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Sengoku-Jidai Chronicles

von

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In Gefangenschaft

Wie von Akuma verlangt, hatte Renhou Kimie wieder in ihr Zimmer gebracht. Nur blieb sie diesmal nicht unbeaufsichtigt. Die ganze Zeit über verblieb Renhou mit ihr in dem Zimmer, allerdings hatte Kimie schon im Voraus darauf geachtet, sich nicht unmittelbar in seiner Nähe aufzuhalten. Stattdessen hatte sie sich in eine gänzlich andere Ecke des Zimmer verzogen und beobachtete auf dem Boden sitzend ihren "Wächter" äußerst argwöhnisch.

Renhou stand mit dem Rücken an der gegenüberliegenden Wand gelehnt und hatte die Arme vor der Brust verschränkt. Dabei sah er Kimie auch gar nicht an, als ahnte er, dass sie das nicht hätte ausstehen können.

Hin und wieder schweifte ihr Blick zwar zur Tür, aber er stand praktisch direkt daneben. Und selbst wenn sie es geschafft hätte, aus dem Zimmer zu kommen, aus dem Schloss kam sie trotzdem nicht raus.

>Zwecklos...<, dachte Kimie innerlich aufseufzend. >Allein schaffe ich es niemals, von hier wegzukommen. Aber was soll ich tun? Ich bräuchte Hilfe. Aber...<

"Für wahr, für Menschen ist dieser Ort in der Tat nichts. Besonders nicht für ein Mädchen."

Kimie warf Renhou auf diese Aussage hin einen finsteren Blick zu. Auch er hatte sein Augenmerk in der Zwischenzeit auf sie gerichtet. Dass sie allerdings nicht wirklich gut auf ihn zu sprechen gewesen zu sein schien, war ihm von Anfang an klar gewesen. Trotzdem blieb er ruhig in seiner Ausdrucksweise. "Schau mich nicht so finster an. Ich habe nicht etwa vor, dich zu fressen."

"Sag mir doch einfach, warum ihr mich nicht gleich tötet!", forderte Kimie ihn bissig auf. "Ich sagte euch doch schon, dass Sesshoumaru nicht herkommen wird. Wenn ihr also vor hattet, ihn etwa in einen Hinterhalt zu locken, könnt ihr das schon mal knicken. Was also erhofft sich Akuma noch davon, wenn er mich zum einen noch immer hier behält und zum anderen mich am Leben lässt?"

"Das musst du Akuma-sama schon selbst fragen", antwortete Renhou. Es schien, als wollte er dem noch etwas hinzufügen, tat dies aber erst nach einer kurzen Pause: "Aber hoffst du denn trotz allem, dass Sesshoumaru herkommen wird, um dich zu retten?"

Aber sie schwieg und schaute nur zu Boden. Sie würde ihm auf diese Frage auch nicht antworten, also unterließ es Renhou, dieses Thema etwa noch weiter zu vertiefen. Er wandte den Blick wieder von ihr ab.

Nach einem Moment, in dem keiner von ihnen beiden etwas gesagt hatte, schaute Kimie wieder auf. Verstohlen musterte sie Renhou. Da er nicht wie in den vorangegangenen Begegnungen seinen langen Mantel trug, konnte sie ihn etwas genauer in Augenschein nehmen. Er schien wie so manch anderer seines Clans eine Vorliebe für dunkle Stoffe zu haben. Das dunkelviolette, ärmellose Oberteil reichte ihm bis knapp über die Hüften und wurde unter anderem von einem weißen Stoffgürtel zusammengehalten. An den Handgelenken trug er schwarze Schoner, passend zu der schwarzen Hose und den gleichfarbigen Stiefeln. Seine Schwingen ruhten zusammengefaltet über seinen Schultern.

Obwohl es Kimie ja eigentlich egal sein konnte, fand sie von einem neutralen Blickwinkel aus betrachtet dennoch, dass Renhou durchaus eine attraktive Erscheinung gewesen war. Groß gewachsen und von ansehnlicher Statur. Ähnlich wie Sesshoumaru...

"Renhou... Das ist doch dein Name, oder?", sprach Kimie den Youkai schließlich an.

Er nickte. "Ja, das stimmt."

"Korrigiere mich, wenn ich mich irre, aber du scheinst mir nicht wie die meisten anderen aus deinem Clan zu sein."

Renhou schien über Kimies plötzliche Plauderlaune ein wenig überrascht zu sein. "Weil ich dir nicht mit Folter oder dem Tod drohe?"

Sie zuckte mit den Schultern. "So in etwa..." Es hatte ein wenig gleichgültig geklungen.

"Wie du mitbekommen haben dürftest, habe ich lediglich die Anweisung erhalten, auf dich aufzupassen. Obwohl eine Flucht von hier für dich ohnehin unmöglich ist." Renhou hörte von Kimies Seite ein etwas genervtes Aufstöhnen. Nach einem Augenblick fragte er sie ganz direkt: "Entsprach das, was du vorhin gesagt hast, der Wahrheit? Hat Sesshoumaru wirklich keinen Grund, dich zu retten?" Als Kimie ihm darauf jedoch nicht antwortete, sondern ihn nur irritiert anstarrte, fragte er noch weiter: "Sag, wie wichtig bist du ihm wirklich?"

Kimie hob abwehrend die Hände. "Also, jetzt mal ganz langsam, ja? Was soll das werden? Was interessiert dich das überhaupt?"

"Eine kleine Unterhaltung ist doch immerhin besser, als sich die ganze Zeit über anzuschweigen."

Wie er das gesagt hatte... Als wäre es das Natürlichste von der Welt gewesen.

Kimie wurde aus Renhous Verhalten wirklich nicht ganz schlau. Er war doch immerhin ihr Feind, aber trotzdem verhielt er sich nicht gerade so, wie sie es von jemandem, der sie bewachen sollte, erwarten würde. Und dann auch noch die direkte Art und Weise, wie er seine Fragen stellte... Als wären die zwei alte Bekannte gewesen, die über jedes Thema offen hätten diskutieren können.

Wirklich erklären konnte Kimie es sich nicht, aber merkwürdigerweise verlor sie nach wenigen Sekunden ihre Scheu davor, Renhou auf seine Frage zu antworten, wenngleich sie dabei sehr leise sprach: "Ehrlich gesagt, ich weiß nicht so genau, wie wichtig ich ihm bin... Ich meine, es wäre natürlich schon schön, wenn ich für ihn eine wichtige Person wäre. Er nennt mich zwar seine Gefährtin, aber er hat mir nie gesagt, dass er..."

Und obwohl sie an diesem Punkt stoppte, konnte sich Renhou seinen Teil denken. "Du meinst, dass er dich lie...?"

"Stopp!", gebot Kimie dem Ganzen plötzlich wieder Einhalt, als wäre sie aus einer Art Trance erwacht. "Warum erzähle ich dir das überhaupt? Ich werde wohl schon langsam unzurechnungsfähig... Schluss damit! Das Thema ist abgehakt! Wir haben uns gezofft und da gibt es nichts mehr, worüber es sich lohnen würde zu reden!" Und um ihren Unwillen auch noch bildlich zu demonstrieren, verschränkte sie entschieden die Arme vor der Brust und schaute weg. Da Renhou sie auch nicht weiter ausfragte, schien er ihre Botschaft verstanden zu haben. Woher nahm er sich auch überhaupt das Recht, sie auf derartige Themen anzusprechen? Gehörte das alles vielleicht mit zu Akumas Spiel? Wollte er sie auf diese Art und Weise langsam aber sicher mürbe machen, indem er Renhou auf sie ansetzte?

Kimie machte sich noch eine ganze Weile so ihre Gedanken. Aber was auch immer Renhous Absichten gewesen sein mochten, zumindest wollte er ihr offensichtlich nicht wie so ziemlich jeder andere hier an den Hals. Irgendwann richtete sie erneut seine Aufmerksamkeit auf sich, als sie ihn nun ihrerseits ganz direkt fragte: "Hey! Sag mal, gibt's hier eigentlich nur Männer? Wo habt ihr denn eure Frauen gelassen? Versteckt ihr die hier irgendwo oder seid ihr vielleicht alle anders gepolt?"

Angesichts Renhous etwas überraschtem Gesichtsausdruck schloss Kimie, dass sie ihn damit wohl ein wenig überrumpelt hatte. Trotzdem antwortete er ihr kurz darauf: "Es gibt hier keine Frauen. Zumindest nicht hier im Schloss."

Kimie zog skeptisch eine Augenbraue hoch. "Keine Frauen? Meine Güte, langweilt ihr euch denn überhaupt nicht? Und müsste eurer Clan da nicht eigentlich auf die Dauer aussterben?"

"In China halten sich noch zahlreiche von uns auf, besonders die, die damals noch zu jung waren, um sich am Kampf zu beteiligen. Akuma-sama schickte in der Vergangenheit des Öfteren einige unserer Leute in unsere Heimat zurück, um neue Krieger herzuholen. Und vielleicht auch, um für spätere Zeiten neue zu gewinnen."

"Und die Frauen?"

"Die meisten von uns halten nichts von festen Bindungen, falls du darauf anspielst." Was nun folgte, war eine Art kleiner Crash-Kurs. Kimie kam sich ein wenig vor, wie auf der Schulbank, als Renhou ihr nun noch das eine oder andere Detail bezüglich des Gemeinschaftslebens der Ryû-Youkai erläuterte. So trafen nach seiner Aussage potenzielle Paare nur zu gegebenen Zeitpunkten aufeinander, blieben in der Regel aber nicht lange zusammen. Im Grunde nur, bis die Jungen geboren wurden. Hatten diese ein entsprechendes Alter erreicht, wurden die Söhne von ihren Vätern, die dann zum entsprechenden Zeitpunkt zurückkehrten, in eine Gruppe integriert, um als Krieger gegebenenfalls später mal sogar in den Clan des Daiyoukai einzutreten. Es gab also praktisch eine "Hauptgruppe", wie etwa die von Akuma, und verschiedene "Untergruppen" mit entsprechenden Anführern, die dem Daiyoukai untergeordnet waren. Weibliche Ryû-Youkai hingegen bilden keine Gruppen, sie lebten allein und kümmerten sich um die Aufzucht der Jungen. Es gab jedoch eine einzige Ausnahme, und zwar blieb in der Regel nur jeweils der Anführer einer Gruppe mit seiner Gefährtin zusammen.

Nachdem sie sich das alles so angehört hatte, spiegelte Kimies Miene einen gewissen Unmut wieder, dem sie auch gleich ordentlich Luft machte: "Meine Güte... Wie abgedroschen ist das denn bitte? Ihr Männer schiebt den Frauen in den meisten Fällen also einfach mal so einen Braten in die Röhre und macht euch dann vom Acker? Euch sollte man allesamt mal einen kräftigen Tritt in den Hintern verpassen! Und du? Wie oft hast du diese blöde Nummer denn schon abgezogen?"

Renhou räusperte sich kurz. "Also... Ich glaube nicht, dass wir dieses Thema noch weiter vertiefen müssen."

Also doch! In der Hinsicht war Renhou wohl genau so wenig ein Kind von Traurigkeit gewesen. Ein wenig amüsiert schien Kimie nun doch zu sein. Zugleich brachte sie dieses Thema allerdings auch auf einen anderen Gedanken. Nunmehr wieder mit ruhigerer Stimme fragte sie ihn: "Aber... heißt das, du warst auch noch nie wirklich verliebt? Ich meine, wenn es bei euch nicht wirklich üblich ist, feste Bindungen einzugehen..."

