Zum Inhalt der Seite

Pokémon Pink - Shadows from Beyond

Pokémon Creepypasta - Winterwichteln
von

.
.
.
.
.
.
.
.
.
.

Seite 1 / 1   Schriftgröße:   [xx]   [xx]   [xx]

Shadows from Beyond

Mit einem dumpfen Flump landete der abgewetzte alte Rucksack in einer Ecke neben der Zimmertür, die sperrangelweit offen stand. Robert stürmte in den Raum, kam vor einem Schubladenschrank schlitternd auf die Knie.

„Hier war doch irgendwo“, murmelte er, während er Schublade um Schublade aufriss, durch den Krempel wühlte, den er teilweise seit Jahren nicht mehr angefasst hatte – altes Spielzeug, ausgediente Kopfhörer, ein Berg Pokémon-Sammelkarten, Sammelfiguren und Schlüsselanhänger, Videospiele, aus denen er herausgewachsen war. Und da, endlich!

Sein alter Gameboy Color. Ein klobiges Teil in dunklem Blau, auf das mit wasserfestem und langsam doch verblassendem Edding sein Name in ungelenker Erstklässlerschrift geschrieben stand. Andächtig strich Robert über die großen Lettern, doch mehr Zeit für Nostalgie nahm er sich nicht, ehe er das mit Klebeband befestigte Batteriefach checkte – keine Batterien. Natürlich. Damit hatte er gerechnet. Schnell holte er die Batterien hervor, die er in der Jackentasche hatte. Frisch gekauft auf dem Heimweg, weil er schon gewusst hatte, was ihn in dem Päckchen aus Japan erwarten würde.

Aufgeregt wie er war, brauchte er drei Versuche, bis die Batterien hielten. Schnell betätigte er den Power-Schalter.

Nichts.

Noch einmal. Wieder nichts. Das rote Lämpchen flackerte nicht einmal auf.

Unglücklich stöhnend ließ er den alten Gameboy einfach fallen, sprang auf, warf sich auf seinen Schreibtischstuhl. Er stoppte das Wegrollen, ausgelöst durch den Schwung, mit seinen Füßen, während er sich hinabbeugte, um den Power-Knopf seines PCs zu betätigen. Mit einem leisen Piepen und dem zahmen, fast lautlosen Schnurren einer mehr als kostspieligen Anschaffung fuhr das Gerät schnell genug hoch, dass Robert sein Passwort schon eingeben konnte, als er sich gemütlich auf dem Stuhl aufgerichtet und gestreckt hatte.

Sein erstes Ziel war Amazon – einen alten Gameboy gefunden und per Express-Versand bestellt beschloss er, die Zeit zu nutzen, bis er endlich zocken konnte, um ein bisschen etwas über seine neue Errungenschaft, sein Geburtstagsgeschenk von seiner Schwester und ihrem japanischen Ehemann, herauszufinden.

 

Immerhin, er hatte noch nie von Pokémon Pink gehört.

 

 

Das Internet schien auch nichts davon gehört zu haben. Stundenlang suchte Robert durch Foren und Wikis, fand nichts, außer ein Haufen Hacks, die aber alle nicht das waren, was er hatte – eine rosafarbene Spielkassette mit einem Etikett in japanischer Sprache und statt Bisaflor, Pikachu, oder welchem Pokemon auch immer sonst darauf sein sollte, befand sich ein Piepi auf dem Etikett. Er fand Pummeluffs, und Mews, und viele andere Hacks, sogar Kinoso und andere neuere Pokémon, aber nie fand er das, was er wollte.

Er wollte gerade aufgeben, als er auf einem Forum, das schon seit Jahren nicht mehr aktiv war, schließlich endlich etwas fand, das weit vielversprechender klang – zwar fand er kein Bild, aber der Artikel sprach zumindest von einem Piepi. Interessiert beugte er sich vor, um den Text zu lesen.

 

So, okay – did anyone know there was supposed to be another version of Pokémon before we even got green and red in Japan? Apparently this first version should have featured Clefairy as the only starter Pokémon. Much like the yellow version, but instead of being kind of based on the Anime with Team Rocket and all it seems to be based on that one manga with the Clefairy as starter Pokémon. Don’t ask me what it’s called, I don’t know.

Well. Anyway, I was in Japan over my summer holidays, visiting a friend I met on the Internet a few years back. Now she has a friend who has a friend who has a friend – well, you get the point. This friend-of-a-friend-of-a-friend, she said, knew someone who had been working on the Pokémon franchise in the earliest years. As all of you know, production of the games started in 1990, right?

Well~ no. According to what my friend heard it started back in 1987 – three years earlier than the official dates. She couldn’t tell me very much about it, but apparently this first version of Pokémon has quite some changes compared to the later versions. The biggest being Clefairy the protagonist’s Pokémon. I did a little research but couldn’t find anything on it anywhere on the internet. Except for one thing:

Clefairy was originally going to be the official mascot of the Pokémon franchise, but due to the popularity of the anime Pikachu was used instead. It seems that actually in the original pilot episode of the anime Clefairy was intended to be Ash’s starting Pokémon. For some reason they changed it to Pikachu at last minute.

Honestly I don’t know what to make of it, but I’m actually very curious – does anyone know anything about all of this? Is there a Pokémon version starring Clefairy as the starter Pokémon? Can anyone confirm this rumor?

 

Ja, ich, dachte Robert sich, biss sich auf die Unterlippe. In seinen Fingern hielt er das Spiel, das seine Schwester ihm geschickt hatte. Er wollte es unbedingt  spielen! Für den Moment aber konnte er es nicht, also verlegte er sich darauf, weiter in dem Forum zu lesen. Die nächsten Einträge waren nur wilde Spekulationen, Spötteleien und eindeutiges Rumgetrolle. Seufzend ließ er irgendwann von dem PC ab, als seine Mutter zum Abendessen rief.

Und da warteten ja noch Hausaufgaben…

 

 

 
 

***
 

 

 

 

Der nächste Tag war eine reine Qual. Robert hatte Mühe, sich in der Schule zu konzentrieren. Immer wieder schielte er zur Uhr. Er wollte unbedingt spielen!  Als die Schulglocke endlich ertönte, war er schon raus aus dem Klassenraum, ehe der letzte Ton verklungen war, stürmte mit quietschenden Turnschuhen über das Linoleum des Flurs.

Immerhin hatte er Glück, dass er nicht weit von der Schule entfernt lebte.

 

Nach einem Sprint von Schule bis Zuhause war Robert außer Atem, als er ins Wohnzimmer stolperte, doch er machte nicht langsamer. Nicht, bis er nicht gefunden hatte, was er suchte: die hübsche kleine Holzkiste, in der seine Mutter die Post stapelte, wenn sie die vor ihrem mittäglichen Freundinnentreffen hereinholte. Schnell hatte er das kleine, unscheinbare Amazon-Päckchen herausgeholt. Mit einem Brot zwischen den Zähnen und dem Päckchen in der Hand stürmte er in sein Zimmer, warf sich auf seinen Schreibtischstuhl. Die Verpackung des Päckchens wurde abgerissen, aufgerissen, und bald hatte er einen – hoffentlich!!! – funktionsfähigen Game Boy Color in den Händen. Klobig und unförmig, wie er immer gewesen war, in einem nicht besonders hübschen, lilafarbenen Ton, doch die Farbe war nun seine letzte Sorge.

