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Dei Gratia

Gottesgnadentum
von

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Das Ende der Unschuld


 

3 Denn die Herrscher sind nicht wegen guten Werken zu fürchten, sondern wegen bösen! Willst du also die Obrigkeit nicht fürchten, so tue das Gute, dann wirst du Lob von ihr empfangen! 4 Denn sie ist Gottes Dienerin, zu deinem Besten. Tust du aber Böses, so fürchte dich! Denn sie trägt das Schwert nicht umsonst; Gottes Dienerin ist sie, eine Rächerin zur Strafe an dem, der das Böse tut. 5 Darum ist es notwendig, untertan zu sein, nicht allein um der Strafe, sondern auch um des Gewissens willen

[Schlachter-Bibel 1951, Römer 13, 3-5]
 

Geradezu blind vor Tränen stürmte sie die Treppe hinab. Ungeschickt kam sie mit dem Fuß auf der Kante einer Stufe auf, schwankte und kämpfte einen Moment mit dem Gleichgewicht. Kaum hatte sie das wiedergefunden, setzte sie ihren Weg fort, ihr blondes Haar wehte in wirren Strähnen um ihr Gesicht und nahm ihr in unregelmäßigen Abständen vollends die Sicht.

Ihr schneller Schritt lenkte die Aufmerksamkeit der Dienstmädchen und Ritter, an denen sie vorbeikam, auf sie und obwohl sie mehr als einmal besorgt gefragt wurde, was denn geschehen sei, blieb sie nicht stehen, um darauf zu antworten. Sie hatte ein festes Ziel und durfte sich auf dem Weg dorthin nicht aufhalten lassen, es galt, keine Zeit zu verlieren!

Glücklicherweise verlor sie selbst in diesem Zustand heller Panik nicht die Orientierung im Palast, in dem sie ihr ganzes bisheriges Leben – immerhin elf Jahre – verbracht hatte, sondern konnte fehlerfrei stets den richtigen Gang wählen.

Endlich erreichte sie die Tür zum nördlichen Hof, der aufgrund seines Schattens so gut wie nie besucht wurde. Ein kleiner Tempel zu Ehren ihres Gottes war darin errichtet worden. Gerüchte besagten, dass einem jeder Wunsch gewährt wurde, wenn man nur aufrichtig genug vor dem Schrein im Inneren betete. Oh und wie sie aufrichtig sein würde!

Sie stieß die Tür des Tempels auf und ließ sich nicht einmal von all dem Staub, der sie husten ließ, beirren, als sie eintrat. Auf den ersten Blick war zu sehen, dass sich schon lange niemand mehr die Mühe machte, diesen Ort sauber zu halten, viel zu sehr fürchteten die Dienstmädchen die ihm innewohnende Macht – zumindest behaupteten sie dies. Sie sagten, sie würden davon verabscheut, seien nicht willkommen und eine von ihnen soll sogar wahnsinnig geworden sein, als sie dennoch gezwungen worden war, hineinzugehen. Seitdem wurde dieser Tempel eben vernachlässigt, fähiges Personal war zu schwer zu finden als es wegen so etwas wieder zu verlieren.

Das Mädchen spürte allerdings keine Ablehnung, ganz im Gegenteil. Kaum hatte es einen Fuß in den Tempel hineingesetzt, flammten die Kerzen an den Wänden von allein auf, es glaubte, ein leises Wispern zu vernehmen, das es freundlich bat, näherzukommen, spürte, wie etwas nach seinem Handgelenk griff, um es näher an den reich verzierten Schrein zu führen. Die kunstvollen Bilder auf dem goldenen Grund waren mysteriöserweise das einzige, was an diesem Ort frei von Staub war, aber das Mädchen besaß an diesem Tag keinerlei Blick dafür. Stattdessen faltete es die Hände, um zu beten, mit aller Inbrunst und Aufrichtigkeit, die ihm zur Verfügung stand, flehte es den Gott an, seinen einzigen Wunsch zu erfüllen, ungeachtet des Preises, den es dafür zahlen müsste.

Schlagartig spürte sie, dass sie nicht mehr allein war. Als sie den Blick hob, entdeckte sie einen auf dem Schrein sitzenden Mann, dessen Aura ihr den Atem zu rauben drohte, so machtvoll war sie. Er lächelte freundlich, aber seine grauen Augen blieben eiskalt, ein gieriges Glitzern lag darin.

„Seid vorsichtig, was Ihr Euch wünscht, Prinzessin“, riet der Mann mit emotionsloser Stimme. „Und was Ihr dafür zu opfern gedenkt. Es könnte wahr werden und jemand könnte den Preis dafür fordern.“

Doch das Mädchen ließ sich nicht beirren. Die immer noch gefalteten Hände gegen die Brust gedrückt, starrte es den Erschienen wortlos an. Erst als er sie aufforderte, ihren Wunsch zu äußern, erhob sie die Stimme: „Mein kleiner Bruder ist sehr krank, er wird sterben, wenn nichts geschieht. Deswegen bitte ich Euch, ihn zu retten! Ich werde auch jeden Preis zahlen!“

Statt einer Antwort, sah er prüfend auf sie hinab. Es erforderte jedes bisschen Willenskraft in dem Mädchen, dass es nicht einfach die Augen niederschlug, sondern den Blick gefestigt erwiderte, während sein Körper zitterte wie Espenlaub.

