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Snowdrops and Chocolate

Die Fortsetzung des gleichnamigen Doujinshi
von

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Zu spät...?

Zu spät…?
 

‚Klack klack klack’ tönte es seit etwas über einer Stunde aus Yukis Zimmer. Gegen halb fünf waren sie von ihrem Job im Fairy-Tales-Park nach Hause gekommen. Yuki hatte sich nur schnell ein Brot in den Mund gesteckt und war gleich nach oben gegangen. Seitdem saß er vor dem PC und tippte ungewohnt fleißig vor sich hin.

Zögerlich klopfte Kei an. Bis zuletzt, bis seine Faust auf das Holz der Türe getroffen war, war er sich nicht sicher gewesen, ob er Yuki stören sollte. Aber einfach so verschwinden wollte er nicht. Und Yukis freundliches „Ja?“ von drinnen bestätigte ihn, dass man Yuki, ganz im Gegensatz zu Ryu, ruhig auch mal ablenken durfte.

Kei öffnete also die Tür.

Yuki stieß sich vom Schreibtisch ab, sodass der Stuhl einen guten Schritt zurückrollte. In der gleichen Bewegung drehte er sich in Richtung der Tür um.

„Du bist´s. Brauchst du doch noch Hilfe beim Putzen?“ grinste er.

„Nein. Hand befreit, Bad blitzeblank.“

Kei trat ins Zimmer. Yukis Schreibtisch stand von der Tür aus gesehen an der linken Wand, ein Stückchen vor dem Bett. Mit zwei Schritten in Yukis Zimmer stand Kei praktisch auch schon direkt vor Yuki.

„Ich wollte nur bescheid sagen, dass ich jetzt gehe. Kiku und Ryu sind anscheinend noch unterwegs.“

„Alles klar. Viel Spaß.“ Lächelte Yuki.

In den letzten Tagen und Wochen hatte sich Kei wieder öfter mit seinem besten Freund Atari getroffen. Yuki war zwar bestimmt nicht sehr glücklich, verlor aber weiter kein Wort darüber. Was sollte er auch anderes tun? Kei war immer noch ein freier Mensch. Yuki konnte nur darauf bestehen, dass Kei immer sein Handy dabei hatte, falls irgendwelche Zalei bedingten Probleme auftreten sollten. Für diesen Fall hatte Kei sogar Atari ermahnt, sofort Yuki anzurufen. Bisher war aber immer alles gut gegangen.

„Was tippst du denn da? Man sieht dich echt selten vorm PC. Ich dachte immer, der ist nur zur Dekoration.“

Neugierig versuchte Kei, einen kleinen Blick über Yukis Schulter auf den Monitor zu erhaschen. Recht viel mehr als eine Tabelle erkannte er dabei allerdings nicht. Sie sah aus wie ein Formblatt, das Yuki gerade ausfüllte.

„Ach, nur meine Hausaufgaben.“ Lächelte Yuki. „Ich muss dem Rat am Ende jedes Monats einen Bericht über deine Fortschritte vorlegen. Und nachdem ja morgen schon der 30. ist, komm ich wohl nicht mehr aus.“

„Echt?! Das wusste ich gar nicht.“ Schreckte Kei hoch. Im nächsten Augenblick versuchte er noch viel angestrengter, die Zeichen auf dem Monitor zu entziffern, sehr zu Yukis Amüsement.

„Der Rat überwacht die Aktivitäten aller Zalei im Inland, inbegriffen der ordnungsgemäßen Ausbildung. Meister Adoy ist sehr dahinter, dass niemand Blödsinn lernt oder unterrichtet.“

Yuki rollte mit seinem Stuhl wieder an den Schreibtisch, allerdings ein bisschen rechts von der eigentlichen Schreibfläche. Genug Platz für einen zweiten Schreibtischnutzer neben ihm.

„Wenn du möchtest, kannst du gern einen Blick drauf werfen. Ich hab nichts zu verbergen.“ Lachte er, nachdem er Keis höchst interessierten Blick bemerkt hatte.

Einen Moment zögerte Kei noch, im Wissen, dass Atari schon auf ihn wartete. Aber schließlich siegte doch die Neugier.
 

Seite 1 begann gleich mit sehr viel Text. Eher uninteressant für Kei, der schon die Notenskala am Seitenende entdeckt hatte. Hier konnte der Zalei-Lehrer für Leistungsmerkmale wie 'Engangement', 'Fachkenntnisse', 'Arbeitsverhalten' oder auch 'Sozialverhalten' durch Anklicken der jeweiligen Felder Punkte von 1 (schlechteste Bewertung) bis 15 (beste Bewertung) vergeben. Diese Oberpunkte wurden jeweils noch durch zwei bis fünf Unterpunkte konkretisiert. Im Fall von 'Engangement' waren das zum Beispiel die Punkte 'Lernfähigkeit', 'Lernbereitschaft', 'Urteilsfähigkeit', 'Einsatzbereitschaft' und 'Pflichtauffassung'. Am Ende jedes Oberpunktes war ein Textfeld für Begründungen der oben stehenden Bewertungen. Das Feld hatte Yuki allerdings noch nicht ausgefüllt. Lediglich die Punkte hatte er schon überall eingegeben.

Kei brachte also die Mouse unter seine Kontrolle und sah sich seine erlangten Punkte an.

"Du gibst mir 15 für Lernfähigkeit und nur 8 für Pflichtauffassung?" Kei war entsetzt.

"Tja... Der Haushaltsplan spielt eben auch mit rein." lachte Yuki.

"Wieso? Ich hab doch jetzt gewischt... Und was soll die 4 bei 'Sicherheit in der Anwendung der Kenntnisse'?... Ich zieh die Frage zurück." Ganz dunkel erinnerte sich Kei an den Abend im Cardinal. Die Note hatte er wohl oder übel verdient. Ebenso die 4 bei 'Umgang mit dem eigenen Carn'. Dafür durfte er sich über 15 Punkte bei 'Arbeitstempo' freuen.

"Na ja, na ja..." Als Kei das Ende des Dokuments erreicht hatte, gab er die Mouse wieder frei und trat einen Schritt zurück.

"Anregungen, Wünsche, Kritik?" lachte Yuki.

