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My Ryu, My Shu - Zwei Brüder, eine Geschichte

von

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Trugbild Glück

"Jab, das hab ich jetzt auch." Mit einem Mal strahlte Ryuichi wieder, als gelte es einen Wettbewerb zu gewinnen. "Ryu geht jetzt Fotos machen." Freudig rannte er aus dem Studio und zu den Umkleidekabinen, Shuichi dabei im Schlepptau. "Du kannst ja was essen." Mit diesen Worten verschwand er in den hinteren Teil und schmiss sich in sein erstes Outfit, eines von vielen. Es bestand aus einer langen blauen Hose mit Schlitzen, welche bis zum Knie gehen. Des weiteren aus einem ärmelfreien blauen Shirt und einem blauen Halsband. Anschließend musste er schnell noch zur Maske und stand schließlich grinsend erneut vor dem ehemaligen Sänger. "Können wir dann?"

Shuichi lächelte leicht. "Nein, ich will nichts essen...", meinte er nur beiläufig, doch Ryuichi war längst wieder unterwegs. //Oh Mann...ich mach ihm sicher nur Umstände// schoss es ihm kurz durch den Kopf während er auf Ryuichi wartete und glaubte nicht richtig zu sehen, als dieser wieder vor ihm auftauchte. Shuichi blieb beinahe die Spucke weg, er starrte sein gegenüber kurz an, seine Herzfrequenz erhöhte sich noch einmal, stieg beinahe ins Unermessliche...Hätte Ryuichi ihn nicht etwas gefragt, so würde er wohl noch morgen früh als Salzsäule rum stehen. "Ja...natürlich, Sakuma-sama...", flüsterte er und schlich hinter ihm her.

Selbstsicher ging Ryuichi durch einen kurzen Gang und öffnete eine weitere Tür. Durch diese betraten sie eine große überdachte Außenanlage in der alles grünte und blühte. Dort warteten bereits Assistenten und sonstige Mitarbeiter, welche man für ein Shooting benötigte.

Shuichi huschte hinter ihm durch die Tür, dann ließ er sich dort, wo er meinte, am wenigsten störend zu sein, auf den Boden sinken und schaute Ryuichi interessiert zu.

Ryuichi war unterdessen am ersten Shootingort innerhalb der prächtigen Halle angelangt. Zwischen zwei voll aufgeblühten Kirschbäumen hing eine Hängematte in die er sich so setzte, dass er nicht runter flog. Dabei winkelte er beide Beine an. Das linke stand hierbei vor dem Rechten und gab somit den Blick auf die raffinierte Hose frei. Sein rechter Arm ruhte auf seinem rechten Knie, die linke Hand hing locker über den Rand der Hängematte und striff dabei den hinter Ryuichi sitzenden Kumagoro. Den Kopf leicht nach hinten gelegt, konnte man sein klares Gesicht im Profil sehen. Gepaart mit einem zärtlichen Lachen und einem sehnsüchtigen Blick gen Himmel, wurde so posierend das erste Foto geschossen.

Shuichi beobachtete sein Idol dabei, sog jede noch so kleine Geste in sich auf und begann verträumt mit dessen Haaren zu spielen, die ihm teilweise ins Gesicht hingen. Strähne um Strähne wanderte imaginär durch die Hand des Traurigen und weilte dort für wenige Sekunden auf der ausgehungerten Haut.
 

Da alles zur Zufriedenheit des Fotografen verlaufen war und der erste Versuch bereits klappte, entfernte sich Ryuichi von der Hängematte, wechselte zur Wiese und legte sich dort auf seinen Rücken. Seine Flügel wurden so um seinen Oberkörper gelegt, dass sie minimal den Bauch bedeckten, aber trotzdem nicht am Körper klebten. Die Haare drapierte man so um den Kopf des Grünhaarigen, dass sie mit der oberen Kante der Flügel abschlossen. Ein Mitarbeiter, der auf einem Gestell über ihm lag, hielt über Ryuichis Kopf einen großen Kumagoro. Dabei hielt er eine Pfote Kumagoros so, dass sie Ryuichis Kinn seitlich anhob. Ryuichis Hände berührten im Gleichklang den Kopf der Großausgabe seines Stoffhasen. Verhaltend und fragend sah er in die Knopfaugen seines Plüschtieres. Man hatte beide zudem so positioniert, dass es schien, als ob sie sich gleich küssen würden, aber doch nie dazu kamen. Eine Windmaschine verteilte zudem über die gesamte Szenerie weiße Federn und blaue Rosenblätter. Ein einzelner künstlicher Sonnestrahl tauchte die ganze Pose in ein romantisches Licht. Auch dieses Bild klappte gleich beim ersten Versuch, zauberte dem Älteren eine Unschuld ins Gesicht, die man so in der Form bei ihm eigentlich eher selten sah. Shuichi zumindest kannte sie so nicht, seufzte deswegen verhalten und verschränkte die Arme über den Knien, um seinen Kopf darauf zu legen. //Sakuma-sama ist eben doch besser als ich, sehr viel besser.// Er hatte den anderen ja schon immer bewundert, seit er ihn das erste Mal gesehen hatte… Zeit, um genauer darüber nachzudenken blieb für den Moment allerdings nicht, da ihm ein Wort durch den Kopf schoss, dass dort gar nicht zu suchen hatte. //Moment mal, habe ich jetzt wirklich gedacht, dass er süß ist? Hilfe, ich gehöre in die Klapse!// Das konnte doch nicht wahr sein, das durfte nicht wahr sei.

Wie aus einem Traum erwachend begab sich Ryuichi zu einem der beiden Kirschbäume des Ausgangsbildes, die Matte hatte man inzwischen entfernt. An dessen Stamm ruhte nun ein großer Kumagoro, vor den sich Ryuichi mit überkreuzten Beinen legte. Seinen Kopf bettete er auf den Bauch des Hasen, berührte Kumagoros rechte Pfote sowie die linke und presste am Ende beide vor seine eigene Brust. Erneut zupfte ihm ein Assistent die Haare zu Recht, damit sie zum Gesamtbild passten. Zusätzlich strahlten die Beleuchter seine Flügel so an, dass sie schimmerten und nicht matt wirkten. Darüber unbemerkt döste Ryuichi leicht ein, wirkte natürlich schlafend und lieferte dem Fotografen sein gewünschtes Motiv, seinen schlafenden Engel.

Shuichi sah dem Shooting noch eine Weile lang zu, doch in seinem Magen machte sich ein merkwürdiges Gefühl breit. Also stand er auf und verschwand heimlich still und leise, um auch ja niemanden zu stören. Bereits jetzt fühlte er, wie es in seinem Magen tobte...er brauchte eine Toilette...dringend...vielleicht auch ein Blumenkübel...ein Eimer...? Gar nicht gut...er hatte nichts gegessen... Das würde nicht sonderlich angenehm werden. ´
 

Derweil blieb der schlafende Engel kein Engel, denn Ryuichi musste in die Garderobe sein Outfit wechseln und mit dem nun folgenden war er sicher kein Himmelswesen mehr, ganz im Gegenteil. Auf diesen Part freute sich zudem besonders der weibliche Teil der Mitarbeiter, denn in diesen Sachen sah er einfach zu gut aus und machte deutlich, dass selbst er jederzeit auf sexy umschalten konnte. Wenig später kam Ryuichi mit besagtem Outfit in den Raum und trug es mit einem solchen stolz, dass einige der Mitarbeiter im Geiste erst mal in aller feinster Manier in Ohnmacht flogen. Sein Outfit bestand aus einer engen schwarzen Hotpants sowie einem ärmellosen schwarzen Netzhemd, welches ebenfalls eng anlag. Des Weiteren trug er an beiden Fußgelenken leichte Kettchen. Diese fanden sich auch an den Handgelenken wieder. Außerdem schmückte sein Hals ein schwarzes Lederhalsband. An den Oberarmen befanden sich zusätzlich pro Arm noch jeweils 2 Lederschnallen von denen je eine Kette zum Halsband abging.

Noch während der Sänger fertig gemacht wurde, stieß Shuichi die Tür zu den Toiletten auf, die er mit Mühe und Not gefunden hatte und schloss sich in einer Kabine ein. Nachdem er so etwas Gallenartiges ins Klo befördert hatte, wischte er sich über den Mund, spülte und machte sich schwankend auf den Weg zum Waschbecken.

Er ließ sich kaltes Wasser über die Hände laufen und wusch sich anschließend das Gesicht. Sein Spiegelbild verschwamm vor seinen Augen...doch das, was er sehen konnte, war, dass er so langsam mit der Wand um die Farbe konkurrierte.

Er atmete tief durch, zupfte ein Papiertuch aus dem Halter und ging zurück in den Aufnahmeraum, in den er sich heimlich zurück schlich, Ryuichi in einem wahnsinnigen Kostüm vorfand.

Er war wirklich zu sexy...

Shuichi rutschte an der Wand nach unten, spürte noch immer eine gewisse Übelkeit, doch auch ein anderes Gefühl machte sich nun in ihm breit...

UWAAAAAAAAH...BITTE NICHT!! !, schrie er in Gedanken. //DAS darf nicht wahr sein, DAS erst recht nicht.// Zum Glück trug er eine weite Hose und wurde nicht beachtet. Nicht auszudenken was raus kam, wenn jemand sein kleines Fastproblem entdeckte.
 

Aufgeregt begab sich Ryuichi nun zu dem Kirschbaum unter dem er vorhin schon mal geschlafen hatte. Er freute sich bereits auf das Bild, denn allzu viele gab es in der Form von ihm nicht. Genüsslich setzte er sich unter den Sakurabaum, atmete noch einmal tief durch und begann sich in Pose zu setzen. Das rechte Bein ließ er voll ausgestreckt während er das linke angewinkelt zu sich ran zog. Dies wiederum drehte er so, dass es seitlich zu sehen war. Im gleichen Atemzug drehte er seinen Oberkörper ebenfalls etwas seitlich zwecks Sichtbarkeit der Fußkettchen. Mit dem rechten Arm stütze er sich neben seinem Oberkörper ab. Den linken Arm hingegen streckte er so aus, dass er scheinbar auf seinem Po lag. Dadurch konnte man die Ketten an seinem Oberkörper ebenfalls gut erkennen. In der Hand hielt er außerdem eine blaue Rose. So in Pose gesetzt, passte sein zerstruppeltes Haar natürlich zum Gesamteindruck, verdeckte zudem das rechte Auge und ließ Ryuichi den Betrachter mit dem linken Auge fixieren. In genau jenem freien Seelenspiegel lag Erotik und Sinnlichkeit pur, gepaart mit einem entsprechenden Lächeln und beleuchtet durch das richtige Licht, klappte selbst dieses Bild sofort.

Shuichi kam sich immer mehr veräppelt vor. //Gott muss ich wirklich hassen! Das ist doch fies! Wieso immer ich?// Leise fiepend sah er an sich hinab und hatte nun wirklich ein Problem, da sich in seiner Lendengegend nicht nur etwas regte…

So konnte und durfte es nicht weiter gehen, nicht vor ihm! Sich auf alle Viere sinken lassend, krabbelte er erneut aus dem Studio ohne zu wissen wohin. Zurück zu den Toiletten? Neee… Obwohl, für ihn derzeit unter Umständen der einzig sinnvolle Ort. //Loswerden muss ich es ja irgendwie!//

Der nächste Maskengang folgte und damit ein weiterer Wandel von Ryuichis Wesen. Einmal sollte er sich vom unschuldigen Himmelsboten über den verruchten Schlingel zum kindlichen Erwachsenen entwickeln. Kichernd kehrte er zu seinem Arbeitsort zurück. Kichernd, da ihm das Outfit von allen am Besten gefiel. In dem Falle trug er eine knielange Hose im Armelook und passend dazu ein blaues Shirt. Des Weiteren befand sich um seine Hüfte ein Duellgürtel samt Deckbox mit Deck, Regelbuch und Duellplane. Sein Kopf zierte eine wunderhübsche Kumagoromütze. Besonders die hatte er in sein Herz geschlossen und würde sie sicher nicht mehr los lassen. Im Gegenteil, er durfte sie mit nach Hause nehmen und deswegen wollte er auch, dass dieses Foto besonders gut wurde.
 

Shuichi kroch unterdessen zu den Toiletten und verbarrikadierte sich da...hoffend, dass sein Körper sich bald wieder abreagieren würde, besonders sein Schritt. Jedoch, kaum, dass er einen Gedanken daran verschwendete, regte sich erneut Übelkeit in seiner Magengegend und ließ seine Erregung nach hinten treten. Die Klotür gerade noch hinter sich zu knallen könnend, beförderte er bereits das zweite Mal innerhalb kürzester Zeit seinen kaum vorhandenen Mageninhalt rückwärts nach oben.

