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Schicksalsduellanten

Shukumei no Duelist
von

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Ka Yuugo no Chikara – Minotaurus, Kentaurus, Minokentaurus

…aber Mathe war heut echt langweilig, weil ich das ganze Zeugs eh schon weiß und in Literatur sollten wir die Autoren aus der Meji-Ära auswendig lernen, aber ich konnte mir nur Natsume Soseki merken, weil der nach England gegangen ist, um Englisch zu lernen.
 

Wenn ich richtig Englisch lernen will, dann geh’ ich nach Amerika. Die haben da Hamburger und tolle Musik und man darf sogar dann Autofahren, wenn man noch nicht erwachsen ist.
 

Du hast versprochen, dass wir nach Amerika gehen, ja das hast du, Nii-sama! Wir gehen nach Amerika und bauen da ein neues Kaibaland. Ein ganz großes mit Spielen und Achterbahnen und auch mit einer Geisterbahn, und alle Kinder, die keine Eltern haben, die ihnen Eintrittskarten kaufen können, die dürfen umsonst rein. Du hast es versprochen. Hast du dein Versprechen vergessen?
 

Hast du unseren großen Traum vergessen?
 

Bitte, bitte komm zu mir zurück, Nii-sama. Ich vermiss’ dich so sehr.
 

Lass’ mich nicht allein, mein Bruder.
 

Bitte lass’ mich nicht allein.
 


 

Schicksalsduellanten
 

Shukumei no Duelist

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Author’s Note and Thanks: Ich bedanke mich bei Lace Kyoko, Barrie18, Selena12, Halowing, Tawariell, FrankDark, Vaness1, -Hideyuki- und Alaiya für ihre Kommentare. Und ein Keks geht an Bastet_Cat, die Ägyptologie studiert und mir ein wenig geholfen hat. Was die Antworten auf die Kommentare angeht, so antworte ich auf alle deutschen Reviews auf Deutsch und auf alle englischen Reviews auf Englisch und so wird auch hoffentlich niemand verwirrt sein. Die einzelnen Review-Antworten kommen immer ans Ende eines Kapitels, so bleibt es übersichtlicher.
 

Arc I: Duat no Juuni no Tobira

(Die zwölf Pforten der Unterwelt)
 

Chapter 2: Ka Yuugo no Chikara – Minotaurus, Kentaurus, Minokentaurus

(Die Macht der Ka Fusion – Minotaurus, Kentaurus, Minokentaurus)

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A mouth I have, but never speak

My arms stretch far and wide

A bed I own, yet never sleep,

I travel day and night.

Without legs to carry me,

So, answer now, who may I be?
 

Eine Mündung habe ich, doch ich spreche niemals,

Meine Arme erstrecken sich weit

Ein Bett besitze ich, doch ich schlafe niemals,

Ich bin Tag und Nacht auf der Reise.

Ohne Beine die mich tragen,

Also antworte jetzt, wer mag ich sein?
 

Eine Mündung, Arme, und ein Bett. Was konnte das anderes sein, als ein Fluss?
 

Viele Rätsel verwendeten doppeldeutige Begriffe, um damit für Verwirrung zu sorgen. Abgesehen davon würde diese Lösung natürlich auch perfekt dazu passen, dass diese Nilpferd-Torwächterin ihn mit allerhand Blödsinn über Flüsse gelangweilt hatte. Das Einzige, was ihn an dieser doch recht eindeutigen Lösung störte, war die Tatsache, dass dieses Rätsel so viel einfacher war, als das letzte. Als wenn da mit leuchtend gelben Buchstaben Falle draufstehen würde.
 

Aber war Taweret nicht eine sehr viel weniger komplizierte Göttin als Horus, geschweige denn Set?
 

“Ein Fluss,“ wiederholte er laut und sanfte Wellen liefen über die kristallklare Oberfläche der Tür. Von ihrem Mittelpunkt aus wanderten sie in alle Richtungen, breiteten sich über die gesamte Tür aus. Nur dort, wo sie ihre Reise begonnen hatten, hatten sie ein kleines Viereck unberührt gelassen.
 

Er war nicht überrascht, dass das Viereck die Form einer Duel Monsters Karte besaß. Wieder einmal konnte kein Zweifel daran bestehen, was er zu tun hatte, um diese Tür aufzubekommen und seine Reise fortzusetzen.
 

* * *
 

Bevor er irgendetwas in der Dunkelheit hinter der Tür erkennen konnte, musste er erst einmal seinen Niesreiz unterdrücken. Staub kitzelte ihn in der Nase und der Geruch von altem Papier war so überwältigend, dass sein geistiges Auge bereits eine Bibliothek aufmalte, bevor die Dunkelheit sich verflüchtigte und seine normalen Augen sehen konnten, dass das auch genau der Ort war, an dem er sich befand.
 

Die Bibliothek vor seinem geistigen Auge hatte einen Teppich in der Farbe von Blut besessen und Regale, die so hoch waren, dass sie bis in den Himmel zu reichen schienen. Die Bibliothek um ihn herum dagegen hatte nicht einmal Bücher, wahrscheinlich war das Buch überhaupt noch nicht erfunden worden. Stattdessen war der ganze Raum mit Steintafeln und Körben voller Papyrusrollen angefüllt.
 

Sogar die Wände waren mit Hieroglyphen bedeckt. Seltsamerweise konnte er fast alles davon lesen, es waren Geschichten über Thoth, den ibisköpfigen Gott des Wissens, der Weisheit und der Naturwissenschaften. Einmal ging es um Thoth’s Geburt aus dem Samen des Horus und dem Kopf des Seth, einmal ging es darum, dass Thoth die Hieroglyphenschrift erfunden hatte, und schließlich wurde Thoth auch als Schreiber des Osiris dargestellt, der beim Totengericht eines Pharao zugegen war. Keine einzige dieser Geschichten erschien ihm neu, er hatte sie alle gekannt, seit er ein Kind war.
 