"Nein. Das meiste kann ich leider nicht leugnen." Kei klopfte Yuki auf die Schulter und wandte sich zur Tür. "Ich mach mich auf die Socken. Schönen Abend noch. Sitz nicht zu lang vorm PC rum, sonst kriegst du viereckige Augen."

„Ach, Kei. Heute Abend muss ich noch was für den Rat erledigen. Ich weiß nicht, ob ich das Handy immer eingeschaltet lassen kann. Aber bis ich gehe, müsste Ryu wieder zu Hause sein. Nur falls was wäre…“

Kei nickte knapp, verabschiedete sich noch einmal und schloss die Tür hinter sich.

Also musste auch Yuki von Zeit zu Zeit Aufträge für den Rat erledigen, so wie Ryu in der Nacht, in der sie im Cardinal gewesen waren. Noch konnte sich Kei nicht vorstellen, was es mit diesen Aufträgen auf sich hatte. Oder welche Gefahren diese in sich bargen.
 

Im Moment war ihm das aber auch völlig egal. Er war mit Atari verabredet und ließ ihn schon seit einer halben Stunde warten.

„Du bist spät, Keiji, mein Freund.“

„Keiji…?! Hab ich was angestellt?“

Wenigstens konnte er sich damit entschuldigen, dass es immerhin eine ganze Weile gedauert hatte, Robin einzufangen und ihm die Leine anzulegen. Kei konnte seinen Carn ja nicht zurück lassen, wenn niemand zu Hause war.

Robin schränkte aber nun wiederum die freizeitgestalterischen Möglichkeiten von Kei und Atari beträchtlich ein. Ein Fuchs in einem Café, einer Bar oder einer Gaststätte war nicht wirklich willkommen. Erst in einer zwielichtigen Kneipe mit dem Namen „Sakander“ konnten Kei und Atari eine Kellnerin überzeugen, dass dieses Tier doch nur eine neue Hundezüchtung namens ‚Fuchsterrier‘ sei. Die junge Frau mit südländischem Akzent verstand vermutlich ohnehin kein einziges Wort, nickte jedoch freundlich lächelnd zu allem, was die beiden ihr sagten und führte sie an einen freien Tisch.

Problem Nummer eins war damit gelöst. Blieb nur noch zu hoffen, dass sich Robin auch benehmen konnte wie ein braves Schoßhündchen. Zunächst deutete alles darauf hin. Er rollte sich unter der Bank zusammen, auf der Kei Platz nahm und vergrub den Kopf zwischen den Pfoten. Trotzdem wickelte sich Kei die Leine fest ums Handgelenk.

Nach ein paar Minuten kehrte die Kellnerin mit den Speisekarten zurück, die sie Kei und Atari in die Hand drückte. Dann verschwand sie auch schon wieder.

„Hmh! Eine tolle Speisekarte! Man kann sich das Essen direkt ansehen, bei den ganzen Essenresten, die drin kleben… Igitt!“ Atari klappte die Karte sofort wieder zu.

„Der Herr ist es wohl nicht gewohnt, in so feinen Etablissements zu speisen.“ Lachte Kei.

„So wie´s aussieht, sollten wir uns lieber nur schnell die Bäuche vollschlagen und dann wieder gehen.“ Flüsterte Atari.

Kei war sich nicht ganz sicher, ob er damit das schlechte Essen oder die Gesellschaft meinte. In einer hinteren Ecke der Kneipe saß eine Gruppe von vier- fünf Männern, die offenbar stark alkoholisiert Karten spielte. Und ein oder zwei von ihnen betrogen anscheinend. Immer wieder hörte man wüste Beschimpfungen von dort hinten. Weder die Kellnerin, noch der dicke Wirt selbst, konnten die Raufbolde längerfristig beruhigen.

Eine direkte Gefahr für Atari und Kei ging aber wohl nicht von der Gruppe aus. Immerhin befanden sie sich fast am anderen Ende des Raumes. Was Kei mehr Sorgen machte, war der Mann mit dem schwarzen Mantel, der die ganze Zeit stumm und reglos vier Tische von ihnen entfernt saß und mit seinen giftgrünen Augen jeden musterte, der den Raum betrat. Frage die Kellnerin ihn, ob er noch einen Wunsch hätte, bedeutete er ihr nur mit einer kleinen Geste, sie möge sich entfernen. Er machte sich nicht einmal die Mühe, sich zu der Frau umzudrehen.

Und Kei saß nun dummerweise genau so, dass ihn der Blick des Mannes genau traf. Nur hin und wieder sah er seine Augen im Kerzenschein aufleuchten, da der Mann im Dunkeln saß und sein Gesicht völlig im Schatten seiner Kapuze verschwand.

Kei schluckte trocken und nickte. „Da hast du wohl recht. Aber wo sollen wir stattdessen hin? Uns lässt ja keiner rein, dank Robin.“

„Ihre Bestellung?“ lächelte die Kellnerin mit gezücktem Kugelschreiber.

„Ähm…“ überlegte Kei noch, während er schon zu sprechen begonnen hatte. Erst jetzt fiel ihm auf, dass er keinen einzigen Blick in die Speisekarte geworfen hatte.

„Zwei Wasser und den Brotzeitteller.“ Nahm ihm Atari das Bestellen ab. Die Kellnerin notierte alles, sammelte die Speisekarten ein und verschwand.

„Wasser…?“

„Ja. Aus einem einfachen Grund. Bei Wasser kann man am wenigsten falsch machen.“

Aber offensichtlich noch viel genug. Das mussten Kei und Atari leider feststellen, als die Kellnerin die Gläser vor ihnen abstellte. Spannend war nur die Frage, ob die ganzen suspekten Schwebeteilchen sich schon vorher im Wasser befunden hatten, oder ob einfach die Gläser so schlecht gespült waren. Das wiederum hätte den schmierigen Film auf der Außenseite der Gläser erklärt.

„Zwanzig Euro, wenn du das da trinkst.“ War alles, was Atari noch herausbrachte.