Hauptsache, das Gerät würde funktionieren. Atemlos öffnete er die Batterieabdeckung, legte die Batterien ein. Drehte den Gameboy um, fixierte das kleine Lämpchen an der rechten Seite des Bildschirms, und betätigte den Schalter.

 

Es funktionierte.

 

Robert stieß mit einem Jubelschrei den Atem aus, reckte die Faust in die Luft. Jetzt konnte es endlich losgehen!

Sein Brot war längst vergessen, als er das kleine, rosafarbene Spielmodul mit dem Piepi auf dem Etikett in den Gameboy steckte. Das vertraute Klicken, als die Kassette einrastete, ließ ihn aufgeregt erschaudern.

Der Startbildschirm unterschied sich nicht. Die üblichen Logos, Intros, und schließlich das Pokémon-Logo, der Trainer, und neben dem Trainer, beginnend mit dem Piepi vom Cover des Spiels eine wechselnde Folge von Pokémon. Natürlich. Wenn das wirklich nur ein Vorläufer von Rot und Blau war… Man sah es; die Sprites sahen nicht besonders formschön aus. Ziemlich so, wie Robert es noch von den Screenshots von Pokémon Grün kannte. Sein Herzschlag beschleunigte sich.

 

Das hier war echt.

 

Das Spiel startete in Alabastia, in dem kleinen Zimmer des Protagonisten, nachdem Robert ihm einen Namen aus japanischen Schriftzeichen gegeben hatte, von dem er hoffte, dass er genauso cool klang, wie er aussah – er hatte keine Ahnung von Japanisch. Das Zimmer sah aus wie immer. Die Mutter unten im Wohnbereich auch. Robert sah sich um, doch zuerst entdeckte er nicht viel Interessantes – bis ihm auffiel, dass Professor Eichs Labor fehlte.

„Eh?“

Ein Hack? Ein schlechter Scherz? Wohin sollte er denn nun, wenn nicht zum Labor..? In Ermangelung irgendeiner anderen Möglichkeit, nachdem ihm niemand in Alabastia helfen konnte – sie sprachen immerhin japanisch! –, machte er sich auf den Weg hinaus aus dem Dorf. Vielleicht würde Professor Eich trotzdem kommen und ihn aufhalten? Vielleicht war es ein Anzeigefehler. Ein Grafik-Bug.

Doch da kam kein Professor Eich. Stattdessen erschien nach vier Schritten hinaus ein wildes Pokémon. Roberts Magen krampfte. Er hatte doch gar nichts, um sich zu verteidigen! Das wilde Rattfratz schien irgendetwas zu tun; auf eine Textbox folgte eine Angriffsanimation, dann wurde der Bildschirm schwarz. Robert schluckte, irgendwo zwischen verwirrt und enttäuscht. Ein billiger, schlecht gemachter Hack? Mitten in dem schwarzen Bildschirm erschien eine Textbox. Ein Ton, der wie der Ruf eines Pokémon klang, ertönte, und als das Bild wieder zurückkehrte, war auf dem leeren Feld, auf dem normalerweise Roberts Pokémon stehen würde, ein Piepi erschienen.

 

„Wow… Das ist cool!“

 

Einfach so ein Pokémon, das ihm zugelaufen war! Das Rattfratz war kein Problem für Piepi Level 5, und schon ging es weiter. Noch auf dem Weg Richtung Vertania City fand Robert die nächste Neuerung: Mitten auf der Route befand sich Professor Eichs Labor! Natürlich stürzte Robert so schnell wie möglich hinein. Er sprach den Professor an, der wie üblich drei Pokébälle auf dem Tisch hatte.

Zwar konnte Robert das Gespräch nicht verstehen, aber wie gewohnt erschien auch der Rivale kurz darauf. Als es vorbei war, waren alle drei Starter noch an ihrem Platz, aber scheinbar hatte sowohl sein Rivale, als auch er selbst ein Pokémon bekommen. In Roberts Fall war es das Piepi.

Und sein Rivale?

Ein Evoli, zeigte der folgende Kampf, den Piepi mit Ach und Krach gewann.

 

Abgesehen von dem Piepi war das Spiel danach erst einmal fast enttäuschend normal. Er holte das Paket für Eich, gab es ab, bekam den Pokédex. Konnte Pokémon fangen, konnte an dem alten Mann im Norden von Vertania City vorbei, und schließlich kam er in den Vertaniawald. Wissend, dass es dort Pikachu gab, blieb er länger dort, in der Hoffnung eines zu finden.

Doch statt dem Pikachu lief ihm plötzlich ein Bisasam über den Weg. Ein Bisasam! Natürlich fing Robert es.

Im Laufe des Spieles stellte sich bald heraus, dass das nicht die einzige Änderung war, die das Auftauchen von Pokémon betraf: Er konnte suchen, wie er wollte, aber er fand einfach keine Piepi im Mondberg. Weil  er schon eines bekommen hatte, mutmaßte er. Dafür fand er Schiggy im hohen Gras über Azuria City, und Glumanda schließlich im Felstunnel.

 

Einzig auf die schrille Musik in Lavandia hätte er verzichten können. Er wusste, dass Rot und Grün noch ein anderes Theme gehabt hatten, er hatte es auch auf Youtube schon öfter angehört. Aber es beim Spielen zu hören, war seltsam beunruhigend.

 

Das Nächste, das ihm auffiel, während er in Lavandia war, war der Umstand, dass der Mew-Glitch nicht funktionierte. Das Spiel fror einfach ein, statt wie eigentlich erwartet ein Mew zu Tage zu fördern. Ein bisschen Recherche brachte sogar eine Antwort, warum – Mew wurde erst in letzter Minute noch in Rot und Grün implementiert.

Da diese Edition noch ein Vorläufer dieser Beiden war, ergab das sogar Sinn. Auch wenn es Robert frustrierte, dass er kein Mew bekommen sollte, er war erleichtert. Dieser Fakt bestärkte ihn unglaublich darin, dass er es wirklich mit einem echten Spiel aus dem Hause Gamefreak zu tun hatte!

 

Mit dem weiteren Verlauf des Spiels stellte sich wieder Normalität ein. Robert spielte in Rekordgeschwindigkeit bis zur Pokémon-Liga, in der Hoffnung, noch mehr kleine Änderungen zu finden, irgendeine Cut-Scene, die man später gestrichen hatte.

Nichts.

 

Zumindest, bis er die Pokémon-Liga geschafft hatte.

