganz darauf an, wie lange du mich unterhalten wirst.“ Und sein Blick war der eines Raubtieres, der seine Beute in die Enge getrieben hatte. Wut stieg in ihr auf. Wut wie sie sie noch nie gespürt hatte. Orochimaru glaubte, dass er sie bereits besitzen würde. In seinen Augen war sie nichts weiter als seine Chance an die Macht zu kommen. Aber sie würde sich ihre Freiheit niemals nehmen lassen. Tenten wirbelte Amaterasu über ihren Kopf und glitt in Angriffsposition. „Tenten! Tu das nicht! Lauf weg, verdammt!“ Neji…
 

Orochimaru hob eine Augenbraue. „Das würde ich nicht tun.“, erklärte er ruhig, „du weißt doch selbst, dass du keine Chance hast. Vergiss nicht in welcher Position du dich befindest. Du willst sie retten, oder nicht?“ Sein Blick wanderte von Neji zu Mao-Chéng, die ihn beide hasserfüllt anstarrten. Beide schwer verletzt. Orochimaru hatte recht, ihr lief die Zeit davon… Wenn sie sie retten wollte, musste es so schnell wie möglich passieren, oder es bestand die Gefahr, dass sie ihren Verletzungen erlagen…
 

„Gib‘ dir keine Mühe“, erklärte der Verräter, „du kannst mich nicht aufhalten. Wenn du Chéng rettest, dann töte ich Hyuga. Wenn du Hyuga rettest, dann töte ich deinen Vater.“ Orochimaru fuhr sich über die Lippen. „Nun… welcher von beiden bedeutet dir mehr?“
 

Tenten begann zu zittern. Sie stand mit dem Rücken zur Wand. Orochimaru hatte sie in eine Falle gelockt, aus der sie sich nicht befreien konnte, denn er wusste genau, dass sie keinen von beiden opfern würde… Was sollte sie tun? Was sollte sie tun? Was sollte sie tun?! „Hör nicht auf ihn, Tenten! Lass dich nicht erpressen!“ Neji… Warum tat er das? Wenn sie ihn und ihren Vater im Stich ließ, würden beide sterben. Nichts würde sich jemals verändern… Irgendwann würde sie sich ihm erneut stellen müssen, aber nächstes Mal würden Neji und ihr Vater nicht da sein, um ihr zu helfen. Wie konnte sie die beiden Menschen verraten, die sie mehr liebte als ihr eigenes Leben?
 

Die Antwort war simpel. So einfach und doch forderte sie so viel Mut, dass sie sich fragte, ob sie wirklich stark genug war. Orochimaru hatte ihr zwei Möglichkeiten gelassen, doch er sah nicht den dritten Weg. Den zerstörerischen. Entweder würde sie erreichen, was sie zu hoffen gewagt hatte, oder aber alles verlieren, woran sie jemals geglaubt hatte…
 

„Ich bin nicht wie Ihr!“, schleuderte Tenten ihm entgegen. „Ein Leben ist nicht mehr wert als ein anderes. Ich werde muss nicht wählen, denn bevor Ihr einem von beiden etwas antun könnt, werde ich Euch töten.“
 

Sie verstand nicht, was Neji oder ihr Vater riefen. Ihre Stimmen waren zu weit weg. Dann war sie bei Orochimaru, schneller als er es erwartet hatte. Amaterasus silberne Klinge beschrieb einen Halbkreis. Der Verräter wich seitlich aus, aber als er versuchte ihr mit roher Gewalt das Schwert aus der Hand zu schlagen, hatte sie sich bereits unter dem Schlag hinweg geduckt. Schon war sie hinter ihm. Amaterasu sauste auf seinen Rücken zu, aber bevor sie traf, fing er ihren Angriff mit der Breitseite seines Schwertes ab und wirbelte herum. Nur um festzustellen, dass Tenten sich schon fallen gelassen hatte. Noch bevor sie den Boden berührte, zog sie Amaterasu an seinen Waden entlang. Orochimaru zog scharf die Luft ein. Das Leder seiner Stiefel war im Gegensatz zu seiner Rüstung nicht hart genug um ihn vor Verletzungen zu schützen. Es würde ihn langsamer machen.
 

Sie täuschte sich. Sah den Angriff fast nicht kommen, als Orochimaru in wilder Rage sein Schwert in den Boden rammte und ihr Bein nur knapp verfehlte. Irgendwie kam sie wieder auf die Beine, doch ihr Herz schlug wie wild. Es hätte nicht viel gefehlt und er hätte seine Klinge durch ihr Fleisch gestoßen. Es… es war ihm egal, wie sie überlebte. Orochimaru hatte gewollt, dass sie sich ihm freiwillig unterwarf, aber im Grunde war es ihm gleichgültig. Ob sie nun dabei verletzt wurde oder nicht. Wenn sie am Leben blieb, konnte er jedwede Verletzungen den Rebellen in die Schuhe schieben…
 

Tenten rappelte sich auf, aber kaum, dass sie stand, schwang der Verräter Kusanagi nach ihr. Sie stieß einen überraschten Schrei aus, konnte das Schwert gerade noch abfangen. Doch der ungeheuren Kraft, die hinter dem Schlag steckte, war sie nicht gewachsen. Zu ihrem Entsetzen merkte Tenten, wie sie rückwärts stolperte. Schritt um Schritt verlor sie an Boden und in Orochimarus Augen erkannte sie, dass auch er ihre Schwäche entdeckt hatte. Lächelnd schritt er fast gemächlich vorwärts. Nichts in seinem Verhalten deutete darauf hin, dass er sich besonders bemühen musste. Vielleicht mochte sie es mit seiner Schnelligkeit aufnehmen können, aber nicht mit seiner Kraft.
 

Sie warf einen Blick hinter sich, aber da war nichts. Es war nur noch eine Frage der Zeit, ehe sie auf dem Schnee ausrutschen würde… „Du kannst nicht gewinnen, Prinzessin“, riss Orochimaru sie aus ihren Gedanken. Und sie wussten beide, dass er recht hatte.
 

Die Klingen erzeugten ein metallisches Geräusch und während Tenten verzweifelt versuchte festen Halt zu finden, wurde ihr klar, dass sie nur eine einzige Möglichkeit blieb. Sie durfte sich auf keinen Fall auf einen Schlagabtausch einlassen, denn in dieser Hinsicht hatte sie keine Chance gegen Orochimaru. Es blieb ihr nur seinen Angriffen auszuweichen, ihn durch ihre Schnelligkeit zu ermüden und auf einen tödlichen Treffer zu hoffen… Sie packte Amaterasu mit ihrer freien Hand, sodass sie das Heft mit beiden Händen umschloss. Dann ließ sie ihren linken Fuß bewusst nach hinten gleiten und riss Kusanagi mit all ihrer Kraft nach oben. Orochimarus Augen weiteten sich überrascht, aber sie ließ ihm keine weitere Möglichkeit zu handeln. Sobald sich die Schwerter gelöst hatten, trat sie blitzschnell aus der Bahn der Schwertklinge, die für einen Moment bewegungslos in der Luft geschwebt hatte. Dann war sie in Orochimarus totem Winkel, fand festen Stand und traf den Heerführer mit all der Kraft, die sie aufbringen konnte, in den Rücken. Sie spürte wie die Klinge in Fleisch schnitt. Wie rotes Blut aus der Wunde sickerte… Orochimaru fiel wie ein gefällter Baum. Das Gewicht der Rüstung zog ihn nach unten, begrub das Schwert unter sich.
 

Einige Sekunden verharrte Tenten, nicht sicher was sie tun sollte. Dann schweifte ihr Blick gehetzt über das Feld. Mao-Chéng war ihr am nächsten. Tenten stürzte auf ihn zu, wohlwissend, dass sie nicht mehr viel Zeit hatte um ihrem Vater das Leben zu retten…

Sie rannte, stolperte und ließ sich dann vor ihrem Vater auf die Knie fallen. Der alte Mann keuchte unter der Anstrengung sich aufzusetzen und als Tenten ihn zurück drücken wollte, um die Wunde zu inspizieren, bemerkte sie das feuchte Blut, das bereits das Wams des Fürsten durchtränkt hatte. Rasselnd holte Mao-Chéng Atem. Obwohl sein Körper am Rande des Zusammenbruchs stand, wohnte eine Stärke in seinem Blick, die von seinem außerordentlich starken Willen zeugte. „N-nutze… s…seine Arroganz…“ Drei Worte, die zugleich Hoffnung als auch Erstarren in ihr auslösten.
 

Hastig hob sie den Blick, aber Orochimaru war nicht mehr dort, wo sie ihn zurück gelassen hatte. Die Verletzung, die sie ihm zugefügt hatte, war nicht fatal genug, um einen Krieger wie ihn zu Fall zu bringen. Der eiskalte Blick des Verräters durchbohrte sie und Tenten begriff, dass er auf ihr Herz zielte. Orochimaru näherte sich Neji, der versuchte sich unter Zuhilfenahme seines unverletzten Armes aufzurichten. Keine Zeit mehr um nachzudenken. Tenten stürzte hinterher, doch kam zu spät um einen schmerzhaften Tritt Orochimarus auf Nejis Oberkörper zu verhindern. Neji schrie vor gepeinigt auf. Sein Blick streifte sein Schwert, das zu weit entfernt lag – und sie. Stumm flehte er, dass sie nicht näher kam, aber sie wussten beide, dass Tenten ihn nicht im Stich lassen konnte. Würde.
 

Sie stieß sich vom Boden ab, die Klinge hoch erhoben, als sie sich mit all ihrem Gewicht auf den Verräter warf. Auch, wenn sie gegen Orochimaru ein Fliegengewicht war. Noch während sie in der Luft war, schnellte Orochimaru herum und beide Schwerter prallten mit ohrenbetäubendem Krach zusammen. Kaum, dass sie auf dem Boden aufkam, setzte Orochimaru ihr nach. Tenten duckte sich unter seinem nächsten Hieb hinweg und entfernte sich von ihm. Langsam kam Orochimaru ihr nach. „Närrin!“, zischte er leise. „Glaubst du wirklich, dass du mir ernsthaft etwas anhaben kannst? Du kannst weder Konoha noch diese beiden hier retten.“ Tenten ging rückwärts und der Verräter folgte ihr. Er wirkte nicht aufgebracht, nicht mal besonders erzürnt. Alles was er tat, war ihr eine Tatsache hinzuwerfen und von ihr zu verlangen, dass sie sie akzeptierte. Und das machte ihn viel gefährlicher, als wenn er sie einfach nur in blinder Wut angeschrien hätte.
 

Ihr Blick streifte Nejis gekrümmten Körper. Einen Moment lang hielt er ihren Blick gefangen und es brach ihr fast das Herz. „Nein“, flüsterte Tenten, doch mit jedem Wort wurde ihre Stimme lauter, „ich gebe dieses Land nicht auf und Neji und meinen Vater bekommt du auch nicht, du dreckiger Verräter!“
 

Orochimaru kam ihr noch näher, doch diesmal erkannte sie in seinen Augen ein heimtückisches, unberechenbares Funkeln. Er fixierte sie, während er fast zärtlich die Hand über die stumpfe Seite der Klinge gleiten ließ. Die Geste ließ ihr das Blut in den Adern gefrieren. „Merke dir zwei Dinge, wenn du mit mir sprichst.“, warnte sie der Verräter. Er war ihr noch näher gekommen… „Erstens: Deine Hoffnungen sind umsonst! Und zweitens: Wage es nicht noch einmal, in dieser Weise mit mir zu sprechen. Meine Frau hält den Mund, wenn ich sie nicht dazu auffordere zu sprechen.“ Eiskalt fixierte er sie, ein perverses Lächeln auf den Zügen und jedes seiner Worte war wie ein Messer, das ihr ins Fleisch schnitt. Angst breitete sich in jeder ihrer Poren aus. Ihr Kopf war wie leer gefegt. Alle Gedanken, jede Strategie um gegen ihn zu bestehen war fort. Alles was übrig blieb, war nackte Panik. Orochimaru trat noch einen Schritt auf sie zu, doch Tenten war wie gelähmt.
 

„Nein…!“ Der Verräter hielt inne und blieb stehen ohne sich umzudrehen. „Sie… ist nicht … deine Frau…“, keuchte Neji. Noch immer lag er am Boden, mühte sich hochzukommen und war doch nicht stark genug. Dennoch … alles an ihm schien sich gegen das Aufgeben zu wehren. Tränen traten in Tentens Augen. Seine Worte gaben ihr die Kraft zurück. Er hatte recht! Er hatte Recht! ER HATTE RECHT!!! Sie gehörte niemandem und sie war nicht Orochimarus Frau. Sie würde es niemals sein.
 

„Das ist richtig.“ Seine Stimme war wie Eis. „Sie ist nicht meine Frau, Hyuga. Noch nicht. Versuch mich aufzuhalten, wenn du kannst.“ Mit diesen Worten stürzte er sich auf sie, einer Schlange gleich, die ihre Beute in die Enge getrieben hatte. Der Verräter führte einen Schlag, der so viel Kraft hatte, dass er sie in der Mitte durchgeschnitten hätte, wenn sie nicht im letzten Moment ausgewichen wäre. In der Ferne hörte sie Neji, der Orochimaru einen Feigling schimpfte. Sie hörte, wie ihr Vater etwas zu sagen versuchte, dann abbrach und von einem Anfall geschüttelt wurde.
 

Sie stolperte rückwärts, dann fand sie ihr Gleichgewicht und wich tänzelnd den Schwertstreichen aus ohne ihren Gegner ein einziges Mal zu berühren. In Tentens Ohren rauschte es. Wie durch einen Nebel hindurch, hörte sie Orochimarus Gelächter. „Tanze, Mädchen! Tanze für mich!“ Jede seiner Bewegungen war präzise, stark und unberechenbar. Sie hatte keine Chance gegen ihn.
 

Tentens Haare streiften ihre Wange und fielen ihr ins Gesicht. Nutze seine Arroganz. Die Worte ihres Vaters. Arroganz… Orochimaru hielt sich für unbesiegbar, für unangreifbar. Sie begriff… Bevor sie siegen konnte, musste sie verlieren.
 

Sie warf sich zu Boden, als Orochimaru einen Halbrundschlag ausführte. Mit dem Schwert noch immer in der Hand stützte sie sich ab, wollte aufstehen, doch der Verräter zielte bereits auf ihre Hand. Tenten rollte sich weg und statt in ihr Fleisch, traf die Klinge ihre Haare und säbelte einige ab. Ohne zu zögern, riss sie sich los, kam auf den Knien auf und parierte den nächsten Schlag. Die Erschütterung war so heftig, dass ihr Arm unkontrolliert zu zittern begann. Sie trat nach seinen Beinen, doch Orochimaru sprang nur lachend über ihr Bein hinweg. Das verschaffte Tenten so viel Zeit, dass sie aufstehen konnte. Einen Atemzug später war Orochimaru bei ihr. Sie hob Amaterasu vor ihr Gesicht, doch seinem nächsten Schlag hatte sie nichts entgegen zu setzen. Mit Entsetzen spürte Tenten, wie er ihr die Waffe aus der Hand riss. Zweimal drehte sie sich um ihre eigene Achse, dann blieb sie im Boden stecken.
 

Sie war hilflos. Ihr größter Feind kam auf sie zu und sie würde sterben. Orochimaru hob Kusanagi. „Lauf!“, schrie Neji. Tenten wich zurück. Dann rutschte sie auf dem Schnee aus. „Gib‘ auf…“, flüsterte Orochimaru. Mit der Klinge seiner Waffe strich er ihr eine Strähne aus dem Gesicht. „Tenten!“ Da war Angst in Nejis Stimme und sie war aller Worte beraubt. Der Verräter packte sie und zog sie so nah an sich, dass sie seinen Atem an ihrem Ohr spüren konnte, als er ihr zuflüsterte: „Jetzt bist du wirklich meine Frau.“
 

Orochimaru hielt sie am Stoff ihres Kleides fest und ließ mit der anderen Hand Kusanagi wieder in die Scheide zurück gleiten. Ein breites Lächeln erschien auf seinen Zügen. Es war das Lächeln von jemandem, der wusste, dass er gewonnen hatte. Tenten ließ ihre Hand an ihrem Kleid entlang gleiten. Orochimaru packte sie am Kinn und zwang sie ihn direkt anzusehen. „Du wirst mir zu Diensten sein“, flüsterte er, „du wirst mir dabei zusehen, wie ich die Herrschaft übernehme, und du wirst wissen, dass du rein gar nichts tun kannst, um mich aufzuhalten.“ Und dann drängte er seinen Mund auf ihren und ergriff in einer Weise Besitz von ihr, die sie vollkommen betäubte. Er war gierig, nahm sich was er wollte und zwang ihre Lippen auseinander. Tenten wurde übel, doch sie durfte ihrem Ekel nicht nachgeben. Dafür hatte sie Amaterasu nicht aufgegeben!
 

Ihre Hand fand die versteckte Tasche, berührte Metall und erstarrte, als sie spürte wie Orochimarus Hand über ihre Brust fuhr. Nein! Nein! Nein! ‚Reiß dich zusammen!‘, schalt sie sich innerlich. Der Stoff ihres Kleides riss an einer Stelle und ohne es kontrollieren zu können, versuchte Tenten so viel Platz wie möglich zwischen sich und Orochimaru zu bekommen. Doch er hielt sie so fest, dass ihre Bewegung nichts weiter als ein hilfloses Winden war. Orochimaru berührte durch den Riss ihre bloße Haut. ‚Halt es aus! Für Konoha! Für ihren Vater! Für Neji!‘ Ihre Finger umschlossen den Griff des Kunais. Tenten holte aus, um es ihm ins Herz zu stoßen.
 

Schmerz. Ein Schrei. Ihr Schrei! Ein brutaler Griff umschloss ihr Handgelenk, zwang sie ihre Finger zu öffnen. Das Messer fiel in den Schnee und das nächste was sie spürte, war ein so heftiger Schlag ins Gesicht, dass ihr Schnitt wieder aufriss und Blut über ihr Gesicht strömte. Hart kam sie auf dem Boden auf, doch der Verräter war schon bei ihr, schlug sie noch einmal ins Gesicht, sodass ihr Kopf herum geschleudert wurde.
 

„Hältst du mich wirklich für so dumm, Prinzessin?“ Seine Hand umschloss ihren Hals, als er sie mühelos hochhob. „Dieses Land gehört mir. Du gehörst mir! Sag‘ es!“ Angst schnürte ihr die Kehle zu, furchtbare Angst. Tenten wusste, dass sie verloren hatte. Alles verloren, was ihr jemals etwas bedeutet hatte. Doch sie wusste auch, dass ihr seine Worte niemals über die Lippen kommen würden. „Nein“, flüsterte sie und unterschrieb damit ihr Todesurteil.
 

.

.

.
 

Nie hatte Neji Tenten stärker, schöner, stolzer, unberechenbarer, gefährlicher, verzweifelter oder entschlossener gesehen. Nie hatte er solche Angst um sie gehabt. Nie war er sich nutzloser vorgekommen, während sie einen Kampf auf Leben und Tod kämpfte. Sie war unglaublich schnell und das war der einzige Grund, warum Orochimaru sie nicht einfach überwältigen konnte. Aber all das war nicht mehr als eine Illusion. Tenten glaubte stark genug zu sein. Irgendeine Möglichkeit, eine Gelegenheit zu finden Orochimaru tödlich zu treffen. Sie hatte nicht den Hauch einer Chance. Orochimaru war viel zu stark. Neji sah es an jeder einzigen Bewegung, jedem Schlagabtausch. Aber Tenten würde trotzdem kämpfen. Kämpfen, bis sie Orochimaru getötet hatte, oder selbst den Tod fand. Neji hatte sie verloren. Egal, wie sehr er ihr zuschrie, dass sie verschwinden sollte. Egal, wie sehr er sich unter Schmerzen krümmte bei dem Versuch ihr zu Hilfe zu kommen.
 

Ihr Schwert flog durch die Luft. Orochimaru packte sie, flüsterte etwas in ihr Ohr, das er nicht verstand. Und dann setzte sein Denken aus, als er sah, wie der Verräter sie küsste. Hart. Demütigend. Besitz ergreifend. Metall blitzte auf und ehe Neji begriff, dass Tenten Orochimaru eine Falle gestellt hatte, schlug der Verräter ihr ins Gesicht. Neji sah ihre Angst. Sah die Panik in ihren Augen. Orochimaru hatte zu viele Schlachten geschlagen, um sich im Moment seines Triumpfes überrumpeln zu lassen. Neji schrie ihren Namen. Orochimaru schlug Tenten ein weiteres Mal ins Gesicht. Blut lief ihr über die Wange und malte rote Tränen auf ihre Haut. Eine wieder aufgerissene Wunde, ein glatter Schnitt, von dem er nicht wusste, wie sie ihn bekommen hatte. Orochimaru riss sie hoch, verlangte von ihr, dass sie aufgab, aber Tenten würde niemals ihr Land verraten. „Lass sie los, du Mistkerl!“, schrie Neji, doch seine Worte verhallten ungehört.
 

„Gib‘ endlich auf!“ Tenten versuchte Orochimarus Griff um ihren Hals zu lösen. Ihr Blut tropfte auf die Hand des Verräters. Einzelne Tropfen rannen seinen Arm entlang… Und Tentens Füße berührten den Boden nicht mehr… In diesem Moment veränderte sich etwas in Orochimarus Blick. Er hatte verstanden, dass er sie nicht brechen konnte.
 

„Ich brauche Euch nicht um Konoha zu beherrschen.“ Und dann drückte er zu. Tenten stieß einen röchelnden Laut aus, als Orochimaru ihr die Luft abdrückte. Sie wehrte sich, aber gegen die Brutalität des Heerführers war sie machtlos. „Tenten!“, schrie Neji, aber sie hörte ihn nicht mehr. Orochimaru würde sie vor seinen Augen umbringen.
 

Orochimaru würde sie ihm nehmen, wie er seinen Vater getötet hatte und ihn zu einem Leben ohne Sinn verdammt hatte. Bis Tenten ihm begegnet war. Tentens Blick wurde stumpf. Hatte sie bereits das Bewusstsein verloren? Er konnte diesen Anblick nicht ertragen. Konnte nicht mit ansehen, wie sie starb. Bilder huschten vor seinem inneren Auge vorbei.
 

Das kleine Mädchen, das ihm wutentbrannt hinterher lief… Die junge Frau, die so schön war wie die Nacht selbst und ihm eine Zukunft geben sollte… Tenten, wie sie voller Stolz gegen ihn kämpfte… Die zukünftige Herrscherin, die keine Furcht zu kennen schien in ihrem Bemühen ihr Land zu retten. Wie es sich anfühlte sie zu küssen…
 

Sie war sein Leben.
 

Neji wusste nicht, woher er die Kraft nahm. Er fühlte keinen Schmerz mehr. Keine Angst. Sein ganzes Denken war auf die Tatsache gerichtet, dass er ein Leben ohne Tenten nicht ertragen konnte. Er riss Ryujin mit seinem leichter verletzten Arm aus der Erde, rannte und vergaß alles um sich herum.
 

Orochimaru bemerkte ihn zu spät. Es schien als hätte er ihn aus dem Augenwinkel gesehen, doch der Heerführer war nicht schnell genug. In dem Moment als er sich nach ihm umdrehte, stieß Neji Ryujin durch Orochimarus Herz.
 

Seine Augen weiteten sich während seine Stimme brach. „Unmöglich.“ Orochimaru starrte auf die Klinge, die aus seiner Brust ragte. Blut rann an Ryujin herunter; das Schwert war nur Millimeter von Tentens Gesicht entfernt, doch sie selbst hatte keinen einzigen Kratzer davon getragen. Orochimaru ließ sie los und die Prinzessin fiel leblos in den Schnee. Orochimarus Blick begegnete Nejis, dann huschte er zu der am Boden liegenden Tenten. „D-du… w-wirst… sie… n-niemals… b-beschützen… k-können.“ Langsam gaben seine Beine unter ihm nach. Neji riss das Schwert aus Orochimarus Körper und dieser sackte in sich zusammen. All die Macht, die er besaß, war nichts im Angesicht des Todes. Orochimarus Mund verzog sich zu einem letzten verächtlichen Lächeln, bis er schließlich ins Nichts starrte.
 

Neji ließ Ryujin los, fiel auf die Knie. Er hatte Orochimaru getötet. Seine Welt geriet vollkommen aus den Fugen, er hatte keine Macht mehr über seine Gedanken. Sein Handeln. Er wusste nur, dass seine Angst Tenten zu verlieren, plötzlich größer gewesen war, als sein Hass auf den Mörder seines Vaters… Tenten! Neji stemmte sich mit aller Kraft auf die Beine, taumelte und war bei ihr. Zitternd fuhr er ihr mit den Fingerspitzen über die Wange. Sie regte sich nicht. Panik machte sich in ihm breit. Orochimarus letzte Tat durfte nicht ihr Tod sein. „Tenten!“ Irgendwie schaffte er es sie an sich zu drücken. „Tenten! Tenten! Wach auf! Du bist nicht tot!“ Ihr Körper war immer noch warm, doch sie atmete nicht. Er sah die Würgemale an ihrem Hals… „Tenten!“ Hatte sie sich bewegt? „Bitte, Tenten…“ Plötzlich schnappte sie nach Luft, hustete, atmete unregelmäßig und blinzelte dann.
 

