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Der Fall Caitlin: Gefährliche Leidenschaften

Eine Navy CIS-FF [letztes Kap&Epilog lädt]
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Das Positive daran

.:Kapitel 6 – Das Positive daran:.
 

~Und wenn du nicht vergeben kannst, vergibst du viel

Ist denn deine Weste rein?

Wenn du so weiter leben kannst

Erlebst du’s nie, dein eigenes Seelenheil~ (Xavier Naidoo, „Seelenheil“)
 

Ziva schreckte schweißgebadet aus den Schlaf hoch. Nur verschwommen nahm sie wahr, dass da noch ein kleines Wesen neben ihr lag, die Örtlichkeiten aber ihr vollkommen unbekannt waren. Oder?

Ein Digitalwecker in der Nähe verkündete in neongrünem Leuchten, dass es kurz nach halb zwei Uhr morgens war, was die junge Frau nicht im mindesten wunderte. Im Gegenteil, das war immerhin über eine halbe Stunde mehr Schlaf als sonst. Seit einem Monat hatte sie nun keine einzige Nacht mehr ganz durchgeschlafen und auch jetzt war sie so hell wach, dass sie genau das leichte Zittern ihrer Arme spüren konnte. Aber wo war sie?

Kate an ihrer Seite drehte sich einmal kurz um und schlief fest wie ein Murmeltier, ja, sie machte dem Sprichwort sogar alle Ehre und murmelte noch dabei. Zivas Augen währenddessen gewöhnten sich an die Dunkelheit und in dem unnatürlich grünem Licht des Weckers erkannte sie die Umrisse von Gibbs’ Wohnzimmer. Irgendwann zwischen „Phantom of the Opera“ und „Bride and Prejudice“ musste sie wohl eingeschlafen sein. Aber warum hatte Gibbs sie nicht einfach geweckt? Stattdessen hatte er die Schlafcouch bezogen und sie Beide schlafen da hinüber verfrachtet.

/Moment mal...das würde ja bedeuten..../ Er hatte sie tatsächlich in seinen Armen getragen, das wohl erste und einzige Mal in ihrem Leben und sie VERSCHLIEF es? Die Israelin verfluchte sich selbst, immerhin wachte sie sonst beim kleinsten Zucken in ihrer Nähe auf, das war Bestandteil ihrer Ausbildung gewesen. In Israel schlief man nun mal gefährlich. Aber Amerika schien sie regelrecht zu verweichlichen.

Ziva schälte sich so vorsichtig wie möglich aus den warmen Decken, um Caitlin nicht zu wecken und entdeckte dabei auf dem Tisch einen kleinen weißen Papierzettel, der auf einem Kleidungsstapel lag. Die Notiz lautete:
 

’Wollte das Kind nicht wecken. Das kleine Kind auch nicht.

Dachte mir, Sie könnten vielleicht was zum Wechseln gebrauchen.

Fühlen Sie sich frei zu duschen.
 

Gibbs
 

P.S.: Habe leider nichts passenderes gefunden.’
 

Dachte dieser Mann eigentlich an alles? Die fliederfarbene Bluse, die Ziva am vorigen Abend angehabt hatte, war durch das schlafen vollkommen zerknittert und gehörte nach ihren unangenehmen Träumen definitiv in die Wäsche. Deswegen kam ihr der Vorschlag mit dem Duschen auch mehr als recht. Aber dass Gibbs sie als Kind bezeichnet hatte... das würde wohl noch so einige Folgen haben. Die Schwarzhaarige würde es ihm bei der erstbesten Gelegenheit unter die Nase reiben, schon allein, um herauszufinden, ob er sie wirklich als Kind ansah.

Sie war sich dessen durchaus bewusst, dass er um einiges älter war als sie, aber es störte sie nicht im mindesten. Dass dadurch die Distanz zwischen ihnen aber auch noch größer wurde, war ebenso garantiert wie schmerzvoll.

Vorsichtig tapste die Israelin mit nackten Füßen durch das Haus, auf der Suche nach dem Bad und die fast ungebrochene Stille war noch unangenehmer als die Dunkelheit aber sie wollte nicht erst im Gang Licht machen (Krach noch weniger), immerhin war es für ’normale’ Menschen noch Schlafenszeit und sie wollte Gibbs nicht aufwecken oder auf sich aufmerksam machen im Falle, dass er wach war.
 

