Zum Inhalt der Seite

Boundless friendship

NaruSasu
von

.
.
.
.
.
.
.
.
.
.

Seite 1 / 1   Schriftgröße:   [xx]   [xx]   [xx]

2 Jahre zuvor

2 Jahre zuvor
 

Blätter raschelten über ihren Köpfen, der lauwarme Wind wehte ihnen entgegen. Sie saßen auf der Bank, direkt neben der Weide. Naruto leckte genüsslich über sein Eis, ehe er den Blick zu seinem schwarzhaarigen Freund wandte.
 

"Sasuke, ich habe das vollkommen ernst gemeint, echt jetzt!" Unterstreichend blies er die Wangen auf und musterte Sasukes desinteressiertes Profil.

"Ich wüsste nicht wieso. Das ist schwachsinnig", entgegnete er knapp, die Hände auf seinem Schoß verschränkt.
 

"Gar nicht. Schon in diesen komischen Hollywoodfilmen haben sie das gemacht", meinte Naruto verbissen und warf den kleinen Holzstiel in den Mülleimer zu seiner rechten.

"Dobe, das ist doch nur Fiktion, keine Realität. Nicht alles was im Fernsehen kommt solltest du nachmachen, Idiot." Sasuke sah ihn an, kühl und dennoch mit einem leichten Schmunzeln auf den Lippen.

"Das schon", erwiderte Naruto einsichtig. "Aber ich hab trotzdem keinen Bock drauf an meinem ersten Tag in der Uni noch Jungfrau zu sein", schmollte er und verschränkte seine Arme vor der Brust.
 

"Du nervst, Dobe", seufzte Sasuke, während er seine Glieder streckte und aufstand. Die Sonne glitzerte rötlich und drohte jeden Moment hinter dem Horizont zu verschwinden.

"Weißt du, wenn es dir so wichtig ist, warum suchst du dir dann nicht irgendwen? Hindern tut dich sicher keiner", fügte er hinzu und ging langsam los, auf den Weg nach Hause. Naruto folgte, der Kies knirschte unter seinen Füßen.
 

"Hab ich ja versucht", stöhnte Naruto entmutigt auf. "Aber die wollen alle eine Beziehung, oder jedenfalls erst tausend Dates vorher zum Kennenlernen oder so. Jedenfalls alle die ich kenne und sie wollen kein sexuelles Abenteuer." Naruto lief direkt neben Sasuke, die Hände in seinen Hosentaschen und den Blick abwartend nach vorn gerichtet.

"Und du glaubst, ich hätte Interesse?", fragte Sasuke nüchtern.
 

"Ja Teme, genau das denke ich!"

Ich liebe dich!

BOUNDLESS FRIENDSHIP?
 

Falls ich mein Leben mit einem einzigen Wort beschreiben müsste, dann würde ich wahrscheinlich erstmal sehr lange darüber nachdenken. Da ist einfach viel zu viel passiert und das wenigste davon war wirklich gut.
 

Diese seltenen schönen Momente sind fast spurlos aus meinem Gedächtnis gelöscht, einfach verschwunden. Sie liegen im großen schwarzen Schatten …
 

Ich habe überlegt und ein Wort gefunden, das meine Situation und mein bisheriges Leben recht treffend zusammenfasst. ABSTURZ…
 

Ja, ich denke, das müsste es ganz gut beschreiben. Es gab einfach zu wenig Positives und das was wirklich angenehm und schön war, war falsch.
 

Schmerzhaft und falsch!
 

Wenn es jemanden gibt, der über mich am besten Bescheid weiß, dann ist es wohl Sam!

Wer Sam ist? Sam ist niemand…
 

Ich liebe dich!
 

Ungewohnt ruhig erdulde ich die starken Hände, die mit leichtem Druck über meinen Brustkorb fahren und sich anschließend an meinen Seiten entlang nach unten arbeiten. Seine warmen Finger ertasten den Bund meiner enganliegenden Unterhose. Vorfreudig schlüpfen seine Fingerkuppen kurz unter den gespannten Stoff. Genau in diesem Moment hätte ich vor Erregung aufstöhnen können. Immer, wenn er das auf diese unschuldige und doch verruchte Art tut, würde ich am liebsten laut und hemmungslos stöhnen. Schuld daran sind seine Hände. Seine verdammten Hände. Sie treiben mich jedes Mal bis in den Wahnsinn.
 

Nur dieses Mal will es eben nicht so sein. Ich versuche abzuschalten. Mein Denken einzustellen und dieses verfluchte, gnadenlos heftige Herzklopfen zu verdrängen. Aber eben weil seine göttlichen Hände sich fest um meine Erektion schließen, schlägt mein Herz nur noch schneller. Fest entschlossen keinen verräterischen Laut von mir zu geben, zerbeiße ich mir meine Unterlippe.
 

Warum muss er so verdammt gut sein?

Warum müssen sich diese dummen Gefühle in unsere Beziehung einmischen?
 

Beziehung…
 

Ein wirklich schönes Wort, aber wir haben keine Beziehung. Nur eine tiefe Freundschaft.
 

Das leise Rascheln meiner Unterwäsche, die grade ebenfalls unachtsam auf dem Boden landet und der kurzzeitig fehlende Druck auf meinem Glied, holen mich wieder aus meinen Gedanken. Ich sehe auf und bemerke diesen Ausdruck in seinen Augen, den er immer hat, wenn er meinen entblößten Körper betrachtet. Seine tiefblauen Augen strahlen eine freudige Zufriedenheit aus. Fesselnd und anziehend zugleich, mich von ihm zu lösen ist da einfach unmöglich.
 

Sein Blick liegt lange auf mir. Zunehmend verziehen sich seine sinnlichen Lippen zu einem spöttischen Grinsen. Selbst diese neckende Geste wirkt faszinierend. Mit Genugtuung bemerkt er die weniger gewordenen Muskeln, während seine Bauchdeckte deutlich kräftigere Partien aufzeigt. Es steht ihm, passt zu ihm und macht ihn gleich viel erwachsener.
 

Nein, es macht ihn männlicher.
 

Sein Anblick ist pures Gift für mich und mein Herz. Immer noch schlägt es viel zu schnell. Wild, unkontrolliert und gnadenlos verleiht es meinem Empfinden einen Ausdruck.
 

Wann habe ich angefangen so zu fühlen?

Wann hat sich diese Zuneigung zu ihm in diese Richtung entwickelt?
 

Richtung…
 

Sie ist eindeutig falsch. Er und ich, wir sind einfach die besten Freunde. Langjährige beste Freunde.
 

Völlig entkleidet liege ich auf meinem weichen Bett. Nackt und wirr in meinen Gedanken. Zudem bin ich meinem Freund vollständig und unwiderruflich ausgeliefert. Ich versuche kräftig gegen die ungewollte Trockenheit in meinem Mund anzukämpfen. Schlucke mehrmals vergebens mein Unbehagen herunter. Immer und immer wieder. Dieser Zwiespalt, dieser verdammte Zwiespalt. Ich will seine Nähe, seine Hände an meinem Körper, wenn da nur nicht dieser quälende Herzschlag wäre, der mir eindeutig zeigt, dass an dieser Sache etwas falsch ist.
 

Aber nicht seine Anwesenheit ist falsch. Auch nicht das, was wir im Begriff sind zu tun. Nein, das ist auf keinen Fall falsch. Dafür haben wir es schon zu oft getan. Einzig und allein das, was ich dabei fühle ist falsch. Eigentlich soll ich an dieser Sache meinen Spaß haben und nicht das Verlangen verspüren mehr zu wollen. Es soll gut tun und den angestauten Stress abbauen und nicht ein unstillbares Begehren entfachen. Das ist einfach zum Verzweifeln.
 

Es ist Sex! Nur Sex!

Jedenfalls soll es das sein.
 

Mein Denken schränkt sich bereits erheblich ein, als seine feuchten Lippen meinen Hals entlang küssen und einige wenige Haarspitzen von ihm in meinem Gesicht kitzeln. Es fühlt sich unglaublich gut an, besser als jemals zuvor. Es ist berauschend und verdammt erregend.
 

Und daran ist nur dieses belastende Herzklopfen schuld.
 

Eigentlich wollten wir beide von Anfang an nur Sex. Ohne Leidenschaft, ohne Gefühle, nur im gegenseitigen Einverständnis einer grenzenlosen Freundschaft.
 

Und dann kam die Leidenschaft und mit ihr das Gefühl…
 

Warum will mein Herz auf einmal nicht mehr verstehen, dass es eben nur Sex in der wichtigsten Freundschaft meines Lebens ist? Es war doch damals dabei, als wir diese hervorragende Idee gefunden und das Abkommen geschlossen haben, und damals war es einverstanden. Jetzt fängt es an mich zu verraten. Viel zu kräftig schlägt es unter meiner Brust und jeder pulsierende Herzschlag dröhnt unangenehm laut in meinen Ohren. In Sekundenschnelle wird mein Blut durch die Vorhöfe in die Herzkammern gepresst, um dann in rauschender Geschwindigkeit durch meine geweiteten Adern und Venen zu jagen.
 

Ich will das nicht! Ich will diese Gefühle nicht.

Ich habe einfach vergessen zu denken und angefangen zu fühlen!
 

Scheiß Gefühle
 

Sie hindern mich daran ihn zu berühren. Sie blockieren mich, halten mich auf. Sie sind nur einen Atemzug davon entfernt etwas zu zerstören, das meinem grauen Leben einen Sinn gegeben hat. Ich schwöre, wenn es keinen anderen Ausweg mehr geben würde, dann würde ich auf diesen wundervollen Sex verzichten. Aber ich weiß jetzt schon, dass er es nicht zulassen würde. Er kann ihn nicht entbehren. Viel zu sehr sehnt er sich nach Macht und Kontrolle, die er in diesem Moment über mich hat. Er braucht die Anerkennung von mir, die ich ihm gebe, wenn ich komme. Er braucht meinen Blick, meine Stimme, aber eben nur für diesen einen Moment, wo sich Lust und Verlangen nach körperlicher Befriedigung mit unserer grenzenlosen Freundschaft vermischen.
 

Beinahe teilnahmslos lasse ich seine Streicheleinheiten zu. Spüre die rauen Finger, wie sie gekonnt meinen gesamten Körper liebkosen und verwöhnen, als würde er nie etwas anderes tun. Er reizt mit zielsicheren Bewegungen die richtigen Stellen und vernebelt mir zunehmend meinen Verstand. Dieses neue, ungewohnte Prickeln läuft durch meinen Körper, als sich seine Lippen um meine steife Brustwarze legen. So warm und feucht, einfach angenehm und gleichzeitig quälend fühlt sich diese schöne Berührung an. Aufreizend beginnt er mich durch zarte und leidenschaftliche Küsse an dieser Stelle zu verwöhnen. Er will mein Stöhnen, mein willenloses Betteln nach mehr. Aber es geht nicht. Nicht mehr, nicht jetzt, nicht so. Das ist vorbei. Einfach so, durch diese Gefühle...
 

Ich sehne mich jeden verdammten Tag nach diesen Händen. Will viel zu sehr, dass sie genau das mit meinem Körper anstellen, was sie gerade auf so unglaublich verführerische Weise tun. Sie erkunden rastlos meinen Oberkörper, streifen gelegentlich an meinen Beckenknochen entlang und erzeugen ein ungewolltes Zittern. Wenn ich ehrlich zu mir selbst bin, dann will ich sogar dieses sündhaft geile Gefühl, diese Hitze, dieses Feuer. Ich will es, wirklich. Wenn es doch nur nicht seine Hände wären. Wenn es nicht die Hände meines besten Freundes wären, die dieses Gefühl erzeugen. Jedes Mal arbeiten sie gewissenhaft und ausführlich. Er weiß genau was er tut. Seine lieblichen Bewegungen schüren diese kleine flimmernde Glut in meinem Körper zu einem lodernden Feuer mit zischenden Flammen, die mir meinen Sauerstoff rauben. Es gibt ein Ziel. Nur dieses eine Ziel! Die Belohnung für sämtliche Bemühungen.
 

Wäre da nicht dieses brennende Gefühl und dieser hyperaktive Herzschlag in meinem Inneren, dann wären seine Bewegungen nichts weiter als nett gemeinte, einstudierte Verhaltensweisen, getrieben von Lust und Verlangen, mit dem einzigen Ziel die eigene körperliche Befriedigung! Mehr ist es nicht und mehr soll es nicht sein!
 

Aber es ist mehr. Viel mehr.

Jedenfalls für mich.
 

Am Anfang war das noch anders, da war es nicht mehr als ein einfacher Freundschaftsdienst. Ein wenig Spaß unter guten Freunden, um dem Stress einer eventuellen Beziehung zu entgehen, die nach einem ähnlichen sexuellen Abenteuer vielleicht gefolgt hätte. Das wollte damals keiner von uns. Es zählte nur die Befriedigung. Mit dem besten Freund diese Verbindung einzugehen erschien richtig und vor allem ungezwungen. Um Spaß zu haben braucht man doch nicht zwangsläufig eine feste Freundin oder einen festen Freund. Jedenfalls nicht, solange man jemanden hatte mit dem man bedenkenlos sein Bett teilen konnte. Genau das war damals Teil der Abmachung. Ungezwungener Sex unter besten Freunden, ohne Liebe. Und ich bin nun kurz davor alles zu zerstören.
 

Ob er weiter machen wird, wenn er weiß, an was ich denke?

Ob seine Hände weiterhin meinen Körper liebkosen werden, wenn er weiß, was ich dabei empfinde?
 

Ich hoffe es, aber sagen werde ich es ihm trotzdem nicht. Ich will nicht, dass er es weiß. Ich will, dass er aufhört und gleichzeitig will ich, dass er weiter geht. Ich will mehr von ihm, mehr als er bereit ist mir zu geben. Ich will viel mehr…
 

Seine Hände schweben immer noch über meinen Körper. Sie wirken so anziehend und magnetisch. Sie rufen nach mir, wie der Gegenpol bei einem Magnet. Mit jeder Sekunde, die langsam verstreicht, erhöht sich der Drang den Händen mit meinem Körper entgegen zu kommen. Ich widerstehe! Auch wenn es schmerzhafte Sehnsucht hervorruft und unglaublich viel Kraft kostet. Seine Hände vermitteln nichts, sie strahlen keine Liebe aus. Sie geben mir nur kontinuierlich ihre körperliche Wärme. Schöne, angenehme, liebenswerte Wärme, aber auch diese kommt nicht aus seinem Herzen! Sie trägt nicht einmal einen kleinen Hauch von liebender Zuneigung. Das Einzige, was diese unruhigen Finger nun vermitteln, ist die Hoffnung auf baldige Erlösung.
 

Ich mache ihn ungeduldig. Es ist so deutlich an seinem zittern zu erkennen. Er will etwas hören, was ich ihm sonst immer bedingungslos gegeben habe. Ich soll Stöhnen. Hemmungslos und so wild wie möglich. Jede seiner Handlungen ist darauf ausgelegt und abgestimmt. Wenn ich mich nicht ganz täusche, dann muss ich ihn gerade ziemlich wahnsinnig machen. Ich treibe ihn wahrscheinlich durch meine starrsinnige Schweigsamkeit an seine Grenzen.
 

Wie weit wird er gehen?

Wozu ist er bereit?
 

Ehrlich gesagt habe ich keine Ahnung, ob ich das wirklich wissen will. Aber die Antwort werde ich bekommen. Bald schon. Ich suche kurz seinen Blick, da ich ihm mit meinem abweisenden Verhalten eigentlich nicht vermitteln will, dass es mich langweilt, oder das es mich nicht interessiert was er da mit mir treibt. Ich will eben einfach nur nicht zulassen, dass es mir gefällt. Will der Liebe keinen Grund geben weiterhin zu existieren. Vermutlich habe ich mich bereits dabei verloren und bin in meiner eigenen Gefühlswelt untergegangen. Sein Lustverhangener Blick raubt mir den Verstand. Warum muss er mich gerade jetzt so ansehen? Augenblicklich schließe ich meine Augen und wende meinen Kopf zur Seite.
 

Das ist nicht fair!

Das ist alles verdammt nochmal nicht fair!
 

Jeder vernünftige Mensch, der noch einen Funken Intelligenz im Kopf gehabt hätte, hätte jetzt wahrscheinlich gefragt was los ist. Aber Naruto ist da anders. Er ist schon viel zu besessen von seiner Lust, um sowas zu bemerken. Sein Verstand ist vernebelt. Jedenfalls glaube ich das.
 

Er entlockt mir ein leises erschrockenes Aufkeuchen, als sich seine samtweichen Lippen um meine aufgerichtete Männlichkeit schließen. Ich kann spüren, wie sich seine Mundwinkel zu einem triumphierenden Lächeln verziehen.

Scheiße ist das gut.
 

So weit ist er bisher noch nie gegangen. Ein Grund mehr, weshalb mein Herz meint aus seinem Rhythmus fallen zu müssen. Mit weit aufgerissenen Augen sehe ich zu ihm hinunter und glaube jeden Moment unter seiner warmen, feuchten Mundhöhle zu schmelzen. Ein gänsehauterzeugendes Kribbeln entsteht in meiner Lendengegend und breitet sich in meinem ganzen Körper aus. Er übt einen berauschenden Druck mit seinen Lippen aus. Steigert seine Kopfbewegung und zwingt mich förmlich dazu erneut leise zu keuchen. Es reicht ihm nicht, dessen bin ich mir bewusst. Mehr als bewusst, aber mehr geht nicht. Die Gewissheit über meine Gefühle schnürt mir die Kehle zusammen. Ich habe Angst. Unglaublich große Angst er könnte es an meinen Lauten merken.
 

Ich will nichts zerstören.
 

Und trotzdem lasse ich zu, dass ich meinen Mund öffne und er meinen Atem hören kann. Schwer und schnell schnappe ich nach Luft. Es muss einem Hecheln eines meilenweit gelaufenen Hundes ähneln. Gehetzt und fiebrig. Mein Kopf fällt ergeben zurück auf die Kissen.
 

Ob er eine Ahnung hat, was er mir damit antut?

Weiß er, dass mich diese Sache zukünftig in allen Träumen verfolgen wird?
 

Ein Traum von ihm mehr oder weniger, macht da nun aber auch keinen Unterschied mehr. Es ist himmlisch. Innerlich zerfließe ich vor Begehren und Liebe zu dieser kundigen Zunge, die ich zum ersten Mal richtig spüren kann. Sie ist windig und geschmeidig. Aufreizend schlängelt sie sich an meinem steifen Glied hinauf und reizt oben meine empfindliche Eichel. Er schafft es, dass ich meinen Körper willenlos an seinen drücke, meine Erregung tiefer in seine Mundhöhle stoße und leise ungewollt aufstöhne. In meinem Kopf herrscht dennoch die ganze Zeit nur ein Gedanke: Mit Liebe ist es falsch!
 

Was für eine verdammte Lüge. Nur mit Liebe ist es wirklich richtig. Eigentlich. Trotzdem machen wir es immer wieder. Und anschließend werde ich mich bestrafen, weil ich dabei mehr empfunden habe als freundschaftliche Zuneigung. Dummer Gedanke in deutlich unpassender Situation. Meine Bewegungen stellen sich schlagartig ein. Ruhig lege ich mein Becken auf der weichen Matratze ab und wende meinen Kopf wieder zur Seite. Auch der betörende Druck seines Mundes verlässt nun meine pochende Erektion.
 

Wird er jetzt Fragen stellen?
 

Aber anstatt etwas zu sagen nimmt er meine Hände und führt sie zu sich, legte sie ganz sanft auf seine gebräunte Haut. Sie ist warm. Sein Brustkorb hebt sich schnell unter seiner Atmung. Er lebt, aber lieben tut er nicht. Stumm fordert er mich nun auf nicht mehr ganz so untätig zu bleiben. Ich will ihn ja berühren, schon die ganze Zeit. Will ihm zeigen, was er mir bedeutet. Aber ich kann nicht. Mein Herzschlag nimmt von Sekunde zu Sekunde zu. Mit jedem kräftigen Schlag droht es mich zu verraten. Wie unfair! Zaghaft und zurückhaltend bewegen sich meine Finger über seinen gutgebauten Oberkörper. Ich taste seine Seiten entlang und entlocke ihm ein zufriedenes Seufzen. Er hat keine Probleme damit mir zu zeigen wie sehr es ihm doch gefällt. Warum soll er auch? Er empfindet ja auch keine Liebe für seinen besten Freund. Keine Liebe für mich. Meine Hände beginnen zu zittern. Scheiß Schwäche, scheiß Moment, scheiß Liebe. Noch bevor er wirklich realisieren kann was ich tun will, entferne ich meine Hände wieder von seinem Körper. Spüre gleich darauf das schmerzvolle zusammenziehen meines schlagenden Herzens.
 

Falsch!

Es ist falsch!

Was du tust ist nicht richtig!

Was du fühlst, hat die Kraft zu zerstören!
 

Teilnahmslos liege ich unter ihm. Er bemüht sich noch immer. So ist er. Unermüdlich, stur, willensstark. Habe ich eine Wahl? Kann ich nein sagen? Ihn zum ersten Mal abweisen? Will ich das? Ich sehne mich doch danach. Wäre es so schlimm, wenn er wissen würde was ich empfinde? Wäre es wirklich falsch aus Liebe mit ihm zu schlafen? Würde ich wirklich zerstören, das zwischen uns? Unsicher meinen Gedanken nachhängend, bekomme ich nicht einmal mehr mit was er gerade mit meinem Körper tut.
 

Die Freundschaft ist wichtig!

Der Sex ist nur ein netter Zeitvertreib!

Die Liebe ist verboten!
 

Mein Gesichtsausdruck wird traurig. Zum ersten Mal in meinem Leben empfinde ich Trauer. Vernichtende, schmerzhafte Traurigkeit. Dieses Mal sind es meine Gedanken, denen ich die Schuld geben kann. Mein Herz ist schon lange still und verstummt, auch wenn es immer noch schmerzhaft unter meiner Brust schlägt. Wie lange wird der schwarze Schatten der dunklen Nacht meine Traurigkeit verborgen halten? Ich hoffe, er wird lange genug auf meinem Gesicht ruhen. Die deutlichen Gefühle geheim halten, bis ich sie wieder kontrollieren kann. Mein Körper braucht meine Seele nicht, um auf seine Brührungen reagieren zu können. Ich seufze wehleidig auf.
 

Fehler!

Dummer, blöder Fehler!
 

Wieso jetzt? Es ist nicht der richtige Zeitpunkt um in Melancholie zu fallen.

Und er merkt es…
 

Seine verwöhnenden Hände bleiben still auf meinem Bauch liegen. Seine blonden Haare schieben sich in mein Blickfeld, sodass ich deutlich seine nackte Haut auf meiner spüren kann. Ich traue mich nicht ihm direkt in die Augen zu sehen. In seine wunderschönen Augen. Was wird mich erwarten? Verständnislosigkeit? Ärger? Wut? Verlangen?
 

„Was ist los, Sasuke?“, seine Stimme ist so ruhig und warmherzig, dennoch enthält sie einen leichten besorgten Unterton. Ich schweige ihn an. Was soll ich auch sagen? Die Wahrheit? Vielleicht, aber dafür fehlt mir der Mut.

„Mach ich was falsch?“, fragt er schließlich und entfernt seinen Körper wieder etwas mehr von meinem. Am liebsten hätte ich jetzt zynisch aufgelacht. Ob 'ER' was falsch machen würde? Nein, nur ich mache alles falsch. Ich, mit meinen dummen Gefühlen. Gedankenlos schüttele ich meinen Kopf.

„Nein“, sage ich resigniert in die Richtung meines Fensters. Ich kann nicht einmal mehr meine eigene Stimmlage einschätzen. Normalerweise ist sie tief, klar und fest, fast schon widerstandslos. Jetzt aber ist sie schwach, gebrochen und wirkt verzweifelt.

„Was ist es dann? Du warst noch nie so passiv, wenn es um Sex ging“, erwidert Naruto direkt. Erstaunlich, wie er es immer wieder schafft so unbeschwert über sowas zu reden. Ich zucke kaum wahrnehmbar mit meinen Schultern. Wie habe ich mich nur in diese Situation bringen können? Wo ist das leuchtende Schild, das mir den Ausgang zeigt?
 

„Es ist nichts! Mach doch einfach weiter“, versuche ich ihn irgendwie von dieser dummen Fragerei abzubringen. Es hilft nichts. Er zieht nachdenklich seine Augenbrauen zusammen und schüttelt kurz verneinend seinen Kopf.

„Was bringt es denn, wenn nur einer seinen Spaß hat? So soll es nicht laufen und das weißt du. Jetzt sag schon was dich beschäftigt!“, fordert er und setzt sich neben mich. Er zieht die Decke über unsere Körper und wartet auf meine Antwort. Unwissend über die Wirklichkeit drängt er mich in eine Ecke und versperrt mir den Fluchtweg. Immer mehr, immer enger zieht er die Schlinge, die sich um meinen Hals gelegt hat.

„Was soll mich denn bitte beschäftigen?“ Klinge ich verzweifelt? Bin ich den Tränen nahe? Wahrscheinlich.

„Außerdem siehst du doch, dass ich erregt bin. Ich versteh ehrlich nicht was du jetzt hast.“ Flüsternd und unsicher versuche ich immer noch vom eigentlichen Thema abzulenken und hoffe auf seine eigene ungestillte Lust auf Sex. Er ist nur immer so verdammt hartnäckig.

„Oh Sasuke, du weißt doch genauso gut wie ich, dass deine äußerliche Reaktion nichts zu bedeuten hat. Da kann jeder Fremde kommen und dich so anfassen, wie ich es grade getan habe und du hättest die gleiche äußerliche Reaktion gezeigt“, meint er von seiner Aussage mehr als überzeugt, mit einem leichten unterschwelligem Lachen.
 

Merkt er überhaupt, was er da sagt? Merkt er wie verletzend seine Worte sind? Nein, er kann es nicht merken, weil er nicht weiß, was in mir vor geht.
 

Sein Lachen ist bezaubernd und verletzend zu gleich. Ist er denn wirklich der Meinung, dass jeder mich so heiß machen kann? Kurz sehe ich ihn an und wünsche mir im selben Moment es gelassen zu haben. Sein Lächeln sticht schmerzhaft in mein Herz. Warum muss das so weh tun?

„Mensch Teme, jetzt schau doch nicht so. Wenn ich das Problem nicht bin, wer ist es denn dann?“, fragt er plötzlich mit einem zunehmend hämischeren Grinsen im Gesicht. Ich versuche mir meine Erschrockenheit nicht anmerken zu lassen und grummle ein leises 'Tse' in seine Richtung.

„Und was heißt das jetzt wieder?“, seufzt er genervt, während er mich weiterhin unverwandt ansieht.

„Du nervst, Dobe“, bringe ich unter Anstrengung hervor. Ich bemühe mich so kühl und desinteressiert wie möglich zu sprechen. Das kennt er schließlich.

„Ich hasse es, wenn du so bist“, meint er dann zischend und lässt sich schmollend nach hinten auf mein Bett fallen. Stumm sehe ich ihn an. Ist das Thema jetzt damit abgeschlossen?
 

„Ach man Teme, rede endlich!“, ruft er laut und stemmt sich wieder hoch. Das fahle Mondlicht spiegelt sich leicht in seinen blauen Augen. Sie faszinieren mich, wirklich. Noch bevor ich mich endgültig in diesem tiefen Blau verliere, wende ich meinen Kopf mit einem leisen Seufzen zur Seite.

„Es würde nichts bringen darüber zu reden“, flüstere ich leise und bemühe mich nicht den bedrückten Ton in meiner Stimmlage zu unterdrücken. Seinen Blick spüre ich weiterhin auf mir.
 

Aus dem Augenwinkel schiele ich zu ihm. Er sieht aus, als würde er nachdenken. Seine Stirn liegt in Falten, seine Haarspitzen fallen ihm locker ins Gesicht, seine Augen sehen mich konzentriert an und seine Lippen hat er verkrampft aufeinander gepresst. Ich werde nervös. Meine Hände beginnen zu schwitzen. Er gibt nie auf. Wie konnte ich glauben, dass er nachgeben würde?

„Ich glaub's nicht!“, staunt er laut. Ich schrecke hoch und sehe ihn kalt an. Jedenfalls hoffe ich das.

„Du… Oh man“, stottert er und fährt sich durch die Haare. Ungeduldig sitze ich neben ihm.

„Ich was?“, stoße ich vorschnell und gereizt hervor. Warum muss ich ihn anstacheln seine wilden Vermutungen auszusprechen? Ich Idiot.
 

„Du bist verliebt!“ Meine Gesichtszüge entgleisen augenblicklich. Ertappt sehe ich in sein verblüfftes Gesicht.

„Ich habe recht?“, bemerkt er ungläubig, doch ich bringe keinen Ton hervor.

„Teme?“ Trotz der anhaltenden Dürre in meinem Mund versuche ich zu schlucken, um die aufgebaute Nervosität loszuwerden.

„Blödsinn“, presse ich schnell durch meine Lippen und schlucke erneut schwer und hörbar.

„Wie kommst du darauf?“, versuche ich abzulenken. Meine Stimme klingt erstaunlicherweise ruhig und gelassen, obwohl es in meinem Inneren alles andere als ruhig zu geht. Es ist unangenehm. Er atmet tief ein und öffnet seinen Mund um seine Erklärung hervor zu bringen. Will ich sie wirklich hören?

„Was soll es denn sonst sein? Wenn ich so drüber nachdenke, dann bist du doch schon seit Tagen so merkwürdig drauf. Deine coole Art hat Risse bekommen. Du wirkst abwesend und verträumt. Bist nicht richtig bei der Sache wenn wir in der Uni sind. Da kann ja nur Liebe dahinter stecken.“ Still und aufmerksam habe ich seinen Worten gelauscht. Seit wann kann Naruto so gut kombinieren? Bin ich die ganze Zeit wirklich so unaufmerksam gewesen? Verdammt, was mach ich jetzt?
 

„Das mir das nicht früher aufgefallen ist.“ Er straft sich mit einem Schlag gegen seine Stirn. Plötzlich fängt er an herzhaft zu lachen.

„Mein bester Freund hat sich verliebt!“, Naruto klingt begeistert. Mich jedoch nervt es, es stört mich und verletzt mich, dass er anscheinend keine Ahnung hat, wen dieses Gefühl betrifft.

„Warum hast du mir das nicht einfach gesagt?“, fragt er, als er sein Lachen wieder einigermaßen im Griff hat.

„Hmpf“, mache ich und drehe mich endgültig auf die Seite. Zeige ihm meinen Rücken und schweige, bis ich mich dazu durchringe ihm doch etwas dazu zu sagen.

„Was hätte das geändert?“, frage ich und spüre im nächsten Moment seine Hand auf meiner Schulter. Er zieht mich wieder zu sich herum. Sein Blick trifft meinen.
 

„Na hör mal, es hätte einiges geändert“, beginnt er euphorisch. Ich will doch aber nicht, dass sich etwas verändert. Warum versteht er das denn nicht?

„Ist doch klar, dass du nicht mehr mit mir schlafen kannst, wenn du für jemand anderes viel mehr empfindest. Du hättest das echt sagen müssen.“ Ich sehe ihn verständnislos an. Die kurzzeitige Erleichterung die ich verspürt habe, ist bereits wieder verflogen. Er glaubt tatsächlich, dass es jemanden gibt, in den ich mich aufrichtig verliebt habe. Wann bitte soll es dazu gekommen sein? Meine ganze Freizeit verbringe ich doch mit diesem Dobe! So viel zu seiner hervorragenden Kombinationsgabe. Warum müssen Gefühle immer so kompliziert sein?
 

Während ich meinen Gedanken nachhänge, starre ich ihn ungläubig an, wie er aufsteht und seine Sachen zusammensucht.

„Wo willst du jetzt hin?“, frage ich entsetzt, als ich realisiert habe, was er im Begriff ist zu tun.

„Na ich gehe nach Hause. Ich glaube nicht, dass es richtig wäre hier zu bleiben“, meint er und sieht zu Boden. Seine Kleidung hält er vor seinen Körper. Er hat genauso viel Ahnung davon wie er mit der Situation umgehen soll wie ich. Ein wenig hilflos steht er vor meinem Bett.

„Wieso?“, frage ich leise und erreiche, dass er zu mir sieht. Ein kleines bisschen Wut zieht durch seine schönen Augen.

„Wieso? Meinst du nicht, es wäre ein wenig egoistisch einfach so zu tun als wäre nichts? Wir können doch jetzt nicht einfach so weiter machen. Es wäre echt unfair. Nur weil es diese Abmachung gibt, heißt das noch lange nicht, dass du mich immer und jeder Zeit an dich ranlassen musst. Sasuke, du bist nicht der einzige gutaussehende Typ auf diesem Planeten. Es gibt sicher auch genügend Mädchen da draußen die nur mal eben auf einen One-Night-Stand aus sind“, er redet sich richtig in Rage. Meinen verletzten Blick nimmt er anscheinend auch nicht wirklich wahr.
 

„Genau deshalb habe ich über meine Gefühle geschwiegen“, unterbreche ich seine Rede energisch. Er legt seinen Kopf schief und stößt ein fragendes 'Hä?' hervor.

„Ich will eben nicht, dass du anfängst Rücksicht zu nehmen. Ich will nicht, dass sich zwischen uns irgendetwas ändert. Naruto, das einzige was mir wirklich etwas bedeutet ist unsere Freundschaft, egal ob da jetzt so komische Gefühle sind oder nicht. Die werden auch wieder verschwinden! Schließlich werden sie nicht erwidert.“ Nachdem das letzte Wort meine Lippen verlassen hat, drehe ich mich wieder auf die Seite und kuschele mich in meine Decke. Ich warte einfach darauf, dass er geht oder wieder zurück ins Bett kommt.

„Oh“, gibt er einen mitleidvollen Laut von sich.
 

Ein leises Seufzen erfüllt die Stille. Dann höre ich, wie Naruto seine Sachen wieder in irgendeine Ecke wirft und vorsichtig fragt: „Willst du, dass ich hier bleibe?“

Ich überlege, ob ich mich zu ihm umdrehen soll, entscheide mich aber letztendlich dagegen.

„Hm“, bestätige ich knapp seine Frage und spüre kurz darauf wie sich das Bett leicht bewegt. Schnell krabbelt er mit unter meine Decke und schmiegt seinen Körper fest an meinen Rücken. Einen Arm legt er liebevoll um meine Hüfte und streichelt meinen Bauch.

„Geht das in Ordnung?“, fragt er mitfühlend und ich nicke nur. Er hat ja keine Ahnung wie sehr ich diese Berührung genieße. Sie ist so anders als sonst.

„Ich möchte auch nicht, dass sich zwischen uns etwas ändert“, flüstert Naruto leise gegen meinen Nacken. Ich spüre, wie sein Atem einen wohligen Schauer über meinen Rücken jagt und gleichzeitig das unangenehme Stechen in meinem Herzen. Seine Worte tun weh.

„Kannst du mir versprechen, dass es so bleibt? Dass unsere Freundschaft über allem steht?“ Ich schweige. Dieses Versprechen kann ich ihm nicht geben.

„Verstehe“, haucht er und beginnt meinen Nacken mit zarten Küssen zu verwöhnen.
 

Seine Hand streichelt von meinem Bauch aufwärts zu meiner Brust. Zeichnet unaufhörlich Kreise und neckt meine Brustwarzen. Ich habe gewusst, dass er nicht lange widerstehen kann, was anderes habe ich auch nicht erwartet. Nicht von Naruto. Seine Berührungen fühlen sich gut an. Leise seufze ich und strecke meinen Kopf etwas mehr nach oben, um ihm mehr nackte Haut zum liebkosen freizulegen. Ein Grinsen umspielt seine Lippen, das ich mir einbilde zu fühlen als er seine Lippen sanft auf meine Halsschlagader presst. Seine Hand wandert derweil wieder meine Seiten entlang nach unten. Deutlich kann ich seine bereits wieder harte Männlichkeit spüren.

„Bin ich egoistisch?“, haucht er mir plötzlich ins Ohr und knabbert an meinem Ohrläppchen.

„Hm?“, mache ich fragend und verstehe wirklich nicht, was seine Frage zu bedeuten hat. Ich verliere mich sowieso gerade wieder in Lust und Verlangen nach meinem besten Freund.

„Bin ich egoistisch, wenn ich jetzt an Sex denke, wo ich doch nun weiß, in welcher Lage du dich befindest?“ Seine Worte sickern nur allmählich in mein vernebeltes Bewusstsein.

„Ich kenne dich. Es ist ok“, antworte ich ihm unter lustvollem Keuchen.

„Gut, denn ich will dich, Teme!“ Genau diese Worte sind es, die mich zum ersten Mal an diesem Abend wieder hemmungslos aufstöhnen lasse. Sie werden nur begleitet von einem festen Griff um mein hartes Glied und einem schmerzhaften Gedanken.
 

Seine Worte sind falsch und gelogen.

Naruto will mich nicht.

Er will nur den Sex.

Du willst mich?

[Dieses Kapitel ist nur Volljährigen zugänglich]

Ich hasse dich, glaube ich!

Irgendwann fängt es an zu bröckeln.

Deine Fassade bekommt Risse.

Dein Mut löst sich auf.

Deine Gefühle werden verletzt!
 

Du kannst nichts tun. Glaubst zu verlieren, was du eigentlich niemals richtig hattest.
 

Liebe macht dich schwach…

Liebe kann verletzen…

Liebe bringt Unglück…

Liebe kann zerstören, was einst so wunderbar war…
 

Liebe erzeugt Hass…
 


 

Ich hasse dich, glaube ich!
 

Auf dem weiten Bahnhofsgelände herrscht einsame Stille. Langsam gehe ich die breiten Gänge entlang zum Bahngleis. Nur vereinzelt höre ich eilige Schritte über die alten Steinplatten laufen. Gespräche finden hier um diese Zeit nicht mehr statt. Der kühle Nachtwind zieht durch die offenen Ritzen des baufälligen Bahnhofs und untermalt die schaurige Atmosphäre mit einem leisen Zischen und Pfeifen. Ich schiebe meine Hände weiter in meine wärmenden Hosentaschen und gehe direkt auf die große Steintreppe zu, die ich anschließend ohne zu zögern hinauf steige. Oben angekommen werde ich vom eisigen Wind begrüßt. Ein kurzer unangenehmer Schauer läuft mir über den Rücken, als die Kälte in meine Knochen zieht. Wie immer stelle ich mich an den einzigen großen, breiten Pfeiler auf diesem Gleis, der mich ein wenig vor dem unbarmherzigen Wind schützt und gleichzeitig einen verhüllenden Schatten auf meine Anwesenheit wirft. Wie abgemacht warte ich auf den letzten Zug. Obwohl mich die Ankunft des Zuges wenig interessiert.
 

Es sind Wochen seit dem Gespräch mit Naruto vergangen. Nur zwei weitere Versuche hat er anschließend noch unternommen, um herauszubekommen, für wen ich diese Gefühle hege. Eisern habe ich ihn abgewiesen und mittlerweile glaube ich, hat er es gänzlich aufgegeben. Vielleicht hat er auch einfach vergessen, dass ich verliebt bin. Ich jedenfalls habe es nicht vergessen. Nicht, wenn ich bei klarem Verstand bin. Deshalb stehe ich jetzt auch hier. Ich warte auf die Ankunft eines unscheinbaren Typens, dessen Namen ich nicht kenne. Ist auch nicht nötig. Er kennt meinen Namen auch nicht. Aber er hilft mir zu vergessen. Dieses schmerzende Stechen verschwindet einfach nie. Es beherrscht meinen Körper. Es ist einfach immer da. Ganz unabhängig davon, ob Naruto in meiner Nähe ist oder nicht.
 

Die Sehnsucht ist da.
 

Kurz nach elf flackert die Anzeigetafel auf. In wenigen Minuten würde der Zug einfahren. Ich drücke mich weiter in den Schatten und warte geduldig. Von weitem höre ich das gleichmäßige Rauschen, das stetig lauter wird. Die kreisrunden Scheinwerfer leuchten in der Ferne auf und werfen ihren Lichtkegel auf die Gleise. Es dauert nicht sehr lange. Das Quietschen der Bremsen ist ohrenbetäubend schrill, doch ich zucke nicht einmal mit der Wimper, obwohl es schmerzhaft in meinem Kopf pocht und sich ein ziehender Schmerz nahe der Schläfe ausbreitet. Es wurde höchste Zeit, dass ich ihn wieder aufsuche. Zwei qualvoll langsam verstreichende Tage sind vergangen, in denen Naruto mich durch seine permanente Anwesenheit an meine bröckelnde Selbstbeherrschung trieb. Ständig erhaschte mein Blick seine vollen Lippen. Ich wollte sie berühren, wollte sie fühlen und schmecken. Aber ich durfte nicht. Ich bin nicht mehr ich selbst. Suche täglich nach einem Ausweg aus meinen Gefühlen und letztendlich habe ich ihn gefunden.
 

Er macht mich kaputt.

Naruto hat unwissend angefangen mich zu zerstören…
 

Die schweren Türen öffnen sich. Das künstliche Licht des Wagons erhellt einen kleinen Teil des Bahnsteigs. Bis zu mir reicht es jedoch nicht. Ich kann ihn erkennen. Er steigt zusammen mit einer älteren Dame, die sich die Hand vor ihren Mund hält, weil sie ein müdes Gähnen verstecken will, aus. Unbehelligt kommt er auf mich zu. Seine schwarze Lederjacke ist zerschlissen. Sein Gesicht wird von einer Kapuze verdeckt, die er sich tief hinunter gezogen hat.
 

Sein Anblick war mir egal.
 

Der Zug rollt laut vom Bahngleis und hinterlässt wieder die angenehmere Dunkelheit. Stumm stellt er sich neben mich. Meine Augen verfolgen die wenigen Menschen, die zu der Treppe laufen und anschließend von der Schwärze verschluckt werden. Erst als auch der letzte gegangen ist, drehe ich meinen Kopf zu ihm und strecke ihm meine flache Hand entgegen. Ich kann seine Gesichtszüge nicht erkennen. Aber seine blassen Finger kommen meiner Hand entgegen. Ohne ein Wort zu verlieren nehme ich entgegen, was er mir reicht und ziehe aus meiner Hosentasche ein paar Geldscheine. Er nimmt sie schweigend an und lehnt anschließend seinen Kopf wieder an den Pfeiler. Kurz bleiben wir so nebeneinander stehen, bis ich mich abstütze und mit einem Fuß aus dem Schatten trete.

„In zwei Tagen“, sage ich knapp und gehe zur Steintreppe. Er bleibt am Pfeiler stehen.
 

Meine Schritte hallen an den Wänden der verlassenen Halle wieder. Mein Blick geht zur großen Wanduhr. Sie zeigt halb neun. Ihre Zeiger stehen still. Seufzend hole ich mein Handy aus der Hosentasche. Auf dem Display ist immer noch Narutos letzte Kurznachricht zu sehen.
 

»Party bei Neji. Ab 21 Uhr. Ich will dich dabei haben. Naruto«
 

Seufzend schließe ich die Nachricht und sehe auf die kleine eingeblendete Uhrzeit in der unteren rechten Ecke. Es ist kurz nach halb zwölf. Bis zu Neji würde ich von hier nochmal eine halbe Stunde benötigen. Ich fahre mir durch die Haare und setze zum Gehen an, als es erneut kurz in meiner Hand vibriert.
 

»Du bist spät, Teme! Kommst du noch? Ich warte…«
 

Ich starre lange auf die Buchstaben. Zu lange. Sie verschwinden, als der Bildschirm schwarz wird, weil der Energiesparmodus einsetzt. Während ich aus der Halle des Bahnhofsgebäudes trete, tippe ich eine kurze Antwort und schicke sie an Naruto.
 

»Du nervst, Dobe. Bin unterwegs…«
 

Ich kann praktisch sein breites, zufriedenes Grinsen vor mir sehen. Kann hören, wie er allen umstehenden Leuten euphorisch berichtet, dass ich bald da sein werde. Seine Stimme hat sich so klar und deutlich in meinen Ohren festgesetzt, dass es mich taub macht für alle anderen Geräusche. Sein Anblick macht mich blind. Meine Gefühle für ihn machen mich schwach. Ein Teil in mir will ausbrechen, dagegen rebellieren und gegen diese Schmerzen kämpfen. Ein anderer Teil will sie ertragen und aushalten, bis sie sich von allein neutralisieren. Der wichtigste Teil, meine Seele, will vergessen.
 

Will vergessen was ist, vergessen was sein wird.

Will nur das Alte und Schöne, will die Vergangenheit zurück.
 

Ihn nicht zu lieben ist schwieriger als gedacht.
 

Meine Füße tragen mich wie von selbst durch die Straßen. Das gelbe Laternenlicht spiegelt sich in den zurückgebliebenen Pfützen des verregneten Tages. Die Straßen sind genauso leer und verlassen wie der Bahnhof. Diese Gegend ist nicht schön. Sie ist heruntergekommener Schmutz. Eine Schande dieser großen Stadt.
 

Grau und Schwarz.

Hässlich.

Düster und traurig.

Einsam.
 

Neji wohnt hier nicht. Aber es ist der kürzeste Weg um zu ihm zu kommen. Die dunklen Schatten der Gassen ziehen an mir vorbei. Ich beachte sie nicht. Sie sind nicht wichtig. Alles, was nicht mit Naruto in Verbindung steht, ist unwichtig geworden. Es stört mich. Diese Abhängigkeit ist zum Verzweifeln. Ich glaube, ich werde wahnsinnig. Verliere mich täglich in trüben Gedanken. Will abschalten und schlafen. Es geht nicht. Er verfolgt mich. Zurück bleibt der Schmerz.
 

Er ist greifbar.

Er ist da.
 

Ich führe einen inneren Krieg gegen mich selbst. Gleich von Beginn an steht der Verlierer fest. Einen Gewinner wird es in meinem Fall nicht geben. Ich brauche Hilfe…
 

Gedämpfte Musik dringt an meine Ohren. Irgendein unbedeutender Chart-Mix.
 

Texte ohne Bedeutung.

Melodie ohne Klang.
 

Unwichtig.
 

Je näher ich dem Haus komme, desto lauter wird die Musik. Die Haustür steht offen. Von innen kommt mir lautes Lachen entgegen. Stimmen, vermischt mit Musik. Verbrauchte Luft wird mit dichtem Zigarettenrauch vermengt und nebelt jeden ein der sich im Haus befindet.

Meine Sicht ist getrübt. Der Rauch brennt in meinen Augen, die Musik dröhnt schmerzhaft in meinem Kopf. Angestrengt wandert mein Blick über die tanzende Menge. Einige erkenne ich, andere sind mir völlig fremd. Normalität bei einer Party. Aber der typische blonde Haarschopf ist nicht unter ihnen. Gelassen schiebe ich mich durch die Menschen. Werde hin und wieder von der Seite angesprochen und ehrfürchtig begrüßt. Lächerlich. Ich bin auch nur ein Mensch.

„Sasuke, ich dachte du kommst nicht mehr.“ Teilnahmslos wende ich mich dem Mädchen zu, das mich auf ihre charmante Art angesprochen hat.

„Ino“, begrüße ich sie kurz und sehe ihr anschließend in die Augen.
 

Ihr langes blondes Haar liegt ihr über der Schulter und umspielt ihren tiefen Ausschnitt. Es lässt mich kalt, wie immer.

„Hast du Naruto gesehen?“, frage ich sie gelangweilt und warte auf ihre Antwort.

„Naruto? Was willst du denn jetzt mit dem?“, spielt sie sich auf und streckt ihre Brust mehr nach vorne. Sie hat ganz sicher wunderbare Reize für eine Frau, aber mein Interesse kann sie damit nicht wecken.

„Vergiss es, Ino. Ich find ihn schon“, mit diesen Worten lasse ich sie stehen und kämpfe mich weiter durch das Wohnzimmer. Ich weiß, dass in einer der hinteren Bereiche eine Sofalandschaft aufgestellt ist. Dort halte ich mich für gewöhnlich auf. Wenn Naruto wirklich auf mich wartet, dann wahrscheinlich dort.

„Man, pass doch auf“, meckert Choji, weil ihm so ein braunhaariger Typ seine heißgeliebte Chipstüte aus der Hand geschlagen hat. Wütend starrt er dem Jungen nach und bekommt nicht mit, dass er gradewegs auf mich zu steuert.

„Pass selbst auf wo du hinläufst, Choji“, äußere ich kühl. Er zuckt zusammen und dreht sich ruckartig um.

„Oh Sasuke“, schmatzt er, bleibt mir aber nicht länger im Weg stehen, sondern bahnt sich seinen Weg zur Küche.
 

Ich habe bereits einen Blick auf die hellen Sofas und auch das stachelige blonde Haar blitzt auf. Ich kann nicht verhindern, dass sich Nervosität und Aufregung vermischen und mich kurzzeitig am Weitergehen hindern.

„Na Uchiha, doch noch hergefunden“, klopft mir Suigetsu auf die Schulter und zieht genüsslich an dem Strohhalm, der in seinem giftgrünen Getränk steckt. Angewidert schüttele ich seine Hand weg.

„Hm“, grummle ich als Antwort und setze nun doch meinen Weg fort. Ich habe das Gefühl meine Knie werden mit jedem Schritt in seine Richtung weicher. Meine Hände beginnen vor Ruhelosigkeit zu schwitzen.
 

Ich höre sein befreites Lachen. Es klingt so schön. Besser als all die harten Bässe der ätzenden Musik. Sein Haar glänzt sogar durch die vernebelte Sicht auffällig. Oder ich bilde mir das alles nur ein, weil diese Gefühle viel zu stark geworden sind. Seufzend komme ich der Sitzecke näher. Naruto hat einen Arm um eines der Mädchen gelegt die neben ihm sitzen. Diese Sache ist seit neuestem an der Tagesordnung. Mit jedem Mädchen, das Naruto in seiner Nähe hat, wächst die kochende Eifersucht in mir. Sie kriecht vernichtend meine Speiseröhre hinauf und hinterlässt einen bitteren Beigeschmack in meinem Mund.

„Ah, Sasuke!“, ruft Neji, der ebenfalls mit einem Mädchen auf dem Sofa beschäftigt ist und nur kurz seinen Blick in meine Richtung gelenkt hat. Er lächelt kurz verhalten und widmet sich anschließend wieder dem dunkelhaarigen Mädchen. Narutos Aufmerksamkeit habe ich dadurch nun aber auch. Sein Kopf wirbelt herum und er strahlt mich freudig an.

„Da bist du ja endlich, Teme“, platzt es aus ihm heraus. Er stößt das Mädchen von seiner Seite und versucht über die Lehne des Sofas zu springen. Er versucht es, mehr aber auch nicht. Elegant landet er mit dem Gesicht voran auf dem Boden.

„Man Naruto, pass doch auf. Du hättest beinahe den Tisch umgeworfen“, bemerkt Kiba laut knurrend, der aus mir unerfindlichen Gründen plötzlich neben Neji hockt.
 

Narutos verwirrter Gesichtsausdruck, den er gegen das Sofa richtet, lässt mich kurz stumm auflachen. Er rappelt sich mühselig wieder auf und kratzt sich anschließend peinlich berührt am Hinterkopf.

„Tschuldigung“, nuschelt er und grinst mich danach wieder breit an.

„Ich hab gewartet“, nickt er und versucht sich an einer festen Stimme.