Neji konnte seine Erleichterung nicht in Worte fassen. Für das, was er fühlte, gab es kein Wort. Es war kein Glück, es war viel mächtiger. Es war, als wäre ein Teil von ihm, den man ihm genommen hatte, zu ihm zurück gekehrt. Er merkte erst, dass er sie so fest er konnte an sich gedrückt hatte, als er ihre Stimme hörte. „Neji?“, flüsterte Tenten, „Was?-“ Ihr Blick fiel auf Orochimarus Leiche. „Es… es ist vorbei, Tenten.“, hörte er sich sagen, doch Tenten sah ihn nur verwirrt an und schüttelte den Kopf. Sie schien nicht zu wissen, wo sie war, oder aber der Sauerstoffmangel hatte ihre Sinne vernebelt. Doch dann wurde ihr Blick klar, sie riss in Panik die Augen auf und endlich verstand Neji, was sie sagen wollte.
 

„Vater!“, flüsterte Tenten. „Vater!“ Neji hörte die Angst in ihrer Stimme. Taumelnd kam sie auf die Beine und stolperte auf den zusammen gekrümmten Körper zu, der ihr Vater war. „Warte, Tenten!“, rief Neji und hatte Mühe ihr zu folgen. Noch immer bereitete ihm sein gebrochener Arm Höllenqualen und sein Körper, der von Anstrengungen und Verletzungen geschunden war, tat ein Übriges. Aber er durfte Tenten nicht allein lassen.
 

„Vater!“ Tenten beugte sich über den Fürsten, doch die Bewegungen, mit denen sich sein Brustkorb hob, waren beinahe nicht mehr wahr zu nehmen. Da war Blut, so viel Blut. Das Leben sickerte Tropfen um Tropfen aus ihm heraus…
 

„Tenten…“ Mao-Chéngs Augen waren glasig geworden und als er versuchte Tenten zu fixieren, glitt sein Blick für einen Moment über sie hinweg. Verzweifelt betrachtete Tenten die Verletzung des Fürsten, presste die Hände auf die Wunde in dem sinnlosen Versuch die Blutung zu stillen. „Vater! Halt durch! Ich hole Hilfe, warte hier auf mich.“ Ihre Stimme überschlug sich. „Orochimaru ist tot. Bitte, gib‘ nicht auf-“ „Nein.“
 

Der Fürst hob zitternd eine Hand und ergriff mit einer schwachen Bewegung Tentens. Er handelte völlig ruhig, ohne jede Hektik. Mao-Chéng sah seiner Tochter sanft in die Augen. „Es ist zu spät für mich, Tenten.“
 

Er sagte es mit einer solchen Endgültigkeit, dass Tenten kein weiteres Wort heraus brachte. Neji sackte neben Tenten auf die Knie und betrachtete die gebrochene Gestalt des Fürsten. Mao-Chéngs Blick traf seinen. „Ich habe so viele Fehler gemacht… Und mein größter war es, Hizashi zu verraten. Durch meine Dummheit habe ich dieses Land in einen Krieg geführt… Ich erwarte nicht, dass du mir jemals verzeihst, Neji Hyuga. Ich habe dir deinen Vater genommen und das Leben, das du hättest haben können… und dennoch … Dennoch hast du gekämpft. Für Konoha und für Tenten. Selbst für jemanden wie mich…“

Einen kurzen Augenblick schloss er die Augen, gab sich seinen Schmerzen hin und begann unregelmäßiger zu atmen. Als er die Augen wieder öffnete, war wieder ein wenig seiner Stärke daraus verschwunden. „Ich habe kein Recht dich um irgendwas zu bitten, aber ich tue es dennoch. Nicht als Herrscher, sondern als Vater.“ Mao-Chéng holte rasselnd Luft. „Ich bitte dich: Kümmere dich um meine Tochter. Beschütze sie, wenn ich es nicht mehr kann.“ Neji sah Mao-Chéng an, der ihn fest fixiert hatte, und hielt seinem Blick stand. „Ich schwöre es.“
 

„Tenten… “ Um Mao-Chéngs Mund bildete sich ein schwaches Lächeln. „Du kannst dir gar nicht vorstellen, wie stolz ich auf dich bin.“ Tenten umschloss die Hand ihres Vaters mit beiden Händen. „Du… du bist nicht wie ich. Du-“ „Rede nicht weiter, Vater, bitte…“ Tränen glitzerten in ihren Augen. Doch der Fürst ging nicht auf ihren Einwand ein. „Du bist viel zu klug, als dass jemand wie Orochimaru dich hätte täuschen können. Als deine Mutter ermordet wurde, war ich wie von Sinnen. Ich habe Keiko über alles geliebt. Das war der Grund, wieso ich zu solchem Hass fähig war. Wieso … ich Orochimaru vertraut habe. Ich...“ Seine Stimme stockte und er musste husten. „Vater!“, rief Tenten. „Nein“, keuchte Mao-Chéng, „lass mich ausreden.“ Neji betrachtete versteinert, wie Tenten sich verzweifelt über ihren Vater beugte. Da war Blut. Tenten hatte nicht mitbekommen, dass Mao-Chéng bei seinem Hustenanfall bereits Blut gespuckt hatte… „Ich wollte dir ein guter Vater sein. Ich wollte dich beschützen und ich habe nicht gemerkt, dass ich mich dabei immer weiter von dir entfernt habe…“ „Nein“, unterbrach Tenten ihn, „du hast nicht versagt, du wurdest getäuscht. Du bist ein guter Vater.“ Sie wurde hysterisch, zitterte und schien kurz davor in Tränen auszubrechen.
 

„Aber du… trotz allem bist du zu der geworden, die du heute bist. In all meinen Vorstellungen hätte ich mir nicht mehr wünschen können. Du bist stark, Tenten, stärker als du es vielleicht ahnst… selbstloser und gerechter als ich es je sein werde… und … wenn du … für etwas… kämpfst… dann… gibst du nicht… eher … auf… bis…bis… du … es… erreicht… hast…“ Mit jedem Wort wurde seine Stimme leiser. „Vater…“ Stumme Tränen rannen Tenten übers Gesicht. „Ich… habe… a-an d-diesem … Land… v-versagt…, a-aber du, T-tenten… du w-wirst… Konoha … v-verändern.“ Mit letzter Kraft hob Mao-Chéng die Hand und streifte zitternd einen Ring von seinem Finger, in den ein Rubin eingelassen war, auf dem die Insignien Konohas prangten. Yin und Yang und darum die Wappen der fünf Clans. Vereint in einem komplizierten Muster von Linien. Mao-Chéng schloss Tentens Hand darum.
 

„I-ich… ü-überlasse… d-dir… die… Zukunft…“
 

Mao-Chéng sah seine Tochter an und für einen Moment war es Neji, als hätte der alte Mann nach allem, was er über die Jahre hatte ertragen müssen, endlich Frieden gefunden. „Vater?“, flüsterte Tenten, doch es kam keine Antwort mehr. Mao-Chéngs Hand, die Tentens um den Ring geschlossen hatte, erschlaffte und fiel reglos in den Schnee.
 

Mao-Chéng war tot.
 

„Nein!“ Ihre Stimme war halb Schrei, halb Weinen. „Nein! Nein! Nein! Vater! Bleib bei mir!“ Doch im Gesicht des Fürsten zeigte sich keine Regung. Nichts, nur starrer Tod. Tenten umklammerte den Ring, den ihr Vater ihr gegeben hatte. Ihr Griff war fest, obwohl der Rest ihres Körpers unter ihren Schluchzern bebte. „Nein… bitte… du kannst mich nicht verlassen und mir die Zukunft anvertrauen. Ich habe versagt! All diese Menschen… sie sind gestorben, weil ich den Krieg nicht aufhalten konnte!“
 

Heiße Tränen tropften auf das Gesicht des Toten. Alles brach aus ihr heraus. Die Monate des inneren Zerfalls, die Jahre, in denen sie stets ihrer Pflicht gefolgt war und nicht einmal an sich selbst gedacht hatte, all die Opfer des Krieges, den sie nicht zu verhindern vermocht hatte und die unendliche Trauer um ihren Vater. Tenten glaubte, dass sie das Erbe ihres Vaters niemals annehmen konnte. Sie hielt sich für schwach und glaubte, dass all ihre Anstrengungen nichts ausrichten würden. Es brach Neji das Herz.
 

„Tenten…“ Seine Stimme war vorsichtig, als könnten seine Worte sie zerbrechen. Sanft legte er eine Hand auf ihre Schulter. „Tenten, es ist nicht deine Schuld.“ „Nein!“ Ihre Heftigkeit erschreckte ihn. „Wäre ich nicht hierhergekommen, dann wäre all das nicht passiert und mein Vater…“ „Es wäre passiert. Früher oder später. Mao-Chéng war ein starker Mann, der einen eisernen Willen besaß, aber Orochimaru hatte ihn zu sehr geblendet und als er es erkannte, war es zu spät. Aber er ist nicht gestorben ohne der Welt etwas zu hinterlassen: Dich.“
 

Neji konnte sehen, wie ihre Augen ihn fanden. Ihr Blick war voller Angst, Zweifel und Schmerz. Die Augen vom Weinen rot und verquollen, der hässliche Schnitt über der Wange, die Würgemale am Hals… Sie hatte für das Land alles gegeben. „Ich…“ Ihre Stimme war so dünn, dass er sie kaum verstand. „Ich… was kann ich schon tun? Ich kann nicht mehr weiter und-“ „Nein!“ Er packte sie an der Schulter, hielt sie einen halben Meter von sich weg und zog sie langsam von dem Leichnam ihres Vaters fort.
 

„Neji…“ Ihre Stimme war nur noch ein Hauch. „Sieh mich an!“, befahl er, „sieh mich an… Du hast mich gerettet, du hast mich vollkommen verändert, mir ein Ziel gegeben-“ „Neji-“ Sie wollte noch etwas sagen, aber er ließ sie nicht. „Sieh mich an, Tenten! Du hast mir das Leben gerettet. Ist das etwa Nichts?!“
 

~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~
 

„Sasuke! Komm zu dir!“ Kakashi Hatake atmete schwer. „Irgendetwas stimmt hier nicht-“ Doch Sasuke Uchiha hörte ihn nicht. Er war wie im Rausch. Sie befanden sich mitten auf dem Schlachtfeld und die Schreie und das Blut stachelten seinen Schüler nur noch mehr an. Ein krankes Lächeln erschien auf Sasukes Gesicht, während seine Augen ihn fanatisch fixierten. Blutgier. Sasuke Uchiha hatte so viel verloren, dass ihm nichts mehr blieb außer dem Kampf. Blitzschnell stürzte er sich auf seinen Meister, führte einen Schwertstreich auf dessen schwächere rechte Seite, den Kakashi nur mit Mühe abwehren konnte, und war im nächsten Moment bereits wieder herum gewirbelt.
 

Sie verkeilten sich ineinander. Die Waffen zittern unter ihrer Kraft, aber keiner von ihnen gab nach. Sasuke war stärker als früher, aber Kakashi vermutete, dass dieser Umstand daher rührte, dass er nur noch einen Arm besaß und dieser durch die zusätzliche Belastung ein ganz neues Maß an Kraft entwickelt hatte. „Kakashi, wir müssen ihn töten. Du kannst ihn nicht allein aufhalten!“, rief einer der Soldaten. „Nein!“, brüllte er zurück, „verschwindet! Ich komme allein klar!“ Unsicher verharrten die Samurai, doch einem Befehl eines ihrer Truppenführer konnten sie sich nicht widersetzen. Kakashi kniff grimmig die Lippen zusammen und verfolgte aus dem Augenwinkel den Rückzug seiner Untergebenen. Sie mussten über die Toten steigen, die durch die Klinge seines Schülers gefallen waren. Kakashi sah Sasuke in die Augen und es kam ihm so vor, als würde er ins Nichts blicken. Was war nur aus dem Jungen geworden, den er einst unterrichtet hatte? Für eine Sekunde sammelte er sich und verpasste seinem Schüler einen schmerzhaften Tritt in den Magen, der ihm Raum verschaffte.
 

Einen Moment lang wirkte Sasuke wieder klar. Kakashi hatte ein Dutzend Mal auf dieselbe Weise die Verteidigung seines Schülers durchbrochen. „Sasuke!“, versuchte er zu ihm durchzudringen, aber der Augenblick war schon wieder fort. „Sasuke!“, rief Kakashi wieder, „Dieser Kampf ist sinnlos! Wir werden beide nur manipuliert!“ Doch seine Worte stießen auf taube Ohren. Sasuke schien wieder weit fort zu sein. Hass lag in jedem seiner Angriffe. Hass, der nicht Kakashi galt, aber sich irgendwie entladen musste.
 

Der Ronin kannte nur Leben oder Tod und auf der Schwelle dazwischen fristete er sein Dasein. „Wenn du hier stirbst, wirst du Itachi nie wiedersehen!“ Sasuke hielt inne. Endlich schien er aus seiner Trance zu erwachen. „Was wisst Ihr über meinen Bruder?!“ „Hör‘ dir an, was ich zu sagen habe und dann erzähle ich dir alles, was du wissen willst.“ Sasuke musterte ihn misstrauisch und trat langsam einen Schritt nach links. Er ließ Kakashi keine Sekunde aus den Augen, versuchte zu erkennen, was er als nächstes tun würde. Dann hielt er inne. „Wer sagt mir, dass das nicht nur leere Versprechungen sind?“ Der Spross des Uchiha-Clans hob drohend die schwarze Klinge. Kakashi sah ihm direkt in die Augen. „Habe ich dich jemals angelogen, Sasuke?“
 

Für einen Moment schien Sasuke unsicher, doch dann fasste er einen Entschluss. „Ich will, dass Ihr Euer Schwert einsteckt, Meister.“ Kakashi zögerte. Seine Waffe inmitten in der Schlacht aufzugeben, konnte sein Todesurteil bedeuten… Andererseits brauchte er Sasukes Vertrauen und zur Not war er durchaus in der Lage sich mit bloßen Händen zu verteidigen. Widerwillig ließ er sein Schwert in die Scheide gleiten und nahm in diesem Augenblick Sasukes Bewegung nicht wahr. Zu spät erkannte er seinen Fehler. Sasuke war schnell, zu schnell. „Ich vertraue niemandem, Meister!“ Kakashi, der immer noch die Hand auf dem Schwertgriff hatte, riss die Klinge wieder aus der Scheide. Sasuke stürzte auf ihn zu, während Kakashi jeden Schlag seines Herzens überdeutlich wahrnahm. Er würde seinen eigenen Schüler töten müssen.
 

Sasuke war fast bei ihm, als er eine Bewegung bemerkte, die noch schneller war, als die seines Schülers. Bevor Kakashi und Sasuke erneut aufeinander treffen konnten, war jemand zwischen ihnen. In jeder Hand ein Schwert, mit dem sie sowohl Sasukes als auch Kakashis Schlag abfing. Ihr Gesicht war blutverschmiert, aber die Entschlossenheit, mit der sie sich ihnen beiden in den Weg stellte, war unverkennbar.
 

„Du?!“ Sasuke war genauso überrascht wie er selbst. Tenten zitterte vor Anstrengung, aber sie wich keinen Millimeter zurück. „Waffen weg!“, befahl sie dann in einem so gebieterischen Ton, den Kakashi bei ihr noch nie gehört hatte. Langsam löste Kakashi seine Klinge von ihrer. Kurz weiteten sich seine Augen. Sie hatte seinen Angriff mit Ryujin geblockt. Nejis Schwert. Kakashi musterte das zweite Schwert. Ein Schwert aus Bronze, dessen Klinge wie bei Ryujin und Orion mit zahlreichen Symbolen verziert war. So lang war es verschollen gewesen und jetzt tauchte es wieder auf. Amaterasu, das Sonnenschwert. Er hätte es wissen müssen.
 

„Steck‘ dein Schwert ein, Uchiha, oder ich werde mit all meiner Kraft gegen dich kämpfen.“ Sasuke blickte von Kakashi zu ihr und berechnete seine Situation. Tenten wusste, dass er einschätzte, ob er eine Chance hatte. Doch wenn er sich ihr widersetzte, würde er gegen sie und Kakashi gleichzeitig kämpfen müssen und dabei würde er verlieren, egal wie gut er auch war. Langsam ließ Sasuke Orion sinken. Tenten hörte wie Kakashi kaum merklich ausatmete.
 

„Tenten-hime“, wandte sich Kakashi nun an sie, „was ist passiert?“ „Orochimaru ist tot.“ Kakashi und Sasuke wandten synchron die Köpfe zu Neji, der vorsichtig vom Rücken eines Pferdes rutschte. Nachdem der Fürst gestorben war, hatten sie die beiden Pferde, die vermutlich ihm und Orochimaru gehört hatten, im Wald gefunden. „Neji“, flüsterte Kakashi. „Du lebst?“ „Das können wir ändern“, knurrte Sasuke. Wütend erwiderte Neji Sasukes Blick. „Ihr werdet nicht gegeneinander kämpfen“, sagte Tenten, ehe die beiden aufeinander losgehen konnten, „das ist ein Befehl.“ „Ich nehme keine-“ – „Doch, das wirst du.“, fiel Neji ihm ins Wort.
 

Kakashi war Nejis Blick gefolgt, der auf ihre Hand gerichtet war. Kakashis Augen weiteten sich, als er den Ring entdeckte. Tenten drehte sich zu ihm um. „Das-“ Und auch, wenn die Trauer sie noch immer zerriss, fand sie die Kraft die folgenden Worte auszusprechen. „Die Zeit des leeren Throns ist angebrochen.“ Neji warf ihr einen leicht verwirrten Blick zu, aber Kakashi hatte ihre Worte verstanden.

„Mao-Chéng ist tot?“ Kakashi betrachtete noch immer den Siegelring, den sie nun an ihrer rechten Hand trug. „Ja.“, sagte Tenten. „Und Orochimaru ist auch tot?“, hakte Kakashi nach. Tenten nickte und sah zu Neji, der sich nur noch schwer auf den Beinen halten konnte. Der Ritt hatte ihn angestrengt… Doch in seinen Augen stand Entsetzen, als er sich umblickte und auf all die Verwüstung um sie herum aufmerksam wurde. „Orochimaru ist ein Verräter“, sagte Neji mit unterdrückter Wut, „er hat all das hier geplant und als er sich sicher war, dass sein Plan aufgehen würde, hat er Mao-Chéng umgebracht.“ Kakashi wartete auf noch mehr, aber Neji schwieg.
 

Tenten ging zu Neji und reichte ihm sein Schwert, das dieser mit schmerzverzehrter Miene mit der linken Hand entgegen nahm. Den gebrochenen rechten Arm, trug er mittlerweile in einer Schlinge, für die sie den Stoff ihres Kleides zerschnitten hatte. Die Schulterverletzung hatte Tenten ebenfalls notdürftig verbunden, sodass er zumindest diesen Arm ein wenig bewegen konnte. Neji betrachtete sein Schwert und schien sich für einen Moment seinen Gedanken hinzugeben. Dann atmete er aus und sah seinen Lehrer an. „Ich habe Orochimaru getötet.“
 

Kakashi erwiderte nichts. Doch er schien keine weiteren Informationen zu brauchen. Zumindest nicht jetzt. Schließlich wandte er sich wieder an Tenten. „Was habt Ihr jetzt vor, Prinzessin?“ Tenten antwortete ohne zu zögern. „Ich übernehme das Kommando über Konohas Armee. Ich werde diese Schlacht beenden und wenn es das letzte ist, das ich tue.“
 

„Das könnte tatsächlich das Letzte sein“, erklärte Sasuke gehässig. „Nicht, wenn ich es verhindern kann“, fuhr ihm Neji über den Mund. Beide funkelten sich an, aber sie gingen zumindest nicht aufeinander los. Plötzlich fuhr Neji herum, als hätte er etwas gehört. „Runter!“, schrie er, riss sie mit sich und ließ gleichzeitig die Zügel seines Pferdes los, das in Panik auf die Hinterbeine stieg und über sie hinweg setzte. Der Pfeil blieb keinen Meter von ihnen im Boden stecken. Sasuke und Kakashi waren indessen ebenfalls in Deckung gegangen. Tenten sah auf, doch sie fand den Schützen nicht. Neji atmete abgehackt. Der Aufprall musste ihm mit seinen Verletzungen noch viel mehr weh getan haben als ihr.

Sie wollte aufstehen, doch kaum, dass sie sich bewegt hatte, drückte Neji sie auf den Boden und schirmte sie mit seinem Körper ab. Kurz trafen sich ihre Blicke. Neji setzte zum Sprechen an, aber bevor er etwas sagen konnte, ging der nächste Pfeil nicht weit von ihnen nieder. „Bleib unten“, keuchte Neji, „rühr dich nicht von der Stelle, dann-“
 

„Was ist los, Prinzessin?!“, ertönte da eine Stimme, „lauft Ihr feige vor mir weg wie beim letzten Mal?“ Tenten erstarrte. Das… das konnte nicht sein. „Tenten!“, rief Neji, aber sie hatte sich schon los gerissen und war aufgestanden, während Neji sich abmühte wieder auf die Beine zu kommen. Gehetzt schweifte ihr Blick über die Landschaft. Vorbei an Schnee und Eis, dem See und all den Toten. Es war als ob sie ihn spürte, noch bevor sie ihn sah. Am Waldrand, im Schutz der Bäume stand Kabuto, hielt den Bogen erhoben und zielte auf ihren Kopf.
 

Nein… Tenten wollte es nicht wahr haben. Denn, wenn Kabuto lebte, dann war Temari… „Was hast du mit Temari gemacht!“, rief sie und zog sowohl Nejis, Kakashis, als auch Sasukes überraschten Blick auf sich. „Was glaubt Ihr wohl?“, erwiderte Kabuto und bestätigte damit Tentens schlimmste Befürchtungen.

Nein. Nein NEIN!!! Temari konnte nicht tot sein. Temari war stark. Temari hatte sie gelehrt mutig zu sein, selbst wenn es Dinge gab, die sie beinahe verzweifeln ließen.
 

„Tenten-hime!“ Sie bemerkte den Pfeil zu spät. Neji und Kakashi handelten ohne zu zögern. Kakashi war als Erster bei ihr, stieß sie zur Seite und der Pfeil traf ihn in den Arm. Die Gesichtszüge des alten Kriegers wurden zu einer schmerzhaften Grimasse. Doch Tenten hatte keine Zeit erschrocken zu sein, denn im selben Moment riss ein weiterer Pfeil ein Loch in ihre Kleidung. Doch zu ihrem Glück blieb hatte er keinen Schaden angerichtet.
 

Warum nur war sie so dumm gewesen? Sie befanden sich auf freiem Feld, ohne Deckung weit und breit und sie hatte alle in Gefahr gebracht. Es war als müsste Kabuto sie nur aus sicherer Entfernung erschießen.

„Bleibt nicht stehen!“, brüllte Kakashi Sasuke und Neji zu, die verbissen den Angriffen auswichen. „Hat einer von euch einen Bogen?“ „Sehe ich so aus, als könnte ich einen benutzen?!“, fauchte Sasuke, als er nur knapp einem von Kabutos Pfeilen entging. „Neji?“, schrie Kakashi. „Sein Arm ist gebrochen!“, rief Tenten ihm zu, „er kann kaum ein Schwert halten!“ Kakashi fluchte.
 

Tentens Blick glitt zu Kabuto, der mit eiskalter Miene auf sie anlegte. Wenn sie doch nur näher am Wald wären! „Teilt euch auf!“, rief Kakashi seinen Schülern zu, „er kann uns nicht alle gleichzeitig angreifen. Ihr bleibt bei mir, Prinzessin!“ Tenten hatte keine Gelegenheit zu protestieren, da schon der nächste Pfeil dicht neben Kakashi und ihr durch die Luft zischte. Hinter Kabuto war jemand aufgetaucht, der offensichtlich schwer verletzt war. Kabuto fuhr herum und für einen Moment kamen Kakashi, Neji, Sasuke und sie wieder zu Atem. Doch Tentens Erleichterung verwandelte sich in Entsetzen, als sie begriff, was vor sich ging.
 

Temari.
 

Temari, die Kabuto angriff, der mit einem Lächeln einen Pfeil auf sie abschoss. Temari hätte ausweichen können, doch sie tat es nicht. Es war das Wissen einer Kriegerin, die ihr ganzes Leben gekämpft hatte. Denn wenn sie dem Pfeil ausgewichen wäre, dann hätte sie ihre Chance zum Angriff verspielt…

Das Geschoss durchbohrte ihre Schulter, doch Temari hielt nicht inne. Mit letzter Kraft schwang sie die Kusarigama, doch Kabuto war zu schnell. Der nächste Pfeil durchstieß ihre Hand, sodass ihr die Waffe entglitt. „Temari!“, schrie Tenten, aber es war zu spät. Kabuto hatte ein Messer gezückt und setzte zum Angriff an, als ihn ein Schwerthieb in die Seite traf und er rückwärts stolperte.
 

Alles ging so schnell, dass ihre Augen dem Geschehen fast nicht folgen konnten. Temari war zu Boden gegangen und im gleichen Augenblick war ein Kampf zwischen Kabuto und seinem neuen Wiedersacher entbrannt. Für einen Bogenschützen war der Nahkampf denkbar ungünstig, aber Kabuto schlug sich geschickt. Er war nicht umsonst Orochimarus rechte Hand gewesen, allerdings schien sein Gegner ein Meister mit dem Schwert zu sein. Schlag um Schlag krachten sie ineinander. Kabuto mit List und Tücke, der Fremde mit brillanten Manövern, wie Tenten sie noch nie gesehen hatte.
 

