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Boundless friendship

NaruSasu
von

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Ich hasse dich, glaube ich!

Irgendwann fängt es an zu bröckeln.

Deine Fassade bekommt Risse.

Dein Mut löst sich auf.

Deine Gefühle werden verletzt!
 

Du kannst nichts tun. Glaubst zu verlieren, was du eigentlich niemals richtig hattest.
 

Liebe macht dich schwach…

Liebe kann verletzen…

Liebe bringt Unglück…

Liebe kann zerstören, was einst so wunderbar war…
 

Liebe erzeugt Hass…
 


 

Ich hasse dich, glaube ich!
 

Auf dem weiten Bahnhofsgelände herrscht einsame Stille. Langsam gehe ich die breiten Gänge entlang zum Bahngleis. Nur vereinzelt höre ich eilige Schritte über die alten Steinplatten laufen. Gespräche finden hier um diese Zeit nicht mehr statt. Der kühle Nachtwind zieht durch die offenen Ritzen des baufälligen Bahnhofs und untermalt die schaurige Atmosphäre mit einem leisen Zischen und Pfeifen. Ich schiebe meine Hände weiter in meine wärmenden Hosentaschen und gehe direkt auf die große Steintreppe zu, die ich anschließend ohne zu zögern hinauf steige. Oben angekommen werde ich vom eisigen Wind begrüßt. Ein kurzer unangenehmer Schauer läuft mir über den Rücken, als die Kälte in meine Knochen zieht. Wie immer stelle ich mich an den einzigen großen, breiten Pfeiler auf diesem Gleis, der mich ein wenig vor dem unbarmherzigen Wind schützt und gleichzeitig einen verhüllenden Schatten auf meine Anwesenheit wirft. Wie abgemacht warte ich auf den letzten Zug. Obwohl mich die Ankunft des Zuges wenig interessiert.
 

Es sind Wochen seit dem Gespräch mit Naruto vergangen. Nur zwei weitere Versuche hat er anschließend noch unternommen, um herauszubekommen, für wen ich diese Gefühle hege. Eisern habe ich ihn abgewiesen und mittlerweile glaube ich, hat er es gänzlich aufgegeben. Vielleicht hat er auch einfach vergessen, dass ich verliebt bin. Ich jedenfalls habe es nicht vergessen. Nicht, wenn ich bei klarem Verstand bin. Deshalb stehe ich jetzt auch hier. Ich warte auf die Ankunft eines unscheinbaren Typens, dessen Namen ich nicht kenne. Ist auch nicht nötig. Er kennt meinen Namen auch nicht. Aber er hilft mir zu vergessen. Dieses schmerzende Stechen verschwindet einfach nie. Es beherrscht meinen Körper. Es ist einfach immer da. Ganz unabhängig davon, ob Naruto in meiner Nähe ist oder nicht.
 

Die Sehnsucht ist da.
 

Kurz nach elf flackert die Anzeigetafel auf. In wenigen Minuten würde der Zug einfahren. Ich drücke mich weiter in den Schatten und warte geduldig. Von weitem höre ich das gleichmäßige Rauschen, das stetig lauter wird. Die kreisrunden Scheinwerfer leuchten in der Ferne auf und werfen ihren Lichtkegel auf die Gleise. Es dauert nicht sehr lange. Das Quietschen der Bremsen ist ohrenbetäubend schrill, doch ich zucke nicht einmal mit der Wimper, obwohl es schmerzhaft in meinem Kopf pocht und sich ein ziehender Schmerz nahe der Schläfe ausbreitet. Es wurde höchste Zeit, dass ich ihn wieder aufsuche. Zwei qualvoll langsam verstreichende Tage sind vergangen, in denen Naruto mich durch seine permanente Anwesenheit an meine bröckelnde Selbstbeherrschung trieb. Ständig erhaschte mein Blick seine vollen Lippen. Ich wollte sie berühren, wollte sie fühlen und schmecken. Aber ich durfte nicht. Ich bin nicht mehr ich selbst. Suche täglich nach einem Ausweg aus meinen Gefühlen und letztendlich habe ich ihn gefunden.
 

Er macht mich kaputt.

Naruto hat unwissend angefangen mich zu zerstören…
 

Die schweren Türen öffnen sich. Das künstliche Licht des Wagons erhellt einen kleinen Teil des Bahnsteigs. Bis zu mir reicht es jedoch nicht. Ich kann ihn erkennen. Er steigt zusammen mit einer älteren Dame, die sich die Hand vor ihren Mund hält, weil sie ein müdes Gähnen verstecken will, aus. Unbehelligt kommt er auf mich zu. Seine schwarze Lederjacke ist zerschlissen. Sein Gesicht wird von einer Kapuze verdeckt, die er sich tief hinunter gezogen hat.
 

Sein Anblick war mir egal.
 

Der Zug rollt laut vom Bahngleis und hinterlässt wieder die angenehmere Dunkelheit. Stumm stellt er sich neben mich. Meine Augen verfolgen die wenigen Menschen, die zu der Treppe laufen und anschließend von der Schwärze verschluckt werden. Erst als auch der letzte gegangen ist, drehe ich meinen Kopf zu ihm und strecke ihm meine flache Hand entgegen. Ich kann seine Gesichtszüge nicht erkennen. Aber seine blassen Finger kommen meiner Hand entgegen. Ohne ein Wort zu verlieren nehme ich entgegen, was er mir reicht und ziehe aus meiner Hosentasche ein paar Geldscheine. Er nimmt sie schweigend an und lehnt anschließend seinen Kopf wieder an den Pfeiler. Kurz bleiben wir so nebeneinander stehen, bis ich mich abstütze und mit einem Fuß aus dem Schatten trete.

„In zwei Tagen“, sage ich knapp und gehe zur Steintreppe. Er bleibt am Pfeiler stehen.
 

Meine Schritte hallen an den Wänden der verlassenen Halle wieder. Mein Blick geht zur großen Wanduhr. Sie zeigt halb neun. Ihre Zeiger stehen still. Seufzend hole ich mein Handy aus der Hosentasche. Auf dem Display ist immer noch Narutos letzte Kurznachricht zu sehen.
 