„Sehe ich“, bemerke ich unbeeindruckt. Wenn es möglich gewesen wäre, dann wären seine Mundwinkel noch ein Stück weiter nach oben gewandert. Er schwankt ein wenig auf mich zu, legt dafür aber ziemlich geschickt einen Arm über meine Schultern und grinst mich von der Seite her an.

„Du-hu brauchst was zu trinken“, dabei tippt er mir unterstreichend penetrant oft gegen meine Brust und ich ziehe skeptisch meine Augenbrauen zusammen.

„Brauch ich das?“, frage ich reizlos.

„Ja… und ich auch“, kommt es prompt von Naruto.
 

Er drückt mich zurück in die Masse und zusammen schlagen wir uns einen Weg in die Küche. Als wir in dieser ankommen drückt er mich gegen die vollgestellte Theke. Ich habe nicht einmal einen Hauch einer Chance zu reagieren, so schnell handelt er. Es ist erstaunlich, wie er das in seinem angetrunkenen Zustand schafft.

„Du hast mich warten lassen“, fährt er mich an und seine glasigen Augen funkeln böse. Jedenfalls soll es wohl zornig wirken, nur der verklärte Schleier mindert den Ausdruck seines Blickes.

„Was wird das Dobe?“ Ich drücke ihn etwas von mir und erwidere seinen harten Blick.

„Wo hast du überhaupt gesteckt? Ich war bei dir um dich abzuholen aber du warst nicht da.“ Ich schlucke. Natürlich war ich nicht zu Hause. In diesem Moment befand ich mich schon mental auf dem Weg zu meinem Dealer.

„Soll das ein Verhör werden?“, erwidere ich missgelaunt. Schmollend schiebt er seine Unterlippe vor.

„Es war so langweilig ohne dich.“ Er spricht diese Worte aus, als wäre er ein kleines trotziges Kind.

„Du bist betrunken“, schließe ich aus seinem Stimmungsreichem Verhalten. Betrunken und verdammt niedlich, füge ich in meinen Gedanken hinzu, da seine Augen schlagartig groß werden.

„Nein…“, meint er gedehnt und fängt gleich darauf an unkontrolliert zu kichern.

„Hm“, mache ich und besehe mir erstmal das Chaos in der Küche. Nur ablenken. Nicht darauf achten, dass Naruto mir quasi vor der Nase herum tanzt. Ablenken...
 

Hinten am Tisch sitzt Choji und knabbert an einigen Chips. Ich will eigentlich gerade zum Kühlschrank gehen, um mir etwas Kaltes zu trinken zu nehmen, da spüre ich warme Hände unter meinem Hemd. Ist das jetzt sein Ernst? Warum bringt er mich immer in solche schwierigen Situationen? Zulassen, akzeptieren, ablehnen? Verdammt, ich weiß es nicht. Fragend suche ich Narutos Blick.

„Das Mädchen von vorhin wollte nicht“, erklärt er schulterzuckend. Diese Selbstverständlichkeit in seiner Stimme lässt jeden Herzschlag schmerzhaft erscheinen. Seine Lippen legen sich auf meinen Hals und mein Blick wandert zum Tisch. Choji sieht von seinen Chips zu uns rüber. Ich habe nicht genügend Nerven seinen Blick zu deuten, aber er gibt mir unwissend einen Ausweg aus dieser Situation, deshalb ziehe ich Narutos Hände von meinem Körper und wende mich von ihm ab.

„Du solltest weniger Alkohol trinken.“ Das es nicht wirklich an den berauschenden Getränken gelegen hat, ist mir bewusst, doch es ist eine gute Erklärung für unseren unerwünschten Beobachter. Naruto grummelt beleidigt vor sich hin.

„Blöder Uchiha“, kann ich noch hören, bevor er sich irgendein Bier vom Tresen nimmt und Anstalten macht wieder zu den anderen zu gehen. Am Türrahmen dreht er sich nochmal zu mir.

„Kommst du-hu?“, fragt er mit benebelten Blick. Er sieht so verführerisch verboten heiß aus. Sein Anblick lässt mich an meiner Entscheidung zweifeln. Ich sehe ihn an. Nur für wenige Sekunden betrachte ich sein herrliches Gesicht, seine vor Trunkenheit funkelnden Augen und wieder fängt mein Blick seine rosigen Lippen ein. Ganz automatisch, ohne es wirklich zu wollen. Ich schlucke schwer, als er seine Flasche an eben diese legt.
 

Warum darf dieser blöde, leblose Gegenstand diese Lippen kosten und ich nicht?
 

Ich schüttele diesen Gedanken von mir. Ganz schnell, bevor sich eine Dummheit entwickelt, aus der ich mich später nicht mehr herausreden kann.

„ Geh schon vor. Ich gehe kurz ins Bad.“ Er nickt und wankt durch die tanzenden Leute. Ich sehe noch, wie er hin und wieder mit einem Mädchen ein paar Drehungen macht und dann glücklich weiter läuft. Diese Schmerzen in meinem Inneren werden bei seinem zufriedenen Anblick unerträglich. Zielsicher suche ich das Bad auf, schließe die Tür hinter mir vorsorglich ab und setze mich seufzend auf den Toilettendeckel. Kurz massiere ich mir meine Nasenwurzel und schließe entspannt meine Augen. Wie immer sehe ich sein Lächeln, sein liebreizendes Gesicht. Er ist die Sonne in meinem Leben. Der Sonnenschein in meinem Herzen. Wieder zieht sich mein pochendes Organ schmerzlich zusammen.
 

Einseitige Liebe ist scheiße…
 

In einem Regal finde ich einen runden Spiegel. Perfekt, denke ich und lege ihn auf meinem Schoß ab. Jetzt, wo ich mein Spiegelbild sehe, kann ich fast nicht glauben, dass ich das sein soll. Ich bin so blass wie schon lange nicht mehr. Meine Wangenknochen treten schon leicht hervor. Meine Lippen sind dünn und fast farblos.
 

Unwichtig.
 

Geübt verteile ich das weiße Pulver auf dem Spiegel und ziehe es schnell durch meine Nase. Es beruhigt und aktiviert. Es tut gut. Ich lehne berauscht meinen Kopf zurück und warte darauf, dass auch der lästige, ungewollte Sehnsuchtsschmerz verschwindet.
 

„HEY, mach schneller“ Ich schrecke auf, als es plötzlich laut gegen die Badezimmertür klopft. Mein Herz beginnt zurasen und ich versuche fahrig die Überreste des Pulvers verschwinden zu lassen. Ebenfalls den Spiegel, der beinahe aus meinen Fingern fällt, weil ich nicht richtig sehen kann. Ich muss mehrmals gegen das grelle Licht blinzeln, ehe ich realisiere, wo ich bin. Schwerfällig stehe ich auf und laufe zum Waschbecken. Werfe mir eilig ein wenig kaltes Wasser ins Gesicht und sehe dann nochmal in mein Abbild. Nicht besser, aber der Schmerz ist nun weg.

„Verdammt, mach endlich“ Wer auch immer dort hinter der Tür steht, hat es echt eilig. Erbarmend öffne ich die Tür und Kiba stolpert mir in die Arme. Verfolgt mich der Typ?

„Uhaa Uchiha, geh ausm Wehg“, lallt er mir entgegen und versucht mich kraftlos zur Seite zu drücken.

„Du solltest auch weniger trinken. Du verträgst immer noch nichts“, meine ich belanglos. Ein wenig Schadenfreude schwingt jedoch in meiner Stimme mit.

„Halt d Klap-pe“, keucht er und hält sich die Hand vor den Mund. Er würgt und ich trete eilig einen Schritt zur Seite. Kiba fällt nach vorne und landet mehr durch Zufall direkt vor der Kloschüssel. Emotionslos betrachte ich sein Elend, bevor ich mich umdrehe und zurück zu den anderen laufe.
 

Meine Sicht ist verschwommen. Bunte Farben tanzen durch die Luft.

Schwachsinn.

Es ist alles wie immer, nur erträglicher.
 

Mein Körper bewegt sich zum Rhythmus der Musik durch die anwesenden Gäste. Beschwingt lasse ich mich sogar überreden mit Ino zu tanzen, die ihre feste Brust an meinen Oberkörper drückt und sich aufreizend gegen mich bewegt. Ich lasse es zu. Lege ihr irgendwann einen Arm um ihre Taille und ziehe sie mit zu der Sitzecke, wo Naruto mehr auf der Couch liegt als sitzt. Mit dem Anblick Narutos ist Ino schon wieder vergessen. Ich setze mich stumm neben ihn und schlage ihn sanft gegen die Schulter.

„Hä? Wasn los?“, murmelt er mühsam durch seine belegte Zunge.

„Wolltest du, dass ich dich nach Hause schleppe oder warum sollte ich hier her kommen“, spreche ich ihn laut an. Habe sichtlich Mühe die dröhnende Lautstärke der Musik zu übertönen.

„Sa´ske“, kommt es von ihm und sein Kopf fällt schwer auf meine Schulter, nachdem er versucht hat mich anzusehen.
 

Lange betrachte ich sein entspanntes Gesicht. Bin wie verzaubert von seinen weichen, charakteristischen Gesichtszügen. Fühle mich angezogen von seinen Lippen, die einen Spalt breit geöffnet sind. Verliere mich in seinem wundervollen Anblick und merke kaum, wie ich seinen Lippen zögerlich näher komme.

„Sa´ske, nach Hause“, flüstern seine Lippen schwach. Warum jetzt? Warum sagt er ausgerechnet jetzt was? Unsanft aus meiner Träumerei gerissen lege ich kurz meinen Kopf in den Nacken und meine Hand auf meine Stirn. Selbst mit dieser beschissenen Droge komme ich nicht von ihm los. Beherzt stehe ich auf. Narutos Kopf rutscht dabei träge von meiner Schulter und landet auf dem Sofa. Er stöhnt wehleidig auf.

„Ah, nicht drehen…“, nuschelt er gegen den Sitz. Irgendwer hat die Musik zum Wohle meiner Ohren leiser gedreht.

„Komm schon Naruto, reiß dich zusammen“, gereizt zerre ich ihn nach oben. Er steht etwas wackelig auf seinen Beinen.

„Wehe du kotzt mich an“, warne ich ihn und lege seinen rechten Arm um meine Schultern und meinen linken um seine Hüfte.

„Mach die Augen auf Naruto“

„Geht nisch. Stell ma dasch Karrusschel ab“, murmelt Naruto unverständlich. Ein tiefes Knurren entkommt meiner Kehle. Das ist wieder so typisch für diesen Baka. Unter erheblicher Anstrengung befördere ich Naruto nach draußen. Die kühle Nachtluft schlägt uns fröstelnd ins Gesicht.
 

Zum Glück muss ich Naruto nicht zu weit schleppen. Er hat ein Zimmer in dem großen Campus Tower, der sich praktischerweise gleich neben dem Universitätsgelände befindet. Trotzdem schafft es der Chaot immer wieder zu spät zu kommen. Er ist einfach unverbesserlich. Erschöpft knicken seine Beine ein und sein Gewicht zieht mich plötzlich seitlich mit nach unten.

„Du bist so doof, Dobe“, flüstere ich, während ich versuche ihn mit einem Ruck auf meinen Rücken zu heben. Schlapp liegt er da und haucht gegen meinen Nacken.

„Selber doof“ Eine Gänsehaut zieht über meine Arme. Wann würde ich jemals dieses Gefühl genießen können?

Schnell laufe ich weiter und erreiche das beleuchtete Wohnheim. Ohne Umwege steuere ich auf den Fahrstuhl zu und fahre mit Naruto nach oben. Wie sich herausstellt, hat Naruto wieder vergessen sein Zimmer abzuschließen. Nichts Neues. Er hat allerdings auch keine wirklich teuren Habseligkeiten und das was er besitzt, lagert er bei mir. Ich lege ihn auf seinem Bett ab, wo er sich gleich drauf ausbreitet. Seufzend streckt er seine Glieder von sich und grummelt ein müdes 'Danke' in die Stille des Raumes. Genervt schmeiße ich ihm noch seine Decke über den Körper. Ich traue mich nicht ihm seine Kleidung auszuziehen. Wer weiß auf welche Gedanken ich dabei kommen würde, wenn mich seine Lippen schon die ganze Zeit so verrückt machen.
 

Ich bin wach und unruhig. Innerlich bin ich total aufgewühlt. Die Droge wird noch ein paar Stunden ihre Wirkung beibehalten. Resignierend lege ich mich zu Naruto. Er ist bereits eingeschlafen. Sein Atmen ist laut und wird nur hin und wieder durch ein tiefes Schnarchen unterbrochen. Ich kann nicht anders als ihn zu beobachten. Wenn er betrunken ist hat er immer etwas Kindliches an sich. Gedankenverloren streife ich ihm ein paar störende Haarsträhnen aus dem Gesicht. Er macht mich nervös. Selbst im zugedröhnten Zustand schafft er es mich zu kontrollieren.

„Du bist so ahnungslos, Naruto“, seufze ich leise. Ich habe einfach das Bedürfnis jetzt mit ihm zu reden, wo er ohne Einwände zuhören kann und am nächsten Tag wieder unwissend aufstehen wird.

„Du kannst gar nichts dafür. Alles was du tust fasziniert mich. Dir gehören meine Gefühle, nur dir allein. Und du hast es nicht bemerkt. Habe ich dir so gut eine grenzenlose Freundschaft vorgespielt, dass du nicht gemerkt hast für wen mein Herz so schnell schlägt?“, seufzend und nervös komme ich seinem Gesicht näher.
 

„Naruto… Du machst mich verrückt. Du entfachst ein Gefühl, ein Begehren, das mich zerreißt, verbrennt und verschlingt. Es tut weh dich in meiner Nähe zu haben und nicht Mein nennen zu können. Es schmerzt, wenn du nicht bei mir bist… Und es ist nicht schön mit ansehen zu müssen, wie du andere Menschen an dich heran lässt. Ich hasse das. Ich hasse es, wenn du von einem Mädchen schwärmst. Ich hasse es, wenn du nur aus Freundschaft mit mir schlafen willst. Ich hasse es dich zu lieben, glaube ich.“ Schweigsam denke ich über meine letzten Worte nach. Lasse die Nacht an mir vorbeiziehen und erwarte den Tag. Ich kann nicht mehr schlafen.
 

Stundenlanges Nachdenken treibt mich nun gehetzt durch die Stadt. Ich habe Naruto einfach schlafen gelassen. Mit Kater in der Uni bekommt er ohnehin nichts mit. Ich selbst verzichte auf die heutigen Vorlesungen. Ich brauche Hilfe. Dringend. Ich komme mir so schwach vor. Schwach und verzweifelt. Aufgekratzt und hektisch. Aber mit einem klaren Ziel vor Augen. Ich stolpere die Treppen nach oben und trete in den Warteraum ein. Jetzt, wo ich die Frau am Empfang sehe, bin ich mir plötzlich doch nicht mehr so sicher was ich hier will. Ich Uchiha, Sasuke Uchiha bin beim Psychologen. Unsicher melde ich mich an, stammele fahrig zusammenhangslose Worte und setze mich auf einen der freien Stühle und starre die abstrakten Bilder an, die hier haufenweise an den Wänden hängen. Schweißperlen stehen mir auf der Stirn. Nebenwirkung der Droge, einmalige Sache werde ich behaupten. Zerstreut fahre ich durch mein Haar. Mein Mund ist trocken. Ich schrecke hoch, als mich die Empfangsdame anspricht und ich ihr folgen soll. Sie schließt hinter sich die Tür und ich selbst stehe etwas verloren in einem leeren Raum mit weißem Sofa. Hier sind die Wände kahl. Fast ein wenig trostlos, stelle ich gedanklich fest. Mir ist schleierhaft wieso ich so schnell einen Termin bekommen habe.
 

„Setzen Sie sich“, werde ich aufgefordert und komme dieser Anweisung nervös nach. Unbeholfen sitze ich vor dem Mann. Sein halbes Gesicht ist verdeckt. Nicht gerade sehr

vertrauenserregend.
 

„Wie heißen Sie?
 

„Uchiha, Sasuke“, antworte ich prompt. Ich fühle mich verdammt unwohl. Als wäre ich hier fehl am Platz.

„Gut, Sasuke. Ich darf Sie doch Sasuke nennen, oder?“ Perplex nicke ich schweigend. Ich bin irgendwie total überfordert. Verfluchte Droge…
 

„Also Sasuke, warum sind Sie hier?“
 

„Was? Was soll die Frage jetzt? Warum kommt man wohl hier her?“ Ich bin ehrlich ratlos. Ich habe mir doch selbst viel zu wenig Gedanken über diesen Besuch gemacht. Das ich eigentlich Stunden damit zugebracht habe, drängt sich immer mehr in den Hintergrund.
 

„Naja, die meisten kommen her, weil sie mit mir über ihre Probleme reden wollen. Einige suchen nach Hilfe um ihre Angstzustände zu bewältigen oder um ihre depressiven Gedanken zu verarbeiten. Warum kommen Sie hier her?“, fragt er mich erneut.

„Ich bin verliebt…“, gestehe ich das einzige, was mir durch den Kopf geht. Die ganze Zeit habe ich nur diesen einen Gedanken. Ich bin verliebt und das in den besten Freund den ich habe. Das muss sich endlich zukünftig ändern. Das darf so nicht sein. Mein Verstand ist eindeutig auf meiner Seite, aber nicht mein Herz. Das äußert lauten, schmerzhaften Protest.
 

„Wie fühlt sich das an?“
 

„Wie fühlt sich was an?“, stelle ich meine Gegenfrage, ohne vorher über eine eventuelle Antwort nachgedacht zu haben.
 

„Die Liebe. Wie fühlt es sich an?“, stellt er seine Frage erneut.
 

„Scheiße… Erdrückend… Unbefriedigt… Schmerzhaft…“, ich werfe ihm diese beschreibenden Begriffe zusammenhangslos entgegen. Er tut nichts weiter als mir aufmerksam zuzuhören.
 

„Warum fühlt sich das so an?“, fragt er, als ich aufgehört habe nach Begriffen zu suchen.
 

„Ich dachte das sagen Sie mir.“
 

„Nein. Erkenntnisse müssen von Ihnen selbst kommen. Ich kann nur versuchen Ihnen zu helfen sie zu finden“, sagt er und ich muss seufzen. So habe ich mir das aber nicht vorgestellt.

„Bringt das hier was?“, sage ich mehr zu mir selbst als zu meinem Therapeuten, doch er antwortet.

„Sie müssen sich nur öffnen. Lassen Sie zu, dass Ihnen jemand hilft, dann wird Ihnen das hier auch was bringen.“ Tolle Antwort, denke ich insgeheim.
 

„Ich bin nicht so wirklich der Typ, der offen mit fremden Personen über seine Probleme redet“, meine ich und frage mich ehrlich, was ich für einen widersprüchlichen Mist von mir geben kann. Ich sitze doch schon hier, vor einem Mann den ich nicht kenne und habe ihm ohne zu zögern gestanden was mein Problem ist.
 

„Dann schreiben Sie es auf“, meint er und ich sehe ihn verständnislos an.
 

„Ich soll was?“
 

„Schreiben Sie ihre Gedanken auf. Formulieren Sie ihre Gefühle. Führen Sie eine Art Tagebuch“, erklärt er mir und ich überlege.
 

Nach einer gefühlten Ewigkeit verlasse ich die Praxis. Jetzt herrscht nur noch ein Gedanke in meinem Kopf. »Tagebuch« Er hat es wirklich ernst gemeint. Nachdenklich trete ich hinaus an die frische Luft. Immer noch mit diesem Gedanken im Kopf laufe ich durch die Stadt. Wie von selbst tragen mich meine Füße zu einem Schreibwarengeschäft. Ich habe gar keine Zeit mehr ausführlich darüber nachzudenken, ob das nicht eigentlich nur was für kleine Mädchen sei, da habe ich schon ein kleines unscheinbares, schwarzes Buch in der Hand. Die Seiten sind weiß und unbeschrieben. Logisch. Meine Hände zittern als ich, unschlüssig das Buch haltend, vor der Kasse stehe. Mit gesenktem Kopf bezahle ich und verschwinde hastig aus dem Geschäft. Im Park suche ich die Bank auf, wo ich sonst immer mit Naruto meine freien Nachmittage verbracht habe. Sehr emotionaler Ort für einen Menschen mit meinem Gefühlschaos. Aber wahrscheinlich ist es genau mein Gefühl, das mich jetzt an diesen Ort treibt. Ich setze mich unter die prachtvolle Weide und starre auf das noch unbenutzte Buch.
 

Es war eine Kurzschlussreaktion.
 

Diese wahnwitzigen Ideen eines Psychologen zu befolgen passt nicht zu mir. Schon allein das ich zu ihm gegangen bin passt nicht zu mir. Bin ich schon so verzweifelt?
 

»Wo steckst du Sasuke? Ich muss mit dir reden. JETZT«
 

Mein Handy zeigt mir die eilig hineingetippten Worte Narutos. Zum ersten Mal überlege ich wirklich ob ich seine Frage unbeantwortet lassen soll. Ich will Ruhe. Sehe außerdem nicht besonders gut aus. Die erneut durchwachte Nacht hat ihre Spuren hinterlassen. Eigentlich fast ein wenig merkwürdig, dass der Therapeut von vorhin keine Anmerkung darüber gemacht hat. Mein Handeln ist unbedacht und überstürzt gewesen.
 

»Im Park…«
 

Mehr brauche ich nicht schreiben. Naruto wird jetzt auf direktem Wege hierher kommen. Ein wenig wundere ich mich schon, dass er bereits wieder munter auf seinen Beinen ist. Hoffentlich wird er mich nicht mit Fragen durchlöchern. Mein Schädel dröhnt. Die Euphorie von vorhin, die ich verspürt habe, als ich durch die Stadt zu der kleinen Praxis gerannt bin, ist verschwunden. Jetzt verspüre ich nur noch diese nagende Unruhe in mir. Nicht einmal dieses blöde Buch in meinen Händen kann sie mir nehmen. Zittrig halte ich es nach wie vor fest, als würde es weglaufen können.

„Sasuke du wirst nicht glauben was ich gerade erlebt habe“, ereifert sich Naruto, der stolpernd neben mir zum Stehen kommt und freundschaftlich eine Hand auf meiner Schulter ablegt.
 

Er stützt sich ein wenig an mir ab und ringt nach Atem. Augenscheinlich kann er es wohl kaum erwarten mich zu treffen. Müde sehe ich ihn an. Ich habe Mühe meine Augenlider oben zu halten.

„Wie siehst du eigentlich aus? Eigentlich habe ich geglaubt, dass ich gestern ein wenig übertrieben habe und nicht du“, sagt er überrascht. Mit einem besorgten Gesichtsausdruck mustert er mich. Seine Fröhlichkeit verschwindet.

„Mensch Teme, was hast du denn letzte Nacht gemacht?“ Ich sehe ihm regungslos entgegen.

„Wüsste nicht was dich das angeht“, knurre ich gereizt über seine einsetzende Fragerei.

„Ehrlich mal, was hast du getrieben. Du siehst aus wie ne wandelnde Leiche.“

Von mir erhält er ein tiefes gemurmeltes 'Na und', dann wandert mein Blick wieder nach unten zu dem schwarzen Buch. Ich habe das Gefühl, er würde jede meiner Regungen mit seinen stahlblauen Augen verfolgen.

„Was hast du denn da?“, neugierig greifen seine Finger nach dem Buch, sodass ich mich gezwungen fühle, es reflexartig an mich zu ziehen und presse es heftig an meine Brust, als müsse ich einen ungeschriebenen Inhalt beschützen. Panisch sehe ich ihn an.

„Geht’s dir gut? Du bist ja voll von der Rolle“, merkt er sorgenvoll und seufzt anschließend tief auf. Mein Herz pocht vor Aufregung unregelmäßig. Ich weiß nicht mehr was ich tue. Ich stehe total neben mir. Habe das Gefühl mir selbst fremd zu sein.
 

Ich bin ein Fremder in meinem eigenen Körper.

Ein Parasit.
 

Verkrampft krallen sich meine Fingernägel in den harten Einband des Buches. Ich presse meine Lippen aufeinander und stoße im nächsten Moment Narutos beruhigende Hand von meiner Schulter.

„Lass das“, zischte ich gedrückt hervor. Er zuckt betroffen zusammen.

„Mir geht’s gut“, erkläre ich sanfter und lehne mich zurück.
 

Das raue Holz der Bank scheuert über meinen Rücken, als ich ungewollt der Müdigkeit erliege. Ich rutsche hinab und schrecke anschließend wieder auf.

„Scheiße“, grummle ich belegt. Bin mir der Anwesenheit Narutos gar nicht mehr bewusst.

„Kannst du laut sagen, Teme. Komm mit, du brauchst nen Kaffee oder so.“ Er zwingt mich ihm zu folgen. Reißt mich unsanft hinter sich her.

„Tse“, verlässt es wenig begeistert und deutlich verspätet meine Lippen, ehe ich ihm hinterher stolpere.
 

Naruto stellt mir einen tiefschwarzen Kaffee vor die Nase. Sein Lächeln ist noch immer nicht wieder auf seinem Gesicht eingekehrt. Ein mitleidvoller Zug liegt in seinen Augen.

„Schau nicht so. War halt ein bisschen viel“, spreche ich lustlos und nippe an dem heißen Getränk. Der bittere Geschmack zieht sich durch meine Mundhöhle. Angewidert kräusele ich meine Nase. Alte Angewohnheit.

„Ein bisschen viel von was?“, hakt Naruto eindringlich nach. Für einen Moment erwiderte ich seinen standhaften, bohrenden Blick.

„Ist doch egal“, mühe ich mir eine Antwort ab. Er hat nicht das Recht mir jetzt irgendwelche Vorhaltungen zu machen. Seine Vorwürfe will ich nicht hören.

„Hör auf damit“, sagt er bedrückt. Ich glaube, er hat nicht meinen Drogenkonsum gemeint.

„Hör auf mich anzulügen. Hör auf mich anzuschweigen!“, bestätigt er meine Vermutung. Es tut weh ihn so zu sehen.
 

Es tut weh zu wissen, wie sehr er an dieser Freundschaft hängt.

Wieso will er meine Freundschaft so sehr?

Warum sieht er nicht, was wirklich mit mir passiert ist?
 

Innerlich kenne ich die Antwort, ich gebe ihm keine Chance meine Liebe zu ihm zu erkennen.

Ich trinke stumm meinen Kaffee. Naruto beobachtet mich, bleibt aber ebenfalls schweigsam. Erst als ich die leere Tasse mit einem seufzen abgestellt habe, sehe ich wieder zu ihm auf.

„Naruto hör zu, ich …“, nachdenklich breche ich ab. Erwartend ziehen sich seine Augenbrauen zusammen.

„Was willst du jetzt hören? Das ich ein wenig Koks ausprobiert habe?“ Dass es jedoch nicht das erste Mal war, dass ich dieses Zeug genommen habe verschweige ich ihm lieber. Ebenso die Tatsache, dass es nicht wenig war. Wütend schnaubt er.

„Ist das dein ernst? Warum? Dachtest du es gibt dir den besonderen Kick? Oder wolltest du einfach nur mal anderen Spaß?“ Sein Wutausbruch über mein vergangenes Treiben geht eine gefühlte Stunde. Ich nicke nur hin und wieder betroffen. Irgendwie fühle ich mich ziemlich kraftlos dieser Situation und seinen Worten ausgeliefert. Aber jeder Ausbruch Narutos hat auch ein Ende.

„Teme, mach sowas nie wieder, klar?“, seufzt er schließlich und wieder nicke ich, in dem Wissen, dass ich mein Versprechen wohl nicht einhalten werde.
 

„Was wolltest du mir eigentlich erzählen?“, schneide ich jetzt das Thema an, weswegen er sich ja eigentlich so dringend mit mir treffen wollte. Sofort erhellt sich sein Gesicht und er strahlt mich an, als hätte es diesen Wutausbruch niemals gegeben. Ich ahne nichts Gutes.

„Erzähl ich dir während wir zu dir gehen. Komm“, meint er begeistert und eilt aus dem Café. Ich folge ein wenig langsamer, da ich noch mit meinem strapazierten Kreislauf zu tun habe.

„Also?“, fordere ich knapp, als wir nebeneinander die Hauptstraße entlang laufen. Naruto verschränkt seine Arme lässig hinter seinem Kopf und beginnt verträumt zu erzählen. Jedes Wort sticht dabei jedoch unbemerkt, wie tausend kleine Messerstiche, auf mich ein.
 

„Ich war in der Apotheke, weil ich heute Morgen so extrem starke Kopfschmerzen hatte. Und im Wohnheim waren einfach keine Tabletten mehr aufzufinden. Jedenfalls drehe ich mich um, noch völlig benebelt von diesen pochenden Schmerzen und stolpere aus der Tür. Ungeschickt wie ich nun mal bin, und du weißt, dass ich manchmal mit meinen eigenen Füßen total auf Kriegsfuß stehe, stolpere ich direkt in die Arme eines völlig fremden Mannes. Er fängt mich auf und ich sehe dankend in sein Gesicht. Ich habe glatt aufgehört zu atmen, so schön war er. Er hatte so reine, helle Haut. Markante Gesichtszüge und wunderschönes, glänzendes schwarzes Haar. Er war groß. Ich schätze ihn mal auf Mitte 20, oder so. Er roch so angenehm. Richtig anziehend. Er hatte mich angelächelt und gefragt ob alles in Ordnung sei. Seine Stimme war tief und unbeschreiblich erregend. Sasuke, ich hab vergessen nach seinem Namen zu fragen. Meinst du ich …“
 

Mehr bekomme ich von seinen Worten nicht mehr mit. Ich bleibe mitten auf der belebten Straße stehen. Unbeachtet von meinem besten Freund, der schwärmend von seiner Begegnung erzählt. Seine Worte treffen mich tiefer als sonst. Sie drücken mich zu Boden. Bringen mich dem grauen Asphalt näher als gewollt. Stumme Tränen brennen in meinen Augen. Es ist verletzend.
 

Liebe ist verletzend, ungerecht und dumm.

Ich bin taub und stumm.

Will hören und schreien.

Will klagen und weinen, im Boden versinken und schlafen.
 

Gefühle beleben deinen Körper…

Gefühle beschreiben deine Seele…

Gefühle zerstören mein Leben…

Du vermisst mich?

Kraftlos…
 

Spröde Lippen.
 

Tote Haut.
 

Zittern… dein Körper zittert.
 

Deine Seele schreit… du bleibst stumm!
 

Ein Kreislauf…
 

Da ist dieser Druck, ein Zwang, der dich in die Tiefe zieht.
 

Dein Leben fliegt an dir vorbei…
 

Leben?
 

Was bedeutet Leben, wenn du innerlich tot bist?
 

Du vermisst mich?
 

Montag, 05.09.2011 - 13:00 Uhr
 

Ich stehe vor dem Problem die ersten Worte in einem Tagebuch zu schreiben. Wie fängt man an? Was passt am besten? Ein freundliches und glückliches „Liebes Tagebuch….“ vielleicht?
 

Ich bin aber nicht fröhlich und freundlich. Am aller wenigsten bin ich glücklich. Im Grunde ist dieser völlig merkwürdige, verpeilte Therapeut von vorhin schuld, dass ich mich jetzt damit abquäle hier die richtigen Worte zu finden. Er hatte gemeint ich solle einfach schreiben und genau das tue ich jetzt. Jetzt gibt es sowieso niemanden mehr mit dem ich richtig reden könnte. Mit meinem besten Freund geht es nicht mehr, denn er ist mein größtes Problem.
 

Er ist meine Schwäche.
 

Er ist meine Liebe.
 

Er ist mein Leben.
 

Und er hat es eben geschafft, mein Herz zu brechen.
 

Vielleicht sollte ich dir erstmal einen Namen geben, bevor ich dir ausführlich erkläre was eben passiert ist. Ich habe mal gehört, dass es viele Menschen gibt, die ihren wertvollsten Besitztümern reale Namen geben. Ich weiß, dass du sehr wertvoll sein wirst, denn du wirst meine Gedanken kennenlernen. Du wirst etwas erfahren was keiner von mir weiß und keiner je wissen darf.
 

Noch nie habe ich mit jemanden über meine Probleme gesprochen, den Ausrutscher mit dem Therapeuten mal ausgenommen. Da war ich nicht ganz zurechnungsfähig, sonst wäre ich dort sicher nicht hin gegangen. Warum auch? Es gab ja auch nie wirkliche Probleme in meinem Leben, die mich so sehr belastet haben, dass ich Hilfe von anderen nötig hatte. Aber jetzt habe ich eines. Es heißt Naruto….
 

Ich komme alleine nicht mehr klar. Und der Therapeut meinte du könntest mir helfen. Bin ich krank, wenn ich dich wie eine Person behandele? Egal, alles ist egal, solange es mir aus dieser beschissenen Situation hilft. Dein Name wird es noch persönlicher machen, aber das ist gut, denn es fällt leichter alles loszuwerden was erdrückend und zerstörend auf einen einwirkt.
 

Sam - so werde ich dich nennen. Es gibt dafür keinen besonderen Grund. Er ist kurz und braucht nicht unendlich viel Zeit beim aufschreiben. Er ist angenehm, zeitlos und ich mag ihn. Du wirst etwas Besonderes. Nimmst schon jetzt den Platz meines besten Freundes ein. Denn den habe ich verloren, irgendwo zwischen dieser Verbitterung und Liebe. Was habe ich falsch gemacht?
 

Ich glaube zu wissen was es war, alles ist so undeutlich….
 

Weißt du, wenn man dabei ist, seinen besten Freund an seinen eigenen Bruder zu verlieren, dann bricht mit einem stummen Knall, einem lautlosen Schrei den niemand hört deine ganze Welt zusammen. Es gibt kein Vor und kein Zurück. Viel eher ist es wie ein quälender Stillstand.
 

Dann kommt der Fall…
 

Du fällst und fällst und fällst. Fragst dich ernsthaft wann denn endlich der erlösende Aufprall kommt. Wann du aus diesem Albtraum erwachst. Es passiert nichts. Du fällst einfach immer weiter.
 

In meiner jetzigen Situation könnte ich in einer Masse von Menschen stehen und würde mich trotzdem einsam, verlassen und allein fühlen. Es gibt nichts was mich hält. Es gibt nur ihn…., dessen Liebe ich begehre, dessen Liebe ich nicht bekomme…
 

„Sasuke“, sprach er zögerlich, fast ehrfürchtig aus, als wir gemeinsam in meinen Hausflur traten. Ich wusste erst gar nicht was sein Problem sei. Ich war noch nicht wieder ganz bei mir, nach dem Vorfall auf der Straße. Er hatte mir von einer prägenden Begegnung erzählt, die mich geschockt hatte. Seine Erzählung hatte mich verletzt und gekränkt. Und wenige Minuten später durfte ich erfahren, wer diese verführerische Begegnung war, die Naruto mit einem einzigen Blick für sich beansprucht hatte. „Sasuke, Sasuke“, hatte er immer wieder leise gesagt um meine Aufmerksamkeit zu erlangen. Dabei hatte er sie schon jeden Tag, jede Minute. Fragend hatte ich ihn angesehen und gefragt was denn los sei, dass er sich plötzlich so merkwürdig schüchtern benahm. Ich hatte die Person am anderen Ende des Flures nicht bemerkt. Noch nicht. Naruto half mir direkt auf die Sprünge. Sein Arm wanderte nach oben, zeigte an mir vorbei, direkt auf meinen Bruder.
 

„Was ist? Das ist Itachi, mein Bruder.“ Ich hatte meine Worte desinteressiert und teilnahmslos ausgesprochen. Ich war so unwissend. „Der einfach stillschweigend ins Ausland abgehauen ist, nachdem unsere Eltern gestorben sind“, rief ich Itachi giftig zu. Ich mochte ihn nicht. Nicht mehr. Er hatte mich allein gelassen, mich mit dem Schmerz allein gelassen … Naruto starrte die ganze Zeit ungläubig von mir zu meinem Bruder. Erst da viel mir auf das sein Blick immer einen Tick länger auf Itachi verweilte. Und dann sah ich das Lächeln und den verträumten Ausdruck. „Naruto?“, fragte ich ihn, obwohl ich ahnte was passieren würde, was er mir sagen würde. Ich wollte es doch gar nicht hören. Ich wollte nicht verletzt werden. „Das ist er. Er ist es in den ich hineingelaufen bin. Dein Bruder…“
 

Ab diesem Moment war es still. Ihre Lippen bewegten sich. Sie redeten miteinander, mit mir. Ich war taub… stumm. Es drehte sich. Ich hatte das starke Bedürfnis mein Herz zu greifen und es herauszuziehen. Ich wollte es nicht mehr spüren. Es war lästig, einfach lästig. Itachis Anblick erzeugte Übelkeit, Hass und tiefgründige Abneigung. Ich sah Naruto an. Leicht gerötete Wangen, wie ich sie kannte, wenn er sportliche Anstrengung hinter sich hatte. Er war verlegen und das war Itachis schuld. Er ist unerwünscht, ein Fremdkörper, der sich hier herein schleicht und etwas weg nimmt, was mir wichtig war. Mir war so unglaublich schlecht. Ohne eine Erklärung abzugeben, warum ich mich so merkwürdig benahm, ging ich an ihren fragenden und erstaunten Gesichtern vorbei. Nach oben in mein Zimmer. Schloss es ab und war allein. Allein mit dir Sam. Was mach ich jetzt? Sie sitzen unten und reden. Wahrscheinlich im Wohnzimmer. Ich glaube weniger das Naruto einen vernünftigen Satz hervor bekommt. Ich will es nicht wissen, glaube ich.
 

Aber da ist dieses ungute Gefühl. Ich brauche Ablenkung. Muss vergessen…
 

Sam - das Schreiben hilft nicht… es bringt mich zum Nachdenken… es macht es schlimmer
 

Ich will vergessen…
 

Ich gehe nochmal fort… muss fort …
 

Kann vergessen… ich weiß wie es geht …
 

Bis dann, Sam…
 

Ohne genau zu wissen warum, schlug ich das Buch zu, steckte es in meine Tasche und stürmte aus meinem Zimmer. Plötzlich gehetzt stolperte ich die Treppen hinunter. Es musste aufhören.
 

Es musste endlich aufhören…
 

„Und wieso bist du weggegangen?“, hörte ich Naruto sagen, als ich am Fuße der Treppe angekommen war. Vorher hatte er befreit gelacht. Er hatte seine Schüchternheit schneller überwunden als mir lieb war. „Ich konnte hier nicht bleiben. Hier erinnerte mich alles an meinen Vater und meine Mutter“, antwortete ihm Itachi. So ein Heuchler. Nur weil er nicht klar kam ließ er mich allein. Ein kleines Kind bei einer fremden Familie. Bei Leuten die sich nicht kümmerten. „Verstehe“, sagte Naruto. Seine verständnisvolle Stimme war ätzend. Unbeholfen riss ich meine Jacke von dem Kleiderständer. Ein wenig zu kraftvoll zog ich sie zu mir. Er wackelte bedrohlich und fiel mit einem lauten Krachen zu Boden. „Sasuke?“, rief Naruto aus dem Wohnzimmer. Mir war egal ob ich seine Aufmerksamkeit hatte oder nicht. Aufgebracht zog ich die Tür auf und rannte hinaus. „Sasuke?“, schrie er mir nach. Ich knallte die Tür gerade noch rechtzeitig vor seiner Nase zu und fing an zu laufen. Rannte weg, rannte fort, von ihm, von meinem tollen Bruder. Ich wollte einfach nur weg. Um zu vergessen.
 

Ihn zu vergessen…
 

Ich habe keine Sekunde daran gedacht zurück zu schauen, ob er mir folgt oder ob er mir nachsieht. Seinen unwissenden Gesichtsausdruck würde ich nicht mehr ertragen. Seine Fragen, seine Stimme, sein gutes Zureden machten mich fertig. Sie nahmen mir die Luft zum Atmen. Ich brauchte Kontrolle, über mich und mein Verhalten. Ich brauchte Ruhe vor diesem Schmerz. Ohne zu zögern rannte ich durch die Straßen. Meine Lungen schmerzten. Zogen sich zusammen, pressten die Luft aus meinem Körper. Ich keuchte vor Anstrengung. Ich war untrainiert und hab mich gehen lassen. Aber auch das war egal, unwichtig. Meine Beine bewegten sich automatisch in die Richtung des abgelegenen Bahnhofsgeländes. Jeder Muskel schmerzte und zerrte an meiner Kraft. Es würde aufhören. Bald, sehr bald.
 

Gestresst arbeitete ich mich durch die Menschenmassen. Wurde angerempelt und von einem Ort zum nächsten geschubst. Hatte keine Kraft mich dagegen zu wehren. Es war dumm jetzt hier her zu kommen. Ich war so dumm. Es war hell und der Bahnhof war mit Menschen voll. Panisch suchte ich die Treppe. Suchte den Weg nach oben zum Gleis. Alles sah so anders aus. Ich zitterte, schon wieder. Dieser innere Zwang es zu vergessen trieb mich voran. Abgekämpft erreichte ich die Steintreppe. Zog mich stolpernd am kühlen Metallgeländer nach oben. Der Pfeiler war da, nur kein schützender schwarzer Schatten. Auch hier standen Menschen. Tausende Menschen. Verzweiflung kroch in mein Bewusstsein. Ich hatte Tränen in meinen Augen. Ich war so dumm. Er war doch um diese Zeit nicht hier. Wir waren nicht verabredet. Das erste Treffen damals war Zufall. Gab es Zufälle häufiger?
 

Entkräftet hockte ich mich an den Pfeiler. Lehnte mich schwer atmend dagegen und zog meine Beine an den Körper. Ich musste ein erbärmliches Bild abgeben. Zitternd und kurz davor zu heulen ließ ich meinen Kopf auf meine Knie sinken. Selbst die starrenden Blicke der umstehenden Menschen waren mir egal. Auch daran war nur Naruto schuld. Ich wollte doch nichts sehnlicher als ihn endlich zu vergessen. In meiner Hosentasche vibrierte mein Handy. Als hätte ich es gewusst, Naruto würde mich so schnell nicht vergessen lassen. Er ließ mich nicht in Ruhe.
 

»Was ist los, Teme? Wo bist du hin? Du warst so komisch vorhin. Mach keinen Scheiß, Sasuke. Komm zurück! Itachi ist nicht so übel wie du glaubst. Er würde gerne mit dir reden und alles erklären, also bitte komm zurück«
 

Ohne zu Antworten steckte ich mein Telefon zurück in die Tasche. Sollten sie doch warten. Mir doch egal was sie in der Zwischenzeit taten. Ich wollte die weit hergeholten Erklärungen meines Bruders nicht hören. Wollte ihn nicht sehen. Nicht, seit Naruto so von ihm schwärmte. Kleine Tränen befeuchteten meine Hose und hinterließen dunkle, nasse Flecken. Gefühlt saß ich eine Stunde an dem steinharten Pfeiler, wäre beinahe vor Erschöpfung eingeschlafen, als mich eine Hand an meiner Schulter wieder wach rüttelte. Erschrocken sah ich auf. Zum ersten Mal konnte ich sein Gesicht sehen, das unter der dunkelblauen Kapuze immer verborgen blieb. „Schlechter Tag, hm?“, seine Stimme war dunkel und er hatte etwas Geheimnisvolles an sich. Seine dunklen Augenringe verliehen ihm einen einschüchternden Blick. Seine Haut war blass. Vereinzelte rote Haarspitzen kamen unter der Kapuze hervor. Ich nickte auf seine Frage und versuchte aufzustehen. Meine Knie waren schwach und zitterten noch immer. Unterstützend griff er unter meinen Arm und zog mich nach oben. Resignierend ließ ich zu das er mir half. Meine Ehre war mittlerweile sowieso im Eimer.
 

Das erneute Vibrieren in meiner Tasche ignorierte ich. Stattdessen wandte ich mich an den jungen Mann, der nicht wirklich so aussah als wäre er viel älter als ich. „Wie heißt du?“ Meine Stimme zitterte etwas und klang nicht annähernd so selbstsicher und fest wie ich es gewohnt war. „Ist das wichtig?“, gab er unbeeindruckt eine Gegenfrage von sich. Ich seufzte und lehnte mich mit dem Rücken wieder an den Pfeiler. Wischte mit der Hand meine feuchten Spuren aus dem Gesicht. „Nein ist es nicht, aber es wäre ein Anfang. Ich würde einfach nur gerne wissen, wer mich so gesehen hat“, redete ich und vermied es ihn dabei direkt anzusehen. Lieber beschäftigte ich mich kurz mit meinem Handy um Narutos neue Kurznachricht zu lesen.
 

»Sasuke warum antwortest du nicht? Wo bist du? Ich mach mir Sorgen. Melde dich bitte oder komm zurück… ich warte hier auf dich, Naruto«
 

Er machte sich also Sorgen. Warum? Seufzend sah ich nun doch auf. Traf auf die blassen Augen meines Gegenübers. „Sasuke“, erklärte ich knapp und reichte ihm meine Hand. Seine Lippen verzogen sich zu einem kurzen schiefen Lächeln. „Gaara“, er schlug in meine Hand ein und stellte sich anschließend wie immer direkt neben mich. Kurz huschte mein Blick zu meiner Hand. Was er mir in einem unbeobachteten Moment zugsteckt hatte erkannte ich. Mit ausdrucksloser Miene steckte ich es ihm zurück in seine Jackentasche. Verwundert sah er mich darauf an. „Das reicht nicht mehr“, beantwortete ich direkt seine Stumme Frage. Lange sah er mich an. Sein Gesicht blieb regungslos. „Nicht hier“, waren dann seine knappen Worte, bevor er sich abwandte und zu der Steintreppe lief. Ich blinzelte ihm kurz verwirrt hinterher und meinte ein leises „Ok“ gesagt zu haben, ehe ich ihm folgte. Sein tiefer Blick hatte was Fesselndes.
 

Schweigend führte er mich aus dem Bahnhof. Er lief schnell und richtete seinen Blick konzentriert nach vorne. Er sah nicht zurück, suchte nicht meinen Blick. Schien sicher zu sein das ich ihm folgen würde. Und damit hatte er recht. Nicht einmal das stumme Klingeln in meiner Hosentasche brachte mich davon ab Gaara zu folgen. Unser Weg führte über das heruntergekommene Gelände zu einer nicht weniger baufälligen, verlassenen Fabrikhalle. Geübt zog er die Eisentüren auf und verschwand im Inneren. Kurz zögerte ich, doch dieses penetrante Klingeln, welches mit großer Wahrscheinlichkeit Naruto verursachte, trieb mich an ihm auch dort hinein zu folgen. Er saß an einem kleinen Tisch. „Setz dich“, wies er mich an und zeigte auf einen alten, modrigen Holzstuhl. Ich beschwerte mich nicht und setzte mich. Es tat gut die kraftlosen Knie zu entlasten, obwohl dieser Stuhl mehr als unbequem war. „Also was willst du?“, fragte er und begann irgendwas aus seiner Jackentasche zu ziehen. Ich zuckte unwissend mit den Schultern. „Irgendwas das mich wirklich vergessen lässt.“ Er sah mich nur kurz an, dann grinste er und zog einige kleine durchsichtige Tütchen mit unterschiedlichem Inhalt hervor. Kleine bunte Pillen, aber sowas wollte ich nicht. „Ich will keinen Psychotrip, ich will vergessen. Will die Probleme die ich habe vergessen, verstanden?“, fuhr ich ihn an. Er blieb ruhig. „Bist du dir da sicher? Ist nicht ganz ungefährlich“, sagte er monoton ohne einen besorgten Tonfall anzuschlagen. „Ich bin mir der Risiken bewusst“, meinte ich gelassen und entspannte mich etwas mehr. „Gut“ Nach einem weiteren Griff in seine Jacke warf er mir ein Päckchen mit braunem Pulver entgegen. Fragend sah ich ihn an und betrachtete kurz darauf skeptisch das braune Zeug. „Heroin“, antwortete er auf meinen Blick hin. Ich verstand zwar jetzt was es war aber noch lange nicht was ich damit anfangen sollte. „Was mach ich damit?“ Abwesend sah er mich an, dann stand er auf und verschwand kurz hinter einer Ecke. Mit einem schwarzen Rucksack kam er zurück. „Ich zeig es dir. Bist du dir wirklich sicher das du das willst?“
 

„Wenn es hilft“, nickte ich. Er zog einen Löffel aus seinem Rucksack und anschließend ein altes Feuerzeug. „Du musst es aufkochen, flüssig machen und dann…“, er brach ab und zog eine steril verpackte Spritze aus seinem Rucksack. Nervös schluckte ich, zeigte ihm jedoch durch ein erneutes Nicken das ich ihm soweit folgen konnte. „Wie lange hält die Wirkung?“, fragte ich neugierig und starrte auf seine Hände, die gekonnt den kleinen Löffel hielten und das braune Pulver darauf verteilten. „Ungefähr 4 bis 6 Stunden“, sagte er knapp ohne seine Tätigkeit zu unterbrechen. Gebannt beobachtete ich wie er das Pulver erhitzte und es anschließend aufzog. Er hielt mir mit neutralem Gesichtsausdruck die Spritze vor die Nase. „Ähm“, machte ich unsicher und verkrampfte mich etwas auf meinem Stuhl. „Du scheinst da jemanden aber sehr wichtig zu sein“, bemerkte er das andauernde Klingeln in meiner Hosentasche. „Tse“, machte ich aufgebracht und hielt ihm im nächsten Moment meinen Arm hin. Auffordernd sah ich Gaara in die Augen. „Es könnte sein das dir ein wenig schlecht wird oder-“ „Mach einfach“, unterbrach ich ihn barsch und er befolgte. Der leichte Einstich der dünnen Kanüle war kaum zu spüren. Dafür aber die rasch einsetzende Wirkung. Schlagartig fühlte ich mich besser, befreit und unbeschwert, in gewisser Weise schwerelos. Das Leeregefühl, die Unsicherheit, alles war weg.
 

Ich grinste.
 

Gaara grinste.
 

„Und das ist der Flash“, erklärte Gaara und ich lehnte mich genießend zurück.
 

Mein verloren gegangenes Selbstbewusstsein war wieder da. Ich war wieder Herr über meinen Körper. Fühlte mich wieder richtig. Plötzlich motiviert nahm ich sogar Narutos erneuten Anruf entgegen.
 

„Jo, Naruto, was ist?“, fragte ich unbeschwert und hörte das Naruto am anderen Ende erleichtert ausatmete. „Verdammt Teme, wieso hast du dich nicht schon früher gemeldet? Ich habe geschätzte 6-mal angerufen und geschrieben habe ich dir auch“, echauffierte sich Naruto. „Keine Ahnung. Hab ich wohl nicht gehört“, meinte ich nur und sah Gaara an, der mich aufmerksam musterte. „Wo steckst du? Ich kann dich abholen, wollte sowieso noch mit dir reden“ „Ne lass mal, ich hab noch was vor. Komme danach nach Hause. Du musst nicht warten. Bis dann Naruto. Ich muss Schluss machen“, ohne auf seine Antwort zu warten drückte ich auf den roten Knopf und ließ mein Handy wieder in meiner Hosentasche verschwinden.
 