„Wer ist das?“, fragte Neji, als er keuchend sie und Meister Kakashi einholte. Kakashi hatte Kabutos Schwäche erkannt und versuchte nun so dicht wie möglich an den Bogenschützen heran zu kommen, um ihn in einen Nahkampf zu zwingen. „Ich weiß es nicht“, antwortete Kakashi im Laufen, „aber wir sollten ihm höchst dankbar sein. Ohne ihn wären wir tot.“ „Aber, Kabuto-“, fing Neji an, doch im selben Moment, ertönte ein Schrei von dem Fremden. Entsetzt beobachtete Tenten, wie ihr Retter zu Boden ging. Seine Gestalt fiel in sich zusammen, wenngleich er seine Waffe noch immer umklammert hielt. Irgendetwas an der Art, wie er sich bewegte – wie jemand, der zwar einen wachen Geist, aber einen vom Alter gebeugten Körper besaß – kam ihr seltsam vertraut vor. Und da erkannte sie ihn. Bevor Kakashi noch Neji reagieren konnten, rannte sie auf die Kontrahenten zu. Angst schnürte ihr die Kehle zu…
 

„Sarutobi-sensei!“ Sie stolperte mehr, als dass sie rannte. Kakashi und Neji, die einen schnellen Blick ausgetauscht hatten und ohne Worte zu einer Übereinkunft gekommen waren, befanden sich dicht hinter sich ihr, wenngleich Neji sich bemühen musste, Schritt zu halten.
 

Als er ihren Schrei hörte, blickte Kabuto auf. Tenten legte eine Hand an Amaterasus Heft, während sie sich gleichzeitig aufs Rennen konzentrierte. Sie verschwendete keinen Gedanken mehr an Kabutos Bogen. Alles was noch in ihr übrig geblieben war, war der Wunsch nicht noch einen ihr nahestehenden Menschen zu verlieren.
 

„Kabuto!“, rief sie, „es ist sinnlos ihn zu töten! Orochimaru ist tot!“ Hiruzen Sarutobi hob den Blick und sah sie an. Tenten dachte an die Worte, die er ihr gesagt hatte. Ihr wart die Einzige, die den Menschen Hoffnung gab. Würde ihr Lehrer für diese Hoffnung sein Leben geben? In Kabutos Gesicht regte sich nichts, doch darauf konnte sie sich nicht verlassen. „Orochimaru ist tot!“, schrie sie, „es ist vorbei!“
 

Ein markerschütternder Schrei ließ sie inne halten. Es war ein Geräusch, das gleichzeitig Wut und Schmerz war. Unendlicher Schmerz. Etwas Vergleichbares hatte sie noch nie gehört. Tenten hatte nicht einmal gewusst, dass ein Mensch ein solches Geräusch zustande bringen konnte.
 

„Nein!“, hörte sie Neji hinter sich, aber noch ehe sie sich umwenden konnte, riss etwas sie zu Boden. Kakashi war gegen sie geprallt, als er einen Fremden abwehrte, der wie ein Sturm über sie kam. Sie hatte ihn bis zu diesem Moment nicht gesehen. Neji, der ohnehin nicht kämpfen konnte, war von ihm überwältigt worden und lag benebelt am Boden.
 

„Vorsicht!“, brüllte Kakashi und schirmte sie mit seinem Körper ab, doch mehr Zeit zu reagieren hatte er nicht. „Aus dem Weg!“, fauchte der Fremde, stieß Kakashi mit brachialer Gewalt zur Seite und brachte ihm dabei eine Schnittwunde am Arm bei. Tenten schaffte es gerade noch ihr Schwert aus der Scheide zu reißen, um einen Schlag, der zweifellos dem Zweck diente sie zu töten, zu parieren.
 

„Wer seid Ihr?!“, rief sie voller Angst, aber er antwortete nicht. Stattdessen packte er mit der freien Hand ihr Handgelenk und drückte zu. Der Schmerz kam so plötzlich, dass sie beinahe Amaterasu losgelassen hätte.
 

Tenten keuchte vor Anstrengung, aber sein Griff war unerbittlich. Selbst, als sie versuchte, seine Hand mit ihrer freien zu lösen. Mit purer Kraft hatte er sie bewegungslos gemacht. All ihre Schnelligkeit würde ihr nichts nützen. Panik machte sich in ihr breit. Sie konnte sich nicht befreien und währenddessen war ihr der Fremde so nah gekommen, dass seine Klinge fast ihre Haut berührte.
 

„Warum tut Ihr das?!“ Er funkelte sie an und sein Gesicht war nur etwas mehr als eine Handbreit von ihr entfernt. „Ihr habt mir doch selbst Grund geliefert! Meister Orochimaru hat durch Euch den Tod gefunden!“ „Er hat meinen Vater umgebracht und … er wollte mich umbringen!“ „Und dieses Werk werde ich zu Ende bringen!“, herrschte sie der Fremde an. „Aber warum?!“ Ihr Angreifer hielt inne und da wusste sie, dass er sich ganz genau wie sie fühlte. Tief in ihm spürte er denselben Schmerz wie sie. Dieser Mann war nicht wie Orochimaru. Er war ihm treu, aber er hatte etwas an sich, das … ihn von dem skrupellosen Verräter unterschied.
 

„Warum wollt Ihr das tun?“, fuhr Tenten zitternd fort, als sie sicher war, dass er ihr zuhörte. „Mein Vater ist tot. Orochimaru ist tot. Aber sie kommen nicht wieder zurück, wenn einer von uns stirbt.“ Für einen kurzen Augenblick lockerte sich der Griff ihres Angreifers. Fast glaubte Tenten der Fremde würde sie loslassen, aber im nächsten Moment schnellte sein Kopf herum. Kaum eine Sekunde später riss ihn jemand nach hinten. Von der plötzlichen Bewegung überrumpelt, fiel Tenten in eine Schneewehe.
 

Zu ihrer Überraschung war es Naruto, der wie aus dem Nichts aufgetaucht war und sich nun dem Fremden stellte. Er hatte ihm die Arme um den Hals geschlungen und versuchten ihn nach hinten zu zerren. Erst jetzt fand Tenten Gelegenheit ihren Angreifer genauer anzusehen. Er trug einen blutroten Umhang, wie Tayuya einen getragen hatte, was ihn als einen Hayai auswies. Sein Haar, das bemerkenswert hell war, streifte seine Schulter, als er zu Naruto herum fuhr.
 

Es war kein Wunder, dass weder der Fremde noch sie selbst Naruto so spät bemerkt hatten. Dessen Kleidung war vollkommen weiß, was ihn im Schnee beinahe unsichtbar machte und ihm die Möglichkeit bot sich seinem Gegner unbemerkt zu nähern. Sein Angriff erfolgte vollkommen lautlos, ungesehen und tödlich.
 

Naruto ließ ihrem Angreifer keine Gelegenheit zur Flucht. Sobald er nah genug war, entwand er Orochimarus Anhänger das Schwert. Doch dieser wehrte sich und er war stärker, als Tenten erwartet hatte. Seine Verteidigung – selbst waffenlos- war beinahe lückenlos, als wäre sie ihm in Fleisch und Blut übergegangen. Doch Naruto war im Nahkampf fast unbezwingbar, wie sie selbst erlebt hatte. So sehr sich der Hayai auch wand; er hatte keine Chance.
 

Hatte er sich aus einem Griff befreit, riss ihn Naruto bereits zu Boden. Der Fremde rammte Naruto einen Ellbogen schmerzhaft in den Magen, was diesen für einen Moment ablenkte, aber der Fremde schaffte es nicht schnell genug wieder auf die Beine zu kommen. Seine Bewegungen, die zwar immer noch geschmeidig waren, wurden langsamer. Erst da erkannte Tenten, dass er verletzt war. Das Blut, das sie zuerst für das eines anderen gehalten hatte, war sein eigenes und hatte bereits einen Großteil seines Hemdes durchtränkt.
 

Metall blitzte auf und Tenten erwachte aus ihrer Starre. Naruto hatte eine Hand frei bekommen, mit der er einen Kunai hielt. Erbarmungslos ließ er das Messer herab sausen. Für einen Augenblick traf der Blick des Fremden den ihren. Es war ein stolzer Blick und er war voll von Schmerz.
 

„Nein!“ Tenten wusste selbst nicht, woher das Wort gekommen war. Naruto hielt im letzten Moment inne. Das Kunai schnitt leicht in den Hals seines Wiedersachers, sodass ein feines Blutrinnsal eine rote Linie auf seine Haut malte. Dann sah Naruto auf. In seinen Augen schimmerte immer noch das kalte Eisblau. Es war genau der gleiche Blick, den er gehabt hatte, als er Dosu das Genick gebrochen hatte.
 

„Tenten, weißt du, was du da sagst? Das ist Kimimaro Kaguya.“ Tenten sah hilflos auf das Messer an Kimimaro Kaguyas Hals. „Das ist nicht richtig.“, flüsterte sie. Kimimaro rührte sich nicht. „Er hat unzählige Unschuldige in Orochimarus Auftrag getötet. Er hat Gaara ein Auge ausgestochen und Neji beinahe umgebracht. Er ist viel zu gefährlich, um ihn am Leben zu lassen.“ Er hatte Neji…? Dieser Mann … Kimimaro Kaguya… hatte dafür gesorgt, dass Neji fast gestorben wäre? „Es ist besser so“, sagte Naruto sanft. Seine Hand, die das Kunai umklammert hielt, kam zur Ruhe. Kimimaro Kaguya starrte ausdruckslos auf die Waffe.
 

Vielleicht hatte Naruto recht, aber sie glaubte, dass da noch etwas anderes in Kimimaro Kaguya war, als seine bedingungslose Treue zu Orochimaru. „Nein“, sagte sie fest, „du wirst ihn nicht umbringen.“ Tenten stand auf, klopfte den Schnee von ihrer Kleidung und sah auf den gebrochenen Mann herunter. „Wenn ich zulassen würde, dass er stirbt, bin ich nicht besser als Orochimaru.“ „Wagt es nicht, Meister Orochimaru zu beleidigen!“ Kimimaro funkelte sie hasserfüllt an. „Da hörst du es“, knurrte Naruto, „ein falsches Wort über seinen Herrn und er will dir an die Kehle gehen!“ Tenten ging nicht auf seinen Einwand ein, trat einen Schritt auf den Hayai zu und sah ihm dann in die Augen.
 

„Kimimaro Kaguya“, begann sie, „ich lasse Euch am Leben. Ihr seid nicht Orochimaru und ich gedenke nicht jemanden zu töten, der sich den Tod herbei sehnt.“ Für einen Sekundenbruchteil weiteten sich Kimimaros Augen. Er war … überrascht, dass sie erkannt hatte, warum er sie wirklich angegriffen hatte. Als er sie hatte sagen hören, dass sein Herr gefallen war, hatte er es ihr geglaubt. Orochimarus Plan zur Machtübernahme hatte nicht ihre Freiheit beinhaltet. In diesem Moment wusste er, dass Orochimaru gescheitert war und er beschloss seinem Meister zu folgen. Selbst in den Tod. Hatte er gewusst, dass er mit seinem Angriff scheitern würde?
 

Tenten atmete ein. Dann fuhr sie fort: „Wenn Euer Leben seinen Sinn verloren hat, dann findet einen neuen. Ein Leben… ist so unendlich viel wert. Ich glaube nicht daran, dass Ihr von Anfang an auf Orochimarus Seite wart. Ihr habt geglaubt das Richtige zu tun und daran ist nichts Falsches. Aber Orochimarus Weg ist nicht der, der zur Freiheit führt.“ „Und Eurer ist es?“ Kimimaro sah sie abwartend an. Noch immer voller Wut und Schmerz, doch er hörte ihr zu. Narutos Kunai schenkte er keinerlei Beachtung. „Ich behaupte nicht, dass der Weg, den ich gehen werde, der richtige ist“, erwiderte Tenten, „Ich kann nur versuchen etwas zu tun, an das ich glaube. Jeder wählt selbst seinen Weg. Ich kann Recht behalten, doch genauso gut könnte ich scheitern. Ebenso wie Ihr, Kimimaro Kaguya. Ich gebe Euch diese eine Chance. Vergesst das niemals. Niemals!“
 

Naruto löste die Waffe von Kimimaros Hals, erhob sich und warf ihr einen Blick zu. „Es ist deine Entscheidung, Tenten“, sagte Naruto, „aber es wäre klüger gewesen ihn zu töten.“ Sie sah ihn scharf an und ließ Amaterasu in die Scheide zurück gleiten. „Ich beabsichtige nicht klug zu handeln, sondern richtig.“
 

Zuerst rührte sich Orochimarus Lakai nicht. Stumm blieb er liegen, als müsse er eine Entscheidung in seinem Inneren ausfechten. Oder waren es die Schmerzen, denen er nicht länger stand hielt? Sie konnte es nicht sagen. Einer seiner Finger zuckte. Angespannt beobachtete Tenten, wie Kimimaro sich langsam aufrichtete. Jetzt, als sein ganzes Denken nicht mehr auf den fanatischen Gedanken gerichtet war zu sterben und sie mit sich in den Tod zu reißen, schien er seine Verletzung zu spüren. Er riss einen Streifen seines Umhangs ab und verband damit behelfsmäßig die Wunde. Kurzzeitig würde er so die Blutung stoppen können, aber es lag an ihm, ob er es schaffte.
 

Kimimaro wusste das. Misstrauisch betrachtete er Naruto wie in der Erwartung eines erneuten Angriffs, doch der Attentäter rührte sich nicht. Schließlich wandte Kimimaro sich ihr zu. Seine blaugrünen Augen fanden ihre und auf einmal hatte Tenten keine Angst mehr. Kimimaro Kaguya, Orochimarus mächtigster Krieger, war geschlagen. Auf eine Art und Weise wie man ihn nicht hätte schlagen können, selbst, wenn man ihn im Kampf bezwungen hätte. Er hatte eine Entscheidung gefällt und es war ein Weg, von dem er nicht wusste wohin er führte.
 

Als er seine Stimme erhob, schwang etwas darin mit, das seinen Worten einen Klang verlieh, der nicht an dessen Aufrichtigkeit zweifeln ließ. „Ich werde Euch zurückzahlen, was Ihr mir gegeben habt, Prinzessin. Lebt wohl.“ Er warf noch einen letzten Blick zurück, dann drehte er sich um und begann einen neuen Weg. Einen Weg durch Schnee und Eis und auf der Suche nach etwas, woran er glauben konnte. Einem Teil seiner selbst, der seinem Leben wieder einen Sinn verlieh.
 

„Ihr seid eine Närrin!“ Tenten und Naruto fuhren gleichzeitig herum, doch es war nur Sasuke Uchiha, der sie feixend betrachtete. „Kimimaro Kaguya wird sich nicht ändern. Er wird im Schatten warten, bis Ihr ihn vergessen habt und dann bringt er zu Ende, was er angefangen hat.“ „Wenn dir das so wichtig ist, wo warst du dann, um zu verhindern, dass es so weit kommt?“, fuhr Naruto dazwischen. „Ich muss dir keine Rechenschaft ablegen, Naruto.“, erwiderte Sasuke aalglatt.
 

„Schluss jetzt!“, ertönte da Kakashis Stimme. Durch die Verletzung war er zwar ein wenig blass geworden, aber noch immer verströmte er Autorität. Sein Körper war angeschlagen, aber mit eisernem Willen kämpfte er sich vorwärts. Gleichzeitig stützte er Neji, der aussah, als würde er jeden Moment zusammen brechen. Tenten stürzte auf die beiden zu und half Kakashi Neji aufrecht zu halten, was sich aufgrund dessen Schulterverletzung und dem gebrochenem Arm als schwieriger erwies, als angenommen.
 

„Neji!“, rief Tenten, „geht es dir gut?!“ Neji wollte mit der Schulter zucken, verzog jedoch schmerzhaft das Gesicht und brach die Bewegung auf halber Höhe ab. „Es ging mir schon besser“, brachte er mit einem schiefen Lächeln heraus. Erleichtert sah Tenten ihn an und fühlte, wie eine Last von ihr fiel. Neji würde wieder gesund werden.
 

„Du hast Kimimaro gehen lassen.“, riss er sie aus den Gedanken und Tenten, die nicht mit einer so schnellen Konfrontation gerechnet hatte, erschrak. „Er ist stark. Stärker als ich“, sagte Neji, „und er wollte dich umbringen. Warum hast du ihn ziehen lassen?“ Sie wandte den Blick ab. „Weil ich etwas in ihm gesehen habe, das mich an ihn glauben ließ. Es war dasselbe, warum ich an dich geglaubt habe und an Naruto.“
 

„Naruto?“, warf Kakashi ein und Tenten nickte bestätigend. Naruto ließ das Kunai, das er immer noch in der Hand hielt, einmal um den Finger rotieren, dann erwiderte er die musternden Blicke, die auf ihm lagen. „Ich habe dich gespürt. Während der Meditation.“ Neji ließ Naruto nicht aus den Augen „Du warst es, oder? Der Attentäter, der Shikaku Naru umgebracht hat und auch versucht hat Tenten zu töten.“

„Ich leugne nicht, was ich bin.“, antwortete Naruto, „ein Werkzeug des Todes. Einer, der nur nach striktem Befehl gehandelt hat. Ich kenne mehr Möglichkeiten jemanden zu töten, als ihr alle zusammen. Ich bin ein Shinobi und … und ein Todgeweihter, denn ich habe meinen letzten Befehl nie ausgeführt.“

Als Naruto verstummte, rührte sich niemand. Kakashi schien tief in Gedanken, Nejis Blick wanderte bei Narutos letzten Worten zu Tenten. Selbst Sasuke hatte nichts zu sagen.
 

„Tenten!“ Sie alle zuckten zusammen, als Lees Stimme sie aus den Gedanken riss. „Tenten!“ Lee klang verzweifelt. Suchend sah Tenten sich um und entdeckte Lee schließlich am Waldrand, wo Hiruzen Sarutobi am Boden kniete und sich über Temari beugte, die seit ihrem Sturz nicht wieder aufgestanden war. Temari! Tentens Herz schlug panisch, als sie daran dachte mit welch einer Endgültigkeit sich die Kriegerin in den Kampf gestürzt hatte.
 

„Temari!“ Ohne auf die anderen zu warten, rannte Tenten los. Der Schnee erschwerte ihr Vorankommen, doch die Angst nach ihrem Vater auch noch mit ansehen zu müssen wie ihre Freundin starb, war größer. Außer Atem ließ sie sich neben den alten Mann fallen. Sarutobi warf ihr nur einen einzigen Blick zu, der an dem Siegelring an ihrer Hand hängen blieb, und er wusste was vorgefallen war.
 

„Mao-Tenten.“ Sie erschrak zutiefst, doch schon war Lee da und das Gefühl verschwand. „Tenten… sie… sie stirbt.“ Temari war blass. Ihre rechte Hand, in der noch immer der Pfeil steckte, der sie durchstoßen hatte, war verkrampft. Ihre Kleidung war über der Schulter zerrissen und auch diesen Pfeil hatte Naruto wohlweißlich nicht entfernt, damit sich die Wunde nicht infizierte. Zudem konnten sich an der
 

Pfeilspitze Widerhaken befinden, die beim Rausziehen womöglich noch größeren Schaden anrichten konnten. Da der Blutfluss durch den Fremdkörper in ihrer Schulter stockte und bei einem Entfernen somit starken Blutfluss zur Folge haben würde, ging Naruto nicht das Risiko ein ihn in ihrer Lage herauszuschneiden, wo die Wunde nicht optimal versorgt werden konnte. Doch für Temari war es eine Qual. Sie atmete flach, als ob sie nicht genügend Luft bekam, und die Haare fielen ihr wirr ins Gesicht.
 

„Was ist mit Kabuto?“, hakte Tenten nach, aber Sarutobi schüttelte den Kopf. „Der Feigling ist abgehauen, als er merkte, dass er eine Übermacht gegen sich hat!“, rief Lee wütend, „und… Temari…“ – „Gift“, fiel ihm Naruto ins Wort, der sich vollkommen lautlos neben sie in den Schnee gekniet hatte und Temaris Wunden inspizierte. Entsetzt sah Tenten ihn an. „Ein lähmendes, langsam wirkendes Gift, das das Opfer immer träger macht, bis es den immer größer werdenden Schmerzen nicht mehr stand hält.“ Sorgfältig untersuchte er alle Verletzungen der Kriegerin und fluchte. Jede einzelne war tödlich, nicht weil Kabuto

kritische Punkte getroffen hatte, sondern weil jeder Pfeil in Gift getaucht worden war.
 

Kaum hatte er die Wunden freigelegt, um sie genauer in Augenschein nehmen zu können, krampfte sich Temari unter höllischen Schmerzen zusammen. Zuvor noch ruhig, begann sie nun um sich zu schlagen und riss in einem Moment reiner Qual die Augen auf. Im selben Augenblick brach Neji zusammen. Die Erschöpfung war zu viel geworden.
 

„Temari! Neji!“ „Haltet sie fest!“, brüllte Naruto, „helft mir! Ihr kümmert Euch um Neji, Kakashi!“ Tenten, Lee und Hiruzen Sarutobi packten Temaris Arme und Beine und zu Tentens Überraschung, war Sasuke an ihrer Seite und half ihr Temari niederzuringen. Sasuke, der ihren Blick gespürt hatte, warf ihr ein selbstgefälliges Lächeln zu. „Wenn sie schon auf dem Schlachtfeld sterben will, dann sollte sie durch ein Schwert sterben und nicht durch Gift. Außerdem ist es nie verkehrt, wenn die Daimyo der Sabakuno bei einem in der Schuld steht. Du kannst sie doch retten, oder?!“, wandte er sich dann an Naruto. „Halt‘ sie fest und lenk mich nicht ab!“, entgegnete Naruto. Während sich die anderen mit Temari abmühten, zog er aus seiner Kleidung eine winzige Flasche.
 

„Ein Giftmischer hat stets ein Gegengift zur Hand“, sagte er grimmig, „sie ist stark, dass sie sich so lange auf den Beinen gehalten hat, aber sie hat auch wahnsinniges Glück. Wenn sie mir nicht genau zur passenden Zeit begegnet wäre, hätte sie die Nacht nicht überlebt.“ Mit diesen Worten zwang er Temaris Mund auf und träufelte ihr das Gegengift in die Kehle. Dann hielt er ihr den Mund zu und zwang sie zu schlucken.
 

„Ihr auch, Kakashi!“, rief Naruto und warf diesem ein zweites Fläschchen Gegengift zu. Siedend heiß fiel Tenten wieder ein, dass auch ihn ein Pfeil getroffen hatte, aber offenbar hatte das Gift sich noch nicht so stark wie bei Temari in seinem Körper ausgebreitet. Als Tenten Kakashi ohne zu murren schlucken sah, wandte sie sich wieder ihrer Gefährtin zu.
 

„Temari“, hauchte Tenten, „du darfst nicht aufgegeben. Du hast nicht mit all deiner Kraft an meiner Seite gekämpft, um jetzt durch die Tat eines Feiglings zu sterben.“ Verzweifelt drückte sie Temaris Arm zu Boden. „Temari“, beschwor sie ihre Freundin und umklammerte deren Hand, „bleib bei mir! Ich brauche dich!“ Immer wieder flüsterte sie der Freundin Mut machende Worte zu, von denen sie nicht wusste, ob sie zu ihr durchdrangen. Die Minuten verstrichen und noch immer zeichnete sich keine Besserung ab.

Tenten dachte an die letzte Nacht, die ihr so lang vorkam wie eine Ewigkeit. Sie erinnerte sich an alle Momente, in denen Temari und sie einander beigestanden hatten, ehe die Sabakuno sich Kabuto in den Weg gestellt hatte, um ihr die Möglichkeit zu geben Neji zu retten. Tenten spürte, wie ihre Hände anfingen zu zittern. Es durfte nicht sein. Es durfte nicht sein, dass Temari sich genau wie ihre Mutter für ihre Freunde, für sie, opferte.
 

„Naruto?“, richtete sie ihre Aufmerksamkeit auf den Attentäter, der noch immer die Behandlung überwachte. Der hob den Blick, doch kaum hatten ihre Blicke gekreuzt, wandte er sich ab und betrachtete Temari, die die gesamte Prozedur in grausamem Bewusstsein erlebte. Noch immer starrte sie sie in panischer Angst an, ohne sie zu erkennen und ihr Mund formte tonlose Worte, die sie nicht verstand. Ganze Minuten lang, hatte Tenten das schreckliche Gefühl, dass Narutos Gegengift nicht wirkte. Doch dann wurden ihre Bewegungen träger und ihr Kopf fiel zur Seite, als hätte sie etwas gespürt.
 

Tenten blickte in die Richtung. Ohne, dass sie es wahrgenommen hatte, waren die Schatten gewichen und die Wintersonne hatte ihre Strahlen über die Ebene geworfen und alles in ein trübes Licht getaucht. Der Schnee glitzerte in allen Farben, doch es war ein grausames Bild, das sich ihr bot. Tote säumten die Ufer des Sees. Herrenlose Waffen lagen herum und hier und dort wieherte ein panisches Pferd, das sich aufgrund einer Verletzung nicht rühren konnte. Gerade, als sie den Blick abwenden wollte, hörte sie es: einen nicht allzu weit entfernten Schlachtlärm, der aus zwei verschiedenen Richtungen kam. Tentens Herz schlug ihr bis zum Hals, als sie erkannte, dass es die versprengten Überreste beider Armeen waren, die zu einem letzten Gefecht aufeinander losströmten. Plötzlich spürte Tenten einen leichten Händedruck. Noch einmal begegnete sie Temaris Blick und glaubte zu hören, wie diese „Geh.“ flüsterte, ehe sie in tiefe Bewusstlosigkeit sank.
 