~*+*~

Das blütenweiße Hemd, das Gibbs ihr heraus gelegt hatte, war – wie zu erwarten – um einiges zu groß, es reichte Ziva locker bis zur Hälfte der Oberschenkel und ihre Hände verschwanden regelrecht in den Ärmel, sodass sie sie erst hoch krempeln musste. Ziva ließ ihre Jeans nach dem Duschen erst einmal im Bad, bei ihrem Glück hätte sie in den paar Stunden bis sie zur Arbeit müsste noch unzählige Gelegenheiten, sich voll zu kleckern. Ein sehr unerfreulicher Gedanke.

Da aber das Hemd ja lang genug war, um schon als Nachthemd durchzugehen, störte es sie nicht weiter, relativ freizügig herum zu laufen. Zumal ihr Boss anscheinend doch zu schlafen schien, denn aus dem Bootskeller waren keine Geräusche zu hören und auch sonst war es ziemlich still.

Auf dem Weg zur Küche steckte Ziva sich ihre Haare locker hoch, damit ihre Kleidung nicht nass wurde und schwor sich, sollte sie je wieder bei Gibbs Privatbesuche machen, sich ein paar Sachen zum Wechseln mitzunehmen.
 

Jethro saß schweigend in der Küche und trank seinen Kaffee so, wie er ihn am liebsten mochte. Schwarz, heiß und kräftig. Dabei versuchte er sich zu erklären, warum er sich so fühlte, wie im Moment: ruhig, heiter, schon fast glücklich. Kein bisschen der alten Verbitterung, keine Schuldgefühle aufgrund seiner Untätigkeit im Moment. Wie konnte das nur sein?

Der Grund dafür war Ziva, immer und immer wieder sie. Besonders ihr Anblick, wenn sie schlief, das Gefühl, als er ihre leichte Gestalt getragen hatte. Es hatte sogar einen Augenblick gegeben, kurz nachdem er sie angehoben hatte, in dem die junge Frau sich unbewusst in seinem T-Shirt festgekrallt hatte und im Schlaf nach ihm gerufen hatte.

Er blickte auf, als er Schritte auf den Gang hörte, Schritte, die ihm sehr bekannt vorkamen. Was er jedoch zu sehen bekam, als Ziva um die Ecke kam, war alles andere als sehr bekannt. Die Israelin mochte weiß Gott nicht die Erste sein, die nur mit einem seiner Hemden bekleidet seine Küche betrat, aber sie war dabei die Erste, mit der er nie geschlafen hatte (und tief in seinem Hinterkopf verhallte dabei ein leises ’Leider’). Und die noch dazu so überrascht aussah, ihn anzutreffen.

„Oh, Gibbs, ich hätte nicht gedacht, dass Sie wach sind. Ich habe Sie doch nicht geweckt, oder?“

„Nein, haben Sie nicht. Ich schlafe ohnehin nicht viel.“ Das lag zweifelsohne am Kaffee, aber Ziva sagte nichts dazu, also ergriff Gibbs wieder das Wort: „Aber warum sind Sie schon wach?“

„Tja, Napoleon sagte einst, dass ein Mensch nur drei Stunden Schlaf bräuchte, wer mehr braucht ist entweder eine Frau oder ein Idiot. Und ich habe meine vier Stunden Schlaf schon hinter mir.“ Wieder konnte sie sich der Frage nicht erwehren, was sie schon wieder für einen Unsinn erzählte. Aber so ging es ihr schon immer in der Gegenwart des Älteren, sobald sie unsicher wurde, überspielte sie das, indem sie schnell und flüssig redete. Die Tatsache, dass sie dabei auch noch recht spärlich bekleidet war, war auch nicht gerade sehr hilfreich.

„Also schlecht geschlafen“, bemerkte ihr Vorgesetzter knapp, als plötzlich sein Handy klingelte.

Ziva nutzte die Gesprächspause, um das Licht der Dunstabzugshaube über dem Herd anzumachen und nahm so erst richtig wahr, dass Gibbs auch privat in legerer Kleidung herum lief, sonst ließ er nur bei Tatortuntersuchungen den Anzug außen vor. Er trug eines dieser kurzärmeligen schlichten schwarzen T-Shirts zu einer dunkelblauen Jeans, aber das reichte der Schwarzhaarigen vollkommen aus, um sich gleich noch einmal in ihn zu verlieben. Nicht nur weil es ihn jünger, attraktiver und zugänglicher wirken ließ, sie war darüber hinaus in der Lage zu vergessen, dass sie Beide Welten trennten, dass er ihr Boss war und ja, es mochte dumm klingen, aber erst jetzt konnte sie so richtig glauben, dass auch er nur ein ganz normaler Mensch war.
 

„Agent Cassidy, was gibt mir die Ehre in so später Stunde?