 

Als er das nächste Mal in Professor Eichs Labor war, um mit ihm zu sprechen, wollte der Professor kämpfen. Mit den drei Starter-Pokémon, die zu Beginn von Roberts Abenteuer in seinem Labor gewesen waren – beziehungsweise ihren Entwicklungen – und einem Tauros.

Irgendwie schaffte Robert es, den Professor zu besiegen.

Doch danach blieb nicht mehr viel zu tun. Er beschloss, den Pokédex zu vervollständigen, soweit er es eben konnte, ohne eine zweite Edition zum Tauschen zu haben. Dabei fand er sogar die kleinen Änderungen, die er sich gewünscht hatte: Die Safari-Zone beherbergte keine Kangama. Als er im Pokédex nach dem Fundort des Pokémon suchte, entdeckte er, dass Kangama von seinem Platz verschwunden war. Stattdessen befand es sich direkt hinter Knogga.

 

Das versuchshalber trainierte Knogga von Robert entwickelte sich auf Level 50.

 

Natürlich kannte er die Theorien. Von Tragosso und Kangama, davon, dass sie zur gleichen Entwicklungsreihe gehören könnten. Aber… wirklich? War das tatsächlich einmal vorgesehen gewesen? Es war faszinierend!

Leider beherbergte der Pokédex sonst keine Überraschungen mehr. Nur, dass Alpollo keine Entwicklung mehr hatte. Der Platz dahinter war bereits anderweitig gefüllt.

 

Und wo Robert so darüber nachdachte – er hatte im ganzen Spiel kein Gengar gesehen.

 

 

 
 

***
 

 

 

 

Nachdem Robert sich recht sicher war, dass er keine tollen Änderungen mehr übersehen hatte, lag die seltsame Pokémon-Edition eine ganze Weile nichtssagend in seiner Schreibtischschublade. Eine ausgiebige Internetsuche hatte erneut keine neuen Erkenntnisse gebracht. Noch ein, zwei Leute, die von der Edition gehört hatten, aber vor allem ein Haufen Hacks und Trolle.

Es war ein ganz kleiner, unauffälliger Kommentar eines nicht-angemeldeten Nutzers in einem Forum, der Robert dazu brachte, das Spiel noch einmal rauszuholen:

 

I actually played this a few months ago. Don’t. It’s not worth it. And whatever you do: Don’t let your Clefairy die.

 

Natürlich war Robert neugierig. Wieso sollte es ein Problem sein, Piepi besiegen zu lassen? Pokémon wurden besiegt! Das passierte ständig, es war nicht, als würde das Spiel daran zugrunde gehen, oder?

Na, vielleicht war dieser Person das Spiel gecrasht, und sie hatte die Ursache seltsam interpretiert. Achselzuckend beschloss Robert, herauszufinden, was das Problem war. Vielleicht war der Game-Over-Bildschirm einfach besonders hässlich. Er hatte ihn noch nicht gesehen. Wurde also Zeit, es zu testen.

 

Obwohl es keine Absicht war, brauchte er nicht einmal bis zum Vertaniawald, um zu erfahren, was los war. Im zweiten Kampf gegen seinen Rivalen – in Richtung Siegesstraße – ging Piepi an einem Volltreffer von dessen Habitak zugrunde.

Die Niederlage konnte er immerhin abwenden.

Taubsi machte sogar noch einen Level gut. Alles in allem ein erfolgreicher Kampf, und Robert rechnete nicht damit, dass irgendetwas passieren würde. Sicher war dieser Forennutzer einfach so früh schon besiegt worden, dass Piepi sein einziges Pokémon gewesen war, und das Spiel war eingefroren, weil irgendwas an der Programmierung nicht ganz passte.

 

Dass ein Entwicklungsbildschirm erschien, hätte er nicht gedacht.

 

Dass Piepi sich entwickelte, damit noch weniger.

 

Dass dabei die Musik von Lavandia ertönte, ließ ihn unwohl erschaudern.

 

 

Und dass ihm am Ende Gengar entgegengrinste, war absolut abstrus.

 

 

Ein jäher Luftzug ließ den Vorhang vor dem Fenster rascheln. Robert drückte abwesend gegen die Fensterscheibe, um das Fenster zuzudrücken, den Blick auf den Bildschirm geklebt. Das war… eindeutig ein Gengar.

„Unmöglich“, murmelte er, während er immer noch auf den Bildschirm und das pixelige Geschöpf starrte. Das musste ein Bug sein! Aber was für einer…! Schade, dass so etwas in späteren Games nie wieder passiert war, es war einfach cool!

Und mit einem Gengar war es garantiert um einiges leichter, durch das restliche Spiel zu kommen.

 

War es.

Bald hatte Robert auch herausgefunden, was für Attacken das Pokemon hatte – Hypnose, Traumfresser, Konfustrahl oder Superschall, und Nachtnebel, wenn er die schlecht e Animation richtig deutete. Mit Gengar an seiner Seite wurde der zweite Durchlauf noch viel einfacher als der erste, doch sehr zu seiner Enttäuschung fand er auch beim zweiten Spielen keine neuen Änderungen.

 

Davon abgesehen, dass Gengar im Pokédex genau hinter Pixi stand.

 

Für Robert ergab es Sinn; so viele Theorien, dass Gengar ein dunkler Schatten eines Pixi war, die da im Internet kursierten, konnten nicht von nichts kommen! Weshalb auch immer die Idee genau wie Kangama als Tragossos letzte Entwicklung am Ende nicht weiterverarbeitet wurden, konnte Robert sich nicht erklären. Es waren großartige Konzepte, er hätte sie gern einmal wiedergesehen.

Aber vielleicht wollte man sich ja absichtlich von diesem ersten Gehversuch in der Welt der Pokémon absetzen, wer wusste das schon?
 

Nur die Programmierer, und mit denen konnte er wohl kaum reden.

 

 

 
 

***
 

 

 

 

Es vergingen Monate, bis er überhaupt wieder an Pokémon Pink dachte. Mit Schularbeiten und Freunden war er genug beschäftigt, dass das Spiel erst einmal aus seinen Gedanken verschwand. Vermutlich hätte er noch viel länger nicht mehr darüber nachgedacht, hätte er nicht beim Checken seiner E-Mails eine Benachrichtigung über ein neues Posting gefunden. Als er begonnen hatte, sich über Pokémon Pink schlau zu machen, hatte er sich in den wenigen Foren, in denen es Informationen gab, angemeldet, hatte Threads abonniert, die vielversprechend aussahen, und von denen er hoffte, dass vielleicht auch nach Jahren noch einmal Antworten kommen würden.

Robert öffnete den Link in der E-Mail sofort, auch wenn er sich nicht viele Hoffnungen machte; vermutlich ein Troll-Kommentar, oder einfach nur eine weitere Frage, die niemand beantworten konnte.

Als er sah, dass es der Thread-Ersteller war, machte sein Herz einen aufgeregten Hüpfer. Mit einem nervösen Schlucken beugte er sich näher an den Bildschirm heran und begann zu lesen.

