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Life is a Gamble

Jounouchi/Kaiba
von

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Kapitel 8

Jounouchi blieb vor dem Kame Game Shop stehen und betrachtete das Schild eingehend. Es war auf „Geschlossen“ gedreht, obwohl er innerhalb der Öffnungszeiten gekommen war. Yuugi öffnete den Laden stets pünktlich, ungeachtet dessen, wie müde er war. Er nahm seine Verpflichtung sehr ernst und stand selbst dann morgens auf, wenn er krank war. Immerhin war dies der Laden seines Großvaters. Das hier war nicht einfach irgendein Laden, sondern etwas an dem sehr viele Gedanken, Erinnerungen und Gefühle hingen. Yuugi würde den Laden niemals grundlos zu spät öffnen. Plötzlich machte sich der Blonde große Sorgen. Ob Yuugi etwas passiert war?
 

Er sprintete zur verschlossenen Tür, klopfte mehrmals an dieser und rief nach seinem kleinen Freund. Als keine Antwort kam, wurde er panisch. Reflexartig griff er nach dem Türgriff und hielt einige Sekunden inne, als er merkte, dass die Tür offen war. Wurde der Laden überfallen? Ohne weiter darüber nachzudenken, riss er die Tür nun vollständig auf und sah sich um. Yuugi war nicht zu sehen. Sein Blick blieb auf den Treppen zum Obergeschoss hängen und er hastete die Treppen hinauf, in der Hoffnung, dort Yuugi anzutreffen.
 

Als er die Tür aufriss, brauchte er einige Sekunden, um zu realisieren, was geschah.
 

Buntes Konfetti kam ihm entgegen, er hörte von mehreren Seiten aus das Geräusch von Tröten und fröhliche Gesichter. Wie angewurzelt blieb er unter dem Türrahmen stehen, schluckte hart und starrte auf das große Plakat das beinahe dilettantisch an der Wohnzimmerwand aufgehängt worden war. Den Schriftzug erkannte er sofort wieder. Die feingeschwungenen Linien und die Art wie die einzelnen Buchstaben geschrieben wurden konnte er einer Person zuordnen. Sein Blick fiel auf Yuugi. Ungläubig biss er sich auf die Unterlippe, unterdrückte den Drang vor Freude loszuheulen.
 

„Happy Birthday, Jounouchi!“, hörte er Yuugis äußerst fröhliche Stimme.
 

Jounouchi schniefte einmal, wischte sich die Tränen energisch mit seinem Ärmel weg. Er wollte nicht, dass seine Freunde ihn deshalb heulen sahen. Das war total unmännlich und richtig peinlich!
 

Oberpeinlich!
 

Seine engsten Freunde waren extra für ihn gekommen. Honda grinste breit und blies nochmal in die Geburtstagströte, ließ den Luftrüssel voll ausfahren, um so seinen besten Freund anzustupsen. Jounouchi sagte nichts, hob den Kopf und starrte wortlos in die Runde. Seine Wangen waren gerötet und es war ihm deutlich anzusehen, wie sehr er mit sich selbst kämpfte. Nicht alle waren gekommen. Honda, Yuugi, seine liebe Schwester Shizuka, Bakura und Sugoroku waren da. Der alte Mann saß auf der Coach und klatschte in die Hände, stimmte dann ein Liedchen an, bei dem alle einstiegen.
 

Shizuka warf sich nach ihrer gemeinsamen Gesangseinlage in die Arme ihres Bruders.
 

„Alles Gute zum Geburtstag, Katsuya“, sagte sie und legte ihre Arme um ihn.
 

„Es ist keine große Party, aber wir wollten wenigstens ein bisschen feiern“, erklärte Bakura und kam Jounouchi ebenfalls näher.
 

Er hielt seine Faust vor ihm und wartete darauf, dass der Blonde diesen Gruß erwiderte. Jounouchi schlug mit seiner Faust gegen die von Bakura, beide grinsten zufrieden. Als Shizuka sich aus der Umarmung löste, lag ein Lächeln auf ihren Lippen. Sie wirkte noch glücklicher über diese Party als Jounouchi selbst, dabei war er doch das Geburtstagskind. Er hatte zwar damit gerechnet, dass die anderen ihm gratulieren würden, aber eine Feier war doch zu viel der Ehre. Auch wenn Jounouchi sich sagte, dass er das hier nicht verdient hatte, so war er in Wirklichkeit einfach glücklich. Seine Freunde warfen eine Party für ihn. Nur für ihn.
 