...

Von wem haben Sie diese Informationen?

...

Gut, hören Sie, beruhigen Sie sich erst mal und dann kommen Sie morgen früh in aller Ruhe zu mir und berichten mir die Einzelheiten. Sie haben doch Zeit, oder?

...

Das werde ich dann entscheiden, schlafen Sie jetzt eine Runde. Bis morgen.“

Gibbs legte auf und seufzte leise. Dass die Leute ihn nicht einmal um diese Uhrzeit in Ruhe lassen konnten. Allerdings klang Paula Cassidy ziemlich aufgelöst, deshalb interessierte es ihn brennend, was genau DiNozzo ihr so alles über ihren aktuellen Fall erzählt hatte, denn eigentlich waren die Einzelheiten streng geheim. Aber wie er Tony kannte, waren ihm garantiert nur nebenbei Details rausgerutscht.

„Schalten Sie ihr Telefon eigentlich nie ab?“, fragte Ziva mit halbem Interesse. Sie lief an das Küchenfenster und blickte hinaus. Der Regen vom Abend hatte sich verzogen und die Wolkendecke war aufgerissen, sodass ein klarer Vollmond den Nachthimmel und einen kleinen Teil des Raumes erhellte.

„Die schlimmsten Notfälle schneien nun mal zu den unpassendsten Zeiten rein.“

Schweigen machte sich breit, da keiner der Beiden noch Worte fand, die der Situation angemessen schienen und der ältere Special Agent nahm wieder einen Schluck von seinem Kaffee, nicht ohne seine reizende Kollegin weiter aus den Augenwinkeln zu beobachten. Das Mondlicht drang mühelos durch das dünne Hemd, das sie trug und zeichnete auf dem hellen Stoff die Konturen ihres Körpers ab. Wusste sie eigentlich, wie attraktiv sie wirklich war? Jethro hoffte, dass nicht, denn wenn sie es erfuhr und bewusst ausnutzte, würde er bald enden wie die Motte im Feuer.

„Sie benutzen dasselbe Scheuermittel für ihren Boden wie der Mossad, wissen Sie das eigentlich? Ich kann es riechen.“

„Ach wirklich?“, war die kurz angebundene und wenig begeisterte Antwort, aber das banale Thema, das vollkommen fehl am Platze war, riss Gibbs wenigstens wieder aus seiner Trance, ansonsten hätte er wohl noch eine ganze Weile seine junge Agentin angestarrt, Anstand hin oder her.

„Ja, denn der Vorteil an dem Mittel ist, dass man damit Blutflecken ohne Probleme weg kriegt, sogar auf Zement, daher zweifle ich nicht, dass Ihr Bootskeller wieder blitzblank ist. Aber Sie sehen die Blutlache trotzdem noch, nicht wahr? Obwohl da gar nichts mehr ist.“

Ziva wusste, dass sie ungerecht Gibbs gegenüber war. Aber die Wahrheit war, dass sie damit lediglich ihre eigene Befindlichkeit und Verbitterung ausdrückte. Sie würde die Stelle, an der Ari zu Fall gegangen war, wahrscheinlich selbst noch in zwanzig Jahren wieder erkennen und sich dabei fragen, wie sie hatte so blind sein können, seine wahre Natur nicht zu erkennen. Als sie sich umdrehte, merkte sie, dass Gibbs unmittelbar hinter ihr stand, aber entgegen ihrer Vermutung wirkte er nicht wütend, sondern eher verwundert und vielleicht auch ein wenig... verletzt?

„Was bezwecken sie mit der Frage, Miss David?“

Ja, er war definitiv verletzt. Schon allein, weil er wieder zu ihrem Nachnamen übergegangen war. „Gar nichts. Das heißt... wieso haben sie es mir anvertraut, ihn zu töten? Was, wenn ich gezögert hätte oder von vornherein nie vorgehabt hätte, Ari zu töten?“

Also hatte sie ihm doch die finale Frage gestellt, warum ausgerechnet ihr diese Aufgabe zugefallen war. Jethro hatte diesen Moment erwartet, wenn er auch zugeben musste, dass er obwohl er damit gerechnet hatte und obwohl er sich selbst diese Fragen auch schon gestellt hatte, noch immer die Antworten darauf fürchtete, weil er nicht die Falschen geben wollte. Und dabei hatte sie ihn doch gefragt ohne Vorwurf in der Stimme.