„Du hast also noch was vor?“, bemerkte Gaara, während er erneut etwas von diesem braunen Pulver auf seinem Löffel zubereitete. „Nö“, entgegnete ich gelassen und lehnte mich im Stuhl zurück. Hatte total vergessen wie unbequem dieser zu Beginn noch war. „Warum hast du das dann behauptet?“, fragte er. In seine Stimme hatte sich ein leicht Interesse heuchelnder Ton gemischt. Ich grinste ihn immer noch schief an. „Mir war danach.“ Meine Augen schließend genoss ich einfach das wundervolle Glücksgefühl in meinem Körper. „Also, wie viel willst du?“ Schon als der erste Ton seine Lippen verlassen hatte, öffnete ich halb meine Augen. Dann zog ich in einer fließenden Bewegung mein Geld aus der Tasche und warf es ihm entgegen. Einen Moment sah er mich ungläubig an, bis sein Gesicht wieder die kalten, unergründlichen Züge annahm. „Der Rest gehört dir“, meinte er mit einem leicht traurigen Lächeln, nachdem er die feine Kanüle an seinem Arm angesetzt hatte und nun ebenfalls dieses berauschend schöne Gefühl spüren konnte.
 

Das glaubte ich jedenfalls. Mir war gar nicht bewusst, dass sein trauriges Lächeln einen Grund hatte.
 

Meine Hand streckte sich automatisch dem braunen Zeug entgegen und meine Finger umschlossenen ehrfürchtig das kühle Plastik. Schneller als ich blinzeln konnte befand sich alles in meiner schützenden Hosentasche. Kurz seufzte ich wohlig und glücklich, dann stand ich auf und schlenderte zu der großen Eisentür. „Warte mal“, rief Gaara von hinten. Er sah aus seinen trüben Augen zu mir. „Ich will mich morgen mit ein paar Leuten treffen. Haste vielleicht Bock mitzukommen?“ Ohne lange drüber nachzudenken antwortete ich. „Klar, warum nicht? Wann und wo?“ Mit einem Fuß immer wieder ungeduldig auftretend sah ich Gaara abwartend an. „Gib mir deine Nummer. Ich melde mich dann bei dir“, sagte er und hielt einen Zettel und einen Stift in der Hand. Leichtfüßig ging ich zum Tisch zurück und schrieb ihm meine Nummer auf, während er das Selbe tat. Ein letztes Mal grinsten wir uns an, bis ich endgültig durch die schweren Türen trat und meinen Weg nach Hause ansetzte.
 

Den ganzen Weg über fühlte ich mich leicht. Mir war egal ob ich gleich auf Naruto oder Itachi treffen würde. Es interessierte mich nicht. Da war zum ersten Mal seid langem kein starkes Herzklopfen mehr, kein unstillbares Verlangen, kein zerreißendes, verbrennendes Begehren. Ich fühlte nichts. Nur mein eigenes Wohlbefinden. Ich lächelte unbeabsichtigt alle Menschen an, die an mir an diesem Tag vorbei liefen. Ob ich sie nun kannte oder nicht. War ja auch völlig egal. Sollten ruhig alle wissen wie gut ich mich fühlte. Vier bis sechs Stunden hatte Gaara gesagt. Das klang irgendwie wunderbar. Traumhaft schwamm ich mit der Zeit und ließ mich zwischen den Menschen durch die Stadt treiben. Die Zeiger der Uhren standen still. Es war ein Moment in völliger Zufriedenheit. Der auch noch anhielt als ich die Tür zu meinem Elternhaus öffnete. Von innen hörte ich ihre Stimmen. Sie redeten über mich. Ich gab mir nicht die Mühe sie zu belauschen. Völlig unwichtig was ihre Worte ausdrückten. „Bin da“, kündigte ich mich laut an und sah in zwei besorgte Gesichter, die mich aufmerksam musterten. „Was ist?“, fragte ich daraufhin und Naruto stand nach zwei großen Schritten genau vor mir. Ich empfand nichts. Alles in mir war ruhig und entspannt. „Sasuke? Wo warst du? Ich hab mir echt Sorgen gemacht. Außerdem warst du am Telefon so komisch. Nein, du bist es immer noch“, redete Naruto gleich drauf los. Mit hochgezogener Augenbraue ließ ich seine Rede teilnahmslos über mich ergehen. „Alles easy Naruto. Ich geh nach oben. Bin müde“, erklärte ich knapp und schlug Naruto einmal freundschaftlich auf die Schulter. „Aber…“, wollte er beginnen doch ich war schon auf halber Höhe der Treppe. „Bis morgen“, rief ich noch nach unten und versschwand kurz darauf in meinem Zimmer. Zog mein Tagebuch hervor und legte es auf den Tisch, zusammen mit dem wertvollen Pulver.
 

Mittwoch, 07.09.2011 - 09:00 Uhr
 

Sam?
 

Weißt du wie es ist richtig high zu sein? Hast du davon eine Ahnung?
 

Ich schon…
 

High zu sein ist wie Himmel und Hölle zusammen.
 

Am Anfang schwebst du, bist dem Himmel zum greifen nahe. Kannst dieses wunderbar helle Blau fast fühlen. Willst mehr, immer mehr. Willst auf diesen weißen Wolken laufen und weiter gehen. Willst nicht mehr aufwachen …
 

Die Erde ist so nüchtern. Der Regen, die Sonne, der Wind, das Alles ist so langweilig, unwichtig. Langeweile ist beschissen…
 

Aber der Traum endet. Früher als du willst. Du stehst auf angebrochenem Eis. Es knackt und bricht. Die dünne Schicht reißt auf. Du fällst, stürzt hinab in die Tiefe. In die Dunkelheit der Hölle.
 

Farben gibt es nicht mehr. Da ist nur noch dein eigenes Unwohlsein. Übelkeit und Zittern. Mein Körper brennt, meine Muskeln wehren sich gegen jede körperliche Anstrengung mit einem ziehenden schmerzen.
 

Es war ein Ausweg, ein wundervoller Moment ohne Gefühl, ohne Sorgen!
 

Kann ich aufhören?
 

Mir ist schlecht.
 

Augenblicklich ließ ich den Stift fallen, der gleich darauf mit einem dumpfen Klirren auf dem Boden aufschlug. Von drängender Übelkeit ergriffen rannte ich aus meinem Zimmer. Ließ das Tagebuch aufgeschlagen zurück und stolperte die Treppe hinunter. Getrieben von diesem unbekannten mulmigen, flauen Gefühl in meinem Magen erreichte ich das Bad. Lief direkt an dem erstaunten Gesichtsausdruck meines Bruders vorbei, der wohl gerade ebenfalls selbst auf dem Weg in das Badezimmer war. Seinen fragenden Bick spürte ich überdeutlich in meinem Nacken. Diesen jedoch ignorierend riss ich die Tür auf und beugte mich über die Toilettenschüssel. Mit zitternden Armen und Händen stützte ich mich ab, während ich laut meinen wenigen Mageninhalt wieder ans Tageslicht beförderte. Schweißtropfen standen mir auf der Stirn. Ich konnte sie fühlen, wie sie vereinzelnd meine Schläfen hinunter wanderten. Keuchend hockte ich auf dem Boden. Zitterte unkontrolliert am ganzen Körper. Bedenkenlos lauschte ich Itachis entfernenden Schritten. Dachte mir nichts weiter, als er die Treppe hinauf stieg. Schließlich war oben noch ein Bad. Immer wieder würgte ich und zog nur ab und zu tief die neue, frische Luft in meine Lungen. Im Grunde atmete ich zunehmend flacher und seltener ein.
 

Gegen den Drang, mich erneut zu Übergeben ankämpfend, verweilte ich im Bad. Lehnte mich an die Fliesen und versuchte bewusster einzuatmen. Nur das Zittern blieb. Krampfhaft ballte ich meine Hände zusammen und unterdrückte dieses unkontrollierte Zeichen von Schwäche. Es gelang mir nur mäßig. Irgendwann drängte sich auch die Erkenntnis in meinen Verstand das Itachi nicht wieder herunter kam. Auch seine Zimmertür hatte ich nicht zuschlagen gehört. Ich wusste, dass Itachi die Angewohnheit hatte diese immer so laut wie möglich zu schließen. Aber dieses Geräusch blieb aus. Ich schloss meine Augen. Glaubte das schwarze Tagebuch zu sehen und riss sie erschrocken wieder auf. Panisch stürmte ich aus dem Bad und rannte die Treppe hinauf. Meine Zimmertür war nur leicht angelehnt. Ohne Vorwarnung riss ich diese auf und starrte mit schockgeweiteten Augen auf meinen Bruder, der mich ebenfalls mit entsetztem Blick ansah. In seinen Händen hielt er das Buch, das noch immer den letzten Eintrag zeigte. Wütend entzog ich es seinem Griff und hielt es schützend in meinen Händen. Ich war mir sicher, dass er nur den letzten Eintrag gelesen hatte. Diesen wahrscheinlich mehr als nur einmal. „Was suchst du hier? Das ist mein Zimmer! Und verdammt nochmal mein Eigentum an dem du dich vergreifst!“, schrie ich ihm meine Wut entgegen. Er sah mich ruhig an. Seit er wieder hier war, hatten wir noch kein einziges Wort miteinander gewechselt. Weitestgehend bin ich ihm erfolgreich aus dem Weg gegangen. Das ich damit seine Neugierde auf mein Leben geweckt hatte wurde mir jetzt schmerzlich bewusst.
 

„Sasuke?“, sprach er mich ruhig an. Seine Stimme erweckte den längst verdrängten Zorn. „Was? Willst du mich belehren? Willst du mir helfen? Verschwinde einfach wieder, Itachi“, ich spuckte ihm seinen Namen entgegen als wäre es der letzte unwürdige Dreck. Er ließ meine Worte ohne irgendeine äußerliche Betroffenheit über sich ergehen. „Was hast du genommen?“, fragte er und blieb einfach ungerührt in meinem Zimmer stehen. Ungläubigkeit zeichnete sich in meinem Gesicht ab. „Ich wüsste nicht was dich das angeht!“, rief ich ungezügelt und machte den Weg frei, in der Hoffnung Itachi würde verstehen und endlich aus meinem Zimmer verschwinden. Vielleicht sogar endlich aus meinem Leben. Doch er blieb. Sah mich nur aus seinen emotionslosen Augen an. „Ich bin immer noch dein Bruder“, meinte er dann in einem Ton, der einem besorgten Vater ähnlich war. Ich schnaubte abfällig. „Als ob dich plötzlich alles interessieren würde. Woher kommt denn dein plötzliches Interesse an mir und meinem Leben? Früher, als du ohne eine Erklärung abgehauen bist, war es dir doch auch egal.“ Meine Stimme zitterte leicht unter der Last meiner aufgebrachten Stimmung. Ich hatte das Gefühl meine spröden, trockenen Lippen würden mit jedem weiteren Wort das über meine Lippen kam aufreißen.
 

Meinen Bruder demonstrativ ignorierend ging ich auf mein Bett zu und setzte mich. Ich war erschöpft. Versuchte mir dies jedoch solange nicht anmerken zu lassen wie Itachi noch in meinem Zimmer verweilte und mich beobachtete. „Was ist? Willst du nicht endlich verschwinden?“, fuhr ich ihn erneut gereizt an. Dieses Mal seufzte er leise auf. „Sasuke, ich verstehe ja das es nicht einfach war für dich. Aber für mich auch nicht. Es war nicht annähernd so leicht für mich dich allein zu lassen wie du anscheinend glaubst. Ich habe nicht gewusst wie sie zu dir waren“, begann er seine Erklärung. Jedes seiner Worte ging zu einem Ohr rein und zum anderen wieder hinaus. „Du hast dich aber auch nicht bemüht es herauszufinden. Ich war dir egal. Jetzt brauchst du auch nicht mehr ankommen um dich besser zu fühlen, weil du glaubst etwas gut machen zu müssen. Dafür ist es zu spät.“ Ich legte mich auf mein Bett und starrte an die Decke. „Es tut mir leid, Sasuke“, sagte er aufrichtig. Man konnte die Ehrlichkeit aus seinen Worten heraus hören. Aber sie berührten mich nicht. Sie ließen mich kalt. „Er macht sich wirklich Sorgen um dich. Er hatte mir erzählt, dass du dich verändert hättest. Er vermisst dich Sasuke. Er meinte, er vermisse seinen besten Freund!“ Schweigend lauschte ich seinen Worten. Sie versetzten mir einen gnadenlos heftigen Stich ins Herz. Itachi hatte genauso viel Ahnung von meinen Gefühlen wie Naruto.
 

Gar keine!
 

Sie wussten nichts. Sie ahnten nichts.
 

Glaube ich…
 

Langsam spüre ich, wie sich die kalte Einsamkeit ausbreitete, wie von einer anderen Welt.
 

Sie war da und doch unerwünscht.
 

Schluckend betrachtete ich die Zimmerdecke. Noch immer war Itachi anwesend, doch ich bemerkte ihn nicht mehr. Ich war viel zu sehr damit beschäftig an Naruto zu denken. An seinen verletzten Gesichtsausdruck den er gestern gezeigt hatte, als ich ihm gegenüber stand. Gestern hatte ich es nicht bemerkt, dafür jetzt. Von mir unbemerkt liefen mir Tränen über die Wangen. Die Matratze meines Bettes senkte sich leicht und ich spürte Sekunden später eine Hand in meinem Gesicht. Verwundert sah ich auf und traf auf Itachis besorgte Augen. Sanft strich er mit dem Daumen die salzige Flüssigkeit weg. „Sasuke, was auch immer du genommen hast, hör auf damit. Es wird dir nicht helfen“, meinte er, doch ich schüttelte nur schwach meinen Kopf. „Du hast keine Ahnung. Mir kann gar nichts mehr helfen“, gab ich leicht verzweifelt von mir. Itachi runzelte darauf verwirrt aber mitfühlend seine Stirn. „Ich weiß, dass ich sehr viel verpasst habe und, dass ich wahrscheinlich nicht der richtige bin, dem du bedenkenlos alles anvertrauen kannst. Aber Sasuke, du bist nicht allein. Merk dir das. Ruf Naruto an und rede mit ihm. Er will für dich da sein und du lässt ihn nicht. Ich glaube er vermisst dich wirklich.“ Kurz sah ich Itachi direkt an. „Lass mich allein“, bat ich kühl und bestimmend. Ich wollte nicht mehr reden. Wollte nicht mit ihm über etwas reden von dem er keine Ahnung hatte. Nur ganz dezent versuchte mein Bruder ein Lächeln. Es war alles andere als gleichgültig. „Ich vermisse dich auch“, flüsterte er leise, als er im Türrahmen stand und verließ erst danach mein Zimmer. Ungewohnt leise schloss er meine Tür und ließ mich allein.
 

»Hey Dobe. Tut mir leid… Habe mit Itachi gesprochen. Alles geklärt…«
 

Auch wenn ich wusste, dass noch lange nichts geklärt war mit meinem Bruder, schrieb ich diese Worte an Naruto. Es beruhigte mein schlechtes Gewissen ihn irgendwie verletzt zu haben.
 

»Freut mich. Warum bist du schon wieder nicht in der Uni? Treffen wir uns später?«
 

Lange dachte ich über die richtigen Worte für eine Antwort nach. Es fiel mir nicht leicht mich zu entscheiden. Auf der einen Seite wollte ich ihn sehen und ihm endlich alles sagen. Aber auf der anderen Seite wollte ich es nicht, weil ich Angst hatte ihn dann ganz zu verlieren. So blieb mir wenigstens noch der Versuch eine Freundschaft aufrecht zu erhalten, die mit jedem weiteren Tag mehr Risse bekam. Ich würde verlieren.
 

Alles!
 

»Mir geht es nicht gut. Ich fühl mich nicht. Kein Treffen heute, bin zu müde. Melde mich bei dir«
 

Ohne seine Antwort zu lesen legte ich das Handy zur Seite. Stand unter krampfartigen Schmerzen auf und lief zu meinem Schreibtisch. Das Versteck war genial. Unauffällig und doch so einfach. Ich holte den kleinen Messingschlüssel aus meiner Hosentasche und schloss die Schublade auf. Das braune Pulver lag nach wie vor, in seinem schützenden Mantel aus Plastik, darin. Zusammen mit den Einwegspritzen die ich gestern noch beiläufig auf meinem Heimweg besorgt hatte. Bevor ich mir nahm was ich brauchte verriegelte ich meine Zimmertür. Sicher war sicher.
 

Warum machte ich das jetzt?
 

Weil es mich vergessen ließ. Weil es alles verdrängte, was mir Schmerzen bereitete.
 

Weil es der Ausweg war und gleichzeitig die Tür ins größte Verderben.
 

Vergiss ihn!
 

Vergiss Naruto!
 

Vergiss die ganze Welt. Sie kotzt nur an und sieht dein Elend nicht!
 

Sonntag, 18.09.2011 - 02:00 Uhr
 

Sam?
 

Es tut mir leid. Ich habe versagt. Kläglich versagt!
 

Wollte aufhören und werde es nicht schaffen. Ich verliere mich. Es fehlt nicht mehr viel und ich bin nur noch ein jammernder Schatten meines Selbst. Ich verliere allmählich den Bezug zur Realität, obwohl ich genau mitbekomme was ich tue. Ich weiß, dass ich mich zerstöre. Bin mir bewusst über den Verlust…
 

Ich verabscheue, ich verachte, ich leide…
 

Sam, ich fange an mich zu hassen.
 

Kann diesem Drang nicht widerstehen. Kann die Sehnsucht nach Naruto nicht mehr ertragen. Will den Schmerz nicht mehr spüren. Kann ohne nicht mehr vergessen!
 

Ich verliere, Sam!
 

Versinke immer mehr im Sumpf von unterdrückten Gefühlen. Werde auf den Boden gedrückt und festgehalten. Kann mich nicht wehren. Bin kraftlos und schutzlos meiner Schwäche ausgeliefert. Ich kann nicht kämpfen.
 

All die Wut, Verzweiflung, Angst und dieses brennende Begehren … ich halte es nicht mehr aus. Alles zieht mich runter. Tiefer, immer tiefer. Näher an den Abgrund. Näher an mein Ende.
 

Warum hilfst du mir nicht, Sam?
 

Du wolltest doch helfen…
 

Hilf mir Sam! Bitte!
 

Hol mich da raus. Hilf mir!
 

Sonntag, 18.09.2011 – 02:30 Uhr
 

Du bist nicht real, Sam!
 

Und doch hast du mir versprochen zu helfen … Habe ich mir das nur eingebildet? Nein, oder?
 

Es ist so schwer. Scheiße… alles ist scheiße…
 

Ich habe verloren. Ich kann nicht mehr aufhören.
 

Zittern, Brennen, Schwindel, Übelkeit, nichts hält mich auf. Nichts hält mich davon ab, mir den nächsten Schuss zu geben, der mich für die nächsten viel zu schnell verstreichenden Stunden von meinem Schmerz befreit.
 

Ich brauche es! Ohne kann ich nicht mehr leben.
 

Leben?
 

Wann habe ich jemals richtig gelebt? Ich habe es vergessen.
 

Es wirkt…
 

Ein wenig mehr Zeit. Ich brauche ein wenig mehr Zeit, Sam.
 

Aufhören… ich muss aufhören, dass weiß ich.
 

Aber ich kann nicht.
 

Ich bin verloren…

Ich ignoriere dich, dann vergesse ich dich!

Nichts ist wie früher.
 

Auch der Kick nicht.
 

Nicht mehr als ein müder Flash.
 

Das Glück verlässt mich…
 

Du kennst dein Schicksal.
 

Weißt wie es enden wird und kannst trotzdem nicht aufhören.
 

Die anfängliche Euphorie bleibt aus. Der Flash und die Schwerelosigkeit werden zur Nebensache.
 

Die Sucht besitzt deinen Körper und herrscht über dein Handeln.
 

Du steuerst in eine Richtung, in der dich nur eines erwartet.
 

Der Tod!
 

Ich ignoriere dich, dann vergesse ich dich!
 

Die Mittagssonne erhellte mein Zimmer. Schien direkt auf mein Bett und mir somit ins Gesicht. In normalem, geistesgegenwärtigem Zustand hätte ich mich weggedreht oder hätte die Vorhänge zugezogen. Aber momentan empfand ich weder Abneigung gegen diesen hellen, heißen Sonnenschein, noch Zuneigung zu irgendeiner Tätigkeit. Ich war in einem erbärmlichen Zwischenstadium. Mein Körper sehnte sich nach dem berauschenden Glücksgefühl, das mit jedem weiteren Schuss mehr in den Hintergrund trat. Immer wieder fing er an seinem Verlangen Ausdruck zu verleihen. Noch war es ein leichtes, unruhiges Zittern meiner Finger, während mein restlicher Körper schwach und ausgelaugt auf dem Bett lag.
 

Wie lange lag ich jetzt hier?
 

Wie viel Zeit war vergangen?
 

Eindeutig zu viel Zeit.
 

Zu lange lag ich untätig rum und lauschte dem leisen Ticken der Uhr. Hin und wieder spürte ich das schwache Vibrieren meines Handys, das neben mir auf dem Bettlaken lag. Müde wandte ich mich dem leisen brummenden Geräusch zu. Starrte es aus tränenden Augen an und drehte meinen Kopf wieder weg, zur weißen Zimmerdecke. Wie im Flug rauschten die Minuten lautlos an mir vorbei. Unten knallte Itachi gerade laut die Haustür zu. Entweder er war gerade von einer aufregenden Nacht Heim gekommen, oder aber er hatte soeben unser Elternhaus verlassen. Ich wusste es nicht. Und es interessierte mich auch nicht. Für mich gab es kein reales Zeitempfinden mehr. Nicht mehr, seid ich wusste was Itachi getan hatte. Wie weit er gegangen war. Sein mitfühlendes Gerede vor wenigen Wochen war nichts weiter als eine leere Lüge gewesen. Ein vorgeheucheltes Verhalten um mein Vertrauen zu bekommen. Es war vor drei Wochen. Seid dem ging es kontinuierlich Berg ab. Mit mir und meinem Leben. Unter erheblicher Anstrengung rutschte ich aus meinem Bett. Schleppte mich zu meinem Schreibtisch und ließ mich genauso schwerfällig wieder auf den Stuhl fallen, wie ich aus meinem Bett aufgestanden war. Alles schmerzte, aber mein Verstand war einigermaßen klar. Auf dem Tisch lag das schwarze Tagebuch. Sam war immer da. In den letzten Wochen war er zum wichtigsten Objekt in meinem beschissenen Leben geworden. Es gab erschütternde Einträge, die selbst mir jedes Mal erneut die Tränen in die Augen trieben.
 

Samstag, 30.09.2011 - 23:00 Uhr

Sam!
 

Warum ist in mir alles so still, so leer?
 

Es fühlt sich tot an…
 

Tödlich leer!
 

Tödlich still!
 

Ich will schreien. Laut und kräftig schreien um diese unangenehme, bedrückende Stille loszuwerden. Sie hat sich in meinem Körper festgesetzt und lässt mich nicht los. Ich will schreien. Gegen diese Stille anschreien!
 

Aber ich bleibe stumm. Kein einziges Wort verlässt meine Lippen. Nicht einmal ein leises Flüstern oder Hauchen. Meine Lippen bleiben verschlossen.
 

Selbst wenn ich es könnte, wenn ich wirklich schreien könnte, würde es niemand hören! Niemand ist da und hört mich. Nur du, Sam. Aber du kannst nicht helfen, richtig?
 

Sie sind so blind. Alle sind sie blind. Sehen nichts, hören nichts, sagen nichts. Ich könnte wild und unkontrolliert um mich schlagen und ihnen direkt ins Gesicht schreien, und sie würden nichts bemerken.
 

Ihre Anteilnahme wäre so falsch wie das Spielgeld bei Monopoly. Sie können nichts gegen mein fortschreitendes Verderben tun. Es ist sowieso zu spät, um zu reden. Es macht keinen Sinn mehr. Ich bin dabei von Innen heraus zu sterben…
 

Das war mein letzter geschriebener Eintrag, vor ein paar Stunden. Nichts hatte sich seither an diesem Gefühl in mir geändert. Ich fing stattdessen an heftiger zu zittern. Mir war schrecklich kalt und kühler Schweiß bildete sich auf meiner Stirn. Die Übelkeit kroch in meinen Magen. Ich glaubte meine Eingeweide zu spüren, wie sie sich alle nacheinander krampfartig zusammenzogen. Mit zitternder Hand fuhr ich mir über die gereizten Augen. Sie brannten wie Feuer. In meinen Ohren rauschte es, wie ein donnernder Wasserfall. Das Paradies war schön. Aber nur so lange, wie es die Wirkung der Droge einem vorgaukelte.
 

Das Paradies war nichts weiter als eine weitere Lüge in meinem Leben.
 

Ich zwang mich regelrecht den Drang erneut nach dem erlösenden Pulver zu greifen zu ignorieren und versuchte mich mit meinen geschriebenen Einträgen abzulenken. Ich blätterte ein paar Seiten zurück. Genau zu dem Tag, an dem ich herausfinden musste wie falsch und verlogen mein eigener Bruder doch war. Dabei hatte er nichts Verbotenes getan. Aber sein Verhalten versetzte mir eine weitere tiefe Narbe in meinem Herzen. Es war ein langer Eintrag. Hin und wieder wirkten die Worte zittrig und ungeschickt geschrieben. An einigen Stellen wellte sich das Papier. Ich hatte geweint. So wie das erneute Lesen dieser Worte wieder Tränen in meine überempfindlichen Augen trieb. Heiß und brennend stand die Flüssigkeit in beiden Augen. Mein Blick für Sekunden unklar und verschwommen. Die Buchstaben wurden unleserlich, als sich einzelne Tropfen lösten und auf die aufgeschlagene Seite fielen. Schnell versuchte ich die Tränen wegzuwischen und machte damit alles nur noch schlimmer. Ich hatte die Tinte verwischt. Der Anfang war nicht mehr klar zu lesen. Aber dieser war auch nicht sonderlich spektakulär gewesen. Dafür die darauf folgenden Worte. Ich las es mir erneut durch, während weiterhin neue Tränen über meine eingefallenen Wangen liefen. Sie versiegten nicht.
 

Donnerstag, 08.09.2011 - 14:30 Uhr
 

Hörst du auch diese Stimmen, Sam? Hörst du sie? Sie kommen vom Flur. Sind ganz nah. Sie sollten nicht hier sein. Ich sollte sie nicht hören, weil ich auch nicht hier sein dürfte. Niemand sollte hier sein! Ich muss leise sein, darf mich nicht verraten. Würde nur Fragen aufwerfen und anschließend keine Antworten finden. Sie denken, ich wäre nicht hier. Sie wissen nicht was sie anrichten. Sie glauben, ich sei unterwegs. Das hatte ich Naruto geschrieben, als er mich fragte, ob er mich besuchen kommen konnte.

Sam, du hörst die Stimmen nicht, oder? Aber ich kann sie hören, jedes Wort was sie sagen kann ich verstehen. Du aber leider nicht.
 

Oh Sam, ich erkenne diese Stimmen. Ich weiß zu wem sie gehören.
 

Eine gehört meinem Bruder. Sie ist so tief und doch sehr angenehm. Für andere, für Naruto, ist sie wahrscheinlich richtig anziehend. Was auch erklären würde, weshalb er jetzt hier war, obwohl er doch denken musste ich sei nicht hier. Aber er will auch nicht zu mir. Das verrät mir seine Stimme. Ihm gehört die zweite. So hell und klar. Reizvoll und melodisch. Immer schwang diese lebensfrohe Euphorie und Begeisterung in ihr mit. Immer. Es gab selten Ausnahmen. Jedes Wort strahlte Elan und Entzückung aus. Diese Stimme gehört Naruto.
 

Oh Sam, ich wünschte du könntest sie hören. Sie ist so schön. Vielleicht würde sie dir auch den Verstand rauben und du könntest mich dann besser verstehen.
 

Ich wurde gequält. Jeden Tag durchlebe ich unendliche Qualen. Meine Seele leidet. Ich blute… Zerfließe im Selbstmitleid.
 

Mein Herz hat seine Stimme auch erkannt. Es schlägt, schlägt und schlägt. Immer heftiger.
 

Es pocht. Wild, heftig, fast schmerzhaft. Es pocht. Warum, Sam? Warum reagiert es so stark auf seine Stimme. Auf seine Worte, die es zerreißen. Sie zwingen es grade zum vernichtenden Stillstand. Es schmerzt. Was er sagt tut weh.
 

Willst du wissen was er sagt? Willst du wissen worüber sie reden? Willst du hören, was ich höre? Ich werde es dir sagen. Sam, es schmerzt!
 

„Schlaf mit mir, Itachi!“, meint Naruto. Er klingt sicher und selbstbewusst. Ungefähr so wie damals bei mir. Seine Stimme enthält nicht die Verliebtheit, die ich von ihm erwartet hätte. Wieso, Sam? Wieso? Braucht er es so dringend? Will er einen Vergleich. Will er wissen, worin der Unterschied zwischen mir und meinem Bruder liegt? Ist es der Reiz? Ein Kick, weil es mein Bruder ist? Wieso kann ich ihn nicht verstehen?
 

Itachi schweigt und fängt dann plötzlich an zu Kichern. Ich hasse dieses Geräusch. Ich hasse es, weil er es früher auch immer getan hatte, wenn ich etwas Unreifes und Unüberlegtes gesagt hatte. Er nahm nichts ernst. Nie hörte er zu und versuchte zu verstehen was andere wirklich von ihm wollten. Naruto schnaubte verächtlich. Ich weiß warum. Er konnte es genauso wenig leiden wie ich. Er mochte es nicht, wenn man ihn auslachte. Hatte er noch nie. Er hasste es, wenn man ihn nicht ernst nahm, ihn verspottete und verhöhnte.
 

„Was stellst du dich so an Itachi? Sasuke hatte damals auch keine Probleme damit.“
 

Das war gelogen! Sam, bitte glaube ihm das nicht. Naruto verdreht die Tatsachen. Es war nicht meine Idee und ich habe es nicht so bedenkenlos getan, wie er es gerade darstellte. Er ist unsicher und gekränkt, weil Itachi nicht sofort auf seinen Vorschlag eingegangen ist. Da ist dieser Unterton in seiner Stimme. Kaum hörbar. Aber ich kenne ihn lange genug um mitzubekommen wann Naruto um Selbstbeherrschung kämpft. Er spielte ein Spiel. Und mit Itachis nächster Antwort würde er gewinnen oder verlieren.
 

„Ehrlich? Mein Brüderchen hat sich einfach so darauf eingelassen?“, auch wenn er versuchte seine Stimme auf desinteressierter Ignoranz zu halten, schaffte er es nicht gänzlich den amüsierten Ton zu verstecken. Naruto antworte prompt. Spielte gezielt seinen letzten Trumpf aus. „Klar doch! Sasuke ist eben nicht so ein Spießer wie alle immer denken. Gegen eine Menge Spaß hatte selbst Sasuke nichts mehr einzuwenden.“
 

Er war unglaublich. Warum machte er das?
 

Er benutzte mich, oder Sam? Er benutzte mich, um an meinen Bruder ranzukommen!
 

Er hatte gewonnen!
 

Von Itachi folgte nur noch ein kurzes nachdenklich ausgesprochenes „Gut“ und anschließend war es still. Eine Tür viel zu. Laut, unverkennbar Itachis Zimmertür.
 

Stöhnen… Sein Stöhnen oder das von Itachi. Ich hab keine Ahnung. Ich kann nicht mehr unterscheiden welches Stöhnen zu wem gehört. Mit einem Mal hört es sich so fremd an. Nicht mehr so wie es bei mir immer war. Nicht besser, aber auch nicht schlechter. Es war einfach nur ein Stöhnen.
 

Wie ich mich jetzt fühle? Leer…
 

Verlassen und verraten! Nur von wem oder was?
 

Verlassen von meinem besten Freund, der nicht wusste was ich für ihn empfand?
 

Verraten von meinem Bruder, der es mit meinem Freund trieb, und nicht wissen konnte was ich fühlte?
 

Sam… Ich will die Augen schließen und vergessen.
 

Wenn ich die Augen zu mache, verlässt mich mein Unglück.
 

Ich weiß jetzt was schief gelaufen ist. Ich weiß, wo der Fehler liegt.
 

Er war es! Er ist schuld. Nur er ist daran schuld, dass es so gekommen ist.
 

Es war seine Idee! Seine bescheuerte Idee!
 

Er wollte Sex. Er wollte Spaß. Er hat nicht nachgedacht!
 

Überredet hat er mich. Lange hatte Naruto auf mich eingeredet. Mir in ausschweifender Erklärung die Vorteile aufgezählt. Irgendwann hatte ich dann keine andere Wahl mehr. Ich gab nach und ließ mich auf ihn ein. Weißt du was das Schlimmste ist? Ich kann es nicht bereuen…
 

Ich kann den Sex, den wir hatten, nicht bereuen.
 

Ich kann auch nicht bereuen, dass ich mich in ihn verliebt habe.
 

Aber ich bereue, dass die Freundschaft kaputt geht. Ich bereue, dass ich ihm nicht ehrlich sagen kann was ich fühle, was mich belastet. Ich bereue, dass ich den Schmerz verdränge, dass ich ihn abschalte und dafür den falschen Weg einschlage.
 

Sei nicht böse auf mich, Sam.
 

Verachte mich nicht. Verabscheue mich nicht.
 

Ich bin doch nur schwach. Zu schwach um widerstehen zu können.
 

Ich bin schwach!
 

Aber ich werde dir versprechen, dass ich aufhören werde. Ich werde mich bessern. Ganz bestimmt. Aber jetzt schließe ich die Augen …
 

Mittlerweile war es früher Nachmittag. Die Schmerzen wurden allmählich unerträglich. Wenn ich so darüber nachdenken würde, könnte ich sagen, dass ich meinen seelischen Kummer durch viel schlimmeren körperlichen Entzugsschmerz verdränge. Aber da steckt so viel Ironie drin, dass es schon fast zum Lachen wäre, wenn mir nicht zum Heulen wäre. Ich konnte nicht mal mehr klar entscheiden, warum ich zu der Nadel griff die auf meinem Schreibtisch lag. Die unerfüllte Liebe zu Naruto war wahrscheinlich nur der Auslöser, aber noch lange nicht der Grund für mein fehlerhaftes Handeln. Mein Verstand riet mir zu der Droge, die mich von meinem Leid befreien sollte und würde. Das tat sie wirklich, nur wirkte sie längst nicht mehr so schön wie zu Beginn.
 

Jetzt erst verstand ich Gaaras trauriges Lächeln. Doch jetzt war es zu spät.
 

Seufzend legte ich Löffel und Feuerzeug zurück in die Schublade. Auch der klägliche Rest des braunen Pulvers folgte. Blieb in der Dunkelheit verborgen vor neugierigen Blicken. Es dauerte nicht weniger als eine Viertelstunde. Lächerliche 15 lange Minuten saß ich auf meinem Stuhl, den Kopf in den Nacken gelegt und die Augen abwartend geschlossen, bis der Schmerz, das Zittern, die Unruhe und die Angst verschwand. Das Rauschen in meinen Ohren verstummt und das Brennen in meinen Augen erloschen.
 

Nur 15 Minuten!*
 

Eine Ewigkeit!
 

Durch Müdigkeit geplagt erhob ich mich von meinem Stuhl und schmiss das Tagebuch in hohem Bogen unbeachtet auf mein Bett. Dort ließ ich es einfach liegen, um mir selbst erstmal frische Kleidung anzuziehen. Erst als ich meine schwarze Hose zuknöpfte und den Gürtel enger zog, fiel mir wieder mein Handy ein. Fließend beugte ich mich hinab und hob es vom Boden auf. Als ich vorhin vom Bett gerutscht war, ist es mir wahrscheinlich gefolgt, nur das die liebe Schwerkraft nicht ganz auf seiner Seite war und es anschließend dem Boden einen kurzen Besuch abstattete.
 

»Treffen uns im Park! Gehen dann zu Karin…«
 

Jedesmal wenn Gaara mir eine Nachricht schrieb, waren seine Angaben mehr als ungenau. Er zwang mich regelrecht ihm zu antworten. Mittlerweile glaubte ich, dass er selbst nicht mal mitbekam was er da manchmal für sinnloses Zeug schrieb.
 

»Noch im Park oder schon bei Karin?«
 

Schrieb ich ihm, ebenfalls in knappen Worten, zurück. Seine Antwort kam schnell und sie ließ mich kurz vorahnungsvoll und schwer ein und wieder ausatmen. Sie waren schon bei Karin und ich hatte die Chance verpasst mit den anderen gemeinsam dort hin zu gehen. Nun musste ich mich wohl allein auf den Weg machen. Im Grunde auch nicht wirklich schlimm. Dieses Mädchen war an sich auch ganz in Ordnung. Auf jeden Fall war sie erträglicher als Ino oder Sakura, die ich schon über mehrere Wochen nicht mehr gesehen hatte. Aber auch Naruto ging ich weitestgehend aus dem Weg.
 

»Bin bald da. Hast du was da? Für mich?«
 

Dieses Mal dauerte seine Antwort länger, aber sie war positiv. Mit einem müden Lächeln auf den Lippen zog ich mir meine Jacke über und verließ mein Zimmer. Schloss von außen sorgfältig ab und steckte den Schlüssel sicher in meine Hosentasche. Die Stufen der Treppe knatschten leise unter meinen Fußsohlen. Lauter, als ich es sonst empfunden hatte. Lauter, als ich es gewollt hatte. „Sasuke? Wieso bist du nicht in der Uni?“, schallte Itachis Stimme aus der Küche zu mir herüber. Ich schwieg eisern und zog mir einfach meine Schuhe im Flur an, ohne den Blick meines Bruders zu erwidern, als dieser aus der Küche trat und sich halb an das Geländer der Treppe lehnte und meine Bewegungen beobachtete. „Wo willst du jetzt hin, Sasuke?“, versuchte er erneut mit ruhigem Ton eine Information aus mir herauszubekommen. Als ich mich erhob und die Tür öffnete nahm er erneut einen tiefen Atemzug und wollte zum Sprechen anfangen, als ich ihn einmal kurz tief in die Augen sah. Nur für einen Bruchteil einer Sekunde hielt unser Blickkontakt, dann zeigte ich ihm wenig beeindruckt meinen Mittelfinger und schlug die Tür laut hinter mir zu, nachdem ich ins Freie getreten war.
 

Freitag, 23.09.2011 - 13:00 Uhr

Na Sam,
 

Ich glaube, niemand kann mich richtig verstehen. Am aller wenigsten ich selbst. Keine Ahnung warum ich das tue. Keine Ahnung warum ich das mache. Ich weiß nicht einmal mehr richtig warum ich so bin. Die Treffen mit Gaara und den anderen sind immer etwas Besonderes. Auf merkwürdige Weise fühlt man sich dort nicht missverstanden. Jeder scheint zu wissen, wie es dem jeweils anderem geht. Ausnahmslos, ohne das vorher ein aufklärendes Gespräch stattgefunden hatte. Richtig ernsthaft geredet wird relativ selten. Eigentlich nie, weil es keine wichtigen Gesprächsthemen gibt, wenn wir alle zusammen sind. Jeder befindet sich in seiner eigenen kleinen heilen Welt. Mischst du dich da ein, machst du sie kaputt. Die wichtigste Regel überhaupt…
 

Ist das noch normal?
 

Immerhin sind wir alle gleich…
 

Auch Naruto und Ich waren mal so… Wir hatten doch auch mal dieses Gleichwertigkeitsgefühl. Warum ist das jetzt weg? Warum versteht mich Gaara besser als mein ehemals bester Freund?
 

Hab ich mich verändert?
 

Hat sich Naruto verändert?
 

Haben wir uns verändert?
 

JA!
 

Alles hat sich verändert… Auch wenn ich es mir wünsche, die Zeit bleibt nicht stehen. Die Welt dreht sich weiter… Ich verliere unbemerkt mit jeder Drehung eine weitere Sekunde meines Lebens…
 

Ich beantworte seine Nachrichten nicht mehr, weil ich sie nicht mehr lese. Aus Angst! Nur wegen dieser beschissenen, alles beherrschenden ANGST… Ich möchte nicht wissen was er denkt. Möchte nicht wissen war er fühlt. Möchte nicht wissen was er von mir hält. Es kann nicht gut sein. Ich bin nicht fair. Zu niemanden mehr, weil das Leben auch nicht fair zu mir ist. Ich kann es nicht mehr ändern. Seine Anrufe gehen ins Leere…
 

Wenn ich mit Gaara und den anderen zusammen bin, dann ist das schön, befreit und ich fühle mich nicht mehr einsam. Bin plötzlich nicht mehr allein unter Menschen. Wir wollen doch alle nur das Eine. Wir wollen Beachtung und Aufmerksamkeit. Wir wollen gesehen werden. Wollen, dass man uns hört und irgendwo ganz tief in unserem Herzen wollen wir, dass man uns hilft. Ich bin nicht einfach irgendwer. Ich bin JEMAND, wenn sich unsere Gruppe trifft.
 

Nur, wenn ich gehe oder die Wirkung der Droge verblasst, kann mich selbst Gaaras Anwesenheit nicht mehr vor meinen Selbstvorwürfen, den selbstquälerischen Gedanken und den Traurigkeitsanfällen schützen.
 

Ich habe das Alles wirklich nie gewollt!
 

Habe nicht gewollt, dass ich mich selbst verliere.
 

Und nun?
 

Was mach ich jetzt?
 

Weiter…
 

So, wie es jetzt ist, wird es nicht bleiben… ES WIRD SCHLIMMER!
 

Wenn ich heute so über diese Worte nachdachte, musste ich feststellen, dass ich mit diesem letzten Satz recht behalten hatte. Es wurde schlimmer. Von Tag zu Tag, von Minute zu Minute. Der Weg zu Karin war nicht sonderlich beschwerlich. Sie wohnte etwas abseits vom Stadtzentrum, mit Bus und Bahn jedoch eigentlich schnell zu erreichen. Ich entscheid mich allerdings lieber für den längeren Fußweg. Karin war die Tochter von reichen, angesehenen Leuten. Immer beschwerte sie sich über die Ignoranz und Gleichgültigkeit, die ihre Eltern ihr gegenüber an den Tag legten. Sie sei einfach nicht perfekt genug, wie sie mir einmal in einer schwachen Phase erklärte. Dass wir uns heute bei ihr trafen, bedeutete eigentlich nur, dass ihre Eltern wohl auf einer wichtigen Geschäftsreise waren. Ihr Haus war groß und es hatte einen gepflegten Garten mit kurzgeschorenem englischem Rasen. Als ich vor der aufwendig verzierten Eingangstür stand, zögerte ich nur einen kurzen Moment, bevor ich dann fest entschlossen die Klingel betätigte. Es war ruhig und nur leise, beruhigende Musik drang an meine Ohren, als Karin mir lächelnd die Tür öffnete.
 

Zur Begrüßung zog sie mich kurz in ihre Arme und drückte mir ihre Lippen auf meine rechte Wange. Nachdem ich dieses Ritual über mich ergehen lassen habe schob sie mich ins Innere ihres Hauses und anschließend ins Wohnzimmer, wo sich die anderen ebenfalls aufhielten. Gaara lag auf dem Boden und starrte an die Decke, während die anderen verstreut im Raum irgendwelchen langweiligen Tätigkeiten nachgingen. Ich setzte mich im Schneidersitz neben Gaara. „Was hast du so lange getrieben“, fragte er mich, ohne seinen Blick von der Decke abzuwenden. Nachdenklich runzelte sich seine Stirn und sein Kopf wanderte abwechselnd von rechts nach links. Verwundert folgte ich seinem Blick. Doch ich sah nichts weiter als stinknormale Raufasertapete. „Also?“, hakte er nach, als ich immer noch nicht auf seine Frage geantwortet hatte. „Hab gewartet“, meinte ich einfach und erhaschte anschließend einen Blick auf seine matt glänzenden Augen. „Worauf?“, erwiderte Gaara geistesabwesend. „Weiß ich auch nicht mehr“, gab ich offen zu und registrierte das kurze Kopfschütteln. Anschließend erhob er sich und winkte mir zu, dass ich ihm folgen sollte. Ohne Gegenwehr lief ich ihm nach, bis in den Garten, wo wir uns auf eine saubere, weiß gestrichene Bank setzten. „Ich weiß dieses Mal ehrlich nicht, wie rein das Zeug ist“, gestand mir Gaara, während er mir neues Pulver zusteckte. Ich nickte aber einfach nur und Gaara ließ mich allein. Die frische Luft und die Ruhe genießend schloss ich meine Augen.
 

„Sasuke?“, flüsterte mir plötzlich einer der Jungs ins Ohr, die ich vorhin an dem großen Esstisch in Karins Wohnzimmer gesehen hatte. Seine Stimme hatte dort schon so deutlich herausgestochen, dass ich sie jetzt mit Leichtigkeit erkannte. Träge öffnete ich meine Augen und sah mich nach dem Jungen um. „Du bist doch Sasuke, oder?“, wisperte er mir erneut ins Ohr. Ziemlich leise, als hätte er Angst irgendwer könnte uns belauschen. „Hm“, bestätigte ich grummelnd und augenblicklich breitete sich ein breites Lächeln auf seinem Gesicht aus. Seine strahlend weißen Zähne blitzten mir entgegen, während er noch ein Stück näher an mich ran rutschte. Ich hatte überhaupt nicht mitbekommen, wann er sich zu mir auf die Bank gesetzt hatte. Seine Augen hatte er vor unterdrückter Begeisterung weit aufgerissen. Es lag ein verdächtig glänzender Schleier auf ihnen. „Du musst mir versprechen, dass du es für dich behältst“, hauchte er noch immer sehr leise. Außerdem blickte er sich kurz nochmal versichernd um, ob auch wirklich niemand in der Nähe war. Seine Augen warteten bittend auf mein Einverständnis. Obwohl ich mir noch nicht wirklich zusammenreimen konnte, was dies alles zu bedeuten hatte, nickte ich ihm kurz zu. „Du darfst den anderen nichts davon erzählen! Sie würden sonst neidisch sein. Keiner kann das. Nur ich!“, erklärte er vorsichtig aber sichtlich begeistert. Sein Name war Lee. Er war noch nicht sehr oft bei einem Treffen dabei. Gaara hatte ihn eines Tages einfach mit angeschleppt. So wie mich, vor einigen Wochen. Noch ein Stück näher kam er meinem Ohr, nachdem er sich wieder prüfend die Umgebung angesehen hatte. Dann flüsterte er ganz leise, so das wirklich nur ich ihn verstanden hätte, wenn jemand anderes in unserer Nähe gewesen wäre. „Ich kann fliegen!“ Für einen Moment vergas ich vor Verwunderung zu atmen. Aber bevor ich etwas sagen konnte, redete Lee weiter. „Also nicht wirklich fliegen. Es ist mehr so ein Schweben. Ganz leicht bin ich und schwebe über der Erde. Es sind nur ein paar Zentimeter, aber ich brauch den Boden nicht mehr berühren um mich fortzubewegen. Ich bin unabhängig. Das ist unglaublich, richtig fantastisch“, rief er zum Ende hin euphorisch und achtete nicht mal mehr auf Zurückhaltung. Er warf seine Arme in die Luft und lachte.
 

Ich sah ihn dabei einfach nur an. Ich glaube, eine Sekunde lang verspürte ich ein wenig Neid auf diesen Jungen, der augenscheinlich ein sehr schönes Erlebnis hatte. „Kraft der Jugend“, nickte er mir aufmunternd und freudig zu. Verrückt, war das einzige an das ich in diesem Moment dachte. „Mach doch mal vor“, bat ich ihn direkt. War ja auch nur verständlich, wenn er mir hier sowas erzählte. Aber Lee schüttelte verneinend seinen Kopf. „Das darf ich nicht. Vergiss nicht, die anderen werden es nicht akzeptieren, sie würden mich vor Neid zurück auf den Boden ziehen. Und dann wäre alles vorbei. Vielleicht kann ich das dann nie wieder.“ Als er die letzten Worte aussprach mischte sich ein trauriger Unterton in seine Stimme. Sein Kopf senkte sich und er sah bedrückt auf seine Füße. „Hm, dann lässt du es eben“, meinte ich dann und schon war seine gute Laune wieder da. Er strahlte übers ganze Gesicht und sprang voller Tatendrang auf. „Kraft der Jugend“, rief er noch und lief dann zurück zum Haus. Ich folgte ihm.
 

Gedämpftes Licht empfing mich. Ebenso wie irgendeine Entspannungsmusik von Karins Mutter. Rauch von zahlreichen Joints lag in der Luft. Die Atmosphäre im Wohnzimmer war allgemein schläfrig. Nur Gaara saß noch aufrecht auf der großen Couch und streichelte verträumt eines der weißen Kissen. Kurzerhand entscheid ich mich dazu ihm ein wenig Gesellschaft zu leisten und ging zu ihm rüber. Stieg über die am Boden liegenden Personen, bedacht darauf sie in ihren Träumen nicht zu stören. „Was machst du da?“, fragte ich ihn und deutete mit einem Nicken auf das Kissen. „Das ist Shukaku mein Kaninchen“, meinte er ernst und streichelte unbeirrt weiter das Kissen. Ich machte mir nicht die Mühe Gaara aufzuklären, weil ich der Ansicht war, dass er das später ohnehin wieder vergessen würde. Wir schwiegen und saßen einfach nur beieinander. Selbst als sich Karin unerwartet neben mich setzte und sich an meinen Körper schmiegte regten wir beide uns nicht. „Sasuke“, nuschelte sie und setzte sich dabei halb auf mich drauf. Ihre Hände spürte ich an meinem Bauch und ihre Lippen an meinem Hals. „Hm, was soll das Karin?“, fragte ich sie, unternahm jedoch auch nichts, um sie von mir runter zu bekommen. Statt Karin antwortete mir Gaara. „Shukaku sagt, sie ist auf einem besonders guten Trip. Du sollst es auch probieren“, meinte er und reichte mir irgendein bunt bedrucktes Stück Papier. Ich hab nicht wirklich darüber nachgedacht und als es sich aufgelöst hatte, war es zu spät, um daran etwas zu ändern. Was danach passierte war skurril. Und wirklich daran erinnern kann ich mich auch nicht mehr.
 


 


 

Ich seufzte wohlig auf, als ich massierende Hände in meinem Schritt spürte. Es war heiß, stickig und heiß. Der Rauch umhüllte uns und vernebelte meine Sicht. Die Lippen an meinem Hals fühlten sich so gut an. Vertraut und schön. Genießend lehnte ich mich zurück und genoss die zarten Liebkosungen an meiner Haut. „Naruto“, stöhnte ich leise und spürte wie mir das T-Shirt über den Kopf gezogen wurde. Kühle, verschwitzte Hände fuhren über meine Brust und neckten meine aufgerichteten Brustwarzen. Liebevoll zogen sie Kreise und eine feuchte Zunge schlängelte sich über meinen Bauch hinab. Immer wieder keuchte ich laut auf. Verkrallte meine eigenen Hände in dem Haar, das ich mir einbildete schon so oft unter meinen Fingern gespürt zu haben. „Haa hmm, mehr“, seufzte ich erregt und glaubte das typische Kichern meines besten Freundes zu hören. Ich sah aus halb geöffneten Augen auf und war mir fast sicher sein Grinsen zu sehen. Seine blauen Augen, die mich lustvoll und feurig ansahen. Spürte im nächsten Moment die Hitze und die verführerischen Bewegungen seines Beckens auf mir. Es war anders. Ein merkwürdiges Gefühl, jedoch nicht gänzlich unbekannt. Stöhnend warf ich meinen Kopf in den Nacken und gab mich dem wilder werdenden, erlösenden Treiben hin…
 

Der leichte Druck des zierlichen Körpers verschwand und legte sich gleich darauf neben mich. Lange Zeit, über die Folgen, die Konsequenzen oder die eintretenden Gespräche nachzudenken hatte ich jedoch nicht mehr. Totale Erschöpfung zwang mich zum Schließen meiner Augen. Ich schlief ein, zusammen mit der fremden Körperwärme neben mir.
 


