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Bezirksgericht, Recht , eidgenössisches, Urteil

Autor:  Eru-Jiyuka

…und dessen Ergebnis

 

Kurzfassung:

 

Der Angeklagte wurde der mehrfachen Pornographie gemäss Art. 197 Ziffer 3 schuldig gesprochen. Er wurde zu einer Geldstrafe von 4930 Franken auf Bewährung verurteilt. Vom Vorwurf des Besitzes von Kinderpornographie wurde der Angeklagte freigesprochen.

 

Wichtig: Das Gericht hielt fest, das der „Scheinkindheit“ grundsätzlich keine strafrechtliche Relevanz zukommt. Das Gericht hielt fest, dass der alleinige Konsum von verbotener Pornographie im Internet nicht strafbar ist, da das reine Besuchen einer Seite (und damit die Verschiebung der Daten in die „Temporary Internet Files“) kein sich verschaffen über elektronische Mittel im Sinne des Gesetzes ist.

 

Verlinkung des betroffenen Gesetzesartikel: www.admin.ch/ch/d/sr/311_0/a197.html     

 

Langfassung (zwei dinA4 Seiten):

Urteil des Bezirksgerichtes Affoltern

 

Vom 30.01.09

           

In Strafsache: Anklage wegen Verstoss gegen Art. 197 Ziffer 3; Ziffer 3bis StGB

 

Anklagepunkte: Dem Angeklagten wird vorgeworfen, drei Bilddateien nach Art. 197 Ziffer 3bis über elektronische Mittel sich verschafft zu haben. Zudem wird dem Angeklagten vorgeworfen, eine Filmdatei nach Art. 197 Ziffer 3 eingeführt und zehn Filmdateien über elektronische Mittel sich verschafft zu haben.

 

Stellungsnahme des Angeklagten: Der Angeklagte kann sich nicht entsinnen, sich besagte Dateien bewusst über elektronische Mittel verschafft zu haben. Er verneint den Vorwurf der Besitzverschaffung allerdings nicht ausdrücklich, er sagt lediglich, er könne sich nicht mehr erinnern. Der Angeklagte hat zugegeben, über elektronische Mittel pornographische Schriften zu konsumieren. Unklar blieb, ob es sich bei den konsumierten Schriften ausschliesslich um legale handelte oder nicht. Der Verteidiger des Angeklagten pochte jedoch darauf, dass das alleinige Konsumieren „harter Pornographie“ nach Rechtssprechung des Bundesgerichts nicht strafbar wäre. (Anzuführen ist, dass die wissenschaftliche Untersuchung der Festplatten des Computers und des Laptops des Angeklagten, die von der Staatsanwaltschaft angeordnet wurde, eine Vielzahl Dateien mit pornographischem Inhalt sicherstellen konnte (ca. 85000 Dateien). Von diesen Dateien hatten ca. 300 einen strafbaren Kontext. Der Verteidiger machte hier geltend, dass sich die meisten dieser Dateien im Ordner „Temporary Internet Files“ bzw. dem Cache befanden. Dateien im Ordner „Temporary Internet Files“ wurden jedoch automatisch und ohne Kenntnis und aktivem Zutun bereits beim Betrachten einer Seite herunter geladen, woraus sich die grosse Zahl der sichergestellten Dateien erkläre, so der Verteidiger. Die Strafbarkeit gem. Art. 197 Ziffer 3bis der drei Bilddateien, die eine asiatische Darstellerin zeigten, können zwar auf einen objektiven Beobachter wie kinderpornographische Darstellungen wirken. Der Verteidiger konnte jedoch vorweisen, dass besagte Darstellerin „Kitty“ zum Zeitpunkt der pornographischen Darstellungen zumindest 19 Jahre alt war.

 

 

Plädoyer des Verteidigers

 

Der Verteidiger kritisierte in seinem Plädoyer die Akribie, mit welcher die Staatsanwaltschaft diesem Fall nachgegangen sein soll, frei nach dem Motto: „Von vielen Anschuldigungen wird schon eine zutreffen“, wurde von der Staatsanwaltschaft nur belastenden und keinen entlastenden Hinweisen nachgegangen. Erst ein vom Verteidiger in Auftrag gegebenes Gutachten erwirkte eine drastische Kürzung der eingeklagten Dateien von ca. 300 auf 14. Zudem kritisierte der Verteidiger die Art und Weise der Beweissicherung. Der Angeklagte sei morgens um sechs Uhr von bewaffneten Polizisten geweckt worden. Diese führten eine Hausdurchsuchung unmittelbar nicht nur beim Angeklagten sondern auch bei der Mutter des Angeklagten durch. Der Verteidiger hält dies für nicht verhältnismässig.