 

So sorry I never updated you guys. I was busy, y’know? And actually, since yesterday I had nothing new to tell. I guess some of you still remember my friend in Japan, whose friend-of-a-friend-of-a-friend-of-a-friend […] knew someone who had been working on the Pokémon franchise in the early years. Yeah, well.

So my friend called to tell me she had talked to her friend, who told her about something her friend-of-a-friend […] had told her about quite a while ago. Seems like in the first thought our beloved Pokémon games where supposed to have each and every Pokémon available instead of missing a few here and there so you have to trade with friends (or buy the other version). In Pokémon Pink, which I still haven’t seen by the way, you were supposed to be able to catch all Pokémon, except for Mew. My friend said it wasn’t even implemented. There apparently are some minor changes to the Pokédex as well, but she couldn’t tell me more about it.

Well. Either way, the catching-them-all didn’t happen. Long before production on the game finished in 1992 the company decided to produce more games of the franchise – Red and Green as we all know them. Starting with the production of those games Pokémon Pink underwent some minor changes. They took out some of the Pokémon you originally could catch and instead put in the trading sequences.

Pokémon Pink, as far as my friend heard, was supposed to be released in 1993 – one year prior to the expected end of production of Red and Green.

The question is – why wasn’t it ever released? My friend has no idea. And so do I. As far as I can tell there is a huge chunk of information missing for all of this to make sense.

Does anyone of you know anything else about production of this or the later Pokémon games?

Or can anyone even confirm the existence of this mysterious Pokémon Pink Version?

 

Robert schluckte, sein Mauszeiger schwebte einige Sekunden über der Reply-Schaltfläche. Er war immer noch neugierig, was es mit diesem Spiel auf sich hatte. Trotzdem wusste er einen langen Moment überhaupt nicht, was er in die kleine Textbox schreiben sollte.

Ein Schauer lief ihm über den Rücken, die Nervosität gab ihm das Gefühl, es wäre schlagartig um ein paar Grad kälter geworden.

 

I do.

I got the game as a birthday present from my sister and her Japanese husband last year.

What your friend told you seems to be pretty accurate. You get Clefairy as your starter Pokémon, there’re some changes to the Pokédex such as Kangashkan being the last evolution to Cubone.

Regarding production I know nothing, sorry.

But there’s another curious thing I stumbled upon: It seems your Clefairy evolves into Gengar if it gets defeated at any point in the game. It’s a fun feature but actually, I think I’d prefer playing through with Clefairy and later Clefable.

 

Drüber nachdenkend stellte er fest, dass ja, obwohl Gengar das Durchspielen erleichterte, er Piepi und Pixi weit lieber mochte; es war einfach gruselig, die Art, wie Gengar sich entwickelte. Als wäre es nur ein böser Geist, der übrig blieb, nachdem sein geliebter Starter… gestorben war.

Mit einem Kopfschütteln und einem Schaudern schob er den Gedanken von sich, erhob sich von seinem Schreibtischstuhl, um das Fenster zu schließen. Obwohl es gar nicht so kalt aussah, war die Luft, die hereinwehte, unangenehm kühl, und er hatte keine Lust, jetzt eine Erkältung zu bekommen.

 

Er hatte genug Pläne für den Rest der Woche!

 

Pläne, die ihn aber nicht davon abhielten, doch noch einmal den alten Gameboy rauszuholen. Er hatte das Spiel bereits zweimal durchgespielt – einmal mit Pixi, das er kurz nach dem Mondberg und dem Finden eines Mondsteins entwickelt hatte, und einmal mit Gengar, dessen Entwicklung unerwartet, aber nicht unerwünscht gekommen war. Er wollte es noch einmal durchspielen, mit Pixi, wieder, oder vielleicht würde er Piepi sogar beiseitelegen und sich ein anderes Pokémon als „Starter“ auswählen. Taubsi? Vielleicht das Bisasam aus dem Vertania Wald. Oder ganz altmodisch-nostalgisch ein Pikachu.

Er hatte schon immer Freude daran gehabt, Pokémon-Spiele ohne den vorgegebenen Starter durchzuspielen.

 

Die Titelmusik hatte etwas vertrautes, der Titelbildschirm, die japanischen Schriftzeichen, die er nicht lesen konnte, von denen er inzwischen aber so genau wusste, was sie ihm im Grunde sagen wollten. Er wählte ein neues Spiel an, lehnte sich zurück, während Professor Eich ihm eine fremdsprachliche Einführung in die Welt der Pokémon gab, die Robert ohnehin schon so vertraut war wie sein eigenes Zuhause.

Auch beim dritten Mal hatten die kleinen Änderungen zu Beginn des Spiels die gleiche Wirkung auf Robert – er grinste, freudig wie ein kleines Kind, das eine ganz besondere Entdeckung gemacht hatte. Alabastia ohne Pokémon-Labor sah leer aus, aber Robert fand die Idee unglaublich cool, das Labor einmal nicht mitten in der Stadt zu haben, sondern wirklich außerhalb – und kein Pokémon aus dem Labor zu bekommen, sondern einen Partner, der sich selbst und eigenständig aussuchte, dass er einen begleiten wollte.

Es erinnerte ihn an Ash Ketchum aus dem Anime, dem seine Pokémon doch fast immer hinterhergelaufen waren, freiwillig, und Robert hatte es schon immer beeindruckend gefunden. Wäre er ein Pokémon-Trainer, er hätte auch diese magische Beziehung zwischen Mensch und Pokémon haben wollen.

 

So wie er sie nun mit seinem Piepi hatte eben.

 

Zu gern hätte er verstanden, was während der kleinen Cutscene im Labor gebrochen wurde. Vielleicht sollte er seine Schwester mal um Übersetzung bitten?

Aber an sich war Robert sich sicher, dass er es auch so verstand – sein Charakter erzählte dem Professor zweifelsohne, dass er dieses Piepi, das sich ihm einfach so angeschlossen hatte, behalten wollte, statt ein Starter-Pokémon zu erhalten. Sie hatten sich irgendwie ohnehin immer ein bisschen nach Massenabfertigung für Robert angefühlt.

Vielleicht ging es seinem Charakter genauso.

 

Wie immer kämpfte er gegen seinen Rivalen, wie immer gewann Piepi, wenn auch knapper, als es Robert lieb gewesen wäre, und bald schon waren sie hinaus aus dem Labor und auf dem Weg, das Paket für den Professor abzuholen.

Die alte Routine war vertraut. Bald bekam er Pokébälle, und bei nächster Gelegenheit fing er sich ein Taubsi, von dem er beschloss, dass es fürs Erste sein aktives Kampf-Pokémon sein sollte. So sehr er Piepi und die Gedanken hinter seinem Dasein mochte, Robert brauchte ein bisschen Abwechslung in seinem Kampfverhalten, und das brachte am besten einfach ein anderes Pokémon, das er sonst selten benutzte – so wie Taubsi, das sonst nur als VM-Sklave herhielt.