»Party bei Neji. Ab 21 Uhr. Ich will dich dabei haben. Naruto«
 

Seufzend schließe ich die Nachricht und sehe auf die kleine eingeblendete Uhrzeit in der unteren rechten Ecke. Es ist kurz nach halb zwölf. Bis zu Neji würde ich von hier nochmal eine halbe Stunde benötigen. Ich fahre mir durch die Haare und setze zum Gehen an, als es erneut kurz in meiner Hand vibriert.
 

»Du bist spät, Teme! Kommst du noch? Ich warte…«
 

Ich starre lange auf die Buchstaben. Zu lange. Sie verschwinden, als der Bildschirm schwarz wird, weil der Energiesparmodus einsetzt. Während ich aus der Halle des Bahnhofsgebäudes trete, tippe ich eine kurze Antwort und schicke sie an Naruto.
 

»Du nervst, Dobe. Bin unterwegs…«
 

Ich kann praktisch sein breites, zufriedenes Grinsen vor mir sehen. Kann hören, wie er allen umstehenden Leuten euphorisch berichtet, dass ich bald da sein werde. Seine Stimme hat sich so klar und deutlich in meinen Ohren festgesetzt, dass es mich taub macht für alle anderen Geräusche. Sein Anblick macht mich blind. Meine Gefühle für ihn machen mich schwach. Ein Teil in mir will ausbrechen, dagegen rebellieren und gegen diese Schmerzen kämpfen. Ein anderer Teil will sie ertragen und aushalten, bis sie sich von allein neutralisieren. Der wichtigste Teil, meine Seele, will vergessen.
 

Will vergessen was ist, vergessen was sein wird.

Will nur das Alte und Schöne, will die Vergangenheit zurück.
 

Ihn nicht zu lieben ist schwieriger als gedacht.
 

Meine Füße tragen mich wie von selbst durch die Straßen. Das gelbe Laternenlicht spiegelt sich in den zurückgebliebenen Pfützen des verregneten Tages. Die Straßen sind genauso leer und verlassen wie der Bahnhof. Diese Gegend ist nicht schön. Sie ist heruntergekommener Schmutz. Eine Schande dieser großen Stadt.
 

Grau und Schwarz.

Hässlich.

Düster und traurig.

Einsam.
 

Neji wohnt hier nicht. Aber es ist der kürzeste Weg um zu ihm zu kommen. Die dunklen Schatten der Gassen ziehen an mir vorbei. Ich beachte sie nicht. Sie sind nicht wichtig. Alles, was nicht mit Naruto in Verbindung steht, ist unwichtig geworden. Es stört mich. Diese Abhängigkeit ist zum Verzweifeln. Ich glaube, ich werde wahnsinnig. Verliere mich täglich in trüben Gedanken. Will abschalten und schlafen. Es geht nicht. Er verfolgt mich. Zurück bleibt der Schmerz.
 

Er ist greifbar.

Er ist da.
 

Ich führe einen inneren Krieg gegen mich selbst. Gleich von Beginn an steht der Verlierer fest. Einen Gewinner wird es in meinem Fall nicht geben. Ich brauche Hilfe…
 

Gedämpfte Musik dringt an meine Ohren. Irgendein unbedeutender Chart-Mix.
 

Texte ohne Bedeutung.

Melodie ohne Klang.
 

Unwichtig.
 

Je näher ich dem Haus komme, desto lauter wird die Musik. Die Haustür steht offen. Von innen kommt mir lautes Lachen entgegen. Stimmen, vermischt mit Musik. Verbrauchte Luft wird mit dichtem Zigarettenrauch vermengt und nebelt jeden ein der sich im Haus befindet.

Meine Sicht ist getrübt. Der Rauch brennt in meinen Augen, die Musik dröhnt schmerzhaft in meinem Kopf. Angestrengt wandert mein Blick über die tanzende Menge. Einige erkenne ich, andere sind mir völlig fremd. Normalität bei einer Party. Aber der typische blonde Haarschopf ist nicht unter ihnen. Gelassen schiebe ich mich durch die Menschen. Werde hin und wieder von der Seite angesprochen und ehrfürchtig begrüßt. Lächerlich. Ich bin auch nur ein Mensch.

„Sasuke, ich dachte du kommst nicht mehr.“ Teilnahmslos wende ich mich dem Mädchen zu, das mich auf ihre charmante Art angesprochen hat.

„Ino“, begrüße ich sie kurz und sehe ihr anschließend in die Augen.
 

Ihr langes blondes Haar liegt ihr über der Schulter und umspielt ihren tiefen Ausschnitt. Es lässt mich kalt, wie immer.

„Hast du Naruto gesehen?“, frage ich sie gelangweilt und warte auf ihre Antwort.

„Naruto? Was willst du denn jetzt mit dem?“, spielt sie sich auf und streckt ihre Brust mehr nach vorne. Sie hat ganz sicher wunderbare Reize für eine Frau, aber mein Interesse kann sie damit nicht wecken.

„Vergiss es, Ino. Ich find ihn schon“, mit diesen Worten lasse ich sie stehen und kämpfe mich weiter durch das Wohnzimmer. Ich weiß, dass in einer der hinteren Bereiche eine Sofalandschaft aufgestellt ist. Dort halte ich mich für gewöhnlich auf. Wenn Naruto wirklich auf mich wartet, dann wahrscheinlich dort.

„Man, pass doch auf“, meckert Choji, weil ihm so ein braunhaariger Typ seine heißgeliebte Chipstüte aus der Hand geschlagen hat. Wütend starrt er dem Jungen nach und bekommt nicht mit, dass er gradewegs auf mich zu steuert.

„Pass selbst auf wo du hinläufst, Choji“, äußere ich kühl. Er zuckt zusammen und dreht sich ruckartig um.

„Oh Sasuke“, schmatzt er, bleibt mir aber nicht länger im Weg stehen, sondern bahnt sich seinen Weg zur Küche.
 