Renhou, der seine Fassung inzwischen wieder gefunden hatte, antwortete erst nach einem Augenblick: "Ich weiß, dass ihr Menschen über solche Dinge wie Liebe viel nachdenkt, aber so etwas gehörte nie zu meinen Problemen. Wenn man zu viel auf seine Gefühle hört, beeinträchtigt das das Denkvermögen. Man sollte mehr auf das hören, was der Verstand einem sagt. Gefühle reiten einen viel zu oft in Schwierigkeiten hinein, von daher lässt man am besten keine zu."

Kimies Blick hatte etwas Nachdenkliches angenommen. "Du sagst, man sollte besser keine Gefühle zulassen... Meinst du das auch so? Ich habe nämlich nicht den Eindruck, als wärst du ein so gefühlskalter Typ. Eher im Gegenteil, ich halte dich sogar für äußerst aufrichtig und fair. Viele denken im Kampf nur daran, ihren Gegner mit aller Gewalt zu besiegen und greifen dabei auch zu unfairen Mitteln, aber du bist anders. Beim Kampf gegen Sesshoumaru hättest du mich oder einen anderen problemlos als Druckmittel gegen ihn einsetzen können. Und als er Toukijin nicht mehr gegen dich einsetzen konnte, hast du ebenfalls darauf verzichtet, dein Schwert zu benutzen. So handelt doch kein eiskalter Stratege, der nur auf seinen Verstand vertraut."

Renhou schien sich ihre Worte noch einmal gründlich durch den Kopf gehen zu lassen. Er konnte es nicht vermeiden, dass sich ein leichtes Lächeln auf seine Lippen stahl. "Hm! Merkwürdig... Wenn ich so darüber nachdenke, muss ich zugeben, da ist was Wahres dran. Respekt, der Punkt ging wohl an dich."

Auch Kimie konnte nun wieder ein wenig lächeln. Dabei musste sie automatisch an die Worte von Myouga zurückdenken. Es stimmte, dass einer wie Renhou auf der gegnerischen Seite stand, war wirklich irgendwie schade.

Ein plötzliches Klopfen an der Tür ließ die beiden aufhorchen. Nachdem Renhou dem Besucher den Zutritt gewährt hatte, öffnete Yu die Zimmertür. Allerdings blieb er im Gang stehen, als er seinen Kameraden ansprach: "Ich weiß, du hast hier eigentlich eine Aufgabe zu erfüllen, Renhou, trotzdem müsste ich mal mit dir sprechen."

"In Ordnung. Einen Augenblick noch, bitte." Renhou wandte sich an Kimie: "Du hast es gehört, ich muss kurz weg. Tu mir und auch dir bitte den Gefallen und bleib hier. Da draußen ist es zu gefährlich für dich, wie du schon mitbekommen haben dürftest."

Kimie nickte einverstanden. Überhaupt hatte sie ohnehin keine Lust darauf, etwa einen erneuten Fluchtversuch zu starten. Also verblieb sie in dem Zimmer, während Renhou gemeinsam mit Yu fort ging. Allerdings, es interessierte sie schon doch sehr, was Yu gewollt haben könnte. Zumindest hatte es sich ziemlich wichtig angehört.
 

Außerhalb des Schlosses saß Kagura im Beisein von Toba auf einem Felsen. Mittlerweile sträubte sie sich deutlich weniger dagegen, sich mit ihm zu unterhalten. In gewisser Hinsicht schien ihr seine Gegenwart sogar zuzusagen. Er behandelte sie zumindest nicht so, als wäre sie lediglich ein Teil von Naraku, sondern eine eigenständige Person, die durchaus ihren Wert hatte.

Was sich jüngst abgespielt hatte, war allerdings auch Kagura nicht entgangen, weshalb sie Toba letztendlich auch darauf ansprach: "Sag mal, ich habe nur am Rande etwas davon mitbekommen. Du und deine Kameraden, aus welchem Grund habt ihr gestern das Schloss verlassen?"

"Akuma-sama hat uns einen Auftrag erteilt", antwortete Toba ihr bereitwillig. "Genau genommen, wir sollten Sesshoumarus kleines Mädchen... Nun, sagen wir mal einladen."

"Ihr habt seine Gefährtin entführt?", fragte die junge Frau teils überrascht und teils ein wenig irritiert. Dass Sesshoumaru ein sterbliches Mädchen zu seiner Gefährtin bestimmt hatte, war natürlich auch ihr nicht entgangen, aber dass Akuma ausgerechnet sie hatte entführen lassen... "Was plant Akuma? Will er Sesshoumaru herlocken und ihm eine Falle stellen?"

Toba zuckte einmal mit den Schultern. "Vermutlich, aber dazu hat er sich nicht näher geäußert. Ihr müsst wissen, Akuma-sama behält gerne mal das eine oder andere Detail für sich. Sogar Takeshi-sama erzählt er nicht immer alles."

"Hm..." Kagura senkte ein wenig den Blick. Das klang nicht gut. Wenn Akuma es wirklich schaffen sollte, Sesshoumaru auf diese Art und Weise in die Knie zu zwingen und ihn gar zu besiegen, auf wen sollte sie dann noch bauen, was ihre so sehr ersehnte Freiheit anbelangte? Denn auch, wenn Sesshoumaru ihr gegenüber klargemacht hatte, dass er keinerlei Veranlassung oder Interesse hatte, ihr zu helfen, trotzdem hatte er das Ziel, Naraku zu töten und das zählte für sie. Aber wenn Akuma wiederum Sesshoumaru besiegen würde...

"Was soll dieser nachdenkliche Gesichtsausdruck? Sorgt Ihr Euch um etwas?"

Tobas plötzlich Frage holte Kagura abrupt wieder aus ihren Gedanken. Verneinend schüttelte sie den Kopf. "Nein, es ist nichts." Obwohl, vielleicht konnte ja auch Toba...

Kagura überlegte. Zumindest wäre der Ryû-Youkai einer Bitte nach Hilfe sicherlich weniger abgeneigt als etwa Sesshoumaru. Aber konnte er Naraku auch besiegen? Noch vermochte Kagura Tobas wahre Stärke nicht einzuschätzen. Sie musste sich wohl noch etwas gedulden, aber was soll's? Wenn das nötig gewesen war, damit sie endlich ihre Freiheit erlangte, dann würde sie das in Kauf nehmen. Allerdings hatte Kagura ein etwas merkwürdiges Gefühl, während sie so darüber nachdachte. Als wäre es ihr praktisch unangenehm gewesen, es in Betracht zu ziehen, Toba für ihre Zwecke ausnutzen zu wollen.

"Jetzt schaut doch nicht so finster drein", forderte er sie nach einem Moment mit einem aufmunternden Lächeln auf. "Das steht Euch nicht. Ihr solltet lieber mal lächeln. Bestimmt wärt Ihr dann noch schöner."

Kagura konnte es nicht vermeiden, ein etwas verwirrtes Gesicht zu machen. Zwar war dies nicht das erste Kompliment von Toba an sie gewesen, aber wirklich daran gewöhnt hatte sie sich immer noch nicht. Recht schnell hatte sie ihre Fassung jedoch wieder zurückerlangt. "Sei nicht albern! Ich lächle, wenn mir danach ist."

"Auch gut!", meinte Toba zufrieden. "Dann werde ich Euch eben so lange beobachten, bis es dazu kommt."

"Dann hoffe ich für dich, dass du viel Zeit mitgebracht hast", entgegnete Kagura trocken, aber trotz dieser Aussage behielt Toba seine gute Laune. Im Moment hatte er in der Tat nichts zu tun, als verblieb er bei der jungen Frau.

"Sag mal, wie geht es überhaupt deinem Bruder?", fragte Kagura auf einmal, aber ohne ihn dabei anzusehen.

"Er ist praktisch wieder fit", antwortete Toba ihr. "Zwar macht sein linker Flügel ihm noch kleinere Probleme, aber die sind eher minimal. Er hatte Glück, schließlich hätte es auch sein können, dass er nicht mehr richtig hätte fliegen können. Allerdings wird die Flughaut wohl nicht mehr vollkommen verheilen. Ich meine, sie ist zwar verheilt, aber man wird die Risse immer sehen können."

"Aber zumindest hat er überlebt", meinte Kagura.

Toba nickte befürwortend. "Ja, und dafür bin ich dankbar."

Kagura hatte schon lange mitbekommen, dass die Verbindung zwischen Toba und Rokou sehr stark gewesen war. Die beiden hielten praktisch wie Pech und Schwefel zusammen. Woher dieser Gedanke so plötzlich kam, konnte sie sich selbst nicht so recht erklären, aber irgendwie beneidete sie die beiden um ihren festen Zusammenhalt. Wie wäre es wohl für sie gewesen, ebenfalls stets jemanden zu haben, der immer und überall an ihrer Seite gestanden hätte?
 

* ~ * ~ * ~ * ~ *
 

Dadurch, dass es mehr als sicher gewesen war, dass Kimie von den Ryû-Youkai entführt worden war, hatte die Suche nach ihr entsprechend zu keinem Ergebnis geführt.

Sesshoumaru hatte seine Leute auf dem Hof versammelt, um die nächsten Schritte besprechen zu können. Allerdings war man sich unschlüssig darin, wie man weiter vorgehen sollte. Schließlich konnten die Inu-Youkai nicht einfach so bei den Ryû-Youkai aufkreuzen und dummdreist die Herausgabe von Kimie fordern. Mal abgesehen davon hatten sie auch keine genaue Ahnung davon gehabt, wo genau im nördlichen Gebirge sich Akumas Schloss befand. Vermutlich hätten sie es nach einer entsprechenden Suche letztendlich zwar gefunden, aber so etwas kostete Zeit. Zeit, die sie vielleicht nicht zur Verfügung hatten.

Nachdem eine ganze Weile keinerlei Fortschritte erzielt worden waren, ergriff Inu Yasha, der sich mit Kagome und den anderen ebenfalls auf dem Hof befand und alles bisher kommentarlos mitverfolgt hatte, an seinen Bruder gerichtet das Wort: "Hey! Du tust doch sonst immer so perfekt, als hättest du für alles eine Lösung parat. Dann lass mal hören! Wie gedenkst du nun vorgehen zu wollen, um Kimie zu retten? Oder willst du sie ihrem Schicksal überlassen?"

"Inu Yasha..." Kagome blickte verunsichert zur Seite.

Von Sesshoumaru fing sich der Hanyou einen stechenden Blick ein. "So lange du keinen nützlichen Vorschlag zu verlauten hast, rate ich dir, besser zu schweigen, Inu Yasha. Sonst bereite ich deinen unnützen Kommentaren persönlich ein Ende!"

"Tse! Kannst es ja gerne versuchen, wenn du dich traust!"

"Jetzt hör doch auf damit, Inu Yasha!", mischte sich Miroku ein. "Es ist ja schließlich nicht so, als stünden wir alle zu unserem eigenen Vergnügen hier rum."

Der Hanyou murrte etwas Unverständliches in sich hinein. Er wusste es ja im Grunde selbst, aber es war eben die Macht der Gewohnheit gewesen, entsprechend auf Sesshoumarus Äußerungen zu reagieren. Dass Inu Yasha selbst damit angefangen hatte, schob er im Moment lieber beiseite.

Ashitaka konnte nicht länger einfach nur so auf der Stelle stehen bleiben. Stattdessen lief er ein wenig umher, schaute sich ab und zu um. Dabei blickte er auch mal in die Ferne zum Himmel hinauf und blieb abrupt wieder stehen. Irgendetwas Großes näherte sich. "Sesshoumaru! Da kommt einer von Akumas Flugdrachen!"

