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Ein Licht in der Dunkelheit

Wo Hoffnung ist, da ist auch Licht...
von

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Der Beginn einer Sage...

Seit Anbeginn der Zeit existierte ein Gleichgewicht zwi-schen den Mächten des Lichts und der Dunkelheit.

Doch dann kamen die Menschen und störten dieses Gleich-gewicht.

Einige verfielen den Verlockungen der dunklen Seite und begannen nach der Macht zu streben. Sie verließen die Pfade des Lichts und wurden zu Wesen der Dunkelheit, den Morva.

Es entbrannte ein erbitterter Krieg, den die Mächte des Lichts zu verlieren drohten. Aber dann geschah etwas, das niemand für möglich hielt…

Ein Licht der Hoffnung erstrahlte in jener finsteren Zeit und ein Wesen mit unvergleichlicher Macht wurde geboren.

Dieses Wesen sah den Menschen so ähnlich, dass es die Morva nicht zu finden vermochten.

Einzig die Magie wusste um die wahre Identität des Wesens und entsandte sieben Wächter, Engeln gleich, zu dessen Schutze. Doch es war ihnen verboten, sich dem Wesen zu zeigen, bevor die Zeit reif war.

Als die Zeit jedoch gekommen war, nahmen die Wächter die Gestalt einfacher Menschen an und offenbarten dem Wesen sein bevorstehendes Schicksal.

Dann geschah etwas Unerwartetes: Das Wesen verliebte sich in einen der Wächter.

Es dauerte nicht lange und die Morva fanden einen Weg, das Wesen aufzuspüren. Ein bitterer Kampf entbrannte, den die Wächter verloren.

Die Morva beraubten sie ihrer Magie und Unsterblichkeit. Sie folterten die sieben Wächter, doch diese hielten ihren Schwur und gaben das Versteck des Wesens nicht preis. In ihrer Wut töteten sie die Wächter und nahmen deren Ge-stalt an, doch das Wesen konnten sie nicht täuschen.

In seiner Verzweiflung über den Tod des Geliebten setzte das Wesen seine ganze Macht frei und vertrieb das Böse aus der Welt.

Das Gleichgewicht der Mächte war wiederhergestellt, doch den Preis für den Frieden musste es mit dem Leben bezahlen…
 

Jahrtausende später…

Kapitel 1.1

Die Schatten der Bäume lagen lang und dünn auf dem Gras, als die Sonne hinter den fernen Bergen Celantis’ emporstieg und den frühen Morgen ankündigte.

Ein Mädchen mit schneeweißem Haar irrte im Wald umher. Auf ihrem Gesicht spiegelte sich Angst wider. Die Angst, nicht zu wissen, wo man war.

Der Wind spielte sanft im Haar des Mädchens und gestattete der Sonne, einen goldenen Schimmer darauf zu legen, so dass es schien, als würde ihr Haar leuchten. Die Kleidung des Mädchens war zerrissen und ihr Gesicht von kleinen Kratzern übersät.

„Wer bist du?“, fragte eine kindliche Stimme hinter dem Mädchen und ließ es erschrocken zusammenfahren. „Ich hab dich hier noch nie gesehen“, meinte ein kleiner Junge und schenkte dem Mädchen ein fröhliches Lächeln, als es sich zu ihm umdrehte.

Ängstlich wich das Mädchen einen Schritt zurück.

„Was ist los mit dir? Hast du dich verlaufen?“, fragte er neugierig weiter und betrachtete sie eingehend.

Sie schüttelte den Kopf.

„Ich weiß nicht… Es tut mir leid, aber ich glaube, ich kann dir auf keine deiner Fragen eine Antwort geben“, flüsterte sie leise.

Der Junge sah sie ungläubig an. Es war ihm unbegreiflich, wie man seinen Namen vergessen konnte.

„Ich heiße Cal“, sagte er, als er sich wieder gefangen hatte. „Freut mich, dich kennen zu lernen, auch wenn du deinen Namen nicht weißt!“ Wieder lächelte er sie fröhlich an.

Das Mädchen sank zu Boden und schluchzte leise.

„Alles in Ordnung?“, fragte Cal nun ein wenig unsicher. Ratlos kniete er sich schließlich neben ihr nieder.

Er überlegte, ob er sie vielleicht in den Arm nehmen sollte, doch dann fiel ihm ein, was seine Schwester einst sagte. ‚Menschen ohne Erinnerung reagieren mitunter seltsam. Doch am allermeisten haben sie Angst. Versuche nie, dich einem solchen Menschen aufzudrängen, wenn du dir nicht sicher bist, was du zu tun hast.’

„Warte kurz, vielleicht weiß meine Schwester Rat! Sie ist ganz in der Nähe!“

Er sprang auf und verschwand zwischen den dichten Bäumen.

Der Wind schien mit dem Mädchen zu weinen und auch die Vögel verstummten, als er ihr sanft durchs Haar blies.

Zwei kleine Vögel flatterten zu dem Mädchen hinunter, landeten auf ihren angezogenen Knien und sangen für sie eines ihrer Liedchen.

Sie sah auf und ein kleines Lächeln umspielte ihr verweintes Gesicht.

„Ihr habt Recht…“, murmelte sie und strich vorsichtig über deren Flügel.

In der Ferne konnte sie die Stimme des kleinen Jungen hören, wie er einen Namen rief. Es dauerte einen Moment und dann erklang die klare, helle Stimme eines Mädchens. Cal hatte sie Yvannie gerufen.

Beide kamen allmählich näher und als sie den hohen Farn durchbrachen, flogen die beiden Vögel erschrocken zurück in die Baumkronen.

Yvannie, die eben mit Cal aufgetaucht war, sah auf das Mädchen herab, das hilflos am Boden kauerte. Das Mädchen sah zu Yvannie auf. Ihr Gesicht war wunderschön und ihre Augen strahlten eine unheimliche Ruhe und Frieden aus.

Als Yvannie ihr verweintes Gesicht betrachtete, kam sie langsam näher.

„Was hast du?“, fragte sie und sank neben ihr auf die Knie. „Cal hat mir erzählt, dass du dich nicht an deinen Namen erinnern kannst.“ Das Mädchen nickte langsam und ließ es zu, dass Yvannie sie in den Arm nahm. „Deswegen brauchst du doch nicht zu weinen. Das wird schon wieder“, meinte sie beruhigend und strich ihr durchs Haar.

„Das haben mir die beiden Vögelchen auch erzählt…“, flüsterte das Mädchen leise.

„Ich bin Yvannie und wenn du mich lässt, dann werde ich versuchen, dir zu helfen.“

Das Mädchen sah ihr dankend in die Augen und nickte kaum merklich, als ihr erneut Tränen in die Augen stiegen.

„Jetzt brauchst du doch nicht mehr zu weinen“, meinte Yvannie, als sie die frischen Tränen bemerkte und strich ihr sanft über die Wange.

„Es ist nur… Warum wollt ihr zwei mir helfen? Ihr kennt mich doch gar nicht. Was ist, wenn ich Böses getan habe und dafür bestraft wurde? Und wenn ich euch irgendwann etwas antun werde?“

Cal fing an zu lachen.

„Du und Böses getan? Nein, niemals!“

Yvannie warf ihm einen warnenden Blick zu und er verstummte.

„An dem was sie sagt, ist durchaus etwas dran, aber warum bist du dir so sicher, dass sie so etwas nicht tun würde?“ Cal dachte nach. „Nun ja, sie sieht nicht so aus, als könnte sie irgendeinem Lebewesen etwas antun.“

Yvannie schüttelte den Kopf.

„Lass dich nie vom äußeren Erscheinen eines Wesens täuschen. Dämonen können sich auch hinter wunderschönen Wesen verbergen.“ Dann wandte sie sich wieder dem Mädchen zu.

