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Drachenjagd

Die Himmelsgöttin
von

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Izara

Die Männchen ließen ihre Köpfe nach hinten schnellen. Auch der Blonde wandte sich Izara zu, die nicht länger in sich halten konnte und auf den Blitzdrachen zurannte. Dieser weitete ebenfalls die Augen, die Erkenntnis traf ihn wie einen Schlag und mit offenem Mund starrte er die Himmelsgöttin an. Diesen Gesichtsausdruck hatte Izara noch nie bei ihm gesehen. Er war…überwältigt? Izara war es allemal, und wie zur Bestätigung machte ihr Herz zwei weitere Purzelbäume, dass es drohte zu überschlagen.

"Solar!", wiederholte sie seinen Namen, diesmal lag Erleichterung in ihrer Stimme. Sie schlang die Arme um seinen Hals, spürte die vertraute Wärme, die knisternde Spannung seines Körpers, der nach Heu und Mohnblumen duftete.

"Izara", nuschelte er in ihre Haare. Ohne zu zögern hatte er ihre Umarmung erwidert. Der Solar von früher hätte sie wohl nur gefragt, was sie da machte, aber auch der Blitzdrache schien in den letzten Wochen viele Veränderungen durchgemacht zu haben. Das Wiedersehen war auch für ihn eine Überraschung, Izara merkte, wie ihre Augen feucht wurden und die Sorgen der vergangenen Monde mit einem Ruck hinaus preschen wollten.

Ihre Wiedersehensfreude fand ein abruptes Ende, das Räuspern war so laut, dass Izara aus ihrer Traumblase erwachte. Es war Trias, der Volan hatte seine Faust vor dem Mund, die Venen einzelner Finger lugten verdächtig hervor. Auch Solar schnaubte, weniger feindselig, denn ergeben riss er sich von Izara los, die für einen Moment entrüstet und überrumpelt war.

"Natürlich", sagte der Bruder ihrer besten Freundin und straffte sich, "ich bitte vielmals um Verzeihung…Prinzessin."

"Oh nein, Solar", Izara schüttelte den Kopf. Den Volan ignorierte sie absichtlich. "Wenn du mich auch nur einmal mit meinem Titel anredest, dann-" Die Drohung blieb ihr im Halse stecken, Izara schluckte und kämpfte mit dem weinerlichen Mädchen in sich.

"Genug mit dem königlichen Geplänkel", sie wischte sich eine Träne aus dem Gesicht. Die Drachenprinzessin hatte gesprochen und selbst jemand wie Solar würde sich dem fügen müssen. Ihr Lächeln war halb erzwungen, obwohl sie vor Freude platzen könnte. "Du musst mir alles erzählen", ihre Zunge war schneller als ihr Kopf. "Was machst du hier? Wo sind Maya und deine Mutter? Habt ihr die Reise gut überstanden? Was ist mit Mayas Erweckung. Wurde sie auch-"

"Ganz ruhig, Izara", raunte Solar. Er streckte die Hände in die Höhe als wollte er sich ergeben. "Den beiden geht es gut, Mutter und Mayabe sind wohlauf, und was die Erweckung betrifft, so gab es keine Komplikationen."

"Eine kürzere Zusammenfassung konntest du wohl nicht abgeben", Izara rollte mit den Augen.

"Ich weiß nicht, was du sonst von mir hören willst", erwiderte Solar so trocken wie eh.

"Wirklich, Solar, du hast dich kein Stück verändert."

"Es gab bisher nie Anlass, sich zu verändern."

"Wenn du nicht willst, dass deine Zukünftige die Flucht ergreift…"

"Solange es keine gibt, gibt es auch keinen Grund, etwas an sich zu ändern." Die letzte Bemerkung hatte Solar die Stirn kraus ziehen lassen.

"Jaja, verstehe schon." Izara musste die Hand vor dem Mund halten, ihr Lächeln ließ bereits die Leibwächter die Augenbrauen zusammenziehen.

"Nun", Trias probierte es erneut mit dem Räuspern, "ich brauche euch wohl nicht mehr zu fragen, ob ihr euch kennt."

Izaras klemmte sich eine verirrte Strähne hinters Ohr.

"Solars Familie -  sie ist…mir sehr wichtig." Izara wusste nicht, wie sie ihre Beziehung, geschweige denn ihre Gefühle beschreiben sollte.

"Dann sage deinem - was auch immer -, dass er einen ungünstigen Zeitpunkt gewählt hat."

"Inwiefern?", fragte Izara.

"Der König", entgegnete der Volan streng, "steht derzeit für keine Audienz zur Verfügung."

