Zum Inhalt der Seite

Sengoku-Jidai Chronicles

von

.
.
.
.
.
.
.
.
.
.

Seite 1 / 1   Schriftgröße:   [xx]   [xx]   [xx]

Schwere Verluste

Mit voller Wucht prallte Tôya mit dem Rücken gegen einen Baum, der berstend entzwei brach. Er hustete, um seine Atemwege wieder von dem Wasser zu befreien, nachdem Toba ihn mit der geballten Kraft eines Wasserstrahls niedergestreckt hatte.

"Traurig, traurig. Ich dachte, ihr Inu-Youkai hättet mehr drauf, aber du scheinst mir jetzt doch schon ziemlich fertig zu sein", lästerte der Ryû-Youkai ungerührt, während sich sein Gegner wieder auf die Beine zwang.

Tôya fasste seinen Feind genau ins Auge. Um Tobas Körper herum kreiste nach wie vor eine Art Wasserspirale, die von seiner rechten Hand auszugehen schien, die er auf Brusthöhe hochhielt.

"So... Wie hättest du es denn gerne?", fragte Toba mit einem heimtückischen Lächeln auf den Lippen. "Die schnelle und schmerzlose Variante oder doch eher langsam und qualvoll? Ganz gleich, es ist mir beides recht."

"Weder das eine, noch das andere!", erwiderte Tôya entschieden. "Ich habe nicht vor, mich von dir töten zu lassen!"

"Welch ein gewagtes Vorhaben, aber kannst du dich auch selbst daran halten?"

Das war die Frage, denn für Tôya sah es im Moment wirklich nicht gerade rosig aus. Er hatte schon so einige Angriffe einstecken müssen und bisher keine Möglichkeit gefunden, sich seinem Gegner wirksam entgegenzustellen. Auch an Rückzug war bisher noch nicht zu denken gewesen. >Ich kann nicht viel tun, außer ihn noch eine Weile hinzuhalten. Aber ich weiß nicht, wie lange ich in der Lage sein werde, durchzuhalten...<

"Verschwenden wir unsere Zeit nicht mit langen Reden. Schließlich sind wir doch zum Kämpfen hier, oder?" Toba schlug mit seiner rechten Hand einmal zur Seite aus und löste sich abrupt in Wasser auf.

Das plötzliche Verschwinden seines Gegners ließ Tôya sofort aufmerksam auf jedes noch so verdächtige Geräusch lauschen, aber eine Zeit lang tat sich nichts. Toba war noch da, das konnte er deutlich spüren. Seine Aura lag wie der kalte Hauch von eisigem Wasser in der Luft.

"Oberste Regel: Immer auf den Rücken achten!"

Tôya schreckte hoch. Gerade drehte er sich um, da spürte er schon die scharfe Klinge des Schwertes des Ryû-Youkai, wie diese quer über seinen Rücken schnitt. Wie durch Butter glitt das Schwert durch die Rüstung. Einer gewöhnlichen Waffe hätte sie locker standhalten können, aber bei dämonischen Schwertern galten wiederum andere Regeln. Um sich einem potenziellen zweiten Angriff zu entziehen, sprang Tôya mit einem Satz mehrere Meter von Toba fort, musste aber einen Augenblick in die Knie gehen, da ihn ein gemeines Brennen, welches von der Wunde ausging, dazu zwang. Von hier aus konnte er nun beobachten, wie die Gestalt des Feindes sich allmählich wieder aus dem Wasser formte.

Schon beinahe spöttisch schaute Toba anschließend in die Richtung seines Gegners, während er mit dem Zeigefinger seiner freien linken Hand einmal über die Klinge seines Schwertes fuhr und dabei auch etwas von Tôyas Blut auf diesen gelangte. "Ich hoffe doch, du leidest nicht unter Blutarmut, mein Freund. Das wäre nämlich schlecht für dich." Er leckte sich das Blut von seinem Finger.

Unterdessen war Tôya keuchend wieder auf die Beine gekommen, musste sich dabei aber an seinem Naginata abstützen. >Verflucht! Auf die Dauer wird das so nichts. Ich finde seinen Schwachpunkt einfach nicht...< Doch in diesem Augenblick fiel es ihm wieder ein. >Moment! Sein Schwachpunkt!<

Aus den Informationen, die Sesshoumaru von Bokusenou erhalten hatte, war hervorgegangen, dass die Schwäche der fünf Hüter darin lag, dass sie ihre besonderen Fähigkeiten als solche verlieren, wenn sie ihre wahre Form annehmen. Womöglich war dies die Chance, die Tôya ergreifen musste. Die einzige Chance, die ihm blieb.

>Seine dämonische Form... Ich muss ihn irgendwie dazu zwingen, seine wahre Gestalt anzunehmen! Aber wie? Vielleicht...<

Genauestens beobachtete Toba seinen Gegner. Aber als dieser keine Anstalten zu machen schien, den Kampf fortzuführen, schulterte er gelangweilt sein Schwert. "Nanu? Du bist auf einmal so still und teilnahmslos. Gibst du etwa schon auf?"

Mit festem Blick schaute Tôya seinen Gegenüber an. "Im Gegenteil. Ich fange erst an!"

"Hm?" In diesem Moment spürte Toba, wie ein leichter Wind zu wehen begann, der nach und nach immer stärker wurde. Er sammelte sich genau um Tôya, der letztendlich gänzlich in einer Art Wirbelwind verschwand, nur um wenige Augenblicke darauf in seiner vollen Größe als Dämonenhund wieder aus diesem aufzutauchen.

Angesichts des bedrohlich knurrenden Ungetüms, sog Toba leicht die Luft ein, wenngleich er nichts von seiner Ruhe eingebüßt hatte. "Oha! Zumindest in Sachen Größe bist du mir momentan klar überlegen. Allerdings hatte ich nach dieser dramatischen Ansprache eigentlich etwas Aufregenderes erwartet. Hm! Aber was du kannst, kann ich auch!"

Und genau das war es gewesen, was Tôya hatte erreichen wollen. Toba nahm nun ebenfalls seine wahre Form an und nachdem sich sein Körper abermals in Wasser aufgelöst und sich zu einer gigantischen Säule aufgetürmt hatte, gab es den Ryû-Youkai in dessen wahrer Form preis: Einen schwarzen Drachen, von der Größe her ähnlich an Ausmaßen wie Tôya selbst, dazu noch ausgestattet mit einem Paar gigantischer Schwingen. Die rot glühenden Augen stachen angesichts des ansonsten komplett schwarz geschuppten Körpers wir Rubine hervor. Scharfe, spitze Zähne blitzten wie große Dornen aus Elfenbein aus dem Maul auf und ein Kamm aus scharfen Zacken säumte den Rücken vom Nacken bist zur Schwanzspitze.

Der Drache stellte sich auf die Hinterbeine und breitete seine Schwingen aus, was ihn noch bedrohlicher und Furcht einflößender erscheinen ließ. Aber für Tôya bot er so nun die ideale Angriffsfläche. Er sprang auf Toba zu, packte ihn mit den Zähnen am langen Hals und warf ihn auf den Boden. Tôya nagelte den Drachen fest, trotzdem schaffte es dieser, seine Zähne im Bereich der linken Schulter seines Feindes in dessen Fleisch zu schlagen. Zusätzlich fügten die scharfen Krallen seiner Vorder- und Hinterbeine Tôya weitere Wunden zu. Doch trotz des Schmerzes, der seinen Körper durchfuhr, ließ dieser nicht von Toba ab und schlug seinerseits zusätzlich die mächtigen Klauen seiner rechten Vorderpfote in die Brust des Drachen. Toba ließ wieder von Tôyas Schulter ab, aber nur, um ihn mit einem kräftigen Kopfstoß wieder von sich zu stoßen, was ihm auch gelang. Die Erde erzitterte kurzzeitig.

Tôya zwang sich sofort wieder auf die Beine, während Toba sich nun mit einem Flügelschlag in die Lüfte erhob, um einen Angriff von oben zu starten. Fast schon wie ein Adler im Sturzflug wollte er sich auf seinen Feind stürzen, doch Tôya wich mit einem geschickten Sprung zur Seite aus. Der Drache landete nach dem fehlgeschlagenen Angriff wieder auf dem Boden und hatte den Rücken zu seinem Gegner gekehrt.

Das war Tôyas Chance gewesen! Ohne zu zögern sprang er auf Tobas Rücken und verbiss sich in dessen rechten Flügel, während er seine Krallen durch die gepanzerte Haut schlug, um sich Halt zu verschaffen. Toba schaffte es trotzdem, sich ein weiteres Mal in die Lüfte zu erheben, wobei er immer wieder versuchte, Tôya von sich abzuschütteln, doch dieser blieb hartnäckig. Er musste diese Gelegenheit nutzen, sonst bekam er sie vielleicht nicht wieder. Und er musste auch nicht lange überlegen. Ein kräftiger Ruck genügte und schon hatte Tôya seinem Gegner den rechten Flügel abgerissen.

Ohrenbetäubend hallte das Brüllen des Drachen über das Gebiet wieder, während er zu Boden stürzte. Mit seinem peitschenartigen Schwanz schaffte Toba es letztendlich dennoch, Tôya wieder von seinem Rücken zu befördern, bevor er irgendwo inmitten der Bäume unter lautem Donner und Getöse auf dem Boden aufprallte.