Ich habe bereits einen Blick auf die hellen Sofas und auch das stachelige blonde Haar blitzt auf. Ich kann nicht verhindern, dass sich Nervosität und Aufregung vermischen und mich kurzzeitig am Weitergehen hindern.

„Na Uchiha, doch noch hergefunden“, klopft mir Suigetsu auf die Schulter und zieht genüsslich an dem Strohhalm, der in seinem giftgrünen Getränk steckt. Angewidert schüttele ich seine Hand weg.

„Hm“, grummle ich als Antwort und setze nun doch meinen Weg fort. Ich habe das Gefühl meine Knie werden mit jedem Schritt in seine Richtung weicher. Meine Hände beginnen vor Ruhelosigkeit zu schwitzen.
 

Ich höre sein befreites Lachen. Es klingt so schön. Besser als all die harten Bässe der ätzenden Musik. Sein Haar glänzt sogar durch die vernebelte Sicht auffällig. Oder ich bilde mir das alles nur ein, weil diese Gefühle viel zu stark geworden sind. Seufzend komme ich der Sitzecke näher. Naruto hat einen Arm um eines der Mädchen gelegt die neben ihm sitzen. Diese Sache ist seit neuestem an der Tagesordnung. Mit jedem Mädchen, das Naruto in seiner Nähe hat, wächst die kochende Eifersucht in mir. Sie kriecht vernichtend meine Speiseröhre hinauf und hinterlässt einen bitteren Beigeschmack in meinem Mund.

„Ah, Sasuke!“, ruft Neji, der ebenfalls mit einem Mädchen auf dem Sofa beschäftigt ist und nur kurz seinen Blick in meine Richtung gelenkt hat. Er lächelt kurz verhalten und widmet sich anschließend wieder dem dunkelhaarigen Mädchen. Narutos Aufmerksamkeit habe ich dadurch nun aber auch. Sein Kopf wirbelt herum und er strahlt mich freudig an.

„Da bist du ja endlich, Teme“, platzt es aus ihm heraus. Er stößt das Mädchen von seiner Seite und versucht über die Lehne des Sofas zu springen. Er versucht es, mehr aber auch nicht. Elegant landet er mit dem Gesicht voran auf dem Boden.

„Man Naruto, pass doch auf. Du hättest beinahe den Tisch umgeworfen“, bemerkt Kiba laut knurrend, der aus mir unerfindlichen Gründen plötzlich neben Neji hockt.
 

Narutos verwirrter Gesichtsausdruck, den er gegen das Sofa richtet, lässt mich kurz stumm auflachen. Er rappelt sich mühselig wieder auf und kratzt sich anschließend peinlich berührt am Hinterkopf.

„Tschuldigung“, nuschelt er und grinst mich danach wieder breit an.

„Ich hab gewartet“, nickt er und versucht sich an einer festen Stimme.

„Sehe ich“, bemerke ich unbeeindruckt. Wenn es möglich gewesen wäre, dann wären seine Mundwinkel noch ein Stück weiter nach oben gewandert. Er schwankt ein wenig auf mich zu, legt dafür aber ziemlich geschickt einen Arm über meine Schultern und grinst mich von der Seite her an.

„Du-hu brauchst was zu trinken“, dabei tippt er mir unterstreichend penetrant oft gegen meine Brust und ich ziehe skeptisch meine Augenbrauen zusammen.

„Brauch ich das?“, frage ich reizlos.

„Ja… und ich auch“, kommt es prompt von Naruto.
 

Er drückt mich zurück in die Masse und zusammen schlagen wir uns einen Weg in die Küche. Als wir in dieser ankommen drückt er mich gegen die vollgestellte Theke. Ich habe nicht einmal einen Hauch einer Chance zu reagieren, so schnell handelt er. Es ist erstaunlich, wie er das in seinem angetrunkenen Zustand schafft.

„Du hast mich warten lassen“, fährt er mich an und seine glasigen Augen funkeln böse. Jedenfalls soll es wohl zornig wirken, nur der verklärte Schleier mindert den Ausdruck seines Blickes.

„Was wird das Dobe?“ Ich drücke ihn etwas von mir und erwidere seinen harten Blick.

„Wo hast du überhaupt gesteckt? Ich war bei dir um dich abzuholen aber du warst nicht da.“ Ich schlucke. Natürlich war ich nicht zu Hause. In diesem Moment befand ich mich schon mental auf dem Weg zu meinem Dealer.

„Soll das ein Verhör werden?“, erwidere ich missgelaunt. Schmollend schiebt er seine Unterlippe vor.

„Es war so langweilig ohne dich.“ Er spricht diese Worte aus, als wäre er ein kleines trotziges Kind.

„Du bist betrunken“, schließe ich aus seinem Stimmungsreichem Verhalten. Betrunken und verdammt niedlich, füge ich in meinen Gedanken hinzu, da seine Augen schlagartig groß werden.

„Nein…“, meint er gedehnt und fängt gleich darauf an unkontrolliert zu kichern.

„Hm“, mache ich und besehe mir erstmal das Chaos in der Küche. Nur ablenken. Nicht darauf achten, dass Naruto mir quasi vor der Nase herum tanzt. Ablenken...
 

Hinten am Tisch sitzt Choji und knabbert an einigen Chips. Ich will eigentlich gerade zum Kühlschrank gehen, um mir etwas Kaltes zu trinken zu nehmen, da spüre ich warme Hände unter meinem Hemd. Ist das jetzt sein Ernst? Warum bringt er mich immer in solche schwierigen Situationen? Zulassen, akzeptieren, ablehnen? Verdammt, ich weiß es nicht. Fragend suche ich Narutos Blick.

„Das Mädchen von vorhin wollte nicht“, erklärt er schulterzuckend. Diese Selbstverständlichkeit in seiner Stimme lässt jeden Herzschlag schmerzhaft erscheinen. Seine Lippen legen sich auf meinen Hals und mein Blick wandert zum Tisch. Choji sieht von seinen Chips zu uns rüber. Ich habe nicht genügend Nerven seinen Blick zu deuten, aber er gibt mir unwissend einen Ausweg aus dieser Situation, deshalb ziehe ich Narutos Hände von meinem Körper und wende mich von ihm ab.