Solar war wegen des Königs gekommen? Izara hatt noch gar nicht über seinen Besuch nachdenken können, aber wenn sie den Blitzdrachen so ansah, fielen ihr auch die vielen, kleinen Details auf und die Verwunderung war gar nicht mehr so groß. Zum Beispiel das Abzeichen an seinem Hemdkragen. Er trug ein schwarzes Leinenhemd, dessen Ärmel er bis zu den Ellenbogen hochgekrempelt hatte. Solar krämpelte grundsätzlich jedes seiner Hemden, egal ob Sommer oder Winter war. Auf Brusthöhe, wo die Herrschaften Medaniens ihre Taschenuhren zu tragen pflegten, blitzte ein weiß-blaues Wappen auf. Dasselbe Wappen, das Izara an sämtlichen Palastwachen gesehen hatte. Eine weiße Drachenklaue umrahmt von einem L-förmigen Drachenschwanz. Wer ein Abzeichen trug, hatte sich dem König verpflichtet, das hatte ihr Kyia einmal gesagt und anhand der Stelle, an welcher das Abzeichen prangerte, ließ sich die Stellung des Kriegers erkennen. Natürlich hatte Izara keine Ahnung, Kyia trug ihres an der Hüfte, ebenso wie Trias. Tiefer hatte sie das Thema nie untersuchen wollen.

"Trias hat recht", bestätigte Izara ein wenig traurig. Gerade wusste sie nicht, wem ihre Trauer galt - Solar oder dem Drachenkönig. "Es tut mir leid, dass du den Weg auf dich genommen hast."

"Das muss es nicht", entgegnete Solar, dann wandte er sich respektvoll dem Volan zu. "Ich und meine Familie, wir sind sehr dankbar für die Zuflucht, die Dragor und der König uns gewährleistet haben. Ich weiß, meine Bitte ist unverschämt, doch erlauben Sie mir, zu einem späteren Zeitpunkt erneut eine Audienz erfragen zu dürfen." Solar senkte sein Haupt. "Er ist sehr wichtig für mich."

"Solar", hauchte Izara. Der Blitzdrache sprach wie ein braver, ehrfürchtiger Bürger. Ein Bürger der Drachenstadt, nicht eines von Paladinen verseuchten Provinznestes. Zum anderen lag eine Schwere in seiner Bitte, die Izara zum Frösteln brachte. Wenn sie die Macht hätte, sie hätte Solar noch heute zu König Devon geführt. Stattdessen presste sie die Lippen aufeinander. Sie war verärgert, so ein Nichtsnutz zu sein und verärgert weil Trias sich nicht einmal dazu bequemte, eine angemessene Antwort zu geben. Am liebsten hätte sie ihm in die Rippen gestoßen, wenn da nicht eine Kleinigkeit in Solars Fürbitte gewesen wäre. Sie war hellhörig geworden.

"Maya ist in Dragor?" Izara hätte es wissen müssen, aber aus Solars Mund wurden ihre Hoffnungen Wirklichkeit.

Der blonde Blitzdrache nickte.

Izaras Augen begannen aufgeregt zu flackern. "Bist du auf dem Weg zu ihr?"

"Ich bin auf dem Weg nach Dragor."

"Dann nimm' mich mit."

"Einen Moment", warf sich Trias zwischen den Dialog. "Prinzessin, wie du dich vielleicht erinnerst, befindet sich Dragor einige Meilen abseits des Palastes. Gemäß der Umstände und deines Zustandes, halte ich es für keine gute Idee, die Drachenmetropole aufzusuchen."

"Ich halte es für eine ausgezeichnete Idee", grinste Izara zurück. Gegen einen übermüdeten Volan hatte sie die besten Karten zu gewinnen. Außerdem war sie viel zu aufgeregt, um sich von Trias Knurren einschüchtern zu lassen. Nach ihrer letzten Auseinandersetzung kam ihr der Volan gar nicht mehr so übermächtig vor. "Prinzessin", Trias ließ das Wort scharf auf seiner Zunge rollen, "das Spätlesefest ist kein sicherer Ort-"

"Ein Fest?!", rief Izara aus und schaute kurz zu Solar herüber. Der Blitzdrache hielt sich gänzlich aus der Debatte heraus, Izara bezweifelte, dass er große Lust hatte, Stellung zu beziehen. Das war einfach nicht seine Art.  

"Trias! Sie sind meine Familie. Ich habe über zwei Monde nichts von ihnen gehört. Ich muss einfach sehen, dass es ihnen gut geht." Wenn sie den Volan nicht mit Stärke überzeugen konnte, dann versuchte Izara wenigstens, dessen Herz zu berühren. Doch Trias schien einen Panzer umgelegt zu haben. Seine Miene war finsterer als die Ringe unter seinen Augen.