 

Er bekämpfte munter Rattfratz und Taubsi, marschierte mutig in den Vertaniawald – und stockte, als ein Grafikglitch seinen Bildschirm zum Flackern brachte. Es sah aus, als wäre ein Pokémon vergiftet, doch bisher war er nicht einmal einem Hornliu oder einem anderen Pokémon mit giftigen Attacken begegnet, das konnte es also nicht sein!

Vielleicht war es sogar eine Fehlfunktion des Gameboys? Ärgerlich – bei dem Flackern fiel ihm das Konzentrieren schwer. Es machte ihn nervös, erinnerte ihn an vergiftete Pokémon und die altbekannte Hektik, hoffentlich noch rechtzeitig zum Pokémon-Center zu kommen – speicherte er das Spiel, legte den Gameboy zur Seite in der Hoffnung, dass der Fehler sich von selbst beheben würde, wenn das alte Gerät einfach eine Ruhepause bekam.

 

Klappte doch öfter mal bei irgendwelchen Macken in der Elektronik.

 

 

 
 

***
 

 

 

 

Eine spontane Party und ein kurzfristig angekündigter Test in Geschichte brachten Robert dazu, sein Spiel unterbrechen zu müssen. Das weit verpönte Reallife nahm ihn zu sehr in Anspruch, als dass er noch über kaputte Gameboys und störendes Bildschirmgeflacker nachdenken konnte.  

Inzwischen wurde es abends schon früher dunkel, wenn er von langen Schultagen heimkam, verfolgte ihn sein Schatten wie ein hungriges Monster, streckte spindeldürre Arme nach ihm aus. Seine Bewegungen wirkten grotesk und karikativ – als hätte ein künstlerisch nicht sehr begabtes Kind versucht, einen Menschen beim Laufen zu animieren, aber nicht ganz das richtige Gespür dafür, wie lang die Gliedmaßen sein durften, wie fließend die Bewegung der Gelenke. Es sah abgehackt und stockend aus, mehr, als würde Robert staksen, statt normal zu laufen.

Manchmal, wenn Robert besonders müde und abgespannt heimkam, hatte er das Gefühl, sein Schatten würde ihm an der Ecke zur Auffahrt auflauern, würde über ihm aufragen, als wolle er sich auf ihn stürzen.

Es war natürlich Blödsinn, und Robert wusste es selbst.

 

Manchmal brachte ihn der eisige Wind, der ihm unter den Parka fuhr, trotzdem zum Frösteln bei dem Anblick.

 

 

Es war einer dieser Abende, an denen man nach den Hausaufgaben und dem Abendessen einfach nichts mehr zu tun fand – das Internet war quasi ausgestorben, der Fernseher sendete nur Mist, und der beste Freund war auf einem Date und hatte keine Zeit –, der Robert dazu brachte, seinen dritten Spieldurchlauf von Pokémon Pink wieder aufzunehmen.

Inzwischen hatte der Gameboy genug Zeit gehabt, seine Macken wieder in den Griff zu kriegen, fand Robert, als er das alte Gerät einschaltete. Es sah vielversprechend aus. Das gesamte Intro, der gesamte Startbildschirm kamen ohne störendes Flackern aus.

 

Kaum machte er zwei Schritte durch den Vertaniawald, ging das Flackern wieder los.

 

Robert ignorierte es.

Es war nicht, als könnte er viel anderes tun. Er würde sich wohl oder übel einen neuen Gameboy besorgen müssen, sobald dieser endgültig den Geist aufgab, aber bis dahin musste er wohl beten, dass ihm nie ein Pokémon eine Vergiftung bekam; das Flackern vom Gameboy zusätzlich zu dem der Vergiftung würde ihn wahnsinnig machen!

 

Er kam nicht weit, bis das Spiel einfror. Nein, nicht einfror. Es stockte, eine Textbox erschien, deren Inhalt Robert nicht entziffern konnte. Stirnrunzelnd klickte er die Box weg, wollte weiterlaufen – doch der Bildschirm wurde schwarz.

Der Entwicklungsbildschirm erschien. Robert stutzte, starrte auf das Piepi, das dort erschien. Die Musik aus Lavandia ertönte, während es sich veränderte… und zu Gengar wurde.

„Das ist doch…!“

Einem Reflex folgend schaltete er das Spiel aus. Schaltete es wieder an, und ohne sich zu bewegen rief er das Pokémon-Menü auf. Tatsächlich. Piepi war vergiftet. Er runzelte die Stirn, zog nachdenklich die Augenbrauen zusammen. Er war sich sicher, Piepi nicht eingesetzt  zu haben. Keine giftigen Pokémon gesehen zu haben.

Aber vermutlich täuschte er sich, nicht wahr? Er hatte nicht aufgepasst, und nun würde er nicht mehr rechtzeitig zum Pokémon-Center kommen, um die Vergiftung zu heilen. Piepi hatte nicht mehr ausreichend KP übrig.

„Ich wollte aber kein Gengar“, murmelte er dem Spiel unzufrieden zu. Gegengifte hatte er keine bei sich; er hatte vergessen, im Supermarkt an Items aufzustocken. Mit einem schweren, schweren Seufzen schaltete er das Spiel aus.

 

Er war ja noch nicht weit gekommen, er konnte einfach neu beginnen.

 

Oder die Entwicklung abbrechen.

 

Er startete das Spiel erneut, ignorierte das Flackern, bis es Piepi besiegte und ihn in den Entwicklungsbildschirm brachte. Sofort begann er, auf den B-Knopf einzuhämmern, wie er es immer getan hatte, wenn er eine Entwicklung abbrechen wollte.

Es funktionierte nicht.

Ärgerlich starrte Robert auf das Gengar auf dem Bildschirm, das ihn aus bösen Augen hämisch angrinste, als wollte es ihn und seine Bemühungen verlachen. Frustriert schaltete Robert das Spiel doch wieder ab, warf den Gameboy sanft auf sein Bett hinüber, wo er ein paar Mal auf und ab wippte, ehe er liegen blieb.

Wenn er darüber nachdachte, ergab es Sinn. Vielleicht war diese Entwicklung von Piepi zu Gengar als eine Art Fail-Safe eingebaut. Vielleicht gab es Probleme mit dem Game Over, die nicht behebbar gewesen waren, warum auch immer, und deshalb hatte man diese eine Entwicklung unabbrechbar programmiert, um sicherzustellen, dass der Spieler, falls er mal kein Pokémon mehr hatte, wieder ein voll funktionsfähiges Teammitglied erhielt, mit dem er hoffentlich bis zum nächsten Pokémon-Center gelangte. Zwar erschien Robert der Plan auch nicht wirklich wasserdicht, aber wenn es wirklich Probleme mit dem Game Over gab, war es zumindest eine zusätzliche Absicherung, dass ein geneigter Spieler über diesen Glitch gar nicht erst stolperte, nicht wahr?