„Du solltest weniger Alkohol trinken.“ Das es nicht wirklich an den berauschenden Getränken gelegen hat, ist mir bewusst, doch es ist eine gute Erklärung für unseren unerwünschten Beobachter. Naruto grummelt beleidigt vor sich hin.

„Blöder Uchiha“, kann ich noch hören, bevor er sich irgendein Bier vom Tresen nimmt und Anstalten macht wieder zu den anderen zu gehen. Am Türrahmen dreht er sich nochmal zu mir.

„Kommst du-hu?“, fragt er mit benebelten Blick. Er sieht so verführerisch verboten heiß aus. Sein Anblick lässt mich an meiner Entscheidung zweifeln. Ich sehe ihn an. Nur für wenige Sekunden betrachte ich sein herrliches Gesicht, seine vor Trunkenheit funkelnden Augen und wieder fängt mein Blick seine rosigen Lippen ein. Ganz automatisch, ohne es wirklich zu wollen. Ich schlucke schwer, als er seine Flasche an eben diese legt.
 

Warum darf dieser blöde, leblose Gegenstand diese Lippen kosten und ich nicht?
 

Ich schüttele diesen Gedanken von mir. Ganz schnell, bevor sich eine Dummheit entwickelt, aus der ich mich später nicht mehr herausreden kann.

„ Geh schon vor. Ich gehe kurz ins Bad.“ Er nickt und wankt durch die tanzenden Leute. Ich sehe noch, wie er hin und wieder mit einem Mädchen ein paar Drehungen macht und dann glücklich weiter läuft. Diese Schmerzen in meinem Inneren werden bei seinem zufriedenen Anblick unerträglich. Zielsicher suche ich das Bad auf, schließe die Tür hinter mir vorsorglich ab und setze mich seufzend auf den Toilettendeckel. Kurz massiere ich mir meine Nasenwurzel und schließe entspannt meine Augen. Wie immer sehe ich sein Lächeln, sein liebreizendes Gesicht. Er ist die Sonne in meinem Leben. Der Sonnenschein in meinem Herzen. Wieder zieht sich mein pochendes Organ schmerzlich zusammen.
 

Einseitige Liebe ist scheiße…
 

In einem Regal finde ich einen runden Spiegel. Perfekt, denke ich und lege ihn auf meinem Schoß ab. Jetzt, wo ich mein Spiegelbild sehe, kann ich fast nicht glauben, dass ich das sein soll. Ich bin so blass wie schon lange nicht mehr. Meine Wangenknochen treten schon leicht hervor. Meine Lippen sind dünn und fast farblos.
 

Unwichtig.
 

Geübt verteile ich das weiße Pulver auf dem Spiegel und ziehe es schnell durch meine Nase. Es beruhigt und aktiviert. Es tut gut. Ich lehne berauscht meinen Kopf zurück und warte darauf, dass auch der lästige, ungewollte Sehnsuchtsschmerz verschwindet.
 

„HEY, mach schneller“ Ich schrecke auf, als es plötzlich laut gegen die Badezimmertür klopft. Mein Herz beginnt zurasen und ich versuche fahrig die Überreste des Pulvers verschwinden zu lassen. Ebenfalls den Spiegel, der beinahe aus meinen Fingern fällt, weil ich nicht richtig sehen kann. Ich muss mehrmals gegen das grelle Licht blinzeln, ehe ich realisiere, wo ich bin. Schwerfällig stehe ich auf und laufe zum Waschbecken. Werfe mir eilig ein wenig kaltes Wasser ins Gesicht und sehe dann nochmal in mein Abbild. Nicht besser, aber der Schmerz ist nun weg.

„Verdammt, mach endlich“ Wer auch immer dort hinter der Tür steht, hat es echt eilig. Erbarmend öffne ich die Tür und Kiba stolpert mir in die Arme. Verfolgt mich der Typ?

„Uhaa Uchiha, geh ausm Wehg“, lallt er mir entgegen und versucht mich kraftlos zur Seite zu drücken.

„Du solltest auch weniger trinken. Du verträgst immer noch nichts“, meine ich belanglos. Ein wenig Schadenfreude schwingt jedoch in meiner Stimme mit.

„Halt d Klap-pe“, keucht er und hält sich die Hand vor den Mund. Er würgt und ich trete eilig einen Schritt zur Seite. Kiba fällt nach vorne und landet mehr durch Zufall direkt vor der Kloschüssel. Emotionslos betrachte ich sein Elend, bevor ich mich umdrehe und zurück zu den anderen laufe.
 

Meine Sicht ist verschwommen. Bunte Farben tanzen durch die Luft.

Schwachsinn.

Es ist alles wie immer, nur erträglicher.
 

Mein Körper bewegt sich zum Rhythmus der Musik durch die anwesenden Gäste. Beschwingt lasse ich mich sogar überreden mit Ino zu tanzen, die ihre feste Brust an meinen Oberkörper drückt und sich aufreizend gegen mich bewegt. Ich lasse es zu. Lege ihr irgendwann einen Arm um ihre Taille und ziehe sie mit zu der Sitzecke, wo Naruto mehr auf der Couch liegt als sitzt. Mit dem Anblick Narutos ist Ino schon wieder vergessen. Ich setze mich stumm neben ihn und schlage ihn sanft gegen die Schulter.

„Hä? Wasn los?“, murmelt er mühsam durch seine belegte Zunge.

„Wolltest du, dass ich dich nach Hause schleppe oder warum sollte ich hier her kommen“, spreche ich ihn laut an. Habe sichtlich Mühe die dröhnende Lautstärke der Musik zu übertönen.

„Sa´ske“, kommt es von ihm und sein Kopf fällt schwer auf meine Schulter, nachdem er versucht hat mich anzusehen.
 