Jetzt schluchzte er doch einmal laut, ehe er sich wieder fasste und den anderen dankte. Sie feierten einige Stunden, lachten, scherzten und erzählten sich viel. Natürlich durften Spiele nicht fehlen. Da weder Shizuka noch Honda ein Deck hatten, mussten sie eine andere Alternative finden. Gesellschaftsspiele waren eine gute Abwechslung. Shizuka schlug „Mensch ärgere dich nicht“ vor, das sie zusammen spielten. Jedoch wurde Jounouchi langsam wütend, als er viermal in Folge nur eine Eins gewürfelt hatte. Wo war sein Glück auf einmal hin? Als er letzten Endes verlor, entschlossen sie sich für ein Kartenspiel. Uno konnten sie alle zusammenspielen. Dieses Mal war es nicht Jounouchi, der immer wieder ärgerlich aufstöhnte, sondern Honda.
 

„Tja, gegen mich hast du echt keine Chance“, brachte er unter heiterem Gekicher heraus.
 

Honda warf ihm einen bösen Blick zu, den Jounouchi gekonnt ignorierte.
 

„Falls es dir nicht aufgefallen ist, ist Mutou-san am gewinnen. Du und ich sind beide mies in dem Spiel“, erwiderte Honda und studierte sein Blatt, überlegte hin und her, was er ablegen sollte.
 

„Hoho! Für ein gutes Spiel ist man nie zu alt. Und euch beide stecke ich noch locker in die Tasche“, kam es vom älteren Mann, der dann mit seinem warmen Lachen den Raum erfüllte.
 

Honda legte eine grüne Fünf und hoffte, dass sich das Blatt wendete und irgendjemand blau oder rot ablegte. Mit seinen derzeitigen Karten war er im Nachteil.
 

Nach mehreren Runden war es letztendlich Yuugi, der gewann. In den nächsten Runden setzte er aus, da es selbst fand, dass es langweilig wurde und die anderen auch eine Chance bekommen sollten. Lächelnd betrachtete er die bunte Runde. Zum ersten Mal seit Langem fühlte er sich wieder richtig zu Hause. Sie alle waren versammelt und genossen eine schöne Zeit. Außerdem war er überglücklich, dass er Jounouchi mit dieser kleine Überraschungsparty ein Lächeln ins Gesicht zaubern konnte.
 

Natürlich war er traurig darüber, dass Anzu und Otogi nicht kommen konnten. Beide waren beruflich in Amerika und hatten lediglich eine Karte geschickt. Anzu hatte ihr Studium als Tänzerin gerade erst richtig begonnen und hatte sich auf eine eine kleine Tanzrolle in einem Musical beworben, um so ihre Fähigkeiten unter Beweis zu stellen, während Otogi sich dazu entschlossen hatte, sein Spiel Dungeon Dice Monsters erneut zu vermarkten und einen neuen Publisher zu finden, der ihm dabei half. Soweit Yuugi hörte, lief es ganz gut. Sogar ein Videospiel sei in Planung, zumindest hatte es Otogi so angedeutet.
 

Plötzlich vernahm er ein Klingeln an der Tür. Alle horchten auf und gerade als sich Sugoroku von der Coach erheben wollte, legte Yuugi beinahe mahnend eine Hand auf dessen Schulter. Sein Großvater war noch lange nicht genesen. Auch jetzt lief er noch mit Krücken herum und kam allein nicht mal die Treppe hoch. Yuugi ging zur Tür. Die Freunde spielten weiter und bevor Yuugi den Raum verlassen hatte, hörte er ein genervtes Stöhnen von Bakura. Scheinbar hatte er einmal mehr das Glück mehrere Karten vom Stapel ziehen zu dürfen.
 

Rasch eilte er die Treppen hinunter und öffnete die Eingangstür, die sich neben der Ladentür befand. Er staunte nicht schlecht, als er einen jungen schwarzhaarigen Mann sah, der ein großes Päckchen in den Händen hielt. Mehrmals blinzelte er. Was wollte der Vize der KC hier?
 