Im gleichen Moment stieß Naruto einen erleichterten Seufzer aus und bedeutete seinen Helfern, dass es nun sicher war Temari loszulassen. Keiner von ihnen hatte die Gefahr bemerkt, die einer Flut des Hasses gleich, heran brandete.
 

„Sie ist überm Berg!“, rief Naruto und seine Züge nahmen zum ersten Mal seit einer Ewigkeit wieder sorglose Gestalt an. Hastig stand Tenten auf. „Wetten ihr seid jetzt froh, dass ihr mich dabei habt?“ Tenten sah sich um und entdeckte das Schlachtross ihres Vaters nicht weit von ihr. Kakashi, der offenbar keine Schäden davon getragen und in der Zwischenzeit Nejis gebrochenen Arm geschient hatte, musste es mitgenommen haben. Tenten rannte, schwang sich auf den Rücken des Pferdes, ohne sich darum zu kümmern, dass sie wie ein Mann im Sattel saß. Noch einmal sah sie sich um. Temari, schwer verletzt. Neji ohne Bewusstsein… ‚Verzeih mir, Neji...‘, flehte sie stumm. Dann zwang sie sich den Blick abzuwenden.
 

„Prinzessin?“ Sie hielt Kakashis forschendem Blick nicht stand. „Tenten-hime!“, rief er nochmals, diesmal lauter und lenkte die Aufmerksamkeit der anderen auf sie. Lee, der gerade im Begriff war Naruto enthusiastisch zu beglückwünschen, hielt mitten im Satz inne. Sarutobi durchschaute ihre Absicht als Erster. „Nein! Ihr reitet in den Tod! Wenn Konoha Euch verliert-“ Der Rest des Satzes ging im immer lauter werdenden Schlachtlärm unter und Tenten ließ ihre Gefährten hinter sich.
 

Das Pferd ihres Vaters stieß ein lautes, herausforderndes Wiehern aus, stieg auf die Hinterläufe und preschte dann in einem gewaltigen Satz nach vorn, direkt auf die beiden Armeen zu.
 

Hinter sich hörte Tenten den Aufschrei ihrer Freunde, aber sie musste es tun. Sie musste dorthin gehen, wohin Neji ihr nicht mehr folgen konnte. Sie liebte ihn, aber sie liebte auch ihr Volk. Und sie war

bereit alles zu geben um die Menschen zu retten.
 

Tenten spürte die Kraft des Schlachtrosses unter sich. Jede Bewegung war geschmeidig und, obwohl ihr ganzer Körper schmerzte, gab ihr der Auftrieb des Tieres Hoffnung. Sie richtete den Blick auf den Wald, wo das Kampfgetöse immer mehr anschwoll. Das Vordringen der beiden Heere wurde jedoch durch die dicht stehenden Bäume aufgehalten. Rund um den See, aus allen Ecken der verwüsteten Ebene, kamen Versprengte, die noch am Leben waren, zusammen. Um die Zweihundert Krieger strömten nun aus dem Wald brechenden Streitmächten zu. Massen von Kriegern, Samurai, Aufrührern und Rebellen kamen aus dem Nebel, der die Bäume eingehüllt hatte. Banner wurden gehisst, Kampfrufe wurden laut, bis der Wald alle Verzweifelten ausgespien hatte und das Schicksal sie in einer letzten entscheidenden Schlacht aufeinander treffen ließ. Nur den See mussten sie nun noch umrunden, bis sie sich begegnen würden. Die Rebellen kamen von Osten, während ihnen die treu ergebenen Samurai unter der Führung von Mifune, der nach Orochimaru der höchste General der Hauptstadt war, entgegen kamen.
 

Sie weinte bei diesem Anblick. Obwohl in den vergangenen Stunden so viel Schreckliches geschehen war, glaubten beide Parteien noch immer für den Frieden zu kämpfen. Für Gerechtigkeit und Freiheit. Sie übersahen, dass der Weg, den sie zu diesen Zielen wählten, der Falsche war. Ein Weg nur von Schmerz und Leid. Und Tenten ritt, wie sie noch nie in ihrem Leben geritten war. Schneller als der Wind wollte sie sein. Sie erduldete die Grenzen von menschlich Ertragbaren, als sie unter höchste Anspannung und von Angst getrieben über den Schnee kam, die Ebene hinter sich lassend.
 

Rufe schallten ihr entgegen, Waffen blitzten, als die Armeen über das Schlachtfeld nur noch eine gute Meile voneinander entfernt waren. Tenten sah wie Gaara die Reihen der Rebellen ordnete, erkannte ein paar Gesichter. Suigetsu und Omoi. Karui. Sogar die kleine Matsuri. Ihm gegenüber zog Mifune seine Klinge und rief: „Im Namen Konohas, ergebt euch, Rebellen! Im Namen Mao-Chéngs gebt uns unsere Prinzessin zurück!“
 

„Ich ergebe mich niemandem, Mifune, erst recht nicht Orochimarus Marionetten!“, rief Gaara zurück und seine Worte wurden von zustimmendem Geschrei der Rebellen begleitet. „Dann lasst Ihr mir keine Wahl, Sabakuno, wir werden uns zurück holen, was ihr uns genommen habt! Zum Angriff! Für Konoha! Für Mao-Chéng!“ Er stieß sein Schwert in die Luft und die Samurai brüllten wie aus einem Mund: „Für Konoha! Für Mao-Chéng!“
 

Doch Gaara ließ sich nicht einschüchtern. All seine Verletzungen, seine Erschöpfung, die ihm deutlich anzusehen war, noch sein entstelltes Gesicht, konnten ihn von seinem Ziel abbringen. Unbeeindruckt fasste er das Heer seiner Feinde ins Auge und zog nun seinerseits seine Schwerter. Trotz der Verletzung, die er im Kampf gegen Kimimaro Kaguya erfahren hatte, wohnte in ihm noch immer eine solche Überzeugungskraft inne, dass er die Herzen der Rebellen mit dieser einfachen Handlung berührte. Zu tausenden zogen sie mit ihrem Anführer die Waffen, bereit ihm in den Tod zu folgen. „Für die Freiheit“, schrie Gaara Sabakuno und die Rebellen nahmen den Ruf auf. Weit hallte er über die Fläche und der Boden bebte, als die beiden Armeen sich anschickten die letzten Meter zu überwinden, während zwischen den Bäumen die Sonne aufging.
 

„Nein!“ Kurz bevor die Heere unter Führung ihrer Anführern die letzte Schlacht schlagen konnten, erreichte Tenten sie. Das Pferd hatte sie schneller getragen, als es je in seinem Leben gelaufen war, und so war Tenten gerade noch rechtzeitig gekommen. „Aufhören!“, schrie sie, als sie genau zwischen den Rebellen und den Fürstentreuen war, die sie zwischen sich zu zerreiben drohten. „Aufhören!“, schrie sie nochmals, so laut sie konnte. „Ich flehe Euch an, haltet ein!“ Da sah sie Mifune und ein überraschter Aufschrei entwich ihm. „Prinzessin!“, rief er, „Ihr seid am Leben!“ Und diejenigen, die noch nicht um der Schlacht selbst willen kämpften, sondern sich daran erinnerten, dass sie auf Geheiß ihres Fürsten ausgezogen waren, um seine Tochter zu retten, schlossen sich ihm an. Überall wurde ihr Name laut. Der Angriff brach ab, ehe sie die Rebellen erreichten.
 

Auch Gaara erkannte sie und zwang seinerseits die Rebellen zum Innehalten. Die Menschen verstummten und im Vergleich zum vorherigen Kriegslärm wurde es mit einem Schlag gespenstig still. Es war wie ein Innehalten, bevor etwas Unvermeidbares geschah. Ein erdrückendes, plötzliches Schweigen hatte sich über Hunderte von Menschen gelegt und sie blickten auf die einsame Gestalt, die in diesem Moment absaß und sich allein zwischen sie stellte. Dort zwischen den Heeren stand Tenten.
 

Sie spürte, wie unzählige Blicke auf ihr lasteten. Sie spürte die Anspannung, die in den Menschen kochte. Angst und Wut und Hass hatten sich ihrer bemächtigt und doch warteten sie. Es war der Moment in ihrem Lebens, der ihr den größten Mut abverlangte. Tenten atmete ein und sie erinnerte sich an alle, die sie bis zu diesem Punkt begleitet hatten. An ihren Lehrer, Hiruzen Sarutobi, der sie so viele Jahre unterrichtet hatte. In Naturwissenschaften, Konversation und Taktik, in Kalligrafie und Poesie. Aber auch in der Kunst an sich selbst zu glauben. An ihre Freunde, Ino, Lee, Naruto und Hinata, die in der Stunde größter Not mit ihr gegangen waren. An Sasuke Uchiha und an Kimimaro Kaguya. An Temari, die so sehr an sie geglaubt hatte, dass sie bereit war für sie zu sterben. An Gaaras Trauer, als er ihr von den Anfängen der Rebellion erzählt hatte. An Meister Kakashi, der ihr Trost gespendet hatte, als sie geglaubt hatte niemals etwas anderes als Trauer zu fühlen. An Neji, in den sie sich trotz aller Widerstände unsterblich verliebt hatte und der sie selbst in der dunkelsten Stunde nicht allein gelassen hatte. Und sie erinnerte sich an die letzten Worte ihres Vaters. ‚Ich überlasse dir die Zukunft.‘
 

„Hört mich an!“, begann sie, „hört mich an!“ Mit jedem Wort wurde ihre Stimme lauter. Tenten fasste Mut, als sie spürte, wie sie mit jeder Silbe stärker wurde. „Es gibt keinen Grund mehr zu kämpfen. Ich stehe nicht als Gefangene vor euch, ich bin hier aus meinem eigenen Willen heraus.“ An dieser Stelle ging ein Raunen durch die Reihen hinter Mifune. „Und ich sage euch dieser Kampf hat seinen Grund verloren. Orochimaru ist ein Verräter und Kriegstreiber. Er ist ein Mörder und ein Tyrann-“ „Das ist absurd“, fiel ihr Mifune ins Wort, „Orochimaru war in allergrößter Sorge um Euch, Tenten-hime.“ „Ich bestreite nicht, dass er sich Sorgen gemacht hat, aber nicht aus dem Grund, den Ihr vermutet, Mifune-san. Orochimaru fürchtete nicht um meine Sicherheit, sondern darum die Möglichkeit zur Machtübernahme verloren zu haben.“ An dieser Stelle hielt sie inne und musste sich kurz sammeln. Die Erinnerung Orochimaru vollkommen ausgeliefert zu sein, überkam sie mit überwältigender Härte. Schließlich hob sie wieder den Blick und sah einen nach dem anderen an. „Er wollte mich heiraten und mit mir als Marionette über Konoha herrschen. Zu diesem Zweck tötete er meinen Vater.“ „Was?!“ Mifune sah aus, als hätte sie ihm den Boden unter den Füßen weggerissen. Ein Wispern setzte an. „Mao-Chéng ist tot?“ „Das kann nicht wahr sein…“ „Orochimaru würde so etwas nie tun, er ist sein treuester Diener!"
 

Das Flüstern nahm verschiedene Untertöne an. Unter den Männern der Hauptstadt herrschte schieres Entsetzen und Ungläubigkeit. Die Rebellen nahmen die Nachricht gefasster auf. Ab und an, hörte Tenten einen gehässigen Wortfetzen und sie biss sich auf die Lippen, um nicht etwas Falsches zu sagen, das sie später bereuen würde.
 

„Es ist wahr“, rief sie so laut sie konnte, um die Stimmen zu übertönen. „Ich habe meinen Vater sterben sehen und in diesem Kampf fiel auch Orochimaru. Wofür also kämpft ihr? Für Ruhm? Für Ehre? Freiheit?!“ Tenten hielt inne und merkte, dass sie zitterte. „Freiheit liegt nicht darin auf Hass immer neuen Hass folgen zu lassen. Frieden gibt es nicht, wenn für ihn Menschen sterben!“

Und Tenten spürte wie diese Worte langsam den Schatten aus den Herzen der Menschen vertrieben. Sie blickte in Gesichter, die nun nicht mehr hassverzehrt, sondern blass und nachdenklich aussahen. Es war als würden sie aus einer tiefen Ohnmacht erwachen.
 

„Ich lasse nicht zu, dass noch jemand stirbt!“, fuhr sie fort, verzweifelt, aber entschlossen. „Zu viel Leid ist geschehen, zu viele Grausamkeiten. Orochimarus Hass hat Narben geschlagen, aber Narben können heilen. Sie verschwinden nicht, aber mit der Zeit verblassen sie. Wacht auf, Menschen von Konoha! Euer Land ist nicht verloren!“
 

„Tenten-hime“, entwich es Mifune, der zutiefst bewegt, von ihren Worten seine Waffe fallen ließ und auf die Knie sank. „Tenten-hime“, wurden seine Worte aufgenommen. „Tenten-hime.“ Und bald war ihr Name ein Wispern im Wind, von tausenden Stimmen wiederholt und aus unzähligen Mündern gesprochen, während die Krieger Konohas nacheinander vor ihr auf die Knie fielen. Waffen kamen im Schnee auf: Schwerter und Sperre, Pfeil und Bogen, Messer, Dolche und allerlei andere Todeswerkzeuge.
 

Die Rebellen hatten das Geschehen bewegungslos beobachtet. Das Bild, das sie von den Soldaten Mao-Chéngs hatten, wankte. In vielen von ihnen lösten Tentens Worte die Sehnsucht nach dem so lange verloren geglaubten Frieden aus. Hoffnung, die tief in ihnen für Jahre am Leben geblieben war. Doch die Verunsicherung ließ sie verharren. Da löste sich ein einzelner aus der Armee und kam auf Tenten zu.

Gaaras Miene war unergründlich. Der Verband, der seine komplette linke Gesichtshälfte bedeckte, war blutüberströmt und dort wo das Auge fehlte, war die Haut eingefallen. Doch trotz der Qualen, die er selbst in diesem Moment durchstehen musste er, war er ihr immer noch ebenbürtig. Ihm würden die Rebellen folgen, egal was er tat. Wenn er sie tötete, würde Konoha untergehen. Angst machte sich in ihr breit, als sie daran dachte, wie er gesagt hatte, dass er sich von niemandem Befehle erteilen ließ. Er, der wie kein anderer an die Rebellion geglaubt hatte und mit jeder Faser seines Wesens auf den Untergang ihres Vaters hingearbeitet hatte.
 

Als er direkt vor ihr stand, richtete er beide Schwerter auf sie und Tentens Herz klopfte panisch gegen ihre Brust. Aber sie würde nicht weglaufen. Nie wieder. Für einen Augenblick herrschte vollkommene Stille. Tentens Herzschlag pochte ihr in den Ohren. „Ist es nicht seltsam“, sagte Gaara leise, „dass wir beide Waffen tragen und sie nicht benutzen werden.“ Tenten sah auf, als sie Gaara diese Worte zum zweiten Mal sagen hörte. Sein Gesicht hatte alles Harte verloren. Stattdessen war da derselbe Wunsch, der auch in ihr war. „Ja“, hauchte sie unter Tränen der Erleichterung. Er legte ihr die Waffen zu Füßen und sah sie dann mit einem Blick an, der voller Sehnsucht war. „Frieden“, sagte Gaara, „so lange habe ich nicht mehr zu hoffen gewagt. Ich denke… nun verstehen wir einander, Tenten, Tochter Mao-Chéngs.“ Und mit diesen Worten sank er vor ihr auf die Knie.

~ Kapitel 33: Samurai ~


 

~ Kapitel 33: Samurai ~
 

Was du liebst, lass frei. Kommt es zurück, gehört es dir – für immer.

[Konfuzius]
 

Die folgenden Tage waren von Aufräumarbeiten, der Behandlung der Kranken und Misstrauen geprägt. Aus Furcht, dass ein Streit zwischen den Rebellen und Konohas Armee ausbrechen könnte, fand Tenten nur wenige Stunden Schlaf. Nachdem ihr Gaara vor den Augen beider Armeen die Treue geschworen hatte, hatte sich wackeliger Frieden zwischen beiden Parteien eingestellt. Doch die Gefahr von Kämpfen und Handgreiflichkeiten war so groß, dass Tenten es sich kaum leisten konnte auch nur ein paar Stunden zu fehlen. Ihre Rolle war die einer Vermittlerin. Die Samurai Konohas waren ausgezogen um sie zu befreien, während die Rebellen sie akzeptierten, weil sie nie die Politik ihres Vaters eingeschlagen hatte und stattdessen immer für den Frieden eingetreten war.
 

In den ersten Stunden nach der Schlacht einigte sie sich mit Gaara darauf, dass es das Beste war, wenn beide Armeen zunächst gebührenden Abstand zueinander hielten. Nachdem die Menschen einander so lange fremd gewesen waren, war eine Annäherung nur langsam und mit größter Vorsicht möglich. Auch die jüngste Schlacht trug nicht zum Frieden bei. Im Gegenteil: die vielen Toten schürten den Hass der Überlebenden. Tenten verbrachte Stunden damit gemeinsam mit Gaara und seinem Bruder Kankuro, Mifune, Sarutobi und Kakashi das weitere Vorgehen zu besprechen.
 

Das Lager von Konohas Armee wurde wieder aufgebaut und ein notdürftiges Lazarett errichtet, in dem alle Heilkundigen – egal welcher Partei sie angehörten – die Verletzten pflegten. Es war ein kleiner Schritt, aber es war etwas, das ihr Hoffnung gab.
 

Dank Narutos Gegengift hatte Temari überlebt. Schwerverletzt, aber doch am Leben. Tenten verbrachte jede Minute, die sie erübrigen konnte im Lazarett, wo Temaris Wunden langsam heilten.
 

Auch Neji war immer noch bewusstlos. Nachdem er zusammen gebrochen war, schienen alle Wunden, die er davon getragen hatte, ihren Tribut zu fordern. Den Heilern zufolge hatte Neji ein paar gebrochene Rippen, tiefe Schnitte, die sich nur langsam schlossen und eine Fleischwunde in der Schulter. Dazu kam sein gebrochener Schwertarm. Naruto teilte ihr ganz im Vertrauen mit, dass es eigentlich ein Ding der Unmöglichkeit hätte sein sollen, dass Neji mit diesen Verletzungen nach dem Kampf gegen Orochimaru sich noch hatte bewegen können. Tenten hatte nur gelächelt. Neji hatte bereits ganz andere Dinge möglich gemacht.
 

Das Bergen der Toten hingegen war etwas, das sie mit Grauen und unendlicher Trauer erfüllte. Es verging keine Stunde, in der sie sich fragte, ob sie nicht noch einen mehr hätte retten können, wenn Neji und sie Orochimaru schneller zur Strecke gebracht hätten. Die Reihen der Leichen schienen unendlich lang zu sein und Tenten sah nicht selten wie jemand, der einen Freund erkannte, zwischen den Reihen zusammenbrach. So viel Tod… Und wofür? Es war, als wolle Orochimaru sie selbst jetzt noch verhöhnen.

Das Schlimmste war es gewesen den Leichnam ihres Vaters zu bergen. Als Tenten Kakashi, Sarutobi-sensei und Gaara den Weg zeigte, wurde ihr erst bewusst, wie endgültig der Tod ihres Vaters war. Es war, als hätte man ihr ihre Stütze genommen. Mit der Zeit war ihr Vater ihr zwar immer fremder geworden, aber er war immer da gewesen. Immer. Und nun war er fort.
 

Tenten hatte auf den leblosen Körper ihres Vaters gestarrt, den bereits eine dünne Schicht Schnee bedeckt hatte, und fühlte sich machtlos. Mao-Chéng sah friedlich aus … Er hatte in seinem Leben viele Fehler gemacht, aber er hatte dem Land Stabilität gegeben. Jetzt war er tot und sie sollte seinen Platz einnehmen. Und Tenten wusste, dass Konoha auseinander brechen würde, wenn sie nicht einen Weg fand den Menschen das Vertrauen zurück zu geben. Doch dafür brauchte sie ein Wunder…
 

~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~
 

Tenten schob den Vorhang beiseite, der Nejis Lager von dem übrigen Lazarett abschirmte. Sie war erst einmal hier gewesen. Das war vor zwei Tagen gewesen, aber der Gedanke an Neji hatte sie seitdem nicht los gelassen. Die Angst, dass er doch noch seinen Verletzungen erlag, war allgegenwärtig. Da konnte Naruto noch so gutmütig reden.
 

Tenten kniete sich vor seinen Futon. Er schlief und atmete regelmäßig. Langsam holte sein Körper sich das zurück, was Neji von sich selbst gefordert hatte. Schlaf würde ihm guttun, würde seinen Geist zur Ruhe kommen lassen und die Heilung seiner Wunden beschleunigen. Er würde Neji für kurze Zeit forttragen von diesem Ort und von allem, das er erlebt hatte.
 

Sie strich ihm sanft eine Strähne seines Haares aus dem Gesicht. Sekundenlang zögerte sie, als ihre Hand seine Stirn streifte. Das Brandmal zog automatisch ihre Aufmerksamkeit an. Wie viel hatte er deswegen ertragen müssen? Wie musste es sich anfühlen mit einem Zeichen zu leben, das allen sagte, dass sein Leben unerwünscht war? Wie hatte er trotzdem die Kraft gehabt sie zu retten?
 

„Er wird überleben.“ Tenten erschrak, zog die Hand weg und drehte sich in der gleichen Bewegung um. Hinter ihr stand ein Mann, den sie noch nie gesehen hatte. Sie konnte nicht sagen, ob er zu den Rebellen oder Konohas Armee gehörte, denn er trug schlichte Kleidung auf dem keinerlei Wappen zu finden war. Ohne ihre Reaktion abzuwarten ließ er sich neben sie nieder, wobei ihm sein rotes Haar kurzzeitig in die Augen fiel.
 

„Wieso seid Ihr so sicher?“, brachte Tenten schließlich heraus. Der Mann sah sie nicht an, betrachtete stattdessen Neji, aber es war ein nüchterner Ausdruck, in dem sie keinerlei Emotionen lesen konnte. „Die Gerüchte sind wahr“, sagte er statt einer Antwort, „Neji Hyuga ist seinem Vater sehr ähnlich.“ Überrascht sah Tenten ihn an. „Habt Ihr Hizashi Hyuga etwa gekannt?“
 

„Ich bin ihm begegnet… vor langer Zeit. Es hat mich nicht gewundert, dass er sich geopfert hat. Er war niemand, der auf lange Sicht einen Krieg ertragen könnte.“ Nachdenklich betrachtete Tenten Nejis Gesicht. Neji hatte sich ebenfalls opfern wollen. Hatte ihr Gesprächspartner das gemeint? „Ich hätte Hizashi Hyuga gern kennen gelernt“, sagte sie statt den Fragen, die ihr auf der Zunge lagen, „mein Vater hat nie über ihn gesprochen bis er gestorben ist.“
 

Der Mann wandte ihr den Kopf zu. Erstaunlicherweise schien er sehr jung zu sein, obwohl er sich sehr viel erwachsener gab. Hätte sie ihn nicht reden gehört, hätte sie ihn höchstens auf sechzehn Jahre geschätzt. „Ihr seid einem Teil von ihm bereits begegnet. Hier, mitten unter den Rebellen. Sein Geist hat in der Rebellion Gestalt angenommen. Sein Handeln, sein Leid, seine Hoffnung… nichts davon wird jemals vergessen werden. Das Leben ist vergänglich, aber in den Köpfen der Menschen ist Hizashi Hyuga unsterblich geworden. Liegt darin nicht wahre Schönheit?“
 

Verwirrt sah Tenten ihn an. „Was meint ihr damit?“ Der Fremde schwieg und sah Neji an, der noch immer schlief. Für einen kurzen Moment hatte sie Angst vor ihm. Angst, dass er Neji etwas antun könnte. Sie konnte sich nicht erklären, woher das Gefühl kam. Schließlich hatten sie sich nur unterhalten.
 

„Ein Mensch stirbt nicht, wenn die Erinnerung an ihn lebendig bleibt.“ Er stand auf. Erst da fiel Tenten auf wie geschmeidig seine Bewegungen waren. Vielleicht nicht so kraftvoll wie bei Kakashi oder Gaara, aber flüssiger als bei Neji und Sasuke. Es war eher eine Mischung aus Kraft und Schnelligkeit. Wie bei Orochimaru. Tenten lief ein Schauer den Rücken herunter. Warum erinnerte er sie an Orochimaru?
 

„Ich muss gehen“, riss der Fremde sie aus ihren Gedanken, „ich habe noch andere Patienten zu betreuen.“ „Ihr seid ein Heiler?“, erkundigte sich Tenten. Irgendwie schien er nicht der Typ dafür. Dann fiel ihr Blick auf die einzige Verzierung seiner Kleidung. Eingeschlossen in einer Raute… Ein Skorpion, ein roter Skorpion, der das Zeichen für Heiler war, die sich auf Gift spezialisiert hatten. „Ich bin jemand, der mit dem Tod lebt und versucht ihm ein wenig Zeit abzupressen.“, korrigierte er sie, „aber in Neji Hyugas Fall wird das nicht nötig sein.“ Er schob bereits den Vorhang zurück, als Tenten sich hastig erhob.
 

„Wartet!“, rief sie, „wer seid Ihr?“ Der Stoff des Vorhangs fiel in seine Ursprungsposition und verdeckte den unerwarteten Besucher. „Ich bin gespannt welche Erinnerung dieses Land an Euch behalten wird, denn Ihr seid bereits jetzt unsterblich, Mao-Tenten.“ Sie hörte wie seine Schritte sich entfernten, ehe er ein letztes Mal inne hielt.
 