„Wir hoffen einfach darauf, dass du uns bis dahin genug vertrauen wirst und uns als Freunde ansiehst! Und nun komm, ich möchte nicht allzu lange in diesem Wald verweilen.“

„Aber…“ „Schon gut“, meinte Yvannie lächelnd. „Du kannst so lange bei uns wohnen, bis du dich wieder erinnerst. Cal wird sich über eine Spielgefährtin sehr freuen, da bin ich mir sicher.“ Sie warf einen kurzen Blick auf ihren kleinen Bruder, der über das gesamte Gesicht ein breites Grinsen trug.

Sie half dem Mädchen auf und gemeinsam machten sie sich auf den Weg, der Sonne entgegen.

Unterwegs hob Yvannie noch ihren Korb auf, den sie hatte stehen lassen, als Cal nach ihr rief.

„Oh, Erdbeeren!“, jauchzte Cal, als er in den Korb lugte.

„Ja, aber die sind nicht für jetzt!“, entgegnete Yvannie, als Cal hineinlangen wollte, woraufhin dieser seine Hand augenblicklich zurückzog.

Als sie das Ende des Waldes erreichten, stand die Sonne bereits hoch am Himmel und verbrannte das ohnehin schon vertrocknete Gras, das sie nun durchschritten.

„Wie sollen wir dich eigentlich nennen?“, fragte Yvannie und sah das Mädchen nachdenklich an. Dieses schüttelte den Kopf und senkte den Blick.

„Wie wär's mit Sky?“, schlug Cal vor und sah Yvannie und das Mädchen erwartungsvoll an.

„Wie kommst du denn auf diesen Namen?“, fragte Yvannie verwirrt. „Ein Name sollte etwas über die Person aussagen, die ihn trägt. Sky bedeutet Himmel und der hat doch nun wirklich nichts mit ihr zu tun.“

„Warum nicht? Sie ist doch wie der Himmel! Ihre Augen tragen seine Farbe und ihr Haar leuchtet wie Sternenlicht“, erklärte er hartnäckig. „Das wäre doch der perfekte Name für sie! Bitte!“

„Na gut, was meinst du, Sky?“ Das Mädchen sah sie an und ein Lächeln huschte über ihr Gesicht. „Gerne! Das ist ein schöner Name. Ich werde ihn in Ehren halten.“

Vor ihnen kam ein See in Sicht und die Farbe des Grases wechselte allmählich wieder in saftiges Grün über.

„Ein schöner See“, bemerkte Sky und ihr Blick glitt in die Ferne.

Der See schien lang und oval zu sein, sein Wasser tiefblau. Trotz des schwachen Windes war seine Oberfläche glatt und unbewegt und das Gras fiel an allen Seiten, zum Ufer hin, flach ab.

„Der See scheint etwas Besonderes zu sein… nicht wahr?“ Sie sah Yvannie an. „Ja, sein Wasser ist immer ruhig und klar, egal wie das Wetter ist. Selbst der Regen scheint ihn nie zu erreichen.“

„Ein letzter Rest der Magie dieser Welt…“, murmelte Sky verträumt.

„Magie? Sag jetzt nicht, du glaubst daran.“

„Ich weiß nicht, woran ich glaube… Erst muss ich meine Erinnerung wieder finden…“ Sky senkte betrübt den Kopf. „Tut mir leid… Ich wollte dich nicht daran erinnern.“

Yvannie legte ihr mitfühlend einen Arm auf die Schulter. „Denk nicht so viel darüber nach. Du bist bei uns herzlich willkommen, egal, wie lange es dauern mag!“

Sky senkte den Blick und nickte schließlich.

Sie beschloss, Yvannie so gut sie konnte zu unterstützen.

Schweigend liefen sie nebeneinander her und sahen Cal zu, wie er fröhlich im hohen Gras spielte. So erwachsen er sich auch zu verhalten versucht hatte, als er auf Sky traf, so kam nun wieder das Kind in ihm durch, das er noch immer war.

Als sie den See erreichten, konnte man hinter einer alten, großen Weide ein kleines Häuschen erkennen.

„Dort wohnt ihr?“, fragte Sky, doch eine Antwort erwartete sie gar nicht. Sie wusste bereits, wohin sie ihr Weg führte.

Yvannie zeigte ihr den Weg, der an der Weide vorbei zum Haus führte. Es war ein schmaler Weg, der von Gras und Sträuchern überwuchert wurde, die ihn den Blicken Fremder entziehen sollte.

Der Eingang war hinter ein paar Seláf-Sträuchern versteckt, deren Blätter hoch und kräftig wuchsen und nur durch das Verschieben eines Steins wurde der Zugang freigegeben.

Als sie das Haus betreten hatten, verschloss sich der Eingang wie durch Magie von selbst.

„Was…“ Sky sah überrascht und verängstigt zugleich auf den verschlossenen Eingang.

„Oh, tut mir leid. Wir wissen selbst nicht, wie es funktioniert. Seit dieses Haus steht, verschließt sich dieser Eingang von selbst wie durch Geisterhand. Doch Geister gibt es nicht, also mach dir keine Sorgen.“ Yvannie schenkte ihr ein aufmunterndes Lächeln und schob sie tiefer, in das Herz des Hauses, hinein.

Das Haus schien, obwohl es so klein war, sehr geräumig und gemütlich zu sein. Sky fühlte sich dort sofort wie zu Hause, sagte dies aber nicht.

„Hast du Hunger? Ich könnte dir etwas zubereiten!“, schlug Yvannie vor und machte sich sogleich an die Arbeit, ohne Skys Antwort abzuwarten.

„Sie kocht wahnsinnig gern“, erklärte Cal grinsend. „Du könntest dich solange waschen, wenn du möchtest.“ Sky sah an sich hinab. „Ja, das wäre vielleicht ganz gut“, flüsterte sie verlegen.

Cal stand auf und führte sie wieder nach draußen. „Am besten, du badest im See, dann kann dir auch nichts passieren. Ich werde Yvannie fragen, ob sie etwas zum Anziehen für dich hat!“ Er drehte sich um und verschwand wieder im Haus, der Eingang verschloss sich hinter ihm und ließ Sky alleine stehen.

Sie wusste nicht recht, was sie tun sollte, also ging sie langsam auf den See zu.

Irgendetwas behagte ihr ganz und gar nicht, doch sie versuchte es zu verdrängen und zog sich aus. Aber sollte sie wirklich in den See steigen?

Das Gefühl, das sie überkam, wenn sie daran dachte, jagte ihr einen eisigen Schauer über den Rücken.

Sie nahm ihren ganzen Mut zusammen und stieg hinein. Ganz langsam, Stück für Stück. Cal hatte ihr gesagt, dass ihr nichts geschehen würde und sie wollte ihm vertrauen.

‚Ein seltsames Gefühl…’, dachte sie, als das kühle Wasser sich um ihren Körper schloss. ‚Auch wenn Yvannie es mir nicht glaubt, der See hat etwas Magisches und sehr Altes. Genau wie diese Weide. Eine alte und reine Magie beherbergen diese beiden…’

Sky dachte nicht weiter darüber nach und schritt so weit in den See hinein, bis sie den Boden unter den Füßen verlor. Gedankenverloren ließ sie sich treiben.

Die Kühle des Wassers entzog ihrem Körper seltsamerweise keinerlei Wärme, so dass sie ewig dort hätte treiben können.

Als sie den See wieder verließ, sah sie, dass Cal ihr ein Handtuch und frische Kleidung ans Ufer gelegt hatte, von ihm selbst war keine Spur.

Ein Lächeln huschte über ihre Lippen, als sie das hellblaue Kleid anzog. Es passte wie angegossen und fühlte sich angenehm weich an. Der Saum war mit silbernen Stickereien verziert und verlieh dem Ganzen einen königlichen Anblick.

Immer noch lächelnd ging sie zurück ins Haus.

Yvannie war begeistert, wie gut ihr das Kleid stand und wollte ihr auch gleich die Haare zurechtmachen, doch Cal hielt sie zurück. „Können wir nicht zuerst was essen? Ich habe Hunger!“

Yvannie entschuldigte sich und wurde rot. Bei Skys Anblick hatte sie alles andere vergessen.