Aber hatte er das wirklich? Waren die Erinnerungen dieses Jungen namens Set wirklich seine eigenen? Sie fühlten sich sehr wirklich an, aber wenn sie real waren, was war dann mit den anderen Bruchstücken in seinem Kopf? Die Bücher zum Beispiel. Set kannte keine Bücher. Oder dieses Gedicht über den Frosch, der in den Teich hüpfte? Nichts davon passte wirklich zusammen.
 

Und dann die Firma. Ja, es gab definitiv eine Firma. Wenn er sich nur erinnern könnte, wie sie hieß.
 

“Nichts davon passt wirklich zusammen.“
 

Er war es tatsächlich. Es war derselbe Junge, der hier mit gekreuzten Beinen auf einem Teppich saß, den Kopf über eine Schriftrolle gebeugt. Er sah jetzt ein wenig älter aus, das lag vermutlich daran, dass er sich die Jugendlocke abgeschnitten und seine Haare hatte wachsen lassen.
 

Ein leises Kichern ließ Set den Kopf heben. Er war wirklich um einige Jahre älter als während der letzten – Hmm.. nur ein Idiot würde es Vision nennen – und er verzog unwillig das Gesicht, als er nach der Ursache der Störung Ausschau hielt. Zwei kleine Mädchen verbargen sich hinter einer Steintafel und beobachteten ihn neugierig. Beide waren in einfaches weißes Leinen gekleidet, aber der kostbare Schmuck der Älteren wies sie eindeutig als hochrangige Person aus.
 

Obwohl es offensichtlich war, dass ihre Gegenwart Set störte, so konnte er ihr nicht einfach sagen, dass sie verschwinden solle. Offenbar schien ihm aber die höfliche Variante von ’Geh weg’ wieder eingefallen zu sein, denn er verbeugte sich tief und fragte: “Habt Ihr Euch verirrt, königliche Hoheit? Soll ich Euch dabei helfen, Eure Eskorte zu finden?“
 

“Nein, sollst du nicht,“ kommandierte die Kleine im Befehlston. “Wir sind froh, dass wir die Langweiler überhaupt losgeworden sind, nicht wahr, Mana?“ Sie stupste ihre Freundin an, welche schon wieder in ein Kichern ausbrach. “Oh, den kenn’ ich doch! Das ist der Schüler, der immer so ein furchtbar ernstes Gesicht macht. Alle anderen Jungs lachen oder lächeln manchmal, aber er lächelt nie. Niemals.“
 

“Er lächelt niemals?“ fragte das ältere Mädchen ungläubig. “Also schön.“ Sie wandte sich wieder Set zu. “Lächle! Das ist ein Befehl der Prinzessin.“
 

Set antwortete nicht, sah aber auch nicht besonders beeindruckt aus. Er hob das Kinn und blickte sie streng an und in diesem Augenblick schien es ihm vollkommen gleichgültig zu sein, dass er sich unhöflich benahm. Einige Sekunden lang blieb alles still, bis auf das leise Knistern von Papyrus und das Klirren der Armreifen, welche die Mädchen trugen.
 

Irgendwann verzog die Prinzessin ihre sorgfältig geschminkten Lippen zu einem Schmollmündchen, welches ihr ansonsten hübsches Gesicht verunstaltete. Genervt zog sie ihre Freundin am Arm: “Schon wieder so ein Langweiler. Komm, Mana, geh’n wir woanders spielen.“ Beide Mädchen wandten sich zum Gehen.
 

“Meine Schwester und künftige Königin hat dir einen Befehl erteilt, Tempeljunge!“
 

Diese Stimme war es gewohnt, Befehle zu erteilen, auch wenn sie einem Jungen gehörte, der noch weniger Jahre zählte als Set. Und dieser Junge war es auch gewohnt, dass seine Befehle befolgt wurden. Als Set aufstand, um ihm auf gleicher Höhe zu begegnen, stand er reglos da und blickte den anderen kämpferisch an, als fordere er ihn zu einem geistigen Kräftemessen heraus. Dunkle Blicke bohrten sich in die Augen des Gegners wie Raubtiere, die nur auf das kleinste Zeichen an Schwäche warteten.
 

Set wandte die Augen nicht ab. Er spürte wie die Wut in ihm hochstieg, wie sie heiß und feurig durch seine Adern rauschte. Einem solch lächerlichen Befehl würde er nicht gehorchen und er würde sich auch ganz bestimmt nicht als Spielzeug für einen verwöhnten kleinen Bengel missbrauchen lassen.
 

Selbst wenn dieser Bengel – und daran konnte es gar keinen Zweifel geben – der Kronprinz von Ägypten war.
 

“Ich werde lächeln, wenn Ihr mir einen Grund dafür gebt, Horus im Nest.“ Seine Stimme war immer noch leise, aber sein Tonfall blieb hart und klar.
 

“Einer meiner Diener wird dich für deine Unverschämtheit bestrafen,“ entgegnete der Prinz mit kaltem Zorn in der Stimme. Er drehte sich auf dem Absatz herum und marschierte von dannen, ohne sich noch ein einziges Mal umzusehen. Set blickte ihm nach, mit blitzendem Triumph in den Augen, denn sein Gegner hatte sich als erster abgewandt. Es war nicht wichtig, was jetzt geschehen würde, wichtig war nur, dass er in dieser Auseinandersetzung den Sieg davongetragen hatte.
 

Ja, er hat mich bestrafen lassen...
 

Und danach muss er es wohl bedauert haben, denn er hat mir Ringelblumensalbe für meinen Rücken gesandt.
 

Aber ich war natürlich viel zu stolz, um sie zu verwenden.
 

Er blinzelte, als könne er damit diese seltsamen Bilder und Gefühle aus seinem Geist verbannen, aber natürlich verschwanden diese nicht, auch wenn die Kinder selbst plötzlich nicht mehr da waren. Er war jetzt wieder allein an diesem seltsamen Ort, umgeben von den Überresten einer Vergangenheit, die er nicht mit gutem Gewissen als seine eigene bezeichnen konnte.
 

Alles war wieder still, bis auf das Knattern von Papyrus.
 