Auch alle anderen entdeckten nun den Flugdrachen, der immer näher kam. Zuerst war die Versuchung groß gewesen, das Ungetüm schnell und unkompliziert vom Himmel zu holen, doch Sesshoumaru hielt seine Leute bewusst zurück. Auch dann, als er erkannte, dass Akuma auf dem Rücken des Flugdrachen ritt. "Lasst ihn landen. Ich ahne, was er will."

Akuma war ohne jegliche Begleitung hier erschienen. Das war ein mehr als eindeutiges Zeichen dafür gewesen, dass er es dieses Mal nicht auf eine kämpferische Auseinandersetzung angelegt hatte. Sesshoumaru war sich todsicher darin gewesen, dass er wegen Kimie gekommen war.

Die Erde bebte, als Akumas Flugdrache auf dem großen Hof landete. Die mächtigen Krallen seiner kräftigen Hinterbeine bohrten sich tief in den Boden. Der Drache stach besonders durch sein aggressives Auftreten hervor. Wild warf er den Kopf herum und stieß ein bedrohliches Brüllen aus. Erst, als Akuma mal etwas fester an den Zügeln zog, nahm sich sein Drache wieder zusammen. Gehorsam faltete er sein Schwingen an den Seiten seines Körpers zusammen, behielt aber seine Umgebung argwöhnisch im Auge.

Akuma stützte sich mit den Unterarmen in gelassener Haltung auf den Sattel seines Reittieres. Er schien gerade etwas sagen zu wollen, als er jedoch ein gequältes Stöhnen vom Boden her wahrnahm. Als er sich etwas nach vorne beugte, um runterzuschauen, sah er, dass sein Drache auf etwas, bzw. jemanden draufstand. Das Ungetüm hob seine Klaue erst nach einer entsprechenden Aufforderung seines Herrn. Mitten in einem großen Fußabdruck lag ein etwas geplätteter Jaken. Er hatte sich offenbar nicht mehr rechtzeitig in Sicherheit bringen können, als der Drache gelandet waren.

"Jaken-sama!", rief Rin erschrocken, wurde allerdings von Sesshoumaru zurückgehalten, als sie Anstalten machte, zu dem Krötendämon zu eilen. Auf keinen Fall durfte sie zu nahe an Akuma herankommen!

Jaken krabbelte indes wieder aus dem Fußabdruck heraus und entwickelte auf einmal wieder neue und ungeahnte Fluchtenergien, als er bei einem flüchtigen Blick nach hinten in die rot glühenden Augen des Flugdrachen starrte.

Akumas Mitleid bezüglich Jaken hielt sich allerdings eher in Grenzen. Das war auch an der Art und Weise zu hören gewesen, wie er sich entschuldigte, wenn man es überhaupt so nennen konnte: "Oh! Ein bedauerliches Missgeschick. Ich hoffe, du nimmst mir das nicht allzu übel, Sesshoumaru. Aber es ist wirklich zuvorkommend von dir, dass du mich ohne weiteres in Empfang genommen hast."

"Wo ist sie?", fragte Sesshoumaru aber nur sofort in scharfem Ton, ohne auf die vorangegangene Aussage einzugehen.

Akuma hob mit gespielter Unschuld eine Augenbraue. "Wen meinst du? Vermisst du etwa jemanden?"

"Glaub nicht, du könntest mich zum Narren halten, Akuma! Ich weiß ganz genau, dass du Kimie hast entführen lassen! Sag mir auf der Stelle, wo sie ist und was du mit ihr gemacht hast!" Obwohl man Sesshoumarus Wut genau spüren konnte, trat er dennoch souverän und beherrscht auf. Auf keinen Fall würde er vor Akuma die Kontrolle verlieren. Schon gar nicht, wenn dieser sich offenbar schon sicher gewesen zu sein schien, in aller Ruhe seine Spielchen spielen zu können.

Akuma richtete sich im Sattel wieder in eine aufrechte Sitzposition auf. "Schade, und dabei hatte ich mir schon alles so schön zurechtgelegt. Ich hasse es, auf die Schnelle alles umkrempeln zu müssen", meinte er mit gespieltem Bedauern. Dann wandte er sich jedoch wieder direkt an Sesshoumaru: "Da du ja bereits alles zu wissen scheinst, erspare ich mir lange Vorreden und sage dir nur so viel: Deine kleine Gefährtin ist tatsächlich bei uns im Schloss."

Kagome schlug sich erschrocken die Hand vor den Mund. "Oh, nein! Kimie..."

Indes hatte Inu Yasha sein Schwert Tessaiga gezogen und deutete mit dessen Klinge direkt auf den Feind. "Hör mal zu, du Dreckstyp! Wenn du schlau bist, dann lässt du sie besser schnellstens wieder frei! Ist das klar?!"

Akuma schaute eher flüchtig zu dem Hanyou. "So, ich soll sie also frei lassen, ja? Hmm..." Er ließ seinen Blick kurz schweifen und zuckte dann mit den Schultern. "Von mir aus, wenn ihr irgendeine sinnvolle Verwendung für Leichen habt."

"Wie bitte? Leichen?!" Miroku wollte seinen Ohren nicht trauen, ebenso wie die anderen.

Sango wagte kaum, den Mund aufzumachen. "Soll... soll das etwa heißen, dass...?"

"Nein! Das ist eine Lüge! Du lügst doch!", schrie Kagome energisch und wollte auf Akuma zugehen, doch wurde sie von Inu Yasha zurückgehalten.

"Nicht, Kagome! Komm ihm nicht zu nahe!"

Akuma beobachtete die Reaktionen der einzelnen. Kagome und ihre Freunde hatten seiner Einschätzung entsprechend reagiert. Auch in den Augen des einen oder anderen der Inu-Youkai las er das Entsetzen.

Aus Ashitakas Kehle drang ein bedrohliches Knurren. "Du Mistkerl! Du hast Kimie-chan also wirklich...?!"

"Na, na! Wir wollen mal nicht ausfallend werden", fuhr ihm Akuma abfällig lächelnd dazwischen. "Vor ihrem Ableben hatte sie sogar noch etwas Spaß, um es mal so auszudrücken. Ich hätte nicht gedacht, dass Menschenweiber auf eine gewisse Art und Weise doch einen gewissen Reiz haben können. Und sie lassen sich erstaunlich leicht zur Mätresse machen."

"Du widerlicher Dreckskerl!"

"Wo liegt denn euer Problem? Schließlich hat die Kleine nicht den Eindruck gemacht, als hätte es sie gestört. Ihr schien es sogar eher so ziemlich egal zu sein, auf was für einen Youkai sie sich letztendlich einlässt. Aber eigentlich kann es dir auch herzlich egal sein, oder, Sesshoumaru?" Akumas Augenmerk war nun voll und ganz auf seinen ärgsten Widersacher gerichtet. "Schließlich hattest du sie ja offenbar bereits wieder abserviert. Zumindest hat sie etwas in der Art erwähnt, aber dass sie so rasch über dich hinweggekommen ist... Es überrascht mich ehrlich gesagt, dass jemand wie du sich mit so einem Mädchen abgegeben hat."

"Das ist gelogen!", schrie Kagome voller Wut. "Kimie ist nicht so, ich weiß es! Wenn es stimmt, was du da behauptest, dann hast du sie garantiert...!" Aber sie brach ab. Sie konnte und wollte es nicht aussprechen.

Ungeachtet ihres Ausbruchs, galt Akumas Aufmerksamkeit nach wie vor Sesshoumaru. Dieser hatte bisher noch kein einziges Wort von sich gegeben.

"Was ist los, Sesshoumaru?", fragte Akuma herablassend. "Hast du nichts dazu zu sagen? Oder weißt du schlichtweg nicht, was du sagen sollst?"

Aber noch immer schwieg Sesshoumaru. Seine Miene war kalt und unergründlich. Es war überhaupt nicht klar, was ihm gerade durch den Kopf ging.

"Ich dachte mir, es wäre nur fair, wenn ich dir persönlich sage, was aus dem Mädchen geworden ist", sprach Akuma schließlich weiter. "Da das nun erledigt ist, verabschiede ich mich nun wieder. Unsere nächste Begegnung dürfte dann wieder weniger friedlich ablaufen." Sein Flugdrache breitete die Schwingen aus, stieß sich kraftvoll mit den Hinterbeinen ab und erhob sich unter einigen mächtigen Flügelschlägen in die Luft. Ungehindert verließ er das Schlossgelände und trat den Rückflug an.

Eine unheimliche Stille breitete sich aus. Jeder schaute im Augenblick mit verunsicherter Miene zu seinem Nachbarn rüber.

"Akuma, dieser elende...!" Voller Wut rammte Ashitaka sein Schwert in den Boden, dass sogar Miyuki einen Schritt zurückwich und Tôya leicht hoch geschreckt war.

Hilfe suchend schaute sich indes Shippou um. "Glaubt ihr... dass er die Wahrheit gesagt hat? Hat er Kimie wirklich...?" Er wollte es nicht aussprechen. Allein die Vorstellung, Akuma hätte Kimie getötet oder töten lassen, ließ den kleinen Kitsune innerlich zusammenzucken.

"Nein! Er hat gelogen!", schrie Kagome plötzlich von neuem und lief los.

Inu Yasha konnte sie gerade noch am Handgelenk ergreifen. "Warte, Kagome! Was hast du denn vor?"

"Was wohl?! Ich will zu Akumas Schloss!"

"Sei doch nicht albern! Wie willst du da überhaupt hinkommen?"

"Ich glaube nicht daran!", schrie sie weiter. "Ich glaube nicht daran, dass Kimie tot ist! Akuma hat gelogen! Sie ist nicht tot! Wir müssen ihr helfen! Wir können hier doch nicht einfach nur herumsitzen und..." Kagomes Stimme versagte und sie sank kraftlos in die Knie. Inu Yasha konnte sie gerade noch auffangen.

"Kagome?"

"Das ist so unfair...", flüsterte sie mit tränenerstickter Stimme. Ihre Hände krallten sich in Inu Yashas Kimono. Dann ging bei ihr gar nichts mehr und sie weinte einfach nur noch. So gut es ihm möglich war, versuchte Inu Yasha ihr Trost zu spenden. Behutsam hielt er Kagome in den Armen und redete beruhigend auf sie ein. Aber auch er vermochte im Augenblick nicht zu sagen, ob man Akumas Worten Glauben schenken konnte oder nicht. Er blickte sich um. In den Gesichtern der anderen stand größtenteils Unschlüssigkeit.

"Was tun wir jetzt?", fragte Sango irgendwann, wenngleich auch sie verunsichert klang. Eine Antwort erhielt sie jedoch nicht.

Die Blicke aller richteten sich nun auf Sesshoumaru, aber dieser zeigte nach wie vor keinerlei Reaktion. Auch seine Mimik gab noch immer keinerlei Aufschluss darauf, was gerade in ihm vorging. Auch traute sich keiner, ihn etwa anzusprechen.

Irgendwann machte Sesshoumaru kehrt. Niemand hielt ihn auf, als er letzten Endes wortlos wieder im Schloss verschwand.

"Sesshoumaru-sama..." Zuerst wollte Rin ihm folgen, ließ es dann aber bleiben. Für sie war das, was eben passiert war, noch immer nicht ganz begreifbar gewesen. Kimie sollte tot sein? Das konnte sie nicht glauben.

Auch Sesshoumaru konnte es nicht glauben. Als wäre sein Geist im Moment irgendwo anders schritt er durch die Gänge des Schlosses. Das, was Akuma gesagt hatte, spukte wie in einer Endlosschleife in seinem Kopf herum.