Inzwischen hatten Mitarbeiter die für das Bild nötigen Utensilien bereitgestellt. Sie bestanden aus: Kumagorobällen, weiteren Kumagoros und Kumagoroluftballons, die von mehreren Mitarbeitern während der Entstehung gehalten wurden. Seinen Orignalkumagoro hielt Ryuichi bereits in den Händen. Er war nicht mehr der Schönste, aber Ryuichi hatte darauf bestanden ihn dabei zu haben. Innerhalb weniger Sekunden befand er sich auf der Blumenwiese und alles wurde aufgebaut. In die rechte Hand drückte man ihm die Luftballons. Links neben seinen Füßen wurden die zwei Kumagorobälle sowie ein weiterer Hase platziert. Rechts neben seinen Füßen fanden außerdem zwei weitere Kumagoros Platz. Der Rest lag nun an Ryuichi. Den rechten Arm streckte er ganz aus, knickte lediglich im Ellenbogenbereicht etwas ein. Seinen linken Arm winkelte er ganz an, um Kumagoro an sich pressen zu können. Schüchtern stellte er ein Bein leicht vor das andere. Mit einem von Unschuld überzogen Gesicht und glänzenden Augen, gleich denen eines Kindes unter seinem ersten Weihnachtsbaum, sah er dabei in die Kamera. Hinzu kam ein leicht ängstlicher Ausdruck darin, der durch einen Biss auf die Unterlippe verstärkt wurde. Ein weiteres Foto war geboren.
 

Shuichis Magen schien sein Innerstes nach außen gekrempelt zu haben, da etwas Undefinierbares im Toilettenwasser schwamm. Darüber unbemerkt, flaute seine Erregung ab und er hatte damit ein Problem weniger, starrte apathisch in das WC.

Wenigstens war der untere Teil seines Körpers wieder ok und spannte nicht länger. Schwankend trat er aus der Kabine, wusch sich nochmals und zupfte sich ein paar Taschentücher aus dem Halter. Nachdem diesen seinen Weg in de Papierkorb gefunden hatte, wankte er den Gang entlang und ließ sich auf einen der Plastikstühle fallen, die praktischerweise rum standen.

"Mir geht's gut...", redete er sich ein. "Super...wirklich..."

Auf seinem Gesicht breitete sich ein grinsen aus, welches man nicht wirklich deuten konnte, außer Sakuma-san selbst vielleicht. Es musste ja keiner merken, dass ihm gerade etwas flau war, da er niemanden belästigen wollte. //Zu Ryuichi in Studio gehe ich aber erstmal nicht. Wer weiß was der noch für Fotos machen muss/will. Ein Problem reicht völlig.//
 

Diesmal musste Ryuichi lediglich den Ort wechseln. Strahlend, da er ja immer noch die Mütze aufhatte, begab er sich vor eine blühende Hecke. Deren Blüten waren am Vortag gerade erst aufgegangen und dadurch noch sehr frisch. Sie glänzten förmlich im Licht der Sonne, die in diesem Moment praktischerweise durch das Dach schien. Ryuichi stellt sich vor besagte Hecke. Dort drückte er Kumagoro fest an sich und hielt in der linken Hand zwei blaue Rosen, der Stoffhase passend dazu in seinen Pfoten ebenfalls eine. Vorsichtig drehte er sich etwas zur Seite und blickte scheinbar an der Kamera vorbei. Staunend betrachtete er etwas dass der Betrachter nicht sehen konnte. Um diesen Eindruck zu verstärken, hatte der Grünhaarige außerdem seinen Mund leicht geöffnet, fast so als würde ihm jederzeit ein leises „oh“ entweichen. Auf seinen Wangen lag zusätzlich ein leichter Rotschimmer, als könne er es gar nicht fassen, dass ausgerechnet ihm diese Rosen gelten sollten. Weitere einzelne Rosenblätter flogen zusätzlich durch das Bild, als der Fotograf abdrückte und diesen Moment für immer festhielt.
 

"Mir geht's gut...mir geht's supergut...", brabbelte Shuichi immer wieder vor sich hin, der noch immer unbemerkt auf seinem Stuhl hockte und wirkte dabei schon beinahe irre. Man konnte ihn sogar für einen Bekloppten halten, was der Kleine aber nicht war!
 

Für das nächste Bild brauchte Ryuichi gar nicht erst zu wechseln, denn es sollte das dritte in dem Outfit werden und zudem am selben Ort geknipst. Diesmal drehte sich Ryuichi mit voller Vorderfront zum Betrachter. Kumagoro wurde ihm aus den Händen genommen und neben seinen linken Fuß gesetzt. Dieser blickte ebenfalls in die Kamera. Ryuichi hatte dabei sein rechtes Bein leicht angehoben, beide Arme zudem angewinkelt und vor seiner Brust gefaltet. Große zitternde Augen blickten in die Kamera und zeigten unfassbare Freude sowie Überraschung. Dies wiederum wirkte in Verbindung mit dem leichten Rotschimmer und dem stillen Lächeln wie ein wahres Feuerwerk versteckter Eigenschaften. Fast schien es so, als würde er aus dem Bild springen, um den Betrachter für die Erfüllung des Wunsches (welcher auch immer) zu Boden zu knuddeln.
 

Shuichi schien es in seinem Gang, so einsam und allein wie er da war, immer schlechter zu gehen. "Mir geht's gut...mir geht's wirklich gut...", lachte er, sprang auf und rannte ein drittes Mal auf die Toilette, um seinen Magen noch mehr zu schädigen.
 

Zum vorvorletzten Mal an einem mehr als anstrengenden Shootingtag, bekam Ryuichi den Befehl die Kleidung zu wechseln. Ungern trottete er in die geräumige Umkleidekabine, um die zuvor getragene Mütze abzulegen und sich in ein neues Outfit zu werfen. Doch von diesem Unmut merkte man ihm nichts mehr an, als der Entertainer erneut das Studio betrat. Diesmal trug er eine weiße Hose, ein Rüschenhemd, ein Halsband in der gleichen Farbe und zierliche Engelsflügel auf dem Rücken. Die Haare „fielen“ offen über seinen Kopf, zeigten sich lediglich etwas verwurschtelt.

Ehrfürchtig begab er sich diesmal vor einen gerade erblühten Rosenstrauch und ließ sich dort nieder. Beide Arme hatte Ryuichi dabei von sich gestreckt. Sein rechter Flügel wurde so bestrahlt, dass die Rosen scheinbar durchschimmerten. Der linke Flügel dagegen so hergerichtet, dass einzelne Federn absichtlich abstanden. Außerdem hatte sich der Blauäugige leicht zur Seite gedreht. Dadurch schienen Ryuichis Augen ein weiteres Mal aus dem Bild zu wandern. In seinen großen zitternden Seelenspiegeln spiegelten sich Sehnsucht und Trauer zugleich wieder, versehen mit einem leichten Schatten, der jegliche Freude aus dem jungen Gesicht vertrieb. Seine Lippen zitterten ebenfalls leicht und vermittelten so den Eindruck dass er jeden Moment zusammen brechen würde. Ein paar einzelne Federn flogen spielerisch um den schmächtigen Körper herum und lösten den Blitzer des Fotoapparates aus.
 

Shuichi trottete von der Toilette zurück zu seinem Plastikstuhl und ließ sich darauf sinken, legte den Kopf in den Nacken. //Uwah...jetzt war geht es mir besser. Ich frag mich allerdings woher der ganze Krempel kommt. Da dürfte doch eigentlich bald nichts mehr drin sein!// Er hatte eindeutig einen äußerst merkwürdigen Magen. //Hoffentlich ist Sakuma-san bald fertig!//
 

Nachdem auch dieses Foto im Kasten war, hieß es für Ryuichi doch noch mal Sachen wechseln. Insgeheim fürchtete er sich etwas vor dem Foto was nach diesem folgen würde, denn es war wie der Song für ihn selbst sehr persönlich. Doch bisher konnte er Arbeit und persönliche Dinge immer trennen! Hose, Hemd und Halsband blieben, wechselten jeweils lediglich zu der Nichtfarbe schwarz. Die Flügel aber blieben weiß, Ryuichis einzige Bedingung für dieses Foto. Dafür waren nun beide Hälften mit abstehenden Federn gesegnet. An seinen Haaren wurde nicht ein einziges Detail geändert. Ehrfürchtig begab er sich zum zweiten Mal vor den gerade erblühten Rosenstrauch von eben und ließ sich dort nieder. Beide Arme hatte Ryuichi auch diesmal von sich gestreckt. Sein rechter Flügel wurde so bestrahlt, dass die Rosen wiederholt scheinbar durchschimmerten. Der linke Flügel so hergerichtet, dass einzelne Federn absichtlich abstanden. Außerdem hatte sich der Blauäugige leicht zur Seite gedreht. Dadurch schienen Ryuichis Augen ein weiteres Mal aus dem Bild zu wandern. In seinen großen zitternden Seelenspiegeln spiegelten sich Sehnsucht und Trauer zugleich wieder, versehen mit einem leichten Schatten, der jegliche Freude aus dem jungen Gesicht vertrieb. Seine Lippen zitterten ebenfalls leicht und vermittelten so den Eindruck dass er jeden Moment zusammen brechen würde. Ein paar einzelne Federn flogen spielerisch um den schmächtigen Körper herum und halfen bei der Findung des Motivs.

Im selben Augenblick betrat Shuichi vorsichtig den Ort des Geschehens, ließ sich an seiner gewohnten Stelle nieder und beneidete den anderen dabei um seine Energie. //Hilfe, Sakuma-san ist ja immer noch mit voller Energie dabei. Wie macht er das nur? Ich hätte da schon längst schlapp gemacht.// Nicht, dass Shuichi völlig schlapp war und nichts zustande brachte, aber die Energie des Älteren schien einfach unerschöpflich zu sein.
 

Nach diesem Bild gab es eine winzige Pause, da die Vorraussetzungen für das nächste Bild erst noch verändert werden mussten. Ryuichi suchte unterdessen zum wirklich letzten Mal für diesen Tag die Umkleide auf. In der Halle schleppten Mitarbeiter während dessen eine verkleidete Kiste heran, in deren inneren sich eine kleine Maschine befand, die später den Regen produzieren sollte und befestigten diese an der Decke. Wenige Sekunden später betrat der Grünhaarige das Studio. Diesmal trug er eine blaue Hose mit vielen Taschen sowie ein blaues Shirt. Außerdem hatte man ihm eine farblich passende Kapuzenjacke übergestreift, welche er ohne geschlossenen Reißverschluss trug. Seine Füße wurden von schwarzen Schuhen bedeckt. Des Weiteren hatte er sein heißgeliebtes Stirnband um sowie einen Anhänger um den Hals. Dieser bestand aus einer blauen Kugel und zwei silbernen Kumagoros von denen er gehalten wurde.

Der Verantwortliche des Shootings bat noch einmal um absolute Ruhe, da dieses Bild das Wichtigste überhaupt sein würde. Zugleich bedankte er sich für die bisher gelungene Arbeit. Der Tontechniker schob den Regler seiner Anlage nach oben und gab Ryuichi damit das Startzeichen. In derselben Sekunde erklang Ryuichis neuer Song als Playback aus versteckten Boxen. Leise vor sich hin singend, begab sich Ryuichi wieder auf die Wiese und sank dort in die Knie. Die Beine seitlich abgewinkelt, ließ er sich gänzlich auf den Rasen fallen. Seine rechte Hand hatte er ausgestreckt und zur Faust geballt. Mit der anderen Hand hielt er Kumagoro fest an sein Herz gepresst, ja beinah krampfhaft. Das Lied immer noch vor sich hin singend, entgleisten seine Gesichtszüge immer mehr und legten eine Seite Ryuichis frei, die er überhaupt nicht mochte. Anklagend wandten sich seine Augen an den Zuschauer und schwammen dabei in Tränen. Sie schienen mit jeder Sekunde größer zu werden und offenbarten ein Meer aus verdrängtem Schmerz und Einsamkeit. Dieses Gefühl übertrug sich mittels zittern auch auf Ryuichis Körper, als der Regen von oben einsetzte. In wenigen Sekunden war er durchnässt und sein Lied zu einem stillen Schrei verstummt. Die vorhin noch geschlossene rechte Hand, hatte er geöffnet und versuchte nun verzweifelt nach etwas zu greifen. Er streckte seine Finger soweit wie es ging, aber es half doch nichts. Ryuichi wirkte so zerbrechlich wie nie. Er schaffte es nicht. Doch was war das? Im selben Augenblick lösten sich Tränen aus Ryuichis Augen und liefen über sein Gesicht. Als Kristalle kamen sie auf den Boden auf und genau in diesem Moment drückte der Fotograf ab. Schweigend stellte der Tontechniker die Musik ab und weitere Assistenten den Regen, die zugleich die Regenanlage beiseite räumten. Keiner aber wagte es Ryuichi zu stören, da sie ihn kannten und er für gewöhnlich nach Shootings immer in der letzten Pose verharrte. Ryuichi hatte unterdessen Kumagoro mit beiden Armen fest an sich gedrückt und versuchte sich wieder zu beruhigen. Diese Sache bewegte ihn immer noch sehr und dabei war sie bereits Jahre her. Zitternd nahm er Kumagoros Ohr in seinen Mund und begann darauf zu knabbern während er sich wieder erhob, um das Studio zu verlassen. Auf seinem Gesicht erkannte man letzte Tränenspuren.
 