„Fünfzig, wenn du das da isst.“ Ergänzte Kei, als die Kellnerin den Brotzeitteller auf den Tisch setzte. Das Brot stammte vermutlich aus dem letzten Jahrhundert. Eine weiße, krümelige Schicht lag darauf, die allerdings bombenfest mit dem Brot darunter verbunden war, wie der erste Puste-Test vermuten ließ. Das Brot selbst war so hart, dass sich jede Kante so weit sie nur konnte vom Teller erhob. Den Rekord hielt die linke Ecke der zweiten Brotscheibe mit fast fünf Zentimetern. Eine beachtliche Leistung, wenn man bedachte, dass das Brot selbst kaum so groß war. Was auch immer sich am Rand des Tellers befand, war weder eindeutig als Wurst, noch als Käse zu identifizieren. In der Mitte war es wohl gelblich, vielleicht pfirsichfarben. Aber nach außen wurden die Scheiben immer dunkler, bis sie in einer dunkelbraunen Schale endeten. Das Essen war sogar zu widerlich, um es an Robin zu verfüttern.

„So eine Schweinerei!“ tönte es aus der hinteren Ecke. „Es gibt doch gar keine fünf Könige in dem Spiel!“ Einer der Spieler war aufgesprungen und hatte einen anderen über dessen Stuhl gegen den dahinter stehenden Tisch geschubst. Der war mit lautem Krachen umgestürzt. Sichtlich benommen stand der Mann wieder auf und lallte zurück „Fünf Damen gibt´s aber auch nicht!“ Und schon sah sich der andere wiederum gezwungen, sich gegen die Beschuldigung als Schummler zu wehren, mit Fäusten. Innerhalb von wenigen Augenblicken mischten sich auch noch die anderen beiden Spieler ein und eine Schlägerei vom Feinsten begann.

Kellnerin und Wirt eilten herbei, um die Streithähne zu trennen. Nachdem der Wirt jedoch im letzten Moment einem Bierkrug ausweichen konnte, der ihn sonst vermutlich am Kopf getroffen hatte, zogen sie sich doch vorsichtig zurück. Der Wirt griff nach seinem Telefon, die Kellnerin brachte einige Meter Sicherheitsabstand zwischen sich und die raufende Gesellschaft.

Jetzt war Kei dankbar, dass er sich Robins Leine so fest um den Arm gewickelt hatte. Als der Streit begonnen hatte, war Robin aufgewacht. Die lauten Schreie und die Geräusche der umstürzenden Tische und Bänke hatten ihn offenbar erschreckt und verängstigt. Mit gesträubtem Fell und knurrend hatte er sich so weit unter die Bank verzogen wie es die Leine erlaubte. Als Kei ihn herausziehen wollte, fing er sich wieder einen Hieb ein. Einen weiteren, als er Robin auf den Arm nahm. Zum Glück aber nur kleine Kratzer. Inzwischen hatte Kei gelernt, wie er tiefe Wunden vermeiden konnte.

„Fräulein! Wir zahlen bitte!“ Atari legte ein paar Münzen auf den Tisch, packte Keis Arm und zog ihn nach draußen.

„Die hat sich aber ordentlich geschnitten, wenn sie glaubt, dass sie auch nur einen Cent Trinkgeld kriegt.“ Lachte er.

Kei setzte Robin wieder auf den Boden. Der Fuchs beruhigte sich langsam wieder, kaum dass die Kneipe außer Hörweite war.

„Und wohin jetzt?“

„Tja… Wie sagt man so schön… zu dir oder zu mir? – Zu mir. In euren Zoo will ich nicht.“

„Sicher? Robin hat was gegen Einrichtungsgegenstände. Frag nicht wie unsere Vorhänge inzwischen aussehen… oder mein Bett.“

„Passt schon. Mein Zimmer hat deine Besuche seit der Grundschule überlebt, dann überlebt es dein Schoßtier auch noch.“ Lachte Atari.

„Hey! Ich hab nie deine Sachen zerbissen.“

So schlugen Kei und Atari den Weg in Richtung Ataris zu Hause ein. Robin folgte ihnen brav an der Leine. Kei staunte, wie brav. Ihm machte allerdings Robins Unberechenbarkeit mehr denn je Sorgen. Im einen Moment konnte er den Fuchs kaum anfassen, ohne dass der versuchen würde, ihm den Arm abzureissen. Und im nächsten Moment schlief er lammfromm auf seinem Schoss ein. Yuki hatte schon recht, er sollte wirklich versuchen, sich besser mit seinem Carn zu arrangieren. Sonst hatte er keine Aussicht darauf, eines Tages ein Zalei zu werden. Oder wie sollte er jemals Robin seinen Köper anvertrauen?
 

Inzwischen war es fast halb neun geworden. Kei und Atari bogen gerade in die Straße ein, in der Ataris Familie wohnte. Sie unterhielten sich über dies und das, alte Zeiten, neue Pläne und lachten ausgelassen.

Dabei nahmen sie gar nicht das kleine Tier wahr, das einige Meter über ihren Köpfen flog und sich schneeweiß vom Abendhimmel abhob, den die Dämmerung langsam verfinsterte. Yuki war zu seinem Auftrag aufgebrochen.
 

Oben in Ataris Zimmer angekommen blickte sich Robin erst unsicher um. Er drehte eine große Runde, beschnüffelte alles und fand schließlich in Ataris altem Rucksack ein vertrautes Objekt, in das er seine Krallen versenken konnte. Keis Versuche, ihn zurückzuhalten, waren vergeblich. Atari beobachtete Keis Scheitern, lachte ihn aus und gab den Rucksack schließlich zum Abschuss frei. Zum Studienbeginn wollte er sich sowieso einen neuen leisten.

Noch viel spannender als der Rucksack waren allerdings die Kabel von den Controllern, die Atari herauszog, als den Jungs keine bessere Beschäftigung mehr einfiel als Videospiele. Hier wurde Robin allerdings rigoros wieder an seinen Rucksack verwiesen.