Sesshoumaru kam erst wieder zum Stehen, als er Touran entdeckte, die vor ihrem Zimmer stand. Sie hatte ebenso wie ihre Geschwister Akumas Besuch aus dem Hintergrund heraus mitverfolgt. Es fiel der Panther-Dämonin sichtlich schwer, zu sprechen: "Sesshoumaru... Das gerade eben... Ich... Es tut mir..." Sie verstummte, als er seinen Weg fortsetzte und dabei auch an ihr vorbeikam.

"Lass mich in Ruhe!" Obwohl er eher leise gesprochen hatte, hatte es dennoch wie ein strenger Befehl geklungen.

Touran sagte nichts, sondern ließ ihn ziehen. Was hätte sie auch sonst tun sollen? So beobachtete sie nur noch, wie Sesshoumaru letztendlich hinter der nächsten Biegung verschwand.
 

* ~ * ~ * ~ * ~ *
 

In Akumas Schloss lief Kimie in ihrem Zimmer indes Gefahr, vor lauter Langeweile wirklich noch einzugehen. Vorher hätte sie das nie für möglich gehalten, aber es ging ihr tierisch auf den Zeiger, wie lange Renhou sie mittlerweile hatte warten lassen. >Wo bleibt er denn so lange? So ganz allein ist es doch ziemlich öde, und er war zumindest ein akzeptabler Gesprächspartner...<

Andererseits bot ihr das Alleinsein wiederum Gelegenheit, noch einmal gründlich über alles nachzudenken. Bestimmt war es den anderen schon längst aufgefallen, dass sie nicht mehr da gewesen war, aber was mochten sie sich gedacht haben? Dass Akuma sich auf den Weg zu Sesshoumarus Schloss gemacht hatte, war Kimie gleich klar gewesen. Doch was hatte er ihnen allen wohl erzählt? Was verfolgte der Kerl nur wirklich für ein Ziel? Und wie mochte Sesshoumaru wohl reagiert haben?

Kimie seufzte auf. Hätte sie die letzten Tage zurückdrehen können, sie hätte es getan.

Als sie mit einem Mal Schritte auf dem Gang vernahm, schaute sie auf. Anscheinend kam Renhou wieder zurück. Gespannt beobachtete Kimie, wie sich die Schiebetür zu öffnen begann, doch als sie erkannte, wer nun den Raum betrat, war sie sofort vom Boden aufgesprungen. Sie wollte ihren Augen nicht trauen. "Naraku!?"

Das konnte doch nur ein schlechter Traum sein! Ein Albtraum, oder noch viel schlimmer! Was machte dieser Kerl hier?

Hinterhältig lächelnd schloss Naraku indes die Schiebetür wieder hinter sich. "Oh! Du erinnerst dich also noch an mich."

"Was dachtest du denn?", fragte Kimie schnippisch, nachdem der erste Schock wieder von ihr gewichen war. "Deine Visage vergesse ich garantiert nicht! Hey! Wird es dir auf die Dauer nicht eigentlich zu blöd, ständig ein totes Tier mit dir herumzutragen?" Dabei sprach sie natürlich auf das Pavianfell an, ehe ihre Stimme einen misstrauischen Unterton annahm: "Aber dann scheint die anfängliche Vermutung von Inu Yasha und den anderen ja gestimmt zu haben. Du arbeitest mit Akumas Clan zusammen."

"Ich würde es eher als eine Zweckgemeinschaft ansehen", entgegnete Naraku. "Denn dafür, dass Akuma und seine Leute mir deine Freunde und Sesshoumaru vom Hals schaffen, versprach ich ihnen im Gegenzug Splitter des Shikon no Tama. Einem solchen Köder erliegt so gut wie jeder."

"Und was willst du jetzt von mir?"

Naraku behielt den Abstand zu Kimie bei, während er einmal durch das Zimmer hinüber zu den Fenstern schritt. Dabei bemerkte er ganz genau, wie sie ihm mit ihrem Blick folgte. "Da ich schon mal hier bin, wollte ich dir die Höflichkeit erweisen und dir einen kurzen Besuch abstatten. Es gibt ohnehin etwas, worüber ich mit dir hatte reden wollen."

"Ach! Und was soll das bitteschön sein?", fragte Kimie bissig.

Naraku jedoch blieb in seinem Auftreten ruhig und souverän. "Zugegeben, es mag einige Zeit vergangen sein, aber erinnerst du dich noch? Du hast in der Vergangenheit sehr in meine Pläne eingegriffen."

"Hä?" Kimie verstand nicht so recht, worauf er hinaus wollte. "Was redest du für einen Mist?! Wir beide haben doch gar nicht miteinander gekämpft!"

"Das vielleicht nicht, aber du hast Sesshoumaru bei seinem letzten Kampf gegen Kuromaru geholfen und somit mit zu Sesshoumarus Sieg beigetragen."

"Was habe ich denn gemacht?" Aber da fiel es Kimie wieder ein. Während des Kampfes hatte sie mit Tenseigas Hilfe so etwas wie eine geistige Verbindung zu Sesshoumaru aufgebaut (siehe "Abenteuer im Mittelalter", Kapitel 33). Aber war diese letztendlich so sehr ausschlaggebend für seinen Sieg über Kuromaru gewesen? Bevor sie sich darüber allerdings noch weitere Gedanken machen konnte, beobachtete sie, wie Naraku ihr etwas präsentierte, was er in seiner rechten Hand hielt.

"Weißt du, was das hier ist?" Er öffnete seine Hand. Eine Art kleine runde Kugel, von der ein schwaches Leuchten ausging, ruhte auf seiner Handfläche. Allerdings wies der kleine Gegenstand an einer Stelle eine Bruchstelle auf, als würde da noch etwas fehlen.

Und obwohl Kimie diese Kugel zuvor noch nie so gesehen hatte, wusste sie gleich, um was es sich dabei handelte. "Das ist... das Shikon no Tama, nicht wahr?"

Naraku nickte. "Ja, und es ist fast wieder vollständig zusammengesetzt. Doch je weniger Splitter letztendlich noch fehlen, umso schwerer wird es, diese letzten Bruchstücke zu finden."

"Und? Erwartest du etwa von mir, dass ich jetzt vor lauter Mitgefühl für dich in Tränen ausbreche?" Der Zynismus in ihrer Stimme war unüberhörbar gewesen.

"Eigentlich bin ich es ja mehr, der hier das Mitgefühl empfinden sollte. Und zwar für dich, meine Liebe."

Diese Ansage irritierte Kimie nur noch mehr. "Was erzählst du denn da?"

Naraku wandte seinen Blick wieder von dem Mädchen ab. Stattdessen begann er auf einmal, ohne überhaupt so wirklich auf ihre Frage geantwortet zu haben, irgendetwas zu erzählen: "Das menschliche Leben ist doch so erbärmlich kurz, nicht wahr? Und niemand kann voraussagen, wie viel Zeit einem am Ende wirklich bleibt. Wie mag es wohl in der Hinsicht um dich stehen?"

Kimie entgegnete nichts darauf. Sie beobachtete Naraku nur weiterhin äußerst misstrauisch. Was wollte er ihr damit sagen?

Aber Naraku schien auch gar nicht zu erwarten, dass sie etwas auf seine Worte erwiderte. Dafür ergriff er wiederum das Wort: "Das Shikon no Tama verfügt über große Kräfte und seine Schönheit wird umso größer, je mehr es durch Boshaftigkeit verdorben wird." Er brach ein Stück aus dem Juwel heraus und hielt den kleinen Splitter hoch. "Sag mir, würdest du die Kräfte dieses Splitters hier für deine eigenen Zwecke verwenden? Allein schon dieser kleine Bestandteil des Juwels verfügt über große Kraft. Unter anderem könnte er dir eine Tür öffnen, die anderen Normalsterblichen unter gewöhnlichen Umständen stets verschlossen bleiben würde: Ein erstaunlich langes Leben und die Erhaltung der Jugend. Ist das nicht eine sehr verlockende Aussicht? Besonders für jemanden in deiner Situation?"

Da wurde es Kimie schlagartig klar. Darauf hätte sie auch wirklich früher kommen können. Naraku sprach auf ihre Beziehung zu Sesshoumaru an. Aber es war ihr von Anfang an klar, dass an dieser Geschichte etwas faul gewesen war. "Mit anderen Worten: Ich soll irgendetwas für dich machen, was Kagome, Inu Yasha und den anderen schadet und im Gegenzug erweist du mir den kleinen Gefallen, mir zumindest einen Splitter zu überlassen."

"Gut erkannt", bestätigte Naraku Kimie, sein falsches Lächeln beibehaltend. "Und wenn du ganz ehrlich zu dir bist, dann würdest du doch allzu gerne die Kraft des Shikon no Tama für dich nutzen. Denn du verfluchst dein Schicksal als bloßer Mensch, oder etwa nicht? Du hasst es und wünschst dir, es wäre alles anders. Und du hasst diese Panther-Dämonin. Touran war ihr Name, nicht wahr?"

Erschrocken starrte Kimie Naraku an. "Aber woher...?"

"Meine Augen sind an vielen Orten", antwortete er ihr rasch. "So weiß ich auch, dass sie ein Auge auf Sesshoumaru geworfen hat. Und du hast es auch gemerkt. Doch mit der Kraft dieses Splitters hättest du keine Nachteile mehr. Und du könntest viele Menschenleben überdauern, ohne dabei deine Jugend einbüßen zu müssen. Fast so wie ein Youkai."

Für einen kurzen Augenblick war Kimie wirklich versucht gewesen, Narakus Angebot anzunehmen. Die Möglichkeiten, die sich ihr somit bieten konnten, waren in der Tat sehr verlockend gewesen. Und hatte sie sich das nicht im Grunde auch gewünscht?

>Kann ich auf diese Weise wirklich...? Es wäre zumindest eine Chance...<

Doch plötzlich pfiff sie sich selbst wieder zurück. "Nein! Das ist falsch!" Denn ganz egal, ob sie sich von Naraku würde helfen lassen oder nicht, das änderte nichts daran, dass er es darauf abgezielt hatte, Kagome, Inu Yasha und den anderen und auch Sesshoumaru zu schaden. Was hätte sie bitte von dem Splitter gehabt, wenn sie dafür alles andere verlieren sollte? Nein! Auf diesen Handel würde sie sich auf Leben und Tod niemals einlassen!

"Vergiss es, Naraku! Ich spiele nicht deine Marionette, so möchte ich nicht sein! Dass ich als Mensch nicht für immer an Sesshoumarus Seite sein kann, tut natürlich weh, obwohl ich es vom Verstand her akzeptiere..." Sie stoppte. Von wegen, es wäre vorbei gewesen, sie spürte es nach wie vor und hatte es mit diesem Satz auch selbst bestätigt: Sie liebte Sesshoumaru noch immer und wollte im Grunde gar nicht fort von ihm. "Meine Wut auf mein Dasein als bloßer normalsterblicher Mensch und meine Eifersucht auf Touran... Das sind ganz normale Gefühle, wie man sie zeitweise haben kann. Aber deshalb werde ich mich noch lange nicht selbst erniedrigen! Das kannst du voll knicken, da spiele ich nicht mit! Da lasse ich mich doch lieber von dir oder einem dieser Ryû-Youkai umbringen, als dass ich meine Freunde und Sesshoumaru hintergehe!"

Naraku hatte Kimie die ganze Zeit über aufmerksam zugehört, doch wirklich überrascht wirkte er nicht. Er hatte sich schon gedacht, dass sie so reagieren würde. Dennoch schien es so, als wollte er eben noch etwas zu ihr sagen, als plötzlich die Tür des Zimmer zur Seite geschoben wurde.

"Dürfte ich erfahren, was du hier zu suchen hast?", fragte Renhou sofort äußerst harsch an Naraku gerichtet.