"Als deine Familie werden sie verstehen, dass es zu gefährlich für dich ist", erwiderte er scharf. "Und als Untertanen-"

"Ach, Trias", säuselte aus der Ferne eine Stimme.

Gleichzeitig ließen Izara und Trias die Köpfe nach hinten schnellen. Absätze klapperten über den Boden, gemächlichen Schrittes schritt Sila auf die Männchen und ihre Himmelsgöttin zu. Die gebürtige Lóng trug ein traditionelles Drachengewand mit roten Blumenstickereien. Die vergangenen, letzten Tage schienen wie ausradiert. Sila wirkte geradezu erfrischt und ausgeglichen, das Bad schien auch der Lóng gut getan zu haben, etwas Schaum klebte noch an ihrem Hals.

"Mir scheint", fuhr Sila fort und schwang ihr frisch gewaschenes Haar nach hinten, "du überschreitest deine Befugnisse, mein Lieber. Immerhin ist es unsere ehrenwerte Prinzessin, die einen Ausflug in unsere Drachenmetropole beabsichtigt." Sie stand nun dicht neben dem Volan, der ein tiefes Grollen von sich gab. Die Lóng schien es wenig zu berühren, ihr Lächeln brachte ihre Schneidezähne zum Vorschein, die sich Izara gar nicht so spitz vorgestellt hatte.

Kurz ließ Sila die Fassade fallen, sie verneigte sich vor ihrer Prinzessin, Ehrfurcht und Respekt lagen in ihrer demütigen Haltung, bevor sie sich wieder ganz ihrem brummenden Vordermann widmete. "Der Wunsch der Prinzessin hat oberste Priorität. Niemand außerhalb der Königsfamilie darf sich das Recht herausnehmen, die Prinzessin zu bevormunden…Sag' mir, wenn ich falsch liege, o großer Diener des Himmelsdrachen." Ihre Stimme war Süßholzgeraspel und Schwertklinge in einem. Wer jetzt zwischen die beiden Drachen ginge, der wäre entweder zu Asche verbrannt oder zu Eis erstarrt worden. Noch nie hatte Izara zwei gegensätzliche Kräfte aufeinanderprallen sehen. Selbst das bisschen Aura, das die beiden Drachen aussandten, reichte, um die Luft zum Knistern zu bringen.

"Seit wann verbrüderst du dich mit der Prinzessin?", Trias streckte die Brust heraus, er war um einiges größer als Sila und wusste dies durch seine Muskeln zu betonen.

"Ich versuche lediglich, dich daran zu hindern, deine Grenzen zu sehr auszuloten."

"Solange der König genest, habe ich die Verantwortung für die Sicherheit des Palastes und seiner Bewohner."

"Bei dem großen Drachen, Trias! Jetzt stell dich nicht so an", die Lóng stemmte die Hände in die Hüften, "du tust ja so, als würden vor Dragors Mauern die Paladine ihre neuen Speere ausprobieren. Die Stadt ist sicher. Ich weiß das, du weißt das…wieso entspannst du dich nicht einfach und gönnst dir ein wenig Ruhe, statt deine Kompetenzen zu überschreiten. Du kannst dir nämlich nicht vorstellen, wie anstrengend du nach drei schlaflosen Nächten sein kannst", ihre Augen wanderten zu Solar, "dieser überaus attraktive Blitzdrache sollte in der Lage sein, unsere Prinzessin hinreichend zu beschützen. Ist es nicht so?", ihre Lider senkten sich verführerisch. Izara war verblüfft, noch mehr von Solar, den Silas Reize vollkommen kalt ließen.

"Natürlich", antwortete Solar und salutierte.

"Siehst du, Trias. Dieser ambitionierte Soldat scheint nicht nur ein Freund unserer Prinzessin zu sein. Darüber hinaus verleiht ihm seine Stellung die ehrenvolle Aufgabe, die Prinzessin sicher nach Dragor und wieder zurück bringen zu dürfen. Oder willst du dich neuerdings gegen unsere eigenen Gesetze stellen?" Die letzten Worte kamen harsch über ihre Lippen, Izara verstand kaum ein Wort ihrer Unterhaltung, doch sie wusste, dass Sila dabei war, sie zu gewinnen. Trias war ein schlechter Verlierer, grunzend wandte er sich ab. Ein »macht doch, was ihr wollt« drang zwischen heißen Nebelschwaden, bevor der Volan davon marschiert war. Eine irritierte Wache, eine siegreiche Lóng und eine mehr als verwunderte Izara blieben zurück. Solar hatte kaum etwas an seinen Gesichtszügen verändert. Nicht einmal, als Sila ihm zweideutig zuzwinkerte und Izara beim Verlassen viel Spaß wünschte, blieb Solar der steifeste Blitzdrache, dem sie je begegnet war.



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