„Hey, wie geht es dir Yuugi?“, fragte dieser im lässigen Ton und grinste breit. Als er seinen Kopf leicht neigte, fielen ihm seine kurzen schwarzen Haare ins Gesicht.
 

„Ganz gut. Und selbst? Schickt dich dein Bruder?“, fragte Yuugi, war sich sehr sicher, dass Kaiba irgendetwas mit diesem unangekündigten Besuch zu tun haben musste.
 

„Ja, danke der Nachfrage. Wie kommst du darauf?“, kam es beinahe empört von Mokuba.
 

Gespielt beleidigt blies er die Backen auf und vermied den Blickkontakt zu seinem Gegenüber. Yuugi legte den Kopf nur leicht schief, hob eine Augenbraue, ehe er die Tür ganz öffnete und Mokuba ins Haus ließ. Gemeinsam liefen sie die Treppen hoch. Eigentlich sollte Mokuba nur das Päckchen abliefern und dann nach Hause, aber sein großer Bruder hatte eines in seinem Plan nicht einberechnet: Yuugi und Mokuba waren befreundet. Ziemlich gut sogar. Immerhin schrieben sie sich zwischendurch Nachrichten und hielten einander auf dem Laufenden.
 

Mokuba wollte die Zeit nutzen, um ein bisschen zu reden und zu sehen, wie es Yuugi ging. Zu Mokubas Bedauern hatten sie nicht allzu viel Kontakt gehabt, was einerseits daran lag, dass er selbst mit der Schule beschäftigt war und nebenbei als Vize in der KC arbeitete, aber auch daran, dass Yuugi arbeitete und ihre Wege sich unter normalen Umständen nicht besonders häufig kreuzten. Und nur über Nachrichtendienste zu kommunizieren war eben nicht das selbe.
 

Als Yuugi die Tür öffnete und Mokuba ins Wohnzimmer trat, bemerkte er sofort das bunt bemalte Plakat an der Wand und westlichen Buchstaben, die ein selbst in Japan bekannten Satz formten.
 

„Moment, Jounouchi hat Geburtstag?!“, wollte er ungläubig wissen. Seine Aufmerksamkeit galt einzig und allein dem Plakat und er las was auf diesem stand ein weiteres Mal durch, um ganz sicher zu gehen, dass er sich nicht verlesen hatte. Sein Bruder hatte ihn darum gebeten, dieses Päckchen schnell zu Yuugi zu bringen. Er nannte keine Gründe. Er sagte nicht, was sich darin befand. Mokuba ging einfach davon aus, dass es eine Warensendung für Yuugi war, die er in seinem Sortiment aufnehmen konnte. Nein. Sein Bruder hatte doch nicht etwa wirklich... träumte er gerade etwa? Als er die Gäste am Tisch sah, die alle zeitgleich zu ihrem neuen Gast aufsahen, wurde es plötzlich ruhig.
 

„Deshalb sollte ich dir also das Päckchen bringen?“ Mokuba drückte Yuugi das Päckchen entgegen, bewegte sich dann auf Jounouchi zu. Ein breites Grinsen zierte sein Gesicht.
 

„Alles Gute zum Geburtstag, Jounouchi!“, jauchzte der Jüngere und hielt dem Blonden eine Hand hin.
 

Perplex starrte dieser auf die ausgestreckte Hand, die scheinbar nur darauf wartete, dass er die Geste erwiderte. In seinem Kopf ging gerade alles drunter und drüber. Da waren sämtliche Synapsen durchgebrannt und er brauchte einen Moment, um sich wieder zu fangen und die Puzzlestücke zusammenzufügen. Dann machte es Klick und er schüttelte seinen Kopf, so dass seine wilde Mähne hin und her geschleudert wurde und er wieder zur Besinnung kam. Hastig erwiderte er den Gruß und brachte nur ein krächzendes „Danke“ heraus. Yuugi kam mit dem Päckchen näher. Es war ein weißer Karton, ohne Beschriftung, schlicht und nichts ließ erahnen, was sich in diesem befand.
 

„Ist das für Jounouchi?“, erkundigte er sich. Mokuba drehte sich zu ihm.
 