Es war zu diesem Zeitpunkt, als ihm klar wurde, dass das Knattern unmöglich von Papyrus stammen konnte. Das Geräusch war viel zu regelmäßig, so harmonisch wie der sanfte Schlag eines Musikinstrumentes. Es war nicht der Rhythmus, der sich veränderte, sondern nur die Lautstärke. Und das tat sie deshalb, weil das Geräusch nicht an einem Ort blieb, sondern im Zimmer umherwanderte.
 

Als es direkt über seinem Kopf zu sein schien, blickte er nach oben und sah eine seltsame Kreatur über sich schweben. Ein winziges Geschöpf, das aussah wie eine Mischung aus einem Vogel und einem Mädchen flatterte auf winzigen Flügeln und blickte ihn dabei aus leuchtenden Knopfaugen an. Den Kopf hielt sie zur Seite geneigt, so wie Vögel es häufig tun, wenn sie etwas eingehend betrachten.
 

“Ich heiße jeden Suchenden in diesen heiligen Hallen des Wissens willkommen,“ begrüßte sie ihn mit zwitschernder Stimme. “Ich bin Nebt-Meket, Dienerin des mächtigen Thoth und die Hüterin des zweiten Tores von Duat, der Unterwelt. Wie kann ich Euch zu Diensten sein?“
 

“Wie wär’s mit ’ner Fliegenklatsche?“ fauchte er zurück.
 

* * *
 

Irgendeine innere Stimme warnte ihn davor so respektlos zu sein, aber er hörte niemals auf innere Stimmen und wollte auch nicht weiter darüber nachdenken. Nein, all diese selbsternannten Götter und Göttinnen würden keinen Respekt von ihm erhalten. Respekt musste man sich erst verdienen. Den bekam man nicht einfach, weil man einen Nilpferdkopf auf den Schultern herumtrug und erst recht nicht, weil man wie wild in einer Bibliothek herumflatterte.
 

Er selbst hatte auch um jedes bisschen Respekt kämpfen müssen. Die anderen Jungen im Tempel stammten alle aus reichen und vornehmen Familien. Er dagegen hatte nicht einmal eine Familie. Er hatte nur seinen wachen Geist und seinen brennenden Ergeiz, auf die er sich verlassen konnte und das tat er auch. Wie oft hatte er alle anderen damit geschlagen...
 

Nein, zum allerletzten Mal, dies waren nicht seine Erinnerungen. Und trotzdem waren sie im Moment die einzigen Hinweise, mit denen er arbeiten konnte.
 

“Es ist mit Sicherheit nicht das Wissen, welches Eurer Seele fehlt.“ Das winzige Geschöpf schwirrte um seinen Kopf herum und landete schließlich auf einer Steintafel. “Eurer Seele fehlt die Weisheit. Ihr seid stur, arrogant, ungeduldig und werdet schnell wütend. Das sind alles Eigenschaften von Menschen, denen es an Weisheit mangelt.”
 

“Falsch,“ unterbrach er sie. “Was mir fehlt, ist Wissen, das Wissen darüber, wer ich bin und wie ich hierher gekommen bin. Aber ich wette, diese Informationen stehe deinen ach-so-heiligen Hallen des Wissens nicht zur Verfügung, nicht wahr? Solltest du also rein zufällig einen Teil meines Herzens besitzen, den ich durch irgendeine lächerliche Aufgabe zurückbekommen muss, dann RAUS DAMIT!“
 

“Ja, das auch.“ Schnell wie ein Lichtstrahl huschte sie wieder los und schwebte plötzlich vor seinem Gesicht. “Eurer Seele fehlt ein Herz.“
 

“Aber denkt doch darüber nach,“ zwitscherte sie in sein linkes Ohr, “was nützt Euch denn ein Herz ohne Weisheit? Natürlich müsst Ihr es irgendwann wieder zusammenbauen. Aber wenn ich Ihr wäre, dann würde ich meine Reise hier mal unterbrechen und die Gelegenheit wahrnehmen, mich zu...“
 

“Aber da ich nun mal kein nervtötender surrender kleiner Federball bin, werd’ ich nichts dergleichen tun,“ unterbrach er sie ein weiteres Mal. “Hast du nun ein Stück meines Herzens oder nicht?“
 

“Nein, ein Stück Eures Herzens habe ich genaugenommen nicht...“
 

“Dann verschwinde und hör’ auf, mich zu nerven!”
 

“Ich habe nämlich zwei Stücke.“ Während sie im Kreis um einen Korb herumflog, öffnete sie eine ihrer Krallen, um ihm einen Blick auf eine Art Kristallstück zu gewähren, welches sie mit sich trug. “Nun, eine einzige Aufgabe kann niemals genug sein, um Euch all die Eigenschaften zu lehren, die Euch noch fehlen, aber auch ich bin an die Worte meines Meisters Thoth gebunden, die er vor so undenkbar langer Zeit niederschrieb. Solltet Ihr also meine Prüfung bestehen, so werde ich Euch die Bruchstücke überlassen und Euch zu meinem Tor bringen. Solltet Ihr jedoch versagen, müsst Ihr hier bleiben und die Weisheit studieren. Das ist meine einzige Bedingung.“
 

“Einverstanden.“ Einen Moment lang fragte er sich, was die Nilpferdfrau getan hätte, wenn er bei ihrer Prüfung versagt hätte. Vermutlich etwas noch viel Unangenehmeres als langweilige Lektionen über die Weisheit. Aber er hatte nicht versagt und er würde es auch diesmal nicht tun.
 

“Folgt mir,“ sagte das Vogelmädchen und sie flatterte hinüber zu dem Teppich auf welchem der kleine Set gesessen und seine Schriftrolle gelesen hatte. Die Rolle lag immer noch da, ausgebreitet auf dem dunklen Stoff, also versuchte das Mädchen sie wegzuziehen, um Platz zu schaffen. Leicht amüsiert sah er dabei zu, wie sie mit ihren winzigen Krallen an dem schweren Papyrus herumzerrte. Sie warf einen ärgerlichen Blick in seine Richtung, als ihr offenbar klar wurde, dass er nicht die allergeringste Absicht hatte, ihr zu helfen. Obwohl es für ihn nur einen Handgriff bedeutet hätte.
 