„Liebst du deinen Bruder so sehr, dass du einen solchen Preis in Aussicht stellst?“, fragte der Mann.

Sie öffnete den Mund, um zu antworten. „Ich...“

... hasse ihn!

Lediglich in Gedanken war es ihr möglich, den Satz zu beenden, aber er schien es dennoch zu hören. Seine Lippen verzogen sich zu einem grotesken Grinsen. „Ist das so? Dann wundert mich Eure Opferbereitschaft doch sehr. Aber ich bin nicht hier, um das zu hinterfragen, sondern um Euch meinen Preis zu nennen.“

Sie blickte ihn abwartend an, die Hände noch immer gefaltet, ihr Entschluss wankte nicht, sondern stand absolut fest, egal wie sie zu ihrem Bruder stand. Würde nichts geschehen, wäre sie schuld an seinem Tod und dann...

Schließlich sprach der Mann endlich weiter, auch wenn sie bei seinen Worten wirklich nicht wusste, ob sie erleichtert oder zu Tode bestürzt sein sollte: „Im Austausch für das Leben Eures Bruders verlange ich...“



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Kommentare zu diesem Kapitel (4)

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Von:  KiraNear
2012-05-22T11:52:07+00:00 22.05.2012 13:52
Also bisher ließt es sich sehr angenehm, dein Schreibstil ist schön und gut lesbar. Auch find ich es gut, dass du es mit wenigen Worten geschafft hast, das Nötige zu beschreiben, aber ohne irgendwie zu spoilern. Mich würde wirklich interessieren, warum das Mädchen unbedingt ihren Bruder retten will, und was der Preis dafür ist. Und was es mit dem "gruseligen" Ort auf sich hat.
Von:  Lianait
2012-03-23T16:32:53+00:00 23.03.2012 17:32
Als gestern Nacht Mexx umgezogen ist, bin ich ein bisschen gestorben, weil ich unbedingt mehr zu CV lesen wollte. >_< (Im Endeffekt hab ich von den Charakteren geträumt... >_>) Und dann hab ich mich eben auch (erneut) mit Landis' Steckbrief bei Custos Mortis gespoilt Q___Q Ich seh's schon kommen, dass ich am Ende hier sitze und doch mit der Originalfassung anfange...

Aber genug gelabert, jetzt wird erst mal gelesen. =)

Ich kann mich Ciela nur anschließen: Der Titel des Prologs klingt episch! *_*

- Endlich erreichte sie die Tür zum nördlichen Hof, der aufgrund seines Schattens so gut wie nie besucht wurde.
Also ich wär wahrscheinlich immer da xD

- viel zu sehr fürchteten die Dienstmädchen die ihm innewohnende Macht – zumindest behaupteten sie dies.
Nicht, dass die einfach nur zu faul zum putzen sind Ô_o

- Kaum hatte es einen Fuß in den Tempel hineingesetzt, flammten die Kerzen an den Wänden von allein auf, es glaubte, ein leises Wispern zu vernehmen, das es freundlich bat, näherzukommen, spürte, wie etwas nach seinem Handgelenk griff, um es näher an den reich verzierten Schrein zu führen.
Oha, wie creepy. *muss. weiter. lesen* *liebt creepy Dinge*

- ... hasse ihn!
Wuuut?! Ich dachte mir grade vorher noch "Awww, wie niedlich, sie liebt ihren kleinen Bruder so sehr!" und jetzt das xD Ich war ein wenig überrascht. Aber jetzt will ich natürlich wissen, warum sie ihn um jeden Preis retten will, wenn sie ihn so hasst.

- „Im Austausch für das Leben Eures Bruders verlange ich...“
Ja, was denn nu?! Spann mich doch nicht so auf die Folter mit so fiesen Cliffhangern xD

Also mir persönlich hat der creepy Gott-Typ, den erst mal so nennen werde, bis sein wirklicher Name fällt, besonders gefallen. Ich mag solche Trickster-Charaktere sehr, die einem 'helfen', aber es dann wahrscheinlich so drehen, dass man es sich am liebsten gar nicht erst gewünscht hätte, weil die Folgen ganz und gar nicht so sind, wie man sie bedacht hatte.
Da ich jetzt wissen will, was sie opfern musste, les ich einfach weiter =)
Von: abgemeldet
2012-03-18T13:10:07+00:00 18.03.2012 14:10
Sooo~ *Luft hol*
Beginne ich also mal mit dem Lesen von Dei Gratia. ♥
Ich hatte mich auf die Geschichte ja damals schon wahnsinnig gefreut, deshalb bin ich umso glücklicher, dass ich jetzt auch wirklich mal anfange, sie zu lesen. =)