„Ich denke ja. Mein Bruder wollte, dass ich es persönlich überbringe.“
 

„WARTE! WAS?“, schrie Jounouchi erschrocken auf und sprang von der Coach, packte Mokuba an den Schultern, so dass dieser nervös zusammenzuckte und leise aufkeuchte. In seinen Augen war zu erkennen, dass er eine Erklärung haben wollte. Ein plumpes Schulterzucken akzeptierte er nicht. Vielleicht eine Briefbombe? Was hatte dieser Schnösel jetzt wieder geplant?
 

„Er hat mir nichts weiter gesagt, nur dass ich es zu Yuugi bringen soll“, erklärte Mokuba in monotoner Stimmlage und schob Jounouchis Hände von sich weg, richtete sich seinen guten Anzug und seine Krawatte erneut, die durch Jounouchis festen Griff leicht zerknittert wurden. Ein Gentleman sollte nicht mit Falten im Anzug umherlaufen.
 

„Nur deshalb bin ich hier. Ich wusste nicht, dass du Geburtstag hast, außerdem“, begann er und zeigte aufs Päckchen, „weiß ich selbst nicht, was drin ist. Auch ich verstehe meinen Bruder nicht immer.“
 

Skeptisch betrachtete der Blonde das Päckchen in Yuugis Hand. Es gab nur einen Weg herauszufinden, was sich darin befand. Hart schluckte er. Sicher war das alles nur ein Missverständnis. Immerhin hatte Kaiba gesagt, dass das Päckchen für Yuugi war und nicht für Jounouchi. Kaiba konnte überhaupt nicht wissen, wo er war, also war das Ganze sicher nur ein dummer Zufall, den sie falsch verstanden hatten. Als Yuugi dann den Deckel anhob und zur Seite legte, war es wieder leise geworden. Auch Honda war aufgestanden und starrte mit großen Augen auf den Inhalt des geheimnisvollen Päckchen.
 

Wenn er es nicht besser wusste, handelte es sich hierbei um einen nagelneuen Dueldisk. Anbei eine Karte mit Kaibas Handschrift. Yuugi erkannte diese sofort, dieser elegante Schriftzug, der mehr an Kalligraphie erinnerte, gehörte eindeutig dem Firmenchef. Bereits in der Vergangenheit hatte Yuugi durch seine Geschäfte mit der KC diese schöne Schrift erblicken dürfen und auch jetzt zog sie ihn völlig in den Bann. Die Schriftzeichen waren perfekt geschwungen. Yuugi schmunzelte. „Ich überlasse dir dieses Gerät, mach damit, was immer du möchtest. Wenn du es nicht brauchst, wirf es weg“, las er laut vor und hob seinen Blick, auch nachdem er vorgelesen hatte, nicht vom Papier.
 

„Das ist nicht sein Ernst, oder?“, fragte Jounouchi und drehte sich zu Mokuba, erwartete eine Antwort.
 

„Schau mich nicht so an, ich sagte bereits, dass auch ich ihn nicht immer verstehe“, nörgelte Mokuba, dem es überhaupt nicht gefiel, dass er sich wiederholen musste.
 

Beinahe flehend starrte Jounouchi den Bunthaarigen an, der gebannt auf die Karte starrte und versuchte Kaibas Gedanken und seine eigentliche Intention zu verstehen. Kaiba war alles, nur nicht gerade zuvorkommend. Für eine Warensendung war es zu wenig. Und in der Schauvitrine des Ladens hatte er bereits einen Dueldisk. Ein Geschenk an ihn schloss er sofort aus, da er diesen Dueldisk bereits besaß. Kaiba hatte ihm ein limitiertes Modell in Rosa und Weiß gemacht. Normalerweise hätte Yuugi gern protestiert, da die Farbe rosa nicht gerade als männlich angesehen wurde, aber es war ein Geschenk von Kaiba selbst. Da konnte er nicht einfach ablehnen. Mittlerweile machte ihm die Farbe auch nichts mehr aus. Eigentlich stand Rosa ihm ganz gut. Er ging sämtliche Optionen durch, kam aber letztendlich zum Schluss, dass keine davon Sinn ergab.
 

Kaiba hatte Yuugi etwas überbringen lassen, von dem er genau wusste, dass dieser keine Verwendung dafür hatte. Warum aber?
 

