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Life is a Gamble

Jounouchi/Kaiba
von

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Kapitel 2

Jounouchi träumte bereits jetzt davon, wie das Magazin „Duelist Today“ sein wundervolles Antlitz auf der Titelseite abdruckte und wie die Leute ihm zujubelten. Dann würden alle erkennen, wie talentiert er war und dass er mehr drauf hatte, als dumme Sprüche. Er würde sich schon noch beweisen. Jounouchi war ein Kämpfer, schon immer gewesen und er gab nie auf. Auch ein Hindernis, wie ein kaputter Dueldisk, stoppte ihn nicht auf seinem Weg zur Spitze.
 

„HONDA! Du musst mir helfen!“, brüllte er, als er im Vorgarten stand. Es dauerte einen Augenblick, bis jemand die Tür öffnete.
 

„Was brüllst du hier so rum?!“, keifte die gesuchte Person, sichtbar verärgert. Honda trug eine Jogginghose und ein weites Hemd, vermutlich war er heute nicht arbeiten. Oder er war gerade erst aufgestanden. War auch nicht so wichtig. Zumindest für den Blonden nicht. Immerhin hatte er mit einer richtigen Krise zu kämpfen.
 

„Ich habe ein Problem!“, kam es knapp von Jounouchi, der immer noch nach Luft rang. Zu schnell getrampelt. Seine Beine zitterten vor Anstrengung und er keuchte laut.
 

„Das einzige Problem, das du hast, ist deine mangelnde Intelligenz! Manche Leute wollen an ihren freien Tagen ausschlafen!“
 

„Jo, tut mir leid“, begann Jounouchi gewohnt locker und grinste breit, setzte dann wieder an.
 

„Aber es ist wichtig, Honda. Lebenswichtig. Hier geht es um Leben und Tod.“
 

„Du übertreibst...“, murrte sein Gegenüber und wollte die Tür schließen.
 

„Warte! Du kannst mich doch hier nicht so stehen lassen! Ich bin dein bester Freund, vergessen?!“
 

„Mein bester Freund hätte den Anstand mich ausschlafen zu lassen“, erwiderte Honda bissig verengte seine Augen zu Schlitzen.
 

„Bitte... sei kein Spielverderber!“
 

„Komm erst mal rein. Jetzt bin ich eh wach...“
 

Das Brodeln der Kaffeemaschine löste in ihm ein Gefühl von Geborgenheit aus. So musste es sich wohl anfühlen, wenn man sich zuhause fühlte. Sein Vater war meistens einfach nur betrunken und bis heute mühte sich der junge Mann damit ab, die Schulden seines Vaters zu begleichen. Er hatte nie eine liebevolle Beziehung zu seinem Vater. Oder er erinnerte sich einfach nicht mehr daran. Irgendwie war es völlig normal geworden, nach Hause zu kommen, ein wenig Hausarbeit zu machen und zu gucken, ob sein alter Herr noch lebte. Wenn er wach war, vermied er es mit ihm zu reden und wenn er schlief, räumte Jounouchi die Wohnung auf. Irgendwie brachte er es nicht übers Herz, den alten Mann allein zurückzulassen, obwohl er gute Gründe hatte, endlich auszuziehen und sein eigenes Leben aufzubauen. Immerhin war er bereits 19 Jahre alt und musste sein eigenes Leben in Griff bekommen.
 

Er sagte sich immer, dass er sich daran gewohnt hatte, aber in Wirklichkeit erwischte er sich oft dabei, wie er daran dachte, wie es wohl war, in einer ganz normalen und liebevollen Familie aufzuwachsen. Eltern, die arbeiten gingen. Eltern, die Interesse an ihren Kindern hatten. Einfach eine Familie, die ihm Rückendeckung gab, wenn er sie brauchte und einen Ort, wo er sich fallen lassen konnte. Natürlich war er nicht so kindisch zu glauben, dass er so etwas jemals haben würde, aber er war auch noch nicht erwachsen genug, um die Umstände, in die er lebte, wirklich zu akzeptieren. Jetzt, wo er hier am Tisch saß und die schöne Einrichtung begutachtete, konnte er nicht anders, als Honda zu beneiden.
 