„Ich weiß nicht. Ich bin einfach meiner Intuition gefolgt. Hätte ich gewusst, in welcher Verbindung Sie zu ihm standen, dann hätte ich vielleicht anders reagiert. Jedenfalls im Falle eines Zögerns könnte man Ihnen keinen Vorwurf machen. Es wäre die menschlichere Entscheidung gewesen.“

„Aber nicht die richtige.“

„In einer solchen Situation gibt es kein richtig oder falsch. Was sie getan haben, war ihre persönlichen Gefühle zum Wohl der Allgemeinheit zu ignorieren. Das war nicht richtig, es war weise.“

Ziva sah ihn mit großen Augen an. Irrte sie sich etwa oder legitimierte er gerade wirklich eine der größten Sünden ihrer Religion, den Brudermord?

/Es war kein Mord. Es war Affekt. Totschlag. Er hätte sonst Gibbs getötet. Und dann.../ Da war es wieder, das verhasste ’dann’. Jedes Mal, wenn sie versuchte, sich einzureden, dass sie Ari nicht aus Vorsatz getötet hatte, tauchte es wieder auf, und selbst wenn sie das nicht tat, verfolgte es sie in ihren Träumen.

„Wenn ich versagt hätte, dann hätte er nicht nur Sie getötet, nicht wahr? Ich wäre doch die nächste gewesen, schon allein, weil ich mich mit Ihnen eingelassen habe. Antworten Sie, Gibbs, Sie kannten ihn anscheinend besser als ich, sonst wäre es gar nicht erst so weit gekommen.“

„Ist das der Grund, warum Sie so schlecht schlafen, Ziva; weil Sie Schuldgefühle haben? Ari hat uns alle getäuscht, nicht nur Sie.“ Gibbs war ihr noch ein Stück näher gekommen und die Entfernung zwischen Ihnen war minimal. Ziva hätte sich zu gerne an seine Schulter angelehnt, aber selbst das kostete sie zu viel Überwindung. Genau, wie ihm zu sagen, warum sie eigentlich so besessen darauf war dieses Thema zu überwinden. In sich selbst fand sie die Antwort nicht. Denn jede Nacht musste sie mit ansehen, wie Gibbs durch die Hand ihres Halbbruders starb und dann erst wachte sie auf, manchmal sogar schreiend und die Gründe dafür waren gewiss keine Schuldgefühle. Die waren zweitrangig.

Aber die Israelin wollte ihn jetzt nicht unterbrechen. Sie hörte ihm gerne zu, wenn er nicht gerade mal herum schrie und gerade jetzt offenbarte er mehr von sich als im ganzen letzten Monat. Und dann kam der Satz, den Sie nie von Jethro Gibbs auch nur erträumt hätte: „Sie müssen das Positive daran sehen.“

„Das Positive? Ist Ihnen klar, was Sie da sagen? Sie haben einen Agent verloren, ich ein Familienmitglied. Beides wäre überflüssig gewesen.“

Zu ihrer größten Überraschung lächelte er und meinte: „Aber dann wären wir uns nie begegnet.“
 

~*+*~

„Boss, Boss, ich hab etwas gefunden.“ McGee rannte aufgeregt auf Gibbs zu, kaum hatte dieser die Büroräume betreten. Der Ältere Agent konnte sich nur wundern über dieses Engagement und das zum Sonntag morgen.

„Was denn genau?“

„Na ja, mir ist aufgefallen, dass alle Schützenvereine, die unsere gefragten Pfeile bestellt haben eine Datenbank mit den Kopien der Mitgliedsausweise besitzen und da die Ausweise nicht übertragbar sind, ist natürlich ein Foto auf dem Ausweis. Also habe ich die Fotos von diesen Schönheitsköniginnen, die das Opfer in der Wohnung hatte mit den Fotos von den Ausweisen vergleichen lassen.“

„Wie viele Übereinstimmungen?“, unterbrach Gibbs den nicht enden wollenden Erzählstrom seines Agenten. Der MIT-Absolvent hatte die Angewohnheit, jeden seiner Schritte gerechtfertigt wissen zu wollen und das konnte sehr zeitintensiv werden.