„Klar doch, aber danach darf ich mich an deinen Haaren versuchen, einverstanden? Und dann gehen wir ins Dorf. Ich muss noch ein paar Dinge besorgen und vielleicht kennt dich dort jemand.“ Skys Miene hellte sich auf und hätte sie nicht solch einen Hunger gehabt, wäre sie auf der Stelle aufgebrochen.

Kapitel 1.2

Am Nachmittag machten sie sich auf den Weg.

Von Westen her zogen allmählich dunkle Wolken auf und die Luftfeuchtigkeit erhöhte sich spürbar.

„Ich hoffe doch, es fängt nicht zu regnen an, während wir im Dorf sind“, murmelte Yvannie und warf einen besorgten Blick gen Westen.

In der Ferne tauchten nun die äußersten Häuser des Dorfes auf.

Es schien in einem Kreis um einen großen Platz angeordnet zu sein. Die Häuser wirkten alle sehr alt und einige schienen kurz vor dem Zusammenbruch zu stehen. Andere wiederum schienen sich trotz ihres Alters gut zu halten und wirkten beinahe wie neu.

„Am besten, du lässt dir von Cal das Dorf zeigen. Ich muss nämlich noch Stoff und ein paar Kräuter für das Abendessen besorgen. Wir treffen uns am Dorfplatz wieder!“

Ohne Skys oder Cals Antwort abzuwarten, verschwand sie hinter einer Straßenbiegung.

Die beiden sahen ihr verwirrt nach.

„Was ist los mit ihr?“, fragte Sky Cal. „Ich schätze mal, sie will hier nicht allzu viel Zeit verbringen. Du siehst ja wie das Wetter umgeschlagen hat“, entgegnete er. „Und außerdem hasst sie Regen“, fügte er noch hinzu als einige wenige Tropfen zu Boden fielen und die Erde befeuchteten.

‚Den Regen hassen? Warum?’, fragte sich Sky und sah zum Himmel.

Cal riss sie aus ihren Gedanken und drängte sie, mit ihm zu kommen.

„Na komm, dann werde ich dir mal alles zeigen! Am besten, wir fangen am Dorfplatz an. Er ist das Zentrum des Dorfes. Alle Feste werden dort gehalten.“

Er zog sie durch die engen Straßen.

Sky bemerkte, dass nicht sehr viele Menschen unterwegs waren, was sie irgendwie beunruhigte. Aber die wenigen, denen sie begegneten, drehten sich nach den beiden um und sahen ihnen mit verstohlenen Blicken nach. Sky schob es auf die auffällige Frisur, die ihr Yvannie verpasst hatte und strich sich nervös durchs Haar, wobei sie den Knoten löste, der es zusammenhielt. Ihr schneeweißes Haar verdeckte ihr kurz die Sicht, bis sie es mit einem sanften Kopfschütteln auf ihren Rücken warf.

„Da wären wir“, bemerkte Cal und lächelte, als er sie ansah.

„So finde ich es besser“, meinte er lächelnd und griff nach ihren Haaren. „Wirklich wie Sternenlicht… Ich habe so etwas noch nie gesehen, wunderschön.“

Sky sah sich um.

Vor ihnen, in der Mitte des Platzes, türmte sich die riesige Statue eines Mädchens auf.

„Wer ist das?“, fragte sie neugierig und starrte die Statue mit großen Augen an. „Das ist das Symbol des Dorfes. Vor dreitausend Jahren, zu Beginn des großen Krieges zwischen Licht und Dunkelheit, erwachte eine Legende zum Leben, um den Menschen zu helfen. Sie wurde den Überlieferungen zufolge von sieben Wächtern an diesem Ort gefunden, aber ich denke, dass da irgendwas falsch überliefert wurde und…“ Sky bemerkte nicht, dass Cal soeben fortfahren wollte seine Zweifel an den Überlieferungen kundzutun.

„Irgendwie kommt sie mir bekannt vor…“, murmelte sie ihm dazwischen und wandte sich ihm wieder zu. Er schien ihre Bemerkung nicht gehört zu haben.

„Jedenfalls… Deswegen trägt dieses Dorf den Namen Cantír, was in der alten Sprache soviel bedeutet wie…“

Sky zuckte zusammen, als sie hinter Cal einen jungen Mann stehen sah.

„Cal…“, begann sie, doch dieser hatte den jungen Mann längst bemerkt.

„Sedryn! Was machst du denn hier?“, fragte er überrascht, als ein Lächeln über das schöne Gesicht des Mannes huschte. Er hatte schwarze lange Haare, die zu einem lockeren Zopf in seinem Nacken zusammengebunden waren.

„Willst du mir nicht deine hübsche Begleiterin vorstellen?“

Die Stimme des Mannes klang warm und rein und jagte Sky einen angenehmen Schauer über den Rücken. Das Lächeln, das er ihr zuwarf, ließ sie rasch den Blick abwenden um die sanfte Röte, die sich auf ihr Gesicht schlich, zu verbergen.

„Das ist Sky, eine Freundin von Yvannie und mir.“

„Du hast eine verblüffende Ähnlichkeit mit ihr!“, bemerkte er grinsend. „Nur das ihr Haar nicht weiß ist und auch deine Augen spiegeln etwas anderes wider…“

Er beugte sich nach vorn, um sie genauer zu betrachten, doch Sky wich erschrocken zurück. Was wollte dieser Mann von ihr?

„Ich tu’ dir nichts“, meinte er grinsend und hob abwehrend die Arme nach oben.

‚Was ist das?’, fragte sich Sky verwirrt. ‚Warum fühle ich mich in seiner Gegenwart so seltsam? So… so hilflos?’

„Sky? Alles in Ordnung?“, fragte Cal und musterte sie besorgt. Sie nickte zögerlich und wandte sich wieder der Statue zu. Jenes Mädchen faszinierte sie ungemein. Dieser Blick, irgendwie kam er ihr vertraut vor. Sie kannte das Mädchen, da war sie sich sicher. Doch woher? Und vor allem, wie konnte sie sie kennen, wenn all das vor dreitausend Jahren geschehen war?

Cal und Sedryn redeten leise miteinander und entfernten sich immer weiter von Sky.

„Wir sind gleich wieder zurück, Sky. Warte hier auf mich, ja?“

Sie nickte geistesabwesend und starrte weiterhin die Statue an.

„Du siehst Yvannie so ähnlich…“, murmelte sie vor sich hin. „Aber du bist es nicht… oder doch? Nein. Dreitausend Jahre sind eine lange Zeit, die kein Mensch überbrücken kann… Du kannst es nicht sein.“

Sie drehte sich um, doch Cal und Sedryn waren verschwunden.

Hatten sie sie vergessen?

Sie war sich nicht sicher und versuchte zurückzudenken. Hatte Cal ihr nicht irgendetwas gesagt? Sky senkte den Blick. Was auch immer er gesagt hatte, sie hatte es vergessen. Panik machte sich in ihr breit.

Verwirrt rannte sie los um ihn zu suchen.

Als sie das Dorf verlassen hatte, blieb sie stehen und warf einen ängstlichen Blick zurück. Niemand, den sie hätte fragen können, war zu sehen.

Ein kalter Windstoß ließ sie frösteln. Das Heulen des Windes jagte ihr einen eisigen Schauer über den Rücken und ließ sie zusammen zucken. Sie hatte Angst.

‚Irgendetwas stimmt mit dem Wind nicht!’, dachte sie erschrocken. ‚Diese Kälte… diese unbeschreibliche Kälte…’

Sie hatte das unheimliche Gefühl beobachtet zu werden und rannte schließlich weiter.

Als sie einen nahen Hügel erklomm, begann es stärker zu regnen.

„Ich werde ihn nie finden…“, flüsterte sie verzweifelt und kauerte sich unter einem einsamen Baum nieder, als der Regen immer stärker und kälter wurde.

In der Ferne konnte sie leise Stimmen flüstern hören. Kalte, tote Stimmen.