„Mein Name ist Sasori Akasuna.“
 

~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~
 

Die Dunkelheit war allumfassend. Eine schwarze Finsternis, die ihm die Sinne vernebelte. Er versuchte zu blinzeln, aber selbst diese winzige Bewegung strengte ihn zu sehr an, sodass er die Bemühung schnell wieder aufgab.
 

Was war nur geschehen?
 

Er erinnerte sich, dass Kimimaro Tenten angegriffen hatte. Er erinnerte sich, dass er nicht stark genug gewesen war um ihn aufzuhalten. Aber was war dann gewesen? Allein darüber nachzudenken, bereitete ihm Kopfschmerzen. Erst da bemerkte er, wie groß seine Schmerzen waren. Es war, als würde sein Körper brennen. Und mit dem Schmerz kam die Erinnerung an alles andere zurück. Orochimaru, dem er nichts entgegen zu setzen hatte… und doch war er am Ende siegreich gewesen. Mao-Chéngs letzte Worte… Tenten, deren Gesicht vor seinen Augen verschwamm… Immer wieder ihr Gesicht…
 

Die Wirklichkeit zerrte an ihm. Langsam nahm er Geräusche wahr, Gerüche und Bewegungen. Neji blinzelte noch mal und diesmal drang Licht in seine Augen. Die Schemen um ihn herum nahmen Formen an.
 

„Endlich wach?“
 

Endlich schaffte es Neji die Augen zu öffnen. Die Stimme war von rechts gekommen. Mühsam hob er den Kopf und sah direkt seinen Meister an, der gelassen an seinem Krankenlager saß und in ein paar Notizen las ohne ihn auch nur eines Blickes zu würdigen.
 

„Was ist passiert?“ Neji erschrak selbst darüber, wie gebrochen seine Stimme klang. „Du bist ein Held, das ist passiert.“, erwiderte Kakashi. „Was?“ „Und verrückt dazu.“, fuhr Kakashi fort und sah von seinen Notizen auf. Neji blinzelte ihn verwirrt an. Kakashi seufzte. „Schau dich doch mal an, Neji.“
 

Neji folgte der Aufforderung und erschrak bei dem Anblick. Jemand hatte seinen Oberkörper behandelt und anschließend bandagiert. Sein rechter Arm steckte in einer Schlinge und seine linke Schulter war straff verbunden, sodass der Schmerz nur noch halb so stark durch seinen Körper pochte.
 

„Orochimaru hat dich ganz schön zugerichtet.“, kommentierte Kakashi, der seine Reaktion beobachtet hatte. Neji setzte sich mit einiger Anstrengung auf. „Er hätte mich umgebracht, wenn sie nicht aufgetaucht wäre…“ „Tenten-hime?“ Neji nickte. „Ich habe noch nie jemanden so kämpfen sehen wie sie. Ohne sie wäre ich tot.“ Neji hielt inne. „Tenten… wo ist sie? Ich … erinnere mich nicht. Auf einmal ist alles weg.“ „Keine Sorge“, unterbrach ihn Kakashi, „sie lebt.“ Erleichtert sank Neji, der sich schon halb von seinem Lager erhoben hatte, zurück auf die Matte. „Alle haben sie unterschätzt“, fuhr sein Meister fort, „es wäre in einem Massaker geendet, wenn sie sich nicht zwischen die Armeen gestellt hätte und einen vorübergehenden Waffenstillstand erwirkt hätte. Gaara hat ihr vor allen die Treue geschworen.“ „Tatsächlich?“, fragte Neji ungläubig. Er hatte Gaara eher als jemand erlebt, der seine eigenen Ziele verfolgte und nicht einem anderen sein Leben zu Füßen legte. Aber Tenten war auch nicht irgendjemand… Sein Meister nickte, während er die nächste Seite umblätterte.
 

„Das hat alles verändert. Er ist der Anführer der Rebellen, aber mit diesem Schwur gleichzeitig Samurai Konohas. Das Machtverhältnis in diesem Land hat sich verschoben, Neji. Nur deshalb ist es Tenten-hime gelungen das zu erreichen, was fast zwei Jahrzehnte niemand mehr für möglich gehalten hat.“
 

Sein Blick war in die Ferne gerichtet, als würde er sich an etwas erinnern. „Alles wird sich verändern.“, sagte Kakashi irgendwann, „sie wird jede Unterstützung brauchen, die sie bekommen kann. Deswegen werde ich mit ihr in die Hauptstadt zurückkehren. Du musst entscheiden, was du tun wirst.“ Damit verließ er das Zelt und ließ Neji mit seinen Gedanken allein.
 

~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~
 

Ino kämmte ihr sanft durch das Haar. Es lag Vertrautheit in dieser Geste, aber trotzdem war da eine gewisse Distanz zwischen ihnen. Seit dem Tenten ihre Dienerin aus deren Zelle geholt hatte, war diese ihr nicht von der Seite gewichen. Das Schlachtfeld hatte sie zwar ebenso erschüttert wie Tenten, aber sie hatte sich unter Kontrolle gehabt. Tenten wusste, dass sie ihr mehr hätte erklären müssen, aber sie war im ersten Moment des Wiedersehens einfach nur froh gewesen, dass ihrer Freundin nichts passiert war. Inos Reaktion hingegen war eine andere gewesen. Eine, die sie nicht erwartet hatte. Ino, die im Begriff war den Ersten zusammen zu schlagen, der durch ihre Tür kam, hatte mitten in der Bewegung inne gehalten und sie angesehen. Zuerst überrascht, dann vorwurfsvoll und schließlich war ein sanfter, trauriger Ausdruck über ihre Züge gehuscht. Tenten bekam ihre Frage nicht aus dem Kopf…
 

„Was ist mit Eurem Gesicht passiert?“
 

Ino begann geschickt damit ihr Haar aufzustecken. Heute würde sie ihr Haar nicht wie sonst immer zu zwei Knoten seitlich an ihrem Kopf frisieren. Tenten blieb still sitzen und ließ ihre Dienerin ihre Arbeit tun. Sie hätte sich bei Ino dafür entschuldigen müssen, dass sie sie zurück gelassen hatte, als sie mit Temari das Labyrinth der Rebellen verlassen hatten. Ino mochte es ihr übel nehmen, immerhin war sie mit ihr ins Ungewisse gegangen. Sie hatte sie noch nie im Stich gelassen.
 

Als kleines Mädchen hatte Tenten sich immer jemanden in ihrem Alter gewünscht, da sie in ihrer frühesten Kindheit nur von Dienern umgeben gewesen war. Sie waren gute Menschen und sorgten sich liebevoll um sie, aber immer gingen sie auf Distanz, wenn Tenten sie zu mögen begann. Ino war anders. Ino hatte ihr Herz für sie geöffnet. Zuerst wollte sie ihr nur die beste Dienerin sein, die sie sich wünschen konnte. Dann hatte sie festgestellt, dass Tenten ganz anders als ihre Vorstellung einer Prinzessin war. Von da an war ihr Verhältnis lockerer und ungezwungener geworden. Freundschaftlicher. Ino war immer da gewesen. Sie war ihre Freundin und deshalb war es besser, wenn sie all das, was Tenten gesehen hatte, nicht erlebt hatte. Sie würde sich nicht für etwas entschuldigen, das sie nicht als falsch ansah.
 

Tenten schloss die Augen und spürte die Berührung von Inos Fingerspitzen an ihrem Haaransatz. Seit Stunden war es das erste Mal, dass sie die Bilder nicht vor ihren Augen sah. Für einen Moment vergaß sie, wie ihr Vater in ihrem Armen gestorben war, sie vergaß Nejis bewusstloses Gesicht und den Anblick, den die beiden Armeen geboten hatten, als sie zwischen ihnen gestanden und nur Worte hatte, um das Unvermeidbare abzuwenden. Und sie musste es vergessen, um den einzigen Weg in die Zukunft einzuschlagen, den es gab…
 

„Tenten-hime?“, fragte Ino und riss sie damit aus den Gedanken. „Ja?“ Ino zögerte und steckte eine weitere Strähne auf, um Zeit zu schinden. „Was ist?“, wollte Tenten wissen, als ihre Dienerin noch immer nichts sagte, „du kannst mir alles sagen.“ Tenten spürte wie Inos Finger innehielten. Auf einmal war es ungewöhnlich still im Raum.
 

„Es ist nur“, begann Ino von neuem, „all das hier. Dieser… Wahnsinn… Ich habe das Gefühl Euch im Stich gelassen zu haben. Es ist meine Pflicht Euch bei allem beizustehen… Nein, es ist nicht meine Pflicht“, verbesserte sie sich, „ich will Euch helfen und ich konnte es nicht.“ „Es war meine eigene Entscheidung, Ino“, unterbrach sie Tenten, „du hast dich in keiner Weise schuldig gemacht.“ Ino kämmte einmal mehr ihr Haar und Tenten spürte, dass ihre Hand dabei leicht zitterte. „Es ist meine Aufgabe für Euer Wohl und für Euer Erscheinungsbild zu sorgen.“ „Und das hast du immer zu meiner allergrößten Zufriedenheit-“ „Habt Ihr einen Schnitt im Gesicht, der eine Narbe hinterlassen wird, oder nicht?“ Tenten verstummte.
 

„Ich weiß, dass ihr nicht jemand seid, der viel Wert auf ein äußerliches Erscheinungsbild legt, aber andere tun es. Ihr werdet in Situationen kommen, in denen man versuchen wird Eure Macht zu untergraben. Für eine andere Frau macht eine kleine Narbe keinen großen Unterschied, aber Ihr seid nicht irgendeine Frau. Versteht mich nicht falsch… ich mache mir Sorgen um Euch.“ Sie hielt kurz inne. „Dort unten … in diesem Raum… es war das Schrecklichste, das ich je erlebt habe… zu warten und nicht zu wissen, ob es Euch gut geht. Ich wollte Euch helfen, aber ich konnte nichts tun! Ich bin keine Kämpferin wie Lee oder Naruto, ich stamme aus keiner mächtigen Familie wie Hinata, ich bin nicht mal besonders intelligent. Ich habe nur meine Fähigkeiten, die ich Euch anbieten kann und die können nicht reichen um Euch zu beschützen.“
 

„Es macht nicht mal einen großen Unterschied“, flüsterte Ino. Tenten ergriff ihre Hand und hielt sie fest. Aber sie drehte sich nicht um. Sie konnte Ino nicht in die Augen sehen, als die Schuldgefühle sie schließlich doch übermannten. Ino versuchte alles in ihrer Macht stehende, um ihr zu helfen und sie… Wie hatte sie Inos Treue verdient, wenn sie so selbstsüchtig war? „Für mich macht es einen Unterschied, dass du da bist, Ino.“, wisperte Tenten mit einem Kloß im Hals und drückte leicht ihre Hand. Ino erwiderte den Händedruck, doch dann entzog sie sich ihr und begann damit Tentens Frisur zu vollenden. Die nächsten Minuten schwiegen sie beide tief in Gedanken versunken.
 

„Ich habe Angst“, sagte Ino irgendwann, „Angst, was die Zukunft bringt, Angst um Euch. Ein einziger Fehler kann tödlich sein.“ Sie nahm eine Haarnadel und steckte eine Haarsträhne zurück. „Ich habe nur das, was ich Euch zu Eurem Schutz mitgeben kann. Euer Auftreten sollte eine Waffe sein, kein Grund Euch zu unterschätzen.“
 

„Das ist so... falsch.“, stellte Tenten fest. „Oh ja“, gab Ino ihr recht, „aber so funktioniert unsere Gesellschaft.“ Wieder herrschte Stille zwischen ihnen und Ino verflocht die letzten Strähnen geschickt in Tentens Hochsteckfrisur. Als sie schließlich inne hielt, sah Tenten sie nicht an. Ihr Blick war auf ein fein säuberlich zusammengefaltetes weißes Gewand gefallen, das Ino über einen der Hocker gelegt hatte, die um den Beratungstisch herum standen.
 

„Die Totenwache beginnt bald“, sagte Ino, die ihre Gedanken durchschaute, „wir müssen uns beeilen.“ „Ich weiß“, erwiderte Tenten, während Ino um sie herum ging und dazu ansetzte ihr Gesicht zu schminken. „Nein, lass.“, wehrte Tenten sie ab, „ich will die Verletzung nicht verstecken.“ – „Aber-“ „Du hast recht mit dem, was du sagst, aber ich bin nicht makellos.“ Gedankenverloren fuhr Tenten über den feinen Schnitt auf ihrer Wange. Er würde eine Narbe hinterlassen… „So zu tun, als wäre ich es, wäre reine Heuchelei.“
 

Tenten erhob sich und hob das Gewand auf. Der Stoff fiel fließend zu Boden. Er war wie ein Kimono geschnitten, allerdings waren die Ärmel weiter und im Gegensatz zu anderen Kleidern, die sie besaß, ohne jeden Schmuck. Schlichte Eleganz. Gedankenverloren sah Tenten von dem Kleidungsstück, das sie bei der Zeremonie tragen würde, zu Ino. „Es ist eine andere Art Schönheit, die ich anstrebe, Ino. Ich muss ich selbst sein oder das Volk wird mich nie anerkennen …“ Ihre Mundwinkel verzogen sich zu einem leichten Lächeln, das Ino zögerlich erwiderte. „Dann lasst mich Euch helfen.“
 

Ino nahm Tenten das Gewand ab und Tenten ging zu dem Wandbehang, der in ihrem Zelt stand, um sich zu entkleiden. Zuvor hatte sie in einer der unterirdischen Quellen der Rebellen gebadet und ihren Körper mit den zeremoniellen Ölen gereinigt. Als sie schließlich in ihrem Unterkleid hinter der behelfsmäßigen Garderobe hervortrat, hatte Ino ihr Gewand bereits entfaltet. Wortlos trat Tenten auf sie zu und ließ sich von ihrer Dienerin helfen den weißen Kimono anzulegen.
 

Tenten wusste nicht, ob sie bereit für das war, das folgen würde, wenn sie aus ihrem Zelt trat. Vielleicht würde sie auch nie bereit sein. Ino schlang den Obi um ihre Taille und begann damit ihn kompliziert zu verknoten. Auch er war vollkommen weiß. Sie schloss die Augen, atmete langsam ein und aus während Ino geschickt den letzten Knoten festband.
 

„Fertig.“, sagte Ino und zu ihrer Überraschung merkte Tenten,wie Inos Hand zitterte, als sie den letzten Handgriff tat. Sonst war sie bei ihrer Arbeit immer die Ruhe selbst, doch auch sie musste nervös sein. Alle waren es.
 

Unsicher trat Tenten vor den großen Spiegel, den man ihr gebracht hatte. Der weiße Stoff schmiegte sich an ihren Körper und seine Schlichtheit unterstrich ihre Erscheinung, anstatt davon abzulenken. Einzelne Strähnen fielen ihr sanft ins Gesicht. Ihr übriges Haar war mit einem Dutzend Nadeln in ihrem Nacken befestigt. Selbst ihre Haltung war gerader. Dann fiel ihr Blick auf ihr Gesicht. Tiefe Augen, die zu viel gesehen hatten, blickten ihr entgegen. Ein Mund, der erst wieder lernen musste zu lächeln und ein schmaler kaum wahrnehmbarer Schnitt, der dennoch ihre Aufmerksamkeit anzog. Trotz allem war sie schön. Schön genug für die Beerdigung ihres Vaters. „Ich danke dir, Ino.“, flüsterte Tenten. Ino lächelte traurig. „Ich wünschte, ich könnte mit Euch kommen…“
 

Tenten trat auf den Eingang ihres Zeltes zu und stellte fest, dass auch sie unruhig war. „Verzeih mir, aber das ist etwas, das ich allein tun muss.“ Sie holte tief Luft und schlug den Zeltstoff beiseite.
 

Der Anblick, der sich ihr bot war majestätisch. Vor ihrem Zelt hatte sich eine Gasse gebildet, an dessen Seiten Rebellen wie Fürstentreue Seite an Seite standen und mit Fackeln die Dunkelheit erhellten. Wie es Tradition war, würde die Totenwache mit den ersten Sonnenstrahlen beginnen. Hoch erhobenen Hauptes schritt Tenten bedächtig durch die Menschenmenge, die sich im Lager versammelt hatte. Hunderte, Tausende hatten sich zwischen den Zelten versammelt und schienen auf sie gewartet zu haben. Gaara und Mifune, die bis zu ihrer Ankunft vor ihrem Zelt gekniet hatten, schlossen sich ihr in zwei Metern Entfernung an. Beide würden als Repräsentanten der noch vor wenigen Tagen verfeindeten Armeen an ihrer Seite wachen.
 

Während sie vorüber ging, erhaschte Tenten ein paar Blicke auf einzelne Gesichter in der Menge. Kotetsu, der seit dem Tod seines Freundes Izumo verschlossen geworden war, betrachtete nachdenklich das Geschehen. Die kleine Matsuri hielt ihre Fackel umklammert. Karui stand neben Omoi, beide noch immer unter Schock nachdem sie herausgefunden hatten, dass Samui gefallen war. Sasuke Uchiha und Suigetsu wirkten völlig ungerührt. Jeder von ihnen hatte während der Schlacht eine beträchtliche Anzahl Soldaten umgebracht und so war es nicht verwunderlich, dass die Nahestehenden gebührenden Abstand hielten. Auf vielen Gesichtern stand Erwartung. Manchen konnte Tenten ansehen, dass sie die traditionelle Zeremonie für ihren Vater nicht guthießen. Andere, größtenteils treue Anhänger ihres Vaters, hatten Tränen in den Augen, noch bevor sie überhaupt seine Leiche zu Gesicht bekommen hatten. Doch alle sahen sie an, niemand wandte den Blick ab oder zettelte einen Aufruhr an. Die friedliche Beerdigung ihres Vaters unter Teilnahme beider Parteien wäre vor wenigen Tagen noch undenkbar gewesen. Alles hatte sich verändert.
 

Im Hintergrund setzten leise Trommeln ein, die rhythmisch die Prozession begleiteten, der sich nun immer mehr Menschen anschlossen. Tenten richtete ihren Blick auf den See. Am Ufer lagen dutzende Boote, die zur Abfahrt bereit gemacht wurden. Ein paar Stunden zuvor hatte man die Leiche ihres Vaters bereits auf die kleine Insel gebracht, auf der sich der Eingang zum Labyrinth der Rebellen befand. Sie war der einzige dunkle Fleck in der Umgebung. Das Licht der Signalfeuer, die sich auf den Inseln ein paar hundert Meter weiter befanden, erreichte ihre einzige Lücke nicht. Nur die Oberfläche des Sees, die mittlerweile an vielen Stellen eingebrochen war, spiegelte den matten Glanz des Feuers.
 

Je näher sie dem Ufer kam, desto lauter wurden die Trommeln und auch die Morgendämmerung verriet, dass es nicht mehr lange dauern würde, bis die Sonne aufging und damit die fünftägige Totenwache offiziell einläutete. Tenten hob den Blick und erkannte überrascht, dass Hinata mit Lee und Naruto am Ufer wartete. Auch sie war für kurze Zeit im Lazarett gewesen, da sie immer noch bewusstlos gewesen war, nachdem Naruto sie außer Gefecht gesetzt hatte. Da sie jedoch bald aufgewacht war und der Schlag keine bleibenden Schäden hinterlassen hatte, war sie bald wieder entlassen worden. Das erste, das sie laut Ino unternommen hatte, war Naruto zur Rede zu stellen, der daraufhin offenbar ein furchtbar schlechtes Gewissen gehabt, sich allerdings trotzdem nicht für seine Tat bei ihr entschuldigt hatte. In gewisser Weise hatte Naruto das getan, was auch sie in Bezug auf Ino getan hatte.
 

Als Hinata jedoch merkte, dass sie sie beobachtete, lächelte sie mitleidig. Sie war die Erste, die ihrem Blick nicht auswich und die Einzige, die in sie hinein sah. Tenten spürte, dass Hinata die Ereignisse zwar genauso belasteten wie alle anderen auch, aber im Gegensatz zu ihnen hatte sie begriffen, dass sie nicht nur ihren Herrscher verloren hatten, sondern auch Tentens Vater. Vielleicht erinnerte Tentens Leid sie auch an ihr eigenes. Schließlich war ihr Vater Hiashi auch sehr früh gestorben und hatte sie und Neji als Waisen zurückgelassen.
 

Die Trommeln schlugen lauter, als sie das Wasser erreichte. Der Klang dröhnte durch die Stille und ließ ihr Blut pulsieren. Rund um das Ufer waren die Toten aufgereiht. Blasse Gesichter, entstellte Körper, verlorene Hoffnungen. Tenten schwor innerlich, dass jeder einzelne Tote den Frieden wert sein und die Beerdigung erfahren würde, die er verdient hatte.
 

Tenten ging weiter. Vor ihr waren Boote am Ufer vertäut. Eins davon zogen zwei Männer an Land und knieten abwartend vor ihr nieder. Tenten begriff. Langsam schritt sie darauf zu und hob ihr Gewand um besser einsteigen zu können. Wortlos half Mifune ihr ins Boot und ließ sich ebenfalls darin nieder. Gaara folgte seinem Beispiel. Als alle darin saßen, erhoben sich die beiden Männer, bemühten sich das Boot vom Ufer abzustoßen und anschließend selbst einzusteigen, um sie zu der kleinen Insel zu rudern, auf dem der Leichnam ihres Vaters aufgebahrt lag. Ein Seitenblick zurück auf die Menge hinter ihr zeigte ihr, dass nun auch viele der anderen Boote losgemacht und zu Wasser gelassen wurden. Die Trommeln wurden leiser. Sie verschmolzen mit den Geräuschen der Umgebung wie dem leisen Plätschern des Wassers, wenn das Boot durch eine leichte Welle brach und dem Knacken des Eises, das unter dem Gewicht des Bootes nachgab und langsam einen Weg freigab.
 

Gaara reichte ihr eine Laterne, in der er bereits die Kerze entzündet hatte. Mit einem Nicken nahm Tenten das Licht an und stellte es an den Bug des Bootes. Die Insel kam in Sicht und auch der Himmel klarte immer mehr auf. Es würde nicht mehr lange dauern, bis die Sonne aufging. Eine plötzliche Bewegung riss Tenten aus den Gedanken und sie musste sich bemühen das Gleichgewicht zu halten, als die beiden Diener das Boot wieder unter Kontrolle brachten.
 

Ihr Blick glitt über den See. Sie waren kaum zehn Meter vom geheimen Eingang der Rebellen entfernt. Kaum zehn Meter von ihrem Vater. Sie waren so nah, dass sie bereits die regungslose Gestalt Mao-Chéngs auf dem Sockel, der den Eingang verdeckte, liegen sehen konnte. Man hatte ihn auf trockenes in Öl getränktes Holz aufgebahrt, nachdem er gesalbt und für seine letzte Reise gekleidet worden war. In der Hauptstadt hätte er eine andere Beerdigung erhalten, er wäre an einem anderen Ort beigesetzt worden und von anderen Menschen betrauert worden. Aber hier inmitten der Wildnis gab es nicht viele Möglichkeiten und Tenten war sich sicher, dass ihrem Vater die Lösung, die sie gefunden hatte, gefallen hätte.
 

Das Boot stieß an den harten Fels und die Diener vertäuten es. Tenten erhob sich und betrat die Insel. Einen kurzen Moment hielt sie inne, schloss die Augen. Die Trommeln verstummten und es herrschte mit einem Schlag Totenstille. Gaara und Mifune waren indes ebenfalls ausgestiegen. Als Tenten sich zu ihnen umwandte, streifte ihr Blick den See. Überall waren Menschen ihnen in Dutzenden von Booten gefolgt, sodass die Anzahl fast wie eine kleine Armada wirkte. So viele Menschen, die um Freunde, Verwandte und Mitstreiter trauerten. So viele Augenpaare, die sie erwartungsvoll beobachteten.
 

In diesem Moment ging die Sonne auf. Das Licht tastete sich am Horizont entlang, erreichte den Wald, ließ die vereisten Äste der Bäume funkeln und berührte schließlich den See. Schatten fielen auf das Antlitz Mao-Chéngs, als die Sonne ihn in Licht badete. Tenten sah ihren Vater an und trat zögerlich näher. Von der tödlichen Wunde, die ihm Orochimaru zugefügt hatte, war nichts mehr zu sehen. Stattdessen verdeckte ein prachtvolles Gewand seinen Körper. Mao-Chéngs Augen waren geschlossen und seine Hände auf seiner Brust um sein Schwert geschlossen. Um ihn herum brannten Räucherstäbchen, die seine letzte Ruhestätte mit einem aromatischen Duft umgaben. Es war ein Anblick eines Herrschers würdig.
 

Vom Ufer ertönte ein durchdringender, erschütternder Gong, den sie mit dem ganzen Körper spürte und der bis in die tiefsten Tiefen ihrer Seele nachklang. Er war so laut, dass einige Vögel aus den nahegelegenen Wipfeln der Bäume aufflogen. Doch seine Bedeutung war so uralt wie das Land selbst. Tenten sank vor der Leiche ihres Vaters auf die Knie. Die Totenwache hatte begonnen.
 

.

.

.
 

Fünf Tage sprach Tenten kein einziges Wort. Stundenlang kniete sie vor der Leiche ihres Vaters. Tief in sich gekehrt im Gebet, in Erinnerung und in ihrer Trauer. Sie gönnte sich nur wenige Stunden, in denen sie schlief und etwas aß. Kaum, dass sie erwachte, brachte man sie zurück zu der Grabstätte ihres Vaters. Gaara und Mifune, die in gebührenden Abstand hinter ihr knieten, bemerkte sie kaum, denn die Totenwache vermittelte ihr ein Gefühl vollkommender Zeitlosigkeit. Sie war weder Wachen noch Schlafen. Weder Licht noch Dunkelheit. Weder Macht noch Machtlosigkeit.
 