„Mann, dein Tier ist vielleicht anstrengend. Ihr müsst echt irgendwie verwandt sein.“

„Wieso denn? Ich bin doch nicht anstrengend.“

„Doch, bist du.“ Grinste Atari wissend „Immer mit dem Kopf durch die Wand. Du tust immer irgendwas ohne vorher nachzudenken, was du damit überhaupt anrichtest.“

„Früher vielleicht mal. Aber ich bin doch auch schon viel erwachsener geworden.“ Überlegte Kei und räumte ein, wohl ein- oder zweimal früher, im Kindesalter ganz schönen Unsinn angestellt zu haben…

„Ach ja? Und was ist mit diesem ganzen Zalei-Dingsbums? Ich wette, du hast dich überhaupt nicht über die Tragweite von der Sache informiert.“

„Natürlich. Lan hat mir sogar ein Buch gegeben.“ Kei verschwieg besser, dass er das Buch erst bekommen hatte, als er schon seit über einem Monat Zalei gewesen war.

„Glaub ich dir nicht. Und was ist mit Robin? Was weißt du alles über Füchse?“

„Äh…“

„Also, eigentlich wäre es doch logisch gewesen, dich als erstes über deinen Carn zu informieren, oder?“

Schweigen.

„Bist du jetzt schon auf Leben und Tod mit ihm verbunden oder kannst du noch zurück?“

Atari war ganz ernst geworden. Das freche Grinsen war von seinem Gesicht verschwunden. Irgendwie hatte Kei ein schlechtes Gewissen. Atari hatte vielleicht recht. Er hatte vielleicht tatsächlich viel zu voreilig zugesagt, Yukis Schüler zu werden. Eigentlich wusste er wirklich sehr wenig über Zalei, Carn und vor allem über Robin. Nachdenklich senkte er den Blick auf den Boden.

„Ein richtiger Zalei bin ich noch nicht. Aber ob ich noch aussteigen kann, weiß ich nicht…“

Schweigen. Nur das Piepsen des Videospiels störte die absolute Stille.

„Weißt du, was für eine Lebenserwartung Füchse haben?“

Kei war wie elektrisiert. Als hätte ihn ein Blitz getroffen. Er fühlte ein komisches Gefühl in der Magengegend, fast als hätte ihm jemand einen Faustschlag verpasst. Atari hatte mit dieser Frage genau ins Schwarze getroffen.

Kei hatte keine Ahnung. Er hatte nie darüber nachgedacht. Aber in diesem Moment wurde ihm schlagartig bewusst, dass das eigentlich eine zentrale Frage war, die er sich unbedingt hätte stellen sollen, bevor er Zalei geworden war.

Er konnte nicht antworten, ebenso wie er den Blick nicht vom Boden vor sich abwenden konnte.

„Ein Rotfuchs wird durchschnittlich 15 Jahre alt, wenn es ihm sehr, sehr gut geht, vielleicht auch mal 20. Ohne dir zu nahe treten zu wollen… Du bist inzwischen 18, Kei... Selbst wenn wir davon ausgehen, dass Carn eine etwas höhere Lebenserwartung haben, als gewöhnliche Tiere, ist Robin ein sehr alter Fuchs.“

„Ich weiß…“ hauchte Kei kaum hörbar. Ob ihm aber tatsächlich bewusst war, was Atari eben gesagt hatte, wusste er ebenso wenig wie sein Freund.

Sehr wohl bewusst war Atari allerdings, dass er Kei mit diesem ernsten Thema ganz schön erschreckt hatte. Selbstverständlich hatte Kei noch nicht darüber nachgedacht, aber hatte er das etwa erwartet?

Freundschaftlich umgriff er Keis Schulter.

„Hey… Ich wollte dir keine Angst machen oder so…“

„Weiß ich doch. Irgendwie hat sich seit der Grundschule überhaupt nichts verändert. Du musst immer noch alles geradebiegen, wenn ich Mist baue.“ Kei versuchte zu lächeln.

„Sieht ganz so aus, was? Ich kann nur wiederholen was ich neulich im Park zu dir gesagt hab. Wenn du mal Hilfe brauchst, bin ich immer für dich da.“

Mehr als ein völlig sprachloses „Danke…“ brachte Kei nicht mehr hervor. Er war wirklich gerührt.

Vor ein paar Tagen noch hatte er ernsthaft geglaubt, seinen Freund Atari für immer verloren zu haben. Und jetzt sah es ganz so aus, als wäre Atari sein bester, und vielleicht einziger, Freund auf der ganzen weiten Welt. Der einzige, der mit ihm durch Dick und Dünn gehen würde und der einzige, der immer zu ihm hielt, egal was er wieder anrichtete.

Im Moment fühlte sich Kei wirklich, als hätte er einen riesigen Fehler gemacht. Als hätte er niemals Zalei werden sollen und als hätte er mit seiner Zusage schon sein Todesurteil unterzeichnet… oder zumindest, als hätte er schon den Stift angesetzt, es zu unterzeichnen.

Aber Atari war bei ihm.

Beinahe hätte glatt eine einsame Träne ihren Weg aus Keis Augenwinkel über seine Wange gefunden. Aber nur eine. Und nur beinahe.
 

„Ist Kei immer noch nicht da?“ Kiku versuchte, so gleichgültig wie möglich zu klingen, als sie sich ganz beiläufig, im Vorbeigehen nach ihm erkundigte. Aber irgendwie durchschaute Ryu sie wie immer und musste ein Lächeln unterdrücken.

„Er ist ein großer Junge und es ist ja erst elf. Wird schon nichts sein.“

„Aber er ist doch zum ersten Mal so lange ganz ohne Aufpasser mit Robin weg… Und außerdem ist es schon halb eins, nicht elf.“ Ganz nebenbei betonte sie diesen Nebensatz noch.

„Wenn was wäre, hätte er doch angerufen.“

„Nicht, wenn er nicht mehr wählen – oder sprechen - kann. Er hätte ja auch mal bescheid sagen können, wenn alles in Ordnung ist, oder?“

Ryu senkte sein Buch und wandte sich Kiku vollends zu. Ihre blauen Augen wanderten unruhig hin und her, schienen den direkten Blickkontakt mit Ryu zu meiden. Fast als müssten sie diesem sonst sofort jedes Geheimnis preisgeben. Ryu bemerkte, wie Kikus Finger hinter ihrem Rücken nervös mit dem Stoff ihres T-Shirts spielten.