Tôya hingegen verlor noch während des Falls seine dämonische Gestalt und spürte als nächstes nur noch, wie das kalte Wasser des Flusses seinen Körper umschloss. Schwer atmend kam er wieder an die Wasseroberfläche und zwang sich zurück an Ufer. Er versuchte sich wieder aufzurichten, sank jedoch vollkommen kraftlos wieder zu Boden. Seinen von Verletzungen gepeinigten Körper konnte er kaum noch bewegen und auch sein Atem ging nur stoßweise. Tôya konnte es ganz genau riechen, sein eigenes Blut, welches aus jeder einzelnen Wunde hervortrat und stellenweise seinen Kimono dunkel färbte. Der starke Blutverlust führte mittlerweile sogar schon dazu, dass Tôya seine Umgebung nur noch verschwommen wahrnahm. Trotzdem konnte er hören, wie sich etwas zwischen den Bäumen bewegte, und entdeckte auch nach genauerem Hinsehen eine Person.

Schließlich kam Toba, der seine Gestalt als Drache auch wieder abgelegt hatte, zwischen den Bäumen zum Vorschein. Ein schier nicht enden wollender Blutfluss lief seinen rechten Arm und seinen Rücken hinunter. Als er Tôya entdeckte, stieß er ein Knurren aus. "Du... du verfluchter...! Argh!" Er hatte keine Kraft mehr und sackte an einen Baum gelehnt zu Boden. Die gesamte rechte Seite seines Oberkörpers war praktisch wie betäubt, er konnte sie kaum bewegen. Den Schmerz spürte er dennoch und rang angestrengt nach Luft.

Für Tôya war das eigentlich der beste Zeitpunkt gewesen, um Toba den letzten Schlag zu verpassen, aber nach wie vor hatte er kaum noch die Kraft, sie überhaupt aufzurichten. Toba und er... sie beide waren an ihren Grenzen angelangt.

Toba fühlte, wie sein Blut an seinem Körper hinunterlief. Tôya hatte ihm seinen Flügel praktisch komplett herausgerissen. Nur in den wenigstens Fällen überlebte ein Ryû-Youkai eine derartig schwere Verletzung, und wenn er überlebte, war er gezeichnet für den Rest seines Lebens und nicht mehr fähig, sich noch irgendwie zu behaupten. Doch das war nicht Tobas Sorge gewesen. Es vielmehr die Tatsache, dass er als einer der Hüter - der Elite seines Clans - gegen einen Inu-Youkai unterliegen sollte. Diesen Triumph wollte er Tôya auf keinen Fall gönnen.

"So nicht!", sagte Toba plötzlich und zwang sich an dem Baum abstützend wieder auf die Beine. "So einfach werde ich nicht abtreten, den Gefallen tue ich dir auf keinen Fall! Vorher wirst du noch durch meine Hand sterben!" Er richtete seine linke Hand auf das Wasser, welches den Fluss füllte. Eine große Welle türmte sich über das Ufer und setzte die nähere Umgebung komplett unter Wasser.

Tôya hatte sofort die Luft angehalten. Als er unter Wasser seine Augen wieder öffnete, entdeckte etwas Rotes, was hinter und an ihm vorbei floss. Es war Blut, aber nicht sein eigenes! Um noch zu reagieren, war es allerdings bereits zu spät, denn nun wurde er von hinten gepackt und festgehalten. Tôya bekam aufgrund des Wassers kaum noch Luft, doch Toba ließ das Wasser wieder in den Fluss, in dem die beiden nun standen, zurückkehren, nachdem er sich seinen Gegner gekrallt hatte.

Während Tôya noch nach Luft rang, konnte er Tobas Atem in seinem Nacken wahrnehmen, als dieser schwer atmend zu sprechen begann: "Im Grunde scheue ich ja den zu engen Körperkontakt mit dem gleichen Geschlecht, aber... man kann ja immer wieder mal eine Ausnahme machen... Jetzt mach ich dich fertig!"

Nur einen Sekundenbruchteil darauf durchfuhr Tôyas Körper ein quälender Schmerz und er konnte einen Schrei nicht mehr unterdrücken. Toba hatte ihm mit letzter Kraft die Klauen seiner rechten Hand mit voller Wucht in den Rücken gerammt und war auch bis ins Innere seines Körpers vorgedrungen.

"Oh! Du bist zwar so gut wie am Ende, aber die Kraft, um zu schreien, hast du noch. Beachtlich, nur leider hört dich keiner." Und bedrohlich flüsterte er ihm ins Ohr: "Es ist vorbei mit dir! Ich schicke dich jetzt eigenhändig in die Hölle!"

Tôya hatte nicht mehr die Kraft, sich aus dem Griff seines Feindes zu befreien. Sein Bewusstsein verschwamm immer mehr, er konnte nicht mehr viel tun. Bis auf eines, aber... konnte er das mit seinem Gewissen vereinbaren? Andererseits, es schien ohnehin schon klar gewesen zu sein, wie diese Sache ausgehen würde.

Tôyas linke Hand wanderte unbemerkt von Toba zu seinem Schwert... >Verzeih mir bitte, Miyuki. Es tut mir Leid, kleine Schwester...< Als er seine Augen schloss, spürte er wie eine vereinzelte Träne ihren Weg über seine Wange fand. >Ashitaka...< Dann umschloss er bereit für seinen letzten Angriff mit festem Griff sein Schwert.

Toba wollte seinem Gegner soeben den Gnadenstoß verpassen, doch plötzlich hörte er dieses verdächtige Geräusch, als würde jemand ein Schwert aus der Scheide ziehen. Nur Sekundenbruchteile später verspürte er einen heftigen Stoß auf der Höhe seiner Brust. Aber im ersten Moment war da auch nichts weiter und er konnte sich nicht erklären, woher dieses eigenartige Gefühl eben gekommen war, doch dann roch er wiederum Blut.

"A... Aber das..." Toba konnte es nicht fassen, aber es war sein eigenes Blut, was er da roch, doch stammte dieses nicht von der Wundstelle auf seinem Rücken. Und nicht nur das, der Geruch war mit dem von Tôyas Blut vermischt gewesen. Als Toba es schaffte, einen Blick über die Schulter seines Gegners zu erhaschen, erkannte er, was geschehen war. Tôya hatte sich die Klinge seines Schwertes eigenhändig durch den Oberkörper gerammt, um auf diese Weise seinen Widersacher auszuschalten. Denn das Schwert hatte bei dieser Aktion nicht nur seinen eigenen Träger durchbohrt, sondern eben auch Toba.

"Du Idiot! Du wärst ohnehin gestorben und trotzdem... trotzdem opferst du dich noch tatsächlich selbst...?!", keuchte Toba kaum hörbar. Tôya hatte in wirklich gleich auf Anhieb gefährlich getroffen und im Grunde wusste Toba es auch selbst, dass es weder für ihn, noch für seinen Gegner einen Weg zurück gab.

Dessen war sich auch Tôya bewusst gewesen. "Überrascht? Ich... habe dir doch gesagt, dass ich mich nicht von dir töten lassen würde. Wenn ohnehin kein Weg daran vorbeiführt... bereue ich es nicht... diese Sache so beendet zu haben", meinte er aber nur trotz seiner Erschöpfung mit fester Stimme und zog sein Schwert wieder aus seinem und Tobas Körper. Doch der letzte Satz war nicht ganz ehrlich gewesen. Tôya bereute seine Tat, aber nicht wegen sich selbst und wegen seinem Leben...

Toba konnte aus eigener Kraft nicht mehr länger stehen bleiben. "Das... das kann doch nicht...?!" Doch da verstummte seine Stimme und er sackte hinter Tôya im Wasser in sich zusammen.

Tôyas Schwert glitt ihm aus der Hand. Auch er selbst konnte nicht mehr länger aufrecht stehen. Er verspürte mittlerweile keine Schmerzen mehr oder dergleichen, als seine Beine nachgaben. Nur, wie das kalte Wasser des Flusses seinen Körper umschloss, ehe sein Bewusstsein letztendlich wie in Schatten getaucht verschwand...
 

Die Gruppe um Ashitaka hatte schon ein ganzes Stück des Weges zurückgelegt und befand sich bereits wieder im westlichen Gebiet, als Ashitaka urplötzlich in seinem Inneren diesen unerklärlichen Stich spürte, als hätte ihm jemand ein unsichtbares Schwert durch die Brust gestoßen. Seine Schritte verlangsamten sich wie in Trance, bis er schließlich stehen blieb. Subaru bemerkte dies und hielt ebenfalls ab, ebenso wie die anderen.

"Was ist los? Ashitaka-sama?", fragte er, doch war er zu keinem weiteren Wort mehr fähig gewesen, als er den leeren Blick seines Kameraden wahrnahm. Ein schreckliches Gefühl beschlich ihn, als Ashitaka ihm nicht antwortete und sich stattdessen nur stumm umdrehte.

Ashitaka hatte es ganz genau gespürt. Dieses Gefühl, das ihn durchzuckt hatte... Das war keine bloße Einbildung gewesen, das hatte etwas zu bedeuten gehabt. Und er wusste auch ganz genau, was das gewesen war.