Jeden Tag im Morgengrauen wurde der durchdringende Gong erneut geschlagen und mit jedem Tag nahm auch die Zahl der Schläge zu. Sarutobi-sensei hatte sie einst gelehrt, dass jeder der fünf Tage der Totenwache die Ehrerbietung, den Respekt und die Anerkennung eines der fünf Clans für den verstorbenen Herrscher symbolisierte. Doch auch die Clans hatten sich verändert. Die Hyuga waren bis auf Neji und Hinata ihres Wissens nach völlig ausgelöscht, ebenso die Uchiha, von dessen Tragödie noch heute gesprochen wurde. Die Sabakuno waren durch ihre Sympathien für Hizashi Hyuga und schließlich auch durch die aktive Beteiligung an der Rebellion ins Exil getrieben worden. Einzig die Nara und die Aburame wahrten noch den einstigen Glanz ihrer Geschichte. Hunderte Jahre lang hatten die Clans in ihrer Allianz den Herrscher Konohas unterstützt und beraten. Jeder von ihnen hatte seine eigenen Traditionen, Fähigkeiten und seine Geschichte. Orochimarus Intrige hatte all das auseinander gerissen.
 

Die Stunden flossen dahin. Mit ihnen kamen und gingen Erinnerungen. Erinnerungen an ihre Kindheit, als sie noch das kleine Mädchen gewesen war, das die Welt erkunden wollte und ihr Vater jedes Mal eine Suchaktion starten musste, um sie wieder zu finden – bis sie erneut ausriss. Sie dachte daran wie ihr Vater ihr das Schachspielen beigebracht und zu wichtigen Sitzungen mitgekommen hatte, damit sie die Politik kennen lernte.
 

Einmal hatte sie ihren Vater am Grab ihrer Mutter stehen sehen. Es war der Todestag ihrer Mutter gewesen und das einzige Mal, dass Tenten ihren Vater hatte weinen sehen. Nie verlor ihr Vater ein Wort über sie. Tenten wusste nicht mal, wie ihre Mutter gewesen war. War sie eine elegante Dame, oder eine sture, aufbrausende Frau, die sich von niemandem etwas sagen ließ, gewesen? Bis kurz vor seinem Ende hatte er nicht von Keiko gesprochen. ‚Du siehst genauso aus wie deine Mutter.‘ Hatte er deswegen nicht mit ihr über sie sprechen können? Weil ihr Anblick ihn zu sehr an seinen Schmerz erinnert hatte?
 

Mao-Chéng hatte sie unter Hiruzen Sarutobi studieren lassen und immer selbst die Resultate überprüft. Er war mit ihr unzählige Male in den Palastgarten gegangen und hatte sie in allen Dingen auf ihre spätere Rolle vorbereitet.
 

Die Bilder verblassten langsam. Während der letzten Tage hatte sie in Erinnerung gelächelt und stumm geweint, das Schicksal verflucht und die Götter angefleht die Seele ihres Vaters ihren Frieden finden zu lassen. Jetzt spürte sie die Wärme der ersten Sonnenstrahlen auf ihrer Haut. Langsam öffnete sie die Augen. Es war der fünfte Tag der Totenwache und die Sonne berührte zum fünften Mal Mao-Chéngs Gesicht. Doch der triste Winterhimmel ließ kaum ein Gefühl von Tagesanbruch durchsickern.
 

Das durchdringende Geräusch des ersten Gongschlags riss sie vollends in die Realität zurück. Hinter ihr regten sich Gaara und Mifune. Der Ton war kaum verhallt, als der zweite an den ersten anschloss. Ein Teil von ihr wurde nervös und innerlich zählte sie mit. Drei. Ohne ein Anzeichen, dass sie stundenlang in derselben Position verharrt hatte, erhob sie sich elegant. Vier. Sie spürte die Blicke Gaaras und Mifunes im Rücken. Fünf. Der Gong verhallte.
 

Einen Moment rührte sie sich nicht, dann drehte sie sich um. Gaara und Mifune knieten noch immer. Tenten wandte sich dem See zu. So weit das Auge reichte schaukelten Boote auf dem Wasser. So viele, dass sie sie nicht zählen konnte. Alle hatten mit ihr gewacht. Für ihren gefallenen Herrscher und für die Opfer der Schlacht. Ein Meer von Gesichtern, die sie ansahen.
 

„Erhebt euch.“, befahl sie mit einem Seitenblick auf Mifune und Gaara. Dann richtete sie den Blick wieder auf die Boote. „Gebt mir das Feuer.“ Gaara ging zum Rand der Insel, an dem in diesem Moment ein Boot festmachte. Darin saßen die beiden Männer, die Tenten jeden Tag zur Insel gefahren hatten. „Gib‘ mir die Fackel, Yuura.“, forderte Gaara den Mann auf, der ihm am nächsten war. Der mittelgroße Rebell, dessen dunkles Haar sein rechtes Auge verdeckte, hatte bis zu diesem Moment in seiner Position verharrt, doch jetzt rührte er sich. Tenten hatte Yuura noch kein Wort sprechen hören, daher überraschte es sie welche Ehrerbietung in seiner Stimme lag, als er Gaara antwortete. „Wie Ihr befehlt, Herr.“ Er reichte Gaara eine Fackel aus dem Boot, die dieser sogleich entzündete und an sie weiter reichte. Tenten betrachtete das Feuer, das in der trüben Düsternis wie die Sonne strahlte.
 

Sie nahm die Fackel, kniete sich kurz vor den Sockel, auf dem ihr Vater lag, und trat dann auf seine Leiche zu. Tenten konnte beinahe spüren, wie die Menge die Luft anhielt. „Ein Leben gelebt!“, rief sie, „einen Sinn gefunden. Den Tod ertragen, auf dass die Götter ihm Eintritt in die nächste Welt gewähren! Feuer, das den Weg ihm weist!“ Ihre Stimme hallte weit über das Wasser. „Ihr Götter! Nehmt die Seele dieses Mannes auf und lasst ihr eure Gnade zu teil werden, auf das, dass der Kreis von Neuem beginnt!“

Das Holz fing sofort Feuer, als sie es entzündete. Die knisternde Hitze fraß sich durch die Holzscheite, griff dann langsam auf Mao-Chéng über und hüllte ihn in roten Feuerschein. Tenten wusste nicht, wie lange es dauerte, bis er brannte. Es waren die letzten Augenblicke, da sie in das Gesicht ihres Vaters blickte. Nach der Feuerbestattung würde ein Schrein auf eben jenem Fels errichtet werden, auf dem sie stand. Seine Asche würde an der einzigen Schwachstelle der Signalfeuer aufbewahrt werden. Der geheime Eingang würde verschlossen werden, denn von nun an hatten die Rebellen keinen Grund mehr sich zu verbergen. Mao-Chéngs letzte Ruhestätte würde die Wunde schließen, die Orochimaru dem Land beigebracht hatte.
 

Wortlos ging sie auf das Boot zu. Vorbei an Gaara und Mifune, die sie abwartend musterten. „Herrin“, murmelte Yuura und schlug die Augen nieder. „Sieh mich an“, befahl Tenten. Als Yuura den Blick hob, reichte Tenten ihm die Fackel. „Gib‘ das Feuer weiter, Yuura. Lass die Toten ihren Weg im Licht finden!“ Überwältigt davon, dass sie ihm eine solche Aufgabe übertragen hatte, verbeugte er sich ehrfurchtsvoll vor ihr und setzte sich dann unverzüglich mit seinem Gefährten in Bewegung. Sie ruderten bis zum nächsten Boot und entzündeten auch deren Fackel. Tenten beobachtete das Schauspiel. Nach und nach breitete sich das Licht um sie herum aus. Unzählige Lichtpunkte erleuchteten den See und spiegelten sich auf seiner Oberfläche. Wer das Feuer erhalten hatte, gab es weiter und Tentens Herz ging bei diesem Anblick auf. Für diesen Augenblick existierten der Hass und das Misstrauen zwischen beiden Parteien nicht mehr. Sie waren nicht mehr die Rebellen oder die Samurai Konohas. Sie waren Menschen, die trauerten und den gleichen Schmerz teilten.
 

Schließlich brannte in jedem Boot eine Fackel und das Feuer hatte das Ufer erreicht. Hunderte Meter entfernt beobachtete Tenten, wie nun auch am Ufer die Feuerbestattungen der Gefallen begannen. Flammen um Flammen züngelten empor und hüllten die toten Körper ein. Diejenigen, die nicht in die Boote gepasst hatten, standen um die Feuer herum und betrachteten mit unterschiedlicher Miene die Bestattung der Toten. Manche weinten, andere blickten störrisch durch die Toten hindurch, als könnten sie den Anblick nicht ertragen.
 

„Lasst uns gehen, Tenten-sama.“, murmelte Mifune neben ihr, „Ihr habt Eure Pflicht erfüllt.“ Tenten sah den Samurai überrascht an. Mifune hielt ihrem Blick stand, doch Tenten spürte, wie sehr es ihn verunsicherte, dass sie ihm nicht antwortete. Auch, wenn er recht hatte. Sie hatte ihre Pflicht gegenüber ihrem Vater erfüllt, doch nicht gegenüber ihrem Land. Für einen Moment brachte ihre Angst vor dem, was kommen würde, ihren Plan ins Wanken. Doch dann erinnerte sie sich wieder, was ihr Vater ihr mit seinen letzten Atemzügen gesagt hatte. Sie trat an den Rand der Insel. Ihre Stimme war lauter, als sie erwartet hatte. Schmerz. Trauer. Hoffnung. Angst. Alles war zu gleichen Teilen darin enthalten.
 

„Als mein Vater starb“, begann sie, „hat er bereut.“ Sie holte tief Luft und musste sich zwingen weiter zu reden. „Er bereute, dass er so viele Fehler gemacht hat. Er bereute, dass er Hizashi Hyuga nicht mehr vertraut hat und sich stattdessen von Orochimaru in seiner Trauer um meine Mutter blenden ließ. Er bezeichnete Hizashi Hyuga noch immer als seinen besten Freund.“ Tenten hielt inne und musste bei ihren Worten an Neji denken, der bei diesen Worten des Fürsten so… traurig ausgesehen hatte.
 

„Mein Vater hat für Konoha gelebt… auch, wenn viele seiner Taten falsch gewesen sind.“ Wispern hob an und ließ Tenten inne halten. Sie konnte verstehen, dass sie ihr nicht glaubten. Für viele musste es so ausgesehen haben, als hätte Mao-Chéng nur für seine eigene Gerechtigkeit gelebt und für die Belange seines Volkes kein offenes Ohr gehabt. Doch er war nicht der kalte Herrscher gewesen, für den ihn alle gehalten hatten. Orochimaru hatte aus seinem Leben eine Tragödie gemacht. Von da an hatten Schmerz und Traurigkeit seine Entscheidungen vernebelt.
 

„Er wollte Frieden und hat stattdessen Krieg erreicht.“ Sie konnte es nicht verhindern, dass ihre Stimme bei diesen Worten bebte. „Und dennoch…“ Tenten sah in die Gesichter der Menschen auf dem Wasser, die ihr zuhörten. Sie wollte gerade fortfahren, als sie Neji entdeckte. Er saß zusammen mit Kakashi in einem Boot und sah sie unverwandt an. Zwar trug er seinen Arm in einer Schlinge und auch seine anderen Verletzungen mussten ihn beeinträchtigen, doch er war da. Er gab ihr die Kraft zurück.
 

„Mit seinen letzten Worten wünschte er sich eine Zukunft, in der Frieden herrscht.“ Sie hielt inne, zögerte einen Moment und sprach dann doch die Worte aus, die die letzten des Herrschers sein sollten. Tenten holte tief Luft. „Er sagte, dass er diese Aufgabe mir überlässt.“
 

Es wurde totenstill.
 

Gaara und Mifune starrten sie an und hatten doch keine Ahnung, wie sie reagieren sollten. Tenten wusste, dass sie sie auf dem kalten Fuß erwischte, denn sie hatte mit niemanden über ihr Vorhaben gesprochen.

„Ich bin seine einzige Tochter; in mir fließt das Blut deren Familie dieses Land gegründet hat. Mao-Chéng hat keine unehelichen Kinder gezeugt… er hat meine Mutter selbst nach ihrem Tod geliebt.“ Einen Augenblick schwieg Tenten, denn es war diese unendliche Liebe gewesen, die ihrem Vater dazu gebracht hatte für die Wahrheit blind zu sein. „Er gab mir den Siegelring des Herrschers als Zeichen seines Erbes.“ Tenten hob die Hand. Der weite Ärmel ihres Gewandes rutschte herunter, sodass der Ring an ihrem Finger im Feuerschein aufblitzte.
 

Diejenigen, die am nächsten waren, schnappten nach Luft, als sie das Schmuckstück funkeln sahen. „Mein ganzes Leben wurde ich darauf vorbereitet das Erbe meines Vaters anzutreten.“ Sie schloss sekundenlang die Augen. „Dabei wollte ich niemals Herrscherin werden.“ Mifune starrte sie an, als könne er seinen Ohren nicht trauen. Und er war nicht der einzige. Neji, dem sie nie von diesen Gedanken erzählt hatte, sah sie überrascht an. Kakashi neben ihm verzog keine Miene.
 

„Aber mein Leben gehört nicht nur mir allein.“, fuhr Tenten fort, „Ich bin geboren worden, um diesem Land zu dienen und ich wünsche mir nichts sehnlicher als Frieden. Konoha wird diesen Krieg niemals vergessen und auch nicht das Leid, das er uns allen gebracht hat. Aber einen neuen Anfang kann es nur dann geben, wenn wir lernen zu verzeihen.“ Tenten machte eine Pause und sah vielen in die Augen. Ihr fiel auf, dass viele den gleichen sehnsuchtsvollen Blick hatten wie in dem Moment, als sie es geschafft hatte zwischen den Armeen zu verhandeln.
 

Tenten holte tief Luft und wappnete sich innerlich um stark genug für die nächsten Worte zu sein. „Mit dem Tod meines Vaters ist die Zeit des leeren Throns angebrochen. Ein Jahr, in dem sich der Nachfolger das Vertrauen und den Respekt des Volkes verdienen musste.“ Etliche wirkten verwirrt, hatten sie doch nie genug über Konohas Geschichte gelernt, als dass sie die alten Traditionen kannten. Gaara und Mifune hatten sich mittlerweile von ihrer Überraschung erholt und warteten ab. Beide mussten genug wissen, um zu ahnen was folgen würde.
 

„Viele Jahre reichte es aus vom gleichen Blut zu sein, doch diese Zeiten sind vorbei. Ich erhebe Anspruch auf den Thron und ich stelle mich den fünf Prüfungen der Clans!“
 

Der Tumult, der nun ausbrach, erschütterte die Stille. Einige wirkten erstarrt, andere begannen wild mit ihren Freunden zu diskutieren. Vereinzelt hörte sie Empörung heraus, dass die Tochter des Mannes, der sie jahrelang unterdrückt hatte, nun sein Erbe antreten wollte. Wieder andere waren ihr in Treue so ergeben, dass sie in Tränen ausbrachen. Tenten wusste, dass es die größte und radikalste Veränderung sein würde, die das Land je gesehen hatte. Niemals zuvor hatte eine Frau Konoha regiert und die Angst, dass sich nichts verändern würde, war vielen noch immer ins Gesicht geschrieben. Aber Tenten hatte immer gewusst, dass dies ihr Schicksal war. Sie hob die Hand und die Menge verstummte.
 

„Vielleicht bin ich nicht die, die ihr erwartet habt. Ich bin jung und unerfahren. Ich muss erst lernen die richtigen Entscheidungen zu treffen. Allein werde ich nichts erreichen, doch gemeinsam können wir eine Zukunft schaffen, in der die Menschen einander verstehen und in der endlich Frieden herrscht.“ Tenten blickte über das Wasser hinweg zu den Feuer, die hell brannten und den Körper der Toten ganz langsam zu Asche werden ließ. „Ich kann euch nicht das Paradies auf Erden geben!“, rief sie, „ich kann euch nicht die Sünden der Vergangenheit vergessen machen, aber ich werde mit all meiner Kraft dafür kämpfen, dass ihr ein besseres Leben haben werdet!“
 

Es war als würde der Moment in der Luft hängen. Tausend Blicke waren auf sie gerichtet. Unglauben darin. Unsicherheit, die sich langsam zu Hoffnung wandelte. Verbitterte Gesichter, die das Lächeln neu lernten. Seelen, die bei ihren Worten gesundeten, und Menschen, die nach Jahren der Dunkelheit wieder Licht sahen.

Zuerst rührte sich niemand, dann sanken Mifune und Gaara gleichzeitig vor ihr auf die Knie. „Meine Treue gehört Euch, bis Ihr dieses Ziel erreicht habt, Tenten, Tochter Mao-Chéngs.“, schwor Gaara. „Ihr seid die Hoffnung“, sagte Mifune, „ich werde Euch dienen, bis der Tod mich nimmt.“
 

Jubel brach aus. Die Angst war von den Gesichtern der Menschen verschwunden. Sie riefen ihren Namen. Immer und immer wieder, bis er wie das Donnern aus einem einzigen Munde klang. Überall schworen ihr die Menschen die Treue. Sie schwenkten die Fackeln und verbeugten sich so tief vor ihr, wie es in den Booten möglich war.
 

Tenten lächelte und spürte, wie das Feuer hinter ihr sie wärmte und in einer letzten behaglichen Umarmung umschloss. Sie drehte sich nicht um. Noch einmal würde sie nicht zurück blicken. Ihr Vater war gestorben und sie hatte seinen Tod genug betrauert. Sie wusste nicht, was die Zukunft bringen würde, aber sie hatte den Anfang gemacht.
 

Es ist getan, dachte sie. Leb wohl, Vater.
 

~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~
 

Der Schatten verschluckte ihn vollständig, während er den See beobachtete. Die Prinzessin hatte sich aus ihrer Starre erhoben und obwohl er sehen konnte, dass Trauer und Angst sie innerlich zerrissen, fand sie die Worte die Herzen der Menschen zu berühren. Der Leib des Fürsten und die aller Gefallenen wurden in Brand gesteckt. Der See leuchtete von dem Licht, das sich auf der Wasseroberfläche spiegelte.
 

Er verfolgte das Geschehen und fühlte nichts.
 

„Ich wusste, dass du kommen würdest.“, riss ihn plötzlich eine Stimme hinter ihm aus den Gedanken. Er sah sich nicht einmal um. „Du solltest nicht hier, Deidara.“ „Sei kein Spielverderber! Ich habe dich seit einer Ewigkeit nicht mehr gesehen. Außerdem wird meine kleine Scharade so schnell nicht auffliegen.“ „Orochimaru war sich da ähnlich sicher“, sagte er ausdruckslos. Deidara trat neben ihn. „Wir wissen doch beide, dass Orochimaru ein Schwächling war.“
 

Zum ersten Mal trat eine Regung auf das Gesicht des Fremden. Doch das kalte Lächeln erreichte seine Augen nicht. Wieder blickte er zum See und beobachtete den Jubel, der ausgebrochen war. Deidara folgte seinem Blick und runzelte die Stirn. „Was hältst du von ihr?“, fragte Deidara. Als der andere Mann den Kopf umwandte, fielen ihm die schwarzen Haare in die Augen. „Was ich von … ihr halte?“
 

Nachdenklich betrachtete er die junge Frau in dem weißen Gewand, die in diesem Moment in einem Boot zum Ufer zurück gebracht wurde. Vor ihr ruderten die anderen ihre Boote zur Seite, damit sie passieren konnte. Plötzlich drehte sie ruckartig den Kopf. Und der Fremde sah, wie Neji Hyuga ebenfalls ihre Augen suchte.
 

„Sie ist so stark wie sie zerbrechlich ist.“
 

Deidara sah ihn zweifelnd an und der Fremde wusste, dass er den Sinn seiner Worte nicht begriffen hatte. Die Frage war dem Blonden ins Gesicht geschrieben, aber dann zuckte er mit den Schultern. Sein Verbündeter hatte schon immer mehr Wert auf klare Aussagen gelegt.
 

„Deine Anwesenheit bedeutet, dass es begonnen hat?“, hakte Deidara dann nach und weckte damit seine Aufmerksamkeit. Er nickte. „Er hat mich geschickt, um euch den Befehl zu überbringen. Sobald ihr bereit seid wird, werden wir angreifen.“ Seine Finger fanden den Griff seines Schwertes. Othrim. Orions dunkler Zwilling, der eine Verhöhnung der Götter selbst war.
 

„Wenn wir bereit sind?“ Deidara griff in unter seine Kleidung und zog einen kleinen Beutel hervor. Den Inhalt schüttete er sich auf die Hand und hielt sie dem Fremden hin. Deidara grinste, als er dessen überraschte Miene sah. „Wie lange brauchst du?“ Der Blonde betrachtete liebevoll das schwarze Pulver, das in diesem Moment der Wind erfasste. Dann sah er den Fremden an.
 

„Du wirst wissen, wann es Zeit ist, Itachi.“
 

Itachi Uchiha drehte sich um und ließ den See hinter sich. „Du weißt, was passiert, wenn du versagst, Deidara…“ „Nur ihre Worte sind gefährlich“, erwiderte Deidara, „wenn sie den Frieden will, muss sie zuerst den Krieg gewinnen.“
 

~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~
 

Eine Woche verstrich, bis alle Toten verbrannt und beerdigt waren. In dieser Zeit konnten einige Verletzte gerettet werden und bei anderen versagten die Heiler. Wie es sich herausstellte, war Sasori Akasuna brillant. Er rettete viele Leben und war seitdem für seine Taten bei beiden Armeen gleichermaßen beliebt. Gaara teilte ihr im Vertrauen mit, dass er jemand war, ohne den die Rebellen niemals überlebt hätten und sie auch in Zukunft auf ihn angewiesen waren.
 

Temari gesundete aufgrund Narutos schnellen Eingreifens und der anschließenden Pflege Sasori Akasunas erstaunlich schnell. Als Tenten sie nach der Totenwache das zweite Mal besuchte, war sie bereits ansprechbar, konnte aufrecht sitzen und hatte langsam wieder Appetit. Tenten musste ihr förmlich verbieten aufzustehen und zu helfen, da Temari nicht einsah sich noch länger zu schonen.
 

Neji hingegen, dessen gröbste Wunden langsam heilten, musste sich daran gewöhnen seine andere Hand zu benutzen, was ihm ab und an noch recht schwer fiel. Sasuke Uchiha hatte für diese Bemühungen nicht mal ein müdes Lächeln übrig und Tenten spürte, dass er diese Situation in vollen Zügen auskostete. Naruto und Lee waren relativ unverletzt aus der Schlacht hervor gegangen. Gaara hatte ihr berichtet, dass die beiden Sakon von den Hayai zur Strecke gebracht hatten, ehe Kimimaro ihnen entkommen war. Den Rebellenanführer selbst hatte es viel schlimmer getroffen. Das fehlende Auge machte ihm zu schaffen, störte seinen Gleichgewichtssinn und sein räumliches Sehen.
 

Der Preis für den Sieg über Orochimaru war hoch, aber es war immer noch besser als in seiner Zukunft zu leben. Orochimarus Leichnam war wie der seiner Gefolgsleute mit Steinen beschwert im See versenkt worden. Für ihn, der das Land beinahe in den Untergang geführt hatte, gab es keine ehrenvolle Bestattung. Ironischer Weise setzte sich unter den jungen Kriegern hartnäckig das Gerücht durch, dass sein Geist nicht eher ruhen würde, bis er all jene zu sich in die Fluten gezogen hatte, die seinen Tod verschuldet oder seinen Plänen im Weg gestanden hatten. Tenten, Gaara, Mifune und Kakashi versuchten auf unterschiedlichste Weise dieses Gerücht zu entkräften, aber der Aberglaube der Leute, oder besser ihre Angst, war so groß, dass es sich hartnäckig hielt.
 

Viel Zeit darüber nachzudenken blieb allerdings nicht, da alle damit beschäftigt waren das Lager abzureißen. Tenten hatte bereits Boten in die Hauptstadt geschickt, um die Ereignisse möglichst schnell zu verbreiten. Auch zu den Clans waren Nachrichten unterwegs, um die Neuigkeiten zu verkünden und sie zu unterrichten, dass Tenten sich den Prüfungen der Clans stellen würde. Jahrzehntelang hatte sie sich kein Thronanwärter diesen Prüfungen gestellt und wenn Tenten ehrlich war, hatte sie Angst zu versagen und den Clans einen Grund zu liefern ihr den Anspruch auf den Thron zu verweigern. Sollte sie sie aber bestehen, so wusste sie, würde sie sich für immer ihren Respekt und ihre Treue gesichert haben. Etwas, das sie dringend nötig hatte, wenn sie das Land davon überzeugen wollte, dass auch eine Frau sie regieren konnte.
 

Um endlich ihre düsteren Gedanken loszuwerden, rieb Tenten sich einmal die Augen und blinzelte. Nicht weit von ihr beaufsichtigte Kakashi den Abbau eines großen Zeltes. Seit dem Morgen war schon fast das ganze Lagers abgebaut und die Zelte, sowie andere Habseligkeiten verstaut worden. Pferde, die während der Schlacht ausgerissen waren, wurden wieder eingefangen. Viele gab es allerdings nicht. Durch den hastigen Aufbruch aus der Hauptstadt, hatten die Samurai ihres Vaters keine große Anzahl auftreiben können. Ein paar hatte die Kälte dahingerafft und andere waren in der Schlacht verendet. Sie würden wohl oder übel laufen müssen.
 