 


 

„Wach auf! Verdammt nochmal Sasuke, wach endlich auf!“ Ein schmerzhaftes Rütteln an meiner Schulter begleitete diese panischen Worte. Seine Stimme klang aufgebracht und gehetzt. Langsam wurde ich mir auch wieder der fremden Wärme bewusst, die diese nackte Haut neben mir abstrahlte. Benommen blinzelte ich gegen das grelle Licht der Deckenlampe. „Was?“, nuschelte ich verstimmt und drehte meinen Kopf demonstrativ weg von der Person, die mich eben geweckt hatte. „Lass den Scheiß und steh lieber auf! Du hast schon genug Mist gebaut!“, fuhr er mich unfreundlich an. So langsam erkannte ich auch die dunkle Stimme Gaaras. „Tze. Halt die Klappe und lass mich schlafen“, mühte ich mir eine halbwegs verständliche Antwort ab. Gaara knurrte drohend und zwang mich dadurch erneut meine müden Augen zu öffnen. Als erstes fiel mir Karins rotes Haar auf, dann ihr nackter Rücken und anschließend meine eigene fehlende Körperbekleidung. „Oh scheiße“, flüsterte ich betroffen und rückte schnell weit von ihr weg.
 

Und jetzt wo die Illusion der Realität wich, fühlte ich mich dreckig und benutzt. Schmutzig, ausgenutzt und weggeschmissen, wie ein falsch beschriebenes Blatt Papier, das einfach im Mülleimer entsorgt wurde.
 

Hilfesuchend sah ich Gaara mit weit aufgerissenen Augen ins Gesicht. „Hab ich sie geküsst?“, stammelte ich fragend und leicht durch den Wind. Doch Gaara schüttelte nur kurz mit dem Kopf. „Nach allem was ich mitbekommen habe, hast du das nicht. Aber ich war auch nicht die ganze Zeit dabei. Ihr habt im Wohnzimmer angefangen und seid dann irgendwann im Schlafzimmer gelandet. Also wer auch immer dieser Naruto ist, er macht dich jedenfalls verdammt geil und Karin kam das wohl ganz gelegen“, erklärte mir Gaara. Mir stieg heißes Blut in die Wangen, als Gaara den Namen Narutos erwähnte. Unwissend hatte ich wohl dafür gesorgt, dass er meine Schwäche nun kannte. Ich seufzte schwer und ließ mich erstmal zurück in die Kissen fallen. „An deiner Stelle würde ich aufstehen, mich anziehen und von hier verschwinden. Und das alles am besten noch bevor Karin wach wird. Sie kann ziemlich anhänglich werden. Also steh auf!“, riet mir Gaara eindringlich. Ich konnte noch so sehr versuchen seinen Worten zu folgen, es wollte mir einfach nicht gelingen. So kraftlos hab ich mich schon ewig nicht mehr gefühlt. „Na super, auch das noch“, grummelte Gaara und zog mich mit einem kräftigen Ruck aus dem Bett. Dass er an dieser Situation nicht ganz unschuldig war, wusste er wahrscheinlich nicht mehr.
 

Schlapp lag ein Arm über Gaaras Schulter, während er mich unter Keuchen und Stöhnen nach Hause schleppte. Meine Füße trugen mich selbst keinen Zentimeter vorwärts. Kalter Schweiß lief mir über die Stirn und mein gesamter Körper zitterte.

Du brauchst mich?

[Dieses Kapitel ist nur Volljährigen zugänglich]

Ich will dich nicht verlieren!

Von Anfang an war da immer nur ein Gedanke. Einer!
 

Verlass mich nicht!

Ja, genau das habe ich gedacht…
 

Geh nicht, sag nicht Auf Wiedersehen, sag nicht Goodbye, sag nicht, dass du mich allein lässt.
 

Ich hab die Augen offen und sehe trotzdem nicht mehr als graue Schatten, verschwommen im grellen Licht des Sonnenscheins, weil etwas passiert, weil etwas geschieht, mit dem ich nicht fertig werde. Ich kann es nicht verhindern, bin nutzlos und schwach.
 

Aber ich bin nicht blind!
 

Ich sehe, was du tust. Ich sehe, wie du dich zerstörst.

Ich bin eben nur so schrecklich machtlos, so unbrauchbar…
 

Ist es meine Schuld? Hab ich dich dazu getrieben?
 

Nachts weine ich, am Tag lache ich den Menschen entgegen… Was spielen wir für ein dummes Spiel? Wann haben wir angefangen nicht mehr miteinander zu reden? Wieso sind da so viele Fragen? Weshalb gibst du mir keine Antworten?
 

Warum liegst du im Sterben?
 

Bitte, verlass mich nicht!
 

Ich will dich nicht verlieren, bleib bei mir und kämpfe…

Siehst du die Tränen, spürst du sie?
 


 

Ich will dich nicht verlieren!
 

Ich war wütend! Richtig wütend und unsagbar enttäuscht, als ich die Tür hinter mir zuschlug und das riesige Anwesen der Uchihas verließ. Es zerrte und nagte, es kochte innerlich in mir, während ich über den feinen, gepflegten Rasen rannte, auf dem ich mit Sasuke früher, als seine Eltern noch lebten, gespielt hatte. Das satte Grün würde in wenigen Tagen ebenso verblassen, wie die Farbe des Himmels. Grau und trostlos hingen vereinzelte Regenwolken über der Stadt. Sie verdeckten gelegentlich das müde Sonnenlicht, das bereits seinen wärmenden Glanz verloren hatte. Eine unangenehme Gänsehaut überzog meine Arme, als mich ein kalter Windzug streifte und mir unbegreiflich hart ins Gesicht schlug. Da bemerkte ich auch die nassen Spuren auf meinen Wangen, weil die klirrende Kälte mich erfasste und die Spuren schmerzhaft deutlich hervorhob. Ich wollte nicht weinen, nein, das wollte ich nicht.
 

Ich sehe ihn…

Ich höre ihn…

Und alles was ich fühle ist Schmerz…
 

Vielleicht, wenn die letzte Nacht nicht so schwer gewesen wäre, wenn sie nicht so schockierend und ernüchternd gewesen wäre, vielleicht wäre unser Gespräch dann anders verlaufen.
 

Vielleicht…
 

Nur, was kann ich sagen, ohne ihn zu verletzen?

Was kann ich sagen, dass er mir Glauben schenkt?
 

Ich möchte nicht sauer, oder wütend sein. Aber ich bin es. Ich schimpfe gedanklich über diesen dummen Teme, weil er Ihn mir vorzog. Er verteidigte diesen Kerl, obwohl er doch wissen musste, dass ich mit allem Gesagtem recht hatte. Ich hatte die Unschlüssigkeit doch deutlich in seinen Augen gesehen. Es hätte vielleicht nur noch einen einzigen Satz benötigt, um ihn bei mir zu halten.

Wieso entzog er sich mir auf diese schmerzliche Weise? Was hatte ich angestellt, dass Sasuke lieber mit diesem Gaara Zeit verbrachte, als sie mit mir in gewohnter Art und Weise auszuleben?
 

Ich versteh das alles nicht mehr. Weiß nicht, wo es begonnen hat. Bin ratlos, wenn ich ihm gegenüberstehe und seine Augen sehe. Jedes Mal trifft mich die starre Leere, die sie widerspiegeln. Die dunklen Schatten, die ihn seit weniger als ein paar Tagen umgeben, sind so undurchdringlich. Sie versperren mir den Weg. Bilden seinen Schutz und hüllen ihn ein in einsames Schweigen.
 

Warum?

Was hab ich getan, dass er nicht mehr mit mir reden kann?

Wieso fühle ich mich schlecht und schuldig, wenn ich ihn sehe?
 

Es zerreißt mir das Herz, wenn ich bemerke wie er zittert. Es verletzt mich, wenn ich merke, wie er sich in Lügen und Ausreden verstrickt. Er knüpft ein Band, dessen Knoten zu fest für mich sind. Zu lösen vermag ich sie nicht mehr. Das hab ich nie. Meine Umwelt schwimmt lautlos und undeutlich an mir vorbei. Dass ich einmal so nah an meiner Verzweiflung sein würde, hätte ich nie gedacht. Ich fühle zu viel.

Viel zu viel.

Ich wollte ihn bei mir haben. Wollte wissen was er denkt und macht. Ich wollte in seiner Nähe sein und mit ihm reden. Ganz gleich, ob es ein gutes Thema wäre. Meinetwegen müssen wir auch nicht reden, solange ich ihn spüren kann. Solange ich weiß, dass es Sasuke gut geht, geht es auch mir gut. Was ich wollte, war einzig und allein, dass Sasuke mich sah.
 

Er sollte mich sehen, so wie ich ihn sehe.

Er sollte meine Wut bemerken, so wie ich seine bemerke.

Er sollte meine Verzweiflung erkennen, so wie ich seine erkenne.

Er sollte meine Verwirrung spüren, so wie ich seine spüre.
 

Gelegentlich fuhren meine Hände über mein Gesicht. Leicht benetzten meine Tränen die Fingerkuppen, als ich die erneut aufkommende Flüssigkeit wegzustreichen versuchte. Wahrscheinlich hätte ich mich erleichtert fühlen müssen, als ich im Wohnheim ankam und die Stufen zu meinem Zimmer hinauf stieg, ohne, dass mich jemand bemerkte. Doch das tat ich nicht. Alles drückte so verletzend schwer auf meinen Körper, dass ich keine Erleichterung verspürte, als mir klar wurde, dass mir keiner den Weg kreuzte. Schon komisch, da um diese Zeit eigentlich immer mal jemand auf den Fluren unterwegs war. Aber vielleicht sah ich sie auch einfach nicht, weil mir meine brennenden Tränen die Sicht verschleierten. Eine gefühlte Ewigkeit hatte der Weg gedauert, bis ich endlich vor der Tür zu meinem kleinen Zimmer stand. Ohne wirklich zu bemerken, dass ich wieder einmal vergessen hatte meinen Schlüssel sinnvoll zu benutzen, schloss ich auch schon wieder die Tür, nachdem ich mitten in den kargen Raum getreten war. Im Moment sah mein Bett unglaublich verlockend aus, weshalb ich kurzerhand die vielen Unterlagen mit einem Ruck von der weichen Decke auf den Boden beförderte und mich gleich darauf in die Kissen warf. Zielsicher griff ich nach dem Schwarzen, welches Sasuke gehörte. Er benutzt es, wenn er die Nächte bei mir verbringt. Nur sein Geruch war schon lange verflogen, weil die letzte Nacht, die er zusammen mit mir hier gewesen ist, jetzt schon viel zu viele Tage her war. Haltsuchend klammerte ich mich an diesen weichen Gegenstand, während ein klägliches Schluchzen meiner Kehle entwich. Immer heftiger wurde mein Körper von diesen mitleidserregenden Lauten geschüttelt. Zum Glück blieben sie an diesem Abend ungehört. Ich schlief ein, als mich die Last meiner Trauer erschöpft die Augen schließen ließ.
 

Als ich sie wieder aufschlug, sah ich Sasuke. Er lag neben mir. Ich spürte seine Wärme und hörte seinen leisen Atem. Er war nackt, entblößt und wunderschön, wie er da lag. So locker und lässig in den Kissen. Sein Haar, schwarz und glänzend verteilte es sich auf dem seidigen Kissenbezug. Es schimmerte leicht, als sich die ersten Sonnenstrahlen durch den Vorhang meines Zimmers kämpften. Es fühlte sich gut an neben ihm zu sein, ihn zu sehen. Seine Augen zu sehen, die voller Leben steckten. Selbst das weiche, kaum sichtbare Lächeln auf seinen Lippen zwang mich dazu ebenfalls zu Lächeln. Alles war unbeschwert und ungezwungen in diesem Moment. Echt und unverbraucht. Er kam mir näher, um mir etwas zu sagen. Sein warmer Atem schlug auf meine Haut. Kitzelte angenehm in meinem Gesicht. Aber ich hörte ihn nicht, verstand nicht, was er mir sagte. Ich wusste, es war ein Flüstern und nicht mehr als ein anregendes Hauchen, ohne Klang, ohne Bedeutung. Sein Körper fiel zurück. Hinterließ eine kalte Leere. Ich hatte das Gefühl mich zu drehen. Schnell und immer schneller, wie ein Kind in einem Karussell. Ich sah Farben an mir vorbeiziehen. Bunte, leuchtende Farben. Sie verschwimmen in einem trostlosen Grau. Existieren nicht, werden schwarz. Sasuke liegt immer noch da, schläft. Regungslos, starr, friedlich und ruhig. Er hat seine Augen geschlossen und sieht dabei so erregend schön aus. Seine helle, makellose Haut zieht mich an, zieht mich in einen Bann aus Leidenschaft und Lust. Dieses Mal bin ich es, der ihm näher kommt. Ich beuge mich über seinen Körper, streiche sanft über seine Seiten. Vorfreudig taste ich über die geschmeidige Haut und fühle die Wärme, die sie an mich abgibt. Er wacht auf, öffnet seine wundervollen Augen um mich anzusehen. Sanft und ehrlich, als würde es nur mich geben, als hätte er nie jemand anderen so angesehen. Wieder zeigt er dieses schwungvolle, herzliche Lächeln. Berührt mich. Seine Hand legt sich auf meinen Rücken. Sie drückt mich runter, zärtlich und bestimmend. Ich folge, kann nicht anders als meinen Kopf auf seine Brust zu legen und seinem rasendem Herzen zu lauschen. Verfolge jeden schnellen Herzschlag.

Doch da ist kein Ton, kein einziger Laut. Es schlägt nicht. Kein wildes, kein langsames, kein beruhigendes Herzklopfen erfüllt meine Ohren.

Es ist einfach nur still und kalt. Seine Hand ist eisig, seine Augen sind tot. Haben ihren Glanz verloren. Unruhig und erschrocken weiche ich zurück. Verstehe nicht. Kann sehen, wie er sich entfernt. Wie sein Körper geht, schwankend und steif. Will rufen und ihn aufhalten.

Versage.

Versuche verzweifelt ihm zu folgen, laufe ihm nach. Schaffe es nicht ihn einzuholen, obwohl er einfach nur da steht. Am Rande der Klippe. Steinig und scharf ragen die Kanten empor. Bilden ein bedrohliches, zerstörendes Bild. Zeigen mir die Gefahr, zeigen, dass er fällt. Unwiderruflich fällt er in den Abgrund. Höre kein Schreien, kein beängstigendes Bitten und Flehen. Höre nichts, sehe nur sein trauriges Gesicht. Sehe sein Leben in den Fängen der Schlucht verschwinden.
 

„Sasuke“
 

Schweißgebadet reiße ich meine Augen auf und höre seinen Namen, der heiser über meine Lippen kommt. Panisch gleitet mein Blick durch mein dunkles Zimmer. Nebenbei suche ich sogar fahrig mein Bett ab. Aber da ist keiner. Niemand. Es ist hier genauso grausam Still wie in dem vergangenen Traum. Nur das stetige Klopfen des Regens zerreißt sie. Durchbricht sie, als wäre sie nur dünnes Glas. Meine Atmung ist schnell und gehetzt. Dieser Traum war so real, erschreckend und schockierend, dass es mir einen Moment den Kopf verdrehte. Es war nicht das erste Mal, dass ich von mir und Sasuke träumte. Genau genommen träumte ich fast ausschließlich von ihm und von dem, was ich so gerne mit ihm tat. Und doch war es so anders. Sonst träumte ich schöne, angenehme Dinge, die ein aufregendes Prickeln hinterlassen, wenn ich wieder aufwache. Jedes Mal habe ich die Hitze mit in die Realität genommen. Doch dieses Mal empfand ich den Traum so verwirrend und verworren, so echt und realitätsnah. Es lähmte mich und meine Gedanken, bis Angst meinen Körper überflutet, der marionettenähnlich meine Tasche durchsucht und das bereits mitgenommene Telefon herausholt. Zu oft hatte ich es in der letzten Zeit gegen Wände, Türen und Böden geworfen. Zahlreiche Schrammen zierten das Gehäuse aus Plastik. Ungeduldig hielt ich mir das Gerät an das rechte Ohr, nachdem ich eilig und mit zitternden Fingern Sasukes Nummer gewählt hatte. Wie so oft ertönte das nervenaufreibende Freizeichen und endete in der monotonen Bandansage seines Anrufbeantworters.

„Scheiße“, kam es fluchend aus meinem Mund, während ich erneut ungestüm die Tasten drückte und das Freizeichen erwartete.

„Warum gehst du nicht endlich ran?“, keuchte ich verzweifelt, da ich schon wieder die bittere, unbeugsame Flüssigkeit in meinen Augen aufsteigen verspürte. Schluckend hielt ich sie zurück und entschloss mich kurzerhand umzudenken. Es war nicht verwunderlich, dass Sasuke nicht auf meine Anrufe reagierte, wenn er meine Nummer identifizieren konnte. Warum war ich da nicht früher drauf gekommen?

Schnell war diese Funktion ausgeschaltet und ich wählte erneut, nur, um anschließend meinen Kopf enttäuscht hängen zu lassen. Er ging nicht ran. Wie gewöhnlich diese Tatsache jetzt geworden war. Es traf mich härter als sonst, weil ich fühlte, dass etwas nicht stimmte.
 

Diese Unruhe breitete sich immer mehr in meinem Körper aus und machte mich zusehends nervöser. Gedankenlos sprang ich von meinem Bett und lief zu dem überfüllten Schreibtisch. Verbissen kämpfte ich gegen das Brennen in meinen Augen, während meine Hände unkontrolliert ein Schriftstück nach dem anderen zu Boden warfen.

„Irgendwo muss sie doch sein“, rief ich ungeduldig und suchte weiter fahrig nach der Hausnummer von Sasuke. Eingespeichert hatte ich sie nicht, da ich sie einfach zu selten benutzte. Wozu auch, wenn Sasuke bisher immer an sein Handy gegangen war, wenn ich was von ihm wollte. Aber jetzt empfand ich es als meine letzte Chance. Ich war schon drauf und dran mich wütend wieder auf mein Bett zu schmeißen, als ich den kleinen zerknitterten Zettel fand, der die Nummer fein säuberlich enthielt. Sasuke hatte sie mir damals mit einem genervten Lächeln auf den Lippen aufgeschrieben. Erleichtert seufzte ich und nahm erneut mein Telefon in die Hand, um eilig die Nummer einzutippen. Es dauerte länger und während ich wartete, dass irgendwer abnahm, keimte in mir wachsende Unsicherheit auf.
 

»Hallo und herzlichen Willkommen! Sie haben es tatsächlich geschafft, bei dem netten Herrn Sasuke Uchiha anzurufen... Naruto, du bist albern… tragischer Weise ist er nicht zu Hause, weil er höchstwahrscheinlich etwas mit seinem besten Freund Naruto, das wäre eindeutig ich, unternimmt... ach ja? wär mir aber neu, dass ich immer, wenn ich nicht zu Hause bin, ausschließlich mit dir... Aber, wenn sie intelligent genug waren, diese Nummer: 9574312… wow! Du kennst ja meine Nummer!... zu wählen, dann schaffen sie es bestimmt auch, eine Nachricht hinter dem Piepton zu hinterlassen. Sind sie bereit?... Naruto... übertreib nicht... Hier kommt das "Piep"!!«
 

Schon als diese blöde Bandansage begonnen hatte, hätte ich am liebsten aufgelegt. Wenn ich so zurück denke, dann war das wirklich die schönste Zeit meines Lebens. An diesem Tag hatte ich Sasuke richtig auf die Palme gebracht. Er war richtig aufgebracht, als ich auch noch begonnen hatte, bei etlichen Klassenkameraden anzurufen um sie zu verarschen. Jedes Mädchen, dass ich mit Sasukes Nummer anrief, kreischte mir erstmal wie ein verrückt gewordenes Brülläffchen ins Ohr, da sie mir wirklich abgekauft hatten, Sasuke würde sie zu einem Date einladen wollen. Wie dumm sie doch waren. Seine Stimme, die immer mal wieder aus dem Hintergrund zu hören war, jagte mir einen wohligen Schauer über die Arme. Ich glaube, genau deshalb habe ich mir auch die ganze Ansage angehört. Nur, um mal wieder seine angenehme Stimme zu hören und in Erinnerung an die schönen gemeinsamen Stunden zu schwelgen, was ich beides ernsthaft vermisst hatte. Nicht einmal Itachi hatte so eine angenehm tiefe Stimme. Bei ihm war sie einfach schon zu reif und rau. Wenn ich daran dachte, was ich Sasuke über die Stimme seines Bruders erzählt hatte, nachdem ich sie zum ersten Mal gehört hatte, dann könnte ich darüber jetzt nur noch meinen Kopf schütteln. Itachi hatte…

Plötzlich erkennend, was die ganze Zeit so nahe liegend gewesen ist, schlug ich mir gegen die Stirn und suchte nach der Nummer von Itachi, die ich mir ebenfalls eingespeichert hatte. Es war das erste Mal, dass ich sie benutzt, um ihn anzurufen.
 

„Hm?“, meldete sich Itachis verschlafene Stimme. Vor Aufregung wäre mir beinahe das Handy wieder aus der Hand gefallen.

„Endlich, Itachi. Warum geht denn bei euch keiner ran?“, rief ich hastig in das Handy.

„Naruto?“, entgegnete er fragend und leicht verwirrt.

„Jah“, sagte ich gedehnt. Itachi schien einen Moment zu verdutzt um zu antworten, denn er schwieg, bis er leise lachte.

„Warum rufst du so spät an? Hast du Sehnsucht nach mir?“, fragte er amüsiert und klang jetzt auch schon etwas wacher. Ich schnaubte unterdrückt.

„Lass den scheiß. Wir hatten die Sache immerhin geklärt“, zischte ich zurück und daraufhin verstummte auch sein verhaltenes Lachen.

„Schon gut, Naruto. Also was ist denn nun so wichtig, dass es nicht bis morgen warten kann?“, wechselte er geschickt zum eigentlichen Thema. Nervös kaute ich auf meiner Unterlippe herum, bis ich mich entschloss ihn einfach direkt zu fragen.

„Itachi, wann hast du Sasuke zuletzt gesehen?“ Wieder folge kurzes Schweigen.

„Ich weiß nicht genau“, meinte er leise.

„Schau nach ihm, bitte!“, rief ich laut und drängend, während ich das Handy mittlerweile ziemlich krampfhaft festhielt.

„Wieso? Beruhig dich erstmal. Wahrscheinlich schläft er, oder so. Wäre nicht ungewöhnlich zu dieser Zeit“, erwiderte Itachi gelassen, was mir ehrlich gesagt gerade mächtig auf die Nerven ging.

„Mach endlich. Als ich ihn zuletzt gesehen hatte, sah er verdammt schlecht aus. Bitte, Itachi. Geh und sieh nach ihm.“ Anschließend hörte ich, wie er seine Bettdecke zurück schlug und das leise Quietschen seines Bettes, als er aufstand und sein Zimmer verließ.

„Abgeschlossen“, nuschelte Itachi nach einer Weile und wirkte auf mich nun auch etwas nachdenklich.

„Wie, abgeschlossen?“, schrie ich beinahe panisch und lief in meinem Zimmer auf und ab.

„Na, abgeschlossen eben. Ich vermute mal, dass Sasuke unterwegs ist. Wäre ja nicht das erste Mal“, erklärte Itachi ruhig. Zu ruhig für meinen Geschmack, was ich ihm auch gleich mitteilen wollte.

„Verdammt Itachi, geh in dieses Zimmer. Wie kannst du nur so ruhig bleiben?“, fuhr ich ihn an. Er machte nichts weiter als einmal tief einzuatmen.

„Beruhig dich Naruto. Sasuke ist alt genug um nachts mal wegzubleiben. Es gibt keinen Grund sich so aufzuregen. Geh schlafen und komm morgen früh hier vorbei.“

Wild schüttelte ich auf diese Aussage meinen Kopf.

„Ich kann mich nicht beruhigen, solange ich nicht weiß wie es Sasuke geht“, meinte ich erstickt, da mir jetzt doch wieder Tränen über die Wange liefen.

„Naruto, ihm geht’s gut. Mach dir nicht so viele Gedanken“, redete Itachi auf mich ein. Ich wusste, dass es beruhigend klingen sollte. Aber das tat es nicht. Ich war jetzt innerlich nur noch aufgewühlter. Das änderte sich auch nicht, als Itachi aufgelegt hatte und mich mit meinen Gedanken und Gefühlen allein ließ.
 

Zwischen Traurigkeit und Unsicherheit bildete sich unglaubliche Wut auf Itachi, weil er mich einfach so unverrichteter Dinge allein ließ. Er ging ins Bett und schlief seelenruhig weiter, während ich mir hier die schlimmsten Vorstellungen ausmalte. Innerlich kochend warf ich das Telefon gegen die gegenüberliegende Wand. Es zerschellte mit einem dumpfen Knacken und mir sprangen nun endgültig irgendwelche wertlosen Plastikteile entgegen. Es kümmerte mich herzlich wenig. Ich bemerkte nur am Rande, dass ich soeben mein einziges Mittel zerstört hatte, um mit anderen in Kontakt zu treten. Jetzt stand ich wirklich allein da. Erzürnt über mich selbst und meine Impulsivität schnappte ich mir meine Jacke und ließ mein unordentliches Zimmer hinter mir zurück.

Zielsicher suchte ich diesen schmierigen Gemeinschaftskeller auf, der von uns schon so oft für nächtliche Partys benutzt wurde. Mein billiges, klappriges Fahrrad stand hinten in der Ecke. Spinnweben bildeten schon ein zweites Netz aus Speichen, weil ich es einfach zu selten benutzt hatte. Zornig riss ich es an mich und schleppte es hinaus. Sofort peitschte mir der feine Nieselregen ins Gesicht. Es war windig und feucht, als ich losfuhr. Die Straßen waren glatt und jede Pfütze durch die ich fuhr, benetzte meine Hosenbeine mit dreckigem Regenwasser. Es war unangenehm die eigene, nasse Kleidung auf seiner Haut zu spüren. Schwer atmend trat ich in die Pedale, von der ich mehrmals wieder mit dem Fuß abrutschte. Hektisch schaltete ich einen Gang runter, weil ich mir einbildete, dass ich so noch schneller gegen den starken Gegenwind ankam. Immerhin hatte ich ein klares Ziel vor Augen. Das konnte mir auch die schlechte Sicht nicht nehmen. Ich wollte zu Sasuke. Jetzt. Ohne abzubremsen rauschte ich um die scharfe Kurve. Die hohe Geschwindigkeit schleuderte mich beinahe aus der Bahn, doch ich setzte rechtzeitig meinen linken Fuß auf, um nicht gänzlich aus dem Gleichgewicht zu geraten und balancierte geschickt die Schräglage aus. Quietschend, und vor klammer Kälte zitternd, erreichte ich das große Anwesen meines besten Freundes. In diesem schummrigen Licht und diesen grauen Nebelschleiern, die sich durch die Luft zogen, sah es fast schon ein bisschen unheimlich aus.
 

Ich ignorierte den lästigen Regen so gut ich konnte und warf mein Rad kurzerhand einfach beiseite. Es fiel klappernd auf den schönen Rasen. Wenn ich Zeit gefunden hätte, dann wäre mir aufgefallen wie unpassend und hässlich es in diesem riesigen Garten aussah. Ungestüm stolperte ich über den Weg zur Tür. Wäre beinahe noch über meine eigenen Füße gestolpert, da es mir auf einmal vorkam als hätte ich Watte in den Knien. Zielsicher fand mein Finger den kleinen Knopf der Klingel und blieb einfach ungerührt auf diesem kleben. Ich wartete angespannt auf Itachi, der mir die Tür öffnen sollte, damit ich endlich sehen konnte, ob Sasuke da war. Ich wollte mich einfach vergewissern. Dieser dumme Traum hat mich vollkommen aus der Bahn geworfen.
 

Schrill und nervig klang das Geräusch der Klingel in meinen Ohren und ich fragte mich innerlich gereizt, warum Itachi nicht schon längst hier unten war. Ein Poltern und ein mehr als unfreundliches Fluchen konnte ich von Innen hören und stieß erleichtert die angehaltene Luft aus. Na endlich, dachte ich, als ich mir bewusst wurde, dass man mir gleich diese hinderliche Tür öffnen würde.

„Wer…“, grummelte Itachi verstimmt und verstummte gleich wieder als er mich sah. Sein Gesichtsausdruck wurde finster, doch mich konnte er damit nicht einschüchtern.

„Naruto, was machst du hier?“, fragte er genervt und stand weiterhin unnütz in dem Türrahmen rum.

„Ich will zu Sasuke!“, erklärte ich und versuchte mich an seinem breiten, muskulösem Körper vorbeizuschieben.

„Hör mal, ich hab dir doch gesagt…“, begann er belehrend, während er mich an meiner Schulter zurück hielt.

„Es ist mir aber völlig egal was du gesagt hast und jetzt geh mir verdammt nochmal aus dem Weg“, schrie ich ihn an und stieß ihn gleich darauf hart von mir weg. Meine Schritte fanden eilig den Weg die Treppe hoch und schwer einatmend stand ich schließlich vor Sasukes Zimmer.
 

Itachis Blick brannte sich förmlich in meinen Rücken. Er würde mir nicht folgen. Das verriet mir die Stille, die sich hinter mir ausbreitete. Er beobachtete nur und ließ dann ein halbherziges und belangloses Seufzen verlauten.

„Sasuke?“, rief ich gegen das Holz seiner Tür und packte ungeduldig die Türklinke, um sie immer wieder hinunter zu drücken und daran zu rütteln, als ob sich dadurch irgendwas vereinfacht öffnen ließe. „Sasuke?“, kam erneut sein Name über meine Lippen und dabei bearbeitete ich drängender die Tür. Panisch vor Angst schlugen meine Hände abwechselnd auf das harte Holz ein, das unbeschreiblichen Widerstand leistete.

„Naruto, jetzt komm mal wieder runter“, raunte Itachi mir zu, der von mir unbemerkt hinter mich getreten war.

„NEIN“, platzte es unkontrolliert aus mir heraus. Wütend funkelte ich Itachi an, der augenblicklich einen Schritt von mir zurückwich. Als meine Hände begannen schmerzhaft zu pochen und zu brennen, da dieses unbeugsame Holz meinen Schlägen nicht nachgeben wollte, trat ich aus Hoffnungslosigkeit mit dem rechten Fuß dagegen, gefolgt von meinem linken. Es tat weh. Aber es überdeckte nicht den Schmerz und das Bangen um Sasuke, das sich um mein Herz gelegt hatte.

„Schlüssel“, flüsterte Itachi hinter mir benommen und als ich ihm verwundert ins Gesicht sah, bemerkte ich die nachdenkliche Stirnfalte.

„Was?“, fragte ich neugierig, da ich Hoffnung in mir aufwallen spürte, die sich momentan so unglaublich schön anfühlte.

„Schlüssel“, wiederholte er, noch immer mit diesem Ton in der Stimme, dass er sich nicht gänzlich sicher war, ob er den richtigen Gedankengang verfolgte.

„Sasuke hat einen Zweitschlüssel“, gab er mir dann endlich zu bedenken. Seine bedeutsamen Worte sickerten beschwerlich zu mir durch, doch als ich sie endlich verstand, riss ich übereilt mein Schlüsselbund aus meiner Hosentasche.

„Warum sagst du das erst jetzt?“, fuhr ich Itachi anklagend an, obwohl ich ja selbst darauf hätte kommen können. Wenn ich meine Schlüssel auch nur einmal Zweckgemäß gebrauchen würde, wäre mir der Einfall vielleicht auch gekommen, bevor ich mir meine Hände blau geschlagen hätte. Jetzt waren sie taub und steif. Ungelenk kämpfte ich mit dem Schlüssel. Es gelang mir nach einer gefühlten Ewigkeit die Tür zu öffnen. Nach einem erlösenden Klick stolperte ich geradezu in den Raum.
 

Das erste, was mir an seinem Zimmer auffiel, war die ungewöhnliche Unordnung. Überall lagen benutzte Kleidungsstücke herum. Meine äußerliche, aufgedrehte Art war verschwunden. Sie ist einem geschockten, betäubten Zustand gewichen. Nur innerlich, da war ich noch immer so unglaublich nervös und aufgewühlt. Die verbrauchte, stickige Luft in diesem Raum nahm mir den Sauerstoff zum Atmen. Jegliches Gefühl für Zeit schien ich verloren zu haben, als mir Sasukes Körper ins Auge fiel. Ich schnappte unwillkürlich nach Luft. Wieder und wieder. Realisierte nicht, dass er da lag. So ruhig und friedlich, als würde er schlafen. So wunderschön blass war seine Haut. Ähnlich wie die in meinem Traum. Genauso anziehend und verführerisch. Aber es gab Ecken und Kanten an diesem Bild, die mich lähmten und meine Angst bestärkten. Es war die kaum sichtbare Atemfunktion, das leblose, schlaffe herunterhängen seines Armes und die unschöne, beinah hässliche Wahrheit, die mir wie auf dem Servierteller präsentiert wurde. Ein gnadenlos schrecklicher Zustand, der sein Antlitz beschmutzte.

„Siehst du? Er schläft“, flüsterte Itachi neben mir und holte mich damit aus meiner starren Lethargie heraus. Ich war mir nicht sicher ob er gerade wirklich diese Worte über seine Lippen gebracht hatte. Aber sein fragender, begriffsstutziger Blick, den er mir zuwarf, weil ich ihn ungläubig und fassungslos mit Abneigung strafte, bestätigte mir, dass er wirklich an seine eigenen Worte zu glauben schien.

Mechanisch, fast wie in Trance, ballte ich meine rechte Hand zur Faust und holte aus. Hart und unvorbereitet traf ich Itachis Kiefer. Ich sah teilnahmslos dabei zu, wie er anschließend benommen zurück taumelte und erschrocken aufkeuchte. Seine Hand legte sich an die Stelle, die ich getroffen hatte.

„Wach endlich auf. Sieh doch nur einmal hin was um dich herum passiert. Mach die Augen auf und bemerke endlich, dass in deiner Umwelt gar nichts richtig läuft“, verließ es bedrohlich ruhig meine Lippen, während ich auf Sasukes ohnmächtigen Zustand deutete.

„Er schläft nicht“, hauchte ich atemlos und steuerte nun selbst stumm auf das Bett zu. Meine Hände zitterten, als ich vorsichtig Sasukes Hand in meine nahm. Diese unwirkliche Kälte raubte mir jegliche Hoffnung. Schluckend und realisierend brach ich vor seinem Bett zusammen. „Er stirbt“, flüsterte ich. Hörte nur am Rande, dumpf Itachis Stimme, der allem Anschein nach irgendwen am Telefon hatte.
 

Itachi war nur noch einmal neben mir, um meine Hand leicht wegzustreichen und seine eigene an diese Stelle zu legen. Ich hörte ihn nahe meinem Ohr, wie er leise und beherrscht mit der Stimme am Telefon sprach.

„Schwach“, sagte er und unter bitteren Tränen wandte ich meinen Kopf zu Sasuke. Nahm sein Handgelenk wieder in meine Hand und spürte, was Itachi meinte. Er würde sterben. Flatternd und unregelmäßig spürte ich seinen Puls gegen meine Finger schlagen.

„Verlass mich nicht“, hauchte ich matt und tonlos gegen seine erkaltete Haut. Hatte das Bedürfnis ihn zu wärmen und für ihn da zu sein, auch wenn sich der Gedanke seines Todes immer mehr in meinem Kopf festsetzte. Ich umklammerte seine Hand. Drückte sie fest und fing an seine Haut zu reiben, als würde die Wärme auch seinen restlichen Körper wieder fürs Leben erwärmen.

„Stirb nicht“, flüsterte ich verzweifelt und bemerkte kaum, wie Itachi versuchte mich von ihm zu ziehen.

„Ich brauch dich doch“, rief ich nun laut und deutlich, in der Hoffnung er würde mich hören, würde seine Augen aufmachen und mich ansehen. Wieso glaubte ich an einen dummen Scherz? Wieso wollte ich, dass er lachend aufstehen sollte? Wieso wollte ich in diesem Moment nichts mehr, als seine Stimme hören, wie sie dieses unverschämte Usuratonkachi aussprach? Ich wusste die Antwort. Sie war so einfach. Sasuke war mir wichtig und ich wollte ihn nicht verlieren!

Mit meiner Kraft am Ende wehrte ich mich nicht gegen Itachis festen Griff, der mich von Sasuke trennte. Er zog mich an die gegenüberliegende Wand, sodass die eingetroffenen Sanitäter Platz hatten um sich um meinen besten Freund zu kümmern. Seit wann waren die da? Wie lange hatte ich jetzt ihre Arbeit behindert? Schluchzend sah ich zu, wie sie ihm irgendein Mittel gaben. Dann verschwamm meine Sicht. Itachis T-Shirt drückte sich gegen mein Gesicht und seine Hand ruhte beruhigend auf meinem Rücken.
 

„Er wird es schaffen, ganz sicher“, sagte Itachi leise und strich mehrmals über meinen Rücken. Er hörte sich nicht danach an, als würde er aus tiefster Entschlossenheit sprechen. Aber ich wollte ihm glauben. Wollte daran festhalten, dass es schon wieder alles gut werden würde, auch wenn es momentan nicht wirklich gut aussah. Itachis Umarmung wurde eine Spur fester und ich spürte das bestimmte Nicken, welches mich augenblicklich erwartend und unsicher aufsehen ließ. Er lächelte mir traurig und betroffen entgegen, als sie hinter mir eine Trage in den Raum brachten und bereits dabei waren Sasukes starren, leblosen Körper darauf zu platzieren. Ich sah aus dem Augenwinkeln dabei zu und spannte unbemerkt meinen Körper an.

„Was soll das?“, rief ich ungehalten in den Raum hinein und spürte, wie Itachi mich noch fester an sich drückte.

„Bleib ruhig, Naruto“, bat er und sah selbst betroffen dabei zu, wie sie Sasuke aus seinem Zimmer transportierten.

„Wo wollen sie mit ihm hin?“, schluchzte ich ahnungslos und war drauf und dran zu glauben, dass ich ihn bereits verloren hatte. Itachis Stimme jedoch sagte, dass sie ihn nur ins Krankenhaus brachten, um ihn besser und umsichtiger behandeln zu können. Als auch der letzte Sanitäter dieses Zimmer verlassen hatte, lockerte sich auch Itachis Griff wieder. Er schob mich hinüber zum Bett und drückte mich leicht hinunter. Ich kann mich überhaupt nicht mehr daran erinnern, wann ich das letzte Mal in seinem Bett gelegen habe.

„Wer ist Gaara?“, riss mich Itachis Stimme mit einem Mal aus meiner Nachdenklichkeit.

„Jemand, der Sasuke sehr nahe stand“, erwiderte ich abwesend. Nicht einmal eine scharfe, anstößige Bemerkung hatte ich für diesen Gaara übrig.

„Wieso?“, hakte ich dann noch nach, als ich merkte, wie sprachlos und angespannt Itachi in dieses Buch sah.

„Weil dieser Gaara tot ist“, erklärte er mir und hielt mir die aufgeschlagene Seite vor die Nase. Da stand es. Ich hatte sogar mühe Sasukes zittrige Schrift als seine zu erkennen. Bedächtig nahm ich das Buch an mich und bat Itachi leise, mich für einen Moment allein zu lassen. Er befolgte, auch wenn ich seinem Gesicht anerkannte, dass er sich damit sichtlich schwer tat.
 

Sam,

Ich weiß zum ersten Mal nicht genau was ich dir schreiben soll. Ich weiß nicht mehr was ich fühle. Ich weiß nicht mehr wer ich bin.

Er ist tot. Heute, eben, vor nicht weniger als ein paar Stunden. Vielleicht ist es auch nur ein paar Minuten her. Ich weiß es nicht.

Aber ich weiß, dass er tot ist. Gaara, er ist gegangen.

Ist es falsch zu glauben, dass er es geschafft hat? Ist das falsch?

Er ist jetzt da wo er Frieden hat. Wo keiner ihm mehr Vorwürfe machen kann. Wo keiner mehr mit Vorschriften und Regeln kommen kann.

Aber er ist tot.

Er wird nie wieder neben mir stehen und mich anlächeln.

Er wird auch nie wieder da sein, um mir zuzuhören. Er ist weg. Er ist tot.

Diese Erkenntnis kann ich noch so oft sagen, noch so oft schreiben, sie füllt diese Leere in mir nicht.

Was wäre… Wann und wo…

Kann es schlimmer kommen?

Ich suche und finde…

Ich finde und verliere…

Der Tod ist grausam und gleichzeitig so wunderschön. Befreiend und endgültig.

Ist es falsch so zu denken?
 

Gaara ist tot…
 

Mir wurde kalt bei diesen Worten. Niemals hätte ich gedacht, dass ich sowas mal lesen müsste. Es klang wie ein Abschied. Ein Abschied von dieser ungerechten Welt. Ein Abschied von mir und allen die ihm jemals etwas bedeutet hatten. Warum gab er sich auf? Ich war ratlos an dieses Buch gebunden, dass mir Aufschluss über Sasuke und dessen Gefühlswelt geben konnte. Aber irgendwas in mir sträubte sich gewaltig dagegen zum Anfang zu blättern und anzufangen zu lesen. Was würde ich erfahren? Ich kann nicht beschreiben welches Gefühl sich in mir ausbreitete. Irgendwas zwischen Furcht, Angst und mutloser Neugier. Es war unglaublich schwer das Buch zu schließen und umzudrehen. Schluckend und mit geschlossenen Augen schlug ich die erste Seite auf. Zögerlich sah ich hinab und hielt den Atem an. Schon die ersten Worte hatten die Macht mich zu zerbrechen. Ich fing an zu weinen und hätte mich am liebsten selbst Verurteilt für meine Dummheit. Dafür, dass ich nicht einmal diese Wendung in Betracht gezogen hatte.
 

» … Mit meinem besten Freund geht es nicht mehr, denn er ist mein größtes Problem.

Er ist meine Schwäche.

Er ist meine Liebe.

Er ist mein Leben.

Und er hat es eben geschafft, mein Herz zu brechen. … «
 

Warum hab ich das nur nicht bemerkt?

Warum haben wir so stumm aneinander vorbeigeredet?
 

Jetzt plötzlich machten auch seine Worte so viel Sinn. Wie konnte ich sie derartig missverstehen? Wie konnte ich dafür sorgen, dass er sich in sein Unglück stürzte? Er hatte mir auf mein Drängen hin gesagt, er hätte sich verliebt. Ich hab nicht verstanden, wen er meinte. Ich war so blind und dumm. Bin es die ganze Zeit über geblieben. Und jetzt? Jetzt sitz ich hier allein. Dabei er ist er mir immer genauso wichtig gewesen. Immer.

Dieses ganze Gerede über Freundschaft kam mir mittlerweile so irreal und abstrakt vor. Hatte er wirklich den Irrglauben, eine Freundschaft würde seine Gefühle vernichten? Es tat weh, seine Worte lesen zu müssen, wie er sich allem Anschein nach gequält hatte. Wie er versucht hat vergeblich alles auszublenden und zu vergessen. Sichtlich ohne Erfolg.

Meine Augen schwammen in bitterer Tränenflüssigkeit, die zaghaft über meine Wangen lief. Sie würden wohl von allein vorerst nicht versiegen. Kraftlos ergab ich mich und las alles. Und mit jedem weiteren Eintrag sank mein Mut, meine Entschlossenheit und mein Schuldeingeständnis bekräftigte sich. Seine Worte rissen mich in ein uneingeschränktes Schuldgefühl.

Jedes vorher erteilte Schuldgefühl war nichts gegen dieses enthauptende Gefühl in meinem Inneren.
 

» Hörst du auch diese Stimmen, Sam? Hörst du sie? Sie kommen vom Flur. Sind ganz nah. Sie sollten nicht hier sein. Ich sollte sie nicht hören, weil ich auch nicht hier sein dürfte. Niemand sollte hier sein! Ich muss leise sein, darf mich nicht verraten. Würde nur Fragen aufwerfen und anschließend keine Antworten finden. Sie denken, ich wäre nicht hier. Sie wissen nicht was sie anrichten. Sie glauben, ich sei unterwegs. Das hatte ich Naruto geschrieben, als er mich fragte, ob er mich besuchen kommen konnte.

Sam, du hörst die Stimmen nicht, oder? Aber ich kann sie hören, jedes Wort was sie sagen kann ich verstehen. Du aber leider nicht. …«
 

Als ich an dieser Stelle war, konnte ich beinahe nicht glauben, was er dort geschrieben hatte. Ich hatte ja keine Ahnung, dass er mich belogen hatte. Ich konnte doch absolut nichts dafür, dass ich mich so schwach und willenlos meinem Bedürfnis hingegeben hatte.

Er wusste es. Das war ein Gedanke, der mir jetzt schmerzlich ins Herz fuhr. Es schnürte mir brennend und ziehend die Kehle zu.
 

» … „Schlaf mit mir, Itachi!“, meint Naruto. Er klingt sicher und selbstbewusst. Ungefähr so wie damals bei mir. Seine Stimme enthält nicht die Verliebtheit, die ich von ihm erwartet hätte. Wieso, Sam? Wieso? Braucht er es so dringend? Will er einen Vergleich. Will er wissen, worin der Unterschied zwischen mir und meinem Bruder liegt? Ist es der Reiz? Ein Kick, weil es mein Bruder ist? Wieso kann ich ihn nicht verstehen? … «
 

Er hatte mitbekommen, was ich mit seinem Bruder angestellt hatte. Was für einen dummen Fehler ich begangen hatte. Er wusste nicht, dass ich ihn bereits bereue, dass ich nichts empfunden habe, während ich unter seinem Bruder lag und seine Hände gespürt hatte. Sasuke war die ganze Zeit so ahnungslos gewesen. Hatte sich festgebissen an einer Tatsache, die für mich mittlerweile so unwichtig geworden war.
 

» … Ich verabscheue, ich verachte, ich leide…

Sam, ich fange an mich zu hassen.

Kann diesem Drang nicht widerstehen. Kann die Sehnsucht nach Naruto nicht mehr ertragen. Will den Schmerz nicht mehr spüren. Kann ohne nicht mehr vergessen!

Ich verliere, Sam!

Versinke immer mehr im Sumpf von unterdrückten Gefühlen. Werde auf den Boden gedrückt und festgehalten. Kann mich nicht wehren. Bin kraftlos und schutzlos meiner Schwäche ausgeliefert. Ich kann nicht kämpfen. …«
 

Ich nahm diese Zeilen nur noch verschwommen wahr. Das Wissen, ihn an den Rand seiner Gefühle gebracht zu haben, zerfraß mich innerlich. Auf mir bildete sich eine drückende, vernichtende Last. Konnte nur erahnen, wie Sasuke sich in all dieser Zeit gefühlt haben musste. Dabei habe ich nie gewollt, dass er leiden muss. Ich wollte das nicht. Niemals.
 

»Sam,

Du weißt nicht wie das ist, oder?

Weißt du wie das ist, wenn man zu Boden geht?

Von null auf hundert, rasend schnell

Von null auf hundert und zurück, geht schneller...
 

Und ich… ich stehe jetzt hier mit nichts…

Fühle nicht, sehe nicht, lebe nicht...

und doch ist da alles so intensiv...

weiß nicht mehr wo oben und wo unten ist…

Du weißt nicht wie das ist...«
 

Ich auch nicht, Sasuke. Das hätte ich ihm jetzt gerne gesagt. Mir war auch nicht klar, wie schnell jemand abrutschen konnte. Wie sehr man sich in dieser Situation jemanden wünscht, der sieht wie es einem geht. Ich schwöre, dass ich es bemerkt hatte. Wirklich. Nur, wie kann man dagegen vorgehen, wenn man sich selbst so verdammt hilflos vorkommt? Wie geht man damit um, wenn man verstoßen wird? Was kann man tun, um wieder ein fester Bestandteil im Leben des Betroffenen zu werden? All die Versuche sind ungenutzt an mir vorbeigezogen. Jetzt, wo ich weiß, dass es falsch war, diese Versuche vorbeiziehen zu lassen, wünschte ich mir, ich hätte sie genutzt.

Während ich gelesen hatte, zog der Rest der Nacht langsam an mir vorbei. Das viele Weinen hatte mich Kraft gekostet. Schwach und müde legte ich mich nach hinten in sein Bett. Ich zog die Beine an und hielt das Tagebuch meines Freundes aufgeschlagen an meine Brust gedrückt fest. Auf der Seite standen die wohl schönsten und ehrlichsten Worte, die ich seit langem gehört hatte. Sie erweckten zwiespältige Gefühle in mir. Zum Einen machten sie mich unglaublich glücklich, weil sie direkt und unverwaschen aus seiner Seele kamen und zum Anderen machten sie mich traurig, weil es zu lange gedauert hatte, bis ich sie erfahren durfte.
 

» … „Ich liebe Naruto. Ich liebe ihn“ … «
 

Ich würde vieles Rückgängig machen. Viele meiner Taten oder Aussagen ungeschehen machen. Aber ich kann es nicht. Mir blieb nur die Zukunft. Das andere lag in der Vergangenheit. Mit dem letzten Gedanken an Sasuke schlief ich ein.
 

„Naruto, wach auf.“ Itachis Stimme riss mich am Morgen unsanft aus dem Schlaf. Ich hatte nicht geträumt und trotzdem fühlte ich mich, als hätte mich irgendein Lastwagen überfahren. Meine Glieder schmerzten und mein Kopf war unnatürlich schwer. Es puckerte unangenehm und ein leicht stechender Schmerz zog sich von meinem Hinterkopf vor zu meiner Stirn. Noch immer fühlte ich die feuchten Spuren auf meinem Gesicht, während ich erschrocken feststellte, dass meine Hände nicht mehr das kleine Buch festhielten. Mit einem Schlag hellwach setzte ich mich auf und starrte in Itachis tiefe Augen. Er lächelte verhalten und deutete mit einem seichten Kopfnicken auf den kleinen Nachtschrank. Dort lag das schwarze Buch, welches auch gleich wieder den Weg in meine Hände fand.

„Ich möchte ins Krankenhaus und ich fände es gut, wenn du ebenfalls mitkommen würdest“, sagte er leise und nahm aus dem Schrank ein paar Sachen von Sasuke, um sie in eine Reisetasche zu packen. Ich sah ihm abwesend dabei zu.

„Er liebt mich“, brachte ich mit brüchiger Stimme hervor, wobei seine Frage unbeachtet blieb. Viel zu sehr schwebte ich in meinen Gedanken an eine Zukunft mit Sasuke, dass ich mich einfach fertig machte und wenig später schon leicht abwesend lächelnd in Itachis Auto saß. Die Bedeutung der Reisetasche war einfach an mir vorbeigegangen.

Die ersten Minuten zogen still und stumm an uns vorbei, nur durchbrochen vom Aufheulen des Motors. Erst als wir aus der Einfahrt fuhren, erhob Itachi wieder seine Stimme.

„Ich werde Sasuke nicht wieder mit nach Hause nehmen“, erklärte er ruhig. Erschrocken und fassungslos starrte ich ihn an.

„Was? Warum nicht? Wie kannst du sowas sagen? Er ist dein Bruder!“, rief ich aufgebracht und rutschte unruhig auf meinem Sitz hin und her. Dabei krallte ich mich an das Tagebuch von Sasuke.

„Beruhig dich und lass mich erstmal ausreden“, entgegnete er gelassen und hielt an einer roten Ampel an. Sein Blick strahlte Entschlossenheit und Ruhe aus, dass ich mich auch wieder etwas entspannte und still seiner Erklärung lauschte.