„Du kannst ihn ja anrufen und ihn fragen.“

„Wieso? Auf keinen Fall. Am Ende meint er noch, ich würde ihm nachtelefonieren…“

„Dann… Ruf ihn an und frag ihn, ob er auswärts isst oder wir ihm was aufheben sollen.“

„Das ist super! Du bist genial. Danke, Ryu!“

Kiku hopste erleichtert ins Esszimmer, wo sie ihr Handy liegen lassen hatte. Und Ryu nahm mit einem Lächeln sein Buch wieder auf.

Irgendwie war ihm im Moment nicht ganz klar, wie die Rollen in diesem Haus verteilt waren. Eigentlich war er davon ausgegangen, dass Kiku und er ein Paar waren. Na ja, er hatte es zumindest aufgegeben, sie vom Gegenteil überzeugen zu wollen. Er war nur nicht so sicher, ob er sich über Kikus offensichtliches Interesse an Kei freuen oder ob es ihm Sorgen machen sollte.
 

Piep- piep- piiiiiiiiiiiiep.

„Hallo?“ nahm Kei mit fragendem Ton ab. Eine unbekannte Nummer.

„Hi!“ er konnte Kiku förmlich ins Handy grinsen sehen.

„Kiku? Du rufst mich an?“

„Na, du rührst dich ja nicht. Weißt du wie spät es ist? Alles ok bei dir?“

„Ja, alles klar. Ich bin noch bei Atari. Soll ich nach Hause kommen?“

„Nein, schon ok. Ich wollte dich nur fragen, ob wir dir was zum Essen aufheben sollen.“

„Wir haben schon was gegessen. Danke… Ist Yuki noch unterwegs?“

„Ryu meint, er müsste jeden Augenblick nach Hause kommen.“

„Ok, dann bis später… Oder bis morgen, falls du schon schlafen solltest, wenn ich komm.“ Lachte Kei.

„Ja ja… Schönen Abend noch.“ Gab Kiku schmollend zurück.

Tuuuut- tuuuut.
 

Atari hatte dem Gespräch mit einem vielwissenden Grinsen gelauscht. Das bemerkte Kei allerdings erst, nachdem er aufgelegt hatte und seinen Controller wieder aufnehmen wollte.

„Was denn?“

„War das deine Freundin, Keiji?“

„Meine WAS?! Das ist wohl das schlimmste, was ich je in Bezug auf Kiku gehört hab…“

Ganz unwillkürlich traten aber doch die Bilder wieder in Keis Gedächtnis von ihrem niedlichen Lächeln auf dem Foto. Eine sanfte Röte legte sich auf seine Wangen.

„Spielen wir weiter!“
 

Doch gerade als Atari das Spiel fortsetzen wollte, öffnete sich die Tür gerade weit genug, um einen Kinderkopf hindurchzustrecken. Shimari lugte durch den Spalt.

„Oh, sorry. Haben wir dich geweckt?“

Sie öffnete die Tür weiter und trat ins Zimmer. Sie hatte noch Jeans und T-Shirt an. Aber ihre schweren Augenlider und die zerzausten Haare verrieten, dass sie wohl schon eingenickt war. Trotzdem schüttelte sie den Kopf.

„Ich bin beim Lesen eingeschlafen. Macht nichts. Ich hab sowieso noch nicht Zähne geputzt.“ Lächelte sie verschlafen.

„Na dann, Abmarsch ins Bad und dann ins Bett. Morgen ist wieder Schule.“

„Kei! Schön, dass du mal wieder da bist!“ Shimari ignorierte ihren großen Bruder gekonnt, trat auf Kei zu und umarmte ihn.

„Hallo, Shimari.“ Lachte er und drückte sie einmal kurz an sich.

Über Keis Schulter entdeckte Shimari auch Robin, der sich knurrend in Ataris Rucksack verbissen hatte. Einen kurzen Moment hatte er aufgehört und den Neuankömmling ganz genau beobachtet. Dann war ihm der Rucksack aber doch wieder spannender vorgekommen. Offenbar hatte sich der Geruch von Pausenbroten tief in den Stoff eingenistet.

„Ist das dein Carn? Ist der hübsch!“

„Ja. Halt aber lieber Abstand. Noch interessanter als Rucksäcke findet er nämlich menschliche Gliedmaßen.“

„Kannst du mir einen Gefallen tun, Kei?“

„Wenn ich kann. Was denn?“

„Kannst du einen Fragebogen ausfüllen? Für K.R.O.S.S.? Wir brauchen ein paar Infos über Zalei… Wirklich nur ein Fragebogen, nur zwei Seiten?“

Kei zögerte kurz. Ryu hatte ihm gesagt, K.R.O.S.S. würde illegale Experimente machen und er solle sich auf jeden Fall von der Organisation fernhalten.

Aber wie viel Gefahr konnte schon von einem Fragebogen ausgehen? Sollten Kei die Fragen unangenehm werden, würde er sie eben einfach nicht beantworten. Und außerdem konnte er nicht Nein sagen, wenn er in diese großen, verschlafenen Mädchenaugen blickte.

Einen Augenblick und Shimari kehrte mit dem Fragebogen zurück.

„Ok, ich füll ihn dir aus und schieb ihn unter deiner Tür durch. Geh ruhig schon schlafen.“

„Danke. Gute Nacht.“ Shimari schlurfte müde lächelnd davon und schloss die Tür hinter sich.

„Den Quatsch musst du wirklich nicht ausfüllen. Ich kann auch morgen irgendeinen Blödsinn reinschreiben.“ Bot Atari hilfsbereit an.

„Schon ok, versprochen ist versprochen. Und es sind ja wirklich nur zwei Seiten.“ Kei stand auf, ging zu Ataris Schreibtisch und nahm sich einen Kugelschreiber, bevor er sich wieder neben seinen Freund setzte. „Hast du eigentlich inzwischen rausgefunden, was K.R.O.S.S. bedeutet?“

„Nö. Vielleicht ja ‚Katastrophal reformbedürftige Organisation seltsamer Schurken‘.“

„Ich hoffe sehr, dass du damit nicht deine kleine Schwester meinst…“

Der Fragebogen begann auf Seite eins mit ganz „normalen“ Fragen nach Lebenssituation, Bildungs- und familiären Hintergrund des Befragten. Es dauerte aber nicht lange, bis ein Multible-Choice-Teil folgte mit den Auswahlmöglichkeiten ‚Trifft voll zu‘, ‚trifft manchmal zu‘, ‚keine Meinung‘, ‚trifft eher nicht zu‘ und ‚trifft niemals zu‘. Hier sollte der Befragte so gravierend wichtige Aussagen bewerten wie beispielsweise ‚Hatten Sie in der Zeit von 1495 bis 1870 Ihren Hauptwohnsitz in West- oder Zentraleuropa?‘, ‚Haben Sie mehr als einmal pro Monat Kontakt zu extraterrestrischen Lebensformen?‘ oder ‚Haben Sie bei (auch von Wolken verdecktem) Vollmond das Bedürfnis, den Mond anzuheulen?‘.