„Verzeihung, Tenten-sama“, sagte plötzlich neben ihr. Tenten fuhr herum und sah einen Mann vor sich knien, der den Blick gesenkt hatte, es aber trotzdem schaffte ihr das Gefühl zu geben, dass er sich ihr nicht unterwarf, wie es viele andere taten. Sie war positiv überrascht und betrachtete ihn genauer. Er hatte bemerkenswert dunkle Haut, die sich deswegen umso stärker von seinem hellen Haar abgrenzte, und trug sein Schwert auf dem Rücken, sodass er jederzeit dessen Griff über seiner Schulter greifen konnte. „Sprich und nenn mir deinen Namen“, sagte Tenten. Der Samurai hob den Blick. „Mein Name ist Darui, ich habe unter Eurem Vater gedient. Meister Kakashi lässt durch mich ausrichten, dass wir in zwei Stunden aufbrechen können, wenn Ihr dies wünscht.“ Tenten nickte ihm zu. „Sag ihm, dass ich einverstanden bin und verbreite die Nachricht. Ich danke dir, Darui.“ Darui stand auf und verbeugte sich ein letztes Mal vor ihr, um den Befehl auszuführen, ehe er hoch erhobenen Hauptes zwischen den Zelten verschwand.
 

Tenten schlang ihren gefütterten Mantel enger um sich und suchte in der Menge nach bekannten Gesichtern. Seitdem die Totenwache zu Ende gegangen war, behandelten sie die Menschen mit ehrfurchtsvollem Respekt und Bewunderung, aber sie blieben distanziert, als wäre sie zu einer Unberührbaren geworden. Sie wusste, dass sie das nicht stören sollte, trotzdem wünschte sie sich Lees Fröhlichkeit und Narutos dumme Sprüche zurück. Sie vermisste Hinata, die ihr stets das Gefühl gab, dass es etwas Gutes in der Welt gab. Ino hatte beinahe genauso viel zu tun wie sie, da sie tatkräftig das Verstauen von Tentens Habseligkeiten beaufsichtigte.
 

Und sie vermisste Neji. Sie hatte ihn zwar schon gesehen, aber noch keine Gelegenheit gehabt mit ihm zu sprechen. Tenten hoffte aufrichtig, dass sich das ändern würde, wenn sie alle wieder zurück in Konoha-Gakure waren und sie damit beginnen konnte, ihre Ziele zu verwirklichen. Tatsache war jedoch, dass Lee seine Aufmerksamkeit den Sabakuno-Geschwistern und vielen anderen Rebellen schenkte und sie über ihr Leben ausfragte, während er nebenbei für drei schuftete. Wo Naruto steckte, wusste niemand und Hinata war meist im Lazarett um die Kranken pflegen zu helfen. Tenten seufzte.
 

„So trübe Gedanken?“, fragte jemand hinter ihr und Tenten drehte sich zu ihrem schmunzelnden Lehrmeister um. „Ach es ist nichts“, winkte Tenten ab, „es ist nur, dass ich kaum mit jemanden reden kann, der sich nicht gleich vor mir niederwirft.“ „Daran werdet Ihr Euch gewöhnen müssen“, erwiderte Hiruzen Sarutobi, „Ihr seid bereits die inoffizielle Herrscherin.“ „Nicht bevor die Zeit des leeren Throns vorüber ist und ich die Prüfungen der Clans bestanden habe.“, sagte Tenten. „Ah“, machte Sarutobi, „die Ungeduld der Jugend. Glaubt mir, wenn ich Euch sage, dass die Zeit noch schnell genug vergehen wird.“

Tenten betrachtete das Treiben um sich und seufzte. „Ich wünschte, sie würde jetzt schon so schnell vergehen.“ Sarutobi runzelte die Stirn. „Wollt Ihr so schnell nach Hause zurückkehren, Tenten-sama?“ Tenten warf ihm einen düsteren Blick für die nun noch ehrfürchtigere Anrede zu, antwortete aber dann: „Es ist nicht so, dass ich Heimweh hätte. Ich bin mir lediglich im Klaren, dass die Männer nicht den ganzen Winter im Freien nächtigen können. Irgendwann sind die Vorräte aufgebraucht und ich kann nicht von Gaara verlangen, dass er die Armee den Winter über bei sich aufnimmt, die versucht hat ihn und alle seine Gefolgsleute umzubringen.“ „Das ist sehr vorausschauend“, warf Sarutobi ein.
 

„Ich wünschte es wäre anders“, erklärte Tenten, „ich hätte gerne mehr Zeit die Leute kennen zu lernen, Geschichten vom Sabakuno-Clan zu hören und die Gegend zu erkunden.“ „Kommen nicht ein paar der Rebellen mit uns nach Konoha-Gakure?“ Tenten nickte bestätigend. „Ihr habt recht, Sensei, aber es ist nicht dasselbe, als wenn ich bliebe oder Gaara mit mir käme. Der Frieden ist sehr dünn. Meine oder Gaaras Abwesenheit könnte ihn ins Wanken bringen.“ Beide schwiegen eine Weile. Schließlich ergriff Hiruzen Sarutobi noch einmal das Wort und lächelte. „Ihr solltet mehr Vertrauen in Euch selbst haben, Tenten-sama. Der Frieden mag auf den ersten Blick brüchig sein, aber der Glaube an ihn, den ihr den Menschen gegeben habt, ist es nicht.“
 


 

.

.

.
 

Wie Darui vorausgesagt hatte, waren sie nach zwei Stunden abmarschbereit. Gaara, Temari, die von ihrem Bruder Kankuro gestützt wurde, und viele andere waren gekommen um sie zu verabschieden. An Tentens Seite standen Kakashi und Sarutobi. Ein paar hundert Meter entfernt hatten sich die Samurai Konohas versammelt. Alle trugen Gepäck und warteten ungeduldig unter Mifunes Aufsicht auf den Aufbruch. Einige scherzten herum, manche überprüften Vorräte und Waffen, andere kümmerten sich um die wenigen Pferde, auf denen Verletzte reiten würden, die nicht laufen konnten. Alle würden jedoch nicht mitkommen. Diejenigen, deren Verletzungen noch heilen mussten, würden zurück bleiben und von den Rebellen gesund gepflegt werden. Schon vor ein paar Stunden hatte sie befohlen Kundschafter auszuschicken um den Weg durch den verschneiten Wald zu finden. Mittlerweile waren sie zurückgekehrt und warteten auf den Befehl das Heer durch die Eiswüste nach Hause zu führen.
 

Es lag eine ausgelassene Stimmung in der Luft. Die Erleichterung, dass es keine Kämpfe mehr mit den Rebellen geben würde, hatte ihnen allen eine riesige Last von den Schultern genommen. Tenten konnte Lee ausmachen, der Naruto etwas zu rief, worauf der eine beleidigte Miene zog und Lee mit Nichtbeachtung strafte. Offensichtlich hatte Naruto darauf bestanden, dass Hinata ein Pferd bekam und auf dem Rückweg nicht laufen musste. Er kümmerte sich so ergeben um sie, dass sogar Tenten verstehen konnte, dass Lee ihn deswegen aufzog.
 

Hinatas Wangen waren gerötet und sie vermied es krampfhaft Naruto direkt anzusehen. Tenten musste lächeln. Naruto hatte keine Ahnung, was er da angerichtet hatte, hatte er doch immer noch entsetzliche Schuldgefühle, dass er sie niedergeschlagen hatte. Zu seinem Glück hatte Neji, der sich gerade mit Kakashi unterhielt, nichts davon mitbekommen.
 

Es war Gaara, der das Wort ergriff und die Gespräche verstummen ließ. Er richtete den Blick seines verbliebenen Auges direkt auf sie. Die Augenhöhle, wo einmal sein Auge gewesen war, das er durch Kimimaro eingebüßt hatte, war durch eine lederne Augenklappe verdeckt. Laut Kakashi hatte der Augapfel entfernt werden müssen, damit sich die Wunde nicht entzündete. Dennoch war der Blick aus seinem verbliebenen türkisblauen Auge unglaublich intensiv. Die Macht und die natürliche Autorität, die ihm inne wohnte, waren noch immer fast körperlich zu spüren.
 

„Ihr seid zu uns gekommen als eine Fremde, die viele von uns wegen ihrer Herkunft gehasst haben, Tenten-sama“, sprach er, „Ihr verlasst uns als eine Freundin, der wir die Treue halten werden.“ „Ich danke Euch für Eure Gastfreundschaft und die Chance endlich Frieden zu schaffen“, erwiderte Tenten, „gemeinsam können wir viel erreichen, Gaara-san.“ „Ich stimme Euch zu“, gab Gaara ihr recht. „Ich werde Euch jede Woche einen Boten schicken.“ „So wie ich“, antwortete Tenten.
 

„Nur nicht so formell, Bruder!“, rief da Temari, die mit Kankuros Hilfe auf sie zukam und sie anlächelte. „Wir werden dich vermissen, Waffenschwester“, sagte Temari, grinste und schloss Tenten zu ihrer Überraschung in eine freundschaftliche Umarmung. Ein Schnauben erklang nicht weit entfernt und Tenten sah gerade noch, wie Sasuke Uchiha zwischen den Bäumen verschwand. „Oder auch nicht“, stellte Temari trocken fest und verdrehte genervt die Augen. „Das ist nur seine Art Lebewohl zu sagen“, warf Kakashi ein und erntete verhaltenes Gelächter, dem sich auch Tenten nicht entziehen konnte. Kakashi hatte recht, Sasuke war nie ein Typ für rührselige Abschiede gewesen und ohnehin würde sie ihn schneller wieder sehen, als ihr lieb war, wenn er ihr die Prüfung der Uchiha stellte. „Wir sollten jetzt gehen“, erinnerte Sarutobi sanft, „wir werden eine gewisse Zeit nach Konoha-Gakure brauchen.“ Widerstrebend musste Tenten sich eingestehen, dass er recht hatte. Der Großteil der Armee hatte sich ohnehin schon in Bewegung gesetzt und auch die Abordnung der Rebellen hatte sich bis auf die Sabakuno mittlerweile schon aufgelöst.
 

Gaara sah Tenten an, zögerte und streckte dann seine Hand aus. Überrascht sah sie auf, doch der Anführer der Rebellen machte keine Anstalten die Geste zurückzunehmen. Tenten ergriff seine Hand, die Gaara kurz drückte und dann wieder frei gab. „Lebt wohl, Tenten-sama. Unsere Wege werden sich erneut kreuzen.“, verabschiedete er sich höflich, drehte sich um und machte sich gemeinsam mit seinen Geschwistern auf den Weg zurück.
 

„Wir sollten gehen“, erinnerte ihr Lehrmeister, „Mifune ist schon zur Spitze der Armee geritten.“ „Dann sollten wir keine Zeit vergeuden“, erwiderte Tenten und hatte kaum ein paar Schritte getan, als sie merkte, dass Neji sich im Gegensatz zu ihr, Kakashi und Sarutobi nicht vom Fleck gerührt hatte. Sie hielt inne.
 

Verwirrt sah Tenten Neji an. „Was ist los?“, fragte sie, „wir müssen aufbrechen, wenn wir bis zur Abenddämmerung in der nächsten Stadt sein wollen. Wir müssen Schlafmöglichkeiten, ein warmes Abendessen-“ „Tenten“, unterbrach er sie sanft, „ich komme nicht mit zurück.“ Es war als hätte er ihr den Boden unter den Füßen weggerissen. Tenten starrte ihn an, doch Neji wich ihrem Blick aus. Er wirkte fast so, als hätte er ein schlechtes Gewissen. Kakashi und Sarutobi wechselten einen Blick. „Wir warten auf Euch, Tenten-sama“, sagte Kakashi und stapfte gemeinsam mit Sarutobi zu Mifune.
 

Einen Moment lang herrschte verlegenes Schweigen zwischen ihnen. „Es tut mir leid, Tenten“, erklärte Neji schließlich, „ich hätte es dir früher sagen sollen.“ „Aber… warum?“, brachte sie heraus, „ich… ich habe gedacht…“ „Ich weiß“, sagte Neji sanft, „die Entscheidung ist mir nicht leicht gefallen, glaub mir.“ Er ließ den Blick über die Landschaft schweifen, ehe er seine Aufmerksamkeit wieder ihr widmete. „Die Rebellen haben eine seltsame Art einen für sich einzunehmen. Am Anfang habe ich alles an diesem Ort gehasst und mehr noch habe ich die Wahrheit über meinen Vater nicht glauben können.“ Sie schwieg und wartete, dass er fortfuhr. Nervös trat er einen Schritt auf sie zu. „Ich hatte unrecht, Tenten“, sagte er dann, „man kann nicht alles vergessen. Ob es etwas Schlechtes oder…“ Neji zögerte und sah sie mit einem undefinierbaren Blick an. „Oder das ist, das uns am glücklichsten macht. Egal, ob wir es wahr haben wollen oder nicht.“ Tenten spürte ihr Herz schneller schlagen, als sie die Bedeutung seiner Worte verstand. Er hatte gesagt, sie solle vergessen, was zwischen ihnen gestanden hatte und jetzt… Bedeutete das, dass ihre Gegenwart ihn glücklich machte?
 

Unterdessen betrachtete Neji nachdenklich, wie die Rebellen am Waldrand entlang gingen. „Mein ganzes Leben habe ich nach Antworten gesucht. Ich wollte wissen, was mit meiner Familie passiert war und warum mein Onkel nie über sie sprach.“ Im kurzen Moment des Innehaltens suchte Tenten seine Augen, doch Nejis Blick verlor sich in der Ferne. Sie verstand, was er fühlte. Immer hatte sie die Mutter vermisst, die sie nie gehabt hatte. Andere Kinder hatte sie um deren vollständige Familie beneidet. Noch immer wusste sie nicht, was passiert war und warum. Denn weder Hizashi Hyuga, noch Orochimaru hatten ihre Mutter getötet. Doch trotz der Ungewissheit war ihr Schmerz der gleiche geblieben.
 

Neji musste es ähnlich ergangen sein. Er war fast ohne seine Eltern aufgewachsen und hatte früh gelernt sein Herz vor allen zu verschließen, deren Verlust ihn verletzen könnte. „Ich war wie vor den Kopf gestoßen, als man mir vom Schicksal meines Vaters erzählte“, fuhr Neji fort, „aber irgendwie konnte ich ihn auch verstehen. Er hatte Orochimarus Absichten erkannt und sein Leben gegeben, um ihn aufzuhalten.“ Er schwieg und Tenten konnte nur raten, was er dachte.
 

„Ich habe in jener Nacht damit gerechnet zu sterben, Tenten“, sagte er dann, „so wie er.“ Sie spürte wie sich ihr Herzschlag beschleunigte. „Aber du bist nicht gestorben“, flüsterte sie. „Nein“, antwortete Neji und die Andeutung eines Lächelns huschte über sein Gesicht. „Du hast mich gerettet. In jeder Hinsicht.“ Tenten sah verlegen zur Seite, da sein Blick so intensiv war, dass sie fürchtete, er könnte ihre Gedanken lesen. Trotzdem war das, was er gesagt hatte, nur ein Teil der Wahrheit. Neji hatte sie ebenso gerettet wie sie ihn. Allein wären sie beide tot, doch zusammen hatten sie das Unmögliche wahr gemacht. Sie hatten sich gegenseitig gerettet…
 

„Ist es nicht seltsam“, fragte er dann, „wie eine einzige Begegnung alles verändern kann?“ Tenten spürte, wie sie zu zittern begann, als sie begriff, dass er an ihre erste Begegnung als Kinder zurückdachte. „Ich glaube nicht, dass das ein Zufall war“, erklärte sie dann, „alles geschieht aus einem Grund. Vielleicht sollten wir die Chance erhalten, das richtig zu machen, woran unsere Väter gescheitert sind.“ „Du glaubst an das Schicksal?“, hakte Neji nach. Eine Weile dachte sie über die Frage nach. „Ja und nein“, antwortete sie schließlich. „Ich glaube, dass die Existenz jedes Einzelnen einen Sinn hat, aber ich glaube auch daran, dass wir etwas ändern können, wenn wir mit unserer ganzen Kraft dafür kämpfen.“
 

Zuerst wirkte Neji verwirrt, dann veränderten sich seine Gesichtszüge, bis er schließlich leise lachte. Tenten sah ihn verwirrt an. „Was ist?“ Er drehte ihr den Kopf zu, antwortete aber nicht. „Was ist?!“, rief Tenten erbost, „lachst du mich etwa aus?“ Neji hörte auf zu lachen und fast bereute Tenten ihn unterbrochen zu haben, als ihr aufging, dass sie ihn nie wirklich hatte lachen hören. Es klang so… befreit. Als ob er endlich seiner Gefangenschaft entkommen wäre. „Verzeih mir“, sagte er dann, „es ist nur, dass ich gewusst habe, dass du so etwas sagen würdest.“
 

Dann wurde er wieder ernst. „Tenten, dein Platz ist bei deinem Volk. Dieses Land hat nie jemand wie dich so dringend gebraucht wie jetzt.“ „Und du?“ „Ich muss das zu Ende bringen, was mein Vater begonnen hat. Die Rebellen brauchen mich. Und ich bin auch nicht allein.“ Er unterbrach sich und Tenten runzelte misstrauisch die Stirn, bis ihr eine Erkenntnis kam. „Lee bleibt auch hier, oder?“ Ertappt sah Neji auf, seufzte dann und nickte schließlich.
 

Und da wurde ihr bewusst, dass Neji wirklich bleiben würde. Sie verstand, dass er es tat um ihr auf die bestmögliche Weise zu helfen und auch aus Verantwortung heraus, aber ihr Herz zog sich krampfhaft bei der Vorstellung zusammen ihn nicht in der Nähe zu wissen. Jetzt wo sie ihn endlich wieder gefunden hatte. Das, was sie geschafft hatte, hätte sie ohne ihn nicht tun können und ohne sie hätte er nicht Orochimaru töten können. Kalt spürte Tenten Yin über ihrem Herzen. Sie waren zwei Seiten einer Medaille. Zwei, die zusammen ein Ganzes ergaben und schon jetzt spürte Tenten, wie die Sehnsucht nach ihm von ihr Besitz ergriff.
 

Ohne sich darum zu kümmern, ob es jemand sah, trat sie auf ihn zu und warf sich ihm in die Arme. Neji, den sie damit überrumpelt hatte, stolperte zwei Schritt zurück, fing sich und legte vorsichtig seinen unverletzten Arm um sie. Tenten vergrub das Gesicht an seiner Halsbeuge und sog seinen Geruch ein. Sie spürte, wie ihr Herz raste, als die Wärme seines Körpers sie ganz umschloss, und dachte an alles, was sie mit ihm verband. So viel hatten sie zusammen erlebt und keinem anderen Menschen vertraute sie so sehr wie ihm. Tenten spürte Nejis warmen Atem auf ihrem Haar. So standen sie umschlungen im Schnee und für diesen Augenblick hörte die Welt um sie herum auf zu existieren.
 

„Ich komme zu dir zurück“, flüsterte Neji, „egal wie lange es dauert. Ich werde dich finden. Immer.“ Er drückte sie ein letztes Mal an sich, bevor er sanft ihre Arme löste. „Ich werde an dich denken“, erwiderte Tenten, „jeden Tag. Jede einzelne Sekunde werde ich dich vermissen. Ich werde auf dich warten, Neji. Immer.“ Nejis Mundwinkel verzogen sich zu einem Lächeln und er sah sie mit den Augen der Hyuga an, deren helle Iris wie von Sternenlicht leuchtete.
 

Ein lauter Ruf hallte durch den Wald. Unruhe schien sich breit gemacht zu haben. Noch einen Augenblick länger hielt Neji ihren Blick gefangen. Dann trat er einen Schritt zurück und löste sich sanft von ihr, bis sich nur noch ihre Fingerspitzen berührten. „Du solltest jetzt gehen“, sagte Neji und dann war auch der letzte Kontakt vorüber. Er warf ihr einen letzten Blick zu, drehte sich langsam um und sagte: „Wir werden uns wieder sehen, Tenten, Tochter Mao-Chéngs.“ Sie spürte, dass er bei diesen Worten lächelte. Wärme füllte sie aus, als sie sein Lächeln erwiderte.
 

„Auf Wiedersehen, Neji Hyuga.“
 

Tenten wandte sich ihrerseits um und hörte wie Nejis Schritte sich langsam entfernten. Doch sie sah nicht zurück. Die Vergangenheit lag hinter ihnen und es brachte nichts in ihr zu verweilen. Tenten richtete ihren Blick nach vorn. Die Sonne schien durch die Wipfel der Bäume und die vereisten Äste warfen das Licht in tausend Facetten zurück.
 

Neji würde zu ihr zurückkommen. Diesmal war es nicht die törichte Hoffnung eines kleinen Mädchens. Es war unumstößliche Gewissheit. Er hatte ihr sein Wort gegeben und das würde er unter allen Umständen halten. Egal, wie lange es dauern würde. Er war ein Samurai.
 


 

Ende des Ersten Teils
 


Nachwort zu diesem Kapitel:
Hallo. Hallo? Noch jemand da? Ich hoffe doch schwer, denn dieses Kapitel ist eines der wichtigsten für die Handlung überhaupt. Ich hoffe, die Länge war nicht zu schlimm, aber eigentlich ging es ja Schlag auf Schlag weiter.
Die Szene, wie Orochimaru Tenten überwältigt und Neji ihn dann aus dem Gedanken heraus es nicht ertragen zu können, wenn sie stirbt, tötet, stand schon sehr lange. Ich glaube es gab keine eine Szene, die ich innerlich so oft durchgegangen bin. Vielleicht viel sie mir zu Anfang auch gerade deshalb so schwer zu schreiben. Noch etwas: Dass Neji und Tenten Orochimaru gewissermaßen überrumpelt haben, war reines Glück. Wie hoffentlich klar geworden ist, hatten beide nicht den Hauch einer Chance...
Nun ist Mao-Chéng auch tot, was strategisch für die Handlung in den folgenden Teilen wichtig ist. Schließlich entkommt Kabuto (einen Bösewicht musste ich überleben lassen) und Tenten lässt Kimimaro gehen. (Er kriegt noch später etwas mehr Aufmerksamkeit in den Folgeteilen - bleibt gespannt.) Und last but not least endet die Schlacht. Ich habe ewig zugebracht bis ich eine akzeptable Lösung, die mir jetzt richtig gut gefällt, gefunden habe.

Wie SorceressArianrhod so schön beim Korrigieren angemerkt hat, habe ich eine Schwäche für große Reden *seufz* Sorca, du hast mir auch bei einigen anderen Logikfallen sehr geholfen, ich sage nur: Bogenschießen. Vielen, vielen lieben Dank dafür.

Bei allen anderen, hoffe ich, dass es ihnen gefallen hat, denn jetzt folgt nur noch ein EINZIGES Kapitel und Samurai ist abgeschlossen. Himmel, ich werde schon ganz nostalgisch. Also: Bleibt mir doch auch noch bis zum Ende erhalten ;)

Alles Liebe
moony Komplett anzeigen
Nachwort zu diesem Kapitel:
Es ist nun 6 Jahre, 9 Monate und 13 Tage her seitdem ich den Prolog dieser Geschichte hier veröffentlicht habe. Da war diese Idee, die im Laufe der Zeit immer größer wurde und sich in meinem Kopf entfaltet hat. Da war diese Geschichte, die vor meinem Auge Gestalt annahm und mich seitdem begleitet hat. Samurai war so lange ein Teil von mir, dass es sich ziemlich merkwürdig anfühlt, sie zu beenden. Da bin ich direkt froh, dass ich noch 2 Teile vor mir habe :D

Aber ohne euch, wäre diese Geschichte nie das geworden, was sie jetzt ist. Nie hätte ich mit so einer großen Resonanz gerechnet und so vielen, die ich mit meiner Geschichte fesseln konnte. Samurai war mehr als meine Geschichte, die ich unbedingt fertig schreiben wollte, egal wie lange es auch dauern mochte, sie ist ein Teil von mir. Ich bin mit ihr gewachsen und habe durch sie viele wunderbare Menschen kennen gelernt. Sogar eine echte Freundschaft ist daraus entstanden, nicht wahr hiatari? *grins* Mit vielen habe ich seitdem geschrieben und bin nun am Ende stolz darauf was ich geschafft habe. Neji & Tenten sind vielleicht nicht das Lieblingspairing von jedermann (und völlig unmöglich, da Neji jetzt tot ist ;___;), aber für mich bleiben sie vermutlich immer die Nummer 1 XDD Aber ich wollte mehr als eine Liebesgeschichte schreiben. Ich drücke es am besten mit einem Zitat von Vincent van Gogh aus: "Ich möchte Bündigeres, Einfacheres, Ernsteres, ich möchte mehr Seele und mehr Liebe und mehr Herz.”Ich hoffe, das ist mir gelungen, denn auch in Zukunft werde ich versuchen diesem Grundsatz treu zu bleiben. Zuletzt bleibt mir nur eins zu sagen:

DANKE.