„Ich glaube nicht, dass wir Sasuke zu Hause helfen können. Nicht nachdem was alles passiert ist. Er muss viel verarbeiten und ich denke, dass er dafür Hilfe braucht. Professionelle Hilfe, Naruto“, sagte er eindringlich, da er aus meinem Blick wohl ablesen konnte, dass ich eine Sekunde daran gedacht hatte, Sasuke selbst zu helfen. Letztendlich stimmte ich ihm aber mit einem leichten Nicken zu.

„Ich möchte, dass du mit ihm redest. Er muss verstehen, dass es für ihn besser ist, wenn er eine Therapie macht, oder so. Ich kenne mich damit nicht aus, Naruto, aber ich glaube, wenn er es von sich aus macht, wird es vielleicht leichter für ihn sein. Hilfst du mir?“

In meinem Kopf hallten seine Worte lange nach. Wir befanden uns bereits auf dem Parkplatz des Krankenhauses, als ich ihm schließlich meine Unterstützung zusagte und mit ihm und Sam ins Gebäude lief.
 

Wir gingen durch die Halle und erreichten zielstrebig den Empfang. Itachi sprach kurz mit der Frau, die ihn mit entzückten Augen betrachtete. Ihr langes, braunes Haar lag locker über ihrer Schulter. Sie lächelte so freundlich und unbeschwert, dass es auf mich so unsagbar falsch und grotesk wirkte, wenn ich daran dachte, wie es meinem Freund im Moment ging. Mein eigenes, zuversichtliches Lächeln, das ich vorhin noch auf meinen Lippen hatte, als ich in das Auto gestiegen war, war bereits mit Itachis ersten Worten und seiner Bitte verschwunden. Wie stellte er sich das überhaupt vor? Was sollte ich Sasuke denn sagen, um ihn zu einer Therapie zu überreden? Bisher war für mich doch auch kein rankommen an ihn möglich gewesen. Ich schreckte zusammen, als mich Itachi sanft an die Hand nahm, um mit mir den Gang entlangzulaufen und anschließend die Treppe nach oben in den zweiten Stock zu nehmen. Wir liefen direkt an der Intensivstation vorbei. Ein erleichtertes Seufzen verließ meine Kehle, da ich wirklich froh war, dass ich ihn nicht dort besuchen musste. Keine Ahnung wie ich es gefunden hätte, wenn ich ihn an Schläuchen und Geräten angeschlossen betrachten hätte müssen. Ich wusste ja nicht einmal, welche Maßnahmen man bei Drogensüchtigen überhaupt durchführte. Und wenn ich ehrlich war, wollte ich es im Moment auch gar nicht mehr wissen. Jetzt zählte für mich nur noch seine Gesundheit. Ich wollte ihn sehen und von ihm hören, dass er kämpfen würde. Er sollte um sein Leben und unsere Zukunft kämpfen. Vielleicht waren das die Worte, die ich ihm sagen sollte, wenn er seine Augen aufschlug. Vielleicht.
 

Sasuke lag schlafend in seinem Bett. Man hatte die Vorhänge zugezogen, sodass der Raum in einem kargen Licht lag. Itachi stand schweigend hinter mir und sagte nichts, als ich kurzerhand beschloss mir einen der Stühle zu nehmen und mich neben das Bett setzte. Zögerlich nahm ich Sasukes Hand und es legte sich kurz ein schmales Lächeln auf meine Züge, als ich bemerkte, dass sie dieses Mal nicht so erschreckend kalt war. Ich hielt sie fest und genoss für einen Moment die Stille, die mir Zeit gab meine Gedanken und Gefühle zu ordnen, was allerdings alles nichts nützte, denn als er seine Augen flatternd öffnete und sich zaghaft begann zu regen, war mein Kopf schlagartig leer. Ich fühlte mich so unsicher und unbeholfen wie schon lange nicht mehr. Weil mir nichts Besseres einfiel, drückte ich sachte die Hand von Sasuke, um auf mich und Itachi aufmerksam zu machen. Seine erste Reaktion fiel nicht wirklich positiv aus. Er zog überrascht und verwirrt seine Hand von meiner weg und legte sie versteckend unter die Decke.

„Ich werde euch besser allein lassen“, flüsterte Itachi bedächtig und klopfte mir einmal kurz bestärkend auf meine Schulter, bevor das leise Klicken der Tür verriet, dass er den Raum verlassen hatte.
 

Unbeholfen legte ich meine Hand auf meinen Schoß, wo ich auch das Tagebuch von Sasuke abgelegt hatte. Kurz schweiften meine Gedanken zu dem erdrückenden Inhalt. Unwillkürlich schnappte ich schnell nach Luft und beschloss, einfach zu reden. Ganz egal, was dabei herauskommen würde.
 

„Sasuke“, hauchte ich brüchig mit viel zu leiser Stimme, jedoch schien sie Sasuke zu bemerken, denn seine matten Augen sahen kurz, viel zu kurz, in meine Richtung. Ihr Glanz war verflogen. Jetzt strahlten sie nur eine unglaubliche Leere und Teilnahmslosigkeit aus, die ich noch nie zuvor bei ihm gesehen hatte. Dieser Moment, diese eine Sekunde, nahm mir schlichtweg den Mut erneut zu sprechen. Es kostete mich unglaublich viel Überwindung meine nächsten Worte hervorzubringen.

„Ich wollte dir so gerne helfen“, erklärte ich zusammenhangslos, da es mir wirklich schwer fiel sinnvolle Wortgruppen zu erstellen.

„Weißt du, dass es nicht leicht war, ohne dich in der Uni zu sitzen? Ich hab mir so unglaublich viele Gedanken gemacht, darüber mit wem du zusammen bist und mit wem du sprichst, mit wem du lachst. Und ich habe viel verdrängt. Wollte nicht glauben, dass du dich von mir entfernst“, versuchte ich ihm ehrlich zu sagen, doch Sasuke schien das alles nicht wirklich zu interessieren. Oder er nahm es nicht wahr, weil er es nicht wollte. Schweigend und abwesend lag er auf dem Rücken und starrte an die weiße Zimmerdecke. Er sah mich nicht ein einziges Mal an.

„Man Sasuke, sag mir was ich tun soll? Du hast dich doch nun lange genug verschlossen. Ich brauch dich doch“, rief ich unbedacht und griff mir anschließend fahrig an den Kopf. Stürmisch fuhr ich mir durchs Haar und bemerkte zu spät, dass Sasukes kleines Tagebuch von meinem Schoß rutschte und dumpf auf dem Boden aufschlug.

Hart schluckte ich mein aufkeimendes Unbehagen herunter und fischte mit zittrigen Fingern das Buch vom Boden auf. Ich bemerkte aus den Augenwinkeln, dass Sasuke mich dabei beobachtete. Minimal, und wieder nur für den Bruchteil einer Sekunde, weiteten sich geschockt und betreten seine Augen, bevor er sie erschöpft schloss.
 

„Ich hab es gelesen“, gestand ich reumütig und sah nachdenklich auf meine Hände hinab.

„Alles?“, kam es realisierend von Sasuke und ich sah verwundert aber auch erleichtert auf. Mein kurzes bestätigendes Nicken entlockte ihm ein aufrichtig verzweifeltes Seufzen.

„Es tut mir leid“, flüsterte er benommen und fing plötzlich an hemmungslos zu weinen. Er verbarg seine Tränen nicht hinter seinen Händen oder unter der Bettdecke. Viel eher sah er mich hilfesuchend an.

„Mir auch“, nickte ich schnell und rutschte von dem Stuhl hinüber auf sein Bett. Blieb auf der Bettkante hocken und zog seinen Kopf zu mir, um meine Arme beruhigend um ihn zu legen.

Intensiver drückte ich ihn an mich, als das erste tiefe Schluchzen seinen Körper schüttelte. Einfühlsam streichelte ich über seinen Kopf und wartete geduldig, bis er sich wieder etwas beruhigt hatte. Die gesamte Zeit über verhielten wir uns stumm. Ich beschloss einfach, dass es im Moment wichtiger war, Sasukes Gefühlsausbruch abzuwarten, bevor ich ihm beichten würde, wie seine Zukunft aussehen sollte.

„Naruto“, hauchte Sasuke plötzlich traurig und schmiegte seine Wange an meine Brust. Es erfüllte mich mit einem angenehmen, kribbelnden Gefühl, jetzt wieder so in seiner Nähe zu sein, dass ich es einfach genoss, obwohl mir meine bevorstehenden Worte Kopfschmerzen bereiteten.

„Ich bin da, okay?“, flüsterte ich ihm rücksichtsvoll ins Ohr und spürte zufriedenstellend, wie Sasuke leicht darauf nickte.

„Es war dumm. Ein Fehler. Ein Leben am Limit. Gaara war nicht schuld, dass musst du mir glauben. Ihn trifft keine Schuld. Nur mich. Ich war naiv und unwissend. Naruto, glaub mir, wenn ich es gewusst hätte…“, stammelte er tonlos und ließ seinen Satz unbeendet im Raum stehen. Ich vermutete, dass er selbst nicht sicher war, ob er die folgenden Worte auch so gemeint hätte.

„Ich weiß", flüsterte ich in Gedanken vertieft und hörte wenig später meine Stimme etwas sagen, was mich selbst erstaunte.

"Ich denke, du hast noch die Chance alles hinter dir zu lassen, wenn du das willst." Ich wunderte mich über die Gelassenheit mit der ich diese Worte aussprach und darüber, wie dämlich und dumm ich sie fand. So unbeholfen mir die Worte vorkamen, hatten sie sich in meinen Ohren auch angehört.
 

Aus Verlegenheit ließ ich meine Aussage eine Weile still und unbeantwortet im Raum stehen, da ich Sasuke zu keiner Erwiderung drängen wollte. Er brauchte gefühlte 5 Minuten, bis er sich wieder einigermaßen gefangen hatte und nun ruhig und nachdenklich in meiner Umarmung lag. Er machte keine Anstalten, sich von mir in baldiger Zukunft zu entfernen und ich war ihm unsagbar dankbar dafür.

„Wie… meinst du das?“, fragte er schließlich hoffnungslos nach. Mein Körper spannte sich leicht an und ich strich etwas unruhiger über seinen Rücken.

„Naruto“, hakte er beinahe ängstlich nach, als er bemerkt hatte, dass mir die nächsten Worte nicht sehr leicht über die Lippen kommen wollten.

„Es ist kompliziert“, begann ich dann und überlegte fieberhaft, wie ich es ihm schonend und gefühlvoll sagen konnte.

„Ich habe die letzte Nacht viel erfahren und ich vermute, dass ich und Itachi nicht ausreichen werden um dir zu helfen. Wir allein können dich nicht retten“, sagte ich besonnen und versuchte vergeblich in die Augen von Sasuke zu sehen. Noch immer genoss er meine wärmende Umarmung, obwohl sich sein Körper merklich anspannte.

"Was genau willst du mir damit sagen?", fragte er mit rauer Stimme nach und krallte seine Finger fast schmerzhaft in meine Brust.

"Ich meine damit eine Therapie, Sasuke", erklärte ich und schloss nun selbst meine Augen, nur um ihn nicht ansehen zu müssen. Meine Umarmung verstärkte ich, weil ich ihm nicht das Gefühl geben wollte, dass ich ihn von mir schob.

"Du lässt mich allein?", hauchte er erkennend und es schmerzte, dass er glaubte, ich würde leichtfertig die Verantwortung abschieben wollen. Plötzlich fing er an sich gegen meine Arme zu drücken und sich zu wehren. Ich spürte, wie er von mir weg wollte. Er wollte flüchten, wie er es gewohnt war. Wieder versuchte er den einfachsten Ausweg zu nehmen.

"Lass mich los und verschwinde. Ich komm ganz gut allein klar", rief er aufgebracht und kämpfte immer noch gegen meine starke Umarmung an. Ich ließ nicht locker, weil ich das Gefühl hatte, wenn ich es machen würde, wäre er schneller aus diesem Zimmer verschwunden, als ich nach Itachi rufen könnte.

"Nein", erwiderte ich schlicht. Mittlerweile kratzte er über die wenige Haut, die mein Hemdkragen frei gab.

"Warum nicht? Du schiebst mich weg. Du willst mich nicht. Du hast selbst gesagt, dass du mir nicht helfen willst", schrie er mir entgegen. Seufzend sah ich ihn an. Mich trafen seine missverstandenen Worte innerlich.

"Das hab ich nie gesagt, Sasuke. Ich will dir helfen, nur ich kann es nicht alleine. Du musst erst lernen auf das Zeug zu verzichten, was dich beinahe zerstört hätte. Wie soll ich dir deiner Meinung nach dabei helfen? Soll ich dich zu Hause einsperren, bis du mich aus tiefstem Herzen anfängst zu hassen? Glaub mir Sasuke, mir fällt das auch nicht leicht, aber es ist für dich eine Chance und für uns eventuell eine Zukunft." Noch während ich sprach spürte ich, wie er seinen Widerstand aufzugeben schien.

„Ich verstehe“, meinte er dann bedrückt.

„Ich möchte dich einfach nicht nochmal verlieren. Ich möchte dich bei mir wissen. So einen Schrecken wie in der vergangenen Nacht möchte ich einfach nie wieder erleben müssen. Du bist mir wichtig, Sasuke.“

Ich spürte, wie sich sein Körper endgültig entspannte und er sich willenlos an mich legte, um die verbleibende gemeinsame Zeit auszukosten und zu genießen.
 

Fassungslos starrte ich den Mann an, der neben Itachi stand und mir gerade eine ziemlich schockierende Nachricht überbracht hatte. Hätte ich davon gewusst, hätte ich vielleicht niemals eingewilligt Sasuke zu überreden, dass er freiwillig einer Therapie zustimmt. Damit hatte ich mir nun selbst keinen wirklich großen Gefallen getan, denn wie es aussah, würde ich Sasuke die nächsten Monate nicht mehr sehen. Er war bereits verlegt worden, sodass ich nicht einmal die Gelegenheit bekommen hatte, mich von ihm zu verabschieden. Gerade jetzt empfand ich unglaubliche Wut auf Itachi, weil er mich hintergangen hatte und mir nicht die ganze Wahrheit gesagt hatte.

"Aber warum darf ich ihn denn nicht besuchen?", fragte ich aufgelöst und wütend zugleich.

"Das ist Teil der Therapie. In den ersten Monaten kein Kontakt zu Familie und Freunden", erklärte mir der Arzt sachlich und ich brachte meinen Unmut durch ein lautes Zischen zum Ausdruck.

"Das ist unfair und ungerecht", schrie ich ungehalten und stürmte aus dem Krankenhaus. Ich lief geradewegs zum Anwesen der Uchihas und verzog mich auf Sasukes Zimmer. Es sah ehrlich gesagt noch genauso unordentlich aus wie zu dem Zeitpunkt, wo ich ihn halb tot aufgefunden hatte. Nur um meine Wut zu vergessen und mich abzureagieren, fing ich an aufzuräumen. Ich fand Dinge unter seinem Bett, die ich nicht unbedingt gern finden wollte. Gewissenhaft und ordnungsgemäß entsorgte ich diese widerlichen Sachen und putzte mir sprichwörtlich die Seele aus dem Leib, bis Itachi an die Tür klopfte.

"Was machst du, Naruto?", fragte er ruhig, wie immer, nach.

"Aufräumen, siehst du doch", antwortete ich bissig und griff nach der Tür, um diese vor seiner Nase zuzuschlagen.

Ab diesem Tag gingen wir uns weitestgehend aus dem Weg. Die meiste Zeit verbrachte ich ohnehin in der Uni und sinnierte dort vor mich hin. Durch lernen lenkte ich mich davon ab, ständig an Sasuke zu denken. Nur wenn ich zurück in seinem Zimmer war, kam die Sehnsucht wieder und ich blieb meistens grübelnd auf seinem Bett liegen.

Für mich verging unendlich viel Zeit, bis Itachi mit einer angeblich dringenden Nachricht vor meiner Tür stand und darauf wartete, dass ich ihn herein bat.

"Er hat dir geschrieben", sagte er, worauf ich ihn mürrisch ansah.

"Wer hat mir geschrieben?", fuhr ich ihn unsanft an und erstarrte, als seine Lippen den ersten Buchstaben des Namens formten.

"Sasuke!" Für einen Moment glaubte ich an Herzversagen zu sterben, weil es plötzlich aufhörte zu schlagen, nur, um dann doppelt so schnell seine Tätigkeit wieder aufzunehmen. Stürmisch und ungeschickt sprang ich vom Bett hoch und riss den Brief aus den Händen von Sasukes Bruder. Beherzt schob ich Itachi aus dem Zimmer und knallte die Tür zu.

"Na danke", hörte ich ihn beleidigt murmeln, bevor er die Treppe runter ging. Aufgeregt hielt ich den zugeklebten Brief in meinen Händen und drehte ihn ein paar Mal von einer Seite auf die andere, bevor ich ihn vorsichtig öffnete, als könnte ich dabei irgendetwas wichtiges zerstören. Mit angehaltenem Atem begann ich zu lesen.
 

Hallo Naruto,

ich muss mich bei dir entschuldigen, weil ich dir erst so spät schreibe. Eigentlich hatte ich vorgehabt, mich recht bald bei dir zu melden. Aber ich habe kaum eine ruhige Minute Zeit gefunden, dir etwas zu schreiben.

Jetzt, wo ich angefangen habe frage ich mich, was du jetzt wohl gerne von mir hören würdest? Ich geb ehrlich zu, ich weiß es nicht.

Ich könnte dir jetzt sagen, dass es mir ganz gut geht, dass das Wetter hier ganz angenehm ist. Die Sonne scheint. Die Frage ist nur, ob du mir das auch glauben würdest. Wahrscheinlich nicht, dafür hab ich schon zu viel Mist geschrieben.

Wenn ich es geschafft habe, die vergangenen Wochen und Tage zu verarbeiten, dann werde ich bestimmt auch fähig sein, dir davon zu berichten. Ich möchte es gerne. Ich möchte dir gerne sagen wie es mir geht, auch wenn ich befürchte, dass du dir dann noch mehr Schuld zuschreiben wirst, als du es jetzt vielleicht schon tust. Das will ich nicht, glaub mir.

Im Übrigen sind die Leute hier ganz in Ordnung. Einige ähneln dir. Sie sind genauso verbissen und hartnäckig in ihrer Art wie du. Sie geben nicht auf, egal wie sehr man sich weigert.

Ich vermisse ein wenig mein Zimmer. Hier teile ich es mir mit einem anderen Jungen. Er ist noch etwas jünger als ich. Wenn ich die Zeit finde, werde ich dir auch von ihm erzählen, denn jetzt muss ich los. Wir haben Pläne an die wir uns halten müssen.

Ich werde dir wieder schreiben, wenn du mir versprichst nicht zu antworten. Warum du das nicht tun sollst, werde ich dir auch erklären, wenn ich dafür Zeit finde.
 

Ach, Naruto? Ich vermisse dich.
 

Sasuke
 

"Ich vermisse dich auch", war das erste was mir leise geflüstert über die Lippen kam, als ich den deutlich zu kurzen Brief durchgelesen hatte. Danach formte sich ein unausgesprochenes "warum?" auf meinen Lippen, weil meine Gedanken nun an dem letzten Satz hingen. Ich verstand seine Bitte nicht so ganz, was mich nachdenklich dazu brachte, seinen Brief immer und immer wieder zu lesen. Stunden verbrachte ich mit dieser Tätigkeit und reagierte nicht einmal auf Itachis Versuch mich zum Essen zu holen. Trotzig zog ich den Stuhl zurück und nahm darauf Platz, um anschließend mit bemühter Schrift zu beginnen, ein leeres Blatt Papier zu beschreiben. Eigentlich enthielten die ersten Zeilen nur meine Fragen, die mir schon seit ewiger Zeit im Kopf herum schwirrten. Danach folgten Ermutigungen und ich fing an alltägliches Zeug aufzuschreiben, was mir in der Zwischenzeit passiert ist. Ehe ich richtig darüber nachdenken konnte, hatte ich den Brief schon gefaltet in einen Umschlag gesteckt und sicher zugeklebt. Aufgeregt schrieb ich die Adresse ab und befand mich kurze Zeit später schon unten im Flur.

"Wo willst du hin, Naruto?", rief Itachi und steckte dabei seinen Kopf aus der Küche. Schnell hatte ich meine Schuhe angezogen und meine Jacke gegriffen, als ich auch schon aus der Tür trat.

"Briefkasten", antwortete ich noch knapp auf seine Frage und lief mit eiligen Schritten los. Den ganzen Weg über, dachte ich darüber nach, ob es wirklich die richtige Entscheidung war, ihm jetzt ebenfalls einen Brief zu schicken. Immerhin hatte er darum gebeten, dass ich es nicht tun sollte. Warum also missachtete ich seine Bitte? Noch während ich darüber nachdachte, welchen Grund er dafür hatte, verlangsamten sich meine Schritte, bis ich schließlich gänzlich mitten auf der Straße stehen blieb. Der entscheidende Schritt zum Briefkasten war nur noch wenige Meter entfernt. Ich hätte nur noch um die nächste Ecke gehen müssen und hätte dann genau vor ihm gestanden. Aber ich tat es nicht. Stattdessen lief ich in die entgegengesetzte Richtung zurück zum Anwesen, dass ich seit Sasukes Aufenthalt in der Klinik mein Zuhause nannte. Ich beschloss, auf seinen nächsten Brief zu warten, weil mir das Risiko zu groß war, dass er nicht mehr schreiben würde, wenn er erstmal meinen Brief bekommen hätte. Seine Beweggründe würde ich später hinterfragen, solange wartete ich sehnsüchtig jeden Tag auf Post von meinem Freund. Und dieses Mal ließ sie nicht sehr lange auf sich warten. Wieder total nervös und mit wild schlagendem Herzen begann ich zu lesen, was mir Sasuke mitzuteilen hatte.
 

Hallo Naruto,

ich kann mir vorstellen wie schwer es dir gefallen sein muss mir nicht zu antworten. Aber ich bin dir dankbar dafür, weil ich vermute, wenn du mir antwortest, würde es mir schwerer fallen hier zu bleiben und die Sache durchzustehen. Es sind schon so viele Wochen vergangen, dass ich mittlerweile anfange, nicht mehr jede Minute daran zu denken, wie es jetzt wäre mir wieder einen Schuss zu setzen. Die ersten Tage ohne Zeug waren wirklich schlimmer als die Hölle. Sowas sollte man keinem wünschen. Eigentlich sollte man meinen, dass ein Entzug ausreichen müsste, um für ewig von diesem Zeug loszusagen. Aber du kannst mir glauben, dass das nicht so ganz stimmt. Es ist nicht realistisch, wenn du weißt, wie viele von den jungen Menschen die hier sind, schon mehrere Versuche unternommen haben, um endlich mit dem Heroin aufzuhören. Das macht einem richtig Angst. Erst gestern wurde jemand eingeliefert, der erst vor einem Jahr entlassen wurde. In der Gruppe sagten sie, er wäre clean gewesen und hätte nun einen Rückfall erlitten. Ganz sachlich hatte man darüber geredet, fast so, als wäre es normal, dass sowas passiert. Ich fand das furchtbar, ernüchternd und beinahe makaber. Das muss schrecklich sein, für den Jungen. Er schreit hier rum, weil ihm alles weh tut. Jeder von uns weiß, dass er unglaubliche Schmerzen hat. Keiner von uns kann ihm wirklich helfen. Wir sehen zu, wie er sich unter Schmerzen am Boden krümmt. Wir hören zu, wie er beginnt zu betteln und zu flehen, man solle ihm endlich etwas Erlösung spritzen. Das Personal ist hart und unbarmherzig. Sie lassen uns leiden, obwohl sie genau wissen, dass wir von innen heraus aufgefressen werden. Es schmerzt, tut weh, zerstört... Es fühlt sich an, als würde etwas zerfetzt und zerrissen. Dann fängt es an zu brennen. Deine Glieder, dein ganzer Körper verkrampft sich, unwillkürlich. Kann nichts tun, niemand kann das. Kein anderes Gefühl herrscht vor, nur der unbegreifliche Schmerz. Hilf mir, lass mich los, nimm mich mit, gib mir halt, rette mich vor dem Feuer meines eigenen Körpers, weil es mich umhüllt und quälend langsam seine rötlichen Flammen ausstreckt und hässliche Spuren zurücklässt, die ein normales Auge nicht erfassen kann. Es sind merkwürdige Gedanken, bodenlose Gedanken die durch deinen überstrapazierten Kopf jagen und ätzendes Pochen zurücklassen, was dich wahnsinnig macht. Aber weißt du, irgendwann ist es dann vorbei. Plötzlich ist alles still und ruhig, innerlich herrscht eine so grausame Leere, dass sie dich fast wieder nervös macht. Ein Kampf, ein unbeugsames Hin und Her, bis du gänzlich aus dem Schatten deiner Sucht trittst. Momentan ist es gut, momentan ist es weder still noch schmerzhaft. Momentan kann ich klar denken und fühlen. Momentan wollen sie, dass ich rede, über alles und jeden. Momentan tut es mir gut dir zu schreiben und ich werde es wieder tun, wenn es mein Terminplan zulässt. Vielleicht werde ich nächstes Mal genau darüber etwas erzählen.
 

Bis bald Naruto.
 

PS: Der Zettel ist für Itachi, mehr habe ich ihm momentan noch nicht zu sagen.
 

Sasuke
 

Ganze drei Mal las ich seinen Brief durch, bevor ich verdutzt nach dem Zettel suchte, den ich wohl irgendwie übersehen haben muss. Kurzerhand riss ich den Umschlag auseinander, weil ich glaubte, dass er noch immer dort drinnen sein musste. Zu meiner Verwunderung fand ich nichts, weshalb ich gleich nochmal die letzte Zeile des Briefes las. Also verlesen hatte ich mich ganz sicher nicht, dementsprechend musste irgendwo ein Zettel sein. Suchend kauerte ich auf dem Boden. Mein erster Blick ging unter das Bett, wo ich auch tatsächlich einen kleinen zusammengefalteten Zettel fand, der in meinem Eifer vorhin mit herausgezogen wurde und dann geradewegs unter das Bett gesegelt war. Ächzend streckte ich meine Finger aus und angelte das feine Papier mit zwei Fingern, um es anschließend zu mir zu ziehen. Ausatmend hielt ich es vor meine Nase und verspürte eine nagende Neugierde in mir, welche mich beinahe dazu trieb, den Zettel auseinanderzufalten und zu lesen, was Sasuke seinem Bruder geschrieben hatte. Es war schwer dem Drang zu widerstehen, doch es wäre einfach nicht fair. Schließlich hatte Itachi auch die Chance gehabt, die Briefe zu lesen, die Sasuke eindeutig an mich adressiert hatte und er hatte es nicht getan. Also sollte ich es auch nicht tun. Aufgeregt stand ich auf und verließ das Zimmer. Beherzt flog ich die Treppe herunter und kam schlitternd vor der Küchentür zum Stehen. Itachis breiter Rücken kam in mein Sichtfeld, weil er sich vor den Herd gestellt hatte und in einem Topf herumrührte. Der liebliche Duft von dampfender Nudelsuppe schlich sich in meine Nase und zauberte mir ein vorfreudiges Lächeln ins Gesicht.

"Nudelsuppe", rief ich begeistert, was Itachi erschrocken zusammenzucken ließ.

"Naruto", tadelte er mich, doch ich ignorierte seinen Ton und schnappte mir frech einen Löffel aus dem obersten Fach, um gleich mal zu probieren.

"Hey", empörte er sich. Ich schmunzelte nur verwegen und schmatzte genüsslich vor mich hin.

"Von Sasuke", meinte ich um ihn abzulenken und hielt ihm den kleinen Zettel vor die Nase, während ich erneut meinen Löffel einsetzte. Zögerlich nahm er ihn mir ab und ließ mich ungeachtet stehen. Aufatmend setzte er sich an den Küchentisch und begann langsam das Papier auseinander zu falten. Ich sah nicht, was Sasuke geschrieben hatte, doch es mussten angenehme Worte sein, denn Itachis Lippen verzogen sich zu einem erleichterten Lächeln, welches einem wohlige Wärme ums Herz legen konnte.

"Und?", hakte ich ungeduldig nach, worauf er mir schweigend den Zettel reichte, den ich gleich an mich nahm. Wenn ich nicht ohnehin schon glücklich gelächelt hätte, dann bestimmt nach diesen Worten.
 

Itachi,

es tut mir leid. Ich bin dir nicht böse und ich gebe dir auch keine Schuld. Ich verzeihe dir, ich glaube, dass ist das wichtigste. Wir brauchen einen Neuanfang, aber erst, wenn ich wieder zu Hause bin.
 

Sasuke
 

Seine Nachricht hatte mich verwundert und gleichzeitig so gerührt, dass ich Itachi glücklich strahlend angesehen hatte. Selbst der sonst so harte Gesichtsausdruck des älteren Uchihas war kaum noch vorhanden. Sanft und mit leichtem Schmunzeln, erwiderte Itachi meinen Blick.

"Er hasst mich nicht, oder?", fragte er mich ungläubig und brachte mich dazu herzhaft zu Lachen, während ich wild mit meinem Kopf schüttelte, um seine Frage zu beantworten. In den nächsten Tagen hatte ich zunehmend das Gefühl viel leichtfüßiger meinem alltäglichen Leben nachgehen zu können, obwohl mir die Vorstellung bei einigen Textstellen seines letzten Briefes, den ich mir täglich mehrmals durchlas, Bauchschmerzen bereitete. Auch wenn er kaum von sich gesprochen hatte, so war mir klar, dass er mir mitteilen wollte, was er durchgemacht hatte und ich konnte nur erahnen, wie schlecht er sich gefühlt haben musste, als er in der Situation des rückfällig gewordenen Jungen gewesen war.
 

Seufzend stieß ich meine Tasche neben den Schreibtisch und warf mich auf Sasukes Bett. Noch immer bewohnte ich sein Zimmer, weil ich ihm auf irgendeine Weise nah sein wollte.

Erschöpft vom Tag drehte ich mich in den Kissen und schloss meine Augen. Es brannte ein wenig, weil ich die letzten Nächte mehr mit Lernen verbracht hatte als mit ausgiebigem Schlaf. Eigentlich war ich nie jemand, der unglaublich viel Zeit mit dem Lernstoff der Uni verbrachte. Das war immer Sasuke gewesen, doch nun war er weg und ich wollte ihn stolz machen, dass ich trotz seiner Abwesenheit etwas erreicht hatte, ohne seine ermahnenden Worte. Sehnsüchtig erreichte ich schon nach kurzer Zeit mein Traumreich, wo mich ein anregend grinsender Sasuke empfing, dem ich wieder einmal nicht widerstehen konnte.

Keuchend wachte ich auf und schaute beschämt an meinem Körper hinunter, weil ich spürte, dass meine Hose diesen Traum nicht unbeschadet überstanden hatte. Resigniert, aber meiner Last erleichtert, ließ ich mich einfach zurück fallen und genoss das nachwehende Prickeln in meinem Lendenbereich. Wie ich es doch vermisste diese Sachen auch in Wirklichkeit mit ihm zu tun. Außerdem war es etwas anderes, jetzt wo ich seine Gedanken und Gefühle kannte. Schlagartig hatte ich seine geschriebenen Worte wieder vor Augen und wunderte mich, dass er darüber bisher weder bei unserem letzten Gespräch im Krankenhaus, noch in einem seiner Briefe, ein Wort verloren hatte. Bisher hatte ich mir selbst aber auch noch keine großen Gedanken darüber gemacht. Es kam mir eher so vor, als hätte ich es einfach so hingenommen, dass sich mein bester Freund in mich verliebt hatte. Jetzt, wo ich so klar darüber nachdachte, spürte ich auch die leichte Wärme in meinem Gesicht. Vielleicht war es nun wirklich an der Zeit, dass ich mir ebenfalls eingestand, dass Sasuke nicht mehr länger nur ein Freund war. Wenn ich es mir genau überlege, dann war er es die ganzen Jahre über nie gewesen.

"Ich liebe Sasuke", flüsterte ich erkennend und spürte, wie es in meinem Magen begann zu kribbeln, weil sich diese Worte einfach unbeschreiblich schön anhörten. Und ich beschloss, dass Sasuke sie bald zuhören bekommen sollte, nur müsste ich mich bis dahin noch etwas in Geduld üben, wie mir sein neuer Brief aufzeigte.
 

Hey Naruto,

seit meinem letzten Brief sind nun zwei Wochen vergangen und es herrscht hier immer noch derselbe Ablauf. Jeder Tag beginnt gleich und hört genauso auf wie der vorherige. Am Anfang war es zum Kotzen, weil sie ständig noch vor dem Aufstehen vor der Zimmertür standen und uns antrieben aus dem Bett zu steigen. Zuhause war das immer anders gewesen. Da war es mir nie schwer gefallen aufzustehen und den Tag zu beginnen. Hier fängt er jedoch mit regelmäßigen Urinproben und Alkoholtests an. Die erste Zeit fand ich diese Prozedur mehr als unnötig. Ich konnte die Notwendigkeit einfach nicht nachvollziehen. Ehrlich mal, wieso mussten sie uns mit diesen Untersuchungen demütigen? Als ob wir nicht genau wussten, weshalb wir hier waren. Außerdem hatte ich gedacht, dass man in dieser "Hochsicherheitsabteilung für Suchtkranke" ohnehin nicht an potentielle Drogen kommen konnte. Immer, wenn wir uns in die Öffentlichkeit begaben und dadurch die bewachten Räumlichkeiten der Klinik verließen, wurden wir anschließend beim Zurückkommen durchsucht und getestet. Es ist wirklich ein unangenehmes Gefühl so unter Beobachtung zu stehen. Ich konnte es gar nicht glauben, wie jemand plötzlich zugedröhnt neben mir auf der Bank saß. Das war drei Wochen nach meinem Einzug. Zu diesem Zeitpunkt durfte ich noch nicht alleine das Gelände verlassen und hatte mich deshalb in den angrenzenden Garten verzogen, weil ich Abstand brauchte und Ruhe dringend nötig hatte. Die schlimme Entzugsphase hatte ich gerade hinter mir. Den Garten durfte man auch ohne Begleitung von Personal besuchen, weil sie die Zäune zu hoch gebaut hatten, als das man einfach hinüberspringen konnte. Dieser Junge, Rinji hieß er, glaube ich, hatte sich einfach neben mich gesetzt und mich angestarrt, bis er plötzlich breit anfing zu grinsen. "Du passt hier auf, richtig?", hatte er mich dann begeistert gefragt, worauf ich ihn verdutzt angesehen hatte. Mir fielen sofort seine wässrigen Augen auf, die diesen unverwechselbaren Glanz hatten. "Nein, ich warte und ruhe mich aus, mehr nicht", meinte ich, wobei ich geglaubt hatte, dass diese Unterhaltung damit beendet war. "Ach, ich verstehe schon, du passt hier auf uns alle auf. Das find ich gut. Dich mag ich, du bist anders als die Kittelträger da drinnen. Sie verbieten mir gut drauf zu sein und wollen mich einsperren." Beinahe wäre ich ihm wütend mit einem "Nein ich passe hier nicht auf" in seine überschwängliche Rede gefallen, doch hielt ich mich gerade noch zurück. "Wie meinst du das?", fragte ich den Jungen stattdessen und sah überlegend nach vorne. "Najaa", holte er gedehnt aus, um mehr Gewicht in seine Aussprache zu legen. "Es ist eben so, dass die alle nur neidisch sind. Sie wollen nicht, dass ich glücklich bin und mich gut fühle. Sie verbieten immer alles, aber heute habe ich sie ausgetrickst. Ich habe einen Freund, der besorgt mir alles was ich brauche. Nur so viel, dass es bei den Kontrollen nicht auffällt. Ich hab es gut versteckt." Interessiert sah ich ihn an und wusste bei seinem Anblick sofort, wovon er gesprochen hatte. Dieser Junge beherbergte hier etwas, was uns allen so unglaublich viele Schmerzen bereitet hatte. Für eine Sekunde hatte ich ihn verflucht, weil er ausgerechnet mir davon erzählte und ich der Verlockung Widerstand leisten musste. Er hatte etwas Verbotenes irgendwo in seinem Zimmer. Jedoch rückte er auf mein Nachfragen nicht mit der Sprache raus, was vielleicht auch mein Glück gewesen war. Schon am nächsten Tag gab es einen riesen Aufruhr. Alle Zimmer wurden gründlich durchsucht, die Kontrollen verschärft und die Blutproben noch häufiger am Tag durchgeführt. Rinji sah ich nicht wieder. Ich weiß nicht was mit ihm passiert ist. Vielleicht haben sie ihn woanders unter gebracht. Oder er ist wieder nach Hause. Mir war es egal, aber ab diesem Zeitpunkt verstand ich die verschärften Bemühungen des Personals, uns clean zu halten. Wir waren wohl alle Rückfallgefährdet, das ist etwas, was man sich selbst nur sehr schwer eingestehen will.
 

Weißt du Naruto, es gibt schon wirklich schlimme Situationen. Es gibt diese, die man vergisst, weil sie einfach unbedeutend und belanglos waren, aber in dem einen Moment, wo sie eintreten, schocken sie dich und versetzen dich in eine leblose Starre, bis du sie selbst aus Furcht und Angst aus deinem Gedächtnis verbannst, weil du dir selbst eingestehen müsstest, dass es dein eigener Fehler war, dass es deine eigene Schuld ist, dass du nun dieser entsetzlichen Situation ausgeliefert bist. Und dann gibt es Situationen, die du einfach nie los wirst. So sehr du dich auch bemühst, du kannst sie nicht vergessen. Für immer werden sie in deiner Erinnerung bleiben, als hätten sie sich tief und unwiderruflich in deinem Kopf eingebrannt. Ich kann dir nicht genau sagen, welche Arten von Situationen ich bisher häufiger erlebt habe. Wahrscheinlich wäre die Waage ausgeglichen. Aber darum geht es nicht. Es war letzten Mittwoch, als ich mit einem der Psychologen ein Einzelgespräch führen musste. Bisher hatten wir meistens Gruppengespräche gehabt, aber letztendlich kommen alle an den Punkt, wo sie in den tiefgründigen Gesprächen landen, um ihre Vergangenheit aufzuarbeiten. Es hat lange gedauert und es ist mir schwer gefallen alles zu erzählen. Mein Leben vor den Drogen zu beschreiben war erstaunlicherweise schwieriger, als die Darstellung meines Drogenverlaufes. Jedoch schien ihm an meinem Drogenkonsum einiges zu beunruhigen, was mir vorher gar nicht richtig bewusst gewesen ist. Die Sache mit Karin damals war ein Fehler, ja, aber ich hätte nicht gedacht, dass es für mich ernsthafte Konsequenzen haben könnte. Ich hatte gedacht sie wäre gesund gewesen, genauso wie Gaara und ich.

Ich war gesund, trotz der Drogen.

Und dennoch wollten sie, dass ich einen HIV-Test mache. Eine wirklich beschissene Situation. Ebenso schrecklich und beschissen wie die Feststellung, dass ich die ganze Zeit von Nichts eine Ahnung hatte. Ich war dumm und naiv genug gewesen, die Warnung von Gaara zu ignorieren.

Mein Glaube an meine eigene unangefochtene Gesundheit hatte genau einen Tag angehalten, bis ich in Panik fiel. Ungewissheit ist quälend. Ungewissheit erzeugt Unruhe und Nervosität. Ich war verzweifelt und verängstigt. Die Aufklärungs- und Aufmunterungsversuche meines Betreuers nahm ich gar nicht richtig wahr. Es gibt keinen anderen Begriff dafür, was in den Tagen der Unwissenheit in mir vorgegangen ist, als Angst. Ich hatte einfach nur Angst. Riesengroße Angst durch mein unbedachtes Verhalten krank zu sein. Angst davor Aids zu haben. Und ich hatte Angst davor, den ganzen Mist nie wieder hinter mir lassen zu können.
 

Das Testergebnis kam heute früh. Der Umschlag liegt vor mir. Ungeöffnet...
 

Naruto, ich habe Angst und ich merke, dass ich noch lange nicht bereit bin, wieder nach Hause zu kommen.
 

Ich denke an dich!
 

Sasuke
 

Gespannt und fassungslos zugleich nahm ich jedes seiner geschriebenen Worte in mich auf und verspürte wieder einmal den Drang aufzuspringen und sofort zu ihm zu fahren. Aber das ging nicht. Sowohl Itachi als auch Sasuke selbst hatten es mir verboten. Ich durfte ihn nicht sehen. Nicht einmal die Antwort auf seinen Brief wollte er haben. Wie bei jedem anderen nahm ich mir auch dieses Mal einen Stift und schrieb das, was mir als erstes durch den Kopf ging auf. Vielleicht würde ich ihm doch irgendwann mal diese Briefe zeigen, wenn sich alles wieder geregelt hatte. Es schockierte mich zutiefst, als ich von seinem momentanen Alltag las und noch entsetzter war ich, als ich von seinen Problemen erfuhr. Nicht nur er war naiv gewesen. Ich war es auch, weil ich ernsthaft geglaubt hatte ein Vierteljahr Therapie würde ausreichen und Sasuke würde wieder neben mir im Bett liegen. Ich sehnte mich bereits danach neben ihm einzuschlafen und anschließend am nächsten Morgen wieder mit seinem Anblick aufzuwachen. Gerade als ich meine Antwort in den Umschlag steckte, hörte ich, wie unten die Tür zufiel. Schnell schrieb ich noch das heutige Datum auf den Umschlag und warf ihn zu den anderen in die Schublade, bevor ich aus dem Zimmer lief und unten Sasukes Bruder antraf, der gerade mit zwei vollen Einkauftüten in der Küche verschwand. Schweigend folgte ich ihm und ohne ein Wort zu sagen half ich ihm dabei, die Einkäufe auszupacken.

"Was hat Sasuke dieses Mal geschrieben?", fragte mich Itachi mit besorgtem Tonfall, woraufhin ich erschrocken zusammenzuckte.

"Wie kommst du darauf, dass er geschrieben hat?", versuchte ich auszuweichen und wusste bereits, wie seine Antwort ausfallen würde.

"Naruto, du bist ruhig, nachdenklich und siehst ehrlich gesagt etwas bedrückt aus. Das kann ja nur mit Sasuke zusammenhängen. Also, was hat er dir geschrieben?", hakte er unbeugsam nach und brachte mich mit einem eindringlichen Blick dazu, ihm von dem letzten Brief zu erzählen. Es tat gut darüber zu sprechen. So gut, dass ich Itachi von jedem weiterem Brief berichtete. Ich tat es mit gutem Gewissen, weil ich eine Familie hatte. Jetzt und für immer würde ich Itachi und Sasuke als meine Familie ansehen. Und ich beschloss dafür zu sorgen, dass das so blieb.
 


 

Das Papier lag in meinen zitternden Händen. Auch ohne auf die Zeilen zu sehen wusste ich die Uhrzeit und den Ort, an dem er mich das erste Mal nach mehr als einem Jahr treffen wollte. Viel zu früh und deutlich angespannt kam ich im Park an. Wie er vereinbart hatte setzte ich mich auf die Bank und beobachtete das verspielte Treiben der Äste, die im seichten, warmen Wind bewegt wurden. Es war mehr ein Versuch mich abzulenken und mir das Warten zu erleichtern, als eine Tätigkeit aus Leidenschaft. Mit jeder Sekunde die verstrich schlug mir mein Herz schneller und kräftiger gegen die Brust. Und ich war enttäuscht, als ich feststellen musste, dass er nicht überpünktlich wie ich erscheinen würde. Er kam um genau zu sein nicht einmal pünktlich. Er ließ mich warten und weil immer mehr Zeit verstrich, wuchs in mir das Gefühl heran, ihn nie wieder gehen zu lassen, wenn er hier auftauchen sollte.
 

Eins stand definitiv fest. Ich wollte Sasuke nie verlieren!

Sasuke war mein Freund.

Sasuke war aber auch meine große Liebe.

Aber am bedeutsamsten für mich war, dass ich Sasuke als meine Familie ansah.
 

Sasuke war der Mann, den ich liebte und auf den ich ewig warten würde.

Er war es, der mit einer einstündigen Verspätung wie aus dem Nichts plötzlich vor mir stand und mir mit seiner Erscheinung, seinem Aussehen, seinem Anblick den Atem raubte.

Er war es, der mein Herz wieder zum Schlagen brachte und meinen Körper vor Erwartung lähmte, bis seine Stimme mir endgültig die Bodenhaftung raubte.

Du liebst mich - Teil 1

Hey^^

Nach, keine Ahnung wie viel Zeit, hab ich es endlich geschafft.

Es ist lang und doch noch nicht alles. Teil 1 steht da schließlich nicht ohne Grund. Ich glaube, 68 Seiten an einem Stück wären wirklich ein wenig zu viel gewesen, oder?

Deshalb hab ich es geteilt.. und ich wünsch euch viel Spaß damit...

Lg, Anyi
 


 

Wenn Liebe einem Alles bedeutet,

wenn Liebe die Zeit überdauert,

wenn Liebe wartet und erwidert wird,
 

wenn sie dein Leben bestimmt, dein Leben verbessert,

wenn sie dein Licht ist, dein sicherer Anker, dein beschützender Glaube,
 

wenn Liebe wahr ist,

wenn es die wahre, aufrichtige Liebe gibt,
 

dann habe ich sie gefunden!
 

Nicht länger existiert ein "Ich", nicht länger ein "Du".

Wir sind gleich, wir sind verschieden, weinen doch die gleichen Tränen - Wir sind "Wir"!
 

Was hat es so schwer gemacht es einzugestehen?

Was stand im Weg?

Wo war die Hoffnung, wo der Verstand?

Wo war das Herz im richtigen Moment?
 

Du liebst mich? - Teil 1
 

"Ah, Uchiha." Es ist noch früh und die Gänge der Einrichtung sind so gut wie leer. Nur einer ist außer mir schon auf den Beinen und schließt mit eiligen Schritten zu mir auf. Ich nicke ihm zur Begrüßung knapp zu und gehe mit ihm zusammen nach draußen, wo sich die Raucher ihrem Nikotin bedenkenlos hingeben dürfen. Zigaretten sind in Ordnung. In Maßen und abgezählt, nur nicht zu viel, nicht unkontrolliert, nicht ohne Auflage. Zori, der Junge neben mir, zündet sich gerade eine von seinen an. Ich beobachte ihn, für einen Moment zeichnet sich Unzufriedenheit in seinem Gesicht ab.
 

"Wochenration ist schon wieder aufgebraucht", beschwert er sich in merklich missfallendem Ton. Mich kümmert es nicht, da ich sowas nicht benötige. Rauchen ist auch eine Sucht. Rauchen ist für mich beinahe der erste Schritt zum Rückfällig werden.

"Heute ist Mittwoch, da gibt es eh neue", gebe ich ihm lässig zu bedenken und sehe, wie sich seine Miene augenblicklich aufhellt. Muss schlimm sein, wenn man sich so an diese Stängel klammert, wie ein Ertrinkender an einem Rettungsring. Kaum zu glauben, dass mir mit dem weit aus schlimmeren Zeug ähnlich ging.
 

"Stimmt, dafür sind heute allerdings auch wieder diese Kontrollen", sagt er und zieht genüsslich an seiner Zigarette. Mittlerweile habe ich herausgefunden warum Zori hier ist. Er ist mit seinen 17 Jahren so stark Alkoholabhängig, dass er echt ziemlich viel Scheiße gebaut hat. Einbruchserien und Körperverletzungen stehen bei ihm ganz weit oben auf seiner Liste. Und dennoch ist er einer der wenigen, der eine entspannte, ruhige Gesellschaft abgibt.
 

Ein Blick auf meine Uhr verrät, dass es bereits Zeit ist um zum Frühstück zu gehen. Wenn man früher erscheint, ist es dort noch nicht so voll und der Andrang erträglicher. Demzufolge stoße ich Zori leicht in die Seite und erreiche mit einer knappen Kopfbewegung, dass er mir schweigend wieder nach drinnen folgt.
 

"Wer hält heute die bewegende Ansprache?", fragt er mich deutlich genervt, aber auch leicht sarkastisch. Ich verstehe wieso. Jeden Mittwoch gibt es 'die Umschau', wo uns immer einer der Betreuer über Änderungen und Neuerrungen informiert, uns auf die bestehenden Regeln aufmerksam macht, oder uns einfach nur über irgendwelche anderen Festlichkeiten aufklärt. Mit einem Wort gesagt, langweilig. Es ist die langweiligste Stunde am Tag.
 

Anschließend geht es zur Zimmerkontrolle. Sie schreiben sich auf, wer was gemacht hat. Sie notieren sich, wie sauber und ordentlich man sein Bad und sein Zimmer hält. Es gibt Belohnungen und Bestrafungen, je nachdem, wie man seine Arbeit erledigt hat.

"Ich glaube, Herr Kurama ist heute dran", meine ich dann nachdenklich und warte darauf, dass sich der Gemeinschaftsraum langsam füllt, während ich mich mit Zori schon an unseren Tisch setze.
 

"Na klasse", ruft Zori noch seufzend aus, was darauf schließen lässt, dass er diesen Betreuer nicht sonderlich mag. Er ist aber auch wirklich, naja sagen wir mal, er ist etwas eigen. Streng und pedantisch, dass kann einem wirklich zum Problem werden. Sich mit ihm anlegen ist da definitiv das letzte, was man tun sollte.
 

Wie zu erwarten gewesen, ist die heutige Umschau genauso öde wie die letzten. Viel Neues gibt es nicht. Die Rede beschränkt sich hauptsächlich auf erneuerte Regeln, die es ab heute einzuhalten gilt. Eine davon beinhaltet das Aufhalten außerhalb des Geländes. Ab jetzt nur noch mit Begleitpersonal, weil der Vorfall mit Rinji einfach zu viel Unruhe und Aufregung mitgebracht hat. Dass sie die Regeln nun so verschärfen, ist eigentlich keine große Überraschung, doch trotzdem geht ein unzufriedenes Raunen durch den Saal. Außerdem teilen uns die Betreuer in Gruppen ein, die jeweils etwas anderes für das Fest nächstes Wochenende vorbereiten werden, was natürlich auch keine wirkliche Begeisterung bei uns auslöst.
 

"Sasuke", dringt ein angestrengtes Keuchen an meine Ohren, was mich zum Umdrehen bringt. Wir sind gerade auf dem Weg zu unseren Zimmern, als ich die weibliche Stimme vernehme. Schwer einatmend lehnt sie an der Wand und sieht mich mit einem kleinen Lächeln an, während sie ihr braunes Haar zur Seite streicht.
 

"Denken Sie an die Sichtstunde, Sasuke?", fragt sie mich mit einem nervösen Gesichtsausdruck, weshalb ich ihr einfach beruhigend zunicke. Sie ist jetzt schon seit sechs Wochen hier und gehört fast schon zu uns, obwohl sie aus anderen Gründen hier ist, als wir. Eine der neuen Praktikantinnen, die uns in sämtliche Beschäftigungstherapien ziehen, um uns auf das alltägliche Leben außerhalb dieses Zentrums vorzubereiten. Nett umschrieben, wenn man bedenkt, dass wir alle schon mal ein angemessenes Leben geführt haben. Jedenfalls solange, bis wir abgestürzt sind.
 

"Gut, dann sehen wir uns später, ja? Wir treffen uns vor der Bibliothek im zweiten Stock, aber pünktlich um drei", teilt sie mir mit, während sie schon wieder eilig an mir vorbeigeht.