 

Der Verteidiger erklärte, der Angeklagte hätte eine DVD, die nach Art. 197 Ziffer 3, (pornographische Darstellungen mit menschlichen Ausscheidungen), strafrechtlich relevant sei, nur fahrlässig eingeführt. Der Angeklagte habe bei der Bestellung von sechs DVD’s, von der nur eine eingeklagt wurde, ausschliesslich nach Bild der Darstellerinnen gewählt. Den Titel hat er nach eigenen Angaben ausser Acht gelassen. Hätte er den Titel beachtet, der auf die Strafbarkeit hindeutet, hätte er die DVD nicht bestellt. Bei der Bestellung der DVD’s habe er sich viel mehr an Kundenempfehlungen gehalten (Kunden, die diesen Artikel kauften, kauften auch…), versicherte er. Die fahrlässige Einfuhr sei jedoch nicht strafbar.

 

Der Verteidiger bemerkte zudem, dass Art. 197 Ziffer 3 bereits von verschiedenen Seiten als zeitungemäss kritisiert wurde.

 

Konkretes Plädoyer:

 

Der Verteidiger forderte einen vollständigen Freispruch, die Kosten seien der Staatskasse aufzuerlegen. Zudem forderte er eine Haftentschädigung für die erlittene Untersuchungshaft des Angeklagten.         

 

Urteil:

 

1. Der Angeklagte wird des Vorwurfs der Kinderpornographie gemäss Art. 197 Ziffer 3bis freigesprochen.

2. Der Angeklagte ist schuldig der mehrfachen Pornographie nach Art. 197 Ziffer 3. 

3. Als Strafe wurde eine Geldstrafe von 30 Tagesätzen à je 170 Fr. festgesetzt. Ein Tagessatz wurde gegen die erlittene Untersuchungshaft angerechnet.

4. Die Strafe wurde aufgeschoben. Die Bewährungszeit dauert zwei Jahre.

5. Die Datenträger (Festplatten), auf welchen sich die eingeklagten Bilder befanden wurde der Vernichtung übergeben. Ebenso wurde mit dem eingeklagten Film verfahren.

6. Die eingezogenen, aber nicht eingeklagten Filme werden dem Angeklagten ausgehändigt.

7. Die Gerichtskosten beliefen sich auf 1800 Franken. (1080 Franken wären auch möglich, das hat das L. leider nicht genau mitbekommen.)

8. Eine Berufung gegen dieses Urteil ist innerhalb von zehn Tagen nach Aushändigung des schriftlichen Urteils zulässig. Die Berufung ist schriftlich einzureichen.

 

Begründung:

 

1. Freispruch von Art. 197 Ziffer 3bis

 

Das Gericht hat in der Verhandlungspause eigene Recherchen zu dem vom Verteidiger angeführten Altersnachweis der asiatischen Darstellerin „Kitty“ angestellt. Die Darstellung des Verteidigers entsprach dem tatsächlichen. Das Gericht hat herausgefunden, dass besagte „Kitty“ zum Zeitpunkt (2006) der pornographischen Filmaufnahmen zumindest 22 Jahre alt gewesen sein muss. Diese pornographischen Filmaufnahmen können den Tatbestand der Kinderpornographie nicht erfüllen, da die Darstellerin trotz kindes-ähnlichem Körperbau zum Zeitpunkt der Filmaufnahmen nachweislich bereits erwachsen war. Eine Bestrafung allein auf Grund des optischen Erscheinungsbildes verwarf das Gericht mit der Begründung, dass Scheinkindheit grundsätzlich keine strafrechtliche Relevanz zukommt.

 

2. Schuldspruch gem. Art. 197 Ziffer 3     

 

Das Gericht hat die entsprechenden Internetseiten gesichtet. Entgegen der Auffassung des Verteidigers ist es sehr wohl möglich, den Titel des Filmes als Indiz einer Strafbarkeit zu bemerken. Selbst wenn der Angeklagte allein anhand der Darstellerinnen auf dem Cover aussuchte, wäre es seine Pflicht gewesen, den Titel des Filmes zu lesen. Die damit verknüpfte Strafbarkeit des Filmes wäre dann auf keinen Fall unbemerkbar gewesen. Das Gericht entschied daher, dass es dem Angeklagten nicht am Vorsatz gemangelt haben kann.



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