Lange betrachte ich sein entspanntes Gesicht. Bin wie verzaubert von seinen weichen, charakteristischen Gesichtszügen. Fühle mich angezogen von seinen Lippen, die einen Spalt breit geöffnet sind. Verliere mich in seinem wundervollen Anblick und merke kaum, wie ich seinen Lippen zögerlich näher komme.

„Sa´ske, nach Hause“, flüstern seine Lippen schwach. Warum jetzt? Warum sagt er ausgerechnet jetzt was? Unsanft aus meiner Träumerei gerissen lege ich kurz meinen Kopf in den Nacken und meine Hand auf meine Stirn. Selbst mit dieser beschissenen Droge komme ich nicht von ihm los. Beherzt stehe ich auf. Narutos Kopf rutscht dabei träge von meiner Schulter und landet auf dem Sofa. Er stöhnt wehleidig auf.

„Ah, nicht drehen…“, nuschelt er gegen den Sitz. Irgendwer hat die Musik zum Wohle meiner Ohren leiser gedreht.

„Komm schon Naruto, reiß dich zusammen“, gereizt zerre ich ihn nach oben. Er steht etwas wackelig auf seinen Beinen.

„Wehe du kotzt mich an“, warne ich ihn und lege seinen rechten Arm um meine Schultern und meinen linken um seine Hüfte.

„Mach die Augen auf Naruto“

„Geht nisch. Stell ma dasch Karrusschel ab“, murmelt Naruto unverständlich. Ein tiefes Knurren entkommt meiner Kehle. Das ist wieder so typisch für diesen Baka. Unter erheblicher Anstrengung befördere ich Naruto nach draußen. Die kühle Nachtluft schlägt uns fröstelnd ins Gesicht.
 

Zum Glück muss ich Naruto nicht zu weit schleppen. Er hat ein Zimmer in dem großen Campus Tower, der sich praktischerweise gleich neben dem Universitätsgelände befindet. Trotzdem schafft es der Chaot immer wieder zu spät zu kommen. Er ist einfach unverbesserlich. Erschöpft knicken seine Beine ein und sein Gewicht zieht mich plötzlich seitlich mit nach unten.

„Du bist so doof, Dobe“, flüstere ich, während ich versuche ihn mit einem Ruck auf meinen Rücken zu heben. Schlapp liegt er da und haucht gegen meinen Nacken.

„Selber doof“ Eine Gänsehaut zieht über meine Arme. Wann würde ich jemals dieses Gefühl genießen können?

Schnell laufe ich weiter und erreiche das beleuchtete Wohnheim. Ohne Umwege steuere ich auf den Fahrstuhl zu und fahre mit Naruto nach oben. Wie sich herausstellt, hat Naruto wieder vergessen sein Zimmer abzuschließen. Nichts Neues. Er hat allerdings auch keine wirklich teuren Habseligkeiten und das was er besitzt, lagert er bei mir. Ich lege ihn auf seinem Bett ab, wo er sich gleich drauf ausbreitet. Seufzend streckt er seine Glieder von sich und grummelt ein müdes 'Danke' in die Stille des Raumes. Genervt schmeiße ich ihm noch seine Decke über den Körper. Ich traue mich nicht ihm seine Kleidung auszuziehen. Wer weiß auf welche Gedanken ich dabei kommen würde, wenn mich seine Lippen schon die ganze Zeit so verrückt machen.
 

Ich bin wach und unruhig. Innerlich bin ich total aufgewühlt. Die Droge wird noch ein paar Stunden ihre Wirkung beibehalten. Resignierend lege ich mich zu Naruto. Er ist bereits eingeschlafen. Sein Atmen ist laut und wird nur hin und wieder durch ein tiefes Schnarchen unterbrochen. Ich kann nicht anders als ihn zu beobachten. Wenn er betrunken ist hat er immer etwas Kindliches an sich. Gedankenverloren streife ich ihm ein paar störende Haarsträhnen aus dem Gesicht. Er macht mich nervös. Selbst im zugedröhnten Zustand schafft er es mich zu kontrollieren.

„Du bist so ahnungslos, Naruto“, seufze ich leise. Ich habe einfach das Bedürfnis jetzt mit ihm zu reden, wo er ohne Einwände zuhören kann und am nächsten Tag wieder unwissend aufstehen wird.

„Du kannst gar nichts dafür. Alles was du tust fasziniert mich. Dir gehören meine Gefühle, nur dir allein. Und du hast es nicht bemerkt. Habe ich dir so gut eine grenzenlose Freundschaft vorgespielt, dass du nicht gemerkt hast für wen mein Herz so schnell schlägt?“, seufzend und nervös komme ich seinem Gesicht näher.
 

„Naruto… Du machst mich verrückt. Du entfachst ein Gefühl, ein Begehren, das mich zerreißt, verbrennt und verschlingt. Es tut weh dich in meiner Nähe zu haben und nicht Mein nennen zu können. Es schmerzt, wenn du nicht bei mir bist… Und es ist nicht schön mit ansehen zu müssen, wie du andere Menschen an dich heran lässt. Ich hasse das. Ich hasse es, wenn du von einem Mädchen schwärmst. Ich hasse es, wenn du nur aus Freundschaft mit mir schlafen willst. Ich hasse es dich zu lieben, glaube ich.“ Schweigsam denke ich über meine letzten Worte nach. Lasse die Nacht an mir vorbeiziehen und erwarte den Tag. Ich kann nicht mehr schlafen.
 