Kapitel 1.3

Cal und Sedryn unterhielten sich leise über Sky. Cal erzählte ihm alles was er über sie wusste und was er dachte. Er erzählte ihm davon, wie er sie völlig verstört im Wald fand, wie Yvannie ihr versprach, Licht in ihre Vergangenheit zu bringen und was sie sagte, als sie den kleinen See vor ihrem Haus betrachtete.

Sedryn war schon immer von Yvannies Hilfsbereitschaft fasziniert gewesen und schüttelte den Kopf.

„Ich kann deine Schwester nicht verstehen. Ihre Hilfsbereitschaft wird ihr früher oder später noch zum Verhängnis werden“, murmelte er und sah Cal in die Augen. „Irgendetwas stimmt mit Sky nicht…“ Cal schüttelte den Kopf. „Das mag sein, aber meiner Meinung nach ist sie nicht böse… nicht sie…“ Wieder schüttelte Sedryn den Kopf. „Was macht dich da so sicher? Du weißt doch nicht, wer sie ist und vor allem, was sie ist.“ Jetzt war es Cal, der den Kopf schüttelte. „Ich weiß auch nicht, es ist nur so ein Gefühl…“

Sie gingen eine Weile schweigend nebeneinander her.

„Was denkst du, was sie ist?“, fragte Cal schließlich. Sedryn schien sichtlich überrascht zu sein und blieb stehen. „Nun ja, das weiß ich auch nicht. Aber auf jeden Fall ist sie kein Mensch, da bin ich mit sicher. Kein menschliches Wesen hat solch reines, weißes Haar.“

„Dann kannst du auch nicht sagen, dass sie zur Dunkelheit gehört.“ Sedryn schüttelte den Kopf. Allmählich kamen ihm Zweifel daran, ob es klug gewesen war, Cal sein kleines Geheimnis anzuvertrauen.

„Lass uns zurückgehen. Die Dunkelheit kommt immer näher…“ Cal nickte zustimmend. Auch er konnte es spüren.

Als sie den Dorfplatz erreichten, wartete Yvannie bereits auf sie.

„Sedryn! Was machst du denn hier?“ Sie umarmte ihn fröhlich. „Warum kommst du uns nie besuchen? Ich hab dich schon so oft eingeladen, aber du lässt dich einfach nicht blicken“, meinte sie schließlich vorwurfsvoll. „Und wo ist Sky?“

Cal sah sich überrascht um. Sie war wirklich nirgends zu sehen.

„Ich sagte ihr, sie solle hier auf mich warten“, meinte er ein wenig verwirrt. „Sie müsste eigentlich…“

„Aber sie schien mit ihren Gedanken ganz woanders gewesen zu sein“, warf Sedryn ein. „Und warum hast du nichts davon gesagt?“ Yvannie warf ihm einen bösen Blick zu. „Sie hat bestimmt gedacht, ihr hättet sie vergessen und ist nun total verstört auf der Suche nach euch… die Arme…“

Cal sah Sedryn an.

„Ich werde sie suchen gehen“, bot Sedryn schließlich an, als der Regen stärker wurde. „Geht ihr beide nach Hause. Ich werde sie schon finden“, fügte er hinzu, als Yvannie gerade etwas einwenden wollte.

„Ich weiß, dass du den Regen nicht magst und du hast sehr gute Gründe dafür…“ Yvannie sah ihn verwirrt an. „Was meinst du damit?“ Er sah ihr tief in die Augen und schüttelte den Kopf. „Ich werde es dir erzählen, wenn ich Sky zurück gebracht habe, und jetzt geht!“

Sedryn konnte die Dunkelheit fühlen, wie sie sich langsam um sein Herz schloss, und rannte los. Er verschwand hinter einem zerfallenen Haus und sprang leichtfüßig über die Trümmer, die ihm den Weg versperren wollten. Nach einiger Zeit blieb er in einer engen Gasse stehen und starrte in den Himmel.

Er blinzelte sich den Regen aus den Augen, um wieder klar sehen zu können.

‚Warum tue ich das überhaupt? Wenn sie wirklich ein Wesen der Dunkelheit ist, dann könnte ich noch mehr Schaden anrichten…’

‚Und wenn sie das nicht ist? Was wäre, wenn sie unsere Rettung ist?’, flüsterte Cals Stimme in seinem Geist.

‚Vielleicht liege ich wirklich falsch, aber wenn nicht, dann… Aber ich kann sie nicht schon wieder im Stich lassen!’

Er rannte weiter.

Der Regen wurde immer kälter und graue Nebelschleier zogen auf, die ihm die Sicht erschwerten. Sie vermischten sich mit seinem Atem, der nun zu weißen Wolken kondensierte.

„Es hilft alles nichts…“, murmelte er als er einen Hügel außerhalb des Dorfes bestieg. Er murmelte etwas Unverständliches und konzentrierte sich auf Skys Aura.

In der Ferne begann ein sanftes Licht zu leuchten und wies ihm den Weg.

„Ich lag wohl doch falsch…“, meinte er zu sich selbst und setzte die Suche fort. In der Ferne schienen Stimmen nach ihm zu rufen. Kalte Stimmen, die seine Bewegungen verlangsamten.

Das Licht führte ihn tatsächlich zu Sky.

Sie saß zusammengekauert unter einem großen Baum und zitterte vor Kälte.

Sedryn zog seinen völlig durchnässten Mantel aus und legte ihn ihr über die Schultern. Sky zuckte erschrocken zusammen als sie eine Hand auf ihrer Schulter spürte.

„Er wird dich trotzdem warm halten“, sagte er lächelnd und strich ihr übers Gesicht. Er war sich sicher, dass sie geweint hatte und dies auch jetzt noch tat, doch der Regen verwischte ihre Tränen.

„Sedryn… Ihr habt mich also doch nicht vergessen?“ Sie warf sich ihm um den Hals und schluchzte leise. „Ist schon gut, Yvannie und Cal warten bereits auf dich. Ich bring dich zu ihnen nach Hause. Na komm, steig auf meinen Rücken.“

Er nahm sie huckepack und stapfte los, als es zu dämmern begann. Das warme Gefühl, das ihn jetzt durchströmte, ließ ein Lächeln auf seinem Gesicht entstehen.

‚Cal hatte Recht… sie ist nicht böse. Vielleicht ist sie ja wirklich hier um uns zu retten… so wie damals…’

Kapitel 2.1

„Bin ich froh“, flüsterte Yvannie als sie die beiden in der Dunkelheit erkannte.

Sie öffnete ihnen die Tür und versuchte sich die Tränen zu verkneifen.

Auch wenn sie Sky nun erst seit einem Tag kannte und eigentlich nichts über sie wusste, so hatte sie sie doch ins Herz geschlossen.

Sedryn schien sehr müde zu sein auch wenn er dies nie zugeben würde, doch Yvannie erkannte es in seinen Augen als sie näher kamen.

Als Sky von seinem Rücken stieg fiel ihr Yvannie um den Hals und drückte sie fest an sich.

„Ich hab mir solche Sorgen gemacht…Komm her, Sedryn, lass dich umarmen!“

Geduldig ließ er dies über sich ergehen und folgte den beiden schließlich ins Haus.

„Ich hab Tee gemacht. Willst du heute Nacht hier bleiben, Sedryn?“ Yvannie verfiel wieder ganz in ihre Rolle der Haushälterin. Sedryn schüttelte lächelnd den Kopf. „Nein, ich bin sehr beschäftigt…ein anderes Mal vielleicht.“

„Dann solltest du dich aber wenigstens aufwärmen“, schlug Cal vor und reichte ihm und Sky eine Tasse Kräutertee nachdem sie sich gesetzt hatten.

„Wie hast du sie überhaupt gefunden?“, fragte Yvannie schließlich, als sie ein paar Kekse auf den Tisch stellte. „Ganz einfach, ich habe sie gesucht“, entgegnete er schlicht und griff sich ein paar Kekse. Er konnte ihr ja unmöglich sagen, wie er dies geschafft hatte. Sie würde ihm nicht glauben.