Schließlich gab sie ihre erfolglosen Bemühungen, an der Rolle zu ziehen auf, und kam stattdessen auf die Idee, sie vom Teppich zu rollen. Diese Methode funktionierte dann auch, aber es war immer noch eine mühevolle Arbeit. Er konnte die winzigen Schweißtropfen auf ihrer Stirn sehen, als sie sich schließlich erschöpft auf den Teppich sinken ließ.
 

Er konnte ein Grinsen nicht unterdrücken. Für die nächsten Minuten würde sie viel zu müde sein, um ihn mit ihrem Geflatter zu nerven.
 

Die Torhüterin erhob ihre Flügel und ließ einen schrillen Schrei ertönen. Plötzlich erschien ein Bündel hölzerner Stöckchen zwischen ihren Krallen. Sollte das ein Zauber gewesen sein? Und falls ja, warum hatte sie dann keine Magie benutzt, um diese blöde Schriftrolle vom Teppich wegzukriegen?
 

Aber es war ziemlich sinnlos, sich darüber den Kopf zu zerbrechen, warum diese Wesen überhaupt irgendetwas taten, also gab er es auf und harrte der Dinge, die sie als Nächstes tun würde.
 

“Nun, ihr wisst bereits, dass Ihr hier seid, weil ein Teil Eurer Seele zerstört wurde,“ begann sie. “Ich werde jetzt diese Stäbe dazu verwenden, um damit ein Diagramm Eurer Seele zu legen. Mein Meister Thoth liebt Diagramme über alles, Ihr solltet mal das Diagramm sehen, welches er für die Tabula Smaragdina gezeichnet hat – einfach nur atemberaubend. Na ja, vielleicht ein andermal.“
 

Sie legte vier Stäbchen zu einem Quadrat zusammen. “Das erste Quadrat repräsentiert Euren Ba.“
 

Einen winzigen Moment lang klang ihm das Wort völlig unbekannt, doch dann erinnerte er sich wieder daran, was es bedeutete. Der Ba. war der Teil der Seele, die einen Menschen zum Individuum machte. Er enthielt die Gedanken und Ideen, sowie den größten Teil der Persönlichkeit. Der Ba wurde normalerweise als menschlicher Kopf auf einem Vogelkörper dargestellt, genaugenommen sah die kleine Torhüterin selbst so aus, als könne sie ein Ba sein. Als sie das vierte Stöckchen niederlegte, glommen die Hölzchen für einen Moment lang auf und das blasse Bild eines Adlers erschien zwischen ihnen. Der menschliche Kopf auf dem Adler war sein eigener, und so war er froh, als das Bild verschwand und er sich nicht mehr selbst in die Augen blicken musste.
 

Sie legte vier weitere Stäbchen zu einem Quadrat zusammen. “Das zweite Quadrat repräsentiert Euren Ka.“
 

Das Bild eines weißen Drachens erschien auf dem Quadrat und er starrte es an, gebannt von solcher Schönheit. Der Ka war die göttliche Lebenskraft in der menschlichen Seele, eine Art Wächtergeist, der über einen Menschen wachte und ihn beschützte. Aber verschiedene Ka konnten auch in Bäumen, Flüssen oder Seen leben und ein wütender Ka, der in eine Seele hineinfuhr, konnte diese dazu bringen, zu... aber das konnte doch so nicht stimmen! Sein eigener Ka war doch Duos und nicht der weiße Drache. Der Drache war der seltsame Ka, der über seinem Dorf erschienen war, als die Sklavenhalter es niedergebrannt hatten. Der Drache hatte ihn damals gerettet. Was hatte das zu bedeuten?
 

Sie legte vier weitere Stäbchen zu einem Quadrat zusammen. “Das dritte Quadrat repräsentiert Euren Ren.“
 

Der Ren war der wahre Name einer Person. Solange der eigene Name nicht vergessen wurde, konnte man existieren. Deshalb war es wichtig, seinen Namen in Stein zu meißeln oder ihn auf eine Shenu zu schreiben, eine Kartusche, die man um den Hals tragen konnte. Als die vier Stöckchen zu leuchten begannen, konnte er einen Augenblick lang die Hieroglyphen sehen, die man benötigte, um seinen Namen zu schreiben, aber dann wandelten sie sich plötzlich von Hieroglyphen zu einer anderen Schrift.. dies waren Kanji. In Kanji wurde sein Name ein wenig anders geschrieben, es war jetzt Seto, anstelle von Set, aber trotzdem immer noch derselbe Name. Plötzlich erinnerte er sich daran, dass er wohl auch einen Nachnamen haben musste, aber dieser konnte kein Teil seiner Seele mehr sein, da er eines Tages beschlossen hatte, ihn zu vergessen. Aus irgendeinem Grund, den er nicht kannte, hatte er den Nachnahmen mit dem er geboren worden war, vollständig aus seinem Leben gestrichen.
 

Sie legte vier weitere Stäbchen zu einem Quadrat zusammen. “Das vierte Quadrat repräsentiert Euren Sheut.“
 

Er konnte sehen, wie sich für wenige Sekunden ein Schatten auf dem Quadrat manifestierte, eine schattenhafte Silhouette seiner selbst. Der Sheut war der Schatten, er folgte jedem Lebewesen, wohin auch immer es ging, klebte daran wie eine Geistversion von etwas Lebendigem. Kein Mensch konnte ohne seinen Schatten existieren, wohl aber der Schatten ohne den Menschen...
 

