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Von der Hysterie zur Depression Kolumne

Autor:  El_Greco
„In was für Zeiten leben wir eigentlich?“ - Eine Aussage, die man nur allzu oft hört. Ja, wir leben in Zeiten, in der sich das Individuum immer weiter in die eigenen vier Wände zurückzieht, in denen wir Schauspieler und Musiker wie Götter anbeten, und in denen wir unser Leben immer weiter zu beschleunigen versuchen. Und dies sind die Ursachen für das, was man in der Psychologie als „Zeitalter der Depression“ bezeichnen. Doch um dies richtig nachvollziehen zu können, müssen wir, liebe Leser, zuerst einen Blick in die Vergangenheit werfen.

Gehen wir 100 Jahre zurück. Die Psychologie nahm dank Siegmund Freud langsam Form an. Eine Zeit, in der man Zeitung las, gottesfürchtig war und nicht immer hetzte. Diese Zeit nannte Freud „Zeitalter der Hysterie“. Doch wieso Hysterie? Nun, immer, wenn etwas provokatives geschah, reagierten die Leute mehr oder minder hysterisch. Ein Rock der die Knie frei ließ? Undenkbar! Diese moderne Jazz-Musik? Davon muss man ja irre werden! Ein etwas besser Betuchter kaufte sich just ein Automobil? Ein Frechdachs ohne Gleichen!

Die sozialen Normen und werte dieser Zeit predigten eben einen Lebenswandel, der all dies nicht zuließ, da die Mehrheit der Bevölkerung es akzeptierte, nicht reich zu sein, und man sein Licht unter den Scheffel stellte, um nicht aufzufallen. In dieser Zeit wäre das den meisten Personen peinlich gewesen. Praktisch gesehen konnten nur Ärzte und Schauspieler diesen Lebenswandel leisten, da ihr Status sie dazu ermächtigte. Und selbst da gab es noch Einschränkungen. Wer heutzutage ins Theater geht, weiß, was ich meine.

Doch die Zeit Schritt voran, und mit ihr die technische Entwicklung. Das Radio wurde für jeden erschwinglich, man gewöhnte sich die damit einhergehenden Effekte, immer schneller Nachrichten zu bekommen. Auch, wenn man zuerst dem Radio gegenüber arg kritisch eingestellt war. Über die Welt der Reichen und Schönen wurde auch berichtet, man gewöhnte sich immer mehr daran, über die Prominenz informiert zu werden, ob man wollte oder nicht. Es war ja auch ein schönes Thema, über das man sich beim Kaffeeklatsch unterhalten konnte.

Zwei Weltkriege veränderten auch die Gesellschaft. Noch im Krieg fühlte sich so manche Frau allein und wollte mehr als nur ein nettes Gespräch mit dem gut aussehenden, jedoch ausgemusterten Postboten. Eine Art der Beischlafkultur entwickelte sich immer weiter in die Gesellschaft hinein, sodass sich manch ein GI in Korea 1952 sich nicht mehr darüber wunderte, dass seine Frau mit dem Milchmann durchgebrannt ist.

Nach dem Krieg schließlich kamen viele Männer nicht mehr zurück. Egal, ob der Mann in Stalingrad im Schnee erfroren ist, an den Stränden der Normandie von Kugeln durchsiebt wurde, oder bei Midway jämmerlich ertrank. Die Sexualmoral lockerte sich allmählich, und mit ihr auch die Neigung zur Hysterie bei Dingen, die nur einige Dekaden vorher undankbar gewesen wären. Dies zeigt sich auch im Gipfel der Bewegung der freien Liebe, im „Summer of Love“

Rockstars eroberten die Welt. Jeder Junge wollte so sein wie Elvis, Jimi Hendrix, und dazu noch einen scharfen, schnittigen Pontiac Firebird besitzen. Die Mädchen wollten Marylin Monroe nacheifern oder eine Rockröhre wie Janis Joplin sein. Und dazu noch eine Affäre mit Eric Burdon oder Humphrey Bogart.

So zog es sich weiter bis in unsere heutige Zeit, und Internet sowie das Fernsehen beschleunigten diesen Prozess. Meine Generation wurde dann schon fast durch Medien, Gesellschaft und teilweise auch Familie in dem Irrglauben groß, wir würden alle Rockstars, Astronauten oder berühmte Schauspieler. Abgesehen davon, dass eine Gesellschaft, die nur aus solchen Leuten besteht, nicht funktionieren kann, haben wir nicht alle das Zeug dazu. Doch der Glaube daran ist stark. Sogar stärker als der gesunde Menschenverstand. Wollt ihr Beweise, werte Leserschaft? Dann schaut euch doch einfach mal die Narzisten in den Vorausscheidungsrunden von DSDS an. Bitte. Danke. Keine Ursache.

Andererseits haben wir die Leute, die wissen, dass sie nie so toll werden schauspielern können, die unmusikalisch sind und deren Forschungsgeist irgendwo unter dem Bett vor sich hingammelt. Doch was vermittelt man ihnen? Dass man eben sonstwie großartig und berühmt sein muss um akzeptiert zu werden. Sie können sich noch so sehr anstrengen, sie werden einfach nicht das erreichen was sie wollen. Und wie meine Leser sicherlich wissen, führt Anstrengung gekoppelt mit Versagen zu Frustration, und Frustration über einen längeren Zeitraum führt zu Depression.

Und trotzdem machen sie weiter. Noch mehr Frustration. Noch mehr Depression. Und Depression ist ansteckend. So weite Teile der Gesellschaft wurden damit infiziert, dass sogar das Kompetenznetz Depression gegründet werden musste . Wir haben sogar richtige Zeugen für diesen Prozess: Peter Parker wurde zu Spiderman, ein Junge, der zwar das Herz am rechten Fleck hatte, jedoch einfach nix reißen konnte. Eine Geschichte, aus der die Leute dann immer noch Kraft schöpfen können.

Liebe Leute, was ich mit dem ganzen Text eigentlich sagen will, ist, dass ihr den Mut aufbringen müsst, einfach ihr selbst zu sein. Es gibt genug Leute, die mir aufgrund ihrer Stärken gefallen, aber ich liebe sie vor allem wegen ihrer Schwächen. Das macht die Sache doch erst interessant. So sagt ihr auch dem Damoklesschwert der Depression den Kampf an. Damit macht ihr nicht nur eure eigene Welt schöner, sondern auch die der anderen Menschen in eurer Umgebung.

Dann noch frohes Schaffen,

euer El_Greco


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