„Die sind echt gut!“, meinte er schließlich um vom Thema abzulenken.

Yvannie lächelte und Sedryn und Cal tauschten wissende Blicke und lächelten ebenfalls. Sie hatte den Köder geschluckt.

„Komm, ich zeig dir mal dein Zimmer“, meinte Yvannie dann und nahm Sky bei der Hand.

„Es ist nicht sehr groß, aber ich denke, es wird dir gefallen.“

Im Zimmer standen überall Kerzen verteilt und erhellten den Raum.

Die Wände waren weiß und bildeten einen schönen Kontrast zu den Schränken, die im Kerzenschein beinahe schwarz zu sein schienen.

Auf dem Bett, ebenfalls weiß, lagen ein beiges Nachthemd und ein Handtuch.

Yvannie hatte sich sehr viel Mühe gegeben das Zimmer wieder herzurichten, denn nach dem Tod ihrer Eltern hatten es weder sie noch Cal jemals wieder betreten um nicht daran erinnert zu werden, dass dort einst ihre Eltern gelebt hatten.

„Die Kerzen hat Cal aufgestellt. Er meinte, sie werden dich beschützen.“

Ein Lächeln huschte über Skys Gesicht als sie sie sich aufs Bett setzte.

„Gute Nacht.“

Yvannie verließ das Zimmer und schloss leise die Tür.

Mit Tränen in den Augen lehnte sie noch einen Moment an der Tür, dann lächelte sie und ging wieder zu Cal und Sedryn zurück in die Küche.

Sky erhob sich, ging zum Fenster hinüber und starrte in die Nacht hinaus. Der Regen hatte nachgelassen, doch der Nebel schien nicht verschwinden zu wollen. Am Himmel tauchten die Sterne allmählich hinter den Wolken auf und der silberne Mond kroch in der Ferne hinter den Bergen hervor.

Trotz des Mondlichts ist es so dunkel…unheimlich… Sie schüttelte den Kopf. Denk einfach nicht dran.

Sie wollte sich gerade vom Fenster abwenden, als etwas ihre Aufmerksamkeit erregte. Es lief ihr eiskalt den Rücken herunter.

Ein Bote der Morva…aber was wollen die hier? Hier gibt es doch nichts von Interesse für sie…oder doch?

Sie zog die Vorhänge zu und ließ sich auf dem Bett nieder.

„Was sollte das?“, murmelte sie verwirrt und dachte über ihre Worte nach, die klangen, als würde sie die Morva kennen.

Sie zog ihre nassen Sachen aus und streifte das samtigweiche Nachthemd über. Sedryns Mantel hatte sie ihm noch nicht zurückgegeben, doch jetzt wollte sie das Zimmer nicht mehr verlassen. Sie beschloss den Mantel so lange aufzubewahren, bis sie Sedryn wieder traf und ihn ihm zurückgeben konnte.

Mit einem flüchtigen Blick zur Türe kroch sie unter die Bettdecke. Erst jetzt bemerkte sie, wie müde sie war.

Das Letzte woran sie dachte ehe sie einschlief, war Sedryn, wie er plötzlich wie aus dem Nichts vor ihr stand und sie nach Hause holte.

Kapitel 2.2

„Musste das sein?“, fragte Cal als Sky und Yvannie nach oben gegangen waren. Sedryn sah ihn überrascht an. „Was meinst du?“ Cal schüttelte wütend den Kopf. „Du weißt ganz genau, was ich meine! Musstest du sie so auf die Probe stellen?“ Sedryn senkte den Kopf. „Es war falsch, ich weiß…aber jetzt bin ich mir sicher; sie ist nicht böse, du hattest Recht. Ich hätte deinen Gefühlen wieder vertrauen sollen…dein Instinkt ist bemerkenswert.“

„Worüber redet ihr?“

Beide drehten sich erschrocken um.

Yvannie stand im Türrahmen gelehnt und lächelte die beiden an.

„Nur darüber, wie lecker deine Kekse sind“, log Sedryn grinsend. Yvannie sah ihn misstrauisch an. „Du warst schon immer ein schlechter Lügner, Sedryn, aber wenn ihr es nicht sagen wollt muss ich das akzeptieren, schade.“

„Geht es Sky gut?“, fragte er als Yvannie sich zu ihnen setzte. „Ja, ich denke schon. Danke für deine Hilfe!“ Sedryn grinste sie wieder an. „Für dich tue ich doch alles. Ich werd dann langsam mal wieder gehen. Und ich werde euch bald besuchen kommen, versprochen!“

Ein breites Lächeln huschte über Yvannies Gesicht. „Das will ich auch hoffen. Sonst gibt’s keine Kekse mehr für dich.“

Sie brachte ihn zur Tür und umarmte ihn zum Abschied.

„Der Mond geht auf, dann ist ja alles wieder gut“, meinte er und verabschiedete sich von Yvannie. „Aber es ist ziemlich kalt“, entgegnete sie ohne richtig verstanden zu haben, was er damit meinte. „Oh, Sky hat noch deinen Mantel. Warte, ich hole ihn schnell.“ Sedryn hielt sie zurück. „Lass Sky schlafen, ich werd ihn mitnehmen, wenn ich wieder komme. Tschau!“

Er verschwand in die Nacht hinaus.

Yvannie sah ihm nach und ging, als es ihr zu kalt wurde, wieder ins Haus.

„Ich geh dann auch mal ins Bett. Ich bin ziemlich müde“, murmelte Cal als er Yvannie wieder ins Wohnzimmer kommen sah und rieb sich die Augen. „Ja, keine schlechte Idee. Ich putze noch ein bisschen und dann geh auch ich schlafen. Gute Nacht!“ „Mach das doch morgen, es ist schon so spät jetzt“, meinte Cal kopfschüttelnd und sah sie an. „Vielleicht helfe ich dir dann auch.“ Yvannie lächelte. „Ist schon ok, ist ja nicht viel. Und jetzt marsch ins Bett!“

Kapitel 2.3

Als die Sonne langsam hinter den Bergen hervor kroch erwachte Sky.

Sie öffnete langsam die Augen und sah sich um.

Im schwachen Licht, das durch die Vorhänge kroch, sah das Zimmer noch viel schöner aus als am vergangenen Abend.

Sky schob die Bettdecke von sich und trat zum Fenster hinüber. Sie zog die Vorhänge beiseite und öffnete das Fenster. Eine sanfte Brise wehte ihr entgegen und spielte in ihrem Haar. Die Sonne schien ihr mit solcher Kraft ins Gesicht, dass sie blinzeln musste und sie dazu zwang eine Hand zum Schutz ihrer Augen anzuheben.

„Ein schöner Morgen…“

Sie sah sich um und erblickte Cal, der im See planschte.

Lächelnd zog sie sich an und ging nach draußen.

Was am vergangenen Tag alles geschehen war hatte sie tief in ihrem Bewusstsein vergraben. Sie wollte nicht daran erinnert werden.

„Guten Morgen, Cal! So früh schon wach?“ Sie ließ sich am Seeufer, nahe der alten Weide, nieder und lächelte ihn an. Es schien, als würden sie sich schon ewig kennen. „Das selbe könnte ich dich fragen“, entgegnete er fröhlich. „Ich hoffe, du verzeihst mir das von gestern. Ich hätte mehr darauf achten sollen, ob du mir überhaupt zuhörst…“ „Ist schon gut, das ist Vergangenheit. An so einem schönen Morgen sollte man nicht in Erinnerungen schwelgen…“

Als sie das Wort Erinnerungen aussprach wurde ihre Stimme traurig und sie wandte den Blick von Cal ab.

„Sky…du wirst deine Erinnerung früher oder später zurückbekommen! Du musst nur daran glauben und Yvannie und ich werden dir dabei helfen, das haben wir dir versprochen! Willst du nicht auch reinkommen?“ Sie schüttelte den Kopf und wollte aufstehen. „Nein, danke. Ich werde wieder reingehen und…“ „Ach, bitte!“ Cal setzte eine beleidigte Miene auf und schwamm aufs Ufer zu. „Komm schon. Zu zweit ist es doch viel lustiger! Bitte!“ Zur Demonstration spritzte er sie nass.