“Jetzt habe ich leider keine Stäbchen mehr übrig,“ sagte sie. “Aber Eure Seele ist immer noch unvollständig.“
 

“Nun, wir haben ja schon festgestellt, dass ich kein Herz mehr besitze,“ gab er zur Antwort. Er fühlte sich müde, so unglaublich müde. “Oder kein Ib, wie du’s wahrscheinlich nennen würdest. Ohne Ib sollte ich nicht mehr in der Lage sein zwischen Gut und Böse zu unterscheiden, was mir eine wunderbare Entschuldigung dafür liefern würde, dich einfach zu packen und dich in meiner Faust zu zerquetschen. Ohne Herz sollte ich aber nicht mehr in der Lage sein, etwas zu fühlen, das bedeutet, dass ich gar nicht erst das Bedürfnis verspüren sollte, dich zu packen und in meiner Faust zu zerquetschen. Dieses Bedürfnis verspüre ich aber, was mir wieder einmal beweist, dass das alles hier vollkommen, absolut, ganz und gar SINNLOS IST!“
 

“Eure Aufgabe ist es, Eure Seele zu reparieren,“ erklärte sie völlig unbeeindruckt von seinem Ausbruch, “aber für den Moment genügt es mir, wenn Ihr erst einmal das Diagramm repariert. Fügt ein fünftes Quadrat hinzu, welches Euer Ib repräsentiert. Ich habe nur zwei Stückchen davon und deshalb dürft Ihr auch nur zwei der Stäbe bewegen.
 

“Hmm.“ Er beugte sich über das Diagramm. Es gab genau vier Quadrate, das erste und dritte davon lagen in der oberen Reihe und das zweite und viert in der unteren. Da sie sich nur an den Ecken berührten, bildeten sie eine Art Zickzackmuster.
 

Zwei Stäbchen hatte sie gesagt. Aber sobald er eines der Stäbchen bewegte, würde er sofort ein Quadrat zerstören. Das bedeutete, dass er genaugenommen nicht eines, sondern zwei neue Quadrate würde erschaffen müssen, um am Ende fünf zu haben. Und das Ganze mit nur zwei Stäbchen.
 

Nun, für ein Quadrat brauchte man natürlich vier Stäbchen, aber für zwei brauchte man keine acht, sondern nur sieben. Zwei nebeneinanderliegende Quadrate konnten sich schließlich auch eine Wand teilen. Der Platz zwischen dem ersten und dem dritten Quadrat war bereits mit drei Stäbchen umlegt, ebenso wie der Platz zwischen dem zweiten und dem vierten. Er brauchte also nur zwei Stäbchen, um aus ihnen vollständige Quadrate zu machen.
 

“Heureka.“ Er nahm zunächst das obere Stöckchen des dritten Quadrats, um die Lücke zwischen dem ersten und dritten Quadrat zu schließen und danach das rechte Stöckchen des dritten Quadrats, um die Lücke zwischen dem zweiten und vierten Quadrat zu schließen. Auf diese Weise hatte er das dritte Quadrat eliminiert, aber gleichzeitig zwei neue geschaffen. “Genaugenommen gibt es sogar zwei Lösungen,“ erklärte er, “ich hätte stattdessen auch das untere und das linke Stäbchen des zweiten Quadrats nehmen können.“
 

“Brillant!“ Die Torhüterin hüpfte auf und ab und plusterte dabei ihr Federkleid auf. “Seid Ihr sicher, dass ich Euch nicht zum Bleiben überreden kann?“ fragte sie mit großen glänzenden Augen.
 

“Zweihundertprozentig sicher,“ blaffte er sie an. “Und jetzt her mit den Stücken!“
 

“Diese Tür,“ sie trippelte an der Wand entlang und formte dadurch den Umriss einer Tür,“ führt Euch aus der Bibliothek in den Hof des Tempels. Dort werdet Ihr alles finden, was Ihr benötigt. Oh, und ein wichtiger Hinweis noch: Nur eine der drei Aussagen ist richtig. Die beiden anderen sind falsch.“
 

* * *
 

Von draußen hörte er Stimmen, als er durch die Tür in der Wand trat, die so unschuldig wirkte, als wäre sie schon immer dort gewesen. Er erinnerte sich sogar daran, dass er sie nicht zum ersten Mal benutzte. Oder besser gesagt, der kleine Set hatte sie benutzt, während er Schüler dieses Tempels gewesen war. Draußen im Hof hatten sie schließlich auch Unterricht gehabt, ganz besonders, was die Kampfkunst anging. Damals hatte es einen Jungen gegeben, Ramses mit Namen, der es sogar geschafft hatte, Set ein paar Mal zu besiegen. Er war schnell und stark und führte sein Khopesh wie einen tödlichen Blitz.
 

Der einzige andere Schüler, den er als seinen Rivalen ansah, war Mahaad. Als enger Freund des Prinzen wurde Mahaad mit diesem gemeinsam im Palast unterrichtet, doch er kam häufig zum Tempel, um dort die Bibliothek zu benutzen oder besondere Aufträge für die Priester zu erledigen. Er war besonders geübt in der Kunst der Magie und hatte einen unglaublich mächtigen Ka, den Magier der Illusionen.
 

Nach einem weiteren Schritt nach draußen konnte er sie alle drei sehen. Ramses hatte bereits sein Khopesh gezogen und war in Kampfposition gegangen. Mahaad sprach mit leiser, eindringlicher Stimme auf etwas oder jemanden ein, das oder den er von seiner Position aus nicht sehen konnte. Set stand ein wenig abseits, er hatte offenbar noch keine Entscheidung getroffen, wie er am besten vorgehen würde.
 

Auf einem Balkon über dem Hof stand eine Gruppe Priester und observierte die ganze Situation. Sie sprachen leise miteinander und beobachteten die drei Schüler genau.
 

Gegenüber der drei Jungen stand ein Pferd.
 