>Tôya...< Im ersten Moment konnte er es nicht glauben. Er wollte es nicht glauben. Das konnte unmöglich passiert sein! Doch es war wirklich so und dessen wurde auch Ashitaka sich rasch bewusst. Er wollte wieder zurücklaufen.

"Ashitaka-sama! Bleibt hier!" Subaru ergriff ihn am Arm und hielt ihn fest.

Energisch versuchte Ashitaka sich wieder aus dem Griff seines Kameraden zu befreien. "Lass mich los, Subaru! Ich muss wieder zurück!"

"Das hat keinen Sinn! Es ist zu spät!"

Dieser Satz von Subaru traf Ashitaka wie ein Schlag. Von einem Moment auf den anderen war er wie erstarrt. Ungläubig den Kopf schüttelnd schaute er wieder den Weg zurück. Aus dieser Entfernung war es gänzlich unmöglich gewesen, etwas zu erkennen, denn der Kampfplatz lag schon lange zu weit entfernt.

Unter den Augen von Subaru, Touran und Karan sank Ashitaka letztendlich auf die Knie und schlug mit der Faust auf den Boden. "Nein!! Verdammt noch mal!"
 

Aber nicht nur Ashitaka hatte diesen Stich in der Brust verspürt. Auch Rokou war im Beisein von Renhou und Yu abrupt hoch geschreckt, als er dieses merkwürdige Gefühl in sich wahrgenommen hatte.

"Was ist los mit dir, Rokou?", fragte Renhou, dem insbesondere dieser starre Blick seines Kameraden stutzig machte. Aber Rokou antwortete ihm zunächst nicht. "Rokou?"

"Toba...", sprach der Jüngere schließlich den Namen seines Bruder aus, aber kaum hörbar, als stünde er unter Schock.

Renhou beschlich ein schlimmer Verdacht. Und als nun Yu zu sprechen begann, bestätigte sich dieser Verdacht: "Tobas Chi... es ist soeben erloschen. Er ist tot."
 

* ~ * ~ * ~ * ~ *
 

Inzwischen war es Abend geworden. Mit der Rückkehr von Ashitaka und den anderen rechnete man im Schloss der Inu-Youkai spätestens am nächsten Tag. Bis dahin vertrieb sich jeder die Zeit auf seine Weise.

"Jetzt erzähl doch mal, Kimie!", forderte Kagome ihre Cousine, mit der sie zusammen im Beisein von Sango und Kirara im Garten unter dem Pavillon saß, neugierig auf.

Doch Kimie schaute nur reichlich verdutzt drein. "Was denn?"

"Jetzt tu nicht so!", meinte Sango mit einem eindeutigen Blick. "Heute morgen hatten wir ja noch ungebetene Zuhörer, aber jetzt sind wir doch ganz unter uns Mädchen. Also?"

Jetzt blickte Kimie klarer durch, aber deshalb wollte sie sich noch lange nicht dazu breittreten lassen, aus dem Nähkästchen zu plaudern. "Was wollt ihr beiden denn auf einmal? Habt ihr irgendwas geschluckt, was euch nicht bekommen ist?"

"Lenk nicht ab!", entgegnete Kagome. "Wir wollen ja nicht alles detailgenau wissen, sondern nur ein paar kleine Sachen."

Kimie wich mit dem Oberkörper unsicher etwas zurück. "Und... die wären?"

"Wie küsst Sesshoumaru denn so?", kam es sofort wie aus der Pistole geschossen von der Jüngeren.

Angesichts dieser so direkten Frage wurde Sango nun doch leicht rot im Gesicht. "Aber Kagome-chan! Doch nicht gleich so direkt!"

"Die Frage ist ja wohl weitestgehend harmlos", meinte Kagome aber nur und wandte sich wieder Kimie zu. "Und? Was ist nun?"

So langsam kam sich Kimie wirklich vor, wie im falschen Film. "Ehrlich... Ich werde das blöde Gefühl nicht los, dass trotz des Sommers eure Frühlingsgefühle mit euch beiden durchgehen..."

"Versuch nicht schon wieder abzulenken!" Kagomes Blick war mittlerweile stechender geworden. So langsam wurde sogar Kimie das Verhalten ihrer Cousine mehr als unheimlich. Es drängte sich ihr sogar die Frage auf, ob sie fremd gesteuert wurde.

Ob Kagome überhaupt noch eine Antwort bekommen hätte, würde sie jedoch so schnell nicht erfahren, denn Inu Yasha und Miroku tauchten mit einem Mal bei den Mädchen auf und beendeten das Gespräch.

"Hey, Mädels! Es gibt Neuigkeiten", verkündete Inu Yasha, ohne überhaupt mitbekommen zu haben, über was sich die Mädchen gerade unterhalten hatten.

Und ungeachtet von Kagomes leichtem Aufseufzen, atmete Kimie nur erleichtert aus. >Inu Yasha... Ich bin dir was schuldig...<, dachte sie.

"Was gibt es denn für Neuigkeiten?", fragte Sango nun.

Miroku deutete in die Richtung, aus der er eben mit Inu Yasha gekommen war. "Wie es scheint, kommen Ashitaka und die anderen gerade zurück. Wir wollten euch nur Bescheid sagen."

"Hm? Sie sind schon wieder da?", fragte Kagome sichtlich überrascht. Da war sie nicht die einzige gewesen und in Folge dessen wollten sie alle natürlich so rasch wie möglich in Erfahrung bringen, was passiert war. Sie eilten zum großen Hof, wo sich bereits Sesshoumaru und die anderen eingefunden hatten. Die Gruppe um Ashitaka betrat gerade durch das Haupttor das Schlossgelände, aber es fiel gleich auf, dass Tôya nicht bei ihnen war.

"Was bedeutet das? Was ist passiert?", fragte sich Kagome verunsichert.

Kimie schaute fragend zu Sesshoumaru, der der Gruppe entgegenkam. Er hatte schon so eine Ahnung. Insbesondere der Ausdruck in Ashitakas Augen schien für ihn Beweis genug gewesen zu sein. Trotzdem wandte er sich zusätzlich noch an Subaru, der noch weitaus gefasster wirkte, als sein jüngerer Kamerad: "Was ist geschehen?"

Subaru musste zuerst noch einmal tief durchatmen, ehe er antworten konnte: "Vergebt uns bitte, Sesshoumaru-sama, aber... es ist etwas Unvorhergesehenes passiert. Tôya ist... Er... er ist tot."

Diese Nachricht versetzte so ziemlich alle Anwesenden in einen kurzweiligen regelrechten Schockzustand. Ein fassungsloses Raunen machte die Runde. Tôya sollte tot sein? Das konnten sie nicht glauben. Sogar Sesshoumaru wirkte zunächst wie vor den Kopf gestoßen.

"Wie ist es dazu gekommen?", fragte er nach einem Augenblick weiter.

"Man hat uns aufgelauert", erklärte Subaru, dessen Stimme leicht zitterte. "Damit wir entkommen konnten, blieb Tôya zurück, um uns den Rücken freizuhalten. Er meinte, er würde sich ebenfalls zurückziehen, wenn er die Gelegenheit dazu bekommen würde, aber..." Da brach er ab. Er konnte nicht mehr weiter sprechen, aber das verlangte Sesshoumaru auch gar nicht von ihm.

Die Gruppe um Inu Yasha tauschte erschüttert ihre Blicke untereinander aus.

"Hat Subaru... das Ernst gemeint?", fragte Shippou seine Freunde verunsichert. "Ist Tôya wirklich tot? Oder... ist das nur ein schlechter Scherz?"

"Bestimmt nicht", meinte Miroku mit ernst gesenktem Blick. "Derartige Scherze würden gerade in diesen Zeiten jedes Maß an Geschmacklosigkeit überbieten. Nein, es muss der Wahrheit entsprechen."

"Aber... wenn Miyuki-chan davon erfährt, dann..." Diese Befürchtung von Kagome teilten auch ihre Freunde. Und sie schien sich rasch bewahrheiten zu wollen, als Miyuki nun ebenfalls zu den anderen dazu stieß. Sie entdeckte Ashitaka und die Gruppe und lief gleich auf sie zu.

"Ashitaka! Ein Glück, dass ihr wieder da seid! Aber warum seid ihr so schnell wieder...?" Doch sie blieb abrupt wieder stehen. Noch einmal schaute sie genauer hin, aber sie hatte sich nicht verguckt. Tôya fehlte. Aber warum?

Als Miyuki diese bedrückende Stille bemerkte und überall nur unsichere Blicke wahrnahm, bekam sie Angst. Zögerlich trat sie näher an Ashitaka und die anderen heran. "Mein Bruder... W... Wo ist er...?"

Es kostete Ashitaka einige Überwindung, ehe er Miyuki ins Gesicht blicken konnte. Doch er brachte keine Worte hervor, sondern schüttelte irgendwann nur mit erneut gesenktem Blick den Kopf. Allein diese Geste machte Miyuki deutlich, was mit ihrem Bruder geschehen sein musste.

"Nein..." Der Schock saß so tief, dass sie anfangs nicht einmal mehr ihre Verzweiflung deutlich machen konnte. Stattdessen starrte sie nur mit völlig leerem Blick zu Boden, ehe sie die Zurückgekehrten nacheinander ansah, als suchte sie eine Antwort auf das Warum.