Dieser hatte das Shikon no Tama zuvor wieder versteckt, ehe er unbeeindruckt entgegnete: "Genau so gut könnte ich dich fragen, weshalb du deinen Posten verlassen hast. Solltest du nicht eigentlich auf das Mädchen hier aufpassen?"

Ein bedrohliches Knurren war von Renhous Seite zu hören gewesen.

Naraku hob abwehrend eine Hand. "Ich habe schon verstanden. Reg dich nicht auf, ich bin schon weg." Während er an dem Ryû-Youkai vorbei zur Tür schritt, warf er noch einmal einen Blick auf Kimie. Gut, dieses Vorhaben ging zwar daneben, aber für ihn war das kein Rückschlag. Er hatte es lediglich in Betracht gezogen, sein Vorhaben noch etwas weiter auszubauen, aber so würde er eben weitermachen wie bisher.

Nachdem Naraku das Zimmer wieder verlassen hatte, wandte sich Renhou Kimie zu. "Ist alles in Ordnung?"

"Ja, schon okay...", antwortete sie knapp und lehnte sich mit dem Rücken gegen die Wand.

Indes schaute Renhou noch einmal zur Tür. Der Grund, weshalb Yu zuvor mit ihm hatte sprechen wollen, war natürlich Naraku gewesen. Und obwohl Yu diesen Hanyou so gut wie möglich unter Beobachtung hielt, es schien, als wäre dieser ihnen allen immer einen Schritt voraus gewesen. Er machte einfach keine Fehler, der ihn als Betrüger hätte entlarven können. Renhou war sich mehr als sicher, dass Narakus Besuch bei Kimie ebenfalls etwas zu bedeuten gehabt hatte. Nur, was das gewesen sein konnte, konnte er sich nicht so wirklich erklären. Und angesichts der Tatsache, dass sie im Augenblick irgendwie innerlich aufgewühlt wirkte, wollte er sie auch nicht bedrängen, ihm Rede und Antwort zu stehen.

In der Tat war Kimie momentan etwas fertig mit ihren Nerven gewesen. Als Naraku mit ihr gesprochen hatte, war plötzlich wieder alles hochgekommen. Aber trotz allem hatte sie nicht vor, sich zu seinem Werkzeug machen lassen! Auf keinen Fall!
 

* ~ * ~ * ~ * ~ *
 

Mit verschränkten Armen saß Takeshi abwartend auf einem Felsen und schaute dabei immer wieder zum Himmel hinauf. Aber auch seine Umgebung behielt er im Auge. Schließlich war das hier die Grenze zu den westlichen Ländern, da konnte es ganz schnell vorkommen, dass er womöglich von einem der Inu-Youkai entdeckt werden würde. Trotzdem wollte er so lange wie möglich auf Akuma warten.

Plötzlich spitzte Takeshi die Ohren und schaute auf. Da flog Akumas Flugdrache und wie es aussah hatte Akuma seinen Bruder bereits entdeckt, denn er setzte sogleich zur Landung an. Der Flugdrache landete sicher auf dem Gras und faltete seine Schwingen zusammen. Akuma verblieb auf seinem Rücken, während er das Wort an Takeshi richtete: "Schau mal einer an! Kleiner Bruder, was führt dich denn hierher?"

"Ich wollte lediglich erfahren, wie es so bei dir gelaufen ist?", entgegnete der Jüngere, ohne dabei zunächst von seinem Sitzplatz aufzustehen.

Akuma dachte sich nichts weiter bei Takeshis Frage. "Nun, ich denke, zumindest dürfte ich für einige Verwirrung gesorgt haben." Er erzählte knapp, was sich zugetragen hatte.

Anders als Akuma, so verstand Takeshi es nicht gerade besonders, sich hinter einer undurchschaubaren Miene zu verbergen. Für gewöhnlich sah man ihm seine Gefühlsregungen ziemlich rasch an. Diesmal jedoch bemühte er sich zumindest darum, bei gewissen Punkten nicht allzu erschrocken dreinzublicken. Wobei, dass Kimie nicht tot war, wusste Takeshi selbst, aber was war mit dieser anderen Sache? Sie hatte ihm doch noch selbst gesagt, es wäre bis auf diesen einen Vorfall nichts gewesen.

"Du hast sie angelogen, Akuma", meinte Takeshi schließlich. "Du hast gelogen, was das Mädchen betrifft. Weder hast du sie getötet, noch hast du sie... Ich meine, das hast du doch nicht, oder?"

Akuma zuckte mit den Achseln. "Und wenn schon! Es reicht, wenn Sesshoumaru und seine Leute der Geschichte Glauben schenken. Obwohl... Das müssen schon sehr einfältige Narren sein, wenn sie ernsthaft glauben, jemand wie ich würde sich wirklich auf ein Menschenweib einlassen. Doch was kümmert es mich? Wie gesagt, wenn sie es glauben, habe ich im Endeffekt umso mehr Spaß. Die Kleine brauchen wir ohnehin bald nicht mehr. Wenn der richtige Zeitpunkt gekommen ist, entledigen wir uns ihrer Anwesenheit. So gesehen habe ich nicht wirklich gelogen, sondern lediglich etwas vorweg genommen."

"Aber warum das alles?", fragte sein Bruder und stand auf.

"Du hättest Sesshoumarus Gesicht sehen müssen." In Akumas Augen sah man deutlich den Ausdruck von Genugtuung. "Es war zwar keine große Regung darin vorhanden gewesen, aber ich habe es genau gespürt; sein inneres Chaos. Und ebenso habe ich seinen Drang gespürt, mich zu töten, doch er hat mich ziehen lassen."

"Aber... warum?"

"Nun, vielleicht hat er ja Angst. Immerhin konnte er schon gegen Renhou nicht bestehen. Angekratzter Stolz und jetzt auch noch die Geschichte mit dem Mädchen. Ich bin mal gespannt, wie lange er braucht, um sich davon zu erholen." Auf ein Kommando hin breitete Akumas Flugdrache seine Schwingen wieder aus. "Ich fliege zum Schloss zurück. Was ist mit dir?"

Doch Takeshi schüttelte leicht den Kopf. "Geh vor. Ich komme dann gleich nach."

"Wie du meinst, aber lass dich nicht etwa von einem dieser Hunde erwischen." Damit ließ Akuma seinen Flugdrachen wieder in den Himmel emporsteigen. Die Augen seines Bruders folgten ihm noch eine ganze Weile, bis er letztendlich nur noch ein kleiner Punkt in der Ferne war. Seufzend fuhr sich Takeshi mit der Hand durch 's Haar, ehe sein Blick sich in jene Richtung bewegte, in welche Sesshoumarus Schloss lag. Es mochte vielleicht gut zwei Stunden von seinem eigenen Aufenthaltsort entfernt liegen. Aber konnte er das wirklich tun? Sich dorthin begeben?

>Akuma ist nicht zimperlich. Wenn er den Zeitpunkt für gekommen sieht, wird er Kimie bestimmt töten, und ich habe nicht die Mittel, ihn daran zu hindern. Verdammt!<

Takeshi musste unbedingt verhindern, dass Akuma sein Vorhaben in die Tat umsetzen konnte! Doch was sollte er tun? Er konnte sich nicht in einem offenen Kampf gegen seinen Bruder stellen und allein konnte er Kimie auch nicht aus ihrer misslichen Lage heraushelfen. So gesehen blieb ihm letztendlich nur noch eine Möglichkeit, und obwohl sie ihm nicht gefiel, hatte er keine andere Wahl, wenn er Kimie wirklich helfen wollte.
 

* ~ * ~ * ~ * ~ *
 

Mit Akumas Besuch hatte sich die Situation im Schloss der Inu-Youkai nicht gebessert. Keiner wusste im Moment so wirklich, was er tun sollte. Damit sie allerdings nicht etwa überraschenderweise angegriffen werden konnten, durchstreifte Ashitaka gemeinsam mit Tôya und Subaru die umliegenden Wälder. Aber auch bei ihnen gab es nur ein Gesprächsthema.

"Sesshoumaru lässt seit einigen Stunden niemanden an sich heran. Ich habe schon mehrere Male versucht, mit ihm zu sprechen, aber er verweigert mir hartnäckig den Zutritt in seine Privaträume." Ashitaka seufzte. Mal abgesehen davon, dass Sesshoumaru im Augenblick keinen zu sehen wünschte, trauten sich momentan auch die meisten gar nicht an ihn heran. Denn so ziemlich jeder hatte sie gespürt; diese mühsam unterdrückte Wut, die ihr Herr empfand. Aber da war auch noch etwas anderes gewesen...

"Glaubt ihr denn, dieser Akuma hat die Wahrheit gesagt?", fragte Subaru nach einer kurzen Pause. Seine beiden Kameraden tauschten untereinander kurz ihre Blicke aus.

"Selbst, wenn er gelogen hätte", antwortete Tôya, "was sollten wir dann tun? Wir wissen nur, dass sich das Schloss der Ryû-Youkai irgendwo in den Bergen im Norden befindet, aber wo genau? Und wenn das Mädchen wirklich noch lebt, wird Akuma sie garantiert töten, bevor ihr jemand helfen kann und er Wind davon bekommt."

"Und was ist mit Sesshoumaru-sama?", fragte Subaru weiter. "Denkt er genau so und handelt deshalb nicht?" Denn obwohl er selbst nicht wirklich viel zu der Beziehung zwischen Sesshoumaru und Kimie hatte sagen können, kam es Subaru doch mehr als eigenartig vor, dass Sesshoumaru Akumas Worte einfach so hinzunehmen schien. Das passte einfach nicht zu ihm, seinen Feinden einfach so freie Hand zu lassen.

Es war Ashitaka, der nun antwortete: "Was im Augenblick in Sesshoumaru vorgeht, vermag wohl keiner von uns zu sagen. Zugegeben, ich wundere mich auch, aber andererseits können wir ihn nicht dazu drängen, etwas zu tun." Und trotzdem war auch ihm Sesshoumarus Verhalten ein Rätsel gewesen. Nicht, dass er ansonsten einfach einzuschätzen gewesen wäre, aber das...

"Was haltet ihr eigentlich von diesem Gerücht?", fragte Subaru nach einem Moment. Als seine Kameraden ihn daraufhin aber nur fragend anschauten, fuhr er fort: "Ich spreche von der Sache mit Sesshoumaru-sama und dieser Panther-Dämonin. Fragt mich nicht, woher das kommt, aber einige munkeln sich da etwas zusammen. Es heißt, zwischen den beiden wäre etwas vorgefallen."

Als Ashitaka als erster stehen blieb, taten es ihm die anderen automatisch gleich. Bisher hatte er dieses Thema nicht offen zur Sprache bringen wollen, aber auch er hatte etwas in der Art gehört. Hinter vorgehaltener Hand hatte er einige der anderen miteinander tuscheln hören. Es ging gar die Vermutung um, Kimie wäre letztendlich aus diesem Grund fort gegangen und angesichts der jüngsten Ereignisse erst dadurch in die Fänge der Ryû-Youkai geraten. Lag darin vielleicht die Antwort? Gab sich Sesshoumaru vielleicht die Schuld an dieser ganzen Geschichte und war deshalb unschlüssig in dem, was er tun sollte? Vorausgesetzt natürlich, diese Geschichte hätte der Wahrheit entsprochen, aber irgendwie konnte sich Ashitaka das nicht vorstellen.

"Ich glaube nicht, dass er Kimie-chan bewusst verraten würde", meinte er von daher überzeugt. "Und ich finde, wir sollten Sesshoumaru auch nicht darauf ansprechen. So wie die Dinge im Moment stehen, wäre das keine gute Idee."