„Alle Vier. Emily DuNeuve, Brianna Paxton, Samantha O’Neill und Sharon Rowland. Alle vier sind in dem Club ’Flying Grace’. Aber das ist noch nicht alles. Die Vorsitzende des Clubs, Evelyn Brown, ist gleichzeitig noch...“

„... verantwortlich für die Organisation des ’Mrs. Navy Contest’ und das seit gut vier Jahren.“

Die beiden Agenten drehten sich herum und sahen die blonde Frau überrascht an, die McGees Satz vervollständigt hatte. Aber Paula Cassidy verschränkte nur die Arme und meinte zu Gibbs: „Ich will ihn sehen.“

„Agent Cassidy, das halte ich für eine sehr schlechte Idee.“

„Wieso? Hat es etwas mit der Art und Weise zu tun, wie er gestorben ist? Tony wollte partout nicht damit herausrücken.“

Bei McGee machte es plötzlich ’Klick’ im Kopf und er rief erstaunt aus: „Moment mal, Sie kennen das Opfer?“

Paula fühlte sich sichtlich unwohl bei der Frage und gab deshalb eine ausweichende Antwort. „Das kann man so nennen. Deshalb würde ich das NCIS gerne bei der Aufklärung des Falles unterstützen. Natürlich nur mit ihrem Einverständnis Agent Gibbs.“

Der Angesprochene schwieg und schien über das Angebot nachzudenken, dann nickte er schließlich. „Na schön, Kommen Sie mit, wir klären die Einzelheiten in der Pathologie. Außerdem benötige ich noch eine offizielle Identifizierung des Colonels von einem Familienmitglied und da er keine weitere hatte, müssen Sie das wohl übernehmen.“

Der ältere Special Agent war schon wieder auf dem Weg zum Fahrstuhl und die Blonde hatte leichte Schwierigkeiten mit ihm Schritt zu halten, aber kaum schlossen sich die Kabinentüren hinter ihr, begann sie Gibbs wieder zu löchern. „Was ist mit seiner kleinen Tochter?“

„Sie weiß das mit ihrem Vater noch nicht und ich hielt es auch nicht für angebracht, dass sie es von Fremden erfährt. Deshalb...“

„Schon gut, ich werde es versuchen ihr irgendwie beizubringen.“

„Sie ist derzeit irgendwo im Gebäude, unter der Obhut von Officer David.“ Apropos... er stellte gerade fest, dass Ziva noch immer nicht wieder aufgetaucht war. Sie waren natürlich zeitgleich angekommen (immerhin hatte Gibbs sie gleich her gefahren), aber Ziva hatte gemeint, sie müsse da noch etwas klären und war seitdem nicht aufzufinden. DiNozzo hingegen war wie schon am vorigen Tag zu spät dran und es war nicht unwahrscheinlich, dass er gar nicht zur Arbeit kommen würde, was angesichts der Ereignisse einigermaßen nachvollziehbar war – was nicht hieß, dass sein Ausbleiben geduldet wurde.
 

Die Fahrstuhltüren öffneten sich wieder und beide stiegen aus, zielstrebig in Richtung des Raumes, wo die Leichen aufgebahrt wurden. Dr. Mallard und sein Assistent Mr. Palmer beschäftigten sich gerade mit einer ganz anderen Leiche, die noch vollständig unbeschädigt schien.

„Ein weiteres Opfer, Ducky? Warum weiß ich davon nichts?“

Ducky wusste, dass sein alter Freund nichts mehr hasste, als wenn man ihm Informationen vorenthielt, daher versuchte er, Gibbs zu beruhigen. „Nein, der Tote ist nicht unser Metier, Jethro. Aber eine Kollegin von mir, Dr. Collien Brennaman, hat mich um ein zweites Gutachten gebeten, weil sie sich nicht sicher über die Todesursache war. Sowohl äußerlich als auch innerlich gibt es keine Verletzungen. Übrigens eine faszinierende Frau. Ich war mal mit ihr aus und wir haben uns den ganzen Abend ausgiebig über Thoraxdränagen unterhalten.“ Der Pathologe wäre wohl noch weiter ins Detail gegangen, hätte er nicht Paula erblickt. „Oh, Agent Cassidy, wie reizend, sie wieder zu sehen, Kindchen. Sind sie diesmal als Aushilfe oder als Verdächtige hier? Doch wohl hoffentlich ersteres, sonst hätte Jethro Sie wohl nicht mit hierher genommen.“

„Weder noch Ducky, sie ist eine Bekannte von Colonel Smith, allerdings will sie uns aushelfen. Würdest du seine Leiche noch einmal hervorholen?“

Munter wie immer, suchte Dr. Mallard nach dem richtigen Fach und zog dann die Metallplatte mit dem Toten darauf heraus. Agent Cassidy stöhnte gequält auf und schlug sich beide Hände vor den Mund, vollkommen geschockt. Sie brauchte einige Zeit, um sich zu sammeln und nach ein paar tiefen Atemzügen meinte sie leise: „Das ist er.“

„Woran erkennen sie das?“

Zitternd deutete sie mit ihrem Finger auf eine der Handflächen.