Mit einem Dauergrinsen und den Kopf schüttelnd machte Kei durchweg seine Kreuzchen bei ‚trifft niemals zu‘. Nur die Frage ‚Befanden Sie sich innerhalb der letzten 6 Monate mehr als einmal in einem Körper, der nicht ihr eigener war?‘ beantwortete er wahrheitsgemäß mit ‚trifft voll zu‘.

„So ein Unsinn! Vor K.R.O.S.S. sollte man nicht wegen ihrer Experimente warnen, sondern wegen der Blödheit ihrer Fragen. Ich hoffe sehr, dass Shimari-chan das nicht ernst nimmt.“ Mit diesen Worten legte Kei den Fragebogen beiseite.

„Vielleicht heißen sie ja auch ‚Komplett ratlose ober-schwachsinnige Spinner‘. Dann wäre mit dem Namen auch gleich die Warnung ausgesprochen.“
 

Es war schon fast vier, als Kei sich von Atari verabschiedete. Robin war inzwischen so müde geworden, dass er sich den halben Weg ganz ruhig auf Keis Arm tragen ließ. Erst als ihm die Gegend wieder vertraut vorkam, bestand er darauf, selbst laufen zu dürfen und verlieh seiner Forderung mit seinen Krallen den nötigen Nachdruck. Die letzten paar Meter bis ins Haus musste Kei seinen Carn dann allerdings wieder regelrecht hinter sich her schleifen. Robin hatte im Vorgarten offenbar eine Maus entdeckt und spontan beschlossen, sich einen kleinen Mitternachtssnack zu gönnen. Er riss und zerrte an der Leine und musste am Ende doch einsehen, dass Kei stärker war.

Kei hatte gerade den Hausschlüssel aus seiner Jackentasche gefischt, da öffnete Ryu ihm die Tür.

„Guten Abend.“ Ryu trat zur Seite und gab so den Weg in den Hausgang frei.

„Du bist noch wach?“ Kei schloss die Tür hinter sich und befreite Robin von seinem Geschirr.

„Dein Lehrer hat mich gebeten, dich in Empfang zu nehmen. Alles ok? Oder gab´s irgendwelche Zwischenfälle?“

„Alles bestens. Ist Yuki inzwischen wieder da?“

Yuki war erst vor etwa 20 Minuten nach Hause gekommen. Nach Ryus Auskunft hatte sich sein nächtlicher Ausflug anscheinend etwas komplizierter gestaltet als zunächst vermutet. Yuki sollte ziemlich müde ausgesehen haben und sei wohl gleich ins Bett gefallen.

Kei wollte ihn wirklich nicht um seinen Schlaf bringen, aber dennoch schlich er zu Yukis Zimmer hinüber, nachdem er Robin in seinem eigenen eingesperrt hatte. Unter den Aufträgen vom Rat konnte er sich überhaupt nichts vorstellen und hatte keinerlei Ahnung, was Yuki für ihn erledigt haben könnte. Aber er erinnerte sich sehr gut daran, dass Yuki sich selbst große Sorgen um Ryu gemacht hatte, als der für den Rat unterwegs gewesen war.

Langsam drückte Kei die Tür auf, sodass die Lampe im Gang einen schmalen Trichter gedämpften Lichtes ins Zimmer warf. Er konnte Yukis Konturen im Halbdunkel auf dem Bett erkennen. Sein weißes Haar leuchtete im schwachen Licht förmlich auf und deutete wellenförmig seine Schultern und den Rücken an. Ebenso weiß leuchtete Minuit auf, die kopfüber an der Vorhangstange gegenüber der Tür schlief. Kei wollte die Tür schon wieder schließen und sich erst am nächsten Morgen nach Yukis Zustand erkundigen, doch da hörte er seinen Namen.

„Bist du´s, Kei?“ flüsterte Yuki verschlafen.

„Ja, ich bin wieder zu Hause… Schlaf weiter. Gute Nacht.“ Der zweite Versuch, die Tür zu schließen.

„Komm ruhig rein. Ich bin noch wach.“

Yuki drückte sich mit beiden Armen vom Bett hoch, drehte sich umständlich und wie in Zeitlupe um, bevor er sich eher unbequem auf die Matratze setzte. Mit dem linken Handrücken wischte er sich einige Strähnen aus dem Gesicht, die wirr über seine Schultern fielen. Er trug noch dieselben Klamotten wie am Nachmittag, als Kei sich von ihm verabschiedet hatte. Spätestens jetzt dämmerte Kei, dass irgendetwas nicht in Ordnung war. Der dritte Versuch, die Tür zu schließen, wurde verschoben.

Er trat ein und kam an Yukis Bett. Auf den ersten – noch nicht ans Dunkel gewöhnten - Blick schien Yuki ganz in Ordnung, verschlafen, aber unverletzt. Er lächelte müde.

„Wie war´s bei Atari?“

„Schön… Und was ist mit dir? Du… siehst total scheiße aus, sorry.“

Yuki versuchte zu lachen. „Kann ich mir vorstellen. Unser Plan hat nicht ganz funktioniert. Aber es ist alles gut ausgegangen. Nichts, worüber du dir Sorgen machen müsstest.“

Zuerst wollte Kei ihm glauben. Aber dann gewöhnten sich seine Augen doch zunehmend an die Dunkelheit im Raum und die Konturen vor ihnen wurden schärfer. Es dauerte vielleicht ein paar Minuten, dann fiel Kei das schlitzförmige Loch in Yukis Jeans auf, knapp über dem rechten Knie. Ein paar weitere Minuten und er bemerkte den dunklen Rand darum, der offenbar einen rötlichen Abdruck auf der Bettdecke hinterlassen, bevor Yuki sich umgedreht hatte.