„Jounouchi“, brachte Yuugi nach einiger Zeit des Nachdenkens endlich hervor und wandte sich direkt zu seinem liebsten Freund. „Ich möchte, dass du den Dueldisk nimmst.“
 

„YUUGII!“, schrie Jounouchi und packte seinen Freund ungefragt, legte einen Arm um seine Schultern und drückte ihn so fest an sich, dass dieser glaubte zu ersticken. Fröhlich quiekte er und tänzelte mit Yuugi in der Mangel hin und her. Die anderen lachten.
 

„Damit ist dein Problem wegen dem kaputten Dueldisk endlich gelöst!“, warf Honda euphorisch ein und schlug seinem blonden Freund auf die Schulter. Dieser röchelte kurz und ließ Yuugi nun los, welcher panisch Abstand suchte und nach Atem rang. Mürrisch versuchte er seine Frisur wieder in Ordnung zu bringen, die Jounouchi, unachtsam wie er manchmal war, auseinander gebracht hatte. Hatte Jounouchi überhaupt eine Ahnung, wie lang er brauchte, um so gut auszusehen, wie er es tat? Gerade als er seinen Pony einigermaßen gerichtet hatte, kam Mokuba auf ihn zu. Er lächelte zufrieden, schien sich langsam verabschieden zu wollen.
 

„Ich denke, dass Seto das mit Absicht getan hat. Er sagte zwar, dass Jounouchis Problem nicht seines sei, aber ich wusste, dass er tief im Inneren ein guter Kerl ist. Im Übrigen solltest ihr gleich den Fernseher anmachen. Mein Bruder wird eine wichtige Bekanntmachung geben, die ihr nicht verpassen solltet.“
 

Mit diesen Worten verabschiedete sich der junge Vizechef der KC und schlenderte die Treppen im gemächlichen Tempo herunter. Draußen angekommen stieg er in die schwarze Limousine. Sein Fahrer drehte sich ruckartig zu ihm um. „Sind Sie hier fertig, Mokuba-sama?“
 

Mokuba nickte nur und machte seinen Gurt fest. Als sie sich vom Kame Game Shop entfernten, blickte er diesem noch lange hinterher. Sein Bruder würde es niemals zugeben, aber Mokuba war sich sicher, dass dieser Dueldisk von Anfang an für Jounouchi gedacht war. Natürlich würde er tausende plausibel klingende Ausreden finden, so wie er es immer tat, wenn er etwas zu verheimlichen versuchte und vehement verneinen, dass er dem Blonden etwas Gutes tun wollte. Das war halt seine Art.
 

Auch Yuugi griff er unbemerkt unter die Arme, indem er den Anteil, den Yuugi vom Gewinn abgeben musste, so weit kürzte, dass dieser fast alles behalten konnte. Mokuba war ganz schön stolz so einen netten Bruder zu haben, auch wenn dieser bei dieser Umschreibung vermutlich aufspringen, wütend werden und protestieren würde.
 

„Hier“, kam es eintönig von Honda, der Jounouchi ein kleines Päckchen in die Hand drückte. Fragend betrachtete der Blonde dieses und drehte es hin und her, als wollte er den Inhalt mit nur einem Blick ergründen. Honda knuffte ihn in die Seite. Dieser Kerl machte es unnötig spannend, wie Honda fand.
 

„Mach es einfach auf. Ist nichts Besonderes“, nuschelte er und wandte seinen hochroten Kopf ab.
 

„Das ist... du schenkst mir ein Handy?!“ Schockiert sah er das Gerät an und warf dann einen zweifelnden Blick zu seinem besten Freund, da er absolut nicht glauben konnte, dass dieser das ernst meinte. Das hier war doch keine Kleinigkeit! Nein, das hier war etwas Besonderes. Honda zuckte mit den Schultern und nickte, beantwortete die Frage aber nicht. Über so etwas zu reden war ihm unangenehm. Außerdem wollte er doch heute besonders cool auftreten. Er spürte, dass Shizuka und auch Bakura ihn mit strahlenden Augen anstarrten.
 

„Und dann noch ein Smartphone...“, winselte Jounouchi und hielt das Gerät in seinen Händen, als wäre es ein Heiliger, der vom Himmel herabgestiegen war.
 