//Ryuichi weint? Ne, das kann nicht sein. Er würde doch niemals weinen.// Die Spuren auf dem Gesicht des Besagten sprachen aber Bände. Liebend gern wäre Shuichi aufgesprungen und hätte ihn in seine Arme geschlossen, doch blieb dieser Gedanke ein stiller Wunsch seinerseits. Denn, erstens wären seine Beine abgeknickt und zweitens hätte er damit außerdem vielleicht alles zerstört. Es wäre ja immerhin möglich, dass diese Geste Ryuichi sogar wütend gemacht hätte. //Dabei ist das doch das letzte was ich will.// Der Ältere sollte nicht einen einzigen Grund haben, um ihn zu hassen, ihn abzustoßen.

Besagter hatte Shuichi unterdessen entdeckt und bewegte sich auf ihn zu. Dabei versuchte er sich die Tränen aus seinem Gesicht zu wischen was aber nicht ganz gelang. Das Team hatte sich inzwischen weitest gehend aus der Halle entfernt. Die Aufräumarbeiten würden morgen früh vorgenommen werden. Lediglich die Techniker räumten ihren Kram weg. Doch das interessierte Ryuichi nicht. Er wollte eigentlich nur noch nach Hause und begann ein wenig schneller zu laufen. Prompt rutschte er aus und drohte zu fallen. Krampfhaft hielt er seinen Kumagoro fest, damit dieser nicht runter viel und versuchte dabei die Tränen zu vergessen. //Wo ist eigentlich Shu-chan?//
 

Shuichi war derweil irgendwie aufgestanden, rannte auf Ryuichi zu und hielt ihn fest.

"Nicht hinfallen...die wollen sicher keinen Sänger mit Blessuren haben...", murmelte er und drehte seinen Kopf weg, da er ihn wohl besser nicht anhauchen sollte, nachdem er...

"Bist du fertig?"; fragte er mit etwas brüchiger Stimme.

" Ja, das Shooting ist für heute beendet. Das nächste große ist glaube in 6 Wochen." Ein weiteres Mal wunderte sich Ryuichi. Was war eigentlich mit Shu-chan los? "Du gefällst mir gar nicht." Wacklig erhob er sich und drehte Shu-chans Gesicht mit der rechten Hand wieder zu sich. Ernst sah er ihm dabei in die Augen. "Wir sollten wohl besser gehen." Ryuichi ließ Shuichis Gesicht los und begab sich seufzend zum Ausgang, um seine eigentlichen Sachen anzuziehen.

//Was sollte das denn? Was heißt hier: Du gefällst mir nicht?// Der Schwarzhaarige zuckte mit den Schultern und trabte dem anderen stillschweigend hinterher. Er fragte sich, wie wohl die Wohnung des älteren Entertainers aussehen würde...sicher überall Kumagoros... Kumagorotelefonplüschbezüge... Kumagorohausschuhe... Kumagoro...

Ryuichi spürte, dass der Kleine mit der Antwort nichts anfangen konnte. Als sie dann alleine in der Umkleide waren, erklärte er das darum etwas näher. "Du gefällst mir nicht, weil du nicht mehr dasselbe Leuchten hast wie früher Shu-chan. Dein Licht fehlt. Deswegen gefällst du mir nicht." Damit ließ er es fürs erste gut sein und zog sich seine Zivilsachen wieder an. Natürlich konnte er es nicht unterlassen mit Kumagoro zu knuddeln während er die Tüte mit den Sachen suchte. Bald hatte er sie gefunden.

"Mein Licht fehlt also...na ja...macht nichts...", meinte er, ging dann in den Raum, in dem er zuvor kläglich versucht hatte zu schlafen und holte seine Tasche, schliff sie hinter sich her.

Seine Rippen machten ihm noch immer etwas zu schaffen doch jetzt galt es, die Zähne zusammen zu beißen.

Ryuichi zog bei der Bemerkung nur eine Augenbraue hoch. "Wenn du meinst..." Allerdings sagte er das mehr zu sich selbst als zu dem Traurigen. Schnell verabschiedete er sich noch von den Leuten und trat mit ihm gemeinsam auf die Straße hinaus. Draußen war es inzwischen bereits früher Abend. Tief zog Ryuichi die Luft ein, sah den Jüngeren dabei prüfend an. "Sag mal, geht's dir auch gut? Du scheinst Schmerzen zu haben." Währenddessen entfernte er sich mit ihm von Studio.

Shuichi blickte zu Ryuichi und lächelte ihn aufmunternd an. "Natürlich...mir geht es immer gut, das weißt du doch!", meinte er und wankte neben seinem Freund her. "Ähm...sag mal...darf ich eigentlich über Nacht bleiben?", fragte er kleinlaut.

"Hm, also das bezweifle ich mal stark." Mit einer Mischung aus Sorge, Ernsthaftigkeit und Angst sah er ihn dabei an. "Natürlich darf Shu-chan bei Klein Ryu übernachten. Kannst du überhaupt noch laufen?"

"Ja, kann ich...kein Problem.", murmelte er, lächelte sein gegenüber nochmals an. "Ich bin nur etwas ausgelaugt. Mein neuer Job ist ganz schön anstrengend..."

"Hn, ok... sag aber bescheid wenn es nicht mehr geht." Sein Gesicht entspannte sich etwas. Im selben Augenblick nahm er Kumagoro wieder in den Mund und kaute kurz drauf rum. Schließlich war er den ganzen Tag über nicht groß dazu gekommen. "Was machst du eigentlich?"

Er überlegte einen Moment, ob er es ihm wirklich sagen sollte..."Nun ja...ich...kellnere in einem Club...in Manhatten.", meinte er ruhig und ließ seine Tasche zu Boden fallen.

"Huch..."

Schnell hob er sie wieder auf, biss sich auf die Zunge, als er den stechenden Schmerz in seinen Rippen spürte. Es war wohl nicht so gut, Ryuichi zu sagen, dass er danach noch tanzen musste und von vielen fetten reichen Säcken angegrapscht wurde... Wenigstens hatte man noch nicht mehr von ihm verlangt... Dazu wäre er wohl auch gar nicht im Stande gewesen. Aber er brauchte den Job, um sich über Wasser zu halten.
 

Ryuichi zog bei dem Anblick eine Augenbraue in die Höhe. Shuichi konnte ihm nicht weiß machen das alles in Ordnung war. Er konnte sich vor ihm nicht verstecken, denn wenn Ryuichi eines hasste, dann waren es Lügen. Er ging einfach auf ihn zu und nahm Shuichi Hucke pack. Sicher hielt er ihn in seinen Armen damit er auch ja nicht runter fiel. Die Tasche musste der Kleinere allerdings selbst tragen, da er mit Kumagoro zu tun hatte. "So toll, hört sich das aber nicht an." Ryuichi spürte, dass da noch mehr dahinter steckte, aber wollte auch nicht fragen. Shuichi schien auch so ziemlich verstockt zu sein und da würde Druck jetzt eh nichts bringen. "Zu Hause kümmere ich mich erst mal um dich. Da kriegst du erst mal was zu essen und Medizin." Er sah ihn mit einem Blick an der keine Widersprache duldete.

"Wahh...Sakuma-san! ich bin doch viel zu schwer!", versuchte sich der Jüngere der Beiden zu wehren. Er umklammerte die Schultern Ryuichis.

"Ich brauch keine Medizin...mir geht es gut.", wisperte er in dessen Ohr. "Um...nein...es ist nicht toll. Aber es gab nichts anderes zu tun. Anders kann ich die Miete nicht bezahlen."

"Nein, dass bist du nicht. Du bist viel zu leicht." Ryu verstärkte den Griff dadurch nur noch, denn er wollte Shu nicht allein und schon gar nicht laufen lassen.

"Das glaub ich dir aber nicht ganz. Ich merke es doch. Du kannst mich nicht täuschen!" Wisperte er in dessen Ohr zurück.

"Selbst in Manhatten dürfte es doch für Musiker was geben. Aber wenn es so schlimm ist, dann such dir doch was anderes. Hier in Los Angeles findet sich sicher was."

Shuichi seufzte, lehnte seine Stirn auf Ryuichis Schulter und schwieg. Es hatte keinen Sinn mit Ryuichi zu debattieren, jedenfalls für den Moment nicht.

//Endlich ist er ruhig// Nun wesentlich zufriedener trug er Shu-chan durch die Nacht. Dabei achtete er immer darauf, dass er über keinen Stein oder ähnliches stolperte. Schließlich sollte Shuichi nicht runter fallen und sich am Ende noch mehr verletzen.
 

Jener holte tief Luft. //So langsam muss ich doch wirklich zu schwer werden. Er kann mich doch schon gar nicht mehr tragen.//

"Sakuma-san...ist es noch weit? Du kannst mich auch runter lassen. Ich kann auch laufen...", flüsterte er.

"Ne, wir stehen sogar schon davor. Außerdem bist du nicht schwer. Mich schafft so schnell nichts." Mit einer Kopfnickung deutete er auf das Gebäude vor ihnen und ließ Shuichi sanft auf den Boden aufkommen. Es hatte keinen Zweck mehr, wenn er sich so sehr sträubte.

"Das ist ja ein wahnsinnig hohes Haus. Das hat aber einen Fahrstuhl oder?" Treppen steigen war das letzte, was er machen wollte. Nicht, dass Ryuichi noch auf die Idee kommen würde, ihn die Treppe hoch zu schleppen. "Hast du einen schönen Ausblick von da?"

"Natürlich gibt es einen Fahrstuhl. Meine Wohnung liegt allerdings in den unteren Stockwerken, da ich es selber nicht mit Höhen habe."

Ryuichi öffnete unterdessen schon mal die äußere Haustür.

"Hm, über die ganze Stadt und all die Lichter."

Shuichi trat ein. "Die ganze Stadt und all die Lichter...", wiederholte er leise. Sie warteten bis ein Fahrstuhl kam, betraten diesen.

"Hoffentlich hat nicht irgendwer alle Tasten gedrückt. Das hat irgend so ein Scherzkeks in dem Mietshaus bei mir in Manhatten mal getan. Das war nicht gerade lustig...", murmelte er und stellte seine Tasche auf dem Fahrstuhlboden ab.

"Och, das kenne ich auch. Der Fahrstuhl ist hier schon ein paar Mal ausgefallen, aber in letzter Zeit geht es. Die haben ihn repariert." Rasch drückte Ryuichi auf einen Knopf, woraufhin sich der Fahrstuhl in Bewegung setzte. Inzwischen hatte er das Kauen unterbrochen und versuchte liebevoll das Ohr zu reinigen. "Du musst glaub ich erst mal in die Wäsche", flüsterte er ihm leise zu.

Nach einer Weile stoppte der Fahrstuhl. Shuichi schwankte, landete schließlich auf dem Fußboden. "Huch...", meinte er, richtete sich mühevoll wieder auf.

Er musste sich dringend seine Rippen ansehen...Irgendwie waren die heute ganz und gar nicht okay. Die beiden verließen den Fahrstuhl und gingen einen Gang entlang bis Ryuichi stoppte.
 

Ryuichi kramte den Schüssel aus den Tüten raus und schloss die Tür auf. Im Flur striff er sich erst mal seine Schuhe ab und warf den Schlüssel gekonnt an den dafür vorgesehenen Hacken. "Immer herein in die gute Stube." Sacht schob er Shu-chan in die Wohnung und machte erst mal Licht. "Ups." Im Flug lagen immer noch ein paar Kumas. "Was macht ihr denn hier?" Schnell hob er die Kuschelhasen auf. "Soll ich dir erst mal alles zeigen?"

Shuichi nickte, musste lächeln. Woher hatte Ryuichi nur diese ganzen Stoffviecher? Bereits der Flur von Ryuichis Wohnung wirkte einladender als seine gesamte Wohnung...die eigentlich mehr aus Pappkartons bestand. Er hatte zwar etwas Geld durch seine Zeit bei Bad Luck, doch wirklich viel geholfen hatte ihm das auch nicht...

Das erste, was er nachher erst einmal tun musste, war, sich die Zähne zu putzen. Er hatte einen ganz furchtbaren Geschmack im Mund, kam sicher davon, dass es vorhin seinen Magen umgekrempelt hatte...

"Cool." Innerlich freute sich Ryuichi wie ein kleines Kind, denn er kam nicht oft dazu jemanden seine Wohnung zu zeigen. Unterwegs hob er allerdings immer wieder Kumagoros auf und setzte sie an ihren Platz zurück. "Dann fangen wir mal mit der Küche an." Beide betraten nun die Küche die typisch Ryuichi im Kumastyle eingerichtet war, aber auch eine gewisse Schwäche für weiße Tiger nicht verstecken konnte. Dann begaben sie sich ins Bad. "Ja und hier ist das Bad. Sogar mit extra Waschbereich." Damit wies er auf den hinteren Bereich wo die Waschmaschine stand. Da sie eh gerade hier waren, packte er Kumagoro gleich in die Waschmaschine. Es war eine extra kleine, welche man nur für ihn angefertigt hatte. Überhaupt ließ sich in der ganzen Wohnung der Kumagoro und Tiger-Einfluss nicht verstecken. Nun begaben sie sich zum Wohnzimmer. "Tja, und hier ist dann die gute Stube." Hier stapelten sich in den Regalen und Schränken Videos, DVDs, CD's, Musikdvds extra und allerlei andere Sachen.