"Es... tut mir Leid...", brachte Ashitaka schließlich mühsam heraus. "Tôya ist... Er ist allein zurückgeblieben, um uns die Möglichkeit zur Flucht zu verschaffen. Er hat jegliche Hilfe abgelehnt und..."

"Warum?!", schrie Miyuki ihm plötzlich dazwischen und ging sogar so weit, dass sie ihn am Kragen seines Kimonos packte. "Warum hat keiner von euch ihm trotzdem geholfen? Warum seid ihr weggelaufen, anstatt ihm zu helfen?! Warum bist nicht wenigstens du bei ihm geblieben?! Verdammt noch mal! Ich dachte, ihr wärt Freunde!?"

"Bitte, hör doch zu..."

"Nein! Ich will keine Ausreden hören!"

"Miyuki-chan..."

"Nein! Nein! NEIN!!" Miyuki ließ wieder von Ashitaka ab und sank kraftlos auf die Knie. Sie konnte es nicht fassen. Tôya sollte wirklich im Kampf gefallen sein? Das konnte doch unmöglich der Wahrheit entsprechen, schließlich hatte noch kein Kampf wirklich eine ernsthafte Gefahr für ihn bedeutet. Irgendwie hatte er es immer geschafft, warum also nicht auch diesmal?

"Warum...?", fragte sich Miyuki mit tränenerstickter Stimme. "Warum passiert das alles? Warum nur muss immerzu gekämpft werden? Welchen Sinn hat das alles? Was kommt denn dabei schon heraus...? Gar nichts! Stattdessen wird nur sinnlos getötet... Das ist so grausam! Ich hasse es..." Sie krallte die Hände in den Erdboden, ehe es voller Wut und Trauer aus ihr heraus brach: "Aaaah!! Ich hasse es! ICH HASSE ES!!"

Ihre verzweifelte Stimme hallte über den gesamten Hof wider. Jetzt konnte Miyuki ihre Tränen nicht mehr zurückhalten und weinte bitterlich. Noch immer erschien ihr all das nur wie ein böser Traum, aus dem sie jeden Augenblick aufwachen würde. Aber darauf wartete sie vergebens und für einen Traum war der Schmerz viel zu real gewesen. Miyuki wollte im Augenblick auch einfach nur sterben. Ihr Bruder war für sie immer stets die wichtigste Bezugsperson gewesen. Tôya war immer da, wenn sie ihn gebraucht hatte. Er hatte sie stets beschützt und auf sie geachtet... Sie aus kleinen Späßen heraus immer ab und zu mal etwas geärgert... Ihr zugehört, wenn sie Sorgen hatte und sie getröstet, wenn sie traurig war... Nur diesmal konnte er das nicht. Und er würde es auch nie wieder tun können...

"Vielleicht hätten wir uns gar nicht erst auf diesen Kampf einlassen dürfen...", sagte Ashitaka plötzlich, wenn auch mit leiser Stimme. "Vielleicht... wäre es besser gewesen, wir hätten uns von vornherein einfach ergeben."

"Ashitaka..." Kimie blickte unschlüssig zu dem jungen Youkai. So hatte sie ihn noch nie sprechen hören und irgendwie passte dies auch gar nicht zu ihm.

Dieser Ansicht schien auch Inu Yasha gewesen zu sein, doch machte er seinen Standpunkt ohne Scheu gleich klar: "Was redest du da, sag mal? Das ist ja wohl das Bekloppteste, was ich je gehört habe!"

"Ach, wirklich?! Denkst du das, Inu Yasha?!", fragte Ashitaka daraufhin so dermaßen ungewohnt aggressiv zurück, dass einige der Anwesenden kurz in sich zusammenzuckten. So hatten sie ihn noch nie erlebt und diese Reaktion war auch gänzlich untypisch für ihn gewesen. "Wenn wir erst gar nicht angefangen hätten, zu kämpfen, dann wäre das alles so überhaupt nicht passiert und Tôya wäre nicht so sinnlos... Ach, verdammt! Vergessen wir das alles doch einfach und ergeben uns! Sonst sterben... sonst sterben womöglich nur noch mehr einen völlig sinnlosen Tod. Ich will das nicht... Also ersparen wir uns das doch bitte!"

Ashitakas zu Fäusten geballte Hände zitterten. Stille breitete sich aus...

Subaru, der nach wie vor genau neben Ashitaka stand, warf dem Jüngeren einen undurchschaubaren Blick zu. "Schaut mich an, Ashitaka-sama!", forderte er ihn auf und kaum, dass Ashitaka seinen Blick zu seinem Kameraden umgewandt hatte, holte dieser plötzlich mit der rechten Hand aus und verpasste ihm eine deftige Ohrfeige.

"Ah! Aber Subaru-san...!?" Kagome war über diese Aktion nicht minder erschrocken und irritiert gewesen, als ihre Freunde und auch so mancher der Inu-Youkai.

Doch Ashitaka selbst schwieg zu Subarus Tat, er erhob nicht mal mehr den Blick. Auch dann nicht, als Subaru erneut zu sprechen begann: "Vergebt mir bitte. Aber wenn wir uns jetzt ergeben würden, dann wäre Tôya in der Tat völlig umsonst gestorben. Es wäre bestimmt nicht in seinem Interesse gewesen, wenn wir uns jetzt feige zurückziehen und tatenlos auf unsere Niederlage warten würden, geschweige denn, sie einfach so hinzunehmen!" Er schaute leicht zu Boden. "Ihr könnt mir glauben, wenn ich Euch sage, dass mich diese Geschichte genauso sehr trifft wie Euch, aber... wir können jetzt nicht aufgeben."

Noch immer schwieg Ashitaka, aber hob er jetzt zumindest seinen Blick wieder. In diesem mischten sich die Gefühle der Trauer und Verzweiflung mit der Erkenntnis, dass Subaru in dem, was er gesagt hatte, durchaus Recht gehabt hatte. Tôya wäre für nichts und wieder nichts sinnlos gestorben, würden sie alle jetzt einfach aufgeben. Sie konnten nicht aufgeben! Für ihren verlorenen Kameraden, aber auch für sich selbst, mussten die Inu-Youkai weiterkämpfen.

Trotzdem konnte Ashitaka es nicht länger unterdrücken, und so bahnten sich nun doch vereinzelte Tränen ihren Weg über seine Wangen. Das einzige Mal, dass er je in seinem Leben Tränen vergossen hatte, war beim Tod seines Vaters gewesen. So lange lag das bereits zurück, seither hatte er nicht mehr geweint. Bis jetzt...

Auf einmal sonderte sich Ashitaka von den anderen ab und lief über den Hof zurück zur Schlossmauer, über die er rüber sprang und anschließend irgendwo in den Wäldern verschwand.

"Lasst ihn gehen", sagte Sesshoumaru, als einige seiner Leute schon Anstalten machten, seinem Cousin zu folgen. Er konnte sich schon denken, dass Ashitaka im Moment lieber für sich allein sein wollte.

Diejenigen, die zurück blieben, konnten größtenteils noch immer nicht so recht fassen, was sie gerade erfahren hatten. Und noch immer hörte man Miyukis verzweifeltes Schluchzen. Keiner vermochte ihr im Moment wohl den so sehr nötigen Trost spenden zu können...
 

* ~ * ~ * ~ * ~ *
 

Auch bei den Ryû-Youkai hatten sich die Todesnachrichten schon herumgesprochen. Laut krächzend zogen die dämonischen Krähen am dunklen Himmel ihre Kreise und berichteten von dem Verlust, den die Inu-Youkai erlitten hatten. In ihr Krächzen mischte sich ab und an das bedrohliche Gebrüll der mächtigen Flugdrachen.

"Toba ist also tot. Hmm..." Akuma lehnte sich gegen das geöffnete Fenster in seinen Privaträumen. Mit im Raum befanden sich neben Yu auch noch Renhou und Jin. Rokou jedoch fehlte.

"Dieser Kampf ist anders als der, denn wir vor 1000 Jahren gegen die Inu-Youkai geführt haben", sagte Renhou nach einem Augenblick der Stille. "Vielleicht hatte Takeshi-sama ja Recht. Macht es wirklich Sinn nach all der Zeit alles noch mal neu aufzurollen?"

Die Blicke ruhten abwartend auf Akuma. Dieser schaute nach wie vor nach draußen, während er antwortete: "Du überraschst mich, Renhou. Wirst du langsam weich? Ich weiß, dass Takeshi im Grunde nie viel für diesen Kampf übrig gehabt hat, aber das ist nicht mein Problem, sondern seines. Zugegeben, einer der Hüter ist tot. Leider... Aber zumindest einer von Sesshoumarus besten Kriegern ist mit ihm gestorben. So gesehen hat Tobas Verlust zumindest noch einen Nutzen für uns gehabt."

"Akuma-sama..." Renhou war nicht wirklich überrascht über diese Worte seines Herrn. Das Leben eines Einzelnen stand für Akuma hinter dem großen Ganzen. Man konnte nicht jedem, der im Kampf sein Leben ließ, wie ein kleines Kind hinterher weinen.

"Reden wir nicht mehr darüber", sagte Akuma plötzlich. "Es lässt sich nun nicht mehr ändern, was passiert ist. Ihr könnt gehen."