Triefend stand Sky nun vor ihm und sah ihn überrascht an. Damit hatte sie nun wirklich nicht gerechnet.

„Das bekommst du zurück“, meinte sie grinsend und rannte auf ihn zu. Cal schwamm lachend ein Stück zurück.

Das Wasser war kalt, aber irgendetwas darin verhinderte, dass sie fror.

„Dieser See ist seltsam…“, murmelte sie schließlich und blieb stehen als nur noch ihr Kopf hinausragte.

„Du fühlst das auch?“ Sie nickte. „Ich hatte es gestern auch schon erwähnt, aber Yvannie scheint nicht an Magie oder dergleichen zu glauben. Was ist eigentlich mit dir?“ Cal schwamm auf sie zu. „Natürlich glaube ich daran! Das ist doch die Kraft, die alles hier zusammenhält! Ohne die Magie würde das alles hier nicht existieren, genauso wenig wie wir.“ Sky sah ihn an, sagte aber nichts mehr. Hielt die Magie wirklich alles zusammen?

Irgendetwas sagte ihr, dass sie die Antwort darauf kannte, aber sie konnte sie nicht erreichen.

Später…, dachte sie und wartete darauf, dass Cal nahe genug bei ihr war, dann stürzte sie sich auf ihn und drückte ihn unter Wasser.

„Das war gemein“, murmelte er als er wieder auftauchte und sich das Wasser aus dem Gesicht wischte. Sky konnte sich nicht mehr zurückhalten und fing an zu lachen.

„Das ist nicht komisch!“

Jetzt war es Cal, der sich auf Sky stürzte. Doch ihm gelang es nicht ganz, sie unterzutauchen und schließlich traf es ihn wieder.

Kapitel 2.4

Yvannie sah aus dem Fenster und lächelte als sie Skys fröhliches Lachen vernahm.

Sie scheint es nicht mehr so tragisch zu nehmen keine Erinnerung mehr zu haben…das ist schön. Und das nach nur einem Tag…

Sie sah den beiden noch eine Weile zu, dann dachte sie darüber nach, was sie zu Essen machen sollte.

Zu ihrem Glück hatte sie noch ein wenig Mehl zu Hause, also machte sie sich erst einmal daran Brot zu backen.

Von draußen konnte sie immer wieder das Lachen und das Spritzen von Wasser vernehmen und jedes Mal musste sie lächeln. Wie gerne würde sie den beiden Gesellschaft leisten, doch in ihrer Rolle als ältere Schwester und Ersatzmutter hatte sie andere Aufgaben zu bewältigen.

Es ist lange her, dass in diesem Haus solch eine fröhliche Stimmung herrschte, erinnerte sich Yvannie als sie das Brot in den kleinen Steinofen schob. Seit unsere Eltern gestorben sind…

Beim Gedanken an ihre Eltern füllten sich ihre Augen mit Tränen.

„Fang jetzt nicht an zu heulen“, sagte sie sich selbst. „Das ist vergangen…Vergangenheit…“

Zu ihrer Überraschung schaffte sie es tatsächlich, die Tränen zu unterdrücken.

„Ist alles in Ordnung, Yvannie?“

Sie schreckte auf; erst jetzt bemerkte sie, dass sie auf dem Boden kauerte.

„Sky…du hast mich erschreckt“, war das einzige, was Yvannie hervorbrachte.

„Irgendwas macht dich traurig, ich kann es fühlen“, flüsterte Sky.

Sie setzte sich neben sie auf den Boden und eine kleine Wasserlache breitete sich um sie herum aus.

„Ich hab nur an meine Eltern gedacht…“ Yvannies Augen füllten sich wieder mit Tränen. „Tut mir leid. Du hast deine eigenen Probleme, vergiss was ich gesagt habe…du machst ja alles nass!“

Yvannie sprang auf als sie die Pfütze um Sky herum und die Fußspuren im Flur bemerkte.

„Tut mir leid…“ Sky sah betreten zu Boden. „Ich wisch es sofort weg.“ „Nein, schon gut, zieh dir lieber was Trockenes an, sonst erkältest du dich womöglich noch. Oben im Schrank sind genug Sachen, such dir was aus.“

Als Sky die Küche wieder verlassen wollte drehte sie sich noch einmal um.

„Yvannie, wenn du reden willst…ich bin für dich da. Wenn ich sonst nichts tun kann, lass mich wenigstens dir helfen, deinen Kummer zu ertragen…“

Yvannie sah vom Boden auf und legte den Lappen beiseite, dann lächelte sie.

„Ich weiß, danke!“

Nachdem Sky verschwunden war machte sie sich wieder daran, den Boden zu wischen. Ihre Gedanken glitten immer wieder von ihren Eltern zu Sky und wieder zurück.

Woher wusste sie von meinem Kummer? Dass sie ausgerechnet in diesem Moment kam…, dachte sie verwirrt. Na ja…sie ist was Besonderes…

Yvannie verglich Sky mit ihrer Mutter.

Auch sie hatte immer gewusst, wenn jemand traurig war. Egal, wie nah oder fremd ihr diese Person war. Sie wusste es und setze alles daran den Kummer jener Person zu beseitigen.

Yvannie lächelte in sich hinein und holte das Brot aus dem Ofen.

Ein köstlicher Duft breitete sich im Haus aus und zog, da war sie sich sicher, Cal magisch an.

„Du hast Brot gebacken?“, fragte eine Stimme hinter ihr.

Als sie sich umdrehte musste sie Lachen.

„Wusste ich’s doch!“ Sie sah Cal an.

„Nicht schon wieder! Zieh dir was Trockenes an, du machst alles nass!“

Er achtete nicht darauf, was Yvannie eben gesagt hatte und sah sich stattdessen in der Küche um.

„Hast du Sky gesehen? Sie ist so plötzlich verschwunden“, fragte er dann und sah sie an. „Sie ist oben und zieht sich um. Und nun geh; ich will nicht, dass du dich erkältest!“

Cal wusste, dass man mit Yvannie in diesem Thema nicht scherzen durfte und machte sich schnell aus dem Staub.

„Und nun zu euch Erdbeeren…“

Sie öffnete einen der oberen Schränke und holte den Erdbeerkorb vom vergangenen Tag herunter. Sie waren immer noch frisch und saftig, so wie Yvannie es wollte.

„Was mach ich denn aus euch? Hmm…“

Da ihr nichts Gutes einfiel wusch sie sie nur und stellte sie, zusammen mit dem Brot und ein wenig Gemüse, auf den Tisch.

Cal und Sky kamen nun nacheinander in die Küche.

Als Cal die Erdbeeren auf dem Tisch stehen sah musste er grinsen.

„Ich dachte schon, du machst einen Kuchen daraus…“, murmelte er vor sich hin, als er sich hinsetzte. „Aber so ist es viel besser, so mag ich sie am liebsten!“

Ohne auf die anderen beiden zu warten vergriff er sich an den Erdbeeren, ohne das Brot oder Gemüse auch nur eines Blickes zu würdigen.

„Ich wollte dir eigentlich helfen…“, murmelte Sky schließlich als sie sich zu ihm setzte. „Du kannst den Abwasch machen, wenn du möchtest“, schlug Yvannie vor und lächelte sie an.

Skys Miene hellte sich auf und sie nickte heftig.

Wenn sie nun schon hier wohnen durfte, so musste sie doch wenigstens im Haushalt aushelfen so gut sie konnte.

Nachdem sie gegessen hatten schickte sie Yvannie wieder nach draußen.

Sky sah sie etwas beleidigt an. Sie konnte Yvannie doch nicht alles alleine machen lassen.