"Ohhh..."

Staunend betrachtete Shuichi die Wohnung des Älteren.

"Das ist so gemütlich hier...und gar nicht kahl...", meinte er und strich über irgendetwas undefinierbares Flauschiges. Er betrachtete die ganzen Regale und Schränke und stolperte schließlich über irgendein auf dem Boden liegendes Fell.

"Huch...", er giggelte leise und hoffte, dass Kumagoro in der Waschmaschine nicht ertrinken müsste...

"Es hat auch lange gedauert ehe alles so war wie jetzt." Ryuichi stutze bei Shuichis Stolpern und bekam große Augen. "Wah, dass gehört doch auf den Sessel da." Schnell legte er es wieder auf den Sessel zurück. //Was wohl Kuma-chan macht. Muss nachher gleich mal gucken// Kurz darauf führte er ihn in das nächste Zimmer. "Das Zimmer mag ich mit am Liebsten, aber nicht wundern, ziemlich viele Sachen. Hobbyraum eben." In diesem Zimmer stapelten sich zahlreiche Manga- und Animeartikel. Nicht weniger viele Kumaartikel hatten hier ihr zu Hause gefunden. Ganz zu schweigen vom Game Cube und den Spielen sowie einer weiteren Minianlage. Durch eine weitere Tür führte er ihn in ein anderes Zimmer. Hier wiederum hingen viele Kostüme rum und reichlich Utensilien ließen sich ebenfalls erahnen. Verlegen kratzte sich Ryuichi am Kopf.

"Sakuma-san...du solltest dir ein Kind anschaffen...das würde total glücklich bei dir sein...", meinte Shuichi, als er den ganzen kram sah.

"Oh, ein Doraemon!", rief er entzückt und hob die Sammelfigur in die Höhe. "Ist ja toll..."

Er lächelte Ryuichi an, ging dann mit ihm weiter.

"Meinst du echt? In der Wohnung hab ich wenigstens Platz für meinen ganzen Kram.", meinte er, das Lächeln erwiedernd. "Ist schließlich ne ganze Menge und ich möchte nichts missen." Gemeinsam gingen sie weiter und gelangten zum Entspannungsraum. "Hier schreib ich meist meine Sachen." Außerdem war eine Ecke des Raumes als Malecke ausgelegt. "Ja und hier hab ich den ganzen Schriftkram." Damit zeigte er ihm ein weiteres Zimmer, welches fast wie ein Kulturschock wirkte. Denn das Zimmer war doch recht nüchtern eingerichtet, wenn auch gemütlich. "Soll ich dein Zimmer zeigen? Mein Schlafzimmer ist gleich daneben."
 

Er nickte erneut und war erstaunt darüber WIE groß diese Wohnung doch war. So etwas hatte er selten gesehen, aber bei Sakuma-sans Verdienst war die Miete hierfür sicherlich nur die Portokasse. Shuichi hatte recht, die Miete war für ihn wirklich nur ein Klacks. Gut, wenig bezahlte er nicht, aber er merkte trotzdem nicht viel davon. Ryuichi öffnete er eine Tür und gab den Blick auf das Gästezimmer frei. "Hier kannst du dich einrichten. Durch die Tür da kannst du in mein Zimmer." Mit diesen Worten ließ er Shu eintreten, damit dieser in Ruhe den Raum betrachten konnte. "Damit sind wir dann auch am Ende angelangt. Duuuu, ich geh mal eben..." Entschuldigend verbeugte er sich vor Shu, um dann ins Bad zu verschwinden. "Wahhhh, mein kleiner Kuma, du bist ja ganz durch den Wind." Eilig stellte er die Maschine ab, nahm den Hasen raus, wrang ihn erst mal aus und föhnte ihn trocken. Innerhalb weniger Minuten war er fast wieder wie neu. "Ach Kuma, jetzt bist du wieder ganz weich." Überglücklich drückte er Kuma an seine Wange und ging wieder zurück zu Shuichi.

Der hatte seine Tasche in einer Ecke verstaut und sah sich um. Es war wirklich gemütlich und um einiges schöner als bei ihm zu Hause.

"Hast du oft Besuch, Sakuma-san?"; fragte er ihn, als er dieser wieder zurückkehrte und den frischgewaschenen Kumagoro in den Armen hielt. Er grinste, dann ging er zum Fenster und blickte nach draußen, wo sich ein Lichtermeer zum Besten gab.

"Des Öfteren ja, aber keinen an dem ich sonderlich hänge. Abgesehen von diesen Ulknudeln ausm Studio." Ryuichi hatte sich unterdessen aufs Bett gesetzt und beobachtete von dort aus das Licht. Es beruhigte ihn jeden Abend wieder. In Japan hatte er zwar auch ne tolle Sicht gehabt, aber die kam mit der hier nicht mit.

Shuichi blickte noch eine Weile aus dem Fenster bis ihm der weiße Kondenzfleck von seinem eigenem Atem die Sicht versperrte. Er erschrak ein bisschen, doch dann erinnerte er sich, dass er sich die Zähne putzen wollte. Er wankte zu seiner Tasche, ließ sich unbeholfen zu Boden sinken und kramte darin herum. Schließlich fand er seine Zahnbürste, nahm sie und stand irgendwie wieder auf.

"Ich ähm...muss mir mal eben die Zähne putzen. Entschuldige bitte...", murmelte er, dann verließ er das Zimmer und schwankte in Richtung Badezimmer.

"Ah ja..." Ryuichi verließ unterdessen ebenfalls das Gästezimmer und begab sich in sein eigenes Zimmer. Dort ließ er sich erst mal auf sein Bett fallen. Was für ein verrückter Tag. Erst stolperte Shuichi rein, dann die Aufnahmen, das Shooting und nun benahm sich erst genannter auch noch recht merkwürdig. "Wie wir das wohl wieder hinbekommen haben? Ob er was essen will?" Eine Weile starrte Ryuichi seinen Hasen an ohne eine Antwort zu bekommen. Seufzend begab er sich in die Küche. Langsam sollte er mal etwas essen. Er hatte heute den ganzen Tag noch nichts gegessen.
 

Shuichi betrat das Badezimmer, atmete erst einmal tief durch. Ryuichi hatte in ihm Gefühle erweckt von denen er sich geschworen hatte, sie niemals wieder auferstehen zu lassen...

So ging das nicht…

Er verging beinahe in der Nähe des anderen und als er ihn vorhin getragen hatte, war es fast unerträglich gewesen...

Das konnte er Ryuichi nicht antun. Nicht noch so ein Drama wie damals mit Yuki! Shuichi war nicht fähig irgendjemanden zu lieben ohne dass er ihm wehtat. So hatte er in Yuki die Erinnerungen zu dessen Vergangenheit geweckt, hatte ihn an seine Schmerzen erinnert...

Dabei hatte er das niemals gewollt. Er hatte ihm nicht wehtun wollen.

Doch es wurde immer schlimmer. Jeden Tag begann Yuki mehr zu trinken, arbeitete irgendwann nicht mehr, fing an ihn zu schlagen, wenn er etwas falsch machte, war brutal im Bett. Irgendwann hatte sich Shuichi geweigert mit ihm zu schlafen, also hatte sich Yuki genommen was er wollte.

"Du gehörst mir...", hatte er ihm damals gesagt, als er mit ihm fertig war und er zitternd und weinend dalag, kaum noch fähig war einen Muskel zu rühren.

Wie sehr hatte er doch damals geweint... hatte ihn immer wieder gebeten, doch damit aufzuhören.

Er schloss die Augen, musste mit sich kämpfen nicht gleich loszuheulen.

Er besprenkelte seine Zahnbürste mit Wasser, tat etwas Zahnpasta darauf und begann sich die Zähne zu putzen.
 

Nein...
 

Er durfte Ryuichi keinen Grund geben, ihn auch noch zu hassen. Am besten, er würde morgen früh gleich verschwinden, ihm lebe wohl sagen...

Das letzte was er wollte war, dass Ryuichi wehgetan wurde...

Nachdem er sich einige Zeit die Zähne gewienert hatte und der abartige Geschmack aus seinem Mundraum verschwunden war, spülte er sich den Mund aus und betrachtete sich im Spiegel.

"Wunderbar...wirklich klasse siehst du aus...", murmelte er.

"Ist kein Wunder, dass Sakuma-san dir Medizin verpassen will, Shuichi.", redete er mit seinem Spiegelbild.

"Aber was für Medizin soll da schon helfen?"

Bei einer ungünstigen Bewegung bemerkte er seine Rippen erneut, zog sich den Pullover über den Kopf und ließ ihn zu Boden sinken. Er zog sich das schwarze T-Shirt aus der Hose und schob es vorsichtig hoch. Ja, das schmerzte, er bekam kaum noch die Arme nach oben. Irgendwie hatte er es geschafft, es sich doch noch über den Kopf zu ziehen.

Sein mageres Ich starrte ihm aus dem großen Spiegel entgegen. Er hatte schon lange nichts mehr gegessen. Wenn ihn seine Mutter so sehen würde, würde sie ausrasten. Er ging näher an den Spiegel, hob die Arme so weit es ging. Auf der rechten Seite seines Brustkorbes war ein großes Hämatom, welches sich über den halben Brustkorb erstreckte.

Wenigstens der große blaue Fleck, der über dem Bauchnabel begann und bis zum Sternum reichte, war so einigermaßen verschwunden. Wie sein Rücken aussah konnte er nicht sagen...

Anfangs hatte er gedacht, Yuki hätte ihm ein paar Rippen gebrochen, doch da er noch so einigermaßen laufen konnte, war dem wohl nicht so. Mit zittrigen Händen wollte er sich seine Sachen wieder überziehen, doch er war geschwächt und bekam kaum noch die Arme nach oben...

"Irgendwann würde er es eh herausfinden...", murmelte er.

Der Ältere hatte ihn ja den ganzen Abend gefragt was ihm Schmerzen bereitete. Er sollte ihn nicht länger belügen. Langsam öffnete er die Tür, suchte mit gesenktem Kopf die Wohnung ab und fand ihn schließlich in der Küche.

"Sakuma-san..."
 

Ryuichi stockte beim Anblick Shu-chans der Atem. Mit vor Unglauben geweiteten Augen ging er auf diesen zu und betrachtete fassungslos dessen blaue Flecke. Er konnte es nicht glauben. "Wer hat dir das angetan?" Dabei war seine Stimme eiskalt. Er konnte es nicht leiden, wenn anderen Menschen wehgetan wurde und am wenigsten Shu-chan. Sorgenvoll sah er in dessen Augen und wusste nicht was er zuerst machen sollte. Es schmerzte ihn das zu sehen, denn so was hatte keiner verdient. Seine Wut steigerte sich immer mehr je länger er darüber nachdachte. Fassungslos stand er immer noch vor Shu-chan und wagte nicht recht sich zu bewegen. Wortlos bewegte er sich dann doch auf diesen zu und strich kurz über seine Flecke. Bald ließ er es aber, da er ihm nicht wehtun wollte. Zögernd stellte er sich hinter Shu-chan und zog ein weiteres mal die Luft ein. Nun erst recht wütend ballte er die Hände zur Faust. Er konnte es nicht fassen dass irgend so ein Baka Shu das angetan hatte. Schweigend nahm er Shu-chan an die Hand, ging mit ihm in die Wohnstube und legte ihn dort auf die Couch. Dann ging er wieder ins Bad, um Salbe und Verbandszeug zu holen. Dort ließ er sich erst mal auf den Boden sinken und fluchte vor sich hin. Dabei haute er mit seinen Händen auf den kalten Boden, da er seiner Wut ja irgendwie Ausdruck verleihen musste. Seine Augen blitzten dabei gefährlich. Nur gut das Shu-chan die nicht sah, denn sonst wäre er schreiend weggerannt. Langsam erhob er sich wieder und suchte das passende Zeug zusammen. Doch ehe er wieder zu Shu-chans zurückgehen konnte, musste er sich noch etwas abreagieren. Schnell ging er in sein Hobbyzimmer und ließ dort sein Beyblade kreiseln. Unbarmherzig jagte er es durch die Arena und nahm keine Rücksicht auf irgendwas. Seine Wut hatte sich inzwischen in Verzweiflung ungewandelt. Tränen des Unverständnisses glitzerten in seinen Augen und fielen auf das Beyblade. "Ich schwör dir Driger, den Kerl mach ich fertig." Langsam beruhigte er sich wieder und ging mit dem Zeug in der Hand zurück zu Shu-chan.

Shuichi zitterte... Kam es ihm nur so vor oder war Ryuichi wütend? War er wütend auf ihn?

Er zuckte zusammen, als er ihn kurz berührte... Na toll...jetzt hatte er auch noch Berührungsängste... Sollte er ihm die Wahrheit sagen? Sollte er es ihm wirklich sagen?