Ohne Widerworte verließen die drei Hüter das Zimmer. Draußen auf dem Flur warf Jin einen unschlüssigen Blick auf seine Kameraden. "Und jetzt? Wie geht es weiter?"

Zwar konnte Jin von sich nicht gerade behaupten, dass er Toba sonderlich gemocht hätte. Eigentlich war ihm dieser meist nur mächtig auf die Nerven gegangen, trotzdem beschäftigte ihn diese Geschichte in gewisser Hinsicht. Da vergaß er zeitweise sogar seinen tief sitzenden Hass, den er gegenüber Renhou empfand.

"Ich werde zunächst nach Rokou schauen", meinte dieser auf die Frage hin. "Ansonsten können wir wohl nichts tun, außer auf weitere Anweisungen zu warten." Mit diesen Worten schritt Renhou den Gang entlang und ließ Yu und Jin zurück.

Er war noch gar nicht lange unterwegs gewesen, da kreuzte Kagura überraschend seinen Weg, doch wirkte sie wie immer. Sie scheute sich nicht mal davor, ihn sogleich direkt anzusprechen: "Sag mal, kannst du mir vielleicht verraten, was seit einigen Stunden hier los ist? Die tun hier alle mit einem Mal so, als wäre was passiert, und Tobas Bruder benimmt sich nicht auch viel besser. Er wirkt irgendwie so abwesend. Was ist denn passiert? Hat er sich etwa mit Toba gestritten?"

Renhou war von Kaguras Fragen durchaus überrascht gewesen. "Ihr wisst es also noch nicht?"

"Wissen?" Die junge Frau wurde auf einmal leicht unsicher. "Wovon redest du? Was weiß ich nicht?"

Der Ryû-Youkai wartete einige Sekunden, ehe er ihr antwortete: "In einem Punkt hast du Recht, es geht in der Tat um Toba. Er wurde heute in einen Kampf gegen einen der Inu-Youkai verwickelt. Beide haben nicht überlebt."

Stille...

"Er... ist tot?" Kagura hatte so gefragt, als brauchte sie noch einmal eine Bestätigung dafür, um sich zu vergewissern. Und als Renhou nur bejahend nickte, erhielt sie die auch prompt. "Hm... Verstehe..."

Zwar versuchte Renhou, anhand von Kaguras Gesichtsausdruck in etwa zu erahnen, was gerade in ihr vorging, aber es gelang ihm nicht. Dazu war ihr Blick nicht eindeutig genug.

"Nun... entschuldigt mich bitte, aber ich muss jetzt weiter", sprach er sie nach einem Augenblick erneut an.

Kagura trat ein wenig zur Seite, damit Renhou an ihr vorbeigehen konnte. Sie bekam mit, wie er sich noch einmal zu ihr umdrehte, schaute aber nicht auf. Auch dann nicht, als er letztendlich wieder verschwunden war.

"Mein Beileid, Kagura. Das muss dich auf gewisse Weise doch mitgenommen haben, nicht wahr?"

Kagura fuhr leicht hoch, als sie diese höhnisch sprechende Stimme vernahm, doch konnte sie diese sofort zuordnen. "Wie soll ich das verstehen, Naraku?", fragte sie prüfend und ohne sich etwas anhand ihrer Stimme anmerken zu lassen.

Hinter einer Biegung, nur wenige Meter neben der jungen Frau, trat nun aus einem Schatten Naraku hervor. Sein Blick war der gewohnt hinterhältige gewesen. "Du brauchst es nicht zu verheimlichen. Du müsstest doch eigentlich am besten wissen, dass mir nichts entgeht. Ehrlich gesagt, ich hatte so meine Bedenken, dass du Toba nicht eventuell dazu benutzen könntest, um mir zu schaden. Hm! Aber darum muss ich mir jetzt wohl ohnehin keine Gedanken mehr machen. Ich meine, jetzt, wo er doch schließlich tot ist. Hoffentlich hat dich das nicht allzu schwer getroffen, Kagura. Warst du nicht gerade dabei gewesen, dich besser mit ihm zu verstehen?" Aber ohne eine Antwort auf diese Frage abgewartet zu haben, machte Naraku sogleich wieder kehrt und verschwand ebenso geheimnisvoll, wie er zuvor erschienen war.

Die Versuchung, ihm einen Fluch hinterher zu rufen, war zwar mehr als groß gewesen, doch Kagura nahm sich zurück, obwohl sie glaubte, den Hanyou im Weggehen sogar noch leise lachen gehört zu haben, als verhöhnte er sie noch zusätzlich. Krampfhaft hielt sie ihren Fächer in ihrer rechten Hand, die vor unterdrückter Wut leicht zitterte, fest.
 

Rokou hatte sich etwas abseits vom Schloss auf einen Felsvorsprung zurückgezogen. Gedankenverloren stand er einfach nur so da und schaute in die Leere. Im Moment wollte er nichts und niemanden um sich haben, er wollte einfach nur seine Ruhe. Es war natürlich nicht das erste Mal gewesen, dass jemand aus dem Clan im Kampf gefallen war, aber ausgerechnet Toba... Bei jedem anderen wäre Rokou das so ziemlich herzlich egal gewesen, aber warum gerade sein Bruder?

"Toba... du verdammter Idiot!", fluchte Rokou letztendlich und ballte verkrampft die Hände zu Fäusten. Immer hatte Toba so getan, als müsste er auf ihn aufpassen, aber nun hatte er nicht mal auf sich selbst aufpassen können, und das war es gewesen, was Rokous Wut besonders schürte. Wie wäre es abgelaufen, wenn er dabei gewesen wäre? Bestimmt wäre alles ganz anders ausgegangen...

Plötzlich vernahm Rokou Schritte hinter sich und anhand der Stimme des anderen konnte er diesen auch sogleich als Renhou identifizieren: "Du brauchst es nicht zu verstecken, Rokou. Ich weiß, wie du dich fühlst."

Aber Rokou brüllte seinen Kameraden nur wutentbrannt an: "Verschwinde, Renhou! Keiner von euch weiß doch etwas, und ich brauche auch kein Mitleid oder so einen Scheiß! Also komm jetzt nicht mit so etwas bei mir an, kapiert?!"

Aber Renhou blieb trotz dieser Reaktion ruhig. Rokous Verhalten war für ihn gut nachvollziehbar gewesen. Nachdenklich senkte der Ältere den Blick.

Renhou schaute erst wieder auf, als Rokou mit einem Mal völlig kraftlos auf die Knie gesunken war. Sein Blick war zum Boden gerichtet, die Hände hatte er nach wie vor zu Fäusten geballt. Am ganzen Körper zitterte er bei dem Versuch, seine Gefühle mit aller Gewalt zu unterdrücken.

"Verdammt...!" In Rokou mischte sich die Trauer um den Verlust seines Bruders abermals mit Wut. Wut darüber, dass er nicht mal dazu in der Lage gewesen war, seine Haltung zu bewahren und sich stattdessen wie ein kleines Kind seinen Gefühlen auslieferte. Und das auch noch vor den Augen von Renhou.

Irgendwann bemerkte Rokou, dass seine Augen feucht wurden. Er blinzelte. Dann entdeckte er zwei, drei dunkle Flecken auf dem steinernen Boden. Wie betäubt fuhr er mit den Fingern darüber. Tränen... Noch nie hatte er geweint, das galt stets als schwach und ehrlos. Aber warum weinte er? Wegen seinem Bruder? Empfand er wirklich das Gefühl der Trauer in all ihren Ausmaßen?

Rokous rechte Hand wanderte zu seiner Brust. Auch hier fühlte er etwas, was er zuvor noch nie gekannt hatte. Es war ein merkwürdiges leeres Gefühl gewesen. Es tat weh... Aber es war kein Schmerz, wie man ihn etwa von körperlichen Verletzungen her kannte. Vielmehr war es so, als hätte man ihm etwas aus dem Leib gerissen. Es fehlte etwas...

Rokou schreckte kurz hoch, als er plötzlich eine Hand auf seinem Rücken wahrnahm.

"Du brauchst dich deswegen nicht zu schämen. Es ist keine Schande", sagte Renhou mit ruhiger Stimme, als versuchte er, dem Jüngeren zumindest etwas Beistand zu geben.

Rokou drehte sich leicht zu seinem Kameraden um. Ein wenig widerstrebte es ihm noch immer, sich so gehen zu lassen, aber er hatte einfach nicht mehr die nötige Kraft, um sich zurückzuhalten und ließ seinen Gefühlen schließlich doch noch freien Lauf. Im Moment hatte Rokou nichts mehr von dem kriegerischen Youkai gehabt. Im Augenblick war er nur jemand gewesen, der um seinen Bruder trauerte. Und in der Tat schien es wirklich so gewesen zu sein, dass mit Tobas Tod auch ein Teil von Rokou gestorben wäre.
 

* ~ * ~ * ~ * ~ *
 

Mittlerweile hatte die Nacht Einzug gehalten und im Schloss der Inu-Youkai war größtenteils wieder Ruhe eingekehrt. Doch nach wie vor lag Tôyas Tod wie ein dunkler Schatten über allem. Davon, dass auch Toba gestorben war, wusste zum gegebenen Zeitpunkt allerdings noch niemand hier etwas.