„Der Schnitt dort. Caitlin hat vor einer Woche mit einem der Küchenmesser gespielt und als er es ihr weg nehmen wollte, hat er sich an der Klinge verletzt. Sie hat daraufhin eine ganze Stunde geweint, weil sie ihrem Daddy weh getan hat. Sie... sie... Entschuldigung.“

Paula stürmte regelrecht aus dem Raum.
 

Gibbs gab seinem Pathologen noch kurz ein Zeichen, dass er die Leiche wieder weg räumen konnte, dann folgte er ihr. Sie war nicht weit geflüchtet, hatte sich auf dem Gang an die Wand gelehnt und vergoss nun stumme Tränen.

„Sie hatten eine Beziehung mit ihm, nicht wahr?“, schloss er aus ihrer heftigen Reaktion. Die Blonde nickte knapp, wischte die Tränen wieder fort und rang um Worte. „Ich habe ihn vor nicht ganz einem Monat gerade mal kennen gelernt und war ganz hin und weg, wie er mit seiner Tochter umging. Er... war sehr liebevoll ihr gegenüber.“ Sie ließ sich die Wand hinunterrutschen und Gibbs setzte sich neben ihr auf den Boden.

„Können sie mir irgendetwas über seine Ex-Frau oder die Mädchen von der Misswahl erzählen?“

„Frühere Beziehungen. Wissen Sie, John hat immer nach einer Frau gesucht, die auch mit Kate umgehen kann und dieser Wettbewerb kam ihm dabei ganz recht, weil die erste Voraussetzung für die Teilnahme ist, dass man verheiratet sein oder es mindestens einmal gewesen sein muss. Inoffiziell ist es auch so eine Art Treffpunkt für Alleinerziehende. Und wer einmal teilgenommen hat, wird immer wieder eingeladen, daher werden sie die Mädchen dort wohl am ehesten antreffen. Der Contest müsste bald wieder stattfinden. Aber über seine Frau hat er nie ein Wort verloren, nicht einmal.“

„Ja, das hatte ich befürchtet.“ Er holte sein Handy heraus und gab McGee einige Instruktionen, sich näher über alles zu informieren, das mit dem Wettbewerb zu tun hatte.
 

~*+*~

Ziva rieb sich die Schläfen, als sie wieder aus Director Shepards Büro kam. Kate, die schon auf die Agentin gewartet hatte, sprang freudig auf, bemerkte dann aber den Gemütszustand ihrer Aufpasserin.

„Ging es schon wieder um deinen Daddy?“

„Nein.“

„Hat dein Daddy dir nicht beigebracht, dass man nicht lügen darf?“ Klein-Kate blickte empört mit in die Hüften gestemmten Armen nach oben und Ziva verkniff sich zu erzählen, dass es genau genommen ihr Vater war, der ihr beigebracht hatte, wie man richtig log, da Geheimdienstagenten nun mal dafür verantwortlich waren, dass Dinge geheim blieben.

„Na schön, es ging auch um ihn, aber das ist nicht der Grund, warum ich schlecht gelaunt bin.“

Das Problem bestand eher in Jenny Shepard selbst. Sie hatte es bemerkt, das konnte Ziva in ihren Augen lesen. Die ganze Zeit über, während die beiden Frauen geredet hatten, hatte Jenny der Mossad-Agentin verdächtige Blicke zugeworfen. Die Jüngere hätte schwören können, dass ihre Freundin eifersüchtig war und in dem Moment hatte sie gewusst, dass es ein Fehler gewesen war, Gibbs’ Hemd anzubehalten. Natürlich hatte sie die Hemdsenden in ihre schwarze Jeans gesteckt, damit der Stoff etwas enger anlag und es nicht so auffällig war, wie lang das Kleidungsstück eigentlich war. Dennoch hatte ’Madam Director’ sofort festgestellt, wer der eigentliche Eigentümer war - kein Wunder bei ihrer und Gibbs’ Vorgeschichte – und natürlich dementsprechende Schlüsse gezogen. Wenn Ziva allerdings versucht hätte, die ganze Sache zu erklären, hätte sie das nur noch verdächtiger gemacht.

„Warum denn dann?“ Das Kind ließ einfach nicht locker.