"Das war meine eigene Schuld...", wisperte er. "Ich bin die Treppe runter gefallen...ist schon wieder gut...kein Problem."
 

Ryuichi zog die Augenbraue hoch, denn er kaufte Shuichi das nicht ab. "Hm... glaub ich war nicht, aber wenn du meinst das es so ist... Keine Angst, ich bin nicht auf dich wütend." Vorsichtig öffnete die Tube "Kannst du dich mal aufsetzen?" Liebevoll und sanft strich der die Salbe nun auf Shuichis blaue Stellen. Dabei achtete er darauf dass keine ausgelassen wurde und er dessen Schmerzen nicht vergrößerte. Nach einer Weile war er damit fertig, schraubte die Tube wieder zu, wischte sich die Hände kurz ab und begann eine Binde um die wunden Stellen zu wickeln. Dabei achtete er darauf, dass der Verband nicht zu eng saß, aber auch nicht zu locker, denn er sollte stützen, aber auch genug Freiheit lassen. Dabei ging er äußerst gewissenhaft vor, denn er war es gewohnt so etwas zu machen. Früher hatte er öfters mal in nem Krankenhaus ausgeholfen. Früher als...

Shuichi setzte sich auf. //wie sanft er doch ist...// Überall in ihm kribbelte es, als er von ihm berührt wurde und doch hatte er Angst. Hatte er sich wirklich in Ryuichi verliebt? Das durfte er nicht zulassen...das hatte Sakuma-san nicht verdient. Alles in seinem Kopf drehte sich. Er musste hier weg...warum war er nur hergekommen? Um alles noch schlimmer zu machen, als es ohnehin schon war? Wenn er gewusst hätte, dass er noch mal Gefühle für jemanden entwickeln könnte...

Gedanklich schüttelte er mit dem Kopf. //Das kann nicht sein...das darf nicht sein… Das ging nicht...//

Nach einer Weile war Ryuichi fertig damit ihn einzubandagieren.

Er lächelte ihn an. "Danke sehr… Hast du was dagegen, wenn ich aufs Zimmer gehe und mich etwas ausruhe? Irgendwie hab ich einen Jetlag."

"Was sollte ich schon dagegen haben? Ich müsste nur noch schnell das Bett beziehen. Heute früh hab ich das vergessen." Mit diesen Worten verschwand er kurz im Gästezimmer und machte sich am Schrank zu schaffen. Dort holte er neue Bettwäsche raus und zog erst mal die alte ab. Kumagoro hatte er dabei mitgenommen. Bei der Bettdecke bekam er allerdings ein paar Schwierigkeiten und hängte sich dabei halb auf. Lachend schrie er nach Kumagoro und war gänzlich unter der Decke verschwunden. Mühsam schaufelte er sich wieder frei und bezog auch den Rest. Mit Kumagoro im Arm sowie der Bettwäsche und zerstruppelten Haaren, kam er wieder aus dem Zimmer raus.
 

"So, bin fertig."
 

"Danke, Sakuma-san...", sagte er und verbeugte sich.

Dann ging er in das Zimmer und setzte sich dort auf das Bett. Er seufzte und fuhr sich durch die Haare... Shuichi seufzte nochmals und blickte auf sein Handy, welches er im Flugzeug hatte aufladen lassen. //Komisch, ich habe gar nicht bemerkt, dass ich lauter Anrufe bekommen habe//

Er war höchst verwirrt, denn normalerweise rief ihn sonst niemand an.

Nicht mehr...

Hiro war ihm böse, seid er weg war, zu Fujisaki hatte er noch nie einen sonderlich guten Draht gehabt...und die anderen hatten ihn wahrscheinlich einfach nur vergessen oder waren froh, dass er nicht mehr da war.

"Merkwürdig...die ganze Mailbox ist voll...", murmelte er, begann dann, sie abzuhören.
 

"Shuichi..."
 

Yuki...
 

"Shuichi...warum kommst du nicht endlich nach Hause, du mieser kleiner Idiot! Glaubscht du, isch warte mein ganzes Leben auf dich...?"
 

Betrunken...er war vollkommen betrunken.
 

"...ach, weischt du was? Verpiss disch einfach...und verrecke endlich...Ich will deine scheiß Visage niemalsch wieder sehn."
 

Shuichi verkrampfte sich, starrte auf den Boden vor seinen Füßen während er weiter hörte.
 

"Shindou-san, Seguchi hier. Was hast du mit Eiri-san gemacht? Er hat sich in seiner Wohnung verbarrikadiert? Was hast du ihm angetan? Er lässt niemanden mehr herein und schreit und weint die ganze Zeit! Eins sag ich dir, Shindou..."
 

Kurze Pause.
 

"...Komm noch einmal in seine Nähe und ich werde persönlich dafür sorgen, dass du nie wieder einen Fuß irgendwohin setzten wirst...."
 

Na toll...was war das? Noch eine Morddrohung? Shuichi schüttelte den Kopf. Gab es denn überhaupt einen Menschen auf der Welt, der sich freute, dass er da war und nicht wollte, dass er endlich verreckt? Was hatte er denn getan? Warum war Seguchi wütend auf ihn?

Shuichi hatte Yuki gar nichts getan. Yuki hatte ihn verletzt, seinen Körper geschunden, seine Seele zerstört...wegen ihm hatte er Angst zu singen, Angst vor anderen Menschen, körperlicher Nähe und Angst vor den Gefühlen, die er langsam für Ryuichi zu entwickeln begann.

Tränen stiegen in seine Augen, brachten sie zum Überlaufen, als er blinzelte, um sein Weinen zu stoppen, doch er erreichte so nur das Gegenteil.
 

"Shindou! Wo bist du?"
 

Wer war das?
 

"Warum warst du gestern Nacht nicht im Club?"
 

Oh nein...den hatte er ja ganz vergessen...

Er hatte gestern von allem so die Schnauze voll gehabt, dass er sich einfach aus dem Staub gemacht hatte...Er hatte einfach jemanden gebraucht, von dem er wenigstens ein bisschen glauben konnte, dass er ihn mochte... Doch... Mochte Ryuichi ihn überhaupt?

Wie idiotisch er doch war...er hatte es immer gedacht. Es war nicht Ryuichi, der ihn sehen wollte. Es war Shuichi, der ihm auf die Nerven fiel. Es war Shuichi selbst, der sich einfach bei ihm eingeladen hatte... Vielleicht wollte Ryuichi ihn gar nicht sehen. Vielleicht hasste er ihn ja genauso, wie alle anderen es taten... Sicher... Warum sollte er ihn auch nicht hassen?

Als er damals "Be there" in dieser einen TV-Show anstelle von Ryuichi gesungen hatte, hatte dieser ihm schließlich auch gesagt, er solle sich verpissen... Wie hatte er nur wagen können ihm die Show zu stehlen, sich mit Sakuma Ryuichi messen zu wollen. Das war doch lächerlich.

Sakuma war und ist ein Gott und nichts, aber auch gar nichts, reichte an seinen Glanz heran. Und so ein dreckige kleine Missgeburt wie Shuichi schon gar nicht...
 

Shuichis Augen flackerten...

Warum sollte es auch anders sein?

Was glaubte er? Dass der große Sakuma Ryuichi, der international angesehene Superstar überhaupt, etwas für einen Nichts wie ihn übrig hatte?

Er war ja so engstirnig und dumm...

Warum sollte er ihn mögen?

Es gab keinen Grund dazu.
 

"Shindou, die Kunden verlangen nach dir! Du hast einen Vertrag unterschrieben, vergiss das nicht. Du weißt was du für eine Wirkung auf meine Kunden hast. Es reicht ihnen nicht mehr dir nur beim Tanzen zuzusehen. Bis jetzt hab ich dich wegen deines Gesundheitszustandes noch geschont, aber glaub nicht, dass es so weiter geht. Du bist rechtlich an mich gebunden, also beweg deinen Arsch gefälligst hier her, ansonsten werden die Konsequenzen nicht gerade zu deinem Wohlergehen beifügen."
 

Panisch starrte Shuichi auf das Telefon.

War das etwa ein Puff? Na großartig! Wo war er da nur wieder hineingeraten...?

Er war bei seiner Ankunft in New York so verzweifelt gewesen, dass er einfach das erstbeste Angebot angenommen hatte, welches ihm in den Sinn kam. Er hatte ja praktisch nichts mehr gehabt, musste alles zurücklassen... Eine völlig neue Existenz aufbauen...

Dann hatte er so einen Flyer gesehen und sich da gemeldet...

~"Hmmm...", murmelte der dicke Clubbesitzer, als er Shuichi durchdringend musterte. Er umfasste das Kinn des Jungen und drehte es etwas. Shuichi zuckte unter dieser Berührung zusammen. Es war ihm sehr unangenehm, vor allem, da er Angst hatte wieder geschlagen zu werden. Der Mann grinste dreckig, pustete Shuichi Zigarrenqualm ins Gesicht.

"Du bist wirklich ein hübsches Kerlchen, fast schon ein Püppchen. Ich habe noch nie so einen zarten, femininen Jungen gesehen...Wie wäre es, willst du in meinem Club für meine Kunden tanzen? Sie werden begeistert von dir sein..."

Er umfasste Shuichis schmale Hüfte, wobei dieser ängstlich zurückwich.

"Was ist los? Hast du Schmerzen? Dann fang mit kellnern an und tanz in zwei Wochen, wenn die blauen Flecken in deinem Gesicht verschwunden sind. Dann wirst du auch meinen Kunden auch besser gefallen. Jetzt geh!"~

Klar...wie dämlich konnte man auch sein, um das nicht zu bemerken?

Wenn er es recht bedachte, hatte er nie etwas anderes als Männer in diesem Club gesehen.
 

Shuichi hörte die verbliebenen Nachrichten kaum noch mit, es waren noch ein paar Anrufe von Yuki, der ihn beschimpfte, ein paar Juxanrufe von stöhnenden Männern und noch eine Mahnung von seinem Chef, dass er heute Abend auch ja zu erscheinen hätte, weil er sonst sein blaues Wunder erleben könne...

Sein Körper begann zu zittern, er ließ das Telefon zu Boden fallen und ging auf das Fenster zu.

Frische Luft...er brauchte jetzt unbedingt frische Luft. Ihm war so schrecklich übel.

Mühsam öffnete er das Fenster, streckte seinen Kopf hinaus. Ein seichter Wind wirbelte durch sein tiefschwarzes Haar, ließ es seine Gesichtszüge sanft umspielen...

Nein...so ging das nicht weiter.

Er atmete einmal tief durch, dann kletterte er auf das Fensterbrett und stieg nach draußen auf einen kleinen Vorsprung der Wand.

Er blickte nach unten...

Seine Zähne klapperten.

Sein Puls raste.

Es war das Beste...das Beste für alle...

Wenn er nicht mehr da sein würde, könnte er auch niemandem mehr schaden...

Wenn er nicht mehr da sein würde, würde er niemandem mehr Schmerzen und Leid zufügen, niemanden mehr verletzten, niemanden mehr zum Weinen bringen...

Er presste sich fest an die Mauer hinter seinem Rücken, lehnte seinen Kopf gegen das kalte Gestein und richtete seinen Blick noch ein letztes Mal auf das Lichtermeer.

Tränen verließen seine Augen und suchten sich ihren Weg über seine Wangen.
 

Ich weiß, ich bin deiner nicht würdig, aber...

Ich liebe dich.

Und das tut mir Leid.

Lebwohl, Ryuichi.
 

Ryuichi hatte unterdessen erst mal das ganze Verbandszeug weggeräumt und auch so ein wenig Ordnung geschaffen. Seufzend sang er dabei das Lied vor sich hin, dass er heute Morgen erst aufgenommen hatte. Wie schön war die Zeit doch damals gewesen... Noch heute erinnerte er sich gern daran, wenn er es doch eigentlich auch lassen sollte. Denn ihm tat es am Ende doch nur weh... aber was sollte er schon dagegen tun? Er erinnerte sich eben noch zu gern daran.

Einer plötzlichen Eingebung zufolge beschloss er noch mal in Shu-chans Zimmer zu gehen, um zu sehen ob dieser schon schlief. Leise öffnete er die Tür und war zunächst etwas verwirrt, als er diesen nicht in seinem Bett fand. Suchend sah er sich im Zimmer um und blickte schließlich zum Fenster.
 

Sein Atem stockte... Er würde doch nicht etwa? ...
 

Blitzschnell sprang er zum Fenster, kletterte selber auf das Fensterbrett, riss Shuichi vom Mauervorsprung runter und fiel rücklings wieder zurück ins Zimmer. Er schlug hart auf den Boden auf, aber ließ Shu dabei nicht los. Fest legte er seine Arme um ihn und versuchte ihn so am Springen zu hindern.

"Bitte mach das nicht. Bitte geh nicht! Ich will nicht noch einen verlieren! Bitte geh nicht" Weinend versuchte er Shuichi zu beruhigen. Dabei hielt er ihn immer noch fest in seinen Armen und setzte sich erst mal auf.

"Bitte bleib hier. Es wird alles wieder gut. Du hast doch mich. Wir kriegen das schon wieder hin, aber bitte geh nicht!" Zitternd zog er Shuichi nun ganz zu sich und hatte ihn so vollkommen im Griff.