Unruhig trabte das Tier hin und her und scharrte mit seinen Hufen herum. Seine Augen waren vor Angst weit hervor getreten, seine Ohren nach hinten gewandt, und Schaum bedeckte sein offenes Maul, als es ein angstvolles Wiehern ertönen ließ. “Steckt endlich Euer Schwert weg, Ramses,“ tadelte Mahaad, “es besteht kein Grund, diesem armen Geschöpf etwas zuleide zu tun.“
 

“Ihr habt kein Recht, mich herumzukommandieren,“ fing Ramses an, doch ein weiteres Geräusch unterbrach den beginnenden Streit. Die goldene Dia-Diankh an Set’s Arm hatte sich plötzlich geöffnet. “Diaha! Erscheine, Duos!“
 

“Set hat recht, es muss ein böser Ka sein! Er ist es, der die Stute verrückt macht.“ Die goldenen Plättchen von Mahaad’s Dia-Diankh fächerten sich ebenfalls auf. “Diaha! Ich beschwöre dich, mein Magier der Illusionen!“
 

“Diaha! Ich rufe dich, Engelsritter Perseus!“ Hastig steckte Ramses sein Schwert weg und setzte seine Dia-Diankh in Kampfposition.
 

Eine blaue Flamme brach mit solcher Wucht aus Set’s Brust hervor, dass dieser beinahe zurückstolperte. Duos war ein mächtiger Krieger, seine leuchtenden Flügel reflektierten das Sonnenlicht, und die Rüstung, welche seinen Körper bedeckte, funkelte wie blauer Kristall. Der Auftritt des Magiers war weniger spektakulär, dafür geheimnisvoller. Er trat hinter Mahaad hervor, umweht von seinen schattenhaften violetten Roben. Im nächsten Moment wurde jedoch alle mit Federn bedeckt, als der Engel Perseus in einem strahlenden weißen Licht erschien, welches Ramses umgab.
 

Das Pferd machte noch einen weiteren Schritt und sank dann bewusstlos zu Boden, umgeben von einer seltsamen Aura aus rotem und grünem Nebel.
 

“Jetzt gibt’s Ärger,“ rief Ramses.
 

Eine Kreatur galoppierte auf die drei Jungen zu. Ihr Unterleib sah haargenau so aus wie das Pferd, von dem sie noch vor wenigen Minuten Besitz ergriffen hatte, vier stampfende Hufe und ein langer Schweif, welcher aggressiv durch die Luft peitschte. Aber der Oberkörper des Ka war der eines Mannes mit wilden feurigen Augen. Er schwang seine Sense nach Set, den er im vollen Galopp als ersten erreichte, aber Set gelang es, sich unter dem Schlag hinwegzuducken. Duos sprang sofort dazwischen und blockte die nächste Attacke mit seinem Schwert.
 

“Aura Schwert!“ befahl Set. Der Zentaur sprang zur Seite, als der Angriff kam und rannte als nächstes auf den Magier los, welcher damit begonnen hatte, einen Zauber zu murmeln.
 

“Schützt mich,“ bat Mahaad die anderen. “Ich brauche nur ein paar Minuten.“
 

“Nein,“ protestierte Ramses, und Set fügte hinzu: “Jeder kämpft für sich. Es kann nur einen Sieger geben.“
 

“Ihr seid Narren, alle beide.“ Mahaad konnte nur schweigend den Kopf schütteln, als der Zentaur versuchte, den Magier zu packen. Der Magier verschwand, um sich nur wenige Sekunden später an anderer Stelle zu materialisieren, aber sein Zauber war natürlich unterbrochen worden.
 

Engelsritter Perseus trat nach vorne und griff den Zentaur an. Während ihre Waffen wieder und wieder aufeinander klirrten, wurde Ramses so vom Kampfesfieber mitgerissen, dass er die Bewegungen seines Ka imitierte. “Schnapp ihn dir, Perseus, ich weiß, du kannst es schaffen!“
 

“Nein, kann er nicht,“ spottete Set. “Ihm werden ja schon die Arme lahm.“
 

“Kann er doch.“ Ramses presste beide Hände gegen die Brust. “Ich werde ihn mit der Macht meines Ba unterstützen.”
 

“Nehmt nicht zu viel davon, es könnte gefährlich werden,“ warnte Mahaad, aber Ramses schien ihn nicht einmal zu hören. Goldenes Licht strömte aus seiner Brust, wurde durch die Plättchen der Dia-Diankh gebündelt und erfüllte Perseus mit neuer Kraft. Einen Augenblicke lang schien es tatsächlich zu wirken, Perseus gewann an Stärke dazu und trieb den Zentauren zurück. Aber nach einem besonders heftigen Schlag der Sense brach Perseus in die Knie und Ramses ebenfalls.
 

“Hört auf, Ramses, hört auf! Es reißt Euch sonst die Seele heraus!“ Mahaad lief zu dem anderen Jungen hinüber und hielt ihn fest, während der Magier einen Schild aufbaute, um sie beide zu schützen. “Atmet. Ganz tief durchatmen. Zieht Eure Kraft langsam zurück. Es hilft, wenn Ihr an Wasser denkt, welches im Boden versickert. Zieht sie Tropfen für Tropfen zurück, ja ganz genau so. Es kommt alles wieder in Ordnung.“
 

“Es wird langsam Zeit, dass ich es zu Ende bringe!“ Set hob seine Dia-Diankh. “Ich beschwöre Minotaurus aus dem Tempel der Weiju.”
 

“Zwei Ka gleichzeitig? Ich hoffe der Kerl weiß, was er tut,“ murmelte Ramses als sich ein heller Lichtstrahl über den Himmel zog. Minotaurus manifestierte sich neben Duos und nun begannen beide Kreaturen, den Zentaur gleichzeitig anzugreifen.
 

“Ich kenne deinen Namen.“ Nicht einen Augenblick lang wandte Set seine Augen vom Kampfgeschehen ab. “Du bist Kentaurus.“
 

Die Waffe des Zentaurs fiel klirrend zu Boden. Er drehte sich von Duos und Minotaurus weg und wandte sich stattdessen Set zu.
 

“Ja, das ist richtig, ich habe dich beim Namen gerufen,“ schrie Set. “Gehorche mir, Kentaurus! Komm zu deinem Meister!“
 

Kentaurus kämpfte dagegen an. Er machte einen Schritt in Set’s Richtung, aber dann bäumte er sich plötzlich auf seinen Hinterbeinen auf und ließ ein wildes Wiehern ertönen. Minotaurus hob wieder seine Kampfaxt, aber Set befahl ihm, nicht anzugreifen, während Kentaurus immer noch mit sich rang. Duos stand auf der anderen Seite und sah dem Kampf zu, griff aber nicht ein.
 