"Und später Volleyball, Sasuke", ruft sie noch und ist im darauffolgenden Moment hinter der nächsten Ecke verschwunden. Zori neben mir schüttelt etwas irritiert seinen Kopf, ehe er leise über ihr stürmisches Verhalten lacht. Mir kann es egal sein. Ein Schulterzucken folgt, mehr ist es mir nicht wert.

"Die ist voll toll", bemerkt Zori schmunzelnd. Als ich ihn ansehe, glaube ich fast nicht was ich sehe. Auf seinen Wangen bildet sich tatsächlich ein leicht rötlicher Farbton.

"Stehst du auf Aria?", frage ich ihn direkt und beobachte genau seine Reaktion. Ertappt fährt er herum und starrt mich an.
 

"Ne, du etwa?", versucht er abzulenken und gleichzeitig seine Chancen auszutesten. Lächerlich. Dass er bereits weiß, dass ich nicht auf Mädchen stehe, hat er wohl schon wieder vergessen.

"Trottel. Natürlich nicht", zische ich zurück und verpasse ihm direkt einen sanften Schlag gegen seinen Hinterkopf. Vielleicht hilft ihm das ja seinem Gedächtnis auf die Sprünge zu kommen.
 

"Ah, stimmt. Wie hieß er noch gleich? Naruto, hm? Hab ich vergessen", verlegen kratzt er sich am Kopf und ich würde ihm für seine Scharfsinnigkeit am liebsten gleich noch eine verpassen, allerdings erreiche ich gerade noch rechtzeitig mein Zimmer, weshalb ich mich schweigend von ihm verabschiede. Wir werden uns spätestens bei Arias Sichtstunde wiedersehen.
 

"Sehr gut, weiter so, Sasuke", meint mein Betreuer monoton. Manchmal glaube ich, dass er einfach nur woanders viel lieber wäre als hier. Er spricht mit uns teilweise ohne Gefühl, ohne Emotion und doch trifft er in den richtigen Momenten genau den Ton, den man braucht, um nicht vollkommen auszuticken. Dennoch vermittelt er mir gerade, dass er beinahe schon gelangweilt ist. Vielleicht hat er sich erhofft, dass er mehr an meinem Zimmer auszusetzen hat, als nur Kleinigkeiten, die außerdem noch meinen Mitbewohner betreffen.
 

"Machen Sie ruhig so weiter, dann steht Ihrer Entlassung nichts mehr im Wege, allerdings sollten Sie aufpassen und Omoi nicht die ganze Arbeit abnehmen", gibt er mir zu bedenken, was ich allerdings als nebensächlich abtue. Für mich ist es egal, wer hier sauber macht, solange es zu den Kontrollen gemacht ist und wir dadurch irgendwelchen Strafarbeiten entgehen können.
 

"Na gut, Ihre Wochenrationen dürfen Sie sich später abholen. Jetzt wartet erstmal Ihre Chorprobe", meint er grinsend. Wieder eine dieser Wendungen, die ich an ihm nicht ausstehen kann.

"Chor?", frage ich skeptisch nach und sehe, wie sein Lächeln plötzlich breiter wird.

"Haben Sie heute Morgen bei der Umschau geschlafen? Für das Fest am Samstag schließen Sie sich beide dem Chor an", erklärt er beschwingt und macht direkt auf dem Absatz kehrt, um uns mit unseren entsetzten Gesichtern stehen zu lassen.

"Chor?", haucht Omoi mir ungläubig ins Ohr. Auch ich versuche vergeblich diese Information zu verarbeiten. Ich soll singen? Singen? Na das ist doch das allerletzte.
 

Ich schwöre, eine Sekunde länger in diesem Saal, eine Sekunde länger diese Musik und mir wären beide Ohren abgefallen. Meine Zunge ist bereits taub, weil sie mich nötigen richtig mitzusingen. Im Ernst, ich habe versucht nur so zu tun, aber Frau Yuhi meinte, sie könne meine Stimme unter Tausenden heraushören, was es ihr wiederrum leicht gemacht hat zu bemerken, dass ich überhaupt nicht gesungen habe. Seitdem zwingt sie mich, dieses dämliche Lied rauf und runter zu singen. Fiesta, Fiesta Mexicana...
 

Nein, ich kann es echt nicht mehr ertragen, weshalb ich innerlich sämtliche Rachepläne ausbaue, wie ich es Naruto heimzahlen kann, dass ich mich diesem Mist hier aussetzen muss. Auch wenn ich weiß, dass Naruto nur indirekt Schuld daran trägt. Schließlich waren es meine Entscheidungen, zu denen ich auch stehe. Aber jetzt gerade in diesem Moment verfluche ich ihn, weil ja irgendwer dafür leiden muss, dass ich hier leide.
 

"Wunderbar." Aria verdreht ihre Augen, als vorne Frau Yuhi überschwänglich begonnen hat in ihre Hände zu klatschen. Ich schließe mich stumm ihrer Meinung an, doch als die Probe beendet wird, bereue ich es direkt neben Aria zu stehen. Sie greift nach meinem Handgelenk und zieht mich festentschlossen hinaus aus dem Saal und steuert direkt den zweiten Stock an.
 

"Warte mal. Bis zur Sichtstunde ist doch noch Zeit. Ich will doch noch einen Brief an..."

"Kannst du später. Jetzt brauche ich erstmal deine Hilfe", unterbricht sie mich barsch und bemerkt gar nicht, dass sie aufgehört hat so höflich mit mir zu reden, wie man es eigentlich von ihr verlangt. Stört mich nicht. Ehrlich nicht, sie ist ja auch kaum älter als ich.
 

"Wobei?", frage ich alarmiert, da ich das letzte Mal, als sie meine Hilfe in Anspruch genommen hatte, noch ganz genau in Erinnerung habe. Es war schlimm. Ihre Fragerei war lästig und kam zu einem deutlich unpassenden Moment. Wenn sie jetzt wieder meine ganze Lebensgeschichte wissen will kann ich für nichts garantieren.
 

"Zori", sagt sie knapp. Unglaublich. Wie soll denn ausgerechnet ich ihr bei dieser Sache helfen? Ich, der nicht einmal sein eigenes Liebesleben in den Griff bekommen hat? Dass es bei den beiden um diese Art der Zuneigung geht, ist mir schon länger klar. Dafür tauschen sie einfach zu eindeutige Blicke miteinander, nur sie selbst scheinen sie nicht zu verstehen. Während ich noch darüber nachdenke, wie ich ihr behilflich sein kann, schüttet mir Aria gerade ihr Herz aus. Sie schwärmt, sie träumt, sie weint und letztendlich sieht sie mich fragend an.
 

"Sag es ihm?", gebe ich ratlos von mir und sehe zu, wie sich eine leichte Falte auf ihrer Stirn bildet. Lange sieht sie mich so an, bis sie schließlich heftig mit dem Kopf nickt.

"An meinem letzten Tag werde ich es ihm sagen, danke Sasuke", meint sie erleichtert und fällt mir geradezu um den Hals. Einen Kommentar, warum sie es nicht gleicht macht, erspare ich mir lieber. Sie entscheidet sich ja schließlich für die vernünftigere Variante. Immerhin gehört sie sozusagen zum Personal und da wird eine Beziehung zu einem Patienten nicht gerade toleriert. Allein das, was wir hier gerade tun, wird nicht gern gesehen. Aber Aria scheint diesen Moment zu brauchen.
 

"Lass mich los, ich will noch den Brief schreiben", mache ich mich nach einer gefühlten Ewigkeit bemerkbar und drücke sie leicht von mir weg. Die Briefe an Naruto sind mir wichtig, da kann mich jetzt keiner mehr von abhalten. Schon gar nicht jetzt, wo ich weiß, wann ich wieder nach Hause kann.

"Schon wieder ein Brief?", hinterfragt sie neugierig und legt ihren Kopf dabei wieder schräg. Zori hätte das an ihr wahrscheinlich für ausgesprochen niedlich befunden.
 

"Hm", brumme ich zustimmend und schiebe mich an ihrem zierlichen Körper vorbei. So langsam rennt mir nämlich die Zeit weg und ich will schließlich noch vor der Sichtstunde fertig sein mit schreiben. Normalerweise wäre das auch kein Problem, wenn ich nicht immer Ewigkeiten nach den richtigen Worten suchen würde. Ich will nichts Falsches schreiben, deshalb fällt es mir auch so schwer von meinen Gefühlen zu berichten. Immer erwische ich mich dabei, wie ich ihm mitteilen will, dass ich ihn schrecklich vermisse, dass ich ihn noch immer liebe und dass ich endlich von ihm zurück geliebt werden will. Doch letztendlich hält mich die Angst vor Narutos abweisender Antwort genau davon ab, ihm gegenüber so offen zu sein.
 

"Du hast ihm schon sooft geschrieben, aber eine Antwort hast du nie bekommen. Warum nicht?", fragt sie mich leise, als sie eilig zu mir aufgeschlossen hat und nun neben mir den Gang entlang läuft. Nur kurz schaue ich zu ihr, um festzustellen, dass sie mich aufmerksam mustert. Na toll, also doch Fragestunde.
 

"Ich habe Naruto gebeten, mir nicht zu antworten", gebe ich widerwillig eine Antwort und hoffe insgeheim, dass sie nicht weiter nachfragen wird. Nur leider scheint sie einfach ein ganz normales Mädchen zu sein, die ja von Natur aus schon so schrecklich neugierig sind.

"Warum? Ich denke, es wäre bestimmt schön, wenn du mal etwas von ihm hörst. Interessiert es dich denn gar nicht, was er dir zu erzählen hat?", redet sie unaufhörlich auf mich ein.
 

Natürlich hat sie Recht. Es wäre schön, bestimmt. Und interessieren tue ich mich auch für Narutos derzeitiges Leben, aber ich könnte nicht ertragen, wenn er mir von irgendjemand vorschwärmen würde. Ich kenne Naruto und er würde diesbezüglich keine Rücksicht nehmen, oder? Verdammt, dass sind Themen, mit denen ich mich nicht unbedingt beschäftigen will. Er antwortet nicht und damit hat sich die Sache doch erledigt. Scheinbar will er mir auch gar nichts sagen, da er sich ja auch einfach hätte melden können.

"Ich will nicht, dass er mir schreibt, weil ich nichts lesen will was mich verletzt", entgegne ich ehrlich und verhindere nicht das Seufzen, das schwermütig meine Lippen verlässt.
 

"Unterschätzt du deinen Freund nicht etwas? Er kennt dich doch genauso lange wie du ihn und er hat dich gesehen, als du bereits am Boden gelegen hast. Er kennt deine Gefühle besser als jeder andere. Ich glaube nicht, dass er dir von eventuellen Begegnungen vorschwärmen würde", sagt Aria. Ihre Worte bringen mich zum Nachdenken. So habe ich die Sache noch gar nicht gesehen. Ehrlich gesagt, habe ich sogar die Tatsache, dass Naruto mir damals gestanden hat, dass er mein Tagebuch gelesen hat, ignoriert und verdrängt. Wahrscheinlich auch nur, um mich nicht länger damit beschäftigen zu müssen.
 

"Vielleicht, aber dafür ist es jetzt ohnehin zu spät. Nur noch zwei Wochen, dann werde ich ihn ja wiedersehen und er hat alle Zeit der Welt mir zu erzählen, was er alles so getrieben hat", entgegne ich angespannt und erreiche mit ihr zusammen mein Zimmer.
 

"Wirst du denn mit ihm drüber reden, wenn ihr euch nach so langer Zeit wiedertrefft?", hält sie mich fragend am Handgelenk zurück, ehe ich die Tür zum Zimmer öffnen kann. Überrascht sehe ich sie an und bemerke dadurch ihren sorgenvollen Blick.

"Ich denke schon", meine ich unsicher.

"Auch wenn er nicht nachfragt und das Thema von sich aus anspricht?" Schon allein durch ihre Stimmlage weiß ich, worauf Aria hinaus will.
 

"Ich werde Naruto sagen, was ich für ihn empfinde, auch wenn er mir keinen Grund zur Hoffnung geben sollte. Er wird es erfahren, einfach um die Sache endlich abzuschließen, versprochen." Nachdem sie mich noch eine Sekunde lang eindringlich angesehen hat, beginnt sie zu Lächeln und löst ihren Griff. Erst dann verabschiedet sie sich und verschwindet, wieder so eilig, wie wir es von ihr kennen.
 

Nachdem wir Arias wirklich interessante Sichtstunde hinter uns haben, wo sie unglaublich nervös war, sodass ihr sämtliche Sachen aus der Hand gefallen sind und sie trotzallem noch gut abgeschnitten hat, befinden wir uns nun zwei Wochen später vor dem Haupteingang zur Klinik. Wir verabschieden heute nicht nur mich, sondern auch Aria, weil ihr Praktikum nun vorbei ist. Betreten sieht sie zu Boden. Man merkt ihr an, dass es ihr nach der langen Zeit schwer fällt uns alle zu verlassen. Vor allem Zoris Blick vermeidet sie akribisch. So wie es scheint, hat sie bis jetzt noch nicht den Mut aufgebracht, ihm zu gestehen, was sie fühlt. Unauffällig stoße ich sie deshalb in die Seite. Ihr muss doch klar sein, dass sie ihre Chance verpasst, wenn sie jetzt noch länger wartet. Ihre Zeit läuft nämlich langsam ab, ganz im Gegensatz zu mir.
 

Mir steht frei, wann ich letztendlich gehe. Ob jetzt oder erst in einer Stunde, das ist egal. Aber gepackt habe ich. Meine Tasche steht im Eingangsbereich.

"Was ist?", lenkt Arias Stimme mich ab. Gut so, denn ich war gerade wieder dabei zu zweifeln.

Zweifel, die mich seit einer Woche plagen und jeden Tag mehr werden.

Zweifel, die eigentlich nicht für eine Entlassung sprechen, sondern Anzeichen auf Instabilität geben sollten. Dass rede ich mir jedenfalls ein, denn auch nach täglicher Absprache mit den Therapeuten steht fest, dass ich hier alles erreicht habe, was ich erreichen kann. Der letzte Schritt ist das alltägliche Leben zu Hause, dem ich mich wohl oder übel jetzt langsam stellen muss.
 

"Du willst ihm doch noch etwas sagen, oder nicht?", nicke ich gleich in Zoris Richtung, während ich ihr diese Worte so leise wie möglich zu flüstere. Zischend atmet sie ein und ich bin schon wirklich kurz davor sie zu packen und einfach in die Arme von Zori zu drücken. Doch genau rechtzeitig geht ein Ruck durch ihren Körper. Zielstrebig geht sie auf den Jungen zu, in den sie sich augenscheinlich total verliebt hat und zieht diesen einfach an sich. Er wirft mir kurz einen irritierten Blick zu, ehe er beginnt zu verstehen und sie ebenfalls glücklich umarmt. Das anschließende Gespräch bekomme ich jedoch nicht mit, da sie sich zurückziehen und erst nach einer halben Stunde wieder auftauchen. Beide mit leicht geröteten Wangen und ihre Hände noch ineinander verschränkt. Scheinbar haben sie es endlich auf die Reihe bekommen, sich ihre Gefühle zu gestehen. Wurde aber auch Zeit, wenn man sieht, wie glücklich sie jetzt aussehen.
 

"Du solltest auch nicht mehr länger warten", ergreift nun Zori das Wort und schenkt mir unverkennbar einen auffordernden Blick. Wie recht er hat. Seine Aussage stimmt in vielerlei Hinsicht und dennoch, ich kann mich nicht zum Gehen bewegen. Ich will es und kann es nicht.
 

"Was hält dich noch hier, Sasuke? Er wartet auf dich", mischt sich nun auch Aria ein, obwohl sie das doch gar nicht wissen kann. Sie kann es nicht wissen. Nicht, wenn ich es nicht einmal weiß. Woher auch? Jeglichen Kontakt habe ich schon im Vorhinein unterbunden, was sich allmählich als dummer Fehler entpuppt. Ich kann meine Gefühle nicht einordnen, obwohl ich seit einer Woche überlege, wie ich fühlen soll, wenn er vor mir steht oder wie ich empfinden soll, wenn er eben nicht am Treffpunkt erscheint.
 

"Uchiha!" Ermahnend klingt Zoris Stimme in meinen Ohren nach. Seine dunkle Stimmfarbe lässt mich kurz zusammenzucken und anschließend fragend aufsehen.

"Ich geh nochmal kurz...", beginne ich stockend. Es fühlt sich so schwer an, einfach hier einen Schlussstrich zu ziehen. Zu sagen, das war es dann wohl, viel Glück und Auf Wiedersehen, fällt eben doch nicht leicht. Trotz der Zeit, wo man auf genau diesen Moment hinarbeitet. Mit einem Mal sind die Grenzen wieder offen, die Schranken oben und die Welt liegt dir in ihrer ganzen Schönheit und Schrecklichkeit zu Füßen.
 

Angst und Zweifel, Freude und Erwartung, das und noch viel mehr begleitet einen beim ersten Schritt in die Freiheit.

"Zum See", beende ich meinen angefangenen Satz und drehe mich um, bevor einer der anderen noch etwas sagen kann.
 

Ich brauche nicht auf die Uhr zu sehen, um zu wissen, dass ich mich verspäten werde, wenn ich jetzt noch spazieren gehe. Aber ich brauche den Moment. Diesen einen Moment der Ruhe, um meine Gedanken und vor allem meine Gefühle zu ordnen. Das Wasser am See ist ruhig, steht still. Ganz im Gegensatz zu meinem Inneren. Ich bin ein Fluss, rauschend und fließend, immer in Bewegung. Ein Fluss, kein See. Äußerlich gelassen, doch unter der Oberfläche ist es aufgewühlt und unruhig. Das was keiner sieht sind Stromschnellen, schäumende Strudel, keimende Unsicherheit, die sich an glattem Gestein bricht und wellenartig hinfort treibt. Sie reißen mich mit, ziehen mich weg von meinem eigentlichen Ziel. Ich wäre viel lieber ein See. Gelassen und ausgeglichen, still und sicher, trotz der ungewissen Tiefe. Es könnte so einfach sein.
 

Müsste es das nicht? Ist es das nicht? Wieso schaffe ich es nicht, die Freude zu halten, die ich empfunden habe, als ich Naruto schreiben konnte, dass ich nach Hause darf? Wieso verbindet mich der Gedanke an ein Wiedersehen mit alter Unsicherheit? Dabei war ich mir noch vor einer Woche sicher, dass es nicht so wie früher sein wird. Ist es das? Ist es die Angst vor Veränderung? Nein, es ist Furcht vor der Abhängigkeit. Furcht vor dem, was passieren kann, wenn sich eben nichts verändert hat. Selbst stundenlange Gespräche haben diese Gefühle, fest verbunden mit der ungewissen Zukunft, nicht klarer erscheinen lassen als dieser Moment. Das Wasser, der See, der ich nicht sein kann. Nicht hier, nicht jetzt, nicht allein. Ich bin ein Fluss, der zurückkehren muss.
 

"Sasuke."

"Aria."
 

Ich habe sie bereits bemerkt, bevor sie mich gerufen hatte. Ihren Geruch trägt der aufkommende, warme Frühlingswind zu mir. Ich weiß, sie ist da und wünsche mir im selben Moment nichts sehnlicher, als jemanden anderes an ihre Stelle. Jemanden, den ich schrecklich vermisst habe.

"Du lässt ihn bereits eine Stunde warten", gibt sie sanftmütig von sich und entlockt mir damit ein leises Seufzen. Ich schließe die Augen und genieße ein letztes Mal die frische Luft. Atme den süßen Duft des Wassers ein. Fülle meine Lungen mit ruhiger Gewissheit, dass ich das Richtige tue.
 

"Sasuke", drängt sie vorsichtig und legt ihre Hand auf meine Schulter. Ich bewege mich nicht. Dieser Moment gehört mir, mir allein.

"Kein Platz für Zweifel, kein Platz für Unsicherheit, keine Zeit zum Weglaufen", flüstere ich gegen den Wind. Ihr Griff wird fester.

"Geh jetzt, es wird schon..."
 

"Ja. Ich gehe nach Hause." Ich höre sie ausatmen und wende mich ihr zu. Wir sehen uns an und ich lächle ihr schweigend entgegen, was sie erleichtert erwidert. Eine letzte Umarmung lasse ich zu, ehe ich ihr den Rücken kehre und den See verlasse, dessen spiegelglatte Oberfläche in Bewegung gerät. Wind wirbelt das Wasser auf und lässt es stetig ans Ufer schwappen. Vielleicht kann ich beides sein, Fluss und See. Vielleicht bin ich schon längst beides, nur nicht hier. Denn hier bin ich allein, nicht komplett, nicht vollständig. Hier bin ich nicht ich, nicht ganz.
 

Den ganzen Weg über denke ich an nichts, an gar nichts. An nichts, außer Naruto. An das, was wir hatten. An das, was wir haben und an das, was wir haben können. Was will ich, was will er? Fragen, die mich nicht mehr davon abhalten den Park zu betreten und die ordentlichen Wege entlang zu gehen. Fragen, dessen Antworten ich nicht mehr finde, denn Narutos blondes Haar vertreibt jeden Gedanken aus meinem Kopf. Es leuchtet richtig unter dem Schein der Sonne und ich spüre, wie sich langsam ein Lächeln in meinem Gesicht ausbreitet.
 

Es sind nur wenige Meter, die ich vor ihm stehen bleibe und ihn einfach nur betrachte. Mein Herz lebt auf bei diesem Anblick. Schnell und kräftig schlägt es noch regelmäßig unter meiner Brust, doch ich weiß bereits, dass es nicht lange so bleibt. Es wird aus seinem Rhythmus fallen, sobald ich in seine Augen sehe, da bin ich mir sicher. Es ist traumhaft ihn einfach nur ansehen zu können, ohne dass er meine Anwesenheit bemerkt. Denn jetzt sehe ich das, was mir den Mut bringt hier zu bleiben und nicht einfach wieder zu verschwinden. Naruto sitzt tatsächlich auf unserer Bank, hat den Kopf in den Nacken gelegt und seine Augen geschlossen, während ihm der frische Wind sein Haar locker ins Gesicht weht.
 

Es könnte beinahe beängstigend sein, dass meine Gefühle für ihn immer noch so stark sind, dass ich ihn am liebsten sofort in den Arm nehmen würde. Nur das Papier in seinen Händen und die Gewissheit, dass wir vielleicht vorher einiges zu bereden haben, halten mich davon ab. Schließlich kenne ich meine Gefühle, seine jedoch nicht.
 

Ich warte lange, ehe ich mich überwinden kann auch die letzten Meter zu gehen, sodass ich nun unmittelbar vor ihm stehe. Mein Schatten legt sich auf sein entspanntes Gesicht und ich verspüre schon wieder den Drang, ihm einzelne Strähnen aus der Stirn zu streichen, weshalb ich auch eilig meine Tasche fallen lasse, ganz in dem Wissen, dass er mich dadurch bemerkt. Schlagartig reißt er seine Augen auf und sieht mich direkt an. Ich kann seine Erleichterung sehen, die sich mit Überraschung und Nervosität mischt.
 

So schnell wie jetzt gerade habe ich ihn noch nie aufstehen sehen. Nicht einmal einen Wimpernschlag später steht er direkt vor mir und ich schmunzle leicht über seine Unsicherheit. Seine Hände machen Anstalten mich stürmisch umarmen zu wollen, doch ehe er es tut, zucken sie zurück und hängen still an seinen Seiten. Bilde ich es mir nur ein, oder hat er sogar die Luft angehalten? Ich weiß selbst nicht so genau wie ich mich verhalten soll, denn das einzige was ich jetzt gerade spüre ist mein Herz, das unaufhörlich kleine Purzelbäume schlägt und sich einbildet jetzt einen neuen Takt entwickeln zu müssen.
 

"Naruto", mehr als seinen Namen bringe ich nicht heraus. Es gleicht einem Hauchen, einem leisen Flüstern, aber es reicht, um seine Augen noch mehr zum Strahlen zu bringen. Doch er sagt nichts. Kein einziges Wort verlässt seine Lippen und ich vermute, dass er noch irgendwas von mir erwartet.

"Ich bin etwas spät", stelle ich unnötigerweise fest. Ganz toll. Dafür könnte ich mich glatt selbst schlagen und Naruto gleich mit, weil er ernsthaft seinen Kopf schüttelt.

"Nicht schlimm. Ich bin auch grade erst angekommen. Kennst mich doch, ich bin gerne mal zu spät." Das ist frech. Er lügt mir eiskalt ins Gesicht und kratzt sich dabei auch noch schauspielreif am Hinterkopf, wie er es immer macht, wenn er verlegen wird.
 

Aber ich werde nicht sagen, dass ich ihn schon längst durchschaut habe, dass würde nur den Moment zerstören, denn nun scheint es, als hätte ich seine Zunge etwas gelockert. Nun beginnt er zusammenhangloses Zeug hervorzubringen, dem ich erst allmählich folgen kann.

"...und du siehst verdammt gut aus. Anders, weil deine Haare etwas kürzer sind als sonst, oder?", fragt er mich, nachdem er eingesehen hat, dass sich das Wetter auch in den nächsten Minuten nicht mehr ändern wird. Reflexartig geht eine meiner Hände zu meinem Haar, das sich im Grunde eigentlich nicht verändert hat, nur die Seiten sind etwas kürzer. Dass es ihm trotzdem aufgefallen ist, ist schon beeindruckend.
 

"Aria war der Meinung, zu einem neuen Leben gehört auch eine neue Frisur. Aber ich glaube, in Wirklichkeit hat sie nur austesten wollen, ob sie Talent als Friseurin hat", erkläre ich deutlich lockerer als ich es erwartet habe. Überhaupt wirkt diese Situation viel entspannter als ich gedacht habe. Naruto runzelt verwundert seine Stirn.

"Aria? Wer ist Aria?", hinterfragt er skeptisch und auch seine Haltung spannt sich mehr an. Ich merke, wie er mit sich kämpft, um nicht zu neugierig zu wirken, doch er scheitert kläglich.

"Aria war eine Praktikantin, aber irgendwie auch eine gute Freundin", sage ich schließlich gelassen, als wäre wirklich nichts Besonderes dabei. Was ja auch nicht ist.

Höchstwahrscheinlich werde ich sie und die anderen nicht mal mehr wiedersehen.
 

"Ach so", seufzt Naruto erleichtert und sieht mich danach an. Sein Blick wird ernst, auch wenn noch immer die Wiedersehensfreude vorherrscht.

"Ich weiß du magst das nicht, aber ich kann nicht mehr. Ich muss es einfach tun, Sasuke", ruft er aus und wirkt auf mich beinahe verzweifelt. Seine Worte kommen so bedeutungsschwer aus ihm heraus, dass ich glaube, er hat sich unheimlich anstrengen müssen, um sie so lange für sich zu behalten. Noch ehe ich seinen Worten irgendeine Bedeutung zuweisen kann, oder auf sie reagieren kann, spüre ich seine Arme, die sich um meinen Körper legen und seine Brust an meiner. Er umarmt mich. Automatisch gerät mein Herz aus dem Takt und ich atme wohl mehr ausversehen seinen berauschenden Duft tief ein.
 

"Sasuke." Erst die Erwähnung meines Namens, den er leise gegen meinen Hals haucht, bringt wieder Leben in meinen Körper. Als wäre er der Halt, das Wichtigste, das Wertvollste für mich, lege ich meine Arme um ihn und drücke ihn noch fester an mich. Es tut so gut, ihm auf diese Weise nahe zu sein, auch wenn ich mich innerlich nach viel mehr sehne. Für den Moment jedoch reicht diese Berührung vollkommen aus.
 

Instinktiv atme ich immer mehr von seinem intensiven Geruch ein. Angenehm und süß, so wie ich ihn kenne.

"Ich hab dich vermisst, echt jetzt!" Seine Stimme klingt leicht brüchig und ich habe die Vermutung, dass ihm bereits stumme Tränen die Wangen hinunterlaufen, weshalb ich den Druck auf seinen Körper erhöhe und leicht über seinen Rücken streichle. Vorstellen, warum er so heftig reagiert, kann ich mir natürlich. Auch bei mir brennt salzige Flüssigkeit in den Augen, doch ich kämpfe noch und schaffe es, sie zurückzuhalten.
 

"Ich hab dich auch vermisst, Naruto", antworte ich leise. Mir gefällt die Situation. Richtig gut sogar. Am liebsten würde ich ihn nie wieder loslassen. Zum Teufel mit meiner Abneigung gegen Umarmungen. Bei ihm ist es was anderes. Warm und schön, verdammt schön. Da stören noch nicht einmal seine feuchten Tränen, die allmählich von meinem Shirt aufgefangen werden. Sie perlen zum Teil an dem glatten Leder meiner Jacke ab, doch gelegentlich verirrt sich eine und tropft auf meine Haut. Auf die wenigen Stellen, die nicht bedeckt sind von Kleidung.
 

"Schon gut, ich geh nicht nochmal weg", flüstere ich und lasse ihn keine Sekunde los. Noch nicht. Noch brauche ich diese Nähe. Wenigstens für die nächsten fünf Minuten noch.

"Das will ich hoffen", schluchzt er erstickt und dreht seinen Kopf. Sofort trifft sein warmer Atem auf meinen Hals und ich spüre, wie sich eine prickelnde Gänsehaut meinen Rücken hinunter arbeitet. Dass solche kleinen Dinge so intensiv wahrgenommen werden können, war mir bisher nie wirklich bewusst gewesen. Doch nun darf ich es am eigenen Leib erfahren. Und ich genieße es. Genieße jeden Atemzug von Naruto, der eine neue kribbelnde Welle über meinen Rücken jagt.
 

Ich weiß nicht genau wie lange wir so engumschlungen unter dem blühenden Baum stehen. Mir kommt es vor, als würde die Zeit nicht mehr vergehen, still stehen und warten, bis einer von uns sagt, dass sie weiter voranschreiten darf. Nur ich werde es nicht sein. Nicht eine Sekunde verschwende ich daran diese Verbindung zu Naruto zu trennen. Ich will es nicht. Und er scheint es auch nicht zu wollen. Sein Kopf liegt immer noch warm auf meiner Schulter. Bisher habe ich mich noch nicht getraut ihn anzusehen, aber jetzt, da er so regelmäßig ausatmet, muss ich es doch tun. Meine Mundwinkel zucken automatisch nach oben, bei diesem selig, ruhigen Anblick. Augen geschlossen, bereit zufrieden einzuschlafen, kuschelt Naruto sich an mich, bis er meinen Blick zu bemerken scheint und halb seine Augen öffnet.
 

"Stimmt es?", haucht er leise und erwidert meinen Blick. Ich vermute einfach mal, dass ich ihn so verträumt ansehe wie schon lange nicht mehr, denn er lächelt so sanft.

"Was meinst du?", frage ich zurück, da ich nicht genau weiß, was er jetzt von mir wissen will. Er seufzt nur, behält sein Lächeln aber weiterhin auf seinen sinnlichen Lippen.
 

"Das, was in deinem Tagebuch steht. Stimmt es?", wiederholt er genauer und senkt nun doch vorsichtig seinen Blick. Seine Frage lässt mein Herz rasen, aber nicht weil es mir unangenehm ist, oder weil er mich nun doch direkt darauf anspricht. Sondern eher, weil ich nervös werde und den Moment herbeigesehnt habe, dass ich jetzt sogar Mühe habe zu schlucken. Meine Kehle ist staubtrocken, doch ich bemühe mich, ihm mit fester Stimme zu antworten.

"Ja. Jedes Wort ist wahr. Alles was dort drin steht ist passiert." Er seufzt erneut. Mitfühlend sieht er auf und ich glaube, dass sogar ein kleiner Funken Hoffnung in seinen verführerischen blauen Augen schwimmt.
 

"Dann liebst du mich?", fragt er zögerlich. So leise. Seine Stimme so zart und zerbrechlich, dass ich nicht einordnen kann, ob ihn eine ehrliche Antwort nun stören würde oder nicht. Dennoch, ich habe mir geschworen, ab jetzt immer ehrlich zu sein und zu dem zu stehen, was ich fühle. Aufgeregt löse ich meine Umarmung und drücke ihn nur wenige Zentimeter von mir weg, ehe ich seinen Kopf leicht anhebe, um ihn so gefühlvoll wie möglich ansehen zu können.
 

"Ja. Ja, ich liebe dich." Meine Stimme empfinde ich selber als rau und angespannt. Aber ich vertraue einfach darauf, dass ihn mein Blick von der Echtheit meiner Worte überzeugt. Er sagt nichts. Seine Augen liegen starr auf meinem Gesicht. Plötzlich merke ich, wie rasend schnell die Zeit vergeht. Rauschend zieht sie an uns vorbei und mir wird bewusst, wie sehr ich mir eine Erwiderung von ihm gewünscht habe, die nicht kommt. Sie verlässt seine Lippen nicht. Er bleibt stumm, schweigsam und stumm. Mehr noch, er verzeiht sein Gesicht, verbissen und kämpfend, als ob er nach Worten sucht, die mich weniger verletzen sollen. Es ist schwer stehen zu bleiben und mich nicht abzuwenden. Aber ich werde nicht gehen. Ich kann es auch gar nicht, denn noch schuldet er mir eine Antwort. So schwer sie für mich auch sein mag, ich brauche sie.
 

"Der erste Kuss gehört der Person, die wir aufrichtig und von ganzem Herzen lieben, richtig? Dann bin ich dir den wohl noch schuldig, hm?", murmelt er schließlich und ich habe keine Zeit seine Worte zu verinnerlichen, da mir seine weichen Lippen auf meinen schlagartig meinen Kopf vernebeln.
 

Wenn sich eben die Welt noch unnatürlich schnell gedreht hat, dann bleibt sie jetzt wieder erstarrt stehen. Für mich steht alles auf dem Kopf, seit dieses berauschend schöne Gefühl durch meine Venen jagt. Ich kann nichts tun außer vor ihm zu stehen und meine Augen weit aufzureißen. Unerwartet, unwirklich. Langsam fange ich an zu realisieren, was er tut. Seine warmen Lippen drücken sich gegen meinen Mund. Vorsichtig, warm und schön, gleichzeitig zärtlich beginnt er sich zu bewegen. Noch immer weiß ich nicht, ob ich diesen langersehnten Kuss nur träume. Einer dieser zahlreichen Träume, die mich quälen sobald ich wieder aufwache. Doch nie hat es sich so echt angefühlt, verführerisch echt.
 

Dieses sanfte Necken an meiner Unterlippe fühlt sich gut an, automatisch höre ich auf einzuatmen und zwinge mich dazu ebenfalls meine Augen zu schließen. Naruto hatte seine von Anfang an zu.

Ich halte an seinem Anblick fest, vertraue auf meine Vorstellung und wehre mich nicht gegen seine Zunge, die sich allmählich vorwagt und meine Lippen spielerisch teilt. Keine Sekunde später kann ich ihn schmecken und höre das sehnsuchtsvolle Keuchen meine Lippen verlassen. Mit diesem zufriedenen Laut legen sich meine Hände wieder um seinen Körper, wandern hinauf zu seinem Nacken, wo ich das seidige blonde Haar ertasten kann.
 

Ein unvergleichlicher Moment, wo auch seine Hand sich an meinen Hinterkopf legt und mich ihm näher bringt. Näher, als jemals zuvor. Näher, als jemals gedacht. Näher, als ich verkrafte, doch ich kann mich nicht lösen. Viel zu einmalig ist diese Situation. Und vielleicht, vielleicht...
 

Ich kann diesen Gedanken nicht beenden, da mich die raue Oberfläche seiner Zunge ablenkt. Sie schmiegt sich an meine, streichelt sie und fordert sie auf, sich ebenfalls an seiner zu reiben. Überfordert, stümperhaft und ungeübt versuche ich dasselbe zu tun wie er. Mir fällt gar nicht auf, wie vorsichtig dieser Kuss eigentlich ist. Ein Herantasten, mehr noch nicht. Aber er ist geschickt, lenkt mich ab, weil er seine Zunge zurück zieht und über meine Lippe leckt, die er anschließend zwischen seine nimmt und zärtlich an ihr saugt. Als hätte er nie etwas anderes getan. Sicher und wissend geht er vor und stupst erneut mit seiner Zungenspitze gegen meine.
 

Ich verstehe nicht, als er sich eilig wieder entfernt. Für mich ist das neu und Denken deshalb einfach unmöglich. Wieder und wieder führt er seine Zunge an meine und zieht sie weg, ehe ich sie ausgiebig berühren kann. Verdammt, was tut er? Er spielt mit mir und lässt mich zappeln. Dass mich bei jeder hauchzarten Berührung unserer Lippen erneut ein kribbelnder Schauer erfasst, macht es nicht einfacher. Im Gegenteil, es entlockt mir erneut einen wohligen Laut. Als er den Kontakt unserer Lippen gänzlich löst, komm ich ihm verlangend nach. Ich will diese Verbindung, brauche diesen Kontakt zu seinem warmen Mund. Mit ihm verschwindet sonst dieses schwindelerregende Gefühl.
 

Leichten Druck übt meine Hand auf seinen Nacken aus, um ihn daran zu hindern sich noch einmal zu entfernen. Schnell nutze ich den kurzen Moment um neue Luft in meine Lungen zu ziehen, ehe er wieder meine Zungenspitze berührt und verschwindet, als wolle er mir etwas zeigen. Neugierig, mit heftig pochendem Herzen folge ich seiner Zunge und kann gar nicht glauben, wie schön dieses feuchtwarme, nasse Gefühl seiner Mundhöhle ist. Sein unverwechselbarer Geschmack legt sich brennendheiß auf meine Zunge. Er verführt meine Sinneszellen, programmiert sie beinahe nur auf seinen süßlich, leckeren Geschmack. Ich kann nicht mehr atmen. Kann nicht mehr denken. Nur fühlen und schmecken geht noch.
 

Betäubend und animierend ist sein sinnliches Spiel mit meinen Lippen, meiner Zunge. Ich dränge das tiefe, wohlwollende Stöhnen zurück, das meiner Kehle entweichen will und widme mich lieber seinen vollen Lippen. Nervös lecke ich darüber und beiße neckend, in der Hoffnung, dass es zärtlich ist und ihm gefällt, hinein, weil es mich wahnsinnig macht, wenn ich diese Gelegenheit nicht voll ausreize. Sekunden, nein Minuten verstreichen, wo ich ausgiebig von seinen Lippen koste und seine Zunge umspiele, bis er sich schließlich keuchend löst. Innerlich beginne ich zu schreien, dass er nicht verschwinden soll, dass seine Lippen da bleiben sollen, wo sie sind. Zu perfekt haben sie auf meinen gelegen.
 

"Wow", haucht Naruto nur wenige Millimeter von meinen Lippen entfernt. Noch immer kann ich seine wundervolle Nähe spüren, während sein heißer Atem ein anregendes Prickeln hinterlässt, welches sich verstärkt, als ich meinen Kopf nach vorn lege und seine Stirn an meiner spüren kann. Sie ist warm, seine Haut weich. Doch viel besser ist, dass Naruto nicht zurück weicht. Ich genieße den Moment, halte meine Augen weiterhin geschlossen, weil sich ein Bild in meinem Kopf abzeichnet, das dieser Situation ebenbürtig ist. Ich will diese Projektion von mir und Naruto, küssend unter fallenden Blüten und Blättern des Baumes, nicht zerstören, nur weil ich meine Augen öffne. Auch wenn mich vielleicht sein verliebter, verträumter Blick erwartet. Vielleicht, aber eben nur vielleicht.
 

Heftig keuchend atme ich ihm entgegen. Unser Atem vermischt sich, wird eins und löst sich in Nichts auf, weil es der sanfte Wind hinfort trägt.

"Hätte ich gewusst, wie schön es ist dich zu küssen, hätte ich niemals diese lächerliche Regel aufgestellt. Du hättest es schon viel früher erfahren können, wenn ich nicht so stur gewesen wäre. Es tut mir leid", flüstert er leise, doch in mir zieht sich etwas so heftig zusammen, dass ich am liebsten schreiend davon laufen würde.
 

Doch ich kann nicht. Meine Muskeln reagieren überhaupt nicht mehr. Er redet, als wäre es für ihn eben nur ein Kuss von vielen gewesen und nicht wie bei mir der Erste. Er redet, als hätte er mir wirklich nur einen Gefallen getan, eine Schuld beglichen, mehr nicht.
 

"Ich will nach Hause", sage ich schließlich, als ich es geschafft habe, dieses bedrückende Gefühl in mir zu verdrängen und mich von Naruto zu lösen. Keine Umarmung mehr, kein Hautkontakt, nicht einmal ein Blick existiert jetzt noch zwischen uns. Dafür ist der Boden gerade viel interessanter. Echt erbärmlich, wie mich schwerarbeitende Ameisen von meinen Gefühlen ablenken können, wo ich doch eigentlich darüber reden müsste.
 

"Jaa, wird auch Zeit, dass du wieder nach Hause kommst. Weißt du, das war irgendwie verdammt ruhig im Haus", beginnt Naruto laut und fröhlich zu erzählen, scheint dabei gar nicht zu merken, dass ich mich immer mehr von ihm entferne. Nur körperlich, denn wenn ich eines gelernt habe dann, dass mir seine Freundschaft unheimlich wichtig ist.
 

"Obwohl, wenn ich es mir recht überlege, dann war es mit dir genauso ruhig. Du redest ja nicht gerade viel, immer noch nicht", murmelt er und wirft mir einen nachdenklichen Blick zu, ehe er mich angrinst und mich unerwartet wieder in eine Umarmung zieht.

"Oh ja, ich bin froh, dass du wieder hier bist", meint er und lässt mich auch ziemlich schnell wieder los.
 

Es ist nicht einfach, seinem Herzen zu folgen, wenn man doch weiß, dass es sinnlos ist. Und es ist auch nicht leicht, die Sache einfach zu ignorieren. Doch es wird funktionieren, sobald ich mit Naruto über alles gesprochen habe. Das denke ich jedenfalls.
 

"Komm schon! Du stehst da jetzt schon fünf Minuten regungslos rum. Ich dachte du wolltest nach Hause", unterbricht Naruto meine Gedankengänge. Ich sehe auf, bemerke sein glückliches Strahlen und wie er überschwänglich über den Parkweg hüpft, rückwerts und von einem Bein aufs andere wechselnd. Sein kindliches Verhalten, was wirklich noch so ist, wie ich es in meinen Erinnerungen habe, lockt mir auch wieder ein kleines Lächeln auf die Lippen, ehe ich mich auch in Bewegung setze und ihm folge. Allerdings weniger euphorisch und mit normalem Gang.
 

"Aber ich muss dir noch was gestehen", flüstert Naruto verhalten, als wir den Park hinter uns lassen und in die Hauptstraße einbiegen. Mittlerweile geht er auch anständig neben mir, die Hände locker in seinen Hosentaschen und ein unschlüssiges Lächeln prangt in seinem Gesicht. Ich kann einfach nicht wegsehen, weil es mich fasziniert, auf verbotene Weise fasziniert. Außerdem lassen seine Worte mein Herz aufleben, erneut und immer wieder schlägt es kräftig gegen meinen Brustkorb. Nur wegen ein paar hoffnungsbringenden Worten.
 

"Was denn?", hinterfrage ich gefasst, so gut wie es mir momentan möglich ist. Ich kann mein Herz nicht mehr kontrollieren und ich habe das Gefühl, dass es einen Stillstand erleidet, als er sich auch noch unschlüssig an seinem Hinterkopf kratzt. Diese Geste kenne ich. Das macht er immer, wenn er mir etwas Wichtiges mitzuteilen hat, wofür er noch nach den richtigen Worten suchen muss. Ablenkung, mehr bedeutet es nicht.
 

"So schlimm?" Resigniert betrachte ich sein Profil, bis mich seine erstaunten Augen fixieren.

"Ne, ich hab nur..." Er sät Zweifel in meinem Inneren, mit jedem weiteren Wort. Zweifel an meiner Auffassungsgabe, denn ich weiß plötzlich nicht mehr, worum es hier geht. Dabei wollte ich ihm doch nur vermitteln, dass es nicht schlimm ist, wenn er mich auch...
 

"Ich hab in deinem Zimmer gewohnt. Die ganze Zeit und naja, du kennst mich. Es sieht etwas chaotisch aus, denk ich", platzt es dann aus ihm heraus. Das ist dann wohl der Moment, wo ich mir selbst eine Ohrfeige verpassen müsste, oder? Aber das ist gar nicht nötig, mein Herz zerbricht auch so schon erfolgreich an meiner idiotischen Hoffnung, dass es keinen Schmerz geben kann, der schlimmer wäre.

"Schon ok. Ich hab es mir gedacht", entgegne ich leise, weil ich dann die beste Kontrolle über meine Stimme habe. Er soll nicht merken, wie verletzt ich gerade bin.
 

"Echt jetzt?", strahlt er mich an. Wieder mit diesem Lächeln, das den Riss in meinem pochenden Organ heilen könnte, wenn er doch nur genauso fühlen würde wie ich.

"Sicher. Warum sonst habe ich die Briefe zu mir nach Hause geschickt? Ich wusste, dass du dort bist." Wie selbstverständlich nickt er und lauft weiter, grüßt beiläufig eine ältere Frau, die sein Lächeln zaghaft erwidert.
 

"Neulich hab ich ihre Einkäufe nach Hause getragen, da hat sie mich tatsächlich als Dankeschön zu einer wahnsinnig guten Nudelsuppe eingeladen. Man war die gut! Das Rezept hab ich mir geben lassen. Wenn ich, nein, wenn wir Glück haben, dann macht uns Itachi nachher diese Nudelsuppe", plappert Naruto munter weiter, wobei er nach seiner Verbesserung gleich viel mehr Gewicht in seine Worte legt. Und mir wird bewusst, dass ich schon lange keine Nudelsuppe mehr gegessen habe. Es gab sie zwar häufig im Angebot, doch ich wollte sie nie. Sie erinnert mich an Naruto. Und niemand kann so voller Begeisterung Nudeln schlürfen wie Naruto. Umso mehr freue ich mich jedoch jetzt darauf. Ich vermute, dass Naruto sich selbst in dieser Sache nicht verändert hat.
 

"Keiner da", murmelt Naruto, als er die Tür aufschließt und vor mir mein Elternhaus betritt. Es fühlt sich merkwürdig an, jetzt wieder hier zu sein. Dieses riesige Haus zu sehen, mit dem großen Garten und den zwei Stockwerken, hier zu stehen und sich an alles zu erinnern, was mich mit diesem Haus verbindet. Alles, einschließlich der Einsamkeit, die es mir teilweise auferlegt hatte, nach dem Tod meiner Eltern. Aber in jeder Erinnerung taucht auch ein wilder Blondschopf auf, der mich zum Lachen gebracht hat und mir beigebracht hat zu lieben. Ich halte genau an diesen, schönen Erinnerungen fest, als ich den ersten Fuß über die Schwelle setze und der altbekannte Geruch in meine Nase kriecht. Erst jetzt wird mir richtig bewusst, dass ich zurück bin. Zuhause...
 

"Was ist?" Naruto steht neben mir, hält meine Hand und sieht mich fragend, mit schief gelegtem Kopf an. Ich muss unwillkürlich schlucken, als ich seine Lippen bemerke und dieses sanfte Lächeln mich an unseren Kuss erinnert. Es ist wirklich schade, dass es bei diesem einen Kuss bleiben muss.

"Es ist... ungewohnt", entgegne ich trocken.

"Ich weiß." Naruto klingt genauso vorsichtig wie ich, doch er nickt verstehend und zieht mich anschließend langsam hinter sich her, die Treppe hinauf.

Ich stocke im Gehen, als ich mich erinnere, wie ich hier das letzte Mal hinauf gegangen bin. Allein, schwach und verletzt, ohne Hilfe. Die Erinnerungen an den Grund, tauchen auch ebenso plötzlich wieder auf, wie die Bilder, wo er noch gelebt hat.

"Gab es eine Beerdigung?", höre ich mich fragen und bin selbst erstaunt über meine feste Stimme.
 

"Wie?"

"Von Gaara. Gab es da..."
 

"Ja", unterbricht mich Naruto, greift jedoch wieder nach meiner Hand und führt mich in mein Zimmer. Ich habe keine Zeit mich umzusehen, da er mir einen Zeitungsartikel in die Hand drückt. Schon ein flüchtiger Blick reicht, um die Anzeige Wort für Wort zu kennen. Immerhin weiß ich jetzt, dass seine Familie da war. Sie haben ihn nicht allein gelassen.

"Auf dem Westfriedhof, wenn du magst dann gehen wir...", beginnt Naruto, doch ich lasse ihn nicht aussprechen. Ich weiß ja ohnehin, was er mir vorschlagen will, doch da muss ich allein durch. Naruto und Gaara waren schließlich nicht die besten Freunde, das habe ich nicht vergessen.
 

"Schon gut. Ich werd morgen hingehen, oder so." Entschlossen lege ich den Zeitungsbericht auf meinen Schreibtisch und bemerke nebenbei, dass dieser gar nicht so vermüllt aussieht, wie ich ihn in Erinnerung habe.

Auch der Rest meines Zimmers sieht ordentlich aus, wenn man bedenkt, dass Naruto hier seit Monaten wohnt.

"Du hast alles weggeräumt?" Meine Stimme fühlt sich seltsam belegt an, wenn ich daran denke, was er hier alles gesehen haben muss. Schließlich blieb damals alles stehen und liegen, nicht zuletzt auch diese verfluchten Spritzen.
 

"Klar", nickt er und zuckt mit den Schultern.

"Du warst über ein Jahr weg. Stell dir mal vor ich hätte alles so gelassen", meint er erklärend, legt zusätzlich seinen Kopf schief und lächelt verlegen.

"Ich glaube, da hätten einige Dinge neues Leben bekommen und du kannst mir glauben, ich kenn mich damit aus." Ein wenig kräuselt Naruto seine Nase und ich kann mir vorstellen, worauf er anspielt.

"Ich verstehe. Am besten du ersparst mir die Einzelheiten", entgegne ich und schaue mich beiläufig weiter um.

"Besser ist", lacht Naruto noch, ehe ich hören kann, wie er sich auf mein Bett fallen lässt, doch mein Blick haftet an dem kleinen abschließbaren Schubfach.
 

Ich kann nicht sagen, wie ich dieses Gefühl beschreiben soll, als mir bewusst wird, dass er nicht alles weggeschafft haben kann. Das, was sich dort drin befindet, liegt schon so lange dort drin, unbeachtet und trotzdem sicher, während der Schlüssel in meiner Hosentasche ruht und nur darauf wartet, wieder in sein zugewiesenes Schloss zu kommen.

Es ist aufwühlend und macht mich nervös. Dieses Wissen, so nah an diesem Zeug zu sein, genau an dem Ort, wo sie immer von Zufluchtsort und Sicherheit gesprochen haben, treibt mir den Schweiß auf meine Stirn. Werd ich verrückt, dass es mir kräfteraubend vorkommt?

"Sasuke?" Unsicher löse ich meinen Blick, betrachte eine Sekunde einen Naruto, der mehr Besorgnis in seinem Gesicht trägt, als ich jemals vermutet hätte.
 

"Was ist denn? Hab ich doch ausversehen eine deiner Medaillen zerkratzt?", versucht er abzulenken. Das zeigt sein misslungenes Lächeln, welches schiefer wird, als ich den Kopf schüttle und zaghaft auf den Schrank deute.