 

 

 
 

***
 

 

 

 

Er rührte das Spiel wochenlang nicht mehr an. Trotzdem sah er Gengar überall – in den Schatten, wenn er nach Hause kam, in seinen Träumen, aus denen er schweißgebadet aufwachte und von denen er am Ende nichts mehr wusste, als dass rot glühende Augen darin vorgekommen waren und ein böser, grinsender Mund mit spitzen Zähnen.

Es war Blödsinn, und es regte Robert auf.

Er ließ sich doch von einem Kinderspiel keine Angst einjagen!

Und genau deshalb beschloss er, das einzige zu tun, das man in so einer Situation tun konnte – er suchte Konfrontation mit seinen scheinbaren Ängsten.

 

Womöglich war der Abend, an dem es draußen regnete wie in Strömen und Wind die schweren Tropfen gegen das Fenster peitschte, nicht der beste gewesen, aber Robert saß sicher in seinem Zimmer, hatte Licht und warme Decken, und ganz im Ernst – was sollte ihm schon passieren?

 

Er startete ein neues Spiel. Wo er bisher jeden Schritt liebevoll getan hatte, hastete er jetzt regelrecht durch das Intro, bis er schließlich seinen Pokédex hatte und damit offiziell das Abenteuer begann. Er fing ein Taubsi, ein Rattfratz, besiegte ein besonders hartnäckiges Pokémon mit seinem Piepi, sah aber sonst davon ab, es einzusetzen.

Es funktionierte, und als er unbescholten aus dem Vertaniawald herauskam, verlachte er sich schon selbst für seine Panik, dafür, dass er viel zu viele Gegengifte gekauft hatte.

 

Im Mondberg fing das Flackern an.

 

Obwohl Robert ahnte, was ihn erwarten würde, drehte sich ihm der Magen um, als er Piepi vergiftet vorfand.

Nun war er doch wieder froh um die Gegengifte in seinem Beutel.

Er wendete eines an, sah zu, wie Piepis Statusveränderung verschwand und lief weiter. Nach dem nächsten Pokémon-Kampf begann das Flackern wieder. In einer Mischung aus Trotz und Verzweiflung heilte er die Vergiftung und gab Piepi sogar noch einen Trank.

Gleiches Spiel nach dem nächsten Pokémon-Kampf.

Irgendwie, mit ganz vielen Gegengiften und Tränken, kam er sogar bis nach Azuria City. Vor dem Pokémon-Center stehend checkte er noch einmal Piepis Gesundheitsanzeige. Vergiftet, aber fast volle KP. Zur Sicherheit gab er ihm noch ein Gegengift, dann trat er ein.

 

Flackern.

 

Die drei Schritte würde Piepi überleben, beschloss Robert, trat zielsicher auf den Tresen und die Krankenschwester zu. Direkt als er den Tresen erreichte, flackerte es noch einmal, eine unlesbare Meldung tauchte auf.

Der Entwicklungsbildschirm kam.

 

Robert schaltete aus.

 

Er war in dem letzten Pokémon-Center vor dem Mondberg. Piepi war nicht vergiftet, alles war normal und gut. Er hatte Fortschritt verloren, aber das störte ihn wenig. Immerhin hatte er so einen Haufen Items gespart, und er konnte hoffentlich diesem dämlichen Glitch entgehen!

Er lief zum PC im Pokémon-Center. Piepi ließ sich nicht ablegen. Robert schnaubte.

„Schön.“

Es ärgerte ihn. Er mochte das Spiel unglaublich gerne, es war spannend, ein Pokémon-Spiel zu haben, das nach anderen Regeln als die folgenden Editionen funktionierte. Aber dieses Gengar-Problem war zermürbend!

Er würde es lösen.

 

Und er hatte auch schon eine Idee, wie er das tun konnte…

 

Für den Moment aber legte er den Gameboy beiseite, raffte sich auf. Eine Jacke um die Schultern geworfen trabte er aus dem Zimmer, um sich etwas zu essen zu holen. Ein Blick auf die Uhr zeigte, dass es auch längst Zeit war, sich in Richtung Bett zu begeben.

Sicher, dass er seine irrationale Angst vor Gengar überwunden hatte – es war nur Ärger geblieben –, verkroch er sich bald unter seiner Bettdecke, in der Hoffnung, eine gute Nacht traumlosen, erholsamen Schlafes zu bekommen.

 

Traumlos blieb die Nacht nicht.

Er träumte, sogar ziemlich lebhaft. Von seinen Freunden, von der Schule, von einem seltsamen neuen Schüler, der immer nur den Kopf schieflegte, wenn man ihn ansprach, und wenn er von sich aus sprach, redete er nur Chinesisch. Aber das war okay, weil Robert Glückskekse bei sich hatte, und sobald man einen aß, konnte man auch Chinesisch sprechen.

Dass er trotzdem keine Ahnung hatte, was sein Klassenkamerad eigentlich von ihm wollte, weil er trotzdem nichts verstand, war dabei unerheblich, und sie unterhielten sich sogar richtig gut!

 

Es war ein lustiger Traum.

 

Zumindest so lange, bis die roten Augen kamen.

 

 

 
 

***
 

 

 

 

I’m back again! Back with more infos, guys.

 

But first of all – Rob_Lutece: Can you show us a picture of the game cartridge? I’m really curious about it since nobody I know has ever seen it for real.

 

So, either way back to topic. After talking to my friend I once again started to look around for anything that might be a clue to this game since I really want to know what’s going on.

One way or another I got into contact with a guy who claims his Dad had been working for Nintendo back in the 90’s. He was not part of the Pokémon-Team but still had some friends among the staff. This guy I met – his name’s Hiro by the way – asked his Dad about the production for me. It seems that his friends never really told him much about what was going on fearing there could be an information leak that would hurt their planned marketing campaign. But there had been some complaints about glitches and bugs that could not be fixed.

So from what Hiro’s Dad told him during beta testing some glitches and bugs were found which previously went by unnoticed. Some beta testers were complaining about a glitch in a specific Pokémon evolution which seemingly happened every time after this evolution first happened. Like, I don’t know, maybe it evolved into the wrong Pokémon because some data was stored in the wrong place? Don’t ask me, I’m not good at this stuff. The games were withdrawn and the programmers took another look at the source code. For some reason or another they couldn’t find anything wrong but play testing resulted in the exact same glitches the beta testers encountered.

According to Hiro’s Dad due to the inexplainable glitch the Pokémon Pink Version never was released since bug fixing was impossible with no known error.

I actually don’t know but I guess this is part of the reason why Clefairy lost its job as Pokémon mascot to Pikachu.

In the end all this doesn’t really explain why there are pretty much no records about the project but I guess Gamefreak didn’t want the bad publicity an unfixable game would bring. Why they changed so much before releasing Red and Green is beyond me. I always thought Kangashkan would be way cooler as an evolution to some Pokémon instead of being a stand-alone, but… well.