„Du blutest ja!“ erschrak Kei.

Zuerst wollte Yuki sein Bein unauffällig aus Keis Sichtfeld ziehen. Offenbar ging das aber wegen der Schmerzen nicht. Also versuchte er, Kei zu erklären, dass es nur ein ganz kleiner Kratzer sei und er zu müde gewesen sei, ihn noch zu versorgen. Das hätte er sich für morgen vorgenommen. Trotzdem verließ Kei das Zimmer, um Verbandszeug zu holen, nachdem er Yuki angeschafft hatte, sich inzwischen umzuziehen.

Nach einem kurzen Augenblick kehrte er mit einem Sammelsurium an Salben und Pflastern zurück. Yuki hatte sich weisungsgemäß aus der Jeans befreit und seinen Schlafanzug angezogen.

„Du brauchst das nicht machen. Ich kann das auch selbst…“

„Von wegen! Du kannst ja nicht mal aufrecht sitzen…“ grummelte Kei vor sich hin, als er einen Wattebausch mit der Desinfektions-Lösung tränkte. Die Wunde war wirklich nicht besonders tief. Aber offenbar war Yuki schon seit Stunden damit herumgelaufen, sodass sie inzwischen recht wüst aussah.

„Bei Gelegenheit wirst du mir mal verraten müssen, was der Rat euch da für Aufträge machen lässt. Das sieht ja gemeingefährlich aus.“

„Bei Gelegenheit.“ Nickte Yuki. „Aber jetzt noch nicht.“

Schweigen. Sehr gewissenhaft säuberte Kei Yukis Wunde, klebte ein Klammerpflaster darüber, tupfte eine Salbe darauf und verschloss sie mit einem dicken Verband. Genauso wie Yuki in den letzten Wochen und Monaten immer wieder die Wunden versorgt hatte, die Kei aus seinen Raufereien mit Robin davongetragen hatte.

„Ist irgendwas? So still kenn ich dich gar nicht.“ Beendete Yuki schließlich das Schweigen.

„… Ich bin eben auch müde.“

„Du bist sonst aber auch nicht still, wenn du müde bist.“

„Wenn… Hmh… Ist es schon zu spät, oder kann ich noch zurück?“ flüsterte Kei, ohne den Blick von dem Verband abzuwenden, den er gerade um Yukis Bein wickelte. Jetzt war er dankbar für die Dunkelheit, denn er fühlte wie seine Wangen anfingen zu glühen.

„Du meinst, ob du deine Ausbildung abbrechen kannst?“ Yuki gab sich überhaupt keine Mühe, seine Überraschung, und auch seine Enttäuschung, zu verbergen. Kei nickte stumm.

„Es ist nicht zu spät. Du kannst bis zur Prüfung jederzeit zum Rat gehen und kündigen. Die Entscheidung liegt ganz allein bei dir.“

Kei spürte förmlich Yukis Blick, der auf ihm ruhte und versuchte, in seinem Gesicht zu lesen, woher dieser plötzliche Sinneswandel kommen konnte. Er vermied es aufzusehen, aus Angst, schon wieder so durchschaut zu werden wie vorhin von Atari. Auch als er den Verband mit einem letzten Klebestreifen festgeklebt hatte und er aufstand, wandte sich sein Blick nicht vom Boden ab.

„Hat Atari-kun etwa irgendwas gesagt?“

‚Mist. Doch ertappt.‘ zuckte Kei zusammen und zeigte Yuki nun doch, dass er recht hatte.

„Was hat er denn gesagt?“

„Egal… Darüber können wir auch morgen reden. Es ist schon fast fünf…“

„Nein, jetzt bin ich schon wach. Und wenn du mir sagst, dass du aufhören willst,“, Yuki sprach den mittleren Teil ganz leise, “dann kann ich sowieso nicht mehr schlafen.“

Kei atmete laut aus und setzte sich auf die Kante von Yukis Bett, immer noch bestrebt, ihn nicht direkt anzusehen.

„Er… hat gesagt, dass nicht genug nachgedacht habe.“

„Das hab ich dir doch auch schon x-mal gesagt.“

„Und er hat gesagt, dass Füchse höchstens 20 Jahre alt werden können.“ Mehr musste Kei gar nicht mehr sagen, damit Yuki erkannte, woher der Wind wehte.

„Ok, verstehe…“ Yuki winkelte das linke Bein an, um ein Stückchen näher an Kei rutschen zu können. Nah genug, um mit einer Hand beruhigend über seine Schulter streichen zu können. Kei wehrte sich nicht, zeigte aber auch keine andere Reaktion.

„Carn sind nicht wie normale Tiere, genauso wie Zalei nicht wie ganz normale Menschen sind. Es stimmt, dass ein Zalei wohl keine 120 Jahre alt wird, aber er fällt auch nicht mit 20 tot um.“

Noch immer saß Kei völlig reglos da und versuchte, ein Loch in den Teppich vor sich zu starren.

„Ein Beispiel… Der Carn meines Lehrers ist ein Leopard. Leoparden werden allerhöchstens, wenn sie ganz behütet gehalten werden, 25 Jahre alt. Weißt du wie alt mein Lehrer jetzt ist?“

Kei schüttelte den Kopf.

„Er ist dieses Jahr 46 Jahre alt geworden. Mein Lehrer ist mein Vater.“ Nun drehte sich Kei doch um und sah in Yukis lächelndes Gesicht. Ein bisschen erleichterte ihn schon, das zu hören. Aber wirklich beruhigen konnte es ihn nicht.

„Pierre hat Robin nicht umsonst auf Herz und Nieren durchgecheckt. Weder er, noch ich oder der Rat, hätten dich Zalei werden lassen, wenn irgendwas nicht in Ordnung gewesen wäre.“

Yukis Hand fuhr von Keis linker Schulter über seinen Rücken zur rechten Schulter und legte sich um sie. Mit einem sanften Ruck zog Yuki seinen Schüler an sich.