"Hast du da auch aufgeräumt?", frage ich nach, mit einer Stimme, die zwischen einem dunklen Beben und rauer Heiserkeit schwankt. Dieses Zimmer, diese Möbel, die Erinnerungen...

Das alles ist ein altes Leben, mein altes Leben, das mich auf einen Schlag wieder einholt. All die vergangenen Monate habe ich versucht diesen ganzen Dreck zu verarbeiten und nun stelle ich fest, dass ich gerade mal am Anfang bin. Nicht am Ende, wie gedacht.
 

"Nein. Ich hab es versucht, aber da hat sich dieses Mistding echt hervorragend gegen gewehrt. Also hab ich es gelassen", sagt Naruto und klingt dabei beinahe ein wenig vorwurfsvoll. Es ist niedlich, wenn er schmollt, auch wenn ich sowas nicht mehr von ihm denken sollte.

"Hier, versuch es damit", entgegne ich, während ich einen kleinen Schlüssel, aus Kupfer, weil er sich dadurch besser von den anderen abgrenzt, aus meiner Hosentasche ziehe und halte ihm den sozusagen vor die Nase.
 

Naruto verzieht die Stirn, hebt nebenbei eine seiner geschwungenen Augenbrauen an und greift zögerlich nach dem Schlüssel. Ich merke die Wärme seiner Finger, als sie in diesem flüchtigen Moment meine streifen. Verliebte Idioten hätten jetzt von wild flatternden Schmetterlingen im Bauch gesprochen, von einem Ameisenkribbeln auf dem ganzen Körper oder einfach nur von einem schönen Gefühl, dass sich angenehm bis zum Herzen ausbreitet. Für mich trifft die letzte Variante zu, weil für alles andere die Berührung zu kurz war. Narutos Hand entfernt sich viel zu schnell wieder, um sich anschließend auf ihr abzustützen, ehe er aufsteht und zu der Schublade läuft.
 

Das nächste was ich nach dem leisen Klickgeräusch höre, ist sein erschrockenes Einatmen. Auch kein Wunder bei dem was er sich gerade ansehen muss, weil ich mich selbst nicht für stark genug halte und es auf ihn abschiebe.

"Das... ohh", stöhnt er atemlos und sieht gleich darauf fragend zu mir. Ich merke nur wie ich einen Mundwinkel nach oben ziehe und ihn ansehe, als könnte ich seine Fassungslosigkeit nicht verstehen. Doch ich kann es, das sagt nur mein dämliches Schulterzucken nicht wirklich aus.

"Und jetzt?" Diese Frage habe ich ihm schon vorher angesehen. In seinen Augen stand sie so deutlich, dass ich nur warten musste, bis er sie ausspricht. Die Antwort hingegen sollte leicht sein. Ist sie aber nicht.
 

Zittrig atme ich ein, während ich zusehe, wie Naruto das ganze Zeug, das sich noch in seinem Mantel aus Plastik befindet, in seine Hand nimmt und mit Blicken straft. Er verabscheut es und im Grunde fühle ich genauso wie er.

"Schaff es weg. Spül es im Klo runter, oder so", sage ich dann doch noch entschlossen, weil es das einzig richtige ist. Ich hätte gar nicht erst nach einer anderen Alternative suchen dürfen. Sein schnelles Nicken macht es mir nur umso deutlicher. Das Zeug muss weg. Es ist meine Vergangenheit, nicht meine Zukunft.
 

"Bin gleich wieder da", murmelt Naruto eilig und läuft ins Bad. Froh darüber, dass er mir diese Aufgabe ohne Murren abnimmt, atme ich befreiter ein. Jetzt wage ich mich sogar ein paar Schritte weiter hinein in mein Zimmer, kann sogar in die Schublade sehen, wo noch zahlreiche Spritzen und Feuerzeuge liegen. Über die Hälfte von ihnen funktionieren schon lange nicht mehr und trotzdem liegen sie noch da drin. Mit einem beklemmenden Gefühl im Magen beuge ich mich hinab und ziehe gleich die ganze Schublade hinaus, um den Inhalt im nächsten Mülleimer für immer verschwinden zu lassen. Im Müll. Da gehört das Zeug hin. Definitiv.

Anschließend fühle ich mich besser. Ich kann alles hinter mir lassen. Alles. Die ganzen Gedanken, die Gefühle, die beschissenen Erinnerungen gehören der Vergangenheit an, ab jetzt.
 

"Hilfst du mir mal?", frage ich Naruto direkt, als er lächelnd wieder in mein Zimmer kommt, ohne Plastiktüte mit gefährlichem Pulverinhalt, während ich an einem Ende meines Schreibtisches hänge und diesen versuche näher ans Fenster zu schieben.

"Klar", meint er lässig und greift beherzt zu. So geht es schon viel leichter und Naruto spart sich die Frage, was diese Aktion soll. Er macht einfach mit, das ist so typisch für ihn.
 

"Den Kleiderschrank auch?" Mit skeptisch verzogenem Blick betrachtet er dieses riesige Möbelstück und anschließend mich, wo sich sein Ausdruck verändert. Flehend treffen mich seine blauen Augen, doch ändert es nichts an meiner Entscheidung.

"Ja, der auch. Aber vorher müssen die Sachen raus", gebe ich als Antwort zurück und schmunzele leicht über sein wehleidiges Stöhnen.

"Maaaan ey, mein Rücken!", mault er los. Langsam habe ich das Gefühl es wird doch wie früher. Ohne Anspannung oder krampfige Gesprächsversuche.
 

Auch wenn er unzufrieden irgendwelche Verwünschungen in den Raum wirft, beginnt er damit, die Schranktüren aufzureißen und sämtliche Kleidungsstücke aufs Bett zu schmeißen.

"Ich glaubs nicht. Erst neulich hab ich alles ordentlich eingeräumt und nun das. Sowas bescheuertes. Wenn es dafür nicht wenigstens eine Nudelsuppe gibt, dann schwöre ich beim Teufel persönlich, dass es mindestens einen Toten zur Folge hat", brummt er munter weiter.
 

"Du könntest die Sachen auch normal aus dem Schrank nehmen, dann müssen wir sie nachher nicht nochmal neu zusammenlegen", kommentiere ich sein unbedachtes Handeln und erhalte gleich mal einen giftigen Blick.

"Halt doch einfach deine Klappe und hilf mir, Teme", faucht er und stutzt kurz selber über seine Worte. Auch ich zucke wegen seiner Bezeichnung am Ende zusammen, aber einfach weil es sich so gewohnt schön anfühlt und ich feststellen muss, dass ich es wahrhaftig vermisst habe.

"War nur nen Vorschlag, Dobe", entgegne ich schulterzuckend und grinse leicht, als er auch anfangen muss zu lächeln.
 

"Bereit?", fragt er und keucht angestrengt, als ich mein Nicken gebe und wir gleichzeitig den verfluchten Schrank anheben, der ein merkwürdiges Knacksen von sich gibt.

"Ohje", flüstert Naruto vorausahnend und macht schnell ein paar Schritte nach hinten, denen ich ebenso eilig folge, ehe wir den Schrank an seinem neuen Platz abstellen, sodass er glücklicherweise nicht auseinanderbricht. Ist eben doch schon ziemlich alt das Ding.
 

"Puhh, das war aber sehr gefährlich, Sasuke." Mit einem Finger fuchtelt er mahnend vor meinem Gesicht herum.

"Warum?", entgegne ich ahnungslos und hebe zusätzlich noch meine Augenbraue an. Er jedoch reißt ungläubig seine Augen auf. Scheint mir vermitteln zu wollen, wie ich so was nur fragen kann.

"Das Teil hätte mich armen, kleinen, unschuldigen, super geilen Typen doch unter sich begraben und dann wäre ich bei lebendigem Leibe erstickt, während du verzweifelt versucht hättest mich unter all dem Schutt zu finden", entrüstend wirft er mir diese Worte an den Kopf, mit einer Ernsthaftigkeit, die mich kurzzeitig echt sprachlos macht.
 

"Du bist so ein Idiot, Dobe. Das ist doch totaler Blödsinn", meine ich kopfschüttelnd und fange schon an die T-Shirts wieder ordentlich zu falten.

"Na danke. Du hättest mich also nicht versucht zu retten?", wirft mir Naruto doch tatsächlich vor und boxt mir unsanft in die Seite.

"Du Trottel, das meinte ich nicht. Sondern eher die Darstellung deines übertriebenen, unfreiwilligen Todes", erwidere ich und gebe ihm im Gegenzug einen Klaps auf seinen Hinterkopf. Naruto murrt leise und reibt sich die Stelle, wo eben noch meine Hand war.
 

"Aber wenn das jetzt wirklich..."

"Naruto", unterbreche ich ihn warnend, da ich befürchte, dass diese Diskussion sonst noch eine Ewigkeit anhalten würde. So gut kenne ich Naruto immerhin.

"Ja ja, schon gut", gibt er leise nach und widmet sich nun ebenfalls wieder den Shirts, die alle verteilt zwischen Pullovern und Hosen auf meinem Bett liegen. Dank Naruto...
 

"Ist das deins, oder meins?", fragt er mich plötzlich, hebt ein Shirt nach oben und schiebt selbst seinen Kopf seitlich an dem Stoff vorbei. Dieses Shirt kenne ich. Das habe ich getragen, als ich damals mit Gaara in der Stadt unterwegs war, weil er neuen Stoff besorgen musste.

"Meins, kannst du wegschmeißen", antworte ich tonlos und drehe mich weg. Naruto muss nicht sehen, dass dieses Shirt eine Bedeutung hat.

"Wieso denn? Da sind noch keine Motten drin!" Auch ohne hinzusehen weiß ich, dass er gerade dieses Shirt inspiziert, weil er mich nicht versteht.

"Schlechte Erinnerungen. Also hau es weg."
 

Zwei Stunden später lässt sich Naruto erschöpft neben mich auf mein Bett fallen. Mein Zimmer sieht komplett anders aus, auch wenn wir nur die Möbel verrückt haben. Aber ich denke, das war nötig. Um wirklich alles hinter mir zu lassen, brauche ich diese Veränderung an dem Ort, der mein Zuhause darstellt.

"Sieht besser aus jetzt", meint Naruto und spricht damit das aus, was ich selbst auch denke. Es sieht besser aus und es ist irgendwie heller.
 

"Vielleicht sollten wir die Wände überstreichen. In einem Gelb, oder so?", frage ich die Decke über mir, weil ich keine Lust habe mich auf die Seite zu drehen, wo ich Naruto wohl direkt ins Gesicht sehen würde.

"Bloß nicht", stöhnt er und ich spüre, wie er sich theatralisch an den Kopf fasst. Wahrscheinlich befürchtet er, dass er dann dieses ganze Möbelrückenspecktakel nochmal durchmachen muss.
 

"Hast recht, wir verschieben das auf nächste Woche." Amüsiert erwarte ich seine Reaktion, die auch gleich in einem meisterhaften Jammern folgt.

"Nee, Teme. Ich bekomm bestimmt einen mordsmäßigen Muskelkater von diesem bescheuerten Schrank da. Dann kannst du mich doch nicht schon eine Woche später zum Streichen verdonnern. Außerdem magst du Gelb doch gar nicht." Er zählt noch weitere Dinge auf, die seiner Meinung nach gegen eine Renovierung sprechen, bis ich nicht mehr kann und anfangen muss zu lachen. Erst das lässt ihn verstummen.
 

"Weißt du, wann ich dich das letzte Mal so richtig lachen gehört habe?", sagt er dann ruhig, irgendwie leicht versonnen. Selbst wenn ich richtig drüber nachgedacht hätte, hätte ich seine Frage mit einem Kopfschütteln beantwortet und sein Seufzen hören müssen.

"Ich leider auch nicht. Aber es ist schön", spricht er leise, fast vorsichtig. Mir bleibt bei seinen Worten gar nichts anderes übrig als mich zu ihm zu drehen und mich auf die Seite zu legen. Ich kann direkt in seine Augen sehen, so wie er in meine sehen kann, während sein warmer Atem meine Lippen streift. Er ist mir so unglaublich nah. Näher als ich eigentlich gewollte habe, doch trotzdem merke ich, dass ich es genieße.

Sein intensiver Blick ist fesselnd. Warm und voll von Emotionen.
 

Wir sehen uns lange einfach nur an, ohne zu sprechen, ohne etwas zu denken, bis sich Naruto plötzlich merklich versteift und nervös über seine Unterlippe leckt. Er sorgt mit seinem Verhalten auch bei mir für eine kleine Unruhe.

"Ich...", beginnt er, bevor ich überhaupt Nachfragen kann, welcher Gedanke ihn so plötzlich aufgewühlt hat.
 

"Ich weiß nicht wie ich das sagen soll, ohne das es blöd klingt. Ich will wissen... du hast nicht aufgeklärt, was bei dem Test rauskam", stottert Naruto hastig vor sich hin und ich beginne zu verstehen, worauf er hinaus will. Um ehrlich zu sein habe ich dieses Testergebnis verdrängt. Absichtlich, um auf diesen Zeitpunkt zu warten, wo ich gemeinsam mit Naruto nachsehen kann, weil ich mir erhoffe, dann gleich den nötigen Halt zu haben, den ich eventuell gebrauchen könnte.

"Ich weiß es selbst noch nicht", flüstere ich leise. Meine Kehle fühlt sich so trocken an, aber es bringt jetzt nichts mehr. Narutos Blick ist so eindringlich, dass ich ihm nur entkomme, als ich mich aufsetze und nach meiner Tasche greife um den Umschlag heraus zu suchen, den ich anschließend Naruto in die Hand drücke.
 

"Mach ihn auf und sag mir was drin steht", meine ich mit belegter Stimme und Naruto geht ebenso zaghaft vor, wie ich es tun würde. Ich glaube, er weiß auch noch nicht so richtig, wie man mit einer schlechten Nachricht umgehen soll. Wer weiß das schon? Man wird mit so einer Neuigkeit ja auch irgendwie ins kalte Wasser geschmissen, ohne dass man es wirklich gewollt hat.

Ich versuche wirklich nicht zu viel an die letzten Wochen zu denken, in denen ich durch die Hölle gegangen bin, weil dieses Aidsthema mich dauerhaft beschäftigt hat, während Naruto quälend langsam den Briefumschlag öffnet.
 

Ich kann nicht hinsehen. Dieser gottverdammte, heiße Typ neben mir hält da etwas in den Händen, dass mein Leben grundlegend verändern kann. Das ist ätzend und bedrückend. Da wünscht man sich, dass man einige falsche Entscheidungen rückgängig machen kann. Als ob man das nicht schon vorher tausend Mal versucht hätte, denn es gelingt nie. Beinahe krampfhaft versuche ich nach vorn zu sehen, weg von Naruto, der mit dem Papier raschelt. Zumindest solange, bis er erleichtert ausatmet und mir gleich darauf um den Hals fällt, während das Testergebnis sorglos zu Boden segelt.
 

"Du bist nicht krank, Sasuke. Gott sei Dank, du bist nicht krank." Diese Worte hören sich gut an. Wundervoll und wirken so befreiend. Mir fällt tatsächlich eine tonnenschwere Last von den Schultern, anders kann man dieses Gefühl nicht beschreiben und Narutos Stimme erzeugt gleichzeitig wieder ein warmes Kribbeln in meinem Körper. So viel Freude lag lange nicht in seiner Stimme und ich kann nicht verhindern, dass sich bei mir ein paar Tränen der Erleichterung in den Augen bilden, während mich Naruto so fest umarmt, dass ich schon bald nach hinten falle und mit dem Rücken wieder auf meinem Bett lande. Naruto schmiegt sich dadurch nur noch mehr an meine Brust.
 

Eigentlich würde ich gerne die feuchten Spuren von meinem Gesicht wegwischen, doch ich komme nicht dazu, weil meine Hände ganz andere Pläne haben. Sie legen sich um Narutos Körper, drücken gegen seinen Rücken und pressen ihn an mich, sodass es mir beinahe die Luft aus den Lungen drückt. Aber das ist mir egal. Wenn ich daran ersticken sollte, dann habe ich wenigstens Naruto bei mir. So nah, dass mich sein Geruch anregend berauscht. Und er wehrt sich nicht dagegen. Er rührt sich überhaupt nicht. Nicht solange, bis ich unbeabsichtigt laut schniefen muss, weil ja immer die Nase laufen muss, wenn man heult. Verfluchter Mist.
 

Als Naruto sich daraufhin leicht erhebt, bin ich nicht schnell genug im Verbergen meiner Tränen, weil er kurz vorher meine Hände festhält. Er sieht mich an, mit einem Blick der mich automatisch schlucken lässt. Ich kann dummerweise nur nicht wegsehen. In seinem Blick zeichnet sich etwas ab, was mich unweigerlich an alte Zeiten erinnert. Er ist so weich. So weich und verständnisvoll. Mir wird allmählich bewusst, dass ich es wohl nie schaffen werde, mich von ihm zu lösen. Jedenfalls nicht mit meinem Herzen, das wahnsinnig schnell schlägt im Moment. Und es stolpert über sich selbst, als Narutos Fingerspitzen über meine Wangenknochen streichen, ehe sie hinab gleiten, über meinen Kiefer zu meinem Kinn, bis sie hauchzart meine Lippen berühren und mir ein hauchendes Seufzen entlocken.
 

Plötzlich geht alles zu schnell. Zu schnell für mich um zu reagieren, oder nachzudenken. Narutos warme Lippen liegen auf meinen, bewegen sich genauso sanft wie vorhin und animieren mich zum Mitmachen. Leicht und kitzelnd liegen einige blonde Strähnen von ihm auf meiner Stirn, während er sich vorsichtig Zugang in meinen Mund verschafft. Abgelenkt von diesem augenblicklich einsetzenden Kribbeln lasse ich es zu, dass er seine Zuge an meiner reibt, sie umgarnt und streichelt. Mir fallen die Augen zu, nachdem ich ein sinnliches Keuchen von Naruto gehört habe. Ich habe gedacht, dass ich nie wieder diese erregten Laute von ihm hören würde und nun bringt er sie hervor, als hätte es nie diese Differenzen zwischen uns gegeben.

Aber es ist heute nicht mehr wie damals. Das kann es nicht sein und das darf es nicht sein. Wir können nicht da weiter machen, wo es damals angefangen hatte. Nicht so. Nicht jetzt. Deshalb stoppe ich Narutos Hand, die sich zwischen unseren Körpern befindet und beschwerlich an meinem Gürtel zieht, während ich mich gleichzeitig von seinem Mund losreiße und seinen verständnislosen Blick einfange.
 

"Das geht so nicht", sage ich, merke leider viel zu spät wie rau meine Stimme klingt, doch es ändert auch nichts an meiner Entschlossenheit.

"Was?", fragt Naruto und zieht seine Augenbrauen zusammen. Ich kann den Sturm hinter seinen Augen sehen, der vor lauter Unverständnis und Verwirrung tobt.
 

"Es tut mir leid. Ich kann das nicht mit dir tun", erkläre ich leise, so selbstsicher wie ich nur kann und schiebe ihn zur Seite. Er ist vermutlich einfach zu geschockt, weshalb er es überrascht zulässt.

Sein stummer Versuch zu Protestieren wird von mir ebenso schnell abgewürgt, wie der Versuch mich wieder auf mein Bett zu ziehen.

"Nein, Naruto. Ich kann nicht mit dir schlafen, wenn du nicht mal annähernd das fühlst, was ich für dich fühle. Mit dieser ganzen Freundschaftssache, bei der ein wenig Spaß nicht verkehrt ist, hat dieser ganze Drogenscheiß doch erst angefangen. Ich will das einfach nicht nochmal, weil es mich ein zweites Mal kaputt machen würde, verstehst du? Bei uns beiden, da gibt es eben nur Freundschaft, aber nicht beides. Nicht ohne Gefühle. Nicht ohne gegenseitige Liebe", flüstere ich zum Ende hin und gerade, als Naruto etwas erwidern will, kracht unten eine Tür zu und Itachis Stimme hallt gedämpft, aber noch gut hörbar hinauf.
 

"Naruto? Ich bin wieder da und ich hab uns Nudelsuppe mitgebracht. Komm runter und hilf beim Einräumen."
 

Schweren Herzens drehe ich mich von Narutos entsetztem Gesicht weg, öffne die Tür und bin verschwunden. Narutos lautes 'Aber Sasuke' ignoriere ich. Er soll doch nicht immer so voreilig handeln und sprechen, wann kapiert der das endlich? Er soll sich verdammt nochmal Zeit zum Nachdenken nehmen und meine Worte verinnerlichen, mehr will ich doch gar nicht.
 

....

....
 

Sasuke ist so ein Trottel. Ein dummer, bescheuerter und total falsch denkender Trottel. Er hätte mir doch nur noch eine Sekunde zuhören müssen, dann hätte ich ihm doch erklärt, dass er nicht mehr alleine so fühlt. Ich tu es doch auch!
 

Scheiße verdammt, das ist nicht so gelaufen wie ich es mir vorgestellt habe. Ganz und gar nicht. Es sollte schön sein. Schön und locker, ohne irgendwelche komischen Zweifel. Aber nur weil ich mir meiner Gefühle und allem sicher bin, heißt es wohl noch lange nicht, dass sich Sasuke ebenso sicher ist.

"Fuck", fluche ich laut und kralle meine Finger in den weichen Bettbezug.
 

"Warum hab ich es vorhin nicht einfach gesagt?", frage ich mich selbst und strafe mich gedanklich selbst ein Idiot zu sein. Denn vorhin im Park, wo er mir so verführerisch nah war, stand ich vor der Wahl. Vor dieser qualvollen Wahl, was ich als erstes tun sollte. Ihn küssen, oder ihm sagen, dass ich ihn ebenfalls liebe. Und vermutlich habe ich mich für das Falsche entschieden, auch wenn sich der Kuss verdammt richtig angefühlt hat.
 

"Shit man. Ich liebe dich doch, du Idiot." Dass diese Worte jetzt zu spät kommen und zudem auch noch ungehört bleiben, hindert mich nicht daran wie wild auf das Bett einzuschlagen. Irgendwo muss ich mich ja abreagieren, weil ich vor lauter Liebe zu dumm bin, es einfach geradeheraus zu sagen. Schlimmer noch, ich sage auch noch Sachen, die sich wohl in Sasukes Ohren deutlich falsch angehört haben mussten. Da ist es ja kein Wunder, dass er meine Küsse und alles andere vollkommen missinterpretiert.
 

"Ok, nachdenken, Naruto", sage ich zu mir selbst, als ich endlich aufgehört habe mich in meinem Selbstmitleid zu baden und das Bett zu verprügeln. Das kann ja auch nichts für mein unbedachtes Handeln.

"Irgendwas. Irgendwas muss mir doch einfallen", murmle ich apathisch vor mich hin und greife mir zusätzlich noch an den Kopf. Haare raufen bringt aber leider auch keine glanzvollen Einfälle. Und das auf und ablaufen in Sasukes neugestaltetem Zimmer irgendwie auch nicht.
 

Erst die Pinnwand lässt mich die Stirn runzeln. Da sind noch immer die Kinokarten dran, von dem ersten Film, den wir uns damals gemeinsam angesehen hatten. Ein total bescheuerter Film, aber für uns beide war es etwas Besonderes. Wenn man es aus einer anderen Sicht betrachtet, dann war dieser Abend unser erstes Date. Jetzt erinnere ich mich auch wieder an ein Gespräch, das wir an diesem Abend geführt hatten. Je länger ich die Eintrittskarten betrachte, umso deutlicher wird die Erinnerung daran.
 

"Was für Videoaufnahmen meinst du?", frage ich ihn, die Augen verständnislos zusammengezogen. Er jedoch lächelt nur leicht schief.

"Dass du das vergessen hast... wieder so typisch, Dobe", meint er spöttisch und wuschelt durch mein Haar.

"Die Aufnahmen, die meine Eltern von uns gemacht haben, als wir noch klein waren natürlich. Irgendwann bring ich die als Film ins Kino, damit alle was zum Lachen haben, so dämlich wie du dich damals immer benommen hast", lacht er zum Ende hin und auch ich muss mit einstimmen. Sein Lachen ist so selten, dass es ansteckend ist.
 

Das ist es! Ist schon fast zu einfach um wahr zu sein. Sasuke hat sein Versprechen, diese Familienaufnahmen als Komödie ins Kino zu bringen, nie wahr gemacht. Besser für mich, weil ich es jetzt tun werde. Allerdings anders, als er es damals wollte.
 

"Kiba? Ja ich bin es. Hör zu. Laber nicht, mir ist egal, was du gerade mit Hinata treibst. Meins ist wichtiger", fahre ich dem Jungen am anderen Ende der Leitung übers Wort. Sein grummelndes Schnauben ignoriere ich, während ich weiterspreche.

"Sasuke ist wieder da und ich hab nen Fehler gamacht. Nen echt dummen Fehler, den ich jetzt.... Ja, du Arsch, ich seh auch mal was ein. Jedenfalls will ich es jetzt wieder gut machen und ich brauche deine Hilfe", blaffe ich ihn an. Dieser Typ hört mir nie richtig zu und ernst nehmen tut er mich auch nie, aber das treib ich dem noch aus. Hier geht es um meine Zukunft und um mein persönliches Glück mit Sasuke. So kitschig das auch klingen mag, aber da kann man ja mal egoistisch werden, oder?
 

"Danke Alter. Wir treffen uns dann in ungefähr zwei Stunden bei dir. Such schon mal deine Kamera raus, die brauchen wir, also bis später", sage ich eilig und lege bereits wieder auf, noch ehe Kiba sich ebenfalls verabschieden kann.

Schnell ziehe ich noch die abgelaufenen Kinokarten von der Pinnwand und stecke sie behutsam in meine Hosentasche. Ich werde sie auf jeden Fall brauchen, wenn ich das durchziehe, was sich innerhalb von wenigen Minuten in meinem Kopf gebildet hat. Ein Plan, der perfekter nicht sein könnte, um der Liebe meines Lebens endlich die Augen zu öffnen.
 

Nachdem ich auch die alten Videokassetten - und ich hoffe wirklich, dass die noch funktionieren - vom Dachboden geholt und in meinem Rucksack verstaut habe, mache ich mich auf den Weg in die Küche. Die ganze Zeit über war ich nur mit den Gedanken bei meinem Vorhaben gewesen, dass ich Itachi vollkommen vergessen habe. Ich hoffe nur die Zwei haben sich nicht die Köpfe eingeschlagen.

....

....
 

Ich werde nervöser je näher ich dem Ende der Treppe komme. Jede Stufe legt sich schwerer auf meinen Magen, weil ich weiß, dass ich gleich auf meinen Bruder treffen werde. Nach so langer Zeit. Außerdem habe ich dieses Mal nicht vor mich mit ihm zu streiten, was wirklich schon schwer genug ist. Bisher hat doch noch jedes unserer Gespräche in einer Eskalation geendet. Aber dieses Mal nicht. Ganz bestimmt nicht.
 

Wenn ich zurück denke, fallen mir eigentlich nur Gespräche ein, die nach seinem unerwarteten Auftauchen stattgefunden haben. Gespräche, die von Vorwürfen und Beleidigungen handelten, weil ich nicht verstehen konnte, warum er damals einfach abgehauen ist. Auch wenn ich mir vorstellen konnte, dass der Tod unserer Eltern auch Itachi mitgenommen hatte. Aber davon wollte ich nichts wissen. Ich hab ihn so sehr dafür verachtet, dass er mich verlassen hatte. Ich kann mich daran erinnern, was er gesagt hat, als er sich verabschiedet hat, vor dem Haus von irgendwelchen fremden Leuten.
 

"Sei nicht traurig Sasu. Ich komm ja schon bald wieder zurück, aber jetzt musst du stark sein. Die Leute sind nett und werden immer für dich da sein." Sein Lächeln ist matt und fade. Ich verstehe es nicht, weil ich es mag, immer.

"Aber ich will mit", halte ich ihn auf. Er lächelt immer noch, doch jetzt ist es schief und er hat die Augen halb zu. Hinter mir reden die Leute, wollen das ich rein komme, nur ich will nicht. Ich will zu Itachi. Will nicht, dass er geht.

"Komm her, Kleiner", sagt er sanft und nimmt mich in den Arm. Er berührt meine Stirn mit seinem Finger, bringt mich zum Lachen.

"Vertraust du mir?", flüstert er und ich nicke.

"Gut, dann geh jetzt da rein und warte auf mich. Ich bin bald wieder da. Ich hab dich lieb, Sasu, vergiss das nicht." Er lässt mich los und ist weg.
 

Er hat gelogen. Mit allem. Die Leute waren nicht nett und sie waren nie für mich da. Er kam nicht wieder, jedenfalls nicht so bald wie er versprochen hatte. Aber ich habe gewartet. Jeden Tag saß ich am Fenster und habe gewartet. Nur er kam nicht. Und irgendwann habe ich vergessen, dass er mich lieb hatte. Irgendwann habe ich aufgehört zu hoffen, dass er zu mir zurück kommt. Irgendwann habe ich aufgehört, ihm zu vertrauen.

Auch wenn ich mir sicher bin, dass ich es niemals vergessen werde, weil es zu mir gehört, zu mir und meinem Leben, so glaube ich doch, dass es jetzt an der Zeit ist zu vergeben. Die Therapeutengespräche haben mir immerhin deutlich gemacht, dass Itachi mein Bruder ist und dass ich ihn nicht einfach aufgeben darf. Immerhin ist er zurückgekommen, nach Jahren, aber er zurück.
 

Außerdem hängt da auch noch eine Szene in meinem Kopf, die mich lange während meines Entzuges beschäftigt hat. Ein Moment, wo es mir schlecht ging. Wo ich mich verkrochen habe, in meinem Bett lag und Itachi gekommen ist, um mir zu sagen, dass ich mit Naruto reden sollte. Er war da, wollte mir helfen und ich hab ihn weggeschickt. Ich habe unendlich lange gebraucht um zu realisieren, dass ich Itachi nicht egal bin. Danach habe ich den Zettel geschrieben, weil ich eingesehen habe, dass wir eine zweite Chance verdient haben. Trotzdem kommt es mir jetzt nicht leicht vor in die Küche zu gehen, wo er sich gerade aufhält.
 

Er brummt leise vor sich hin, als er eine weitere schwere Einkaufstüte auf den Tresen hebt und beginnt dessen Inhalt auf der Arbeitsplatte zu verteilen. Ich lehne derweil am Türrahmen und beobachte ihn dabei. Er wirkt ganz anders als sonst. Richtig gewissenhaft und ordentlich geht er mit dem Einkauf um. Und was er da alles eingekauft hat lässt mich zusätzlich verwundert aussehen. Haufenweise gesundes Zeug, was in einem Haus, indem Naruto wohnt, eigentlich vollkommen fehl am Platz ist.
 

Selbst, dass er meine Anwesenheit noch nicht bemerkt hat, finde ich äußerst merkwürdig. Vermutlich nimmt sein Summen, was auf mich in gewisser Weise glücklich wirkt, seine ganze Aufmerksamkeit ein. Jedenfalls verstummt es erst, als ich beschließe meine Beobachtungsposition aufzugeben und zögerlich ein paar Schritte in die Küche gehe.
 

"Wurde aber auch mal Zeit, dass du helfen kommst, Naruto", sagt er ohne sich umzudrehen. Er verstaut dafür lieber den frisch gekauften Kaffee im oberen Schrank.

"Was hast du denn da oben so lange getrieben? Wieder aufgeräumt, um kein schlechtes Gewissen haben zu müssen?", fragt er weiter, immer noch im Glauben, dass er hier mit Naruto spricht, der allerdings während wir hier unten reden noch oben in meinem Zimmer hockt. Hoffentlich denkt er nach.
 

"Glaub mir Naruto, Sasuke wird dir schon nicht den Kopf abreißen, wenn du mal ein paar T-Shirts liegen lässt", meint er und darauf schleicht sich auch bei mir ein Lächeln auf die Lippen. Damit hat er definitiv Recht. Als würde es für sowas überhaupt einen Grund geben können.

"Da sind wir wohl mal einer Meinung, was?", sage ich dann und merke, wie sich Itachis Körper anspannt und ihm die Ananasdose fast aus der Hand gerutscht wäre, als er sich ruckartig zu mir umdreht.
 

"Sasuke?" Sein Gesichtsausdruck wird von ehrlichem Erstaunen beherrscht. Mir wird erst jetzt so richtig klar, dass Naruto ihm mein Wiederkommen noch gar nicht mitgeteilt hat. Naja, letztendlich ist es jetzt auch zu spät.

"Itachi", erwidere ich vorsichtig, weil ich wirklich keine Ahnung habe, wie es jetzt weitergehen soll. Mit ihm und mir. Mit meinem Bruder und mir. All die Missverständnisse, all die Vorwürfe und Anschuldigungen müssen besprochen und aus der Welt geschafft werden und ich weiß nicht, wie man damit beginnen soll. Muss ich es überhaupt sein, der anfängt zu reden? Ist es meine Aufgabe den ersten Schritt zu tun?
 

Ja und nein.
 

Meiner Meinung nach habe ich gerade schon den ersten Schritt gemacht. Ich stehe vor ihm. Ruhig und mit wirklich, wirklich guter Absicht. Dann kann er jetzt auch weitermachen, was er auch tut, nachdem er realisiert hat, dass ich hier wirklich vor ihm stehe.

"Ich wusste nicht, dass du heute zurück kommst. Ich bin echt etwas überrascht", meint er nicht annähernd so souverän wie ich ihn in Erinnerung habe. Aber das ist wohl normal, oder? Itachi ist auch nur ein Mensch. Erwachsen zwar, aber trotzdem nur ein Mensch. Ein Mensch mit Fehlern, genauso wie ich. Genauso wie alle Menschen auf der Welt, denn niemand ist perfekt, auch Itachi nicht.
 

"Ich merk es und ich versteh es", entgegne ich nickend. Den Blickkontakt zu ihm aufrecht zu erhalten ist nicht einfach. Ich hab das Gefühl mich zu schämen. Für all die dummen Sachen, die ich ihm damals in meiner Enttäuschung an den Kopf geworfen habe. Und ich schäme mich dafür, nicht nach seiner Hilfe gefragt oder gesucht zu haben. Denn so wie er mich gerade ansieht, bin ich mir sicher, er hätte sie mir nie verweigert. Er hätte mir immer zugehört, wenn ich ihn doch nur angerufen hätte.
 

"Ist nicht einfach, hm?", murmle ich. Meine Lippen sind trocken, selbst dann noch, als ich mit der Zunge kurz darüber gestrichen habe.

"Oh ja und wie", lacht er auf und streicht sein langes Haar zurück, was nicht sonderlich viel bringt, da es sofort wieder zurück fällt, als er seine Hand wieder entfernt.

"Weiß Naruto denn...", beginnt er dann zu fragen, doch ich unterbreche ihn schnell mit einem eiligen 'ja'. Er nickt und wendet sich dann ab. Kurzzeitig ist es verdammt still in dieser großen Küche. Da traut man sich nicht einmal zu atmen, so leise ist es.
 

"Weißt du, ich habe wirklich lange über diesen Moment nachgedacht", versucht er dann erneut dieses dicke Eis zwischen uns zu brechen. Nur dieses Mal habe ich das Gefühl, dass es bereits schon einen leichten Riss hat, den man nur noch ein wenig weiter bearbeiten muss, bis es vollständig auseinander bricht. Hört sich brutal an, aber in unserem Fall wäre es wohl pure Erlösung. Gespräche sollten Fließen und Treiben und nicht so stockend verlaufen, dass man das Bedürfnis hat abzuhauen.
 

"Ich hab lange überlegt wie es sein wird, wenn ich dich wiedersehe und ich habe lange darüber nachgedacht, was ich dir dann sagen soll", spricht er weiter, ohne dass ich irgendwas dazwischen gesagt habe. Ich glaube, ich muss ihn jetzt einfach reden lassen, sonst würde er es wahrscheinlich nie sagen.

"Und jetzt, wo es soweit ist, sind alle Worte einfach weg. Alle schönen und passenden Worte, die ich mir so mühsam zusammengereimt habe sind einfach weg. Ist das nicht bescheuert?", fragt er und dreht sich mit einem merkwürdig verzerrten Gesicht wieder zu mir. Er sieht ja beinahe ein wenig verzweifelt aus, was mich jedoch nur eine Augenbraue anheben lässt.
 

"Aber ich weiß, dass es mir leid tut. Das alles. Ich hab es nicht gewollt", bricht es dann brüchig aus ihm heraus.

"Ich war überfordert. Stell dir mal vor, du musst von heute auf morgen ein kleines Kind erziehen. Die Verantwortung, die unwiderruflich dahinter steckt, hat mich panisch werden lassen. Ich hab voreilig entschieden und das nicht gerade zu deinem Gunsten. Ich habe dich allein gelassen, weil ich selbst noch ein Kind war und nicht gelernt hatte, verantwortungsbewusst zu handeln. Und als ich geglaubt habe, ich könnte es, warst du schon so nah am Abgrund. Ich hab wohl einfach die Augen verschlossen vor meinem eigenen Versagen, weil ich mir hätte eingestehen müssen, dass ich wohl zu spät zurückgekommen bin. Es tut mir schrecklich leid, dass ich nicht da war. Und es tut mir leid, dass es so lange gedauert hat das zu verstehen."
 

Seine Ansprache wirft ein neues, ganz anderes Licht auf Itachi. Es berührt mich und macht mich glücklich, auch wenn es schwere Worte sind, die deutlich machen, dass er ebenfalls zu kämpfen hatte nach dem Tod unserer Eltern. Ich wünschte nur, er hätte es mir früher gesagt, denn ich kann ihn zum ersten Mal wirklich nachvollziehen und verstehen. Allerdings glaube ich auch, dass ich ihm geblendet von meinem grenzenlosen Hass nicht einmal richtig zugehört hätte. Vielleicht musste das alles passieren, damit wir jetzt von vorn anfangen können. Drück den Reset-Knopf und starte neu, so kann man es wohl sagen.
 

"Und die Sache mit Naruto damals. Ich war einfach hingerissen von seiner Initiative und dachte nicht, dass...", redet er schnell, doch ich hebe unterbrechend meine Hand. Er verstummt augenblicklich und runzelt nervös seine Stirn. Das ist ein Thema, über das ich mir auch sehr lange Gedanken gemacht habe. Stundenlang habe ich im Klinikgarten gehockt und immer wieder dieses Szenario durchgespielt, bis mir klar wurde, dass ich es mit Naruto klären muss. Mit Naruto, nicht mit Itachi. So wie er selbst gesagt hat, Naruto brachte die Initiative und Itachi ist ein Mann, der einfach drauf eingegangen ist. Wenn man es genau betrachtet, dann wäre diese Sache auch überhaupt nicht schlimm, wenn ich mich nicht in Naruto verliebt hätte und es mitbekommen hätte. Wir waren kein Paar, Itachi hat von meinen Gefühlen nichts gewusst und das ist das Entscheidende. Er kann nichts dafür.

"Ich würde sagen wir vergessen das. Es ist passiert, aber ich kann dir deswegen keine Vorwürfe machen, schließlich habe ich weder mit dir, noch mit Naruto über meine Gefühle gesprochen", entgegne ich deshalb gefasst, während mich Itachi einen Moment erstaunt ansieht.
 

"Heißt das, du verzeihst mir?", fragt er dann leise, tippt mir mit seinem Zeigefinger gegen die Stirn, wie er es früher immer getan hat und lächelt ganz zaghaft. Ich schlucke und vergesse für einen Moment, zum wiederholten Male heute, wie ich Umarmungen eigentlich hasse, als ich Itachis Hand wegschlage und stattdessen meine um seinen Oberkörper lege. Es ist sanft und warm, aber auf jeden Fall anders als wenn ich Naruto umarme.
 

Itachi ist überrascht, keucht sogar kurz auf, ehe er zögerlich diese Art der Zuneigung erwidert und mich leicht an sich drückt. Das war schon lange mal überfällig, denk ich.

"Immerhin schlägst du mich nicht auch noch", murmelt er an meinem Ohr. Daraufhin runzle ich jedoch nur meine Stirn.

"Warum sollte ich?", sage ich ebenso leise zurück. Er lacht kurz, ehe er wieder ernst wird und seine Umarmung etwas mehr intensiviert.
 

"Als wir dich gefunden haben, da habe ich was Dummes gesagt und Naruto... Er hat mir eine rein gehauen", gibt er verlegen zu. Ich sage nichts, weil mich die Bilder ablenken, die sich in meinem Kopf abspielen. Ich stelle mir wirklich gerade vor, wie Naruto meinen Bruder schlägt und diese Vorstellung lässt mich lachen. Richtig lachen.

"Wirklich? Tat's weh?", grinse ich ihn an, aber die Umarmung lösen wir immer noch nicht. Etwas zerknirscht erwidert er meinen Blick und ich bemerke, wie er grummelnd eine Hand an seinen Kiefer legt.
 

"Hat mir meinen Kiefer ausgerenkt, der kleine Bastard. Es tat höllisch weh, aber vermutlich war es nötig", brummt er dennoch einsichtig. Ich nicke und bin nicht der einzige, der es wohl so sieht.

"Ich denke auch, dass das mehr als nötig war", sagt Naruto. Wir drehen uns beide zu ihm, nachdem ich meine Hände von Itachis Rücken genommen habe und merke, wie amüsiert Naruto in der Tür steht. Seine Augen strahlen und ich kann nicht verhindern zu denken, dass er auf mehr, als nur Itachis ausgerenkten Kiefer anspielen will. Wahrscheinlich meint er sogar eher unsere Versöhnung.
 

"Seit wann bist du da, Nervensäge?", grummelt Itachi. Naruto lacht nur und setzt sich ganz wie gewohnt auf seinen Platz am Tisch.

"Lange genug um alles mitzubekommen was wichtig war. Und jetzt hab ich Hunger, also rück die Nudelsuppe raus", befiehlt er, doch Itachi zuckt nur mit seinen Schultern. Merkwürdig, jetzt wirkt er gleich ein wenig distanzierter. Was ist denn nun los?

"Müssen noch warten. Hana kommt zum Essen", murmelt er, während er sich wieder dem restlichen Einkauf widmet. Naruto stöhnt wehleidig auf, doch ich stelle mir eine ganz andere Frage.
 

"Wer ist denn Hana?", spreche ich meinen Gedanken laut aus und Naruto macht dazu noch ein sehr intelligent klingendes 'Oi', während sich Itachis Körper anspannt.

"Das hab ich ja total vergessen. Eigentlich wollte ich dir das schon vorhin sagen, aber da hatte ich ja mit deinem Monsterschrank zu tun", erklärt sich Naruto, verpasst es dabei aber nicht mir einen Blick zuzuwerfen, der mir eindeutig sagen soll, dass ich wohl selbst dran schuld bin.
 

"Dann sagst du es mir eben jetzt, Dobe", fordere ich ihn auf und stoße ihn zusätzlich gegen seine Schulter. Er braucht sich gar nicht einbilden, dass ich seinetwegen mitleid habe, nur weil er mir freiwillig beim Umräumen geholfen hat.

"Schon gut. Also Hana ist..." Itachis tiefes Lustholen unterbricht ihn.

"Hana ist meine Freundin", sagt er anstelle von Naruto. Mit einem bittendem Ausdruck im Gesicht sieht er mich an, als er seine linke Hand hebt und verlegen auf diesen kleinen, funkelnden Ring deutet.

"Und wir sind verlobt." Jetzt bin ich sprachlos. Wirklich, absolut sprachlos. Damit hab ich nicht gerechnet und genauso sehe ich ihn jetzt auch an. Anschließend Naruto, der total unbeeindruckt nur mit seinen Schultern zuckt.
 

"Ja genau, Naruto. Ist total unwichtig. Mein Bruder hat vor zu heiraten und du erzählst mir von einer Nudelsuppenbegegnung mit einer alten Oma? Klasse, Dobe." Dass ich hart klinge weiß ich, aber ich will ihn nur aufziehen, nur dachte ich nicht, dass es ihn so verletzt. Seine schuldbewussten Augen bohren sich beinahe schmerzhaft in mein Herz. Oh Gott, ich würde meine Worte ja gerne zurück nehmen, wenn er dafür anders schauen würde. Geht das? Natürlich nicht.

"Da ist noch was, was ich dir noch nicht gesagt habe", flüstert er dann, den Blick abwartend auf die Tischplatte gerichtet.
 

"Was denn? Noch irgendwelche Beziehungen von denen ich nichts weiß? Vielleicht sind Lee und Ino ja jetzt zusammen, oder noch schlimmer, du und Sakura?", platzt es aus mir heraus, unkontrolliert und unüberlegt. Das letzte hätte ich mir wohl lieber gespart, denn Naruto knurrt sauer und krallt seine Finger in das dunkle Holz des Tisches.

"Nein, das ist definitiv nicht passiert, aber du bist auch nicht gerade fair. Schließlich wolltest du nicht, dass ich dir auf deine Briefe antworte", fährt er mich an, die Stimme mühsam beherrscht, was mich unwillkürlich schlucken lässt.
 

"Da hätte ich dir dann erzählt, dass Kiba und Hinata jetzt zusammen sind und...", fährt er fort, wieder mit einem Grinsen im Gesicht, was mich vermuten lässt, dass er mir meine Bemerkung von eben nicht so böse nimmt wie er mir vorgespielt hat.

"... dass Shikamaru und Ino auf der letzten Party geknutscht haben, aber angeblich ist nicht mehr gelaufen. Als ob, die zwei waren so dicht, da muss mehr gewesen sein", redet er weiter. Mit jedem Wort wird er euphorischer und hebt sogar mehrmals seine Augenbrauen an, wenn er zu mir sieht und der Meinung ist, damit irgendwelche Worte zu verdeutlichen.
 

"Aber das meinte ich eigentlich alles nicht. Das ist doch alles unwichtig. Es betrifft ja eher Hana. Also das ist so, die zwei haben... verdammt, ich weiß gar nicht wie man sowas sagt. Also die Hana ist..."

"Schwanger", beende ich seinen Satz, weil es kaum zu übersehen ist. Sie steht nämlich seit zwei Sekunden in der Küche und hört Naruto, beim stümperhaften Versuch ihren runden Bauch zu erklären, zu, während ich sie schon gesehen habe und etwas ungläubig ihren Zustand betrachte.
 

"Ja genau, woher weißte das denn jetzt?", fragt mich Naruto ernsthaft und folgt erst eine Sekunde später meinem Blick. Dann brabbelt er noch irgendwas komisches, was ich nicht verstehe und seufzt erleichtert.

"Na immerhin muss ich jetzt nichts Dummes von irgendwelchen Bienchen und Blümchen erzählen." Hana lacht und wuschelt Naruto durchs Haar. Sein Kommentar war aber auch wirklich... unnötig. Als ob ich nicht aufgeklärt wäre.
 

"Du musst dann Sasuke sein, richtig?", wendet sich Hana freundlich mir zu, als sie genug von Narutos Murren hat und reicht mir ihre Hand.

"Stimmt", entgegne ich schlicht und bringe diese noch recht zaghafte Begrüßung über mich. Aber ich finde sie nett. Wahrscheinlich auch, weil sie mir bekannt vorkommt. Nur woher?

"Ich arbeite als Krankenschwester." Sie scheint meinen Blick wohl bemerkt zu haben und erklärt es mir schließlich ohne gefragt worden zu sein, aber bei mir lichtet sich dadurch auch der Nebel. Ich weiß noch, dass sie mir damals mein Essen und Trinken gebracht hatte, als ich im Krankenhaus lag. Ich nicke und sehe dann zu meinem Bruder, der immer noch etwas steif an der Theke steht und sich diese Szene ansieht. Aber als ich ihn anlächle scheint er sich etwas zu entspannen.
 

"Hey, ihr bekommt ein Kind, da sollte man sich doch freuen, oder nicht?", frage ich Itachi und nun weicht auch die letzte Anspannung aus seinem Körper, während er Hana liebevoll in die Arme schließt. Nur Narutos belustigtes Schnauben stört etwas.

"Was ist denn so lustig?" Mich zu ihm drehend bemerke ich seinen Blick und dieses kleine Funkeln in seinen Augen.

"Nicht nur die zwei bekommen ein Kind", sagt er einfach mal so, ohne Umschweife und ich verstehe ihn nicht.
 

Obwohl die Worte so klar sind, kann ich ihren Sinn nicht begreifen. Naruto scheint sich über meine Ahnungslosigkeit köstlich zu amüsieren, nur je länger er mich in Unwissenheit lässt, desto mehr drängt sich da ein ungewolltes Ereignis zurück, an das ich jetzt wirklich nicht denken will.
 

"Was meinst du?", knurre ich, bemüht überhaupt etwas deutlich zu sagen und befürchte bereits das schlimmste.

"Naja", fängt er an und zieht es absichtlich in die Länge.

"Also eigentlich... bekommst du auch ein Kind", meint er ruhig und ich höre im Hintergrund Hana leise kichern. Zum Teufel mit Naruto! Was verheimlicht mir der Kerl.

"Du wirst nämlich... Onkel", klärt er dann endlich, nach gefühlten Stunden, auf und lacht anschließend laut. Findet er wohl sehr witzig, blöde Aktion.
 

Genau deshalb schlage ich ihm auch hart und unerwartet gegen den Hinterkopf, sodass er erschrocken keucht. Mir doch egal ob es weh tat, aber so einen Schreck brauch ich echt nicht nochmal. Ich habe nämlich Karin schon mit Kinderwagen vor unserer Tür stehen sehen die mir freudestrahlend verkaufen will, dass ich Vater geworden bin. Daran hat Naruto aber anscheinend nicht gedacht, sonst hätte er diesen Spaß sicher gelassen.
 

"Was sollte das denn, Teme? Das war witzig", jammert er und reibt sich die schmerzende Stelle.

"Sicher nicht. Du hast einen schrecklichen Humor", entgegne ich kühl.

"Ich finde, wir sollten jetzt essen, sonst wird es wirklich noch kalt", wirft Itachi schnell schlichtend ein und ich bin dankbar dafür. Außerdem habe ich Hunger. Richtigen Hunger. Naruto scheint meine Ansicht zu teilen, denn er murrt nur kurz, ehe er seine Hände ausstreckt und von Itachi die erste Portion seiner Suppe in die Hand gedrückt bekommt.

"Woahhhhh", staunt er begeistert. Seine Augen glitzern richtig, als er den Plastedeckel entfernt und ihm der Dampf entgegen kommt.
 

"Die riecht sau gut", fügt er noch hinzu und sieht anschließend wieder fragend zu Itachi, der die Stäbchen einfach in die Mitte des Tisches legt und sich gefolgt von Hana zu uns setzt.

"Was?", will er von Naruto wissen. Dieser legt seinen Kopf schief und reißt seine Augen weit auf. Momentan sieht er ein wenig aus wie ein bettelnder Hund, ob ihm das bewusst ist?

"Ahh, vergiss es Naruto", ruft Itachi und deutet auf mich.

"Du bekommst heute nur eine Portion, weil die andere Sasuke hat, den ich Dank dir nicht mit eingeplant habe. Also musst du wohl oder übel damit leben", grinst er Naruto süffisant an, der nur ein eingeschnapptes Geräusch von sich gibt und sich schmollend seiner Suppe widmet.

"Gemeinheit. Immer auf die Kleinen", brabbelt er noch, ehe er seinen Mund mit Nudeln füllt und genüsslich anfängt zu essen.
 

Nachdem wir gegessen haben und Hana sich schwerfällig erhoben hat, um den Abwasch zu erledigen, weil alle außer Naruto aus normalen Schüsseln gegessen haben, eile ich ihr zur Hilfe. Naruto tätschelt derweil lieber seinen Bauch und schnurrt beinahe sinnlich. Itachi musste nochmal weg. Irgendwas wegen Arbeit, was mir ehrlich gesagt ziemlich egal ist.