Plötzlich gab Kentaurus einen schrillen Kampfschrei von sich und schwang seine Sense nach Minotaurus, der die Attacke mit der Axt abwehrte. Aber dann geschah etwas Seltsames. Anstatt ihren Kampf fortzuführen, standen beide Ka Geister reglos da, als könnten sie sich nicht voneinander lösen. Eine schimmernde Lichtaura hüllte sie beide ein, ein Licht so grell, dass alle Anwesenden geblendet die Augen schließen mussten.
 

Als das Licht verblasste, waren beide Ka verschwunden. An ihrer Stelle stand ein dritter Ka mit dem Unterleib eines Pferdes und dem Oberkörper des Minotaurus. Er war größer als die beiden anderen und auch seine Rüstung war mächtiger, sie glänzte rot und blau über seinen Muskeln und aus den Nasenlöchern seines Stierkopfes trat schwarzer Rauch aus. Sogar die beiden Waffen waren miteinander verschmolzen, der neue Ka trug eine Mischung aus Axt und Sense.
 

“Minokentaurus.“ Set sprach den Namen so kalt und gleichmütig aus, als würde er kein gewaltiges Monster bezeichnen, das grollend auf ihn zustampfte. “Auf die Knie, Minokentaurus! Gehorche meinem Befehl!“
 

Die Kreatur stand jetzt direkt vor ihm, sie überragte ihn um beinahe das Doppelte. Schnaubend blickte sie auf ihn hinunter und ihre Augen flackerten.
 

Und dann sank das gewaltige Geschöpf zu Boden. Einer der Priester, die auf dem Balkon standen, verwendete einen Energiestrahl aus seiner eigenen Dia-Diankh, um die beiden Ka wieder zu teilen und in Steintafeln zu verbannen.
 

Set stieß einen leisen Seufzer der Erleichterung aus und fühlte, wie Triumph in sein Herz strömte. Wieder einmal hatte er einen Kampf gewonnen. Er war derjenige gewesen, der den neuen Ka letztendlich besiegt hatte, und so würde er auch die Kontrolle über ihn bekommen. Kentaurus’ Steintafel würde neben der von Minotaurus im Weiju Tempel stehen, in seinem Tempel. Er gebot jetzt über zwei mächtige Ka Geister neben seinem eigenen und die beiden konnten sogar fusionieren. Es war wirklich unglaublich. Er hatte sein Wort gehalten, das er damals seiner Mutter gegeben hatte, er war wirklich der beste Schüler im Tempel geworden. Keiner konnte ihn schlagen.
 

“Was für ein Kampf.“ Mit Mahaad’s Hilfe schaffte es Ramses, wieder auf die Beine zu kommen, wenn er auch noch ziemlich wackelig dastand. “Ich schulde Euch was, Mahaad.“
 

“Ihr müsst mir nicht danken.“ Mahaad lächelte. “Geht’s wieder? Dann werde ich jetzt mal die Stute in die Stallungen bringen. Nach dem Schrecken könnte sie etwas Ruhe vertragen.”
 

“Wir sollten ihr auch etwas zu fressen und vor allen Dingen Wasser geben. Und merkt Ihr, wie verschwitzt sie ist? Wenn wir sie mit Stroh abreiben, dann erkältet sie sich nicht.“
 

“Ihr kennt Euch mit Pferden aus?“
 

“Mann, ich hab’ Reiten gelernt, bevor ich laufen konnte. Wir sollten mal ausreiten, wie wär’s morgen nach dem Unterricht?“
 

“Klingt gut, Ramses. Ich will ja nicht angeben, aber ich selbst bin auch kein so schlechter Reiter.“
 

“Oh, wir werden sehen, wie gut Ihr seid, wenn ich Euch rund um den Palast jage...“
 

Set blickte ihnen beiden hinterher und konnte nicht verstehen, warum sich sein Sieg plötzlich nicht mehr wie ein Sieg anfühlte. Es schien, als hätten Mahaad und Ramses heute etwas anderes gewonnen. Etwas, das mehr wert war, als alle Siege dieser Welt.
 

Was für ein Blödsinn. Er schob diese seltsamen Gedanken von sich weg. Die beiden suchten sich nur etwas zu tun, damit sie nicht die ganze Zeit über ihre Niederlage nachgrübeln mussten. Sie waren Verlierer, alle beide. Sie waren es nicht wert, dass er seine Zeit mit ihnen verschwendete.
 

Ich tue es schon wieder.
 

Ich lasse mich von diesen seltsamen Visionen einfangen.
 

Einer der Priester, die auf dem Balkon standen, blickte ihm mitten in die Augen. Nicht die Augen des kleinen Set – nein, der Priester blickte tatsächlich ihn an. Es war einfach nur lächerlich, die Leute in den Visionen konnten ihn doch überhaupt nicht sehen. Sie verhielten sich einfach so, wie sie sich damals eben verhalten hatten. Sie konnten doch gar nicht wissen, dass er überhaupt existierte, aber...
 

Der Priester blickte ihn immer noch an.
 

Aber schon im nächsten Moment war er sich sicher, dass er sich das nur einbildete, denn alle Priester wandten ihre Aufmerksamkeit Set zu, um ihm zu seinem Sieg zu gratulieren. Er konnte nicht verstehen, was sie sagten, aber er verspürte auch nicht wirklich das Bedürfnis näher zu treten, um es herauszufinden. Einige Minuten später verblasste die Vision und er fand sich allein in einem leeren Hof wieder.
 

Alles war wie vorher, bis auf die beiden Karten, die Seite an Seite vor ihm im Staub lagen. Er hob die erste davon auf und las:
 

------------------------------------------
 

MINOTAURUS

(Minotaur)

Kampfochse
 

* * * * Erde (Chi )
 

[Ungeheuer-Krieger]
 

Ein Monster mit ungeahnten

Kräften; es zerstört Feinde mit

einem Axthieb...
 