Der Ansicht waren auch Tôya und Subaru gewesen, und sicherlich würde auch so ziemlich jeder andere, der zumindest noch einigermaßen klar denken konnte, 'nen Teufel dabei tun, Sesshoumaru darauf anzusprechen.

Plötzlich horchte Tôya auf. "Seid mal ruhig! Da kommt etwas auf uns zu!"

Aufmerksam lauschten nun auch Ashitaka und Subaru. Tatsächlich, da war dieses Geräusch, das klang, als würde etwas Großes durch die Luft fliegen. Die drei schauten zum Himmel hinauf, doch die dichten Baumkronen machten es ihnen kaum möglich, etwas zu erkennen. Subaru fackelte nicht lange herum und sprang auf einen der Bäume, bis er dessen Krone erreicht hatte.

"Siehst du etwas, Subaru?", rief Ashitaka von unten seinem Kameraden zu. Dieser hatte indes erkannt, was da auf sie zukam. Es war ein großer drachenähnlicher Youkai.

"Das ist einer dieser Ryû-Youkai!" Ohne Umschweife spannte Subaru einen Pfeil auf seinen Bogen, schoss und traf sein Ziel. In die rechte Seite getroffen versuchte der Ryû-Youkai zunächst noch, sich in irgendwie in der Luft zu halten, aber letztendlich sank er doch immer weiter Richtung Erdboden und verschwand zwischen einigen Bäumen. Ein Donnern und das Geräusch berstender Baumstämme zeugten von seiner unsanften Landung.

Subaru sprang wieder von dem Baum hinunter. Mit seinem Bogen deutete er in den Wald hinein. "Er muss irgendwo da hinten liegen."

"Hast du ihn erschossen?", fragte Ashitaka nach, doch Subaru schüttelte den Kopf.

"Nein. Und wenn er sich bei der Landung eben nicht etwa das Genick gebrochen hat, müsste er noch leben."

Sofort eilten die drei Inu-Youkai zum Ort des Geschehens, welchen sie auch rasch erreicht hatten. Allerdings fanden sie den nunmehr bewusstlosen Feind nicht mehr in seiner wahren Form vor. Dadurch erkannten sie ihn gleich auf den ersten Blick wieder.

"Das ist doch der Bruder von diesem Akuma!", erkannte Subaru. "Der, der uns so hinters Licht geführt hat."

Aus Tôyas Kehle drang ein leises Knurren, während sein Blick auf Takeshi ruhte und er sich wieder an diese fiese Masche mit der Gedankenkontrolle erinnerte. Subarus Pfeil hatte sich durch den Absturz wieder aus Takeshis Körper gelöst, aber durch den Stoff seiner Kleidung sickerte dennoch sichtbar Blut aus der Wunde. Fest umklammerte Tôya den Griff seines Naginatas. "Am besten, wir töten ihn sofort, und zwar hier und jetzt! Immerhin hat der kleine Mistkerl uns schon genug Schwierigkeiten gemacht. Und für das, was sein Bruder mit Sesshoumaru-samas Gefährtin gemacht hat, wäre das eine minimale Genugtuung!"

"Nein! Warte, Tôya!", hielt Ashitaka seinen Kameraden zurück und trat auf Takeshi zu. Er kniete sich zu ihm auf den Boden und besah sich kurz die Verletzung. Sie war entgegen einer ersten Vermutung nicht sehr schwer. "Wir werden ihn mitnehmen."

"Was?" Tôya wollte seinen Ohren nicht trauen. "Wozu soll das gut sein? Was erhoffst du dir davon? Sesshoumaru-sama wird ihn eh töten, wenn wir ihn zu ihm bringen."

"Möglich, aber vielleicht kann Takeshi uns ja etwas mehr bezüglich Kimie-chan sagen. Außerdem interessiert es mich, was er ganz allein hier zu suchen gehabt hat. Mein Gefühl sagt mir, dass er einen Grund hatte, herzukommen."

Zugegeben, das stimmte einen nachdenklich. Und bestimmt hatte Sesshoumaru die eine oder andere Frage parat, die er Takeshi gerne stellen wollte.
 

Im Augenblick machte sich Sesshoumaru allerdings um ganz andere Dinge Gedanken. Nachdem er sich nach Akumas Erscheinen hierher in seine Privaträume zurückgezogen hatte, hatte er sich nicht wieder blicken lassen. Er musste nachdenken oder zumindest versuchte er es so gut wie es ihm möglich gewesen war. Einerseits zog er es in Betracht, dass Akuma die Wahrheit gesagt haben könnte, aber andererseits sträubte sich sein Innerstes gegen diese Vorstellung. Konnte das wirklich sein? Hatte Akuma Kimie nicht nur getötet, sondern sie sogar gewaltsam an sich genommen? Und hatte sie das gar noch bewusst durchlebt? Und dabei war es Akuma nicht mal um sie gegangen, sondern lediglich darum, seinen Feind auf psychischer Ebene in die Knie zu zwingen; seinen Willen zu brechen und die eigene Überlegenheit zu demonstrieren.

Sesshoumaru schüttelte angewidert den Kopf. Diese widerwärtigen Vorstellungen... Er wollte sie nicht noch länger in seinen Gedanken herumspuken lassen.

Ein Klopfen an der Tür ließ ihn abrupt aufhorchen. Zuerst wollte er den Besucher harsch zurückweisen, aber bevor er das tun konnte, hörte er Kakerus Stimme von draußen fragen: "Sesshoumaru-sama. Darf ich eintreten?"

Sesshoumaru zögerte anfangs, gewährte ihn dann aber dennoch den Eintritt. Trotzdem blieb er mit dem Rücken zu Kakeru stehen, als dieser die Schiebetür hinter sich schloss und sogleich das Wort ergriff: "Entschuldigt bitte. Ich weiß, Ihr wollt eigentlich allein sein, aber so geht es nicht weiter. Ihr müsst etwas unternehmen."

"Glaubst du, das weiß ich nicht?", fragte Sesshoumaru kalt, wie er in Kakerus Gegenwart bisher eigentlich nie gesprochen hatte. Aber was sollte er tun? So ziemlich zum ersten Mal in seinem Leben wusste er auf diese Frage keine Antwort zu finden.

"Verzeiht, wenn ich Euch zu nahe getreten sein sollte", entschuldigte sich Kakeru mit ruhiger Stimme, aber man hörte auch die Entschiedenheit heraus. "Allerdings macht mich Euer Verhalten stutzig. Inu Yasha-sama und seine Freunde... Sie glauben nicht an das, was Akuma erzählt hat. Doch was ist mit Euch? Glaubt Ihr ihm?"

Allerdings erhielt er darauf keine Antwort. Sesshoumaru schwieg.

Kakeru war ja selbst nicht wohl dabei gewesen, ihn so direkt darauf anzusprechen, da er sich denken konnte, wie sehr sich Sesshoumarus Gedanken im Moment überschlagen mochten. Doch er konnte sich auf keinen Fall so gehen lassen! "Hat Eure Unschlüssigkeit vielleicht etwas mit diesem Gerücht zu tun?"

Auf diese Frage hin drehte sich Sesshoumaru nun doch um. "Wovon redest du?"

"Versteht mich bitte nicht falsch. Es liegt nicht in meiner Absicht, Euch noch weiter aufzuregen, aber Seshiru hat mehreren gegenüber diese Andeutungen gemacht. Etwas, was in der Nacht von Kimie-donos Verschwinden passiert ist. Ich nehme an, Ihr wisst, was ich meine." Kakeru konnte es zwar verständlicherweise nicht sehen, doch spürte er, wie seine Worte bei Sesshoumaru eingeschlagen waren. Um den heißen Brei herumzureden, brachte im Moment keinem etwas. Die Fakten mussten auf den Tisch! Fakten, die Sesshoumarus Zaudern zu erklären vermochten.

Sesshoumaru unterdrückte die in ihm aufsteigende Wut. Abermals kam ihm dieser Gedanke in den Sinn, er selbst hätte Kimie mit seinem Verhalten in die Gewalt der Feinde getrieben. Denn wenn sie wirklich wegen seiner Begegnung mit Touran das Schloss auf eigene Faust verlassen hatte, dann hatte er sie indirekt "fortgejagt" und somit trug er eine Mitschuld.

Kakeru brauchte keine mündliche Antwort von Sesshoumaru. Er verstand auch so und trat an seine Seite. Eigentlich hätte es in diesem Moment mehr der Anwesenheit von Inu no Taishou bedurft, aber so musste Kakeru versuchen, etwas zu erreichen. "Ich weiß zwar nicht, was in dieser Nacht wirklich passiert ist, doch glaube ich nicht, dass Ihr Kimie-dono verraten habt. Ich will Euch auch nicht fragen, warum Ihr Euch ihr gegenüber nicht erklärt habt, denn Ihr kennt sie besser als ich und wisst auch besser, wie Ihr sie einzuschätzen habt. Aber ich bin der selben Meinung wie Inu Yasha-sama und seine Freunde. So lange nicht eindeutig erwiesen ist, dass Kimie-dono etwas zugestoßen ist, müsst Ihr um ihretwillen kämpfen! So wie Ihr es bisher stets für Eure Ziele getan habt."

Sesshoumaru schaute auf. Es war einfach nur verrückt! Da brauchte er doch tatsächlich jemanden, der ihn metaphorisch gesprochen wieder auf die Beine zog und ihm klar machte, was er zu tun gehabt hatte. Bisher hatte er stets selbst einzuschätzen gewusst, wie er wann zu handeln gehabt hatte. Aber er wusste es ja eigentlich selbst, Kakeru hatte Recht. Und allein schon der Vergeltung wegen, durfte Sesshoumaru sich nicht von Akuma auf eine derartige Art und Weise in die Knie zwingen lassen! Denn was auch immer nun wirklich mit Kimie geschehen war, so durfte Akuma nicht davonkommen!

Kakeru spürte, wie Sesshoumarus alte Entschlossenheit und sein Kampfgeist wieder in ihn zurückkehrte. Somit hatte er erreicht, was er wollte. Und obwohl Sesshoumarus Zustand ihm zuvor Sorgen bereitet hatte, andererseits war Kakeru auch wiederum erleichtert gewesen. Denn das hatte bewiesen, dass die kühle Fassade seines Herrn noch weiter bröckeln konnte. Sesshoumaru hatte sich seit den letzten 200 Jahren verändert, keine Frage, aber diese Veränderungen schritten noch weiter fort. Wut und Trauer, die er für andere zu empfinden begonnen hatte, bildeten die Grundlage. Ebenso wie Zuneigung... und Liebe.

Es klopfte an der Zimmertür. Anstelle von Sesshoumaru bat Kakeru den Besucher herein, der sich als Ashitaka herausstellte. Als dieser sah, dass sein Cousin nicht allein gewesen war, sparte er sich große Worte und kam gleich zur Sache: "Sesshoumaru? Entschuldige bitte, aber es gibt etwas Neues. Tôya, Subaru und ich, wir haben Akumas Bruder gefangen genommen."
 

Mit auf dem Rücken zusammengebundenen Händen und separat verschnürten Schwingen und noch dazu verletzt kniete Takeshi mehr als erniedrigt auf dem Boden vor dem Eingang des Schlosses. Sämtliche Aufmerksamkeit war auf ihn gerichtet, denn jedem der Anwesenden war er natürlich sehr gut im Gedächtnis geblieben. Er wagte gar nicht, sich irgendwie zu rühren, auch sein Blick war nur zu Boden gerichtet. Praktisch wie Stiche konnte er die Blicke aller auf sich spüren.

"Was passiert jetzt mit ihm?", wagte Kagome ihre Freunde flüsternd zu fragen.