„Aber ich wollte dir doch…“ Yvannie sah ihr in die Augen. „Du bist unser Gast, es wäre sehr unhöflich, dich arbeiten zu lassen“, meinte diese bestimmt und schüttelte dabei den Kopf. „Geht schon, ich schaff das auch alleine. Husch, husch!“ Sie wedelte mit den Armen und scheuchte die beiden nach draußen.

„Na komm, Sky, dann gehen wie in den Wald! Ich wäre froh, wenn ich den Abwasch nicht machen müsste!“

Cal nahm sie bei der Hand und zog sie aus der Küche.

Sky warf einen unglücklichen Blick zurück.

„Yvannie hat doch recht, du bist unser Gast“, sagte er als sie schon eine Weile schweigend nebeneinander herliefen und er Skys Gesichtsausdruck bemerkte. „Denk nicht darüber nach, du musst es einfach immer wieder versuchen, irgendwann wird sie schon nachgeben. Aber…eigentlich ist es ganz gut für sie, wenn sie so viel arbeitet…so vergisst sie wenigstens an unsere Eltern zu denken…sie hängt viel zu sehr an der Vergangenheit und vergisst dabei ganz zu leben.“

Sky warf ihm einen kurzen Blick zu, hielt es aber für besser, nichts zu erwidern.

Irgendwann würde sie vielleicht danach fragen, wenn sie es für richtig hielt.

Es ging sie zwar nichts an, aber es machte Yvannie und auch Cal, der es zu verbergen versuchte, großen Kummer. Sie hatte die beiden ins Herz geschlossen und wollte ihnen helfen wo sie konnte und sei es nur mit tröstenden Worten.

Im Wald gab es nicht wirklich aufregende Dinge zu sehen, stellten sie fest.

Als sie jedoch an der Stelle vorbeikamen, an der Cal Sky am vergangenen Tag gefunden hatte, legte sich eine traurige Stimmung über die beiden. Cal versuchte Sky wieder aufzumuntern, aber erst als die Menil, die seltenste Vogelart der Welt, über sie hinweg flogen und sich schließlich neben den beiden niederließen, hellte sich Skys Miene wieder auf.

Die Menil waren eigentlich sehr scheue Vögel, deren Gefieder sich silbern verfärbte wenn sie Angst hatten. Waren sie jedoch fröhlich und fühlten sich wohl hatte ihr Gefieder die sanfte Farbe des Flieders.

„Du scheinst sie ja magisch anzuziehen“, meinte Cal neckisch und deutete auf einen Menil, der heller war als die anderen. „Kann sein…sie sind so fröhlich“, bemerkte Sky schließlich und begann wieder zu lächeln.

Der Menil, der sich auf ihrer Schulter niedergelassen hatte, rieb seine Wange an der Skys und zu deren Überraschung wechselte sein Gefieder in einen hellen Goldton über.

Schließlich sang er ein fröhliches Liedchen für die beiden, in das die anderen mit einstimmten.

„Ihr seid nur deswegen gekommen?“, fragte Sky einen der Menil als sich dieser auf ihrer ausgestreckten Hand niederließ. Der Menil begann zu singen und Sky musste lachen.

„Du kannst mit ihnen sprechen?“, fragte Cal erstaunt.

„Kannst du das nicht?“ Sky sah ihn an. Sie hatte das für normal gehalten. Er schüttelte den Kopf. „Nein…aber ich würde sie gern verstehen können…“

Der helle Menil sprang auf seine Schulter und zwitscherte ihm etwas ins Ohr.

„Ich kann dich leider nicht verstehen, mein kleiner Freund“, entgegnete Cal enttäuscht.

Hör auf dein Herz, dann wirst du uns verstehen“, übersetzte Sky als sie Cals enttäuschten Gesichtsausdruck bemerkte. „Du kannst es, du musst nur daran glauben. Dein reines Herz wird dir den Weg weisen.“

Cal versuchte es, doch auch dann konnte er nur erahnen, was sie ihm zu sagen versuchten. Enttäuscht gab er gegen Abend auf.

„Na ja, ist nichts für mich…damit muss ich mich abfinden. Tut mir leid, Kleiner.“ Er strich dem Menil noch einmal über die Flügel und verabschiedete sich von ihm.

Die Menil sangen den beiden zum Abschied noch ein kleines Liedchen, dann begleiteten sie sie noch bis zum Ende des Waldes.

„Wir werden uns wieder sehen“, meinte Sky lächelnd und winkte ihnen zu als sie den Wald verließen.

Als sie zu Hause ankamen dämmerte es bereits.

Yvannie hatte schon allmählich angefangen, sich Sorgen zu machen und war etwas verstimmt, als die beiden erst so spät wiederkamen.

„Tut uns leid, Yvannie. Wir haben neue Freunde gefunden und uns mit ihnen unterhalten…na ja, zumindest versucht“, fügte er verlegen hinzu. „Und wie heißen eure neuen Freunde?“, fragte sie neugierig. Auch wenn sie wollte konnte sie ihnen nicht lange böse sein. „Es sind die Menil“, sagte Sky lächelnd. „Meinst du diese seltene Vogelart?“ Yvannie sah die beiden verwirrt an. „Genau die“, entgegnete Cal. „Aber ich konnte sie nicht verstehen, Sky schon.“ Nun wanderte ihr Blick zu Sky. „Du verstehst die Vogelsprache? Interessant…“

Sie unterhielten sich noch eine ganze Weile über die Menil, deren Seltenheit und Freundlichkeit, von der Sky am meisten zu wissen schien, auch wenn sie nicht wusste, woher dieses Wissen kam. Dann gingen sie zu Bett.

Cal stand noch eine Weile am offenen Fenster und blickte in die Nacht hinaus.

Ist Sky vielleicht die, die wir so verzweifelt suchen?, schoss es ihm durch den Kopf. Wenigstens ist Sedryn jetzt meiner Meinung…

Er war zu müde um noch weiter darüber nachzudenken, also beschloss er sich am nächsten Tag damit zu befassen, wie er sich darüber gewiss werden konnte wer Sky war.

Kapitel 2.5

Es vergingen zehn weitere Tage, ohne dass Cal etwas Passendes einfiel.

Sky hatte sich inzwischen sehr gut eingelebt und dachte nicht mehr, zumindest hatte es für ihn den Anschein, über ihre Vergangenheit nach. Sie hatte sogar Yvannie dazu gebracht, ihr beim Essen und im Haushalt ein wenig zur Hand gehen zu dürfen.

Nun saß Cal allein auf einem Hügel und dachte wieder nach. In den letzten drei Tagen war er sehr oft hier gewesen. Es tat ihm zwar weh, Sky alleine zu lassen, aber sie hatte ja noch Yvannie. Und irgendwie musste er doch einen klaren Kopf bekommen um Sky helfen zu können ihre Erinnerung zurück zu gewinnen.

„Cal? Was ist nur los mit dir?“

Sky stand hinter ihm und sah ihn besorgt an. In ihrer linken Hand trug sie einen Korb, den sie jetzt am Boden abstellte und neben Cal ins Gras sank.

„Was macht dich so nachdenklich? Seit wir die Menil trafen verhältst du dich so seltsam…“

„Wie hast du mich gefunden?“, fragte er statt zu antworten und lächelte ein wenig unsicher. „Das war nicht schwer, ich bin einfach deinen Fußspuren gefolgt. Das Gras ist so trocken und erholt sich nur schwer…Regen…es sollte endlich mal wieder regnen…“

Cal sah sie überrascht an. Er hätte nicht gedacht, dass sie ihn auf diese einfache, unspektakuläre Weise finden würde.

„Hier. Das hat mir Yvannie für dich mitgegeben.“

Sie reichte ihm ein belegtes Brötchen aus dem Korb.

„Danke.“

„Auch Yvannie macht sich große Sorgen um dich…willst du mir nicht sagen, was dich bedrückt?“ Sie sah ihn erwartungsvoll an, doch innerlich kannte sie bereits seine Antwort. Er würde nicht mit ihr darüber reden. Ihr Herz sagte ihr, dass er sich ihretwegen so viele Gedanken machte und diese auf keinen Fall mit ihr teilen würde.