„Weil mir der Film Casablanca gerade eben nicht aus dem Kopf geht. So, und während du jetzt darüber nachdenkst, kannst du dir dein Puzzle nehmen und dir ein Plätzchen im Büro suchen, wo du es zusammensetzt. Nur pass auf, dass du nicht gerade so sitzt, dass jeder über dich drüber fällt.“

Die kindliche Stirn tatsächlich mit tiefsten Denkerfalten verziert, tapste die Kleine los. Die junge Frau hingegen verweilte einen kurzen Moment an der Stelle. Casablanca war tatsächlich die erste Assoziation von ihr gewesen, als sie die Akten und Missionsberichte von Gibbs und Director Shepard gelesen hatte. Wenn man richtig zwischen den Zeilen las, bekam man schnell heraus, dass ihre Affäre in Paris begonnen haben musste und auch wenn das schon einige Jahre her war, schienen Jennys Gefühle nicht gerade schwächer geworden zu sein und Ziva fragte sich immer wieder, ob Gibbs die Beziehung beendet hatte und ob in dabei von einem der Beiden wohl der Satz „Uns bleibt immer noch Paris“ gefallen war – das wohl zweitberühmteste Zitat aus Casablanca (ein Film, der so alt war, dass selbst Gibbs ihn kennen dürfte).

Und nun stand die Israelin vor der unmöglichen Entscheidung entweder ihre Freundschaft für eine Beziehung zu riskieren, auf die sich ihr Vorgesetzter ohnehin kaum einlassen würde oder ihre Gefühle komplett zu unterdrücken und sich zumindest in der Sicherheit wiegen zu können, dass sie so in seiner Nähe bleiben konnte. Sie hätte nie gedacht, dass sie einmal so feige sein würde, die letztere Option zu wählen, aber da es noch weitere Faktoren gab, die dort hinein spielten...

Ziva bemerkte kaum, wie sie von der Seite her angerempelt wurde, aber als sie aufblickte, erkannte sie, dass es Tony gewesen war, der vorbei gerannt kam und sie nicht eines Blickes gewürdigt hatte. Sie erkannte, dass es Zeit war, selbst wieder an die Arbeit zu gehen, auch wenn sie noch keine Ahnung hatte, wie die aussehen sollte. Aber an ihrem Platz lagen schon vier Dossiers.

„Gibbs hat gesagt, du sollst die Akten nach Auffälligkeiten durchsuchen,“ meinte McGee, der ihr kurz einen Seitenblick zuwarf, sich dann aber wieder seinem Computer zuwandte. Der junge Agent schien nicht einmal zu bemerken, dass Caitlin sich genau vor seinem Schreibtisch nieder gelassen hatte. Tony währenddessen, der noch keine konkrete Aufgabe zugeteilt bekommen hatte, regte sich innerlich darüber auf, dass Ziva sich natürlich auch noch prompt in die Lebensläufe ihrer Verdächtigen vertiefte. Er hatte sich vorgenommen, sie zu ignorieren und jetzt ignorierte sie, dass er sie ignorierte! Dass konnte doch nicht angehen! Er hatte das Bedürfnis etwas zu sagen. Irgendetwas. Der Italienisch-stämmige war nicht gerade der Typ dazu, sich zu entschuldigen, auch wenn er gestern Abend nach einer eiskalten Dusche, als er wieder vernünftig denken konnte, hatte einsehen müssen, dass er sie tatsächlich vorschnell verurteilt hatte.

Nur wie brach man jetzt das Eis? Zumindest konnte er andeuten, dass er sie nicht hasste, indem er einfach auf irgendetwas belangloses ansprach.

„Nettes Outfit, Ziva. Erinnert irgendwie an Nicole Kidman in ’Projekt Peacemaker’.“

Die Angesprochene schaute verwundert auf, konnte sich ein kurzes Lächeln aber nicht verkneifen, als sie konterte: „Ach wirklich, habe ich gar nicht mitbekommen. Ich habe in dem Film weniger auf die Charaktere geachtet, als auf den Inhalt.“

„Wer’s glaubt, wird selig. Du hast doch garantiert nur auf George Clooney gestarrt.“

„Selbst wenn, dann nur aus dem Grund, dass reifere Männer nun mal interessanter sind. Deshalb lässt du mich auch so kalt.“

Kate lief zu McGee hinüber und zupfte verlegen an seinem Hemdsärmel.

„Warum streiten die denn jetzt?“

„Weil sie glücklich sind, sich wieder zu vertragen.“

„Klappe, McGee!“, tönte es von beiden Seiten.
 

~*+*~

Ehe Tony es sich versah, saß er wieder allein da und grübelte an seinem Sudoku-Computerspiel (die Zahlenrätsel waren schon auf der einfachsten Stufe und er hatte immer noch Probleme, weil er einfach nicht um die Ecke denken konnte). McGee war Gibbs suchen gegangen, weil er offenbar alle benötigten Infos beisammen hatte und Kate hatte Hunger bekommen, weshalb ein halbfertiges Puzzle vor Timothys Schreibtisch vereinsamte, da die beiden weiblichen Wesen sich in die Cafeteria aufgemacht hatten. Ziva wollte die Gelegenheit gleich nutzen, um das Mädchen etwas über die Freundinnen ihres Vaters auszufragen, um von vornherein festlegen zu können, wer als Verdächtige eher in Frage kam beziehungsweise wer ein stärkeres Motiv hatte.