"Das bleibt wohl abzuwarten", meinte Miroku ernst. "Aber nachdem, was Akuma hier erzählt hat... Ich glaube kaum, dass Sesshoumaru mit Takeshi sonderlich zimperlich umgehen wird."

Shippou verbarg sich ebenso wie Rin hinter den anderen. Allein schon die angespannte Stimmung innerhalb der Reihen der Inu-Youkai lag wie ein drückender Schatten über dem Geschehen.

Miyuki, die sich bei den Freunden aufhielt warf mehrere Male insbesondere ihrem Bruder unsichere Blicke zu. Gemeinsam mit Subaru stand dieser dicht hinter Takeshi, jederzeit dazu bereit, ihn mit einem Schlag niederzustrecken, wenn er sich in irgendeiner Form widersetzen sollte. So sanft und fürsorglich Tôya als Bruder und Freund gewesen war, ebenso kalt und unnahbar konnte er wiederum als Krieger sein. Diese Seite an ihm hatte Miyuki schon öfters auch ein wenig Angst gemacht, aber sie wusste ja um Tôyas wahres Wesen und hatte sich mittlerweile daran gewöhnt. Trotzdem war ihr noch immer ein wenig unbehaglich dabei gewesen, ihn so zu sehen; mit diesem ernsten Blick.

Die Türen des Schlosses öffneten sich und als Sesshoumaru dicht gefolgt von Ashitaka und Kakeru auf der Bildfläche erschien, herrschte augenblicklich eine eiskalte Ruhe. Besonders Inu Yasha fiel etwas an seinem Bruder auf. Dieser Ausdruck in seinen Augen... Es war der selbe gnadenlose Ausdruck gewesen, den er schon von früher von ihm gewohnt gewesen war.

Takeshi schaute auf, musste sich aber sehr zusammenreißen, angesichts Sesshoumarus kalter Miene nicht sofort wieder den Blick abzuwenden.

Sesshoumaru schritt die Stufen hinab und blieb direkt vor dem Gefangenen stehen. "Sprich! Was hast du hier zu suchen?"

Allein schon am Klang seiner Stimme konnte Takeshi ganz deutlich heraushören, dass Sesshoumaru ihn am liebsten sofort den Kopf abgerissen oder sonst was mit ihm gemacht hätte. Trotzdem bemühte er sich darum, gefasst zu antworten: "Zunächst möchte ich klarstellen, dass Akuma nicht weiß, dass ich hier bin. Ich habe weder ihm noch einem anderen etwas davon gesagt."

"Umso mehr würde es uns interessieren, was du hier eigentlich verloren hast. Wolltest du uns ausspionieren oder sollte das der ziemlich stümperhafte Versuch eines Angriffs werden?"

"Vielleicht wollte ich auch einfach nur mal reden? Ich hatte erwartet, dass man mit so einer Absicht etwas freundlicher empfangen werden würde, aber stattdessen habt ihr mich ja auf eine andere Art und Weise gebührend empfangen." Sofort bekam Takeshi einen kräftigen Tritt in den Rücken verpasst, sodass er hart nach vorne in den Staub fiel. Die Schmerzen seiner Wunde zogen sich durch seinen ganzen Körper, aber er unterdrückte ein allzu gequältes Aufkeuchen.

"Riskier bloß nicht eine so dermaßen große Klappe! Du hast schon Glück, dass du überhaupt noch lebst!", hörte er hinter sich Subaru mahnend sprechen.

Kagome war leicht erschrocken in sich zusammengezuckt und hatte sich an den linken Ärmel von Inu Yashas Haori geklammert. Der Hanyou legte beruhigend seine Hand auf ihre. Kurzzeitig kam ihm wieder das in den Sinn, was er zu dem Mädchen gesagt hatte, als er sie mit Subaru gesehen hatte. Inu Yasha hatte das im Nachhinein eigentlich nicht so gemeint und obwohl er sich bei Kagome dafür nicht entschuldigt hatte, hatte es sich aus der Situation heraus so ergeben, dass sie diesen unsinnigen Streit nicht weiter fortgesetzt hatten.

Mit einer Handbewegung hatte Sesshoumaru Subaru indes wieder Einhalt geboten, obwohl sich sein Mitleid für Takeshi spürbar in Grenzen hielt. Im Grunde war es ihm auch vollkommen egal, was den jungen Ryû-Youkai überhaupt hierher getrieben hatte, denn Sesshoumarus Entschluss stand mittlerweile fest. Unabhängig davon, was nun wirklich mit Kimie geschehen war, für das, was Akuma getan hatte, wollte Sesshoumaru ihn auf jeden Fall zur Verantwortung ziehen und einen grausamen Tod erleiden lassen.

"Wie wäre es denn damit? Schlagen wir dem Kleinen hier doch die Flügel ab und lassen ihn langsam aber sicher ausbluten!", hörte man einen anderen von Sesshoumarus Kriegern plötzlich rufen und dieser erntete von mehreren Seiten bekräftigende Zustimmung,

Unwillkürlich zuckte Takeshi bei diesen Worten in sich zusammen. Die Flügel abschlagen?! Das wäre für jemanden aus seinem Stamm schlimmer gewesen als jede Art von Folter! Wenn er sich nicht rasch erklärte, machten die Inu-Youkai am Ende sogar noch ernst. Mühsam schaffte er es, sich wieder aufzusetzen. "Wartet! Lass mich euch erklären, warum ich hergekommen bin!"

"Als ob du uns was Brauchbares zu erzählen hättest!", knurrte einer der Inu-Youkai aus dem Hintergrund.

Ungeachtet dessen sprach Takeshi wiederum Sesshoumaru an: "Ich kann mir denken, dass Ihr mich allzu gerne töten würdet, aber hört mich dennoch an! Akuma hat Euch angelogen!"

Abrupt wurde es still. Zuerst wusste keiner der Anwesenden so genau, was das zu bedeuten gehabt hatte.

"Was meinst du damit?", fragte nun Inu Yasha äußerst prüfend.

Takeshi wandte den Blick zu ihm um. "Er hat gelogen, als er behauptet hat, er hätte Kimie getötet. Es stimmt zwar, dass sie bei uns ist, aber alles andere, was sie betraf, war gelogen."

Kagome ließ von Inu Yasha ab und trat erwartungsvoll einen Schritt nach vorne. "Moment mal! Dann hat er Kimie also gar nicht...?"

"Nein, hat er nicht", antwortete Takeshi, noch bevor sie ihre Frage hatte zu Ende stellen können. "Sie lebt und befindet sich noch immer in unserem Schloss." Eigentlich glaubte er, nun wieder für ein wenig Ruhe gesorgt zu haben, aber kaum, dass er das gesagt hatte, wurde er grob von Sesshoumaru am Kragen gepackt und auf dessen Augenhöhe von ihm hochgezogen.

"Falls das eine Lüge war, wünsch dir lieber, ich hätte dich doch besser gleich töten lassen!", warnte er Takeshi, der aber sofort mit fester Stimme und ohne den Blick abzuwenden entgegnete: "Ich lüge nicht! Das ist die Wahrheit, ich schwöre es!"

"Und warum hat er dann diese Behauptung in die Welt gesetzt?"

"Das war eines seiner Spiele, wie er es bezeichnet. Er wollte insbesondere Euch in die Irre führen."

Inu Yasha schnaubte verächtlich. "Das war ein beschissenes Spiel, um es mal ganz klar und deutlich zu sagen!"

"Aber viel wichtiger sollte euch im Moment etwas anderes sein", sprach Takeshi weiter, so gut ihm das in seiner momentanen Lage eben möglich gewesen war. "Wenn ihr Kimie helfen wollt, dann müsst ihr euch beeilen! Akuma hat nämlich vor, sie in naher Zukunft wirklich zu töten!"

"Keh! Und das sollen wir dir einfach so glauben? Wer sagt uns denn, dass du nicht einfach nur lügst?"

"Ich sage es euch noch einmal: Ich lüge nicht!"

"Und warum erzählst du uns das alles?" Diese Frage stammte wiederum von Sesshoumaru. Mit durchdringendem Blick schaute er Takeshi in die Augen, dass dieser dem starken Drang, wegzuschauen, nur schwer widerstehen konnte.

"Weil... weil ich sie liebe...", antwortete er dennoch schließlich und sorgte damit für so manch verdutztes Gesicht.

"Eh... Was?", fragte Inu Yasha ungläubig.

Takeshi antwortet nun wieder mit deutlich festerer Stimme: "Ihr habt mich schon verstanden. Ich liebe Kimie! Schon seit längerer Zeit..."

Dem Hanyou klappte fast die Kinnlade runter. "Ach, du meine Güte..."

Sesshoumarus Blick war indes noch stechender geworden. Unsanft ließ er Takeshi wieder zu Boden fallen. "Hör zu! Du sagst mir jetzt sofort, wo genau sich eurer Versteck befindet! Ich weiß, dass sich dein Clan irgendwo in den Bergen im Norden verschanzt hat, aber wo genau?"

Schwer atmend setzte sich Takeshi wieder auf. Er brauchte noch einen Moment, ehe er wieder sprechen konnte: "Geht... geht von hier aus geradewegs nach Norden bis Ihr das Gebirge erreicht habt. Richtet Euren Blick anschließend ein wenig nach Osten und haltet Ausschau nach jenen Bergen, deren Gipfel verhüllt sind von Wolken und Nebel. Dort oben, verborgen zwischen dem Gestein, befindet sich Akumas Schloss." Seine Stimme war zum Ende hin stetig leiser geworden. Denn je mehr er erzählt hatte, umso mehr hatte er zeitgleich seinen Clan und seinen Bruder hintergangen. Zwar hatte Takeshi all das schon vorher mit einberechnet, aber jetzt gab es für ihn kein Zurück mehr. Sollte er entgegen seiner Erwartungen wieder frei kommen und sollte Akuma erfahren, was er getan hatte, dann wäre das sein sicherer Tod gewesen. Doch daran konnte er nun auch nichts mehr ändern. Und wenn er ehrlich zu sich war, es war ihm die Sache wert gewesen...

Noch einen Moment ließ Sesshoumaru seinen Blick auf Takeshi ruhen, dann schritt er an ihm vorbei. "Bringt ihn in den Kerker!", wies er Tôya und Subaru vorher noch an, ehe er weiterging und sich dabei eine Art Wirbelwind um ihn herum aufbaute. Dieser wurde irgendwann so stark, dass man Sesshoumaru gar nicht mehr sehen konnte, und als er schließlich doch wieder in Erscheinung trat, erhob er sich als mächtiger Dämonenhund. Mit einem einzigen Satz sprang er über die Schlossmauer vom Gelände und verschwand zwischen den Bäumen im Wald.

"Edler Herr! Sesshoumaru-sama! Was macht Ihr denn?" Jaken wusste gar nicht, was er machen sollte und lief wie ein aufgescheuchtes Huhn hin und her.

Inu Yasha hatte hingegen, ebenso wie so ziemlich jeder andere auch, gleich einen konkreten Verdacht. "Ich fresse mein Schwert, wenn ich mich jetzt irre, aber ich wette, er will zu Akumas Schloss."

Unter seinem Haar krabbelte nun Myouga auf die Schulter des Hanyou und sprang aufgeregt auf dieser herum. "Aber das ist unvernünftig! Komplett wahnsinnig! Sesshoumaru-sama mag ja stark sein, aber er kann unmöglich allein gegen die Ryû-Youkai antreten! Das kann nicht gut gehen!"