 

On another note – does the name Okahito Uemoto ring a bell for anyone out there? According to some internet source I found he is listed as a programmer and composer in the credits of Pokémon Pink but there are no official recordings of him ever being part of Gamefreak.

I’m still looking into it but help would be appreciated.

 

Mit einem müden Seufzen lehnte Robert sich zurück, fuhr mit einer Hand über seine brennenden Augen. Er konnte sich gut denken, von was für einem Glitch der Forennutzer sprach, und es wurmte ihn – es konnte doch nicht sein, dass es keine Möglichkeit gab, das Problem zu umgehen!

Klar, Gengar war cool, und Gengar störte ihn auch nicht, aber er hatte überhaupt keine Lust, mit dem Pokémon zu spielen, solange er es musste.

Und ehrlich – wenn das Problem doch war, dass Piepi sich immer zu Gengar entwickelte…

 

Wieso hatte noch niemand versucht, es einfach vorher schon zu Pixi zu entwickeln?

 

Robert machte ein Bild des Spiels für das Forum, lud es hoch und postete es mit einem kurzen Kommentar, dass er den Glitch ebenfalls gefunden hatte, und was genau es damit auf sich hatte. Danach schaltete er den Gameboy an und machte sich daran, seinen Plan in die Tat umzusetzen. Er würde Piepi zu Pixi entwickeln, ehe es besiegt und zu einem Gengar werden konnte.

Es lief sogar ganz gut – er kam durch den Mondberg, indem er abwechselnd Tränke und Gegengifte benutzte, um Piepis KP in einem ungefährlichen Bereich zu halten. Obwohl er suchen musste, bis er den Mondstein fand, war sein Piepi noch gesund und munter. Er gab ihm den Mondstein, sah zu, wie es sich zu Pixi entwickelte, und grinste wie der letzte Idiot, als danach Schluss mit Vergiftungsflackern war.

Nachdem er sich ein Sweatshirt zum Überziehen geholt hatte, sah die Welt auf einmal wieder viel rosiger aus. Er würde dem Forum später von seinem Erfolg berichten.

 

Jetzt wollte er erst einmal zocken!

 

 

Schlussendlich kam er bis zur Pokémon-Liga, bis das Spiel ihm erneut einen Strich durch die Rechnung machte – Pixi verlor einen Kampf und entwickelte sich zu Gengar.

 

 

 
 

***
 

 

 

 

Für Robert war Pokémon Pink beendet mit der Erkenntnis, dass er um dieses Gengar nicht mehr herum kam. Das Spiel landete in einer Box unter dem Schreibtisch, die Albträume blieben, und das Internet wollte ihm einfach keine großen Erleuchtungen mehr bringen. Öfter noch besuchte er das Forum, doch viel Neues fand er nicht.

Er erfuhr, dass Okahito Uemoto Selbstmord begangen habe, im November 1992, ungefähr eineinhalb Monate nach Vollendung des Spiels, während es gerade in der Betatest-Phase steckte. Seinen Platz im Team nahm Tetsuya Watanabe ein, scheinbar.

 

Was Robert tatsächlich ein bisschen verstörte, war das Gerücht, dass angeblich ein Gameboy bei ihm gefunden worden war, der Bildschirm zeigte das typische Bild einer Entwicklung, eine kleine Textbox, die verkündete, dass welches Pokémon auch immer – Alpollo, logischerweise. Oder… Piepi? – sich zu Gengar entwickelt habe, darüber das Gengar, das bösartig grinste.

Das zugehörige Spielmodul wurde nie gefunden.

 

Als eine Freundin ihn fragte, ob sie das Spiel haben könnte, fand Robert überhaupt keinen Grund, nein zu sagen. Vermutlich hätte er das Mädchen sogar dafür bezahlt, das Spiel an sich zu nehmen, denn langsam wurde es Robert wirklich zu viel mit dem Gengar.

 

 

Es änderte nichts an den Albträumen. An den Schatten, die nach ihm griffen, wenn er in die Einfahrt des Hauses einbog.

 

Im Gegenteil sogar schienen die Schatten nur noch näher zu kommen…

 

 

 
 

**********
 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 
 

 
 

 
 

 
 

 
 

 
 

 
 

 
 

 
 

 

 

 
 

 
 

 
 

 
 

Nachruf
 

 
 

Wir trauern gemeinsam um unseren
 

 
 

Robert
 

Seine fröhliche, lockere Art,
 

sein Witz und sein Charme
 

waren für uns immer eine große Bereicherung.
 

 
 

Er hinterlässt einen leeren Platz, nicht nur in unserer Klasse, sondern auch in unseren Herzen, und wird uns allen sehr fehlen.
 

 
 

Unser tiefes Mitgefühl gilt vor allem der Familie und allen Anverwandten, sowie seinen engen Freunden.
 

 
 

 
 

Klasse 12 A des städtischen Gymnasiums Mönchengladbach

 

 

 
 

 
 

 
 

 
 

 
 

 
 

 
 

 
 

 
 

 
 

 
 

 
 

**********
 

 

 

 

Okay guys. This is getting BIG. Actually, no, this is only getting pretty creepy – but well. Details.

Either way.

I actually found some more information regarding our lost member of Gamefreak. Okahito Uemoto committed suicide in November of 1992. There was a Gameboy next to his body. The screen showed the typical evolution screen with a Gengar.

But that’s not all! It seems that he wasn’t the only person who kind of had trouble with this Pokémon. Some of the beta testers complained about nightmares regarding the game – specifically Gengar – and headaches as well as unusually cold temperatures and such. Pretty much like the Lavender Town Syndrome there are rumors that some of the beta testers died in strange ways after playing the game. That’s something I found on another forum that’s deserted for like, ten years now, and the guy who told it claims to be one of the smaller programmers working on the first Pokémon games. Sounds stupid, right?

Yeah, I think so too.

But there’s just something about this…

Well, according to another source on the very same forum Mr. Okahito Uemoto had quite an interest in the occult. Rumors say they found diaries in his flat containing weird messages about shadows that feed on human souls to grow stronger. Some of them even claim he was trying to bind one of those entities to something in our world so it can spread from one person to another and gain more and more power by feeding off their souls.

 

It’s creepy, isn’t it? Did you ever read those Pokédex-Entries for Gengar?

I don’t know, but I think he got quite the inspiration from his mad ideas – if those diaries even exist. Maybe it’s all just some internet hoax, but you never know, right? If I were you I would be kind of wary of my own shadow. You never know what’ll hide in there. Oh well.

 

I guess I won’t be playing Gengar in a while.  

 

 

 
 

**********
 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

„Ja, es ist wirklich… na ja, was will man machen?“

 

Yuki seufzte tief, lehnte sich bequemer gegen ihren Berg aus Kissen zurück und streckte die langen Beine bequem aus. Sie hatte den Telefonhörer zwischen Ohr und Schulter geklemmt und ihren alten Gameboy in der Hand – einmal war er rosa gewesen, inzwischen bedeckt von einer Schicht glitzerndem Nagellack, der mit den Jahren schmutzig geworden war, aber immer noch glitzerte, immerhin. Das Spielmodul im Gameboy war so rosa, wie das Gerät einmal gewesen war, und charakteristische Pokémon-Musik düdelte leise aus dem Lautsprecher.