„Yeah, es ist bereits alles eingestellt. Das Smartphone ist komplett abgezahlt, also musst du dir auch keine Sorgen um versteckte Kosten machen. Ist vielleicht nicht ganz so ein tolles Geschenk wie Kaibas Dueldisk, aber ich dachte, dass du so etwas gebrauchen könntest.“
 

„Danke...“, murmelte Jounouchi und ließ seinen Kopf hängen, umklammerte das Gerät fest mit seinen Händen, als würde er es verlieren, wenn er nur eine Sekunde nicht darauf aufpasste.
 

„Hey, wir haben auch noch etwas!“, kam es breit grinsend von Bakura, der eine kleine, bunt verzierte Tüte zum Vorschein brachte.
 

„Ich wusste nicht, was du magst, also hoffe ich, dass das hier okay ist.“
 

Jounouchi nahm die Tüte an und schüttete sie auf dem Tisch aus, auf dem sie zuvor Uno gespielt hatten.
 

„Das sind ja brandneue Duel Monsters Karten! Brauchst du die nicht selber?“, wollte er vom Weißhaarigen wissen. Dieser rieb sich verlegen den Hinterkopf.
 

„Quatsch, mein Deck ist doch sowieso themenbezogen. Und die Okkult Karten habe ich behalten. Mach dir keinen Kopf.“
 

„Und das hier ist von Mama und mir.“
 

Jounouchi stockte der Atem. Er ließ die Karten einfach fallen und legte nun auch das Handy zur Seite, während er seiner jüngeren Schwester einen durchdringenden Blick entgegen warf. Das konnte nicht sein. Wahrscheinlich hatte sie sich versprochen. Niemals würde seine Mutter etwas beisteuern. Schließlich hatte sie sich Jahrelang nicht um ihn gekümmert. Gut, er gab ja zu, dass das Verhältnis zu seiner Mutter etwas besser geworden war, nachdem er Shizuka mithilfe des Preisgeldes, das er im Königreich der Duellanten gewonnen hatte, gerettet hatte, aber trotz allem hatten sie kaum miteinander gesprochen.
 

Seine Mutter hatte ihn keines Blicks gewürdigt und so getan, als wäre er Luft. Es war ihr doch völlig egal, was mit ihrem Sohn war. Zumindest hatte sich Jounouchi das die letzten Jahren so vehement eingeredet, dass er selbst daran glaubte und keinen anderen Schluss zuließ. Alles andere würde sein Weltbild zerstören.
 

„Mutter würde mir niemals etwas schenken, Shizuka“, sagte er dann so ruhig wie er konnte, um sie nicht unnötig aufzuregen und sich selbst nicht aus der Fassung zu bringen.
 

„Doch!“, protestierte die Brünette und hielt ihm einen Umschlag hin.
 

Jonouchi staunte nicht schlecht, glotzte das weiße Ding in ihrer Hand aber nur geistig abwesend an.
 

„Los, mach auf!“, forderte sie dann und drückte es ihm einfach in die Hand.
 

„Mach es auf und lies, was drin steht.“
 

Der weiße Umschlag in seiner Hand war nicht mal beschriftet, doch es waren bunte Sticker auf diesem und wenn er es nicht besser wusste, konnte er einen leichten Hauch von Parfüm wahrnehmen. Ein Duft, den er aus seiner Kindheit kannte und unweigerlich viele Erinnerungen an seine Mutter hervorholte. Erinnerungen, die er seit Jahren zu vergessen versuchte. Es war so einfach seinen Eltern die Schuld an seiner schlechten Situation zu geben. All die Jahre hatte er sich so sehr darauf versteift, dass seine Mutter ihn nicht wollte, dass ihn dieser weiße Umschlag wie ein Blitzschlag traf: vollkommen unerwartet.
 

Er biss sich auf die Unterlippe. Seine Hände zitterten und er spürte, wie sein Herz immer lauter und schneller schlug. Das Echo seines Herzschlages drang bis an seine Ohren. Obwohl seine Freunde ihn umgaben, so nahm er kaum noch etwas von seiner Umgebung wahr. Irgendwie verschwamm alles. Mist, das waren Tränen, die ihm an einer klaren Sicht hinderten. Er konnte nicht fassen, dass das hier von seiner Mutter sein sollte und er glaubte es auch nicht. Umso mehr zögerte er den Umschlag zu öffnen. Was, wenn Shizuka gelogen hatte, nur um ihm eine Freude zu machen? Natürlich meinte sie es nicht böse, jedoch schmerzte allein der Gedanke, einmal mehr diese Hoffnung zu verlieren. Er wollte sich nicht in kindischen Träumen verrennen und einmal mehr enttäuscht werden.
 