"Bitte mach jetzt keinen Blödsinn. Was auch immer war, die Leute haben es gar nicht verdient. Verschleudere nicht dein Talent! Bleib hier!" Vorsichtig dreht er Shu-chans Gesicht zu seinem und sah ihn traurig an. Dabei verstärkte er die Umarmung ein weiteres Mal. Er würde alles versuchen, um das was der Schwarzharrige vorhatte zu verhindern. Er würde ihn sicher nicht gehen lassen. Sacht strich er ihm über das Gesicht.

"Bitte geh nicht!" Immer wieder murmelte er dasselbe und wurde nicht müde den Jüngeren zu streicheln. Er wollte ihn einfach nur festhalten und nie mehr los lassen.

"Bitte erzähl mir alles. Ich kann dir helfen."
 

Shuichi blickte ihn eine Weile mit leblosen Augen an, dann füllten sie sich mit Tränen. Langsam floss alles was Shuichi so lange aufgestaut hatte aus ihm heraus...

"Das kannst du nicht...", flüsterte Shuichi heiser.

Er schloss die Augen und lehnte sich an Ryuichi. Es tat so gut, seine Wärme zu spüren. Es tat so gut...

"Ich bin keine Treppe runter gefallen...das war eine Lüge. Ich wollte dich nicht belügen...Es tut mir Leid...", schluchzte er, schlang dann seine Arme um Ryuichis Hals, fest und verzweifelt, nach Zuneigung flehend...

Ryuichi trug beide nun zum Bett und legte Shu-chan vorsichtig ab. Dann legte er sich neben ihn und verstärkte die Umarmung seinerseits um Shuichis Rücken. Dabei legte er den Kopf so, dass der andere sich gut mit den Armen um seinen Hals schlingen konnte. Beruhigend strich er ihm über den Rücken und konnte auch nicht mehr anders wie weinen. "Es muss dir nicht Leid tun. Du wolltest eben nicht reden... Aber was ist dann passiert? Bitte sag mir endlich die Wahrheit. Ich will dich nicht mehr weinen sehen. Ich möchte dass du glücklich wirst." Seine Stimme wurde dabei immer trauriger. "Ich will dir aber helfen... irgendwie..."

Shuichi zitterte, umarmte ihn fest und lehnte seinen Kopf in die Halsbeuge des anderen...

"Okay...ich erzähl dir alles...", wisperte er leise.

"Yuki hatte eine schwere Vergangenheit...ich weiß nicht, wie viel du davon mitbekommen hast... Darüber ist er niemals weggekommen. Irgendwann hat er angefangen zu trinken...er hatte ja schon immer viel getrunken, aber er war nie betrunken...

Na ja...erst hab ich es gar nicht gemerkt, er war nur etwas grober, aber dann fing er an zuzuschlagen, wenn ihm etwas nicht in den Kram passte. Er trank jeden Tag mehr, wurde immer grober, auch wenn wir miteinander schliefen...und irgendwann hab ich mich geweigert, da ist er ausgerastet...

Na ja...vielleicht kannst du dir denken, was dann passiert ist...", sagte er, bekam die letzten Worte kaum raus.

Er schwieg einen Moment, dann redete er weiter.

"Das ging eine Weile so weiter und als ich ihn dann vor einem Monat auf sein Alkoholproblem angesprach, hat er nicht mehr nur geschlagen...die Auswirkungen hast du vorhin gesehen... Er hat gesagt, dass er mich umbringen wird, wenn ich zurückkommen sollte, also bin ich abgehaun..."

Er schmiegte sich enger an ihn.

"Das ich in einem Club kellnere, ist auch nur die halbe Wahrheit...aber...hör es dir lieber von meiner Mailbox an...", wisperte er, während noch immer unablässig Tränen aus seinen Augen rannen und sich auf Ryuichis Brust verloren...

Das tat gut...das tat ja so unglaublich gut...

Ryuichi unterbrach ihn nicht, sondern hörte einfach nur zu. Beruhigend strich er ihm immer wieder über den Rücken. Innerlich wurde er jedoch wieder wütend. "Heißt das er hat dich so geschlagen? Dieses Schwein..." Wütend ballte er hinter zu Shu-chans Rücken eine Hand zur Faust. Innerlich hoffte er, dass ihm Yuki nie über den Weg laufen würde, denn der würde seines Lebens nicht mehr froh werden. Ryuichi hatte mehr Einfluss wie er und den wusste er auch deutlich zu machen. Erschüttert lauschte er Shuichis Beichte weiter und konnte es kaum fassen. Wie konnte er das so lange mit sich selbst rum schleppen? Er schwor sich in dem Moment den Kleinen so zu beschützen wie er es damals bei ihm getan hatte. Da hatte er zwar am Ende versagt, aber hier würde das nicht passieren.

Vorsichtig erhob sich Ryuichi kurz ohne dabei Shu-chan auch nur irgendwie los zu lassen. Schnell angelte er nach dem Handy und legte sich sofort wieder aufs Bett. Liebevoll wischte er ihm die Tränen weg während er mit der anderen Hand das Handy bediente. Die Decke hatte er im selben Atemzug auch über sie gebreitet. Shuichi lag zwar dadurch frei auf/neben ihm, aber er würde eine erneute Flucht schon zu verhindern wissen.
 

Während er die Nachrichten hörte, wurden seine Augen immer enger und seine Wut noch größer. Solche Arschlöcher kannte er zu Genüge. K-San hatte ihm die schließlich oft genug vom Hals gehalten und es war besser sich gar nicht erst mit so was einzulassen. Doch Shu war es passiert. Seufzend legt er das Handy wieder zurück. Seine Augen waren zwar immer noch verengt, aber sie sahen Shu-chan deswegen trotzdem liebevoll an. Er wollte ihn nicht noch mehr verschrecken. "Ich kümmere mich um den. Den Vertrag musst du nicht länger erfüllen."

"Er hat mich nicht nur geschlagen...", wisperte Shuichi.

Er starrte eine Weile ins Nichts, als Ryuichi sein Handy abhörte.

"D...danke...Sakuma-san...du tust so viel für mich, das hab ich nicht verdient.", wisperte er, verschwand bis zu den Augen unter der Decke.

Er fing schon wieder an zu weinen. Das konnte doch nicht wahr sein...

"Tut mir Leid...ich...erst lad ich mich selbst ein und dann mach ich dir auch noch so viel Ärger...D...das ist das letzte, was ich will...ich will nicht, dass du wegen mir in Schwierigkeiten kommst und mich auch hasst...", weinte er.

"Auch vergewaltigt..." Bei dem Satz blieb ihm fast selbst die Spuke weg.

"Was hat denn das damit zu tun? Wenn ein Freund von mir Hilfe braucht, dann bekommt er die auch. Außerdem hast du das nach all dem Ärger sehr wohl verdient." Liebevoll wiegte er ihn in seinen Armen hin und her. Sanft holte er ihn wieder hervor, zog Shu ganz auf sich und konnte dadurch mit beiden Händen Shuichis Tränen trocknen.

"Es muss dir echt nicht Leid tun... Wirklich nicht... Du machst mir doch keinen Ärger... Echt nicht, ein wenig Abwechslung tut außerdem auch mal mir gut. Ich habe wegen dir keine Schwierigkeiten... Schlag dir das aus dem Kopf..."

Erschüttert nahm er den Kopf des Jungen in seine Hände. "Wieso sollte ich dich hassen? Dich kann man doch gar nicht hassen..."

"Doch...du wirst mich hassen...", wisperte er.

Sollte er es ihm sagen? Sollte er es ihm wirklich sagen? Wenn er schon einmal beim beichten war...

"Ich...ich..."

Sein Griff um den anderen Körper verstärkte sich.

Er atmete tief durch.

"Ich liebe dich."

Jetzt war es raus. Sofort zuckte er zusammen, setzte sich dann auf und kroch in Richtung Wand...

Ob er ihn jetzt auch schlagen würde?

"Bitte nicht schlagen...", weinte er, sprang dann auf und wollte vom Bett springen.

"Es tut mir Leid, ich hätte das niemals sagen sollen...ich geh jetzt auch. Denn sonst wirst du mich nie wieder los...und irgendwann endet es wie bei Yuki... Das will ich nicht. Es tut mir Leid...es tut mir so wahnsinnig leid...bitte hass mich jetzt nicht.", weinte er.

"Ich verschwinde auch...du musst mich niemals wieder sehen..."

Bestimmt würde er auch in Ryuichi eine schmerzhafte Erinnerung auferstehen lassen, die ihn irgendwann von innen auffraß...

Genau wie bei Yuki...
 

Seufzend sprang Ryuichi auf und schloss den zitternden Körper in seine Arme. Beruhigend legte er dessen Kopf auf seine Brust und ja... ja er weinte... zarte Tränen fielen auf Shuichis Haare. "Wie kannst du von mir denken dass ich jemanden schlage? Ich kann doch keiner Fliege was zu leide tun. Ich könnte dich niemals schlagen. Ich hab dich doch lieb." Zitternd hielt er sich nun an dem Jüngeren fest.

"Wieso willst du schon wieder gehen? Du bist doch grad erst hier angekommen. Ich lass dich nicht wieder in dieses Leben zurück. Das ist absolut nichts für dich. Ich möchte nicht dass du dich so kaputt machst." Flehend sah er weiterhin in die Augen des Anderen. "Ich könnte dich nie hassen. Ich habe dich doch schon immer gemocht. Ich weiß doch gar nicht was hass ist. Menschen wie dich muss man einfach lieben. Bitte geh nicht."

Stumm weinte er weiter in Shu-chans Haare. "Bitte geh nicht weg. Bitte geh nicht." Er wusste zwar nicht wirklich wieso der Kleinere eine so große Angst hat, denn er hatte ja nicht alles mitbekommen, aber er wollte trotzdem nicht dass dieser ging. Er würde ihn nicht mehr zurück lassen.

"Ich hab so lange kein -ich liebe dich- mehr gehört. Ich wusste schon gar nicht mehr wie das ist. Außerdem macht mich das glücklich, echt. Nur..." Stockend hielt er inne. "Kann ich im Moment diese Liebe noch nicht erwidern... Weil..."
 

"Schon gut, Sakuma-sama...ich versteh schon...", wisperte Shuichi monoton. //Wieso solltest du mich Nichtsnutz auch lieben? Du hast doch gar keinen Grund dafür.// Shuichi war ein Nichts, er besaß nichts und hatte auch nichts. Sakuma-san selbst aber war… Ja, was war er eigentlich? Er war sein Gott und besser wie irgendwer sonst auf dieser Welt. Still saß er da, spürte die Tränen Ryuichis auf seinen Haaren. //Warum weinst du? Hast du etwas Mitleid? Mitleid mit mir???// Shuichis Augen verloren jegliches Leben, er schwieg eine Weile, konnte nicht sprechen, zu sehr zerriss es sein Herz.

"Vielleicht sollte ich doch zurück.", wisperte er. "Ich will dich da nicht mit reinziehen. Ich werde zurückgehen. Vielleicht mach ich dann endlich mal etwas richtig. Das wird es sein, wozu ich gut bin... Aizawa Taki hat wohl recht... Ich bin nur gut zum treten, schlagen, anspucken...und gut zum durchvögeln..."

Er hauchte die letzten Worte, erinnerte sich an die Sache mit ASK. Er hatte Yuki in Schutz genommen. Warum? Damit dieser ihn genauso behandeln konnte, wie diese Kerle es taten?

Um ihn herum verschwamm alles bis er das Bewusstsein verlor und in eine tiefe Ohnmacht gezogen wurde...

"Shu-chan bitte komm zurück. Mach mir jetzt nicht schlapp. Bitte nicht auch noch du. Ich hab doch außer dir und Kumagoro nichts mehr. Ich will nicht schon wieder verlieren. Bitte wach doch auf." Verzweifelt rüttelte er an den Schultern des Jüngeren und weinte wie er es schon lange nicht mehr getan hatte. Dabei schrie er ihn fest an, denn er wollte ihn wirklich nicht verlieren. "Bitte geh nicht wieder in diese Hölle. Bitte nicht dorthin wo ich dir nicht mehr helfen kann. Außerdem wie kannst du so ne Scheiße behaupten? Wenn du nur dazu gut wärst, hätte ich dir damals nie Kumagoro gegeben. Du bist einer der wundervollsten Menschen die ich kenne. Keiner hat so was verdient." Gebrochen ließ er Shuichi los und setzte sich neben ihn, um auf ihn aufzupassen. Seufzend stützte er seinen Kopf in seine Hände.

"Wie kannst du so was behaupten? Du hast doch so ein wundervolles Wesen und so eine herrliche Stimme, dass kann man doch nicht einfach wegwerfen wollen. Das geht doch gar nicht. Das geht nicht." Sein Kopf fiel nun auf seine Knie...

"Das geht doch nicht..." Weinend verkroch er sich in eine Ecke, schlang seine Arme um sich, zitterte wie Espenlaub und sah vor Tränen nichts mehr...