Miyuki hatte sich schon vor mehreren Stunden in ihrem Zimmer eingeschlossen und wollte niemanden sehen oder gar mit jemanden sprechen. Und Ashitaka war noch immer nicht wieder zurückgekehrt, nachdem er so überstürzt und ohne klares Ziel fort gegangen war. Aber vermutlich brauchte er wirklich einfach nur genau wie Miyuki erst mal ein wenig Zeit für sich allein, wie Sesshoumaru vermutete. Er traute es seinem Cousin nicht zu, dass dieser jetzt eventuell etwas Unüberlegtes tat. Das sagte er auch Sakura, mit der im Augenblick in ihren Privaträumen zusammen saß: "Er wird sicherlich bald zurückkommen. Wir sollten jetzt besser nicht nach ihm suchen."

"Ja, ich weiß", antwortete Sakura, wenngleich es doch sehr bedrückt klang. Die Geschichte mit Tôya hatte auch sie sehr mitgenommen. "Ich kann es immer noch nicht so wirklich glauben. Und ich frage mich, wie lange es wohl dauern wird, bis besonders Ashitaka und Miyuki darüber hinweggekommen sein werden."

"Lassen wir ihnen die Zeit, die sie dafür brauchen", meinte Sesshoumaru.

Sakura hob ein wenig den Blick. "Und was gedenkt Ihr als nächstes zu tun?"

Auf diese Frage hin verfinsterte sich Sesshoumarus Gesicht sogleich wieder etwas. "Es ist jetzt umso wichtiger, dass ich diesen Kampf so schnell wie möglich beende und endlich einen Schlussstrich unter diese Angelegenheit ziehe. Ich bringe Akuma und seinen Clan zur Strecke und werde Tôyas Tod an ihnen rächen! Und nicht nur ihn..."

Denn die Ryû-Youkai sollten unter anderem insbesondere auch für Kimies Entführung bezahlen. Sesshoumaru hatte ihnen bisher eindeutig zu viel freie Hand gelassen, jetzt sollte endgültig Schluss damit sein!

Ein Klopfen an der Tür ließ Sesshoumaru und Sakura zeitgleich aufhorchen. Sakura bat den Besucher, der sich als Kakeru zu erkennen gab, letztendlich herein. Kurz begrüßte er die beiden Anwesenden, ehe er sich auch schon direkt an seinen Herrn wandte: "Sesshoumaru-sama. Ich möchte Euch nicht lange aufhalten, sondern Euch nur darum bitten, dass Ihr mich für eine Zeit lang von meinen Pflichten hier entbindet."

Sesshoumaru schien in der Hinsicht nicht minder überrascht gewesen zu sein wie Sakura. "Wie soll ich das verstehen?"

"Ich müsste das Schloss für eine Weile verlassen. Ich kann Euch aber nicht sagen, wann ich zurückkommen werde."

"Dürfte ich zumindest die Hintergründe deiner Bitte erfahren?"

Aber sein Gegenüber schüttelte nur den Kopf. "Noch ist es zu früh, als dass ich Euch etwas darüber erzählen könnte. Vertraut mir einfach, in Ordnung? Es ist wirklich wichtig", versuchte Kakeru zu erklären.

Eigentlich wollte Sesshoumaru ihn nur ungern zum gegebenen Zeitpunkt fortgehen lassen, war es schließlich nicht sicher, wann es wieder zum Kampf kommen würde. Allerdings wusste er ebenso, dass Kakeru ihn niemals um einen derartigen Gefallen bitten würde, hätte er nicht wirklich einen triftigen Grund dafür gehabt. Also gab Sesshoumaru nach kurzer Überlegung schließlich sein Einverständnis bezüglich Kakerus Bitte.
 

Auch bei Inu Yasha und den anderen drehte sich alles nur noch um ein Thema. Sie alle saßen gemeinsam in Kagomes Zimmer und redeten schon seit einer ganzen Weile über das jüngste Geschehen.

"Niemals hätte ich das erwartet. Obwohl ich schon so viel Tod und Leid gesehen habe...", meinte Sango betrübt und erinnerte sich wieder an ihren Bruder, ihren Vater und ihr Dorf. Kirara maunzte einmal leise und schmiegte ihren Kopf sanft an Sangos Arm, als wollte sie ihr zumindest etwas Trost spenden.

Mit ernster Miene verschränkte Miroku die Arme vor der Brust. "So wird uns ein weiteres Mal vor Augen geführt, dass es jeden von uns treffen kann. Keine schöne Geschichte..."

Inu Yasha richtete sein Augenmerk auf Kagome, die zwischen ihm und Kimie saß. Das schwarzhaarige Mädchen hatte den Blick traurig zu Boden gesenkt. "Das alles ist so schon schlimm genug. Am meisten tun mir aber Ashitaka-kun und Miyuki-chan Leid...", sagte sie leise. Wie lange mochte es wohl dauern, bis sie diesen Verlust akzeptierten?

"Aber warum ist Tôya-sama gestorben?", fragte Rin mit einem Mal vorsichtig und schaute zu Kimie hoch. Das kleine Mädchen war vorhin nicht mit dabei gewesen und hatte demnach erst im Nachhinein von dem erfahren, was geschehen war.

Kimie legte Rin behutsam einen Arm um die Schulter. "Nun... Weißt du, Rin, er wollte Ashitaka und die anderen beschützen und dabei... ist es leider so gekommen, dass er im Laufe dieses Kampfes irgendwann nicht mehr dazu in der Lage war, sich selbst zu schützen."

In Rins Augen erschien ein Funken von Angst. "Könnte Sesshoumaru-sama denn dann auch irgendwann sterben?" Denn schließlich hatte er sie bisher auch stets beschützt, genau wie Tôya es bei Ashitaka und den anderen versucht hatte.

Zuerst hatte Kimie das Mädchen nur leicht erschrocken angesehen, doch schüttelte sie sogleich beruhigend den Kopf. "Nein. Nein, das wird er nicht. Keine Angst." Zumindest hoffte sie das inständig.

Shippou saß während des ganzen Gesprächs nur stumm da. Der kleine Kitsune hätte ohnehin nicht gewusst, was er hätte sagen können.

"Wir kriegen sie schon noch!", meinte Inu Yasha plötzlich entschieden. "Früher oder später kriegen wir diese Drachen und dann machen wir sie gemeinsam mit Naraku allesamt dem Erdboden gleich!"

Sie alle waren so sehr in ihr Gespräch vertieft gewesen, dass sie gar nicht mitbekommen hatten, wie die Zeit vorangeschritten war. Erst, als Miroku letztendlich durch einen Spalt des leicht geöffneten Fensters hinausschaute, machte er die anderen darauf aufmerksam: "Es ist schon spät. Wir sollten es für heute gut sein lassen und schlafen gehen."

Der Mönch erntete einstimmiges Nicken. Bis auf Kagome und Shippou verließen die anderen nun nach und nach das Zimmer und wünschten sich gegenseitig trotz allem noch eine gute Nacht, ehe sie sich auf ihre Zimmer zurückzogen.

Als Kimie gemeinsam mit Rin und Inuki bei dem Zimmer des kleinen Mädchens ankam, schaute dieses fragend zu Kimie hoch. "Kimie-san? Schläfst du heute Nacht wieder bei Sesshoumaru-sama?"

"Ja. Warum fragst du?"

Rin tippte ein wenig verschüchtert die Zeigefinger aneinander. "Nur so. Weil..."

Obwohl sie nicht weiter sprach, brauchte Kimie nicht lange, um festzustellen, dass Rin diese Nacht wohl nicht gerne allein sein wollte. Da kam ihr nach einem Moment gleich eine Idee. "Soll Inuki heute Nacht bei dir bleiben? Für ihn wäre das bestimmt auch schöner, als ganz allein in meinem Zimmer zu hocken."

"Oh, ja!", rief Rin sofort begeistert aus. Trotzdem blieb Kimie selbst ebenfalls noch so lange bei ihr, bis sie schließlich eingeschlafen war. Kimie verabschiedete sich noch Inuki und verließ das Zimmer dann leise wieder. Anschließend machte sie sich wieder auf den Weg zu Sesshoumarus Zimmer. Dort angekommen, schob sie vorsichtig die Schiebetür auf und betrat den Raum. Sie entdeckte Sesshoumaru auf der Veranda stehen.

Als er sie bemerkte, drehte er sich zu ihr um. "Du kommst spät."

"Ja, ich weiß", entgegnete sie ruhig. "Ich habe mich noch mit Kagome und den anderen unterhalten. Und außerdem habe ich noch gewartet, bis Rin eingeschlafen ist. Sie wollte heute Nacht irgendwie nicht allein sein, deshalb bleibt Inuki vorerst bei ihr."

Kimie trat ebenfalls auf die Veranda hinaus. Nachdenklich richtete sie den Blick zum Himmel hinauf. Sie seufzte, während sie sich mit den Unterarmen auf das Geländer abstützte. "Ausgerechnet Tôya... Damit hätte ich ehrlich gesagt nicht gerechnet. Tja, anscheinend habe ich trotz allem immer noch diese kindliche Naivität in mir. Dieses Denken, dass so was jeden treffen kann, aber keinen, den ich kenne oder gar mich selbst..." Es entstand eine kurze Pause, ehe sie sich an Sesshoumaru wandte: "Was ist mit Ashitaka und Miyuki? Hast du etwas mitbekommen?"