Sie senkte den Kopf und strich über das gelbe Gras, das, nach Wasser schreiend, versuchte sich wieder aufzurichten.

Von Westen her zogen langsam Regenwolken herauf und verdeckten die allmählich untergehende Sonne.

„Man könnte meinen, du hättest ihn gerufen“, meinte Cal scherzhaft und lachte. „Die Regenwolken? Das wäre schön, aber so was können doch nur Magier. Magie…“ Skys Blick glitt in die Ferne. „Wir sollten nach Hause gehen. Yvannie wartet bestimmt.“

„Ich will noch etwas hier bleiben, geh du schon mal vor.“ Sky schüttelte den Kopf, erhob sich dann aber. „Na gut, aber bleib nicht zu lange! Wer weiß, was Yvannie mit mir macht, wenn sie mitbekommt, dass ich dich bei dem Wetter noch hier draußen sitzen lasse.“

Irgendwie übernahm Sky so langsam die Rolle einer großen Schwester für Cal ohne es zu merken. Cal war darüber sehr glücklich, denn seit dem Tod seiner und Yvannies Eltern hatte diese die Mutterrolle übernommen.

Kurz bevor Sky das Haus erreichte fing es an zu regnen und zu ihrer Überraschung war er diesmal nicht kalt und unheimlich. Keine toten Stimmen lagen in der Luft. Er war rein und freundlich und brachte der Natur das, was sie momentan am meisten brauchte: Wasser.

„Cal kommt später wieder. Er wollte noch ein wenig nachdenken, glaube ich.“

Yvannie nickte langsam, sagte aber nichts dazu. Cal wird seine Gründe haben…, dachte sie, traurig darüber, dass er nicht mit ihr über seine Probleme, oder was ihn so sehr beschäftigte, redete.

„Ich bin doch schon wieder da. Du brauchst also nicht so ein Gesicht zu ziehen, Yvannie.“ Cal stand grinsend hinter Sky. „Ich glaub, ich hab jetzt auch eine Lösung gefunden, wie ich dir helfen kann, Sky!“ „Na dann lass mal hören“, sagte Yvannie neugierig, ihr war nämlich nichts eingefallen, was wirklich hilfreich gewesen wäre. „Nein, Sky wird es morgen erfahren oder besser gesagt, morgen werde ich es ihr zeigen!“

Seit sie Sky im Wald gefunden hatten hatte sich Cal sehr verändert. Er wirkte nun so erwachsen, dabei war er erst acht Jahre alt. Seine ganze Art hatte sich verändert, was Yvannie eine gewisse Angst einjagte. Sie wollte nicht, dass er so schnell erwachsen wurde und seine Kindheit dabei vergaß.

Sie aßen zu Abend und, nachdem es aufhörte zu regnen, spielten Sky und Cal noch eine Zeit lang im See.

Yvannie beneidete sie ein wenig um diese Unbefangenheit und sah ihnen von der Küche aus zu. Wie gerne würde auch sie wieder fröhlich im See spielen können, zusammen mit ihrem Bruder Spaß haben und einfach das Leben genießen.

Aber sie konnte nicht.

Ihre Eltern waren tot und Cal brauchte eine Mutter, er war doch noch so jung. Ihr blieb also nichts anderes übrig als diesen Teil für ihn zu sein. Sie musste es einfach tun.

Als es dunkel wurde waren Cal und Sky so müde, dass sie gleich zu Bett gingen.

Yvannie dagegen wollte sich noch ein Weilchen die Sterne ansehen und vor sich hinträumen. Etwas veränderte sich, das konnte sie fühlen. Sie war sich sicher, dass diese Veränderungen sogar sie und Cal betreffen würden, aber davor hatte sie Angst.



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Von:  Baleika
2009-10-17T11:19:18+00:00 17.10.2009 13:19
Diese Verbdinung zwischen Sedryn und Sky ist sehr interssant. Innerhalb von dieser kurzen Zeit hast du an uns Leser viel, aber doch keine Informionen gegeben. Das find ich echt toll, denn ich mag es wenn beim lesen einem das Licht auf geht :)
Von:  Baleika
2009-10-17T11:12:13+00:00 17.10.2009 13:12
Das mit der Statue, Yvannie und Sky finde ich etwas verwirrend, aber spannend. Was es wohl damit auf sich hat?
Schönes und übersichtliches Kapitel :)
Von:  Baleika
2009-10-17T11:06:09+00:00 17.10.2009 13:06
Die liebe zum Detail - Das merkt man bei dir sehr gut. Du hast die viel Mühe gegeben den Wald, das äußere der Hütte und den See zu beschreiben. Ein Ort zum verlieben, gefällt mir sehr.

Man kann sich gut hinein fühlen, das Mistrauen der Schwester und die Schüchternheit von Sky, auch das kindliche Verhalten von Cal, sehr nette Charakterzüge :)
Von:  Baleika
2009-10-17T10:50:54+00:00 17.10.2009 12:50
Der Prolog ist echt klasse. Du erzählst was früher passiert war und man meint, alles wäre gegessen. Doch alleine das "Jahrhunderte später" lässt vieles erahnen und treibt die Spannung in die Höhe.
Von:  Jarmina
2008-09-27T08:30:43+00:00 27.09.2008 10:30
Kurz, aber schön.^^ Wenn ich lese hab ich bei deinen Geschichten irgendwie immer alles als einen Manga vor Augen, man kann sich die Bilder richtig gut vorstellen.
Von:  Jarmina
2008-09-20T10:10:49+00:00 20.09.2008 12:10
An diesem Abschnitt hab ich nichts zu bemängeln. Du schreibst so toll!
Kann es sein, dass Sedryn ein wiedergeborener Wächter oder so ist? Und Sky vielleicht das Wesen aus dieser Legende?Oder was sieht er in ihr? Ich bin schon sehr gespannt!^^
Von:  Jarmina
2008-09-20T10:00:24+00:00 20.09.2008 12:00
Du schreibst echt toll, ich muss gleich weiterlesen!^^ Bin schon voll gespannt was das für Stimmen sind!
Nur eine Stelle hat mich verwirrt:
„Du hast eine verblüffende Ähnlichkeit mit ihr!“, bemerkte er grinsend. „Nur das ihr Haar nicht weiß ist und auch deine Augen spiegeln etwas anderes wider...“
Mit wem hat wer jetzt Ähnlichkeit? Sky mit Yvannie? Sky mit der Statue? Oder Cal mit Sky?
Irgendwie bin ich mir da jetzt nicht sicher....
Und dann noch eine Sache:
>Vor ihnen, in der Mitte des Platzes, türmte die riesige Statue eines Mädchens.<
"türmte" kann man so nicht sagen, das hieße so viel woie flüchtete. Wenn dann "türmte sich auf" oder "thronte".
Aber sonst konnte ich keine Fehler entdecken. Will jetzt auch endlich weiterlesen!^^
Von:  Jarmina
2008-09-20T09:42:46+00:00 20.09.2008 11:42
Wow, die Geschichte ist genauso schön wie die Bilder dazu!^^ Ich bin froh das ich sie mir angeschaut habe, jetzt hab ich wieder einen neuen Favoriten!^^

Von: abgemeldet
2008-08-18T08:55:50+00:00 18.08.2008 10:55
am anfang könnte man glauben, es wäre eine weitere version einer typischen Fantasy geschichte mit dem kampgf zwischen dunkelheit und Licht aber im verlauf des Prologs offenbaren sich einige sehr interessante details. im übrigen ist dein schreibstil trotz der knappen fassung sehr gut. bin gespannt über die richtige geschichte.
jetzt komme ich endlich mal dazu sie zu lesen X_X
Von:  Felinae
2008-06-07T13:54:22+00:00 07.06.2008 15:54
Wie traurig ;^;
Alle drei (vier..-hüstl- ^^) sind mir so ans Herz gewachsen.
Yvannie tut mir so leid ;_; und Cal ist auch so wahnsinnig süß.


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