"Dobe, was sitzt du da so doof rum? Du tust grade so als wärst du schwanger", fahre ich den Blonden an, der wirklich gar keine Anstalten macht Hana ein wenig zu entlasten.

"Ne, ich muss eh los", meint er dann eilig, sieht fahrig zur Uhr und steht auf. Dabei wirft er Hana einen flüchtigen, aber entschuldigen Blick zu, die ihn sanft anlächelt und nickt. Das gibt es doch nicht. Der Typ kann immer noch alle Leute um seinen Finger wickeln...

Naja, was wundert mich das eigentlich? Ich stehe auf der Liste seiner 'Opfer' wohl ganz oben an erster Stelle.
 

"Wo musst du denn jetzt hin?", frage ich dennoch. Eine Erklärung kann er ruhig noch dalassen, bevor er sich einfach vom Acker macht. Fauler Mistkerl.

"Ähm", macht er ertappt und kräuselt leicht seine Nase. Ist der nervös? Wegen einer Frage?

"Zu Kiba. Hausaufgaben, Projekt, äh lernen?", haspelt er. Hana kichert schon wieder. Ich hingegen starre Naruto nur ratlos an.

"Was von den drei Sachen willst du nun bei Kiba machen?", hinterfrage ich genauer. Er seufzt und verzieht sein Gesicht zu einer komischen Grimasse.
 

"Ihm helfen ein Geschenk für Hinata zu finden." Jetzt ist er vollkommen durchgeknallt, oder?

"Hä?", mache ich ziemlich intelligent, nur was soll man zu so einem schwachen Versuch einer Ausrede anderes sagen?

"Maaan, frag doch nicht. Wir sind eben verabredet, akzeptier das, Teme", winkt er genervt ab und lässt mich verdutzt stehen. Er geht. Nimmt einfach seinen Rucksack und geht. Geflasht und wirklich irritiert von seinem Abgang sehe ich zu Hana, die mich mindestens genauso überrascht ansieht wie ich sie.
 

"Was willst du jetzt machen?", fragt sie mich, als wir die Tücher zum Trocknen aufgehängt haben. Etwas unschlüssig zucke ich mit meinen Schultern. Bisher habe ich kaum darüber nachgedacht, was ich tun soll, wenn Naruto mal nicht da sein würde. Eigentlich total dämlich. Ich kann ihn ja nicht pausenlos für mich beanspruchen, was mir jetzt, wo er mit Kiba abhängt, wieder bewusst wird.

"Ich werde zum Westfriedhof gehen. Ein Freund liegt dort", sage ich schließlich nach einer Weile stummen Nachdenkens. Mir erscheint es richtig, das jetzt zu tun. Als Abschied.

Ein Abschied von Gaara und gleichzeitig von der Zeit, die mich mit ihm verbindet. Nur Hana sieht etwas skeptisch aus, aber ich kann sie beruhigen.

"Gut, aber ich komm trotzdem mit", erwidert sie. Ich habe nicht wirklich was gegen ihre Gesellschaft, weshalb ich nicke und wir gemeinsam zum Friedhof gehen.
 

Hana erzählt mir, dass sie dort ihre Großeltern besuchen möchte, die schon vor einigen Jahren verstorben sind. Sie erzählt mir auch, dass sie unheimlich glücklich mit Itachi ist und dass er ihr viel über mich erzählt hat. Hoffentlich nur Gutes, obwohl ich das nicht glauben kann. Dafür gab es auch zu viel Schatten, zu viel Schlechtes in meinem Leben. Aber Hana schwärmt trotzdem weiter und macht mir den Weg zum Westfriedhof leichter. Sie merkt es vielleicht nicht, aber sie ist gut darin, positive Gefühle zu wecken.

"Was meinst du, die oder die?", fragt sie mich, hält mir einmal einen Strauß voller bunter Blumen, die ich nicht kenne, vor die Nase, während der andere, in ihrer rechten Hand, einheitlich aus weißen Lilien besteht. Mir gefallen beide nicht. Sie sind irgendwie, naja blumig eben. Und mit Blumen bin ich überfragt. Dennoch nicke ich zu dem Strauß in ihrer rechten Hand und Hana stimmt mir nachdenklich zu. Sie geht bezahlen, während ich noch uneinig in der Mitte des Ladens stehe und überlege, ob ich auch für Gaara...
 

Nein.
 

Ich weiß ja nicht einmal welche Blumen er überhaupt gemocht hatte. Und ein ganzer Bund an Blumen erscheint mir ohnehin zu viel. Ich bin kein Typ dafür. Letztendlich kann er sie ja doch nicht mehr sehen, so makaber das auch klingen mag, es ist so. Genau das ist tragisch an der Sache.
 

Ich habe Temari am Grab getroffen. Wir haben uns unterhalten, über Gaara, über mich und darüber, wie sie versucht, dass alles zu verarbeiten. Sie hat es nicht leicht. Wir alle haben es nicht leicht. Und ich bin wahrlich nicht gut im Trösten. Trotzdem habe ich sie an meiner Schulter weinen lassen, bis sie sich beruhigt hatte. Wir haben Nummern ausgetauscht und ich habe ihr versprochen, weiterhin für sie da zu sein. Gaara hatte unrecht, wenn er geglaubt hat, seine Schwester hätte ihn gehasst. Das hat sie definitiv nicht. Ganz im Gegenteil, dieses Mädchen hat ihren Bruder geliebt. So sehr geliebt. Nur jetzt muss sie damit klar kommen, dass sie Gaara nicht helfen konnte, trotz der ganzen Versuche. Es ist schade und ich hätte mir ein anderes Ende für sie und Gaara gewünscht. So ein Ende, wie ich es mit Naruto habe, auch wenn es nicht perfekt ist. Nicht so perfekt, wie ich es mir erhofft habe.
 

Nachdem wir zu Abend gegessen haben und ich gemeinsam mit Hana und meinem Bruder einen Film im Wohnzimmer angesehen habe, sind die beiden schließlich müde gähnend ins Bett gegangen. Ich sitze hier allein und lasse diese dämliche Serie laufen, weil ohnehin nichts Sinnvolleres kommen würde. Aber den eigentlichen Grund, warum ich mir dieses Zeug reinziehe, kann ich nicht verdrängen. Es ist wegen Naruto. Schon wieder wegen Naruto.

Dieser Idiot hängt nämlich immer noch bei Kiba und glänzt durch Abwesenheit. Das Schlimme daran ist, es stört mich. Richtig ätzend. Dabei habe ich mir vorgenommen, die Sache so zu akzeptieren wie sie ist. Doch es ist verdammt schwer.
 

Ich wünschte wirklich es wäre anders.
 

Ich habe sehr lange gewartet. Ungefähr bis die Dauerwerbesendung von erotischen Telefonhotlines begonnen hatte. Aufgestanden bin ich dann, als sie angefangen hat mich zu nerven. Furchtbar dämlich diese Sexhotlines. Richtig unnötig. Mal ganz ehrlich, welche Menschen rufen denn da an und zahlen freiwillig so viel Kohle für ein Gespräch, das hauptsächlich aus Stöhnen besteht? Also die müssen eindeutig chronisch untervögelt sein. Ein einfacher Porno aus dem Internet würde es doch auch tun, oder nicht? Naja, wie auch immer. Diese Gedanken lenken mich nicht ausreichend genug davon ab, dass Naruto noch nicht wieder hier ist, sodass ich beschließe ins Bett zu gehen.
 

Genau eine halbe Stunde später liege ich da auch und rutsche absichtlich weit an die Wand, um Platz für Naruto frei zu halten, weil ich nicht wüsste, wo er sonst schlafen würde. Momentan weiß ich nicht mal ob er sein Studentenzimmer überhaupt noch hat. Vielleicht übernachtet er aber auch bei Kiba, wäre jedenfalls im Bereich des Möglichen. Hoffnung aufgeben tue ich trotzdem nicht, weil es weder mein Herz, noch mein Verstand wollen.
 

Mein Blick haftet unweigerlich an der Decke, wo sich leichte Schatten abbilden, die das ferne Laternenlicht von draußen hinein wirft. Und ich hätte sie doch farbig machen sollen, dann könnte ich mich jetzt wenigstens gedanklich über die falsche Farbwahl aufregen. So ist sie nämlich einfach nur weiß. Weiß und kahl, richtig langweilig. Ein sanftes aber schweres Seufzen entweicht meinen Lippen, als mir bewusst wird, dass ich mich einfach nur allein fühle. Die Erkenntnis hilft nur leider nichts. Ich drehe mich schon ein paar Minuten später auf die Seite, Blickrichtung zur Wand und versuche einzuschlafen, obwohl ich mir vorgenommen hatte zu warten. Die Frage ist nur warum?
 

Warum quäle ich mich, wenn ich doch weiß, dass es dumm ist?

Warum warte ich, wenn ich doch bereits weiß, dass er nicht kommt?
 

Die Antwort ist einfach.

Weil ich ihn Liebe und die Hoffnung ja immer bekanntlicherweise zu Letzt stirbt.
 

Mein Herz schlägt schneller, als ich Mitten in der Nacht wach werde, weil sich die Bettdecke bewegt. Ich brauch mich nicht umdrehen um zu wissen, dass es Naruto ist, der sich neben mich legt. Seufzend bleibt er schon nach kurzer Zeit ruhig neben mir auf dem Rücken liegen, bis er erneut seufzt und sich wieder bewegt. Ich gebe kein einziges Anzeichen, dass ich wach bin, von mir und merke, wie er sanft seinen Arm um mich legt. Kaum eine Sekunde später rutscht er so dicht an mich heran, dass ich seine ganze Körperwärme spüren kann. So schön, einfach nur neben ihm zu liegen, mit ihm zu kuscheln und diesen Moment zu genießen. Mir ist zwar schleierhaft, warum er das tut, aber eigentlich bin ich auch zu müde, um mir deswegen jetzt Gedanken zu machen. Es ist so und ich mag daran jetzt im Moment auch gar nichts ändern.
 

Weil es schön ist.

Weil es warm ist.

Und vor allem, weil es die Leere in mir füllt.

Du liebst mich - Teil 2

[Dieses Kapitel ist nur Volljährigen zugänglich]

4 Jahre später

4 Jahre später
 

Nein, bitte nicht, dachte Naruto, als er zusehen musste, wie sich die kleinen, dünnen Lippen zu einem Schmollmund verformten. Große, runde Kinderaugen starrten ihn an, durchbohrten bittend seine eigenen Augen, während sich ein buntes Kinderbuch in den blassen, zierlichen Händen befand. Zögerliche Schritte wurden in seine Richtung gesetzt und Naruto verzog flehend seinen Mund zu einem schiefen Lächeln. Skeptisch betrachtete er für einen Moment den kleinen Jungen, dessen schwarzes, weiches Haar fransig auf der Stirn lag.
 

"Nein", hauchte Naruto knapp aber deutlich hörbar, weshalb er nur einen irritierten Blick zugeworfen bekam, ehe sich dieser in einen entschlossenen Ausdruck wandelte. Immer näher schlürfte das Kind auf das Sofa zu und Naruto spürte, wie ihm mit jedem Schritt das Herz schneller schlug. Es pochte beinahe nervös, als ihm das Buch knapp vor die Nase gehalten wurde, die dünnen Ärmchen weit nach vorne ausgestreckt.

Weit schob sich die kleine Unterlippe nach vorne, präsentierte einen bittenden, mehr als auffordernden Anblick, den Naruto durchaus zu würdigen wusste. Dieser Junge hat wahnsinnig schnell von mir gelernt, dachte er mürrisch und verschränkte seine Arme vor der Brust. Sollte er jetzt stolz sein, dass er Opfer seiner eigenen Methoden wurde? Ganz sicher nicht!
 

"Awww... Nein", grummelte Naruto wiederholend und legte zum Trotz seinen Kopf zur Seite, starrte aus dem Fenster, dessen Ausblick einen gepflegten Rasen zeigte. Langweiliger ging es wohl kaum, deshalb war es auch so unheimlich schwierig dieses harte Buch zu ignorieren, welches nun drängend gegen sein Knie gedrückt wurde. Ihm lief ein Schauer über den Rücken, als er bemerkte, wie dieser kleine Junge, kaum größer als einen Meter, tief und laut einatmete. Schnell schloss Naruto seine Augen, biss sich auf seine Unterlippe und bat innerlich zu sämtlichen Göttern, dass er nicht zu laut sein würde.

"BITTE, NARUUU...", rief er durch das Wohnzimmer, laut und schallend, in einem faszinierend kindlichen Ton.
 

In der Küche hörte er das verräterische Klirren von Töpfen, die Hana vermutlich vor Schreck aus der Hand gerutscht waren. Doch daran sollte sich Naruto nicht stören. Dieses Mal nicht, nein, war das Einzige, was er mit Sicherheit wusste. Und da konnte dieser kleine Terrorkrümel noch so laut durch das gesamte Haus schreien.

"Nein, ich mag nicht", maulte Naruto patzig und kräuselte seine Nase leicht, als das Buch abermals hart auf sein Knie traf.
 

Erst gestern hatte er aus eben diesem bescheuerten Buch vorgelesen. Erst gestern! Nun reichte es aber mal... Heute würde Dornröschen wieder schlafend in einem Turm hocken und Schneewittchen würde wieder in diesen blöden Apfel beißen, das musste doch langsam langweilig werden. Zumal er sowieso nicht so toll lesen konnte wie...

"NARUUUU...", erschrocken zuckte er zusammen. Diese Stimme brachte sein Trommelfell unangenehm ins Schwingen, doch er würde nicht nachgeben. Nicht heute. Nicht an dem Tag, wo jeden Moment sein...

"BITTE!" Er seufzte auf, als er versehentlich in das niedliche Gesicht des Jungen sah. Verdammt, dachte Naruto, weil er merkte, dass dieser Ausdruck wirklich nahezu perfekt war. Kein Wunder, dass er von Hana immer mit einem Lutscher zwischen den grinsenden Lippen zurück kam, obwohl Itachi eindeutig gegen zu viel Süßigkeiten war.

Aber nein, jetzt wieder sinnlose Geschichten vorlesen kam gar nicht in Frage. Schon allein weil er wartete und all seine Aufmerksamkeit brauchte, um als erster an der Tür zu sein, um...
 

"ROHNÄPPFCHEN, NARUUU..." Mit zuckender Augenbraue sah Naruto zurück, den Kopf leicht nach unten gebeugt, um Shisui, so wurde der Kleine nach seiner Geburt von Itachi eindrucksvoll benannt, ansehen zu können.

"Das heißt Rotkäppchen, Shiu-chan", korrigierte er ihn und achtete dabei pedantisch genau auf die genaue Aussprache jedes einzelnen Buchstabens.

"Ne, gar nich." Naruto betrachtete für einen Moment sprachlos die rote Zunge, die ihm entgegengestreckt wurde, ehe er empört die Wangen aufblies und ebenfalls ähnlich wie Shisui reagierte. Mit einem unterstreichenden Geräusch streckte Naruto seine Zunge hinaus und funkelte den Jungen herausfordernd an.
 

Das Klacken der Autotür war leise und gedämpft, dennoch vernahmen es beide. Narutos Augen wurden groß, ebenso die des Jungen vor ihm. Der Niedlichkeitsfaktor lag eindeutig mehr auf der Seite von Shisui, doch wenn es um das euphorische Ausrufen des Namens seines Freundes ging, lag Naruto meilenweit vorne.

"Sasuke", rief er also laut und starrte noch immer den kleinen Jungen vor sich an. Abwartend, welche Reaktion von diesem kam.

"Sasu?", flüsterte er nachdenklich und legte seinen Kopf leicht schief, sodass ihm die fransigen Haarspitzen seines Ponys zur Seite rutschten.
 

Erst das leichte Klappern der Metallschlüssel vor der Haustür, belebte den jungen Körper. Augenblicklich riss er seine kindlichen Augen auf und starrte zum Flur.

"SASUUU", schrie er begeistert und rannte los. Das bunte Kinderbuch dabei noch immer fest in seinen Händen haltend, tapste er flink durch das Wohnzimmer, gefolgt von Naruto, der wild mit seinen Armen fuchtelnd versuchte über den Sessel zu springen, der ihm den vermeintlich kürzeren Weg versperrte.

"Ach Shit, warte Shiu, ich will...", rief er dem Jungen nach, der einfach beschwingt an dem Sessel vorbeigelaufen war, während Naruto hampelt mit einem Bein an der Lehne hängen geblieben war. Schnaufend rappelte er sich wieder auf und schaffte es, den Jungen im Flur beinahe einzuholen, wenn da nicht diese blöden, viel zu kleinen Schuhe gewesen wären, die mitten im Flur lagen und ihn ins Stolpern brachten.
 

Gerade als Naruto den Boden mit seiner Nase zuerst küsste, schwang die Tür auf und ein lebendiger Shisui begann freudig zu quieken. Jedenfalls klang es in den Ohren des missgelaunten Blonden nicht viel anders als nach einem Quieken. Ähnlich wie von jungen Schweinen, die Nahrung bei ihrer Mutter einforderten. Dass er nun, da er aus den Augenwinkeln die sauberen, schwarzen Schuhe sah, nicht wirklich gut gelaunt war, konnte man ihm nun wirklich nicht verübeln, oder? Da durfte er doch wohl gedanklich ein wenig gemein zu dem Kleinen sein, der sich einfach, dreist und frech wie er war, vorgedrängelt hatte.

"Naruto?", hörte er seinen Namen und ihm lief automatisch eine angenehme Gänsehaut über den Rücken, beim Klang der Stimme.
 

Den leicht amüsierten Ton blendete er jedoch aus. Ebenso wie das kindliche Lachen, welches von oben herab auf ihn nieder rieselte wie feiner Regen.

"Also, irgendwie hätte ich dich lieber in einer weniger erniedrigten Position erlebt", meinte Sasuke betont lässig und schloss hinter sich die Tür. Naruto hingegen sah auf, mit einer leichten Röte auf den Wangen, dessen Ursprung allerdings aus einer Mischung von Scham und abflauender Wut bestand. Sein Gesichtsausdruck verhärtete sich, als er das glückliche Gesicht des Kindes sah, das aufgeregt lachend mit Sasukes rechter Haarsträhne spielte. Das Buch neben Naruto auf dem Boden liegend.

"Dieser miese, kleine Krümel. Immer kommt er mir zuvor", grummelte Naruto wehleidig den Boden an, während ihn noch immer amüsierte, schwarze Augen betrachteten. Er hatte es wirklich nicht leicht, seit es Shisui gab. Er konkurrierte um die Aufmerksamkeit seines Freundes mit einem Kind. MIT EINEM KIND. Das kratzte verständlicherweise an seiner Ehre.
 

"Was ist, Naruto? Schmollst du noch weiter, oder begrüßt du mich endlich?" Die Lippen trotzend gespitzt, sah Naruto vom Boden auf. Er gab ein grunzendes Geräusch von sich, als er sich mühselig aufrappelte und dabei unablässig grimmige Blicke zu dem glücklich kichernden Jungen warf, der sich sehr wohl auf den Armen seines Freundes zu fühlen schien.

"Naruto?" Erschrocken zuckte er zusammen, als ihn warmer Atem an seinem Hals streifte. Sasuke war nah, so nah und er hatte es nicht einmal mitbekommen, weil er viel zu sehr auf dieses Kind fixiert war, welches ihm jetzt auch noch frech die Zunge hinausstreckte. Das konnte doch nicht...

"Wenn Shiu dir wichtiger ist, dann lass ich euch gerne noch einen Moment allein", hauchte ihm Sasuke neckend ins Ohr, die angriffslustigen Blicke des Blonden hatte er sehr wohl bemerkt.

"NAAAA, bloß nicht", schrie Naruto auf. Er griff sich fahrig an den Kopf und legte einen wehleidigen Ausdruck auf sein Gesicht.
 

"Na dann, was hindert dich dann daran mich zu küssen? Shiu wird das sicherlich nicht für dich übernehmen", schmunzelte Sasuke und amüsierte sich innerlich über Narutos verdutztes Gesicht, ehe er sich sichtlich wieder entspannte.

"Zum Glück", murmelte er und wandte sich nun endlich mehr seinem Freund zu, bevor er dessen Lippen sanft mit seinen vereinte. Ein kurzer, scheuer Kuss entstand, den sie genießend vertiefen wollten, als Shisui unverhofft laut aufquiekte und Sasukes Kopf mit einem Ruck zur Seite zog, die kleinen Finger in das weiche, schwarze Haar vergraben. Sasuke gab ein würgendes Geräusch von sich, ehe er sich mit schmerzverzogenem Gesicht von Narutos Lippen löste und zu dem Jungen sah, der strahlend ein Grinsen auf den Lippen trug.

"Sasu, Rotnäppchen vorlesen", sprach er aufgeregt und bemüht dieses Mal den Märchennamen richtig zu sagen. Doch Narutos mürrischer Einwurf machte auch ihm deutlich, dass er es wieder nicht richtig ausgesprochen hatte.

"ROTKÄPPCHEN, SHIU-CHAN", rief er verzweifelt und zog selbst an seinen Haaren, die ohnehin schon zu Berge standen.
 

Sasuke lachte. Leise zwar und es ähnelte mehr einem verhaltenen Glucksen, doch es ließ Naruto verstummen und versöhnlich lächeln. Er liebte es. Er liebte es tatsächlich, da konnte Sasuke wirklich nichts mehr gegen tun.

"Heh... Du...", begann Naruto ebenfalls lachend, während Shisui nur irritiert von einem zum anderen sah. Sasuke hingegen wurde ruhig und sah Naruto in dessen Augen.

"Was?" Die Augenbrauen skeptisch zusammengezogen wartete er auf Narutos weitere Erklärung, die jedoch von einem erneuten, viel zu hohem Quieken von Shisui unterbrochen wurde.
 

"Sag 'Bitte', Shiu", forderte Sasuke schmunzelnd den Jungen auf und stupste diesem einmal kurz gegen dessen kleine Nase. Er verzog leicht das Gesicht, fing aber schon im nächsten Moment an zu kichern.

"Bitte, Sasu. Rotnäpfchen vorlesen, bitte", wiederholte er förmlich und dieses Mal seufzte Naruto nur geschlagen auf.

"Na gut", erwiderte Sasuke und ging Richtung Wohnzimmer, nicht ohne Naruto dabei zärtlich über dessen Arm zu streichen, weil er dessen niedergeschlagene Miene durchaus deuten konnte.
 

"Och nöö", jammerte Naruto dennoch lautstark und folgte den beiden mit stampfenden Schritten. Shisuis lautes, fröhliches Plappern verbesserte seine Laune dabei leider überhaupt nicht und als sich dieser auch noch gemütlich auf dem Schoß seines Onkels bequem machte, stieg Naruto die Zornesröte ins Gesicht.

"Awww, Sasuke ich will...", begann er und verstummte, als er Sasukes Blick bemerkte. Er konnte sein eigenes Schlucken hören, welches er bei dieser Intensität einfach nicht verhindern konnte.
 

"Dann komm einfach her", meinte Sasuke und zuckte kurz mit seinen Schultern, während Naruto fragwürdig den großen Sessel betrachtete, auf dem sich Sasuke gemeinsam mit Shisui nieder gelassen hatte. Man sah es ihm förmlich im Gesicht an, wie sehr er versuchte gedanklich auszutesten, ob sie womöglich wirklich alle drei auf diesem Möbelstück Platz hatten. Könnte klappen, dachte sich Naruto und entschied kurzerhand, dass Shiu-chan noch einmal seine Position verändern muss. Er hob ihn hoch, ignorierte dessen Murren und setzte sich stattdessen selbst halb liegend auf Sasukes Schoß, während er Shisui auf seine Beine setzte, der sich gleich wieder näher an Sasukes Brust kuschelte, ebenfalls wie Naruto.
 

Sie sahen sich an. Schweigend und lange, merkten kaum, wie Sasuke kopfschüttelnd auf sie hinab sah und begann in dem Buch nach der richtigen Seite zu suchen. Er war nicht einmal dazu gekommen, seine Schuhe auszuziehen. Nachdem sich Naruto und Shisui ein letztes Mal gegenseitig ihre roten Zungen gezeigt hatten, lauschten sie beide der tiefen Stimme des Uchihas.

Im Türrahmen standen Hana und Itachi, die amüsiert die Szene beobachteten. Sie sahen sich kurz an und entschieden sich dann stumm dafür, die drei allein zu lassen. Leise gingen sie in die Küche.
 

"Du kannst aufhören. Der Terrorkrümel schläft schon", murmelte Naruto ebenfalls müde, als er gezwungenermaßen seine schweren Lider aufgeschlagen hatte. Sasuke hielt abrupt, mitten im Satz, inne und sah zu Naruto.

"Hm?", machte er irritiert und registrierte erst danach die Bedeutung der Worte. Leicht drehte er seinen Kopf zur Seite und betrachtete zufrieden das schlummernde Gesicht seines Neffen, der mit einem Grinsen auf Sasukes Brust schlief.

"Aber du schläfst auch schon fast, hm?", richtete er sich anschließend wieder an den Blonden, der herzhaft gähnend seine Wange an der Kleidung seines Freundes rieb.

"Nö", erwiderte er zum Trotz.

"Ich hab dir ganz aufmerksam zugehört, anders als dieses kleine Nervenbündel."
 

Sasuke zog neckisch eine Augenbraue nach oben, während er vorsichtig das Buch sinken ließ, immer bedacht, den kleinen Jungen nicht aus seinem Schlaf zu reißen.

"Sicher doch, Naruto. Und du bist natürlich auch überhaupt kein Nervenbündel", stichelte Sasuke mit sichtlich erfolgreicher Wirkung. Naruto blies die Wangen so sehr auf, dass er beinahe so rund wie ein Kugelfisch war, doch noch bevor er seine protestierenden Worte formen konnte, mischte sich die tiefe Stimme Itachis ein.

"Hey Sasuke, kaum zu Hause und schon wieder der Mittelpunkt, was?" Seine Hände wanderten durch Sasukes schwarzes Haar, was diesem ein Murren entlockte und Itachi leise Schmunzeln ließ.

"Kann ich nichts dafür", gab er grummelnd seine Antwort.

"Schon gut, warst ja auch lange weg und die beiden haben dich wirklich vermisst. Trotzdem wird es wohl Zeit, dass sich mein Sohn jetzt von dir trennt, oder?" Mit einem Zwinkern hob Itachi sanft den kleinen Shisui auf seinen Arm und trug ihn weg von Naruto und Sasuke, die beide einen letzten Blick auf den Jungen warfen.
 

"Sasuke?", schnurrte Naruto sinnlich am blassen Hals seines Freundes, ehe er zart seine Lippen auf die Haut drückte. Sasuke überzog eine Gänsehaut und legte geistesabwesend seinen Kopf schief.

"Hm?"

"Ich würde da gerne was nachholen", flüsterte Naruto weiter und küsste immer wieder ganz sanft die freien Hautstellen des Uchihas, der sich hingebend entspannt im Sessel zurücklehnte, die Hände auf Narutos kräftigem Rücken liegend.

"Und du glaubst, ich halte dich auf?", gab Sasuke leise zurück und seufzte anschließend wohlwollend auf, als er warme Lippen über seine streifen spürte.

"Sieht nicht so aus."

"Hn", seufzte Sasuke und genoss das anschließende Wärmegefühl, als Naruto einen verlangenden Kuss entfachte, der sie beide zu mehr anregte.
 

"Naruto", stöhnte der Schwarzhaarige erregt, da sich der Blonde nun vollends mit einem einzigen Ruck auf seinen Schoß platziert hatte, die Hände spielend auf seiner Brust, wo sie geschickt nach den rosigen Brustwarzen suchten, um dort zärtlich hinein zu zwicken. Immer wieder verschmolzen ihre Lippen miteinander, während Naruto fordernder wurde und begann seinen heißen, erregten Unterleib an dem seines Freundes zu reiben.

"Sasuke... vermisst", keuchte er unverständlich und zusammenhangslos hervor. Ungeduldig zog er am weiten Saumen des Shirts, welches ihm deutlich ein Dorn im Auge war, bis Sasuke sein unbeherrschtes Handeln stoppte und ihn an den Handgelenken festhielt.
 

"Wir sind immer noch im Wohnzimmer und vielleicht sollten wir..."

"Vergiss es, ich will dich hier! Ich will dich jetzt!", meinte Naruto mit lustverhangener, rauer Stimme und befreite seine Hände, nur um anschließend gleich die Kleidung zwischen ihren Körpern zu entfernen.

"Aber Hana und..."

"Halt die Klappe, Sasuke", unterbrach Naruto erneut und verwickelte ihn wieder in einen Kuss. Hitzig und dynamisch, beinahe schwindelerregend führte er seine Zunge in die fremde Mundhöhle und schmiegte sich an Sasuke.
 

Ihr Keuchen hallte durch das geräumig große Wohnzimmer, die Luft schwoll an und knisterte, brachte die Temperaturen zum Kochen. Sasuke stöhnte. Den Kopf weit nach hinten gelegt, spürte er Narutos feuchte Lippen, die sich angenehm an seiner Haut festsaugten.

"Nie wieder Webcams, das hier ist besser", murmelte er erkennend gegen Sasukes wild pochende Halsschlagader, ehe er seine Zähne hauchzart darüber gleiten ließ, solange, bis er eine geeignete Stelle fand, um sie in das weiche Fleisch zu bohren.
 

"Ahh, Naruto, das...", stöhnte Sasuke erschrocken, doch nachdem Naruto mit seiner Zunge liebevoll die gerötete Stelle nachfuhr, verschwand sein Protest. Wie dünner Nebel wurde er einfach weggefegt.

"Scheiße man, bleib nie wieder so lang weg", brachte Naruto unter mehrfachem Keuchen zur Sprache und fingerte derweil ungeduldig am Hosenknopf herum.

"Das war nur ein Monat", hauchte Sasuke belegt zurück, doch innerlich freute er sich darüber, dass er Naruto so offensichtlich gefehlt hat.
 

"Sag ich doch, zu lang. Ich bin seltsam scharf auf dich, Sasuke", bemühte er sich einer vernünftigen Aussprache, doch sein dunkles Stöhnen verpasste ihm eine verruchte Note, weil Sasuke Hand an die deutliche Erhebung unter seiner Jogginghose gelegt hatte.

"Worauf wartest du dann noch?", fragte er und rieb verdeutlichend über Narutos Glied. Er spürte das Zucken und rhythmische Pochen selbst durch den rauen Stoff der Hose.

"Ok, das reicht", verschluckte sich Naruto beinahe an seinem Speichel, weil er unverhofft tief aufstöhnen musste und schon im nächsten Moment hatte er Sasukes Hose geöffnet, den Reißverschluss bis zum Anschlag hinunter gezogen und war nun dabei, seine Finger an den rauen Jeansstoff zu legen. Sasuke half ihm und hob sein Becken an, sodass Naruto die Hose bis zu den Knien abstreifen konnte, da er sich anschließend lieber selbst seiner Bekleidung entledigte. Sasuke zog den Rest daher selbst ab und wurde unerwartet grob wieder gegen die Sessellehne gedrückt.

"Was hast du vor?", hinterfragte er skeptisch, als sich Naruto auf die Knie hockte und seine Lippen küssend über Sasukes Bauch wandern ließ, bis er sich immer tiefer vorwagte.
 

Er antwortete nicht, genoss nur das zaghafte Stöhnen seines Freundes und grinste verschmitzt, als er ein leichtes Aufschreien vernahm, welches verdächtig nach seinem Namen klang, weil er vorwitzig mit seiner Zunge die feuchtglänzende Spitze geneckt hatte. Gierig umschloss er das heiße Fleisch des Uchihas, leckte und saugte, befeuchtete bis zum Ansatz die gespannte Haut.

"Ich...", hechelte Naruto atemlos, als er von Sasuke abgelassen hatte und aufsah. Sasuke schluckte benommen, fühlte noch immer die Wärme des Mundes, die liebevollen Bewegungen und das zärtliche Beißen seiner Zähne und fühlte beim Anblick des Blonden wie sein Blut rauschend heiß durch seine Adern floss.

"Du... ich..."

"Ja?", Sasuke klang heiser und Naruto beschämt nervös, weil er eine Bitte hatte, die ihm ungewöhnlich vorkam. Bisher gab es nur ein einziges Mal das sie... Verdammt, nicht einmal gedanklich konnte Naruto darüber hinwegsehen, doch es war passiert. Sie hatten die Rollen getauscht und nun wollte er es erneut. Er wollte es.
 

"Ich will dich in mir spüren, Sasuke", sagte er deshalb mit verlegen gesenktem Kopf, während Sasuke sich beinahe verschluckt hätte.

"Wie bitte?", äußerte er sich dementsprechend irritiert, doch Naruto reagierte gar nicht mehr darauf. Schneller als Sasuke gedacht hätte, erhob sich Naruto und ließ sich wieder auf dem Schoß des Uchihas nieder, wo er sich mit heftig pochendem Herzen und der Erinnerung an den Schmerz in Position brachte. Auch Sasukes warnende Worte, er sollte sich doch lieber vorher noch vorbereiten, ignorierte er, als er Sasukes harte Erregung ansetzte und sich gemächlich darauf sinken ließ. Ein Zischen verließ seine bebenden Lippen aber Sasukes genussvolles Stöhnen stachelte ihn an, jetzt nicht aufzuhören.
 

Verdammt, ich hasse diesen Mistkerl, dachte Naruto und wusste im selben Moment, dass es nur einen Grund gab, wieso er sich überhaupt in diese Rolle begab. Schließlich wurde er nie gezwungen und auch jetzt hätte er mit Sicherheit alles von Sasuke bekommen können, ohne selbst seinen Arsch hinhalten zu müssen.

Scheiß Liebe, strafte er kurzzeitig seine Gefühle und stöhnte lustvoll auf, als Sasukes Zunge sich in seinen Mund geschlichen hatte und ihn dort verlangend in einen Kampf verwickelte, der jeglichen Schmerz in seinem Unterleib verbrannte. Dieses unbändige Feuer schlug züngelnde Flammen hinauf, bis zu seinem unrhythmisch schlagenden Herzen. Sie stöhnten, sie keuchten und schon bald fanden beide einen gemeinsamen Rhythmus. Ließen sich fallen, gaben sich hin.

Ihre anregenden Laute vermischten sich mit warmer, hitziger Luft. Schweiß perlte von ihren Körpern, den Naruto nur gelegentlich von Sasukes Hals leckte, bevor er sich beißend an seiner Haut bediente.
 

"Ahh... nghh", keuchte Sasuke angestrengt, hob sein Becken kräftig gegen Narutos Hüfte und kratzte mit den Fingernägeln fest über dessen Rücken.

"Jah... ahh", erwiderte Naruto und führte seine Hand an sein eigenes Glied, welches zappelnd zwischen ihren Körpern tanzte und sehnlichst nach Aufmerksamkeit bettelte. Stetig massierend bewegte Naruto seine Hand, in völliger Ungleichheit mit den kraftvollen Stößen die Sasuke erzeugte.

"Scheiße, Sasuke", keuchte Naruto und dessen Muskeln zogen sich merkbar zusammen, als er heftig seinen Samen auf seiner Hand und Sasukes angespannten Bauchmuskeln verteilte. Sasuke legte ebenfalls ausgiebig stöhnend seinen Kopf in den Nacken, spürte Narutos Lippen an seinem Kehlkopf, als auch er schubweise kam und den Körper des Blonden fest an sich drückte, um diesen Moment auszukosten.
 

Schwer atmend lehnte Naruto seinen Kopf gegen die Brust des Uchihas, wo er dem rasenden Herzschlag lauschte und bereits leicht in einen traumartigen Schlaf dämmerte, weil ihn Sasuke mit sanften Streicheleinheiten an seinem Rücken verwöhnte. Seufzend drückte er sich mehr an ihn und genoss das Gefühl von nackter Haut auf seiner, genauso wie er glaubte, dass es Sasuke ebenfalls genoss, wenn sie jetzt noch einen Moment so verbunden miteinander kuschelten.

"Sasu, ich möchte Milch, ein Glas und einen Keks", hörten sie beide die verschlafene Stimme des kleines Shisui, der im Türrahmen stand und sich über die müden Augen rieb. Naruto schreckte beim Klang der Stimme so heftig auf, dass er beinahe von Sasukes Schoß gerutscht wäre, während Sasuke nur ruckartig seinen Kopf herum drehte und Naruto fester an sich zog, um ihre peinliche Situation nicht noch schlimmer zu machen.

"Was... ähm, geh... geh in die Küche, ich komm gleich", stotterte Sasuke ertappt und wunderte sich einen Moment über das unbekümmerte Lächeln des Jungen, der sich zusammen mit seinem Lieblingsstofftier auf den Weg machte. Der Schlafanzug nahm nun mit Sicherheit die letzten Staubkörner vom Boden auf, aber das interessierte ja Shisui herzlich wenig.
 

"Oh Gott, meinst du, er hat uns zugesehen?", fragte Naruto fassungslos und geschockt nach, als er sicher war, dass Shiu-chan aus ihrer Hörweite war. Sasuke hingegen schüttelte zaghaft seinen Kopf.

"Ich glaub nicht oder er ist schon jetzt ein perfekter Schauspieler", meinte er und hinderte Naruto nicht daran sich von seinem Schoß zu erheben.

"Hilfst du ihm? Dann geh ich kurz ins Bad und warte oben auf dich", haspelte Naruto fahrig vor sich hin und suchte hastig die Kleidung vom Boden auf. Sasuke nickte stumm und ging bekleidet mit Narutos weiter Jogginghose in die Küche, wo Shisui am Tisch saß, die Beine wackelnd und das schafähnliche Kuscheltier in seiner Hand.

"Milch, hm?", murmelte Sasuke und seufzte, als ein eindeutiges "Jaa, mit Honisch" zurück kam.
 

"Schlaf gut, Shiu", flüsterte er leise und stupste noch einmal gegen die kleine Nase, was dem Jungen wieder einmal ein Kichern entlockte, ehe er nach dem Finger mit seinen kleinen Händen schnappte.

"Nochmal vorlesen, Sasu. Ich mag Rotkäppchen", gähnte Shisui und blinzelte oft hintereinander, weil ihm die Augenlider schwer wurden. Sasuke schmunzelte und legte sich leicht neben den Kleinen, der sich an ihn kuschelte und vergeblich versuchte zuzuhören, doch als Sasuke gerade einmal die erste Seite gelesen hatte, schliefen beide den wohlverdienten Schlaf.
 

Nur Naruto wartete frisch geduscht auf seinen Freund, der seiner Meinung nach viel zu lange auf sich warten ließ. Aus diesem Grund beschloss er nach ihm zu sehen und als die letzte Möglichkeit das Zimmer des kleinen Shisuis war, konnte auch er ein leichtes Schmunzeln nicht verhindern. Es wuchs zu einem breiten Grinsen heran, als er die zwei selig in einem wirklich großen Kinderbett schlafen sah und entschied sich kurzerhand für das Naheliegende. Er überzog Sasukes Körper mit der Decke, die bisher nur Shisui gewärmt hatte und schummelte sich einfach ebenfalls dazu, auch wenn seine Füße um genau zehn Zentimeter über die Bettkante hinaus ragten.



Fanfic-Anzeigeoptionen

Kommentare zu dieser Fanfic (68)
[1] [2] [3] [4] [5] [6] [7]
/ 7

Kommentar schreiben
Bitte keine Beleidigungen oder Flames! Falls Ihr Kritik habt, formuliert sie bitte konstruktiv.
Von:  fragile
2015-01-11T23:44:23+00:00 12.01.2015 00:44
wie du sicherlich denken kannst, wird jetzt eine reihe an komplimenten auf dich niederprasseln und du musst es einfach akzeptieren. so wie bei allem anderen, was ich bisher von dir kommentiert habe.
ich muss jetzt auch erst einmal gestehen, dass ich eigentlich ein ziemlich fauler mensch bin, in bezug auf kommentaren. meistens sind die stories ausgelutscht oder ich hab einfach zu oft mühselige versuche gelesen, etwas einzigartiges zu erschaffen.
ein weiteres detail, dass ich jetzt dir eröffne, ist auch etwas, was mir bisher wirklich noch nie "passiert" ist. ich hatte wirklich tränen in den augen und sie sind auch über meine wangen gekullert.
wie lieblich irgendwie alles begonnen hat. die schilderungen von sasuke. so gefühlvoll, aber dennoch so, dass es wie gewohnt, überhaupt nicht ooc gewirkt hat. seine gedanken haben immerhin wir, die leser, gelesen. er hat sie in ein buch geschrieben. aber er hat sich immer so verhalten, wie er eben ist. ruhig und vorsichtig, darauf bedacht, nicht zu viel von seinem innersten preis zu geben. stolz, wie er eben ist.
und dennoch habe ich ihn noch nie so erleben dürfen, wie hier bei dir.
du hast schritt für schritt erklärt, aufgezeigt, uns fühlen lassen, was liebe alles tut. was liebe tun kann, wenn man glaubt, sie sei einseitig. wie zerstörerisch sie sein kann und wie blind manche menschen egoistisch auf sich achten. ihre gefühle selbst irgendwie nicht verstehen und sich auch nie damit auseinandersetzen.
... als sasuke dann die drogen nahm, das heroin, mein herz hat so heftig gepocht, weil ich wirklich angst um den charakter verspürt habe. ich hatte sorgen. das hast du alles mit deinen beschreibungen geschaffen.
nichts war übertrieben oder unrealistisch. es war "nachvollziehbar". schmerzlich ehrlich und verletzend-schön.
ich bin ein absoluter sasuke-fan. wirklich.
als er dann auf gaara trifft, der gestorben war... mein gott.
und es war so herzzerreißend, naruto zu "beobachten", wie er fürchtete, jemanden zu verlieren, den er so sehr liebt, es ihm aber einfach nicht klar ist und als sasuke dann im entzug ist, naruto es ausspricht und all die gefühle einfach ganz offen in seinem herz liegen.. wunderschön.
und sasuke kommt zurück. als sasuke.
wieder stark, stolz, naruto noch immer liebend :)
und dann narutos liebeserklärung. da war all der schmerz, den du mir zuvor zuteil werden hast lassen, vergessen und verpufft und dann hab ich gelächelt. weil es wieder einfach nicht übertrieben war.
es war alles flüssig, hatte sinn, hatte ehrlichkeit und wahrheit und so viel schmerz und leid. aber dann gleichzeitig doch all die fröhlichkeit, hoffnung, glück... liebe.
du hast so viel mit deiner geschichte erzählt, gezeigt und mich erleben lassen. :3 dafür vielen herzlichen dank.
ich hoffe, dass du niemals aufhörst, gefühle und gedanken, alles was in einem moment im kopf herumschwirrt, aufzuschreiben.

hin und wieder waren kleine rechtschreibfehler drin, aber so what?! wen interessiert das schon. nichts hat den lesefluss zerstört und gott bin ich froh, dass ich erst jetzt aufmerksam geworden bin auf dieses werk... sonst hätte ich nicht mehr schlafen können :D

so, mehr habe ich jetzt nicht zu sagen.
ich habe sasuke geliebt. habe naruto geliebt. und all deine worte.


Von:  IrishKadda
2014-07-23T07:35:48+00:00 23.07.2014 09:35
So... Ich hab jetzt innerhalb kürzester Zeit alle ff. von dir gelesen (war ein Tipp von V0IDsKhaos auf Facebook) :-)
Was soll ich sagen? Das war der krönende Abschluss! HAMMER! Tolle Geschichte! Gefühlvoll und einfach perfekt! Toll ausgearbeitet mit vielen dramatischen Wendungen! Du hast Talent! Du solltest das mit dem Schreiben weiter verfolgen... Also ich meine nicht nur als Hobby (vielleicht machst du es ja sogar schon beruflich) :-)
Ich bin jetzt auf jeden fall ein größer Fan und würde auch Bücher von dir kaufen! GayRomance ist tatsächlich mittlerweile ein BuchGenre... Also ab geht's! ;-)
Schreibst du noch weitere FFs? Oder ist anderes geplant? Wär schade, wenn das schon alles wä
Antwort von:  IrishKadda
23.07.2014 09:37
Mit dem Handy einen Kommentar zu schreiben hört sich einfacher an als es ist... Sorry für die Fehler! Ich glaube aber das Wichtigste kommt rüber :-)
Antwort von:  Anyi
23.07.2014 10:36
Hey, Dankeschön ^^
Ich versteh das total. Vom Handy aus hab ich auch tausend Tippfehler drin - manchmal xD
Ja, sehr nettes Kompliment hast du mir da gemacht xD ich schreibe allerdings tatsächlich nur als Hobby, für alles andere bin ich vermutlich viel zu unzuverlässig ^^
Aber es gibt schon noch ein wenig mehr von mir, nur findest du das auf ff.de ... Ich bin einfach noch nicht wirklich dazu gekommen die anderen Sachen bei zu formatieren und hier hochzuladen xD könnte man ja mal nachholen, was? Hehe
Ansonsten schreibe ich momentan eher an noch geheimen Projekten xD aber früher oder später wird es dann auch mal wieder was neues von mir geben, denk ich - hoff ich xDD

Lg Anyi
Von:  Suki96
2013-04-07T10:25:46+00:00 07.04.2013 12:25
Eine fantastische Geschichte. Kan man nur weiter entfehlen.
Antwort von:  Anyi
07.04.2013 13:07
Dankeschön ^^ Freut mich
Lg, Anyi
Von:  AyshaMaySezaki
2013-04-02T18:44:31+00:00 02.04.2013 20:44
also der kleine ist echt süß ^^ auch wenn naruto mir daher ein wenig leid tut. aber kinder sind nun mal unsere größten schätze (acuh wenn sie manchmal wirklich anstengend sind).
aber was ist mit itachi und hana gewesen? warum waren sie nciht da um auf den kleinen zu achten oder die beiden turteltauben zu erwischen? na ja, vielleicht haben die schon gepennt oider so ^^
aber ein wirklich schönes ende, für eine so aufregende Geschichte. die beiden gehen endlich in eine gemeinsame Zukunft und sind glücklich ^^
die ganze geschichte war echt klasse und hat alle möglichen gefühle in einem geweckt ^^
auch dein schreibstyl ist echt klasse und so gefühlvoll ^^ beneidenswert.
lf
Von:  AyshaMaySezaki
2013-04-02T12:32:06+00:00 02.04.2013 14:32
oh ist das kapitel süß... auch wenn ich grob geschötzt die hälfte davon bloß der adult teil war ^^ aber süß. und ich muss noch was zu dem adult teil sagen: zum glück waren itachi und hana nicht da, hoffe jedenfalls das beide in dem moment da im flur heimgekommen sind ^^
aber an sich war das ganze kapitel klasse und ich richtig begeistert wie gut es sasuke nun geht. auch das er irgendwie von 'sam' abschied genommen hat fand ich schrecklich süß ^^
und das die beiden turteltauben nun in eine gemeinsame zukunft gehen kann ich mir richtig gut vorstellen. sie sind einfach beide so süß... auch wenn narutos kindische art manchmal extrem nerven könnte ^^
aber nun noch schnell zum epilog und dann das final kommi von mir hinterlassen.
aber das kapitel war mit abstand das schönste (und definitiv das süßeste).
lg
Von:  AyshaMaySezaki
2013-04-02T00:19:12+00:00 02.04.2013 02:19
au man... ist das kapitel toll ^^
auch wenn ich sasuke wirklich etwas begriffsstutzig einstufe ^^ aber es ist auch unglaublich lang, dass ich gar nicht alles hier kommentieren kann... ich hätte das kommi neben bei schreiben sollen, damit ich auch alles erfasse ^^ aber dann währe es unglaublich lang geworden.
so muss ich mich nun auf ein: es ist ein hammer geiles kapitel - beschränken.
aber ihc freu mich schon auf das nächste, auch wenn ich ncoht die ganze nacht sitze ^^
lg
Von:  AyshaMaySezaki
2013-04-01T22:28:57+00:00 02.04.2013 00:28
*naruto weinend um den hals fall* ich kann dich mehr als gut verstehen. dieses ewige warten, wenn jemand, den du sehr liebst, in theapie ist, ist das schlimmste was man kennt. aber sasuke hat... wenn ich das mal sagen darf, wirklich oft geschrieben... aber es ist wirklich schön für ihn, dass er so viel von sasuke erfährt.
aber das naruto endlich mal in seinem kopf gewühlt hat und sich endlich selber eingestanden hat das er seinen besten freund liebt ist echt süß...
aber auch wie itachi auf den kleinen zettel reagiert hat war echt putzig.
auch man ich könnte so viel zu diesem kapitel schreiben... zb. auch das ich sasuke, was den entzug angeht, verstehen kann, könnte ich hier genau schreiben, aber so als erwähnung reicht es glaub ich auch.
super kapitel und so... bewegend (für mich jedenfalls).
lg
Von:  AyshaMaySezaki
2013-04-01T21:21:47+00:00 01.04.2013 23:21
*schnieff heul* und das wo ich eigentlich ein gaara fan bin *schniff*
aber... ich hoffe für sasuke das er rechtzeitig gefunden wird! denn so darf es nciht enden! er darf nicht feige vor den problemen davon rennen! er muss jetzt, auch für gaara, lernen damit klar zu kommen... gaara hatte nicht gewollt das sasuke das jetzt tut. er selber hatte nur keinen anderen ausweg gesehen... durch viele tausende missverständnise...
aber ein super kapitel. auch die stelle mit naruto im flur war wirklich gut. ich hatte da schon panische angst um gaara... aber ich habe geahnt, wie das mit dem letzten gespräch kam, dass es enden wird mit ihm... aber wirklich toll....
eigentlich haben mir erst due worte gefehlt aber einmal angefangen das kommi zu schreiben kamen die worte einfach so... unter schniffen.
lg
Von:  AyshaMaySezaki
2013-04-01T20:27:59+00:00 01.04.2013 22:27
ich weis ehrlich gesagt nicht ob ich am ende lachen oder heulen sollte bei dem kapitel. ich hab wohl beides gemacht.
die tränen waren für sasukes verfahrene situation. er tut mir nach wie vor leid, denn naruto und itachi? wtf? wer würde da nicht den absoluten absturz bekommen wenn die große liebe mit dem eigenen bruder ins bett geht und man selber dafür als trumpfkarte ausgespielt wird? also so vernünftig mein handel auch immer ist, ich hätte glaub ich wie sasuke aufgegeben (jedenfalsl sieht sasukes handeln so aus).
aber am ende die sache mit karin ist schon echt verdreht und lustig. da hat sasuke glück das gaara in dem punkt schnell geschalten hat und ihn aus dem bett gezogen hat.
es war ein tolles kapitel und das lee mit so einem miest wie 'fliegen' ankommt, hat mich auch zum schmunzeln gebracht ^^
lg
Von:  AyshaMaySezaki
2013-04-01T19:57:44+00:00 01.04.2013 21:57
*tränen wegwisch* boar... das ist so... dramatisch... sasuke tut mit immer mehr leid und selbst sein bruder... aber nur etwas. itachi hat sasuke schließlich sitzen lassen, aber trotzdem will er jetzt für sasuke da sein und kann es nicht...
aber die sache mit den drogen nimmt ganz schöne ausmaße an... langsam habe ich richtig angst um den jungen uchiha... wird er davon wegkommen? wird er überhaupt den kopf klar genug bekommen um es ncht beendet zu wollen? boar... es ist so spannend.
super kapitel aber an sich.
bis später. bin dann mal im nächsten kapitel.


Zurück