Frau und Herr Honda gingen beide arbeiten. Sein Vater hatte eine erfolgreiche Firma, in der auch sein bester Freund nun arbeitete. Von klein auf gab es bereits eine Zukunft für ihn. Es war nicht so, dass er sich irgendetwas erkämpfen musste. Er hatte einen Platz auf dieser Welt. Jounouchi aber nicht. Er war wie ein Gestrandeter, der verzweifelt nach Anschluss suchte. Obwohl sie seit Jahren befreundet waren, besuchte Jounouchi den Brünetten eher selten. Er wagte nicht, dem Herr des Hauses ins Gesicht zu sehen. Für jemanden wie Honda-san (Anm.: gemeint ist der Vater) war Jonouchi nur Abschaum der Gesellschaft. Phe. Würde ihn nicht wundern, wenn Honda selbst seinen Eltern gar nicht erzählt hatte, dass sie befreundet waren. Immerhin war Jounouchi ein schlechter Umgang, wie es besorgte Eltern formulieren würden.
 

Trotzdem genoss er es sich in diesem Haus aufzuhalten. Der herbe und aromatische Duft von Kaffee stieg ihm in die Nase. Mit einem leisen „Klack“ stellte Honda ihm eine Tasse hin, während er seine eigene Tasse auf der anderen Seite des Tisches absetzte und müde gähnte.
 

„Du stehst auch immer früh auf...“, stellte Honda fest.
 

„Klar, ich bin es gewohnt. Als ich zur Schule ging, bin ich immer mitten in der Nacht aufgestanden, um Zeitung auszutragen.“ Er gönnte sich einen Schluck des heißen Getränks. Eine wohlige Wärme machte sich in ihm breit.
 

„Arbeitest du immer noch so viel?“
 

„Momentan habe ich zwei Minijobs. Yuugi will unbedingt, dass ich im Laden anfange.“
 

„Das wäre das beste für dich. Du und Yuugi versteht euch doch sowieso so gut und jetzt, wo Yuugis Opa nicht mehr in der Lage ist, im Laden zu arbeiten, wärst du ihnen sicher eine große Hilfe.“
 

„Kann schon sein. Ich möchte aber nicht, dass sie Mitleid mit mir haben. Das brauche ich nicht.“
 

Sugoroku hatte Jounouchi schon lange als Teil seiner Familie akzeptiert und behandelte ihn wie seinen eigenen Sohn. Und ja, Jounouchi war dankbar dafür, trotzdem glaubte er, dass er diese Güte nicht verdient hatte, vor allem, weil er ihnen nichts im Gegenzug bieten konnte. Er genoss es sehr, mit Sugoroku und Yuugi am Tisch zu sitzen und über die neusten Duel Monsters Karten zu plaudern. Sie lachten viel und hatten Spaß.
 

Bei der Familie Mutou fühlte er sich geborgen und daheim. Dorthin kehrte er gerne zurück, vor allem dann, wenn er eine Verschnaufpause brauchte. Wenn er niedergeschlagen war und Aufheiterung brauchte, empfingen die beiden ihn immer mit offenen Armen und mit Yuugi konnte er über fast alles reden. Über seine Vergangenheit und was er alles angestellt hatte, sprach er nicht mit Yuugi. Das alles war Vergangenheit und er wollte verdrängen, was er einst erlebt hatte. Dennoch wollte er selbstständig sein. Er wollte diese unendliche Güte nicht ausnutzen, sondern selbst etwas in seinem Leben erreichen. Jounouchi wollte stolz auf seine eigenen Leistungen sein und Erfolge erzielen, die ihm allein gehörten.
 

„Was ist daran Mitleid? Yuugi will dir wirklich helfen und du dümpelst lieber vor dich her?!“
 

Jetzt war Honda wirklich wach. Er riss seine Augen weit auf.
 