„Jounouchi, mach den Brief auf“, kam es von Yuugi, der seine Hand auf seine Schulter legte und ihn ermutigend anlächelte.
 

„Oder bist du jetzt etwa doch ein Feigling geworden?“, fragte Honda neckisch nach.
 

„Genau! Der Jounouchi, den wir kennen, kneift nicht!“, fügte Bakura hinzu und boxte ihn sanft gegen den Oberarm.
 

Noch einmal atmete er tief ein, hielt seinen Atem einen Moment an, ehe er die Luft gut hörbar ausstieß. Entschlossen sah er den Umschlag an. Seine Freunde hatten recht. Jounouchi Katsuya nahm jede Herausforderung an! Und er war kein Feigling! Nur Angsthasen kniffen den Schwanz ein und er war alles andere als das. In seinen Augen loderte ein Feuer der Entschlossenheit und dann öffnete er den Umschlag rasch. In ihm war ein kleines rotes Buch vorzufinden.
 

„E-ein Sparbuch?!“, stotterte er und sah Shizuka an.
 

„Mama hat immer an dich gedacht und jeden Monat etwas zur Seite gelegt. Ich habe auch etwas dazugelegt.“
 

Fassungslos starrte er das Buch in seinen Händen an. Es fiel ihm schwer die Situation richtig zu realisieren. Sein Unterbewusstsein machte ihm weiß, dass er eingeschlafen sein musste und all das, was hier gerade erlebte, demnach nur ein Traum war. Seine Realität sah doch ganz anders aus. Er fragte sich insgeheim, ob er vielleicht auf dem Nachhauseweg vom Fahrrad gefallen war und jetzt irgendwo am Straßenrand lag. Um sich zu vergewissern, dass all dies echt war, kniff er sich selbst so fest er konnte in die Wange, wimmerte daraufhin vor sich hin.
 

Kein Traum. Zum ersten Mal an diesem Abend konnte Jounouchi sein Schluchzen nicht unterdrücken und ließ seinen Tränen freien Lauf.


Nachwort zu diesem Kapitel:
Ich fand es immer schade, dass weder der Anime noch der Manga die Beziehung zwischen Jounouchi und seiner Mutter in irgendeiner Weise weiter aufgegriffen hat, da sie ihre Tochter, Shizuka, ja doch zu lieben scheint. Warum also den Sohn nicht? Ich denke, dass es einen Sorgerechtsstreit mit dem Vater gab, so dass sie die Kinder dann aufgeteilt haben und nicht, dass sie ihn plötzlich nicht mehr mochte. Der Vater war vermutlich zum Alkoholiker und Glücksspieler geworden, nachdem er seinen Job verloren hatte und hat sich zunehmend verändert, so dass die Mutter irgendwann genug von ihm hatte und die ständigen Diskussionen satt hatte. Das muss ja nicht bedeuten, dass sie ihren Sohn nicht liebt, daher war mir ein Happy End wie dieses hier sehr wichtig. Kann gut sein, dass einige von euch diese Wendung hier nicht gefällt oder sie sogar abwegig finden, aber jemand wie Jounouchi, der so viel Scheiße in seinem Leben durchmachen musste, verdient einfach viel mehr Glück und Liebe. ;) Komplett anzeigen

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Kommentare zu diesem Kapitel (2)

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Von:  Yui_du_Ma
2023-05-14T19:32:49+00:00 14.05.2023 21:32
Das war ja dann doch noch ein guter Geburtstag! ^.^
Finde es so gut.
Schön geschrieben.
Danke dafür. ^.^
Von:  Onlyknow3
2018-10-09T09:23:20+00:00 09.10.2018 11:23
Super Geschichte, gefällt mir. Werde auch den rest noch lesen.
Weiter so, freue mich auf die anederen Kapitel.

LG
Onlyknow3


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