"Das geht nicht... Bitte komm zurück... Bitte lass mich nicht allein." Irgendwie schaffte er es zu Kumagoro zu krabbeln, sich wieder aufs Bett zu hiefen und dort umzufallen. "Bitte komm zurück..."
 

Shuichi schien zu fallen... Er fiel in einen erneuten Alptraum. Warum sollte es auch anders sein.

Da war Aizawa Taki, der ihn angrinste und ihn immer wieder fotografierte, als er 3 Mal hintereinanderweg von 3 Schlägertypen genommen wurde...

Dann kreiste sich alles um ihn, als würde er selbst im Traum sein Bewusstsein verlieren...

Dann war da Yuki, der ihn beschimpfte, der eindringlich auf ihn einredete, ausholte und ihm eine Ohrschelle verpasste.

Tränen liefen aus seinen Augen.

Reichte es nicht schon, dass er es so erleben musste? Warum durfte er es auch noch jedes Mal im Schlaf durchleben?

Sein Körper begann zu zittern, er wandte sich, als Yuki auf ihn eintrat...

Es fühlte sich so echt an...so wirklich...

Zu letzt sah er Ryuichi, der sich langsam von ihm entfernte. Er versuchte aufzustehen, ihm nachzurufen, er solle ihn nicht allein lassen, doch er konnte nicht. Seine Stimme versagte, er konnte nicht mehr laufen...

Er konnte sich nicht mehr bewegen...

Plötzlich stand er in einem dunklen Raum, blutete aus 1000 Wunden, spürte zwei Arme, die sich um seinen Körper schlangen, dann ein Messer, welches in sein Herz gerammt wurde.

Schreiend setzte er sich auf.
 

Ryuichi lag unterdessen immer noch wie vorhin auf dem Bett. Er hatte sich zu einer Kugel zusammen gerollt, die einem Embryo glich. Kumagoro hatte er vor seinen Bauch gelegt. Apathisch starrte er mit großen Augen den Schwarzhaarigen an und sah doch durch diesen hindurch. "Bitte geh nicht..." Immer noch murmelte er diesen Satz. "Nicht schon wieder verlieren. Nicht schon wieder..."

Durch den Schrei erschreckt, flog er aus dem Bett und rührte sich dort nicht weiter. Zitternd setzte wenige Sekunden später der Schock ein und Ryuichi merkte was eigentlich passierte. Irritiert setzte er sich auf und spürte sämtliche Knochen. "Nicht gehen."

Verzweifelt sah er Shu-chan entgegen. Er erkannte nicht, dass dieser aus seiner Ohnmacht erwacht war. Ängstlich rollte er sich wieder zusammen und alles brach wieder hervor. "Nicht gehen." Er weinte ein weiteres Mal in dieser Nacht. "Nicht schon wieder." Er war wie gefangen und nahm noch nicht mal mehr Shuichi wahr. Er wollte ihm so gern helfen, aber Verlust war eine der Sachen dir er gar nicht ertragen konnte.

Shuichi blickte sich um, weinte ebenso. Dann sah er Ryuichi auf dem Fußboden liegen.

Er blinzelte, krabbelte auf ihn zu, setzte sich neben ihn und streichelte ihm über die Seite.

"Sakuma-san...geht es dir nicht gut? Soll ich dich zu einem Arzt bringen?", flüsterte er unter Tränen.

"Sakuma-san, nicht weinen...", flennte er, zog die Beine des Älteren von dessen Körper weg, drehte ihn um und legte sich dicht an ihn, nahm Ryuichis Hand und küsste sie sanft.

"Pain, pain, go away...", flüsterte er heiser, versuchte, diesen Traum zu verdrängen...

Tränenblind sah Ryuichi Shuichi an. Zitternd drängte er sich an den anderen Körper und zuckte bei dem Kuss zusammen. Apathisch sah er in Shuichis Augen und legte dabei Kumagoro zwischen ihnen. War er auch weit weg, so wollte er nicht, dass der Kleinere weinte.

"Kein Arzt... Nicht schon wieder... Kein Krankenhaus... Nicht schon wieder gehen..." Zuckend versuchte er Shuichis Lied zu lauschen. Eigentlich wollte er ihm helfen, schließlich ging es Shuichi schlecht und es galt sein Leben zu ordnen. Und nun? Jetzt lag er hier und weinte. Dabei schrie alles in ihm. Alles in ihm verlangte danach Shuichi zu helfen. Für ihn selbst würde später noch Zeit sein. Fast schon vorwürfig meinte er: "Wollte doch dir helfen... Darf nicht weinen... hab es doch versprochen..."

Shuichi konnte nicht mehr aufhören zu weinen. Was war denn nur mit Ryuichi los?

Er hatte bemerkt, wie sehr er bei seinem Kuss zusammen gezuckt war...

Wieder zerriss es ihn beinahe...

Er hasste es sicher, von ihm berührt zu werden.

Flennend stand er auf, krabbelte um Ryuichi herum und drehte ihn auf den Rücken. Dann setzte er ihn mit aller Kraft auf, lehnte ihn an seine Beine, griff unter dessen Achselhöhlen durch und zerrte ihn in dessen Schlafzimmer.

Er ächzte. Shuichi war ziemlich geschwächt...er hatte den letzten Monat kaum geschlafen, weil ihn immer wieder Alpträume heimgesucht hatten, hatte kaum gegessen und hatte fast 8 Kilo verloren...

Er zog ihn weiter in Richtung Schlafzimmer.

"Nghhh..."

Er öffnete irgendwie die Tür und beförderte ihn in sein Bett, deckte ihn zu und holte Kumagoro, um ihn neben den anderen zu legen. Er deckte auch den Stoffhasen zu.

"Ich hab ihm nichts getan...", wisperte Shuichi.

"Siehst du...Kumagoro ist bei dir, um auf dich aufzupassen...", flüsterte er.

Dann befühlte er Ryuichis und seine eigene Stirn.

"Ich bin mir nicht sicher, aber du scheinst fiebrig zu sein...ich hol dir schnell einen kalten Lappen...", sagte er, stand auf und ging ins Badezimmer, kam kurz darauf wieder zurück und legte ihm den Lappen auf die Stirn.

"Ich gehe ins Nebenzimmer...Ich bleib da, bis es dir besser geht.", murmelte er, stand auf und ging in das Nachbarzimmer, wo er sich in eine Ecke setzte und die Beine an den Körper zog.
 

Ryuichis Gedanken verweilten unterdessen in der Vergangenheit. Zitternd sah er sich in Gedanken selbst gerade ein kleines Mädchen verbinden. Er fragte sie nach ihrem Namen und brachte Kumagoro mit ins Spiel. Grinsend stellte er sich als Assistent vor und den Hasen als Doktor. Spielend erklärte er dem Mädchen alles. Diese wiederum merkte dadurch gar nicht, dass er sie verarztete. Nach einer Weile waren sie fertig und die Kleine konnte es gar nicht fassen, ging mit ihrem „Onkel“ zurück auf die Kinderstation.
 

"Ryu, kommst du mal?" Wer rief ihn dort? Schreiend wachte Ryuichi wieder auf und hielt sich die Stirn. Nach kurzer Zeit fiel er erneut zurück ins Bett und starrte auf Kumagoro. Tränen stiegen in seine Augen als er über das Fell des Hasen streichelte. Wiederholt stiegen Erinnerungen nach oben.
 

"Ich muss dir etwas zeigen." Freudig folgte er der Stimme und warf sich ihr in die Arme. Glücklich schmiegte er sich an ihre Brust. "Das ist für dich." Die Stimme reichte ihm einen rosa Stoffhasen. "Das ist Kumagoro, bitte kümmere dich um ihn." Sanft drückte ihm die Stimme den Hasen in den Arm, um wenige Sekunden später zu sterben.

"Ich muss jetzt gehen." Nun bannten sich die Tränen ihren Weg an den Wangen hinunter und tropften auf den Hasen nieder. Dort saugten sie sich ins Fell ein und hinterließen einen dunklen Fleck. Schutz bedürftig drückte er den Hasen an sich. Krampfhaft schloss er die Augen, um nicht wieder das Bild sehen zu müssen. Nicht länger sehen zu müssen wie die Stimme da am Boden lag.

Shuichis Kuss von vorhin kam ihm ins Gedächtnis. "Ich hasse dich nicht! Ich hab mir nur geschworen nie wieder zu lieben!"

Shuichi saß nun schon Stunden unbewegt und mit angezogenen Beinen in diesem Zimmer und starrte auf den Fußboden vor sich. Ob es Ryuichi schon besser ging? Er hatte den anderen Sänger noch nie wirklich weinen gesehen...

Doch...warum? Warum hat er so geweint. Weil Shuichi weggehen wollte? Das konnte es unmöglich sein. Shuichi war ihm doch eh nur ein Klotz am Bein, würde seine Karriere wohlmöglich noch gefährden. Wie konnte er es nur wagen ihn anzufassen...ihn anzurühren...

Wieder sah er ihn zusammen zucken.

Das war wohl der größte Fehler, den er begehen konnte...
 

Die im Traum gehörte Stimme lag am Boden und rührte sich nicht mehr. Ärzte kamen angerannt und legten die Stimme auf eine Trage. Sofort wurde sie auf eine andere Station gebracht und an irgendwelche Schläuche angeschlossen. Ryuichi sah sich immer noch verloren im Zimmer stehen. Geschockt starrte er auf die Stelle und rannte wenig später durch die Gänge. Bald hatte er seine Stimme gefunden und stand vor ihrem Bett, doch es war alles zu spät.

Nichts konnte seiner Stimme mehr helfen. "Geh nicht weg. Bitte bleib bei mir, bei uns." Verzweifelt sank er vor dem Bett in die Knie und konnte noch nicht mal weinen. "Ich wollte doch noch danke sagen. Ich wollte doch..." Er schüttelte den Kopf. Nein, dass durfte nicht sein. Er war doch mit der Stimme so glücklich gewesen. Sie hatten noch so viele Pläne gehabt.

"Bitte komm wieder zurück." Weinend griff er nach der Hand seiner Stimme, dabei die Kälte des Todes ignorierend. Er wollte die Hand einfach nur halten. "Wir wollen wieder zu dir." Mit gebrochener Stimme versuchte er seiner Stimme Kumagoro in die Hand zu drücken, doch der Hase fiel mit leisem Klatsch wieder auf den Boden.

In Erinnerung an diesen Moment, überkam Ryuichi ein weiterer Schauer der Verzweiflung. Weinend schüttelte er den Kopf. Nein, er durfte nicht schon wieder dran denken. Er durfte nie wieder daran denken. Die Stimme war bereitsso viele Jahre fort und doch vermisste er sie immer noch... Immer noch, da er damals keinen hatte, der mit ihm diesen Weg gemeinsam gegangen wäre.
 

//Was soll ich machen? Ich weiß es nicht, ich weiß es wirklich nicht.// Fest stand, dass er nicht länger hier bleiben durfte, da er Ryuichi nur schadete. Sobald es dem Älteren besser ging, würde er verschwinden und ihn in Ruhe lassen. Seufzend betrachtete er die Schatten, die durch das Fenster auf den Boden fielen. Irgendwas stimmte mit dem Älteren nicht.

Und er war schuld daran...wieder einmal. Genau wie bei Yuki. Aus diesem Grund wollte er ja auch gehen...Denn er schein Ryuichi an irgendetwas erinnert zu haben, an dass er sich nicht erinnern wollte. Zitternd erhob er sich und setzte sich nun an Ryuichis Tür.

Der lag noch eine Weile weinend im Bett während ihn immer wieder dieselben Bilder einholten.

Irgendwann aber konnte er nicht mehr weinen und so endete auch das Schluchzen.

Er lag nur noch apathisch im Bett.

"Ach Kumagoro, Shuichi hat doch keine Schuld. Er kann nichts dafür, dass mir dieser Mensch einmal soviel bedeutet hat und am Ende genommen wurde. Ich habe doch nur Angst vor dem Allein sein. Ich habe doch nur Angst davor am Ende wieder zu verlieren. Ich könnte es nicht noch mal ertragen. Denn wenn ich tiefere Gefühle für ihn entwickle, dann... dann würde uns irgendwann der tot trennen... und ich wäre wieder allein"

Shuichi horchte auf. Er wollte Ryuichi eigentlich nicht belauschen, aber er hatte seine Worte genau gehört. "Sakuma-san...", wisperte er. Er wusste, dass er das, was er jetzt gleich tun würde, bereuen würde...doch... Er stand auf und drückte sanft die Klinke herunter.

"Leben und Tod sind zwei Dinge, die nun einmal zusammen hängen. Du kannst nichts dagegen unternehmen...", flüsterte er leise in die Dunkelheit des Zimmers.

"Ohne Leben kein Tod und ohne Tod auch kein leben... Manchmal gehen Menschen... weil...es an der Zeit ist... Sie wollen nicht, dass ihre Mitmenschen traurig sind und leiden müssen...oder die, die sie geliebt haben. Du kannst dir sicher sein, dass dein Freund dich noch immer liebt. Du weißt auch, dass Menschen nach dem Tod über die, die sie lieben wachen, für immer."

Er keuchte.