Stundenlanges Nachdenken treibt mich nun gehetzt durch die Stadt. Ich habe Naruto einfach schlafen gelassen. Mit Kater in der Uni bekommt er ohnehin nichts mit. Ich selbst verzichte auf die heutigen Vorlesungen. Ich brauche Hilfe. Dringend. Ich komme mir so schwach vor. Schwach und verzweifelt. Aufgekratzt und hektisch. Aber mit einem klaren Ziel vor Augen. Ich stolpere die Treppen nach oben und trete in den Warteraum ein. Jetzt, wo ich die Frau am Empfang sehe, bin ich mir plötzlich doch nicht mehr so sicher was ich hier will. Ich Uchiha, Sasuke Uchiha bin beim Psychologen. Unsicher melde ich mich an, stammele fahrig zusammenhangslose Worte und setze mich auf einen der freien Stühle und starre die abstrakten Bilder an, die hier haufenweise an den Wänden hängen. Schweißperlen stehen mir auf der Stirn. Nebenwirkung der Droge, einmalige Sache werde ich behaupten. Zerstreut fahre ich durch mein Haar. Mein Mund ist trocken. Ich schrecke hoch, als mich die Empfangsdame anspricht und ich ihr folgen soll. Sie schließt hinter sich die Tür und ich selbst stehe etwas verloren in einem leeren Raum mit weißem Sofa. Hier sind die Wände kahl. Fast ein wenig trostlos, stelle ich gedanklich fest. Mir ist schleierhaft wieso ich so schnell einen Termin bekommen habe.
 

„Setzen Sie sich“, werde ich aufgefordert und komme dieser Anweisung nervös nach. Unbeholfen sitze ich vor dem Mann. Sein halbes Gesicht ist verdeckt. Nicht gerade sehr

vertrauenserregend.
 

„Wie heißen Sie?
 

„Uchiha, Sasuke“, antworte ich prompt. Ich fühle mich verdammt unwohl. Als wäre ich hier fehl am Platz.

„Gut, Sasuke. Ich darf Sie doch Sasuke nennen, oder?“ Perplex nicke ich schweigend. Ich bin irgendwie total überfordert. Verfluchte Droge…
 

„Also Sasuke, warum sind Sie hier?“
 

„Was? Was soll die Frage jetzt? Warum kommt man wohl hier her?“ Ich bin ehrlich ratlos. Ich habe mir doch selbst viel zu wenig Gedanken über diesen Besuch gemacht. Das ich eigentlich Stunden damit zugebracht habe, drängt sich immer mehr in den Hintergrund.
 

„Naja, die meisten kommen her, weil sie mit mir über ihre Probleme reden wollen. Einige suchen nach Hilfe um ihre Angstzustände zu bewältigen oder um ihre depressiven Gedanken zu verarbeiten. Warum kommen Sie hier her?“, fragt er mich erneut.

„Ich bin verliebt…“, gestehe ich das einzige, was mir durch den Kopf geht. Die ganze Zeit habe ich nur diesen einen Gedanken. Ich bin verliebt und das in den besten Freund den ich habe. Das muss sich endlich zukünftig ändern. Das darf so nicht sein. Mein Verstand ist eindeutig auf meiner Seite, aber nicht mein Herz. Das äußert lauten, schmerzhaften Protest.
 

„Wie fühlt sich das an?“
 

„Wie fühlt sich was an?“, stelle ich meine Gegenfrage, ohne vorher über eine eventuelle Antwort nachgedacht zu haben.
 

„Die Liebe. Wie fühlt es sich an?“, stellt er seine Frage erneut.
 

„Scheiße… Erdrückend… Unbefriedigt… Schmerzhaft…“, ich werfe ihm diese beschreibenden Begriffe zusammenhangslos entgegen. Er tut nichts weiter als mir aufmerksam zuzuhören.
 

„Warum fühlt sich das so an?“, fragt er, als ich aufgehört habe nach Begriffen zu suchen.
 

„Ich dachte das sagen Sie mir.“
 

„Nein. Erkenntnisse müssen von Ihnen selbst kommen. Ich kann nur versuchen Ihnen zu helfen sie zu finden“, sagt er und ich muss seufzen. So habe ich mir das aber nicht vorgestellt.

„Bringt das hier was?“, sage ich mehr zu mir selbst als zu meinem Therapeuten, doch er antwortet.

„Sie müssen sich nur öffnen. Lassen Sie zu, dass Ihnen jemand hilft, dann wird Ihnen das hier auch was bringen.“ Tolle Antwort, denke ich insgeheim.
 

„Ich bin nicht so wirklich der Typ, der offen mit fremden Personen über seine Probleme redet“, meine ich und frage mich ehrlich, was ich für einen widersprüchlichen Mist von mir geben kann. Ich sitze doch schon hier, vor einem Mann den ich nicht kenne und habe ihm ohne zu zögern gestanden was mein Problem ist.
 

„Dann schreiben Sie es auf“, meint er und ich sehe ihn verständnislos an.
 

„Ich soll was?“
 

„Schreiben Sie ihre Gedanken auf. Formulieren Sie ihre Gefühle. Führen Sie eine Art Tagebuch“, erklärt er mir und ich überlege.
 

Nach einer gefühlten Ewigkeit verlasse ich die Praxis. Jetzt herrscht nur noch ein Gedanke in meinem Kopf. »Tagebuch« Er hat es wirklich ernst gemeint. Nachdenklich trete ich hinaus an die frische Luft. Immer noch mit diesem Gedanken im Kopf laufe ich durch die Stadt. Wie von selbst tragen mich meine Füße zu einem Schreibwarengeschäft. Ich habe gar keine Zeit mehr ausführlich darüber nachzudenken, ob das nicht eigentlich nur was für kleine Mädchen sei, da habe ich schon ein kleines unscheinbares, schwarzes Buch in der Hand. Die Seiten sind weiß und unbeschrieben. Logisch. Meine Hände zittern als ich, unschlüssig das Buch haltend, vor der Kasse stehe. Mit gesenktem Kopf bezahle ich und verschwinde hastig aus dem Geschäft. Im Park suche ich die Bank auf, wo ich sonst immer mit Naruto meine freien Nachmittage verbracht habe. Sehr emotionaler Ort für einen Menschen mit meinem Gefühlschaos. Aber wahrscheinlich ist es genau mein Gefühl, das mich jetzt an diesen Ort treibt. Ich setze mich unter die prachtvolle Weide und starre auf das noch unbenutzte Buch.
 

Es war eine Kurzschlussreaktion.
 

Diese wahnwitzigen Ideen eines Psychologen zu befolgen passt nicht zu mir. Schon allein das ich zu ihm gegangen bin passt nicht zu mir. Bin ich schon so verzweifelt?
 