 

„Mhm. Ich vermiss ihn immer noch. Ich verstehs echt nicht! Er war doch noch so jung! Und eigentlich war Robert im Straßenverkehr immer so vorsichtig. Richtig spießig. … Ja, genau das meine ich!“

 

Sie lachte, doch es klang ein wenig traurig. Die Musik aus dem Gameboy veränderte sich. Ein unheimliches Stück, das einem die Haare zu Berge stehen ließ.

 

„Ich fass es nicht!“, rief sie erstaunt aus, „Das ist ja ein Ding! Mein Piepi entwickelt sich gerade zu Gengar!!!“

 

Nach ein paar Minuten, die sie munter plauderte, stand sie auf,  sah aus dem Fenster. Draußen strahlte die Sommersonne vom Himmel.

 

 

 

„Warte mal kurz, ja? Ich mach das Fenster zu, es wird grad irgendwie echt kalt hier drinnen…“

 

 

 

 

 

 

 

 

 

The End…?



Fanfic-Anzeigeoptionen

Kommentare zu diesem Kapitel (5)

Kommentar schreiben
Bitte keine Beleidigungen oder Flames! Falls Ihr Kritik habt, formuliert sie bitte konstruktiv.
Von:  Silberfrost
2016-11-02T20:34:26+00:00 02.11.2016 21:34
Aaah, wie genial! Ich kannte die "Legende", dass Gengar der Schatten eines Pixies ist (und ehrlich.. es sieht auch wirklich so aus...), ebenso wie die Sache mit Kangama (finde ich immer noch sinnvoller als es allein stehen zu lassen) und dass das Lavandia-Thema mit so einigen Schlafstörungen verbunden gewesen sein soll - und noch schlimmerem, wenn ich recht bedenke. Deswegen dachte ich am Anfang auch "ja, Gengar und Pixi". Aber weit gefehlt! Was du aus dieser "ersten Edition" herausgezogen hat - die Einzelheiten der Veränderungen, den groben Umriss des Spieldurchlaufes, der dennoch so unglaublich anschaulich war - Hut ab! Meine nostalgische Zockerseele schwebte zwischenzeitig auf Wolke 7.
Dass du so mit den Sprachen gespielt hast - Englische Forentexte und vollkommen unverständliches Japanisch - fand ich großartig. Insbesondere, da du es geschafft hast, Spannung und Grusel auch ohne jeglichen Textinhalt seitens des Spieles aufzubauen.
Ich dachte zwischendurch, das es vielleicht für den Protagonisten im Spiel selbst weitere Folgen haben könnte, dass er mit einem Gengar durch die Gegend zieht und damit sicher eine "finstere Macht" darstellt. Dass es nach hinten raus so krasse Folgen für den eigenlichen Spieler hatte, war schon creepy. Und dann gibt der arme Robert das Spiel noch so gutgläubig an seine Freundin weiter...
In jedem Fall: Toll gemacht! Ich werd die FF gleich mal den restlichen Pokémon-Narren empfehlen! =)
Liebe Grüße,
Silberfrost

Von:  Aphrodi
2015-07-06T22:28:43+00:00 07.07.2015 00:28
Es ist ja fast schon skandalös, dass ich die FF erst jetzt lese, obwohl ich sie ja eigentlich schon kannte. Lag wohl an all dem Wichtel-Stress, den ich zur selben Zeit hatte :D
Zu dumm, dass ich es so kurz vor dem Schlafengehen gelesen habe...
Ich dachte mir ja, Ach, das wird sicher nicht so gruselig., aber die letzten paar Seiten waren dann doch...uh. Eigentlich hat es mich erst richtig erschlagen, als die Anzeige zu lesen war und eben bei dem, was danach folgte. Nooooooin, ich kann keine Spoiler verheimlichen, daher muss ich sie mir hier jetzt schwer verkneifen, aber du verstehst es bestimmt trotzdem. Die Notizen und so. Grusel.
Mal sehen, ob mich jetzt auch Alpträume heimsuchen, aber ich hab ja nichts zu befürchten...oder? :'D
Ich weiß nicht, wie viel von den Gerüchten erfunden und wie viel davon wahr ist, aber in beiden Fällen war die Mühe (ob nun Fantasie oder Recherche) lohnend, denn die Story war schlüssig und gut durchdacht. Wobei ich es kaum glauben kann, dass Piepi den ersten Durchlauf unbeschadet überstanden hat. Bei mir wäre es spätestens bei den Top 4 mit ganz ganz ganz ganz großer Gewissheit besiegt worden. Aber das liegt wohl an meinem arschigen Top 4 - Kampfsystem bei dem ich alle draufgehen lasse, die stark genug sind und die schwächeren im Team nutze, um Beleber und Top-Beleber an die besiegten starken Pokémon zu verteilen... Gut also, dass ich das Spiel nicht habe XD

Es war in jedem Fall mal ein ganz anderes FF-Erlebnis!
Weiteren Kitsch behalte ich für mich, du weißt ja... |D ♥
Von:  Votani
2015-03-09T21:06:33+00:00 09.03.2015 22:06
Hey du, ich wollte dir nur mal schnell dalassen, dass ich deine FF unheimlich interessant finde. Normalerweise les ich eigentlich nie Pokemon-FFs, aber FFs ueber die Spiele find ich nicht uninteressant. Dein Schreibstil ist auch sehr angenehm zu lesen, was die Geschichte wirklich gut gemacht hat. Die Idee mit Pokemon Pink und dem Piepi/Gengar so auszubauen ist interessant und spannend. Der Gruselfaktor hat dem Ganzen noch das gewisse Etwas gegeben. Ich mochte auch die englischen Einschuebe und die Forumseintraege. Das macht es umso realistischer. Wer greift nicht zum Internet, wenn er irgendwelche Fragen hat? Super realistisch und gleichzeitig fantastisch. Hat mir sehr gut gefallen, die FF ist wirklich klasse!
Liebe Gruesse.
Von:  Puraido
2015-02-16T16:38:53+00:00 16.02.2015 17:38
Hey ho,

Wow, die Geschichte war ja echt cool. Ich hab ja schon gewusst, das Gengar irgendwie ein verstorbenes Piepi/Pixi sein sollte. In der Geschichte hast du das richtig gut umgesetzt, auch die Erwähnung von Tragosso und Kangama fand ich cool.

Ich mag Gengar, während ich mit Piepi/Pixi fast gar nichts zu tun hab. Jedenfalls, ich hab selbst die Englischen Texte verstanden, und ich bin wirklich niemand, der gut Englisch kann. v_v

Von daher, Good Job ^^

LG Puraido
Von:  Seelendieb
2015-02-16T15:23:55+00:00 16.02.2015 16:23
Geile Story!


Zurück