[ATK/1700] [DEF/1000]
 

--------------------------------------------
 

Dann wandte er sich um, und hob auch die zweite Karte auf. Er war nicht überrascht, als er las:
 

------------------------------------------
 

KENTAURUS

(Zentaur)

Mystischer Reiter
 

* * * * Erde (Chi )
 

[Ungeheuer]
 

Halb Mensch, halb Pferd –

dieses Monster ist berühmt

für seine große Schnelligkeit.
 

[ATK/1300] [DEF/1550]
 

--------------------------------------------
 

Zwei Stücke seines Herzens, das bedeutete zwei neue Karten für sein Deck. Allmählich wurde seine Brusttasche ziemlich voll, bald würde er sich eine neue Transportmöglichkeit überlegen müssen, wenn er keine geknickten oder abgewetzten Ecken haben wollte. Warum konnte es in dieser Welt nicht auch Schutzhüllen geben? Das würde jede Menge Schwierigkeiten ersparen.
 

Damals in den alten Zeiten hatte die Tür am Ende des Hofes nur in die Halle geführt, in der die Priester, Novizen und Schüler ihre Malzeiten zu sich nahmen. Aber aus irgendeinem Grund war er sich sicher, das diese Tür und keine andere den Ausgang darstellte. Sie sah aus wie eine ganz normale Holztür, bis auf die beiden einfachen Zeichnungen, die sie schmückten. Ein Zentaur und ein Minotaur und unter den beiden Bildern waren kleine Einbuchtungen für die Karten zu sehen.
 

Gab es diesmal gar kein Rätsel? Es erschien beinahe zu einfach. Irgendeinen Haken musste es geben.
 

Und den gab es auch. Kaum hatte er die Karten an ihren jeweiligen Platz gelegt, erschien ein drittes Bild auf der Tür. Es war der Minokentaurus, das Fusionsmonster aus den beiden anderen. Auch seine Karte musste also in die Tür eingesetzt werden. Aber im Moment befand sie sich gar nicht in seinem Besitz.
 

Er sah sich um. Vielleicht lag die dritte Karte auch irgendwo am Boden und war nur unter dem Sand verborgen.
 

Und dann erblickte er die drei Truhen. Alle hatten sie verschiedene Farben und auf jeder von ihnen stand eine Aussage.
 


 

Orangefarbene Truhe

Minokentaurus befindet sich in dieser Truhe.
 

Violette Truhe

Minokentaurus befindet sich nicht in dieser Truhe.
 

Gelbe Truhe

Minokentaurus befindet sich nicht in der orangefarbenen Truhe
 


 

Tsuzuku (…to be continued)
 


 

* * *
 

Author’s Note: So jetzt bin ich gespannt, ob jemand rausfindet in welcher Truhe Minokentaurus versteckt ist. Seid ihr klüger als Seto? *ggg*
 

Review Antworten:
 

@Lace Kyoko (ffnet): Your answer is the right one *cheers*
 

@ Barrie 18 (ffnet): Your answer is correct as well. As for Set & Atum, or Seto & Yami, I can’t give you much of an answer yet. But we’ll see how much of the story takes place in Ancient Egypt and how much of it in modern times.
 

@Selena (ffnet): Sagen wir mal so, in gewisser Weise hatten Kaiba und Yami ihre erste Begegnung schon in diesem Kapitel. Falls du aber eine Begegnung in moderner Zeit meinst, da wird es wirklich noch etwas dauern. Was nun die ägyptischen Erinnerungen angeht, so hat Kaiba sie ja in der Serie nicht, auch dafür wird es einen Grund geben. Auch die modernen Erinnerungen werden natürlich noch eine Rolle spielen.
 

@Tawariell: (ffnet) Yep, that answer is correct.
 

@FrankDark: (eTCG): Das Problem mit der Spannung ist, dass jeder, der die Serie kennt, auch irgendwo weiß wie die Geschichte endet. Ich hoffe aber trotzdem, dass es in den nächsten Folgen spannender wird, da ich einige Plots habe, die so in der Serie nicht vorkgekommen sind. Wichtig ist ja nur, dass es alles am Ende wieder zusammenpasst. :-)



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Kommentare zu diesem Kapitel (4)

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Bitte keine Beleidigungen oder Flames! Falls Ihr Kritik habt, formuliert sie bitte konstruktiv.
Von:  Saint
2010-05-08T18:48:43+00:00 08.05.2010 20:48
Hi

das Kapi ist richtig super geworden, bin gesoannt wie es weiter geht.
Von:  Jien
2009-12-21T18:22:05+00:00 21.12.2009 19:22
Warum zum Henker gibt es zu dieser FF nur 5 Kommentare bisher???
Eine der besten Sachen, die ich im Yugioh-Fandom seit langem gelesen habe (und weiterlesen möchte!!!) - Respekt!
*__*
Von:  -Fynnian
2009-11-27T12:07:58+00:00 27.11.2009 13:07
Hm...
Ich glaube, die Karte liegt in der violetten Truhe.


Aber warum klüger als Seto?
Weiß er es denn nicht?


Das Kapitel war total spannend*_*
*würde jetzt am liebsten selber studieren gehen*
XDDD
Das mit der Schwester gefällt mir allerdings auch nicht.
*suspicous*
Von:  Kassia
2009-11-25T11:03:39+00:00 25.11.2009 12:03
Ich bin kein Fan davon, dass du Atemu eine Schwester angedichtet hast, aber na ja, mal abwarten, wohin das führt.
Ansonsten fand ich das Kapitel sehr gut. Die Weisheit hätte Seto wirklich gut gebrauchen können, auch wenn er anderer Meinung war. Bei dem Priester, der Seto so angestarrt hat, könnte es sich um Aknadin handeln. Zumindest wäre das meine Vermutung. Ansonsten lasse ich mich mal überraschen, was als nächstes kommt.


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