Danke.Für Lob & Kritik.danke. Für alle, die von Anfang an dabei waren & bis zum Ende durchgehalten haben. DANKE. Für all die netten Gespräche und auch Freundschaften, die durch diese Geschichte entstanden sind. Danke. An Arethelya, die mir den Mut gab diese Geschichte zu beginnen & meine erste Betaleseren wurde.danke. danke. danke. Für alle Kommentare (fast 1200!!!), die geschrieben worden sind & vielleicht noch geschrieben werden. Danke An Arianrhod- für all die kreativen Diskussionen, die mich weiter gebracht haben & dafür, dass du meine 2. Betaleserin geworden bist (und hoffentlich noch bleibst)danke. Dass viele trotz der enormen Kapitellänge dabei geblieben sind. DANKE Für all die Vermutungen wie es weiter gehen könnte. Danke. Dafür, dass durch diese Geschichte, viele von euch auch anderen Geschichten von mir eine Chance gegeben haben. DANKE.DANKE.DANKE Dass ihr die besten Leser wart, die man sich nur wünschen konnte!!!

So und jetzt habe ich doch Tränen in den Augen ^^" Und ganz am Ende würde ich natürlich gerne wissen, was euch am besten gefallen hat. Ich persönlich wusste schon seit dem 20. Kapitel etwa, dass der letzte Satz, so wie er heute steht, tatsächlich der letzte sein würde und auch, dass ich Neji und Tenten am Ende des Ersten Teils trennen muss, um bei beiden im 2. Teil eine charakterliche Entwicklung zu gewährleisten. Ein paar Andeutungen für den 2. Teil sind ja auch bereits enthalten. Vorerst werde ich aber damit nicht beginnen. Zunächst stehen Projekte wie Heldenlied, ein NejiTen-LS, Mondfinsternis (ich werde alle Kapitel in eins runter schreiben und dann trennen), der 2. Teil von Nachtfalter (Titel: Pandämonium) oder eine neue NejiTen-Fantasy-ff: Dragon & Phoenix[/i) oder eine NaruHina Geschichte über Mobbing an. Außerdem möchte ich Samurai gerne überarbeiten (es gibt einiges zu tun!) um die Geschichte mit eigenen Charakteren an viele verschiedene Verläge zu schicken und mit viel Glück veröffentlichen lassen.

Und natürlich werde ich auch an Daimyo - 2. Teil der Samurai-Trilogie arbeiten, wo ich dann vor allem mehr auf die fünf Clans, die fünf Prüfungen, die Tenten absolvieren muss und auf noch so allerlei mehr eingehen werde. Es werden auch viele Charaktere auftauchen, die noch nicht dabei waren. Andere, wie z.B. Temari, Sakura & Kimimaro werden eine größere Rolle bekommen. Lasst euch überraschen. Allerdings werde ich nicht die alte ENS-Liste verwenden, sondern eine neue erstellen. Deswegen: JEDER, DER BEI BEGINN DES 2.TEILS BENACHRICHTIGT WERDEN MÖCHTE, MÖGE BITTE JETZT SAGEN, OB ER EINE ENS HABEN MÖCHTE!

Noch was: Ich habe noch eine kleine Überraschung für euch. Einige wissen schon Bescheid, anderen kann ich damit vielleicht eine kleine Freude machen. Ich werde euch dann Bescheid sagen und jeder, der möchte, kann mal vorbei gucken ^^

So und jetzt würde ich mich bei Samurai ein letztes Mal auf Lob & Kritik freuen ;)

alles Liebe
moony
Komplett anzeigen

Fanfic-Anzeigeoptionen

Kommentare zu dieser Fanfic (1245)
[1] [2] [3] [4] [5] [6] [7] [8] [9] [10] [11...110] [111...120] [121...125]
/ 125

Kommentar schreiben
Bitte keine Beleidigungen oder Flames! Falls Ihr Kritik habt, formuliert sie bitte konstruktiv.
Von: Arianrhod-
2015-09-29T17:06:19+00:00 29.09.2015 19:06
Wird Kurenai im Laufe der Geschichte eigentlich befreit? Fällt mir gerade so auf? Ich erinnere mich nicht, dass sie nochmal vorkam…

Klar, Hinata, dein Cousin wird dich einfach deinem Schicksal überlassen. Du bist ja auch nicht seine einzige lebende Verwandte/die einzige Person, die ihm im Moment etwas bedeutet. Natürlich wird er einfach in die nächste Stadt übersiedeln und dort ein neues Leben beginnen. [/sarcasm
Das hätte sie sich wohl denken können, dass er eben nicht einfach so weiterlebt, sondern hinter ihr herkommt.

Warum Flüchtlingen? Ich dachte, das sind Steuerhinterzieher oder wie auch immer man sie nennen will?

Ah! Kurenai rettet sich selber.
Hinata! Steh nicht so rum und lauf weg! Die Täter kannst du nachher noch finden. >.<
Wie dumm von Neji, jemandem im Kampf den Rücken zuzuwenden. O.o Hätte ich ihm gar nicht so zugetraut. Im Übrigen ging dieser Überraschungsschlag ja wohl gründlich in die Hose, was durchaus realistisch ist.
Der Kampf Dosu vs. Neji jedenfalls … fand ich nicht sonderlich realistisch. ^^“ Neji, völlig untrainiert, dürfte so wenig Chancen gegen einen gut ausgebildeten Berufssoldaten haben, dass er innerhalb von fünf Sekunden entwaffnet am Boden liegt. (Ein weiterer Grund, warum Neji zumindest ein paar Fähigkeiten mit dem Dolch haben sollte.)
Kiba genauso, bei der Übermacht, die er gegen sich stehen hat. Obwohl Akamaru natürlich ein guter Grund ist, sich ihm nur vorsichtig zu nähern.

Warum sollte sich der Fürst höchstpersönlich um einen einfachen missglückten Überfall/Befreiungsschlag kümmern? Hat er keine Leute dafür?

*lach* Warum Verräter? Hat Neji nicht selbst gesagt, Kiba und Hinata sollten abhauen, auch wenn das bei letzterer nicht so ganz funktioniert hat? Und Hinata stellt schon die richtige Frage: wenn Kiba sich auch noch hätte gefangen nehmen lassen, wäre ihnen absolut nicht geholfen.

Warum chinesische Dächer in Japan?

Die Flucht war wirklich ein letzter, verzweifelter Veruscht. (Die Beinwunde sollte Neji aber schon spüren, wenn er anfängt zu laufen.)

Siehst du, die vermeintlich gestohlene Kette ist ein guter Grund, warum der Fürst persönlich sich kümmern sollte. Gute Lösung.
Was mir aber schon vorher mal aufgefallen ist: ein General ist einer der höchsten Titel, die man beim Militär kriegen kann. Bist du sicher, dass Dosu nicht ‚nur‘ ein Offizier ist?

Asiatisches Setting und dann ein Korsett? I don’t think so. (Man bemerkt übrigens schon, wenn jemand ein Korsett trägt, an der Silhouette.)
Ino ist TenTens Amme? O.o Die Amme ist die Person, die sich nach der Geburt und in den folgenden Jahren um die hochwohlgeborenen Kinder kümmert und oft auch säugt (neben dem eigenen Baby). Du meinst wohl eher eine Zofe.

Let me tell you something about horses…
Pferde, wie TenTen eines hat, sind in einem mittelalterlichen Setting wie diesem ganz sicher eines nicht: ein pures Fortbewegungsmittel. Dafür gibt es andere Möglichkeiten: Ochsenkarren, Esel, Ackergäule, Schusters Rappen, etc. Es gibt einen Grund, warum Pferde noch heute als sehr edle (für manch einen sogar die edelsten) Tiere gelten (v.a. natürlich Vollblüter/elegante Pferde). Weil sie in über Jahrtausende hinweg wichtig waren und zwar v.a. für die herrschende Schicht. Sie waren up there, zusammen mit Falken und Jagdhunden. (Die Viecher kosten heute noch ein Affengeld.) Sie waren das, was heutzutage sauteure Sportwagen sind, ein Statussymbol.
Ich will jetzt nicht sagen, dass du sowas einbauen musst. Ist nur zum Nachdenken. :)

Ich find TenTen noch immer so egalitär. Und natürlich ist sie die Einzige, die solche Gedanken hat, denn sie ist speshul und gerecht und auch gar nicht so erzogen worden, als sei sie etwas Besseres. --> das hätte übrigens eine schöne Charakterentwicklung gegeben, btw. Von der Prinzessin, die denkt, sie wäre gleichberechtigend, zu jemandem, der es tatsächlich ist.
Das lässt sie übrigens ein wenig überheblich wirken. Also, diese Gedanken.

Das Ende fand ich ziemlich gelungen, als Neji und Hinata herbeigeführt werden. Gab einen schönen Schock für TenTen (und Neji wohl auch.) War auch eine gute Stelle zum Aufhören. :)

Gruß
Sorca~
Von: Arianrhod-
2015-09-28T08:56:01+00:00 28.09.2015 10:56
Ich wünschte wirklich, du hättest in der Story mehr von Nejis Diebesfähigkeiten eingebaut. Ich meine, er scheint da ziemlich erfahren, aber er hat diesen ganzen Schatz an Erfahrungen und Wissen, das er alles vergessen zu haben scheint, als er ins Schloss kommt. :/ Klar, ein Samurai macht das nicht, aber er macht eine ziemliche Entwicklung durch. Ich hoffe, du holst das im Sequel nach! :)
Du hast ihm sogar Schnitztalent gegeben – why don’t we see anything oft hat?!

Wie kann ein Ochsenkarren einfach zerbrechen? O.o
Andere Frage: Wie läuft denn das ab mit dem Steuerzahlen? Die gehen zu den Bürgern hin und verlangen Geld, aber woher wissen sie, wie viel die Leute schulden und wer schon bezahlt hat?
Bei solchen Steuereintreibern wundert es mich übrigens nicht, dass das Volk unzufrieden mit der Regierung ist und die Nase voll hat.

Wo lernt denn jemand wie Neji reiten?
Ein Feuer zerstört vieles, aber meistens gibt es noch Dinge, die man retten kann.

Kiba! :D
Hab ich dir schon gesagt, dass ich seine Rolle liebe?
Außerdem gefiel mir sein Auftritt; er hat auf Neji gewartet, genau wissend, was der vorhat, und hat sich schon um die Ausrüstung und alles gekümmert. Ohne ihn wäre Neji verloren gewesen. Bekommt er eigentlich seinen Dank?
Ich mochte auch Nejis Kratzbürstigkeit, auch wenn ich mir vorstellen kann, dass er Kiba mehr Vertrauen entgegenbringt als den meisten anderen Dorfbewohnern. Immerhin waren Hinata und Kiba befreundet, da muss es auch ein paar Berührungspunkte zwischen den beiden Jungs gegeben haben. Außerdem befinden Kiba und er sich in einer ähnlich illegalen Situation. Obwohl Neji und Hinata in zwei verschiedenen Welten zu leben schienen.

Außerdem hätte ich mir mehr Initiative von Neji gewünscht. Der ganze Plan stammt von Kiba, er liefert die Ausrüstung, die Richtung, den Plan, dabei ist Neji auf keinen Fall ein passiver Charakter und außerdem ist er ziemlich intelligent. Hier lässt er sich jedoch nur in eine Richtung führen, von der er denkt, dass sie ihn an sein Ziel bringen wird.
I.d.R. kann ein Gassenjunge wie Neji auch kämpfen und wenn es nur mit Fäusten ist. Das Leben, das er führt, ist nicht sehr freundlich, da muss er sich verteidigen können. Ein Dolch/Messer ist auch oft sehr nützlich und relativ leicht zu beschaffen. Es würde ihm auch später in der Ausbildung helfen, wenn er zumindest mit ein paar Grundzügen des bewaffneten (und auch unbewaffneten) Kampfes schon vertraut ist.

Gruß
Arian
Von: Arianrhod-
2015-09-27T16:05:05+00:00 27.09.2015 18:05
So... ich fang jetzt damit anfangen, die Story zu wiederholen. :) Und wie es sich gehört, ein Kommentar pro Kapitel, damit ich auch alles unterkriege und nichts vergesse. Ich schreib den Kommentar auch neben dem Lesen, ich hoffe, das funktioniert. Ich werd auch nichts über den Schreibstil sagen, wir wissen beide, wie ungeschliffen er zu der Zeit noch war, als du das hier angefangen hast. :)

Naja, mit Rechten kommen Pflichten, die man erfüllen muss. (oder zumindest sollte das so sein) Aber ich schätze mal, eine Neunjährige hat da noch keinen großen Begriff von. Wovon sie ebenfalls keinen Begriff hat, ist wohl die Härte des Lebens, dass sie sich so wünscht. Ich denke, es gibt da einen Haufen Leute, die mit ihr tauschen würden. Auf der anderen Seite des Zaunes ist das Gras wohl immer grüner.
Diese Naivität passt sehr gut zu TenTen, die hier noch jung ist und behütet aufwuchs.

Ich weiß nicht, ich glaube, es hätte schon ein paar Leute gegeben, die auf ein 'Dieb!'-Ruf reagiert hätte. ._. Immerhin könnte derselbe Dieb im nächsten Moment ihren Stand ins Auge fassen, oder nicht?
Dafür, dass TenTen so sauer auf ihn war, beruhigt sie sich sehr schnell und ist auch ziemlich in Ordnung damit, dass sie Freunde werden? @_@ Das Ganze geht mir etwas zu schnell.
*lach* Wie kommen sie so schnell aus der Stadt in einen Wald, ohne dass TenTen es überhaupt bemerkt?

Ich glaube, TenTen stellt sich das mit dem 'Arbeit bekommen' etwas leicht vor.
Neji allerdings sollte auch überlegen, ob er irgendwo einen Zwischendurch-Job bekommen kann. Allerdings ist es wohl schwer für jemanden wie ihn, eine richtige Arbeit zu bekommen. Wer würde ihn schon nehmen? Er ist zu jung und dann auch noch ein Dieb... Trotzdem, versuchen sollte er es, wenn er es so hasst, ein Dieb zu sein.
(Übrigens: Im Hinblick auf die Tatsache, dass das ganze Land gerade im Missstand ist, wäre es nicht weit hergeholt, wenn die Arbeitslosigkeit sehr hoch ist. Ein weiterer Grund, warum Neji auf Diebstahl zurückgreift.)
TenTen ist meiner Meinung nach etwas egalitär für eine neunjährige Prinzessin.

Sie bricht den Anhänger in der Mitte durch? O.o Irgendwie hätte ich es besser gefunden, wenn das einer von diesen Anhängern wäre, die sowieso schon 2-teilig sind. Es ist ja davon auszugehen, dass das ein edles Metall ist – Silber oder so. Das kann man nicht so einfach brechen. Ganz zu schweigen davon, dass ein Bruch selten schön aussieht.
Btw, wie kann ein schwarzer Anhänger einen ‚perlweißen Glanz‘ haben?

Ich hätte es besser gefunden, wenn du aus den beiden echte Freunde gemacht hättest. Also, dass sie sich nach diesem Treffen noch öfter wiedersehen. So in der Art: TenTen blieb über den Sommer in der Stadt und sie hat sich immer wieder davongeschlichen, um sich mit Neji zu treffen, hat ihm vielleicht Essen, Kleidung, etc. mitgebracht, sie haben gemeinsam Abenteuer erlebt, whatever.
So ein kurzes Treffen macht noch keine Freunde. Ich find es eh ein wenig vertrauensselig, dass er ihr seine ganze Lebensgeschichte sofort erzählt hat. Okay, er war noch jung, aber er ist ziemlich erwachsen für sein Alter, muss sich und seine Cousine ernähren, stiehlt, etc. – das führt zu einem gesunden Misstrauen.
Und als sie am Ende dann wieder abreist, schenkt sie Neji den Anhänger oder so?

Okay, was mir noch auffiel, du fängst mit 3. Person-TenTen-PoV an und switchst dann unvermittelt zu Neji und zurück und lässt Dinge einfließen, die TenTen noch gar nicht wissen kann. Doch ein Allwissender Erzähler? Aber der Rest der Story ist schon im 3. Person-Stil gehalten, wenn ich mich recht erinnere.

Außerdem fand ich Neji etwas zu ungeschickt für einen Dieb. Es klang so, als würde er das öfter machen, aber dann wird er eigentlich sofort erwischt. Passt mir irgendwie nicht zusammen. (Ich hätte es lustiger gefunden, wenn TenTen irgendwie da ihre Finger mit im Spiel gehabt hätte? ^^“)
Außerdem hat ihn nichts davon abgehalten, dass er einfach einen anderen Stand ins Auge gefasst hätte, als TenTen ihn bemerkte/er TenTen, bzw. einfach gewartet hätte, bis sie weit genug weg ist.

Sollte mir noch etwas einfallen, melde ich mich noch mal.
Gruß
Sorca~
PS. Mir ist aufgefallen, dass hier gesiezt wird – das hast du später doch zu Ihr/Euch geändert, oder?
PPS. Außerdem spielt das hier noch in Japan… Auch das hast du geändert, richtig? ._.
Von:  Melkor_the_Darklord
2015-04-28T13:51:33+00:00 28.04.2015 15:51
wo bleibt teil 2 D:
Von:  Stef_Luthien
2015-02-06T13:22:15+00:00 06.02.2015 14:22
Wann kommt der 2. Teil oder ist er die SasuSaku Version? :)
Von:  AnniinaAgricola
2014-02-19T21:09:47+00:00 19.02.2014 22:09
Ich finde diese FF, genau wie Mondfinsternis, super schön geschrieben. Man kann sich toll in die Charaktere hinein versetzen. Deswegen noch ein favo auf meiner liste! Mach bitte weiter so! Ich freue mich auf mehr!

Salve Camiel
Von:  Enyxis
2014-01-22T16:52:49+00:00 22.01.2014 17:52
DX Die Schlange und ihr Knecht sind da DXXXX NIX GUT. Aber Neji is der neue Robin Hood xDD Tolles Kapi, bin so gespannt wie's weiter geht *__*
Von:  niklas4_0
2014-01-14T20:22:31+00:00 14.01.2014 21:22
Liebe Moony,

So, deine Fanfiction Samurai ...
Ich kann hierzu nicht mehr schreiben außer: Diese Fanfic ist die Beste, die ich je hier (auf Animexx) gelesen habe!!!

Ich kann es gar nicht richtig in Worte fassen. Ich fang mal am Anfang an. Also: Ich bin heut morgen aufgewacht (mit Grippe natürlich :P) und hab mich mit meinem Laptop in mein Bett gelegt (wo ich immer noch lieg ^^)
Ich hab deine Fanfic gefunden, weil ich dich von einer Freundin empfohlen bekommen habe. Ich habe von 10 Uhr in der Früh bis um 17 Uhr deine Fanfic gelesen.
Ich versuche das alles mal in Worte zu fassen:

Es war für mich atmosphärisch grenzgenial umgesetzt, du hast die Atmosphäre des alten Japans regelrecht hochkommen lassen. Die Charaktere sind meiner Meinung nach so vielschichtig wie sie nur sein können, ohne unecht zu wirken, (vor allem Neji, Naruto und Gaara) und sie kommen absolut authentisch rüber. Die Sitten und Gebräuche, die alten Samurai-Traditionen und alles was in damaliger Zeit bedeutend war hast du in deiner Fanfic verankert und ich bin mir sicher, dass du auch Stunden für Recherche geopfert hast ^^

Du hast in deiner Fanfic so viel hochkommen lassen: Angst, Gewalt, Krieg, Friede, Freundschaft, Liebe, Verrat, Hass, Trauer, Einsamkeit und irgendwie alles vereint.
Naruto war mein absoluter Lieblingscharakter in dieser Fanfic. Er wurde zum Ende hin immer vielschichtiger, interessanter und seine Story hat mich wirklich berührt, auch die gelegentlichen Liebesszenen mit Hinata. Ich bin zwar absolut kein Naru/Hina-Fan (einige mögen mich dafür hassen) doch dieses Pairing ist in dieser Fanfic so gut umgesetzt und so gut eingebracht worden, dass es mich überhaupt nicht gestört, nein im gegenteil, besser unterhalten hat als alle Sasu/Saku - Fanfics dieser Welt (mein Lieblingspairing :3)

Hinzu kommt auch noch (und das ist wahrscheinlich der springende Punkt) dass diese Fanfic auch als Roman an sich der absolute Hammer wäre! Du müsstest nur die Naruto-Namen der Charaktere nehmen und sie durch andere Namen ersetzen und du hättest einen absolut eigenständigen Roman! Sicher, die Charaktereigenschaften der jeweiligen Figuren sind auch aus dem Anime/Manga übernommen und ja, ohne die Namen und die Naruto-Verbindung wäre ich auch nie auf diese Fanfic gekommen, doch ich meine den Fakt an sich, dass diese Geschichte mit absolut unfassbar genialem Storydrive, brachial gut umgesetzter Atmosphäre im alten Japan und hammermäßig gut dargestellten Charakteren auch als eigene Geschichte funktionieren würde!

In diesem Sinne (ich weiß, ich habs schon mal gesagt, aber ich sags trotzdem nochmal):
Hab weiter viel Spaß am Schreiben und unterhalte deine Leser (also auch mich ^^) weiter mit deinen gefühlvollen, kreativen und tiefgängigen Geschichten in einer Erzählweise die allein du beherrscht!

Lg, niklas4_0
Von:  MiyuShitaka
2014-01-03T23:40:14+00:00 04.01.2014 00:40
Wo soll ich nur anfangen....

Vor mehr als 6 Jahren hat diese großartige Geschichte hier ihren Anfang genommen und auch vor 6 Jahren habe ich meinen ersten Kommentar dazu geschrieben. Ziemlich lustig, wenn ich mir den heute wieder so durchlese (was 6 Jahre so ausmachen, also....geistig :P). Aber nie im Leben hätte ich damals gedacht, dass sich aus 'Samurai' so etwas....EPISCHES! entwickeln würde. Zu der Zeit habe ich wirklich sehr viele Fanfictions gelesen und habe nur wenige wirklich Gute entdeckt. Und die wenig Guten wurden nach wenigen Kapiteln meist schlechter und langweiliger. Aber bei deiner Geschichte habe ich keinen Moment auch nur daran gedacht, dass es ansatzweise langweilig sei! Eher im Gegenteil! Du hast im Grunde alles vereint, was ich von FF-Schreibern erwarte:
Zum Einen schreibst du über das perfekte Pairing! Bzw die perfekten Pairings <3 Neji und Tenten waren lange Zeit nur mein zweitliebstes Pairing, aber Geschichten wie deine haben meine Meinung entscheidend geändert und mich erkennen lassen, dass in den beiden Figuren so viel Potenzial steckt! Mein Gott, wie habe ich alles verschlungen, was ich von den beiden in die Finger bekommen habe! Und wie ich immer nach deinen FF's gelechzt habe! Zum Andern hast du so einen schönen Schreibstil! Im Vergleich zu vielen anderen Schreibern lässt du dir Zeit. Du nimmst dir die Zeit alles bis ins kleinste Detail zu beschreiben. Dadurch haben wir Leser die Möglichkeit, uns alles ganz genau vorzustellen und sowas ist wichtig!! Andere hetzen viel zu sehr und wollen schnellstmöglich die Story vorantreiben, dabei zerstört das oft die gute Idee dahinter. Doch du hast dir Zeit gelassen. Aber die letzten 6 Jahre haben sich sowas von gelohnt, verdammt! Ich/wir sind praktisch damit aufgewachsen, sind mit dieser Geschichte erwachsen geworden! Und das muss man erstmal schaffen, die Begeisterung für dieses Pairing und für deine Geschichte 6 Jahre aufrecht zu erhalten. Bei jeder anderen Geschichte hätten die meisten vermutlich aufgehört zu lesen, aber du lässt das praktisch gar nicht zu xD
Aber schön zu wissen, dass das so gesehen gar nicht das Ende ist.
Alles hat damit angefangen, dass sich Neji und Tenten als Kinder begegneten und eine Kette geteilt wurde, die die beiden auf ewig miteinander verbinden sollte. Und nun 'endet' es, dass die beiden vorerst getrennte Wege gehen. Anders hätte es wahrscheinlich nicht enden dürfen (zumindest, da es eine Fortsetzung geben soll). Natürlich hätte jetzt jeder darauf gehofft, dass die beiden zusammen bleiben und happy everafter Blabla...aber das bist nunmal nicht du! Du gehst nicht mit dem gewöhnlichen Strom und haust uns da so einen Cliffhanger hin! Mein Gott, ich sitz hier grad flennend und mein Freund neben mir fragt sich schon, was mit mir los ist XD Ich weiß gar nicht, wie oft ich bei ' Samurai' weinen musste! Ich bin zwar eine Heulsuse, aber die meisten FF-Situationen überraschen mich nicht mehr, aber wegen dir habe ich schon Badewannen voll geheult q_q Es fühlt sich so irreal an, dass der Prolog bereits Jahre!! JAHRE!!! zurückliegt, denn ich erinnere mich noch so gut daran, das ist echt erstaunlich!
Puh, was soll ich noch sagen....man sollte mal alle Seiten ausdrucken und schön binden lassen! Würde sich als "richtiges" Buch sicherlich gut machen. Ich danke dir auf jeden Fall für diese wunderbare Geschichte! Und auch für all die anderen FF's! Ich werde noch fleißig kommentieren! Ich hoffe, dass du deinem Stil treu bleibst,so wie wir dir 6 Jahre lang treu waren! Und es vermutlich noch lange sein werden!!!

Hdl Miyu
Von:  lunaris-von-aquanta
2013-11-29T12:01:37+00:00 29.11.2013 13:01
Du hast shikaku tatsächlich ermordet und jetzt willst du neji umbringen?! Q//Q bist du des wahsninns?!

*bibber* Q.Q

Gnah ich muss gleich weiter lesen...

chiriomiep


Zurück