„Jemand wie du kann das nicht verstehen. Ich will nicht das Gefühl haben, dass ich etwas aus Mitleid bekommen habe oder dass ich etwas nicht aus eigener Kraft schaffe. Ich kann auf mich selbst aufpassen. So viel Stolz habe ich noch.“
 

„Phe, du bist genauso blöd wie Kaiba. Was bringt dir dein Stolz, wenn du damit dein Leben versaust?“
 

„Mein Stolz ist das einzige, was ich habe und nur mir gehört. Nenn' mich einen Idioten, aber tief im Inneren bin ich ein Samurai, der bis zu seinem bitteren Ende für seine Ehre kämpft.“
 

Honda schüttelte den Kopf. Dieser blonde Dummkopf war manchmal so unglaublich hartnäckig!
 

„Schon klar, der Weg des Bushido und so'n Mist. Du bist aber nicht gekommen, um mir das zu erzählen, oder?“
 

„Nein, ich bin wegen etwas anderem hier.“ Jonouchi legte seinen Dueldisk, wieder sauber in Zeitungspapier eingewickelt, auf den Tisch. Sein Gegenüber betrachtete das Knäuel Papier vor sich eingehend. Als Jonouchi das Papier entfernte, starrte er das Gerät an.
 

„Wow, du benutzt immer noch den alten Dueldisk? Ist der nicht schon längst aus der Mode?“
 

„Entschuldige, dass ich immer noch einen längst überholten Disk verwende, aber leider Gottes habe ich nicht genügend Geld übrig, um mir mal eben einen neuen zu kaufen. Im Gegensatz zu anderen Menschen scheiße ich kein Geld.“
 

„Hey, der sieht ganz schön mitgenommen aus“, bemerkte Honda und riss seinem Kumpel das Gerät einfach aus der Hand. Er wandte es mehrmals in seinen Händen, gab immer wieder Geräusche von sich, von denen Jonouchi sich nicht sicher war, ob er damit ausdrückte, dass er die Lage überblickte oder einfach nur absolut keine Ahnung hatte und öffnete dann, genauso wie Yuugi zuvor, die Klappe des Geräts, um die Hardware genauer betrachten zu können. Seinem Gesichtsausdruck nach zu urteilen, war es wohl wirklich hoffnungslos.
 

„Das Teil kannst du genau so in den Sondermüll entsorgen.“
 

„Wie bitte? Das ist mein größter Schatz! Nichts da! Das werfe ich doch nicht weg!“, verteidigte Jounouchi sein Baby und schlug mit der Faust auf den Tisch.
 

„Hey, kein Grund so wütend zu werden“, beschwichtigte Honda ihn, sah ihn aber nicht an, da er damit beschäftigt war, die Grafikkarte herauszulösen und diese mehrmals abzustauben. Da er Jounouchi so lange kannte, machte es ihm nichts aus, wenn dieser wegen Kleinigkeiten aus der Haut fuhr. In dieser Hinsicht tickten sie ohnehin gleich. Außerdem hatte Honda ein dickes Fell.
 

„Ich glaube nicht, dass man da groß was machen kann. Das Gerät sieht von außen schon ziemlich ramponiert aus, geschweige denn vom veralteten Innenleben und den defekten Teilen. Der Prozessor ist veraltet und bringt gar nicht die Leistung, um mit dem neuen Network der KC mithalten zu können. So oder so kannst du das Teil nicht mehr verwenden.“
 

„Also ist Kaiba daran Schuld, dass mein Dueldisk kaputt ist?“, fragte Jounouchi. Er wollte keine Antwort. Sein Unterbewusstsein hatte endlich jemanden gefunden, den er beschuldigen konnte. Ein Grund mehr, um Kaiba zu hassen.
 

