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Ageha no kage

~Schatten des Schmetterlings~
von

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evanescence

Nun...Dies ist das vorletzte Kapitel der eigentlichen Geschichte.

Es betrübt mich, dass sie nun bald zu ende sein wird.

Mau... Vielen Dank fürs Lesen... Und bitte seid mir nicht böse für das, was ich schreibe...
 

XIX. evanescence
 

Stimmen.

Shinya kämpfte gegen die Müdigkeit an, die ihn unbarmherzig gefangen hielt, und ihn daran hinderte, die Augen zu öffnen.

Asagi.

Sein erster und einziger Gedanke. Wo war er jetzt? War es noch Nacht? Und wo war er selbst?

Die fremden Stimmen waren für ihn noch immer nicht verständlich, da sie sich seltsam gedämpft anhörten, verzerrt und unwirklich.

Seine Hände verkrallten sich in den groben Laken auf denen er lag.

Er musste aufwachen.

Endlich gelang es ihm die Augen aufzuschlagen.

Er war zuhause.

Zumindest war dies der Ort, den er bis vor kurzem noch als sein Zuhause angesehen hatte.

Die Sonne warf ein unwirkliches goldenes Licht in die kleine Kammer.

Der Braunhaarige blinzelte.

Nur sehr langsam wurde ihm voll und ganz bewusst, was in der letzten Nacht geschehen war, und seine Hand umklammerte unwillkürlich den Anhänger, der um seinen Hals hing.

Dies war ein Sonnenuntergang.

Mindestens einen Tag hatte er verschlafen, wenn nicht sogar noch mehr.

Panik stieg in ihm auf.

Asagi hatte ihn verlassen und in die Obhut seines Bruders zurückgegeben.

Gegen die aufkeimende Verzweiflung und die Tränen ankämpfend schlug er die Decke zurück.

Vielleicht konnte er den Schwarzhaarigen noch finden. Er musste ihn finden.

Es war die aller letzte Möglichkeit diesem Albtraum, der ihn umfangen hielt und ihm den Atem nahm, doch noch zu entrinnen.

Heftiger Schwindel überfiel ihn, als er sich aufsetzte, und sein Versuch aufzustehen wurde dadurch gestraft, dass ihn unvermittelt Schwärze verschlang und er sich wenige Augenblicke später auf dem Holzboden wieder fand.

Die bis eben noch niedergedrückten Emotionen ließen sich nicht länger zügeln.

Ein Schluchzen kam über seine hübschen Lippen und Tränen hinterließen feuchte Spuren auf seiner blassen Haut, um in blinder Verzweiflung davon gewischt zu werden.

Innerlich sträubte sich Shinya mit jeder Faser seines Seins gegen die Wahrheit die nun in ihrer ganzen Grausamkeit vor ihm lag, unverändert und unabänderlich.

Asagi hatte ihn hier her gebracht, damit Kaoru und Dai auf ihn Acht gaben, und ihn daran hinderten, nach dem Vampir zu suchen, falls dieser nicht schon lange weit weg von hier war.

Sein Traum war zu ende, in tausend kleine Scherben zerbrochen, in denen sich das warme Licht des sterbenden Tages brach.

Das Ende war längst erreicht.

Schwach und zitternd schaffte er es, sich bis auf die Knie aufzusetzen.

Ihm blieb nicht einmal die Frage nach dem Warum, denn er kannte die Antwort. Eine einfache Antwort, nur ein einziger Grund.

Er selbst war ein Mensch, und Asagi war ein Vampir.

Diese Tatsache hatte ausgereicht um sie beide zum Untergang zu verdammen.

Die warmen Tränen versiegten.

Selbst sie waren nicht in der Lage seine Trauer auszudrücken.

„Shinya!“, gerade als er sich darum mühte auf seinen Füßen stehen zu bleiben, erklomm sein Bruder Dai die Treppe und stürzte sich auf ihn, um ihn an sich zu drücken, wie er es getan hatte, als sie beide noch Kinder gewesen waren.

Diese Zeit, die nun weit zurückzuliegen schien. Damals, als ihr Vater noch bei ihnen gewesen war.

„Du solltest nicht aufstehen, Shinya… Dir ist bestimmt noch ganz schwindelig… Überhaupt solltest du noch gar noch wach sein, und…“, er hielt in seinem Redeschwall inne und sah den Jüngeren betreten an.

Kaoru hatte ihm so viel über die beiden erzählt, dass ihm klar geworden war, dass sein kleiner Bruder nunmehr die schlimmste Verzweiflung seines Lebens empfinden musste.

Schuldbewusst drückte er den zierlichen Jungen fester an sich.

„Es tut mir Leid… Du bist gewiss unsagbar betrübt… Und doch weiß ich nicht, wie ich dir etwas von deinem Leiden nehmen könnte….“

Shinya schüttelte nur den Kopf. Sein Hals fühlte sich rau an, geradeso als ob er geschrieen hätte.

Sehr sanft dirigierte ihn Dai in das Bett zurück und ließ ihn darauf nieder sitzen.

„Habe ich mehr als diesen Tag verschlafen?“

Der blasse Junge stellte diese Frage ganz offen, ohne die unüberhörbare Absicht hinter ihr zu verbergen.

Egal wie klein die Wahrscheinlichkeit auch war, dass er seinen Meister finden würde, er hatte vor ihn zu suchen, wenn es nötig war auch die ganze Nacht lang, ungeachtet seines Zustandes.

„Nein… Du hast nur einen Tag lang geschlafen, auch wenn du eigentlich noch lange nicht wieder erwacht sein solltest….“, leise hatte sich Kaoru ihnen genähert, „Bitte