Kei wehrte sich diesmal nicht, sei es aus Müdigkeit, aus Verzweiflung oder aus Erleichterung. Sein Kopf lag auf Yukis Schulter. Er fühlte seinen Atem warm an seiner Schläfe. Aber er blieb einfach liegen. Vielleicht auch, weil Yuki die Träne in seinem Augenwinkel bemerkt hätte, wenn er den Kopf gehoben hätte.

„Ob du aufhörst oder nicht, ist ganz allein deine Entscheidung… Aber ich werde sehr traurig sein, wenn du es tust…“
 

~~~
 

Puh!

Ich weiß, ich hab versprochen, Euch nicht mehr so lange warten zu lassen. Es tut mir wirklich leid. *sich in den Dreck werf*

Dafür ist dieses Kapitel extra-lang geworden… Und ich darf behaupten, dass wir uns ganz, ganz langsam dem Höhepunkt der Geschichte nähern… ^^°
 

Ich hab mir was überlegt. Das mit den Benachrichtigungs-ENS überzeugt mich nicht so wirklich.

Deswegen werde ich in Zukunft einfach ein Benachrichtigungs-Bild im alten Doujinshi hochladen, sobald ein neues Kapitel hochgeladen ist. Wer dafür ist, Hände hoch! - Alle? Sehr schön… XD



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Kommentare zu diesem Kapitel (12)
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Von:  Sakura_Kuromi
2013-12-23T00:47:57+00:00 23.12.2013 01:47
Sooo... Seit heute (GESTERN) Mittag habe ich erst die Doujinshi zum zweiten mal gelesen und bin jetzt endlich dazu gekommen mich der Fanfiction zu wenden...

Ich weiß grade nicht ob sich die einzelne Träne über mein Gesicht gestolen hat, weil die Szene so niedlich war, oder weil ich einfach nur absolut müde bin xD

Eigentlich muss ich in 5 Stunden wieder aufstehen, aber ich sehe es kommen, dass ich gar nicht schlafe... Ich muss einfach wissen wie es weiter geht ^w^
Von: abgemeldet
2007-07-17T20:55:58+00:00 17.07.2007 22:55
es geht weiteeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeer.... und bitte schnell noch weiter, ich habe vor etwa einer stunde deinen doji entdeckz und habe seitdem nichts anderes mehr machen können als die geschichte zu verfolgen...
Von: abgemeldet
2007-07-02T16:35:03+00:00 02.07.2007 18:35
jeahhhhhhhhhhh endlichhhhhhhhhhhhhhhhhhhhhh endlich gehts weiter ok ich bin n bissl spät aber besser als nie xD
Von:  DesertFlower
2007-06-29T18:02:05+00:00 29.06.2007 20:02
Jaaaaaa, endlich geht´s weiter!
*fähnchen schwenk*
YAY!
Und wieder mal der geniale Schreibstil! *schwärm*
Mir gefällt einfach die Art und Weise wie du die Dinge beschreibst.

Und so harre ich aus und warte auf das nächste Kapitel.
Von: abgemeldet
2007-06-19T20:33:16+00:00 19.06.2007 22:33
<3 verlieben sich jetzt alle in kai ?? XD naja glaub eher net ^^°
Aber ich mag die geschichte echt ist toll!!
so und atari mag ich zwar schon aber .. seine schwester net ~-~
ich mag robin XD weas wird aus kai und yuki ?? *freu * *gg*
Von:  LittleBlueSky
2007-06-15T16:18:16+00:00 15.06.2007 18:18
Wow!
Hätt ja nicht gedacht das ich mal nen Fanfic lesen würde,
aber der ist einsame spitze!

Das Kapitel ist einsame spitse!^^
(Die storry algemein ist der Hmmer!
Hast genau meinen geschmack erwicht!!)
Hoffe das das naächste Kapitel genauso gut wirt wie das,
aber besser noch das es besser ist!

Freu misch schon risig au´f´s nächte!!

Von:  Youna
2007-06-15T14:48:11+00:00 15.06.2007 16:48
Ö___________Ö
Kei muss man nicht verstehen..oder???
Das mit dem Fragebogen ist echt blöd....*kopf schüttel*

Hach...Yuki ist so niedlich *-*
wie er kei trostet Öö *grins*
Deine fanfic ist echt klasse^^

Von:  scorpion05
2007-06-14T07:01:52+00:00 14.06.2007 09:01
ehm ja. ich will ja gar nicht wissen was Yuki (oder schlimmer noch Ryu) dazu sagt wenn sie erfahren das Kei nen fragebogen ausgefüllt hat... hat der denn noch nie was davon gehört, dass wir mädchen unsre großen kulleraugen gern mal als gefährlichste waffe einsetzen?! *kopfschüttel*
ich weiß nicht was ich von atari halten soll... ob ich ihn mag oder nicht... irgendwie bin ich mir da nicht so sicher...
das mit kiku und kei is auch so ne sache. irgendwie wären sie ja ein echt herziges pärchen (seeeehr viel leidenschaft *grins*) - andererseits gäbe sie auch ein tolles paar mit Ryu (is der etwa eifersüchtig?) ab... na mal schaun was sich da entwickelt ^^
das mit dem pic in dem doji find ich übrigens ne tolle idee
Von:  SaWmECraZy
2007-06-13T13:17:07+00:00 13.06.2007 15:17
*meld*
KYAAA
so waiiii *.*
auch wenn ich kei/Yuki immernoch am liebsten mag *schmeeelz*
Von:  Yujianlong
2007-06-12T18:53:35+00:00 12.06.2007 20:53
*heul*
Wie blöd ist Kei eigentlich???????? ò.ó
Füllt doch tatsächlich einen Fragebogen von K.R.O.S.S aus. Und gerade vorher lässt er sich noch was von nicht überstürtzt handeln erzählne! Ich FASSE es nicht! So vertrottelt kann doch ein einzelner Zalei nicht sein... *scheikranpf kriegt*
Armer Yuki! Was hat er sich da bloss für einen Schüler geholt. Und was war das für ein Auftrag?! Musste er Kei etwa beschatten.. Ne, dabei wäre er nicht so schlimm verletzt worden.. Oder?? ó.ò
Egal.. Das Kapi war super! Das warten hat sich echt gelohnt! Mach SCHNELL weiter!! XPPPPPP Nicht böse gemeint!! ^__^


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