Seine Finger trommelten nervös auf der Tischplatte, als er einen Tipp bekam.

„Die Fünf muss in da rein.“ Ein manikürter Finger deutete oben rechts auf ein Feld.

„Wieso?“

„Weil in dem Neuner-Feld darunter die Felder, in die eine Fünf kann, in einer Reihe liegen, das heißt in derselben Reihe kann auch in dem Feld darüber diese Zahl nicht stehen, sodass nur noch eine Möglichkeit übrig bleibt.“

Tony hatte zwar nicht ein Wort verstanden, gehorchte aber treu wie ein Hund. „Danke, Pau... PAULA? Was zur Hölle machst du denn hier?“ Der Special Agent drehte sich mit seinem Bürostuhl um, verschränkte die Hände vor der Brust, sodass er einmal mehr wirkte wie ein trotziges Kind, aber seine Lippen formten ein verspieltes Grinsen. Paula würde es ihm nie sagen, aber sie liebte dieses Grinsen. „Du hast mich vermisst, nicht wahr?“

„In deinen Träumen, DiNozzo!“, leugnete sie es vehement, was aber nur zur Hälfte der Wahrheit entsprach. Sie war auch seinetwegen hergekommen, weil es selten war, dass er überhaupt anrief, noch dazu hätte sie nie erwartet, ihn so deprimiert und ehrlich zu... hören. Und dann erst hatte er John erwähnt, wahrsche8inlich nicht einmal bewusst. Das war der zweite Grund, warum man Anthony DiNozzos Nähe suchte: seine wohl liebenswerteste Eigenschaft (wobei es davon auch nicht gerade sehr viele gab) war, dass er nie den Humor zu verlieren schien und egal was man gerade hinter sich hatte, er schaffte es immer wieder, einen aufzuheitern. Manchmal war er dabei etwas taktlos, aber allein die Empörung darüber war Ablenkung genug.

„Wie geht es deinem Anwalt?“, fragte der Brünette, nicht ohne einen Hauch von Sarkasmus.

„Oh, den hab’ ich zum Mond geschossen. Er wurde mir dann etwas zu arrogant, schon fast wie du und als wir uns dann zerstritten haben, meinte er, unbedingt Gewalt anwenden zu müssen und da habe ich ihn auf Schmerzensgeld verklagt... und letztendlich DAS HIER bekommen.“

Paula holte ein kleines Foto, nicht größer als ein Personalausweis, aus ihrem Portemonnaie und schlagartig wurden Tonys Augen glasig. „Ein Ferrari 575M Maranello,“ stellte er ernüchternd fest, “Rot, mit V12-Frontmotor, 5749 Kubikzentimeter Hubraum, von Null auf Hundert in 4,2 Sekunden, maximale Geschwindigkeit 325 km/h...“

Er sank vor ihr auf die Knie, faltete die Hände ineinander und starrte die Agentin samt Foto vollkommen hingerissen an. „Heirate mich!“

*****

Bitte nicht wundern, das mit dem „Bride and Prejudice“ war KEIN Schreibfehler. Den Film gibt es wirklich, er heißt nur auf Deutsch „Liebe lieber Indisch“ und ist die Bollywood-Variante von „Stolz und Vorurteil“. Die Benett-Schwestern sind da einfach mal kurzerhand eine indische Familie... aber Darcy bleibt Darcy, Wickham bleibt Wickham... nur Mr. Bingley ist auch ein Inder, gespielt von Naveen Andrews (der den Sayid in ’Lost’ darstellt... man ist der heiß! *sabba*)



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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Von: abgemeldet
2006-06-28T20:25:36+00:00 28.06.2006 22:25
Ja er hat sie gefragt
Ach Schwesterchen ich LIEBE PONY!
Aber das hab ich dir ja schon gesagt^^
So also das Kapitel ist toll, ich mein Gibbs wie er eine Frau anstarrt...geht das überhaupt?
Das ist wie eine Frau indiskret lüstern anstarren^^
Die Vorstellung ist definitiv äußerst amüsierend.
Schreib weiter Schatz, ich versuch mein nächstes Kapitel auch bald hoch zu laden
Dein Keks


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