"Tut mir Leid...das hätte ich nicht sagen sollen...aber ich will dich nicht mehr weinen hören...das tut so weh. Denn ich liebe dich. Ich liebe dich wirklich, auch wenn du diese Gefühle nicht erwidern kannst. Sie sind nun mal da und ich kann nichts dagegen tun. Dabei wollte ich mich nie wieder verlieben."

Er lachte bitter.

"Weil ich nicht noch mal so verletzt werden wollte...Tut mir Leid.", wisperte er, dann schloss er die Tür wieder und öffnete nochmals das Fenster, um hinaus zu sehen. Er brauchte etwas frische Luft...
 

Erstaunt lauschte Ryuichi Shuichis Worten. Fassungslos starrte er in die Dunkelheit. Hatte Shuichi das eben wirklich gesagt? Ja und so weh wie es auch tat, so wahr war es doch. Tod und Leben gehörten nun mal zusammen. "Aber es ist trotzdem ungerecht." Seufzend streichelte er über Kumagoros Ohren. "Er wacht also immer noch über uns? Nur wieso spüre ich dann davon nichts? Sag mir wieso nicht?" Shuichiss Worte leuchteten ihm ein, aber wie sollte er sie unter den Umständen glauben?

Kraftlos erhob er sich aus seinem Bett und ging in der Dunkelheit zur Tür. Dabei flog er über etwas das im Raum rum lag und fügte sich dadurch ne größere Schramme zu. "Au ah!" Endlich hatte er den Ausgang gefunden. Mit leisen Schritten ging er rüber zum Gästezimmer und öffnete die Tür.
 

"Shuichi..."
 

Schüchtern stand er in der Tür.
 

"Meinst du das ernst mit dem wachen?" Zögernd wartete er kurz "Aber wieso konnte ich mit nicht mal bedanken?" Zärtlich streichelte er über Kumagoros Herz. Seine Augen bekamen dabei einen Glanz, den bisher nur einer genießen durfte. "Ohne ihn gäbe es ihn nicht." Er hoffte, dass Shuichi dadurch erahnen konnte wieso ihm der Hase so wichtig war. "Es war sein letztes Geschenk."
 

Immer noch stand er in der Tür. Unentschlossen sahen seine Augen zu Shuichi.
 

"Ist schon gut. Hast ja recht mit dem was du gesagt hast. Aber ich will dir doch auch nicht weh tun." Ein weiteres Mal hielt er inne. "Man hat dir schon genug wehgetan. Ich will doch gar nicht weinen..."

"Ich fühl mich angesichts deiner Gefühle ja auch geehrt, aber gib mir noch Zeit ja... Ich ich muss erst noch was anderes durchstehen... alles andere wäre unfair... und würde wehtun. Und das will ich nicht."

Innerlich fragte er sich allerdings was er hier redete. Eigentlich hatte er doch mit Shu darüber reden wollen wie die nächste Zeit aussehen sollte und jetzt so was...
 

Shuichi lächelte Ryuichi an, als dieser in der Tür stand.

"Natürlich meine ich das ernst mit dem Wachen. Du trägst doch die Erinnerung an ihn in deinem Herzen. Das heißt, du wirst ihn nie vergessen. Indem er dir Kumagoro gegeben hat, hat er dir gezeigt, dass es ihm wichtig war, dass du ihn niemals vergessen wirst. Ich glaube, die Menschen haben einfach nur Angst, vergessen zu werden...weniger Angst davor zu sterben."

Er seufzte.

"Ich kann schon verstehen, dass es dir nicht gut geht und dass das letzte, was du jetzt brauchen kannst, meine dummen Gefühle sind. Deshalb musst du mich auch verstehen...ich muss weg von dir... und warten, bis diese Gefühle wieder weg gehen...Ich geh morgen früh. Bitte halt mich nicht auf. Ich bleibe in LA und melde mich irgendwann bei dir..."

Schüchtern erwiderte Ryuichi das Lächeln. "Hm, dass leuchtet mir ja auch ein, aber ich konnte mich nicht bedanken. Verstehst du, ich konnte mich nicht bedanken? Er ist gestorben ehe ich das konnte. Sie sind alle gestorben... Ich werde ihn auch nie vergessen, denn er hat mir gezeigt wie schön das Leben sein kann..."
 

Erschrocken öffnete er die Augen.
 

"Wieso das denn? Dann bin ich ja schon wieder allein. Ich frag mich langsam ob es Gott mit Absicht macht... das ich immer alle verliere die mir etwas bedeuten..."

Langsam ging er zur Tür und drehte sich noch mal um.

"Wenn das so ist, dann kann ich ja wohl nichts machen. Schade, aber wenn du denkst das ist besser. Ich wünsch dir viel Glück..."

Dann ging er aus dem Zimmer und kam noch mal kurz zurück.

"Deine Gefühle sind überhaupt nicht dumm, sondern einfach nur ehrlich. Vielleicht siehst du das ja irgendwann ein. Mir geht es doch soweit gut... Ich muss nur im Moment kämpfen, denn sonst klappt es eines Tages vielleicht wirklich noch und das..."
 

"Sakuma-san...“
 

Genau wie bei Yuki...

Er kannte das ja schon von Yuki.

Er wollte so gern mehr über Sakuma-san erfahren, doch er hatte Angst davor...große Angst.

Er hatte es bei Yuki ja gerade herbei geschworen...er hatte ihn bedrängt. Zu viele Fragen gestellt. Zu viele Fragen...einfach viel zu viele...

"Er weiß sicher, dass du ihm dankbar bist... Außerdem brauchst du es doch nur Kumagoro zu sagen...er ist doch deine Verbindung zu ihm."

Er seufzte.

~"Wenn das so ist, dann kann ich ja wohl nichts machen. Schade, aber wenn du denkst das ist besser. Ich wünsch dir viel Glück..."~

Das hatte gesessen...

Das tat verdammt weh...

Konnte er ihn denn nicht wenigstens ein bisschen verstehen?

Er konnte nicht bei ihm bleiben. Er wäre genauso hoffnungslos verliebt wie damals...und noch einmal hielt er das einfach nicht aus.

"Ich bin noch nicht gestorben...", flüsterte Shuichi leise, war sich nicht sicher, ob er es hören würde, da er dabei war, das Zimmer zu verlassen.

Doch dann kam er noch mal zurück.

Er hörte ihm zu. Und ob seine Gefühle dumm waren. Er sollte sich keine Hoffnungen machen...

Ehrlich...wie oft war Shuichi ehrlich gewesen? Was hatte es ihm gebracht? Niemand auf der Welt konnte ihn lieben.

"Schon gut, Sakuma-san...ich verstehe..."
 

"Ich glaube nicht dass du das verstehst..."

Traurig verließ er nun endgültig das Zimmer und schmiss sich auf sein eigenes Bett. Dort blieb er eine Weile ruhig liegen ehe ein weiteres Mal in dieser Nacht weinte. Traurig klammerte er sich an Kumagoro.

"Ach, wärst du doch noch hier. Ich würde dir so gern dafür danken, dass du mir Kumagoro gegeben hast. Ich hab ihn so schrecklich lieb. Er ist zwar schon etwas ramponiert, aber immer noch ein Geschenk von dir."

Mit starrem Blick stand er auf, ging zum Nachtschränkchen und holte dort etwas raus. Eine silberne Klinge blitzte in der Nacht.

"Was meinst du, sollte ich es machen? Ich weiß, dass du mich davor beschützen wolltest, aber ich kann nicht mehr. Ich halt den Schmerz nicht mehr aus. Erst meine Familie und dann du... Verzeih mir."

Nachdenklich starrte er die Klinge an und entfernte langsam das Pflaster von seinem Handgelenk. Seufzend fuhr er mit der Klinge über seine Narben und erreichte nach kurzer Zeit das die ein oder andere blutete. Schnell steckte er die Klinge wieder weg. "Verzeih mir... aber es ging nicht anders... Aber ich schaff das noch..."

Shuichi seufzte und weinte, als Ryuichi das Zimmer verlassen hatte.

Er wartete bis der nächste Morgen anbrach, dann packte er seinen Rucksack, stand auf und ging zu Ryuichis Schlafzimmertür.

"Sakuma-san...ich geh dann mal...vielen Dank für alles...tut mir Leid...ich ruf dich irgendwann an...ich...ich liebe dich...", die letzten Worte hatte er nur gewispert, dann rannte er los, schnappte sich seine Schuhe und war verschwunden.
 

Einige Stunden waren vergangen, die er ziellos umhergelaufen war. In Telefonzellen und Cafes hatte er nach einem Zimmer gesucht, fand schließlich auch eines... Die Miete konnte er gerade so bewerkstelligen, immerhin hatte er sich noch etwas zurückgelegt.

Das Zimmer war klein und schäbig, aber eigentlich brauchte er ja auch nichts anderes zu tun, als nachzudenken… über Ryuichi...über sich selbst. Über alle...

Je mehr er überlegte, desto trauriger wurde er...

Er wollte nicht, dass diese Gefühle wieder verschwanden...aber andererseits...

Er wollte Ryuichi nicht wehtun.

Er wollte selbst nicht wieder leiden.

Er lag in einem gelben Schlauchboot, welches er bei einem seiner unzähligen Stunden, die er in der Stadt verbracht hatte, als Werbegeschenk bekommen hatte.

Es hatte Stunden gedauert, eh er es aufpusten konnte und es hatte ihm wehgetan, weil seine Rippen noch nicht okay waren, aber wenigstens hatte er so ein provisorisches Bett.

Er hatte viel Leitungswasser getrunken und sich hingelegt, war wieder am Überlegen...

Jetzt war sein Besuch bei Ryuichi bereits zwei Wochen her.

Shuichi hatte in keiner Sekunde nicht an ihn gedacht, er hatte kaum was essen können, war unglaublich mager und blass...

Er seufzte, dann stand er auf und beschloss einen Spaziergang in der Dunkelheit zu machen. Vielleicht würde ihn das auf andere Gedanken bringen.
 

By Jemo Kohiri
 

Anhang:

Das Cover wurde von Ahiku gestellt und die Story selbst von mir verfasst. Als Grundlage diente hierfür der RPG "My Ryu, My Shu!" Hierbei spielte Ahiku Shuichi (später noch Neil und Granny) und ich Ryuichi. Dabei bleibt es nicht aus, dass ein Teil der Postings stückweise so übernommen wird wie im RPG selbst verfasst. Natürlich werden sie für die Story entsprechend angepasst und abgewandelt, gerade Gesprächsteile aber doch in Original übernommen. An der Stelle möchte ich mich lieb bei ihr für die tolle Playzeit bedanken. Ohne dich wäre die Fanfic nicht möglich gewesen.



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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Von: abgemeldet
2008-05-06T17:53:36+00:00 06.05.2008 19:53
Wow, das 2. Kapi! *___* *schnell ging* *Lob aussprech*
Inzwischen wurde also tatsächlich viel ergänzt... und diese Entwicklung war mir doch neu. An sich war der Teil aber sehr emotinal und beide Hauptcharas taten mir richtig Leid. *mitfühl* Wobei mir eine Stelle ganz besonders gut gefallen hat... und zwar wie Ryu wütend über Shus blauen Flecken wurde. Diese Art bestätigt seine Dominanz und die Rolle des Seme. ~__~
Und wie immer bin ich sprachlos, wenn ich deine "Ryu-Bühnenvorstellungs-Texte" (ich nenn die mal einfach so XD) lese... Du schreibst da so aussagend drum rum, dass mich das einfach nur noch fasziniert! >__<

but... das Shooting! *lach*
Ich weiß jetzt zumindest, was für ein FA ich kreieren soll *auf Ryus Outfit, Hotpants & Netzhemd XD deut* *lol*

Was die Texte über Leben und Tod anbelangte und die Person, die Ryu "verlassen" hat...
"Man "spürt" zwar nicht gleich die Präsenz desjenigen, der nun nicht mehr als lebend erscheint, aber er ist da." Diesen Satz wollte ich noch hinzufügen.
Und dass es manchmal nicht von Nöten ist, sich zu bedanken. Es anzunehmen reicht manchmal auch völlig aus.

Ach ja und was ich noch interessant fand...
plötzlich hatte ich das Gefühl ich sehe dich~
Klein_Ryuichi in die Rolle des Ryu. (Könnte das so hinkommen?)
Aber weiteres will ich jetzt nicht in Erwähnung ziehen. *fg*

Bei folgendem Zitat...
"Wieso willst du schon wieder gehen? Du bist doch grad erst hier angekommen. Ich lass dich nicht wieder in dieses Leben zurück. Das ist absolut nichts für dich. Ich möchte nicht dass du dich so kaputt machst."
... dachte ich nur noch: Ich wünschte, das würde auch mal jemand zu mir sagen T___T

Was ich jedoch witzig fand, war die Stelle, wo Ryu sich mit Kuma in der Bettwäsche verknotet hat *lol*
oder dieses "Oh, ein Doraemon!"... das wir auch richtig cute *lach*
Na und sonst...

WARUM HAM DIE KEIN SEX? ;__________; *doch so gern mitgefiebert hätte* XD


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