»Wo steckst du Sasuke? Ich muss mit dir reden. JETZT«
 

Mein Handy zeigt mir die eilig hineingetippten Worte Narutos. Zum ersten Mal überlege ich wirklich ob ich seine Frage unbeantwortet lassen soll. Ich will Ruhe. Sehe außerdem nicht besonders gut aus. Die erneut durchwachte Nacht hat ihre Spuren hinterlassen. Eigentlich fast ein wenig merkwürdig, dass der Therapeut von vorhin keine Anmerkung darüber gemacht hat. Mein Handeln ist unbedacht und überstürzt gewesen.
 

»Im Park…«
 

Mehr brauche ich nicht schreiben. Naruto wird jetzt auf direktem Wege hierher kommen. Ein wenig wundere ich mich schon, dass er bereits wieder munter auf seinen Beinen ist. Hoffentlich wird er mich nicht mit Fragen durchlöchern. Mein Schädel dröhnt. Die Euphorie von vorhin, die ich verspürt habe, als ich durch die Stadt zu der kleinen Praxis gerannt bin, ist verschwunden. Jetzt verspüre ich nur noch diese nagende Unruhe in mir. Nicht einmal dieses blöde Buch in meinen Händen kann sie mir nehmen. Zittrig halte ich es nach wie vor fest, als würde es weglaufen können.

„Sasuke du wirst nicht glauben was ich gerade erlebt habe“, ereifert sich Naruto, der stolpernd neben mir zum Stehen kommt und freundschaftlich eine Hand auf meiner Schulter ablegt.
 

Er stützt sich ein wenig an mir ab und ringt nach Atem. Augenscheinlich kann er es wohl kaum erwarten mich zu treffen. Müde sehe ich ihn an. Ich habe Mühe meine Augenlider oben zu halten.

„Wie siehst du eigentlich aus? Eigentlich habe ich geglaubt, dass ich gestern ein wenig übertrieben habe und nicht du“, sagt er überrascht. Mit einem besorgten Gesichtsausdruck mustert er mich. Seine Fröhlichkeit verschwindet.

„Mensch Teme, was hast du denn letzte Nacht gemacht?“ Ich sehe ihm regungslos entgegen.

„Wüsste nicht was dich das angeht“, knurre ich gereizt über seine einsetzende Fragerei.

„Ehrlich mal, was hast du getrieben. Du siehst aus wie ne wandelnde Leiche.“

Von mir erhält er ein tiefes gemurmeltes 'Na und', dann wandert mein Blick wieder nach unten zu dem schwarzen Buch. Ich habe das Gefühl, er würde jede meiner Regungen mit seinen stahlblauen Augen verfolgen.

„Was hast du denn da?“, neugierig greifen seine Finger nach dem Buch, sodass ich mich gezwungen fühle, es reflexartig an mich zu ziehen und presse es heftig an meine Brust, als müsse ich einen ungeschriebenen Inhalt beschützen. Panisch sehe ich ihn an.

„Geht’s dir gut? Du bist ja voll von der Rolle“, merkt er sorgenvoll und seufzt anschließend tief auf. Mein Herz pocht vor Aufregung unregelmäßig. Ich weiß nicht mehr was ich tue. Ich stehe total neben mir. Habe das Gefühl mir selbst fremd zu sein.
 

Ich bin ein Fremder in meinem eigenen Körper.

Ein Parasit.
 

Verkrampft krallen sich meine Fingernägel in den harten Einband des Buches. Ich presse meine Lippen aufeinander und stoße im nächsten Moment Narutos beruhigende Hand von meiner Schulter.

„Lass das“, zischte ich gedrückt hervor. Er zuckt betroffen zusammen.

„Mir geht’s gut“, erkläre ich sanfter und lehne mich zurück.
 

Das raue Holz der Bank scheuert über meinen Rücken, als ich ungewollt der Müdigkeit erliege. Ich rutsche hinab und schrecke anschließend wieder auf.

„Scheiße“, grummle ich belegt. Bin mir der Anwesenheit Narutos gar nicht mehr bewusst.

„Kannst du laut sagen, Teme. Komm mit, du brauchst nen Kaffee oder so.“ Er zwingt mich ihm zu folgen. Reißt mich unsanft hinter sich her.

„Tse“, verlässt es wenig begeistert und deutlich verspätet meine Lippen, ehe ich ihm hinterher stolpere.
 

Naruto stellt mir einen tiefschwarzen Kaffee vor die Nase. Sein Lächeln ist noch immer nicht wieder auf seinem Gesicht eingekehrt. Ein mitleidvoller Zug liegt in seinen Augen.

„Schau nicht so. War halt ein bisschen viel“, spreche ich lustlos und nippe an dem heißen Getränk. Der bittere Geschmack zieht sich durch meine Mundhöhle. Angewidert kräusele ich meine Nase. Alte Angewohnheit.

„Ein bisschen viel von was?“, hakt Naruto eindringlich nach. Für einen Moment erwiderte ich seinen standhaften, bohrenden Blick.

„Ist doch egal“, mühe ich mir eine Antwort ab. Er hat nicht das Recht mir jetzt irgendwelche Vorhaltungen zu machen. Seine Vorwürfe will ich nicht hören.

„Hör auf damit“, sagt er bedrückt. Ich glaube, er hat nicht meinen Drogenkonsum gemeint.

„Hör auf mich anzulügen. Hör auf mich anzuschweigen!“, bestätigt er meine Vermutung. Es tut weh ihn so zu sehen.
 

Es tut weh zu wissen, wie sehr er an dieser Freundschaft hängt.

Wieso will er meine Freundschaft so sehr?

Warum sieht er nicht, was wirklich mit mir passiert ist?
 

Innerlich kenne ich die Antwort, ich gebe ihm keine Chance meine Liebe zu ihm zu erkennen.

Ich trinke stumm meinen Kaffee. Naruto beobachtet mich, bleibt aber ebenfalls schweigsam. Erst als ich die leere Tasse mit einem seufzen abgestellt habe, sehe ich wieder zu ihm auf.