"Miyuki ist noch immer in ihrem Zimmer, und Ashitaka ist bisher nicht wieder zurückgekommen", antwortete Sesshoumaru.

"Ach so..." Kimie schaute nach vorne in Richtung des Waldes. Im Dunkeln wirkten die Baumkronen nur wie ein einziges schwarzes Meer. Es war unheimlich. Noch dazu frischte der Wind auf.

Kimie verzog sich wieder in das Zimmer. Sesshoumaru folgte ihr und schloss hinter sich die Schiebetür zur Veranda wieder.

"Sesshoumaru? Kann ich dich etwas persönliches fragen?"

Diese plötzliche Frage von ihr ließ ihn aufhorchen. "Worum geht es?"

Zögerlich drehte sich Kimie zu Sesshoumaru um. "Es mag eine ziemlich blöde Frage sein, aber... Als dein Vater starb... wie hast du dich da gefühlt? Hast du um ihn getrauert?"

Ein wenig überrascht schien Sesshoumaru über diese Fragen zwar schon gewesen zu sein, doch zeigte er es wie üblich nicht allzu offensichtlich. Auch in seiner Antwort klang er ruhig und gefasst: "Bereits als ich ihn das letzte Mal traf, wusste ich, dass es so mit ihm enden würde. Ich wusste, dass er nicht mehr lebend zurückkehren würde, nachdem er aufgebrochen war, um diese Menschenfrau zu retten."

"Hmm... Dann kam es also nicht überraschend für dich...", stellte sie leise fest.

Sesshoumaru schwieg. Wie hätte er sonst antworten sollen? Hatte er um seinen Vater getrauert? Wenn Kimie damit hatte wissen wollen, ob er um ihn geweint hatte, hätte er diese Frage ohnehin verneinen müssen. Nein, er hatte nicht geweint, das war für ihn bisher nie eine Option gewesen. Natürlich hatte er noch oft an seinen Vater gedacht, aber getrauert in dem Sinne...

"Entschuldige bitte, aber ich bin müde. Ich geh schlafen", sagte Kimie irgendwann und ging in das Nebenzimmer. Dort zog sie sich um und legte ihren Yukata an. So sehr in ihre Gedanken vertieft, schreckte sie leicht hoch, als sie mit einem Mal Sesshoumarus Hände auf ihren Schultern wahrnahm.

"Wenn es zum entscheidenden Kampf kommt", begann er, "dann möchte ich, dass du dich nicht einmischst und hier im Schloss bleibst."

Kimie drehte sich leicht zu ihm um. Irgendwie hatte das schon beinahe wie ein Befehl geklungen. Es schien, als müsste sie erst noch einen Augenblick überlegen, ehe sie etwas entgegnete: "Unabhängig davon möchte ich dir aber auch gerne noch etwas sagen. Sei bitte vorsichtig, ja? Rin hat vorhin so eine Frage gestellt, die mich auch sehr erschreckt hat. Nach dieser Sache mit Tôya hat sie Angst, dass auch dir etwas zustößt."

Sesshoumaru hatte in gewisser Hinsicht schon vermutet, dass etwas in dieser Richtung irgendwann mal zur Sprache gekommen wäre, dementsprechend hielt sich seine Überraschung eher in Grenzen. Doch er hatte nicht vor, etwaigen Befürchtungen zusätzliche Nahrung zu geben.

"Ich habe nicht vor, im bevorstehenden Kampf zu unterliegen", stellte er klar. "Wenn jemand vorsichtig sein sollte, dann ist es Akuma, aber das wird ihn nicht davor bewahren, letztendlich durch meine Hand zu sterben."

Typisch. Bloß keine Schwäche zeigen, das passte zu ihm. Aber im Grunde war es genau das gewesen, was Kimie in gewisser Hinsicht wieder ein wenig beruhigte, obwohl natürlich ein Rest Unsicherheit blieb...

Nachdem sie sich kurz darauf schlafen gelegt hatte, trat Sesshoumaru erneut möglichst lautlos auf die Veranda hinaus, die er auch von seinem Schlafgemach aus erreichen konnte.

Der bewölkte Himmel gab neben dem Mond nur einige wenige Sterne durch den einen oder anderen Riss in der Wolkendecke preis. Da entdeckte Sesshoumaru auf dem Hof Kakeru, welcher gerade aus den Eingangstüren des Schlosses getreten war. Mit ruhigen Schritten ging er vorwärts, als sein Körper nach und nach in einem Wirbelwind verschwand. Es war erstaunlich, wie vergleichsweise ruhig alles dabei blieb.

Nachdem der Wind wieder nachgelassen hatte, stand Kakeru in seiner wahren Gestalt auf dem Hof. Sein Fell schimmerte im blassen Mondlicht silbern und die dichte Mähne, welche um seine Schultern lag, leuchtete nunmehr in einem hellen Weiß auf.

In dieser Gestalt ging Kakeru noch ein paar Schritte, dann sprang er über die Schlossmauer und lief in den Wald hinein. Schließlich verschwand er aus Sesshoumarus Sicht in der Dunkelheit der Nacht.


Nachwort zu diesem Kapitel:
*vorsichtig hinter einer Ecke hervorlugt*
Okay... Schmeißt jetzt bitte nicht mit irgendwelchen Gegenständen nach mir, ich leide ja schon selbst heftig genug... T____T
Glaubt aber bloß nicht, dass mir das leicht gefallen ist, meine eigenen Charas um die Ecke zu bringen, das hat mich echt ein ganz schönes Stück an Überwindung gekostet! Aber wenn alles immer so glimpflich ausgehen würde, wäre es doch auch wieder "öde", zumindest empfinde ich das so... Blöde Ausrede, ich weiß... *drop*
Wie auch immer, ich hoffe dennoch, dass ihr mir aufgrund dessen aus Protest jetzt nicht alle abspringt... ^^'
Komplett anzeigen

Fanfic-Anzeigeoptionen

Kommentare zu diesem Kapitel (40)
[1] [2] [3] [4]
/ 4

Kommentar schreiben
Bitte keine Beleidigungen oder Flames! Falls Ihr Kritik habt, formuliert sie bitte konstruktiv.
Von:  Swee
2014-01-27T10:22:04+00:00 27.01.2014 11:22
Das Toya tot ist...

Ich könnte heulen und tu es auch Miyuki und Ashitaka tun mir ehrlich leid.
Von:  Kerstin-san
2008-04-18T14:14:35+00:00 18.04.2008 16:14
Hey!
ich bin gerade dabei die ganze ff durchzulesen und hatte erst vor ganz am ende ein kommi zu schreiben, aber ich hab es mir dann doch anders überlegt.
du hast es tatsächlich hingekriegt, dass ich geheult habe!
aber irgendwie hab ich die hoffnung, dass er noch lebt (auch wenn es ziemlich unwahrscheinlich ist).
und was ich noch loswerden wollte, dass ist die beste ff die ich je gelesen habe und das meine ich wirklich ernst!
lg
Kerstin
Von:  Lady_Gilraen
2007-08-20T18:39:23+00:00 20.08.2007 20:39
Ich bin hier gerade dabei, die gesamte FF nachzulesen. Normalerweise schreibe ich dann auch erst beim letzten Kapitel einen Kommentar, aber der hier muss sein.
Du hast mich hier gerade dazu gebracht, nach längerer Zeit mal wieder richtig zu heulen. (Hatte schon lange keinen Anlass mehr...)
Toya, warum ausgerechnet Toya? T.T (Das war einer meiner liebsten unter den Inu-Youkai)
Und sogar um Toba tut es mir Leid. Den mochte ich ehrlich gesagt auch. Und ich habe großes Mitleid mit Rokou, und auch mit Miyuki und Ashitaka!
Es ist natürlich klar, dass es bei so einem Kampf auf beiden Seiten Verluste gibt, und ich hab mich schon gefragt, wann der erste stirbt, aber es war trotzdem ein relativ harter Schlag für mich.

MfG
Last_Unicorn
Von:  Schalmali
2007-04-08T10:04:55+00:00 08.04.2007 12:04
Tja dummer Krieg... die Drachenyoukai hätten lieber Takeshi als Anführer haben sollen dann wärs gar nicht erst dazu gekommen ^^ Traurig aber auch rührend das Kapitel. Kakerus verschwinden ist ja sehr mystheriös aber passt ja zu ihm. Na langsam nähert sich der Kampf nehm ich an.
Von: abgemeldet
2007-03-25T18:57:41+00:00 25.03.2007 20:57
*in Taschentücher und Tränen ertrinkt*
Ich hab's doch gewusst. Aber deswegen wars nicht weniger schlimm *heul*
Aber wo will den Kakeru hin *Beschützerinstinkt aktiviert sich*
Ihm passiert doch nichts, oder?
Bitte nicht.
Wenn ihm jemand was tut, dann kann er aber was erleben *kurz vor Blutrausch ist*
Na, dann will ich mal weiter lesen.
SLG,

Shalyn
Von:  _Becks_
2007-02-26T15:49:50+00:00 26.02.2007 16:49
>Heeeeeeeeeeeeeeuuuuuuuuuuuuuul< Wie...>heul<... kannst du nur... Ich mochte den Chara Toya... Toba, wer ist schon Toba, aber Toya? >schnief< Arme, arme Myuki. Armer, armer Ashitaka... Eigentlich mag ich deine Geschichte sehr, aber das mit Toya....