"Dann werden Tôya und ich ihn eben begleiten", verkündete Ashitaka und sprang mit einem Satz die Stufen vor dem Schlosseingang hinab. "Subaru? Du kannst dich doch auch sicher allein um den Gefangenen kümmern, oder?"

Subaru nickte. "Sicher. Natürlich."

Und während Tôya dem Vorschlag seines Kameraden auch nicht unbedingt etwas entgegenzusetzen hatte, war Myouga noch lange nicht ruhiger. "Aber Ashitaka-sama! Das ist trotzdem viel zu gefährlich! Denkt doch noch einmal darüber nach!"

Aber Ashitaka winkte in seiner üblich lockeren Art ab. "Zu dritt stehen die Chancen immerhin besser, oder etwa nicht? Und überhaupt, wenn Kimie-chan wirklich noch lebt, dann müssen wir ihr doch selbstverständlich helfen, Myouga-jii-chan."

"Wir werden euch ebenfalls begleiten!", meinte Sango entschieden, doch Ashitaka schüttelte den Kopf.

"Es ist besser, wenn nur Sesshoumaru, Tôya und ich gehen, Sango-chan. Ich kann verstehen, dass du und die anderen Kimie-chan ebenfalls helfen wollt, aber wenn wir da als zu große Gruppe auftauchen, könnten wir allzu früh die Aufmerksamkeit der Ryû-Youkai auf uns lenken. Und das könnte wiederum gefährlich für Kimie-chan werden."

Man sah den Freunden den Widerwillen zwar an, doch erklärten sie sich doch noch dazu einverstanden, zu warten, obwohl es ihnen schwer fiel.

"Passt aber bitte auf euch auf, ja?", bat Miyuki Ashitaka und auch ihren Bruder inständig. Die beiden versicherten ihr und auch den anderen noch einmal, dass sie vorsichtig sein würden und machten sich dann ebenfalls auf den Weg.
 

Sesshoumaru hatte bereits ein gutes Stück des Weges zurückgelegt. Wenn Takeshi wirklich die Wahrheit gesprochen hatte, dann durfte er keine weitere Zeit mehr verlieren. Es war schon ein großer Fehler von ihm gewesen, nicht sofort gehandelt zu haben. Dafür musste er sich nun umso mehr beeilen. Jede Stunde war kostbar. Und er würde Akuma niemals diesen Triumph gönnen. Auf keinen Fall würde Sesshoumaru ihm Kimie überlassen. Und schon gar nicht ohne Kampf!

Er bekam mit, wie ihn jemand verfolgte. Sesshoumaru brauchte sich jedoch nicht umzudrehen oder gar stehen zu bleiben, um zu wissen, wer sich ihm an die Fersen geheftet hatte.

"Was wollt ihr?", fragte er Ashitaka und Tôya, nachdem diese ebenfalls in ihrer dämonischen Gestalt neben ihm aufgetaucht waren.

"Wonach sieht es denn aus?", fragte Ashitaka, als wollte er seinen Cousin etwas necken. "Wir begleiten dich natürlich! Keine Sorge, wir mischen uns nicht ein. Wir werden dir lediglich den Rücken decken, während du Kimie-chan rettest. Das hattest du doch schließlich vor, nicht wahr?"

"... Macht, was ihr wollt!", knurrte Sesshoumaru nach einem Moment.

Die abendliche Dämmerung war inzwischen hereingebrochen. Im Laufe der Nacht würden sie die Hochburg der Feinde erreicht haben.



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Kommentare zu diesem Kapitel (26)
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Von:  Yashi2506
2016-08-16T06:59:40+00:00 16.08.2016 08:59
Ich bin gerade voll der Fan von Takeshi :D
Ich hoffe er stirbt am ende nicht sondern bleibt bei den guten :(
Von:  Schalmali
2007-04-08T07:14:27+00:00 08.04.2007 09:14
Hmm... Narakus Angebot war für Kimie verständlicherweise verlockend aber wenn sie darauf hereingefallen wäre, naja ^^ Jedenfalls hat Takeshi ganz schön was für seine "Liebe" riskiert... mal schauen ob er auch mit heiler Haut davonkommt.
Von: abgemeldet
2007-03-21T16:13:02+00:00 21.03.2007 17:13
Wieder ein super Kappi.
Diese Ruy-Youkai sind mir eigentlich sehr sympathisch.
Naja, Akuma ausgeschlossen und den Herrn möchtegern Anfüherer. Weiß ja net so recht was ich von dem halten soll.
Aber ich bin ja mal gespannt ob unser lieber Herr Sessy da wieder heil rauskommt.
Seine Begleiter ja hoffentlich auch.
Ach, ich hätte da auch mal ne Frage. Ich schreib nämlich gerade zusammen mit ner Freundin ne FF und wollte fragten, ob ich dir Kakeru glauen darf.
Er is nämlich einer meiner lieblings Charakter *Fan ist*
Leider kommt er ja net so oft vor.
Naja, das war auch schon die Frage. Ich hoffe ich draf ihn mir klauen.
SLG,

Shalyn
Von: abgemeldet
2007-02-19T18:56:26+00:00 19.02.2007 19:56
Schönen Abend wünsch ich dir^^

Ja...Renhou gefällt mir immer besser *g* Sein Gespräch mit Kimie war auf jeden Fall informativ und nun blickt man bei dem Clan der Ry°u-Youkai und dessen Gewohnheiten schon sehr viel besser durch.
Naraku hatte wie immer nichts gutes vor und seine Einschmeichelnummer richtig typisch. Ich finde, du hast den Konflikt von Kimie sehr gut dargestellt und damit auch wieder ihre alten Zweifel aufgegriffen. Sie hat wiederstanden, spricht natürlich sehr für sie und es hat auch ihre Stärke hervorgehoben.

Takeshi war doch ne kleine Überraschung. Dass er seinen Bruder so hintergeht hätte ich nicht gedacht, ich hatte mir vorgestellt, dass er Kimie lediglich zur Flucht verhilft.
Seine Rolle war sehr mutig und sein Statement vor dem Schloss zwar gewagt, aber irgendwo leidenschaftlich^^ Weiß nicht, wie ich das sonst beschreiben soll, immerhin sagt er es Sesshoumaru direkt ins Gesicht und das vor allen.
´
Sesshoumarus Verhalten war interessant. Seine Reaktion auf Akumas Behauptung war für ihn untypisch und dennoch klar nachzuvollziehen. Auch wie Kakeru seinen alten Kampfgeist zurückhol fand ich gelungen, denn es wurde nicht sentimental oder so.

Ansonsten bin ich auf weiteres gespannt^^

Liebe Grüße

sunses_morning
Von:  nami-girl85
2007-02-05T19:32:39+00:00 05.02.2007 20:32
heeeeeeeeeeeeeeeeeeey^^
sry das ich erst jezze les/schreib aba es war die letzten tag voll stressig--'
ich bin wieda ma geplättet!!!jaja...
Naraku is ja so ein ar... *püh* zum glück is Kimie net drauf angesprungen auf seinen hinterhältigen plan!!!
aber Akuma is ja au ein idiot... ders au so was von kacke wie Naraku XEE
aba Renhou wird mir imma symphatischer *freu* ein ganz netter kerl abgesehehn davon das er auf der falschen seite steht *mitm kopf nick*
aba zwischen Toba un Kagura ham doch schon ein bissl die funken gesprüht XXD ma gucken was draus wird^^
ich fands voll lieb von Kakeru wie er sich um Sessy kümmert *Kakeru zujubel* XXD
aba das mit Takeshi war ja.. *keine worte find*
der arme is au noch verletzt-.- aba das war ja der burner das er vor ALLEN gesagt hat das er Kimie liebt Oo mutig mutig XXD ich bin ja au gespannt wies mit Sessy Toya un Ashitaka weiter geht ob se Kimie retten werden un so!!
es bleibt spannend^^
ich hab ja wieda ma einiges geschr^^°dann hör ich ma auf^^°
hdl.. nami^^
Von: abgemeldet
2007-02-01T18:10:05+00:00 01.02.2007 19:10
Wirklich ein spitzen Kapielt *lob*
Kimi hat in gewissermaßen einen Freund im Schloss gefunden denn lieben Renhou^^ Nya die geschichte mit denn Beziehungen der Ryu Youkai hmm... die sollten echt mal was von Frauenrechten hören, schon ziemlich gemein =(
Das Naraku sich an Kimi gewagt hat war eigentlich schon recht interessant, schließlich gäbe es dadurch jetzt schon eine lösung in naher Zukunft, das Kimi doch länger leben kann mit Sess, ich hoffe doch sie nutzt das auch *gg*
Akamaru hingegen spielt echt fiese spiele, zum glück ist sein Bruder zu denn Inu Youkai gegangen und hat alles geklärt^^ Da wird sich Akamru aber im nächsten Kp wundern wenn Sess, Toya und Ashitaka am Schloss aufkreuzen. Ich hoffe das es dann noch nicht zu spät für kimi ist, obwohl ich doch bezweifle das du einen Hauptchara abkratzen lässt^^

gruß
engelchendiemaus

p.s. supi das die Kps in so schnellen abständen hochgeladen wurden sind, ist das nächste auch so schnell da?
Von: abgemeldet
2007-02-01T16:46:52+00:00 01.02.2007 17:46
OHOH das ist gar nicht gut armer Takeshi und so dankt man es ihm......


24
Von: abgemeldet
2007-02-01T14:28:52+00:00 01.02.2007 15:28
Halloo^^
Sorry bin n bisschen spät dran..hab mich aber riesig über deine ENS gefreut!!!!!!^^
ui ui ui...aber da war Sesshoumaru mal ganz schön durch n wind...ich mein...ich glaube schon, dass er sich n bisschen die Schuld für Kimies verschwinden gegeben hat..ich mein die Sache mit Touran war schon scheiße..obwohl er ja nichts dafür kann...trotzdem...und die sache mit Takeshi...das war echt süß und mutig...ich mein dass zu sagen vor Sesshoumaru...er soll froh sein das er noch lebt und "nur" in den kerker muss...^^
Und ich frag mich, wie sie Kimie befreien woll...sie können wirklich nicht einfach so da rein marschieren..und dann auch nur zu dritt...ist n bisschen lebensmüde...^^
auf jedenfall freu ich mich aufs nächste kapitel!!
Hast du eigentlich schon ne ahnung wie lang diese FF noch wird?? ich mein nicht das es mich stören würde, sogar ganz im Gegenteil..von mir aus kannst du noch weiter schreiben, bis Kimie ihr erstes Kind bekommt..( das wär auch mal cool)..wobei ich glaub dass das noch n weilchen dauern könnte..so wie die zwei sich näher kommen..*gg*
schreib bitte schnell weiter
Lg
Kleines
Von: abgemeldet
2007-01-31T21:44:10+00:00 31.01.2007 22:44
Einfach nur Genial. Bin wie immer fasziniert und hoffe es dauert nicht so lange bis es weiter geht.

MFG Derien
Von:  myuki-chan
2007-01-31T21:08:40+00:00 31.01.2007 22:08
AAAAAllsoooooo^^
Mir hat da skappi sehr gut gefae´llen!! der arme takeshi..nunja. zum eine tut er mir leid aber zum anderen hätte er ja auch damit rechenn können! akumas pläne sid gans schön teuflisch! naraku ist auch ein groß kotz!
*ihn würg*


kimies unterhaltung mit Renhou war interessant! so erfährt man mehr von den ryu-yoaki^*GG*
DAs sessi wieder so ist wie er imma war ist klasse das andere "ich" hatte net zu ihm gepasst! hoffentlicg rettet er kimie und ic hoffe inständig das takeshi auch bald irgendwann frei kommt!
*gg* weiter soooooooooooooooooooo

hdl deien myuki-chan


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