„Das habe ich so nicht gesagt, aber du hörst ja eh nur das, was du willst.“
 

Jounouchi antwortete nicht, sondern beobachtete seinen Kumpel dabei, wie dieser geschickt die einzelnen Teile ausbaute und eins nach dem anderen auf den Tisch legte. Man musste kein Technikfreak sein, um den Schaden zu erkennen. Selbst Jounouchi musste einsehen, dass sein heiß und innig geliebter Dueldisk langsam das Zeitliche segnen musste. Einzelne Teile waren sogar durchgeschmort und mehrere Drähte so arg geschmolzen, dass man sie nicht mehr verwenden konnte. Erst jetzt wurde ihm das Ausmaß des Schadens richtig bewusst. Er schluckte hart. Scheiße. Was jetzt?
 

„Du kannst... ihn reparieren, oder?“, kam es beinahe flehend von dem Blonden.
 

„Ich kann versuchen einige Teile auszutauschen, aber...“
 

„Aber?“, wiederholte Jounouchi mit zittriger Stimme.
 

„Das Problem ist, dass das Gerät nun mal veraltet ist. Es wird vermutlich nicht mit dem neuen Network der KC mithalten können und wieder durchschmoren. Der Prozessor ist einfach nicht leistungsstark genug, um mit den heutigen Standards mitzuhalten. Er würde vermutlich beim Versuch ein Hologramm zu erzeugen, wieder heißlaufen und du würdest dich verbrennen.“
 

„Das war es wohl mit meiner Karriere...“
 

„Du willst immer noch ein Pro Duelist werden? Ich will dir deinen Traum nicht zerstören, aber du weißt selbst, wie weit hergeholt das ist, nicht wahr?“
 

„Schon klar, weil ich ein Versager bin, um es in Kaibas Worten auszudrücken.“
 

Jounouchi erhob sich mit gesenkten Haupt und machte sich daran, das Haus zu verlassen. Sofort sprang Honda auf und packte ihn am Arm, hinderte ihn daran, weiter zu gehen.
 

„Unsinn! Du bist kein Versager! Ich sage nicht, dass es unmöglich ist, sondern dass du eventuell auch nach anderen Perspektiven Ausschau halten solltest.“
 

„Weil ich nicht das Zeug zum Duellanten habe. Hab es ja kapiert.“
 

Jounouchi riss sich von der Hand los, die ihn festhielt, und zog sich seine Schuhe wieder an, während er zu seinem Fahrrad ging und dieses von dem Schloss befreite. Nicht, dass irgendjemand dieses alte Fahrrad klauen würde. Selbst sein Fahrrad machte deutlich, dass er nicht gerade zur Oberklasse der Gesellschaft gehörte. Er seufzte und radelte davon. Honda rief ihm mehrmals etwas hinterher, aber das nahm er nicht mehr wahr. Es war ihm auch egal. Ohne Dueldisk konnte er das Turnier vergessen und somit auch seinen Traum. Wohl oder übel musste er ein stinknormales Leben führen. Dazu verdonnert auf ewig in Domino City zu bleiben, niemals die Welt zu sehen oder gar die Aufregung eines spannenden Duels spüren zu können. Weltrangliste? Wohl eher Durchschnittsleben.
 

Missmutig warf er einen Blick auf seine Armbanduhr, ein billiges Teil aus einem 100Yen Shop (Anm.: 100Yen = ca. 1€), das er sich vor Jahren mal gegönnt hatte. Nicht nur sein Dueldisk, sondern auch sein Fahrrad und seine Kleidung waren abgetragen und alt. Kein Wunder, dass ihn niemand ernst nahm und dass die Leute um ihn herum auf ihn herabsahen. Ohne Geld war man eben ein Niemand. Ein Ärgernis für die funktionierende Gesellschaft. Tick. Tack. Die Zeit lief weiter. Es war gleich 10 Uhr morgens und er musste zu einem seiner Jobs.



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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Von:  Yui_du_Ma
2023-05-14T15:47:32+00:00 14.05.2023 17:47
Okay, das war aber eine Diskussion.
Armer Joey. Hat es echt nicht leicht.
Bin gespannt wie es weiter geht und welche Jobs er hat. ^.^


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