Ich hoffe du schreibst schnell weiter und lässt es ganz fix hochladen.

Herzliche Grüße
Von:  Chery
2007-02-25T19:50:24+00:00 25.02.2007 20:50
Hey, das kannst du doch nicht machen!!!Du bringst da deine eigenen Charakter um, ist dir das klar?!?
Also echt mal!!! *schmoll*
Aber abgesehen davon find' ich das Kapitel klasse!
Ashitaka, Myuki und auch Rokou tun mir echt leid! Du hast ihre Gefühle aber klasse beschrieben! Großes Lob an dich!!!
Kann ich mir gut vorstellen, dass Kimie jetzt auch um Sesshomaru besorgt ist ... noch mehr als zuvor! Wäre ich an ihrer Stelle sicher auch!
Na ich hoffe doch Renhou bleibt auch weiterhin der Meinung, dass Takeshi recht hatte und dass der Krieg völlig sinnlos ist! Stimmt doch auch!
Und es gefällt mir auch gut, dass Renhou in einem weiteren Punkt nicht wie Akuma ist ... ich bin mir nämlich grad ziemlich sicher, dass Akuma Rokou nicht einfach so getröstet hätte! Der ist doch sowieso völlg gefühlskalt!
Befreit nicht einmal seinen eigenen Bruder, wenn dabei die Gefahr entstehen würde einen Nachteil zu erhalten! Elender Kotzbrocken!!!
Hoffe doch du läst nicht bald wieder wen sterben!!! Ich halte jetzt ne Gedenkminute für Tôya und Toba!!! Mir tuts nämlich um beide ziemlich leid!
War aber auf alle Fälle ein geniales Kapitel!
Mach schnell weiter und schick mir dann bitte eine ENS
Ciao Chery
Von: abgemeldet
2007-02-25T15:49:45+00:00 25.02.2007 16:49
Hey^^

Erstmal ein riesen Lob an dich. Der >Kampf war faszinierend und absolut spektakulär. Das Ende umso tragischer. Die Art und Weise wie beide ihr Ende fanden war zwar sehr melancholisch, aber auch eines Kämpfers würdig. Ich mochte Toba sehr gerne und von den Ryû-Youkai einer meiner Liebsten. Und deshalb fand ich es sehr gut, dass er auf diese Weise starb, ohne das seine Würde litt.

Tôya fand ich persönlich immer besonders gut und ich mochte ihn mit am liebsten. Umso trauriger ist sein Verlust. Besonders melancholisch waren dabei die Reaktionen von Ashitaka und Miyuki. Es hat doch wieder vor Augen geführt, was für eine Geschichte du erzählst. Es geht nun mal um Krieg und in selbigem gibt es Opfer. Es ist tragisch und doch ist gerade diese Sache so wichtig, um das ganze glaubwürdig zu machen. Deine Story lebt von Emotionen und von Kämpfen. Auf beeindruckende Weise hast du gezeigt, dass die 'Guten' nicht immer nur gewinnen können und hast auch verdeutlicht, dass auch Youkais sterben können.
Hier ein großes Kompliment, dieses Kapitel hat mich sehr berührt und daran erinnert, wie ernst die Story eigentlich ist.

Die Reaktion von Rokou war sehr authentisch. Wie er merkt, wie er zum ersten Mal etwas fühlt, etwas was ihn in diesem Moment so menschenähnlich machte, verletztlich, aber nie lebendiger. Und es zeigte, dass die Ryû-Youkai nicht nur dumpfsinnig erfundene Charas sind, die als Gegner herhalten müssen, sondern ernstgenommen werden müssen. Sie haben ihre eigene Philosophie und ihre eigenen Persönlichkeiten und die Tatsache, dass einer von ihnen trauert, ist das wirklich überzeugenste was ich je in einer Fanfic las, denn es war eben echt.
Ich kann es nicht besser verdeutlichen, aber für mich war das dein bisher bestes Kapitel und ich bin gespannt, was Kakeru vor hat, wohin Ashitaka ging und wie alles endet. Denn du hast deine Unberechenbarkeit mit diesem Kapitel bewiesen.
Es hat mir wirklich sehr gut gefallen und ich freue mich auf das nächste Kapitel.

Liebe Grüße
sunses_morning
Von:  murmeltierchen
2007-02-14T00:08:53+00:00 14.02.2007 01:08
Ich find die ganze Fanfic einfach genial ^_^
Sowohl die vorherige als auch die Fortsetzung jetzt, endlich endlich eine schönne Fanfic, in der auch die Gegner in ihren Situationen beschrieben werden, in denen alle Charas aktiv sind und ständig handeln und die alles so schön ausführlich beschreibt.
Aber als Tôya starb war ich echt fast am heulen, das war so traurig ... ich mochte Tôya, hab mir aber irgendwie schon gedacht, dass der gute dran glauben muss.
Aber wenigstens ist er einen Heldentot gestorben *schnüff* T_T
Ashitaka und Miyuki tun mir so Leid ... aber wer weiß, vielleicht kommen sie sich ja durch die Trauer und dass sie sich wohl nach dem Tod Tôyas ziemlich gleich fühlen was näher *hoff*
Toba tut mir irgendwie auch Leid, der ist zwar manchmal sowas von eingebildet, aber ich mochte ihn auch *hust*

Ich frag mich, was Kakeru jetzt macht, Kakeru ist ehrlich gesagt mein Lieblingschara unter den Inu-Youkai, fänd schön wenn dazu noch was mehr geschrieben wird und wenn dieser insgesamt doch recht geheimnisvolle Chara etwas mehr beleuchtet wird. Sehr schönes Bild übrigens bei Kakeru =)

Und würd mich interessieren, was jetzt tatsächlich aus Takeshi wird, irgendwie mag ich ihn auch, mit seinem friedfertigen Wesen in seiner Rolle als im Grunde unschuldiges Opfer von alldem.
Mal sehn was für eine Rolle Renhou noch einnimmt, er ist ja im Gegensatz zu den meisten seines Clans nicht so kriegerisch sondern eher vernünftig und die Opfer, die so ein Krieg fordert scheinen ihm ja auch nah zu gehen *nochmal schnüff*

Bin mal gespannt, inwiefern sich das Zweckbündnis zwischen Naraku und den Ryû-Youkai auf den Ausgang des Krieges auswirken wird ... ich hab da ja schon so meine Vermutungen ^_^
Freu mich schon wenn es weitergeht, eine der wenigen FFs wo ich schreibfaule Nuss endlich mal einen Kommi hinterlassen hab und die ich auch mit größten Interesse verfolge ^^
Von:  Tigerin
2007-02-13T16:35:54+00:00 13.02.2007 17:35
Verdammter Mist... aber ich hab mir schon gedacht, dass soetwas passiert. Ashitaka hat es ja auch geahnt gehabt. *heul* Das Kapitel war aber ziemlich gut, vorallem total traurig geschrieben. Du hast mich wirklich zum Heulen gebracht... und das ist wirklich mein Ernst.

Ich hab mir schon mal überlegt gehabt, bei wem es mir nichts ausmachen würde, wenn sie sterben würden... Tôya hat auf jeden Fall nicht dazugehört. Aber auch bei deinen anderen Charas, von Seshiru mal abgesehen, will ich nicht, dass noch einer stirbt.
Miyuki tut mir auch so leid und Ashitaka. Die Beiden hat es ja wirklich schwer getroffen. Als Ashitaka Inu Yasha so angegangen ist, hab ich mich erst ziemlich gewundert, aber er ist eben verzweifelt. Da fand ich auch Subarus Ohrfeige richtig gut, sie scheint ihn wieder auf den Boden der Tatsachen gebracht zu haben...
Ich bin richtig gespannt, was Kakeru vorhat. Und ich hab nicht mal den blassesden Schimmer...

Selbst die Ryu-Youkai tun mir Leid. Besonders Roukou. Ich fands gut, dass es seine Gefühle gezeigt hat. Dadurch merkt man noch mehr, wieviel sein Bruder ihm wirklich bedeutet hat. Das hat er sonst auch nicht so gezeigt.
Renhou hat mir auch wieder gefallen. Ich mag seine Art. Außerdem fand ich es gut, dass er Roukou beistehen, ihn trösten wollte. Er wäre ein viel besserer Anführer als Akuma. Den hat es ja nicht mal wirklich interessiert. So ein Mistkerl.
Kagura tut mir auch irgendwie leid. Sie hatte ja wirklich angefangen sich besser mit Toba zu verstehen, außerdem wollte sie ihn auch nicht benutzen um von Naraku frei zu kommen. Ich denke mal, dass sie ihn schon etwas gemocht hat.

Der Krieg ist echt zum kotzen, da muss ich Miyaki echt zustimmen.... ich hoffe mal, du kannst dich das nächste Mal dazu entscheiden, deine Charas leben zu lassen. Wenn ich nämlich so was Trauriges lese, bekomm ich auch immer so ne leichte Depri-Stimmung.

Ich hoffe mal, dass das nächste Kapitel auch wieder so schnell on ist.

So, Bye Tigerin


Zurück