„Naruto hör zu, ich …“, nachdenklich breche ich ab. Erwartend ziehen sich seine Augenbrauen zusammen.

„Was willst du jetzt hören? Das ich ein wenig Koks ausprobiert habe?“ Dass es jedoch nicht das erste Mal war, dass ich dieses Zeug genommen habe verschweige ich ihm lieber. Ebenso die Tatsache, dass es nicht wenig war. Wütend schnaubt er.

„Ist das dein ernst? Warum? Dachtest du es gibt dir den besonderen Kick? Oder wolltest du einfach nur mal anderen Spaß?“ Sein Wutausbruch über mein vergangenes Treiben geht eine gefühlte Stunde. Ich nicke nur hin und wieder betroffen. Irgendwie fühle ich mich ziemlich kraftlos dieser Situation und seinen Worten ausgeliefert. Aber jeder Ausbruch Narutos hat auch ein Ende.

„Teme, mach sowas nie wieder, klar?“, seufzt er schließlich und wieder nicke ich, in dem Wissen, dass ich mein Versprechen wohl nicht einhalten werde.
 

„Was wolltest du mir eigentlich erzählen?“, schneide ich jetzt das Thema an, weswegen er sich ja eigentlich so dringend mit mir treffen wollte. Sofort erhellt sich sein Gesicht und er strahlt mich an, als hätte es diesen Wutausbruch niemals gegeben. Ich ahne nichts Gutes.

„Erzähl ich dir während wir zu dir gehen. Komm“, meint er begeistert und eilt aus dem Café. Ich folge ein wenig langsamer, da ich noch mit meinem strapazierten Kreislauf zu tun habe.

„Also?“, fordere ich knapp, als wir nebeneinander die Hauptstraße entlang laufen. Naruto verschränkt seine Arme lässig hinter seinem Kopf und beginnt verträumt zu erzählen. Jedes Wort sticht dabei jedoch unbemerkt, wie tausend kleine Messerstiche, auf mich ein.
 

„Ich war in der Apotheke, weil ich heute Morgen so extrem starke Kopfschmerzen hatte. Und im Wohnheim waren einfach keine Tabletten mehr aufzufinden. Jedenfalls drehe ich mich um, noch völlig benebelt von diesen pochenden Schmerzen und stolpere aus der Tür. Ungeschickt wie ich nun mal bin, und du weißt, dass ich manchmal mit meinen eigenen Füßen total auf Kriegsfuß stehe, stolpere ich direkt in die Arme eines völlig fremden Mannes. Er fängt mich auf und ich sehe dankend in sein Gesicht. Ich habe glatt aufgehört zu atmen, so schön war er. Er hatte so reine, helle Haut. Markante Gesichtszüge und wunderschönes, glänzendes schwarzes Haar. Er war groß. Ich schätze ihn mal auf Mitte 20, oder so. Er roch so angenehm. Richtig anziehend. Er hatte mich angelächelt und gefragt ob alles in Ordnung sei. Seine Stimme war tief und unbeschreiblich erregend. Sasuke, ich hab vergessen nach seinem Namen zu fragen. Meinst du ich …“
 

Mehr bekomme ich von seinen Worten nicht mehr mit. Ich bleibe mitten auf der belebten Straße stehen. Unbeachtet von meinem besten Freund, der schwärmend von seiner Begegnung erzählt. Seine Worte treffen mich tiefer als sonst. Sie drücken mich zu Boden. Bringen mich dem grauen Asphalt näher als gewollt. Stumme Tränen brennen in meinen Augen. Es ist verletzend.
 

Liebe ist verletzend, ungerecht und dumm.

Ich bin taub und stumm.

Will hören und schreien.

Will klagen und weinen, im Boden versinken und schlafen.
 

Gefühle beleben deinen Körper…

Gefühle beschreiben deine Seele…

Gefühle zerstören mein Leben…



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Kommentare zu diesem Kapitel (2)

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Von:  AyshaMaySezaki
2013-04-01T19:28:25+00:00 01.04.2013 21:28
also an sich finde ich das kapitel toll, auch wenn ich nach wie vor schwer geschockt bin wegen sasuke und den drogen... aber mehr als, dass es nach wie vor sehr gut beschrieben ist, von den gefühen her, kann ich dir leider zu dem kapitel nicht sagen.
die sache mti den drogen ist schlimm... aber leider kenne ich leute, die änlich gehandelt haben und daher veruteile ich da niemanden (aber geschockt war ich natürlich trotzdem). sasuke tut mir auch immer mehr leid. wieso muss naruto auch so... ok, sasuke ist selber schuld, wenn er es ihm einfach nicht sagt... aber dieser schmerz, bei unerwiederter liebe ist wirklich schrecklich... ich glaub jeder hat das schon einmal durch gemacht und versteht den ärmsten...
aber super kapitel, nach wie vor super schreibstyl.
lg
Von:  fukuyama
2011-08-03T15:13:49+00:00 03.08.2011 17:13
tja, ich schätze mal, ein Kommi zu schreiben ist besser als keins zu schreiben - auch, wenn ich nicht wirklich weiß, was ich dir sagen soll.
Die Geschichte spricht mich definitiv an, nicht zuletzt, weil sie sehr intensiv wirkt. Ich denke, du musst ziemlich aufpassen, was du schreibst, weil das alles besonders im aktuellen Kapitel schon sehr borderline "emo" ist (und damit ist jetzt die klischeeüberladene Darstellung eines emotionalen Absturzes gemeint). Bisher finde ich aber, dass es noch nicht in diese Richtung abgerutscht ist.
Was den geheimnisvollen Fremden angeht, tippe ich mal stark auf Itachi, über Sasukes Familie hat man hier sowieso bisher sehr wenig erfahren. Nur die beiden Badezimmer lassen auf ein großes, familiengeeignetes Haus schließen.

Jedenfalls zolle ich dir meinen Respekt, dass du dir das alles so SCHNELL aus den Fingern saugst und freue mich schon auf neue Kapitel.
Gruß,
Yama^^


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