Zu Beginn, wie immer, allgemeine Dinge zur Geschichte:
- Cover: Ich bin so mega neidisch auf Celileins Zeichenkünste! ♥///♥
Wenn ich das Cover anschaue, starre ich immer erst mal stundenlang ausgiebig Seline an, weil sie so toll aussieht (und die Pose ♥). Auch weil ich die Farbkombination bei Seline genial finde (grün, braun, gelb bzw. blond), die Farben passen supergut zusammen. Also großes Lob an Celilein an der Stelle. :D
Und, ich hatte es dir gelaub ich schon mal irgendwann gesagt, ich liebe diesen Hintergrund bei dem Logo sowie das Logo an sich, es sieht aus als gäbe es Dei Gratia wirklich (also so professionell, will ich damit sagen). Allein das Cover und das Logo würden mich schon locken, hehe~
- Spruch: Den Spruch, den du dir hier ausgesucht hast, ist mal wieder sehr tiefgehend. Jedenfalls bereitet er mir Gänsehaut und irgendwie bekomme ich Hoffnung, wenn ich ihn lese.
- Songs: Ich LIEBE Hikari (mitunter das einzige, was ich an Kingdom Hearts gut fand ... die Lieder :,D). ♥ Und die Rock-Version mochte ich auch schon immer. Bei Savior überkam mich in den ersten Sekunden Traurigkeit, keine Ahnung, warum. >.<
- Story: Die klingt total episch. Ich hatte ehrlich gesagt zum Teil schon wieder vergessen, worum es genau ging, aber jetzt, wo ich es nochmal durchgegangen bin, bin ich wieder absolut begeistert. Rivalen. Weltrettung. Noch dazu Russel. Was will man mehr? =3

So, genug der Laberei, lesen ist angesagt. *anfang zu lesen*

Der Anfang bereitet mir eine Gänsehaut (also der Auszug). Ich habe irgendwie bei "Dienerin Gottes" an Seline denken müssen.

> es galt, keine Zeit zu verlieren!
Die beiden Abschnitte gefallen mir wahnsinnig gut, wie sie geschrieben sind. Man hat richtig vor Augen, wie durch den Palast rennt, um zu einem bestimmten Ziel zu kommen. Sehr lebhaft geschrieben.
Und Tränen ... Q____Q

> flammten die Kerzen an den Wänden von allein auf,
Zuerst fand ich den Tempel von den Erzählungen her gruselig, aber jetzt bin ich fasziniert. *.*

> „Im Austausch für das Leben Eures Bruders verlange ich...“
Maaaaaaaah! T^T
Ich will's wissen! >.<

Ich war jetzt so gefesselt von dem Prolog, dass ich kaum zitiert habe. o_Ô
Irgendwie hatte ich beim Lesen echt das Gefühl, ich schaue mir gerade die Einführung eines Fantasy-Filmes an. Ich konnte mir die einzelnen Bilder dafür gut vorstellen. Und es fasziniert mich, dieser Prolog.
Ich hatte sogar Musik im Kopf (obwohl ich nebenher gar nichts laufen hatte), aber warum von Shinobi? :,D
Genau die hier: Klick!, ab Stelle 2:18 ... ich sollte den Film mal wieder anschauen. Q___Q
Ich finde es jedenfalls immer schwer, in einem Prolog mit nur wenigen Worten Spannung aufzubauen und den Leser somit so sehr zu fesseln, dass er weiterlesen will (ich bin ohnehin ein Fan von kurzen Prologen, ich selbst versage da aber oft kläglich). Und genau das hast du mit dem Prolog geschafft.
Man will unbedingt wissen, was sie im Austausch für das Leben ihres Bruders geben muss (übrigens finde ich es krass (mir fällt das passende Wort gerade nicht ein ... ah doch, gutherzig)), dass sie ihm helfen will, obwohl sie ihn hasst ... ich finde das sehr bewegend und natürlich möchte man wissen, warum sie ihn hasst. Aber sie scheint ja auch doch noch einen guten anderen Grund zu haben, warum sie ihrem Bruder helfen will. Also ich bin gespannt. >.<
... Und jetzt habe ich wieder einen halben Roman geschrieben. :,D
Der Titel bereitet mir im Zusammenhang damit, dass sie etwas opfern musste, nun echt Sorgen. =(
Von: abgemeldet
2012-01-02T19:00:57+00:00 02.01.2012 20:00
Woohoo!
Endlich mal wieder geschafft, in einen Prolog deiner FFs zu schauen... und ich muss sagen, er gefällt mir. Du hast von Anfang an Spannung hinein gebracht, und ich finde, das Ende des Prologes lässt viel Freiraum für den weiteren Verlauf der Geschichte offen.

Bla, bla - ich bin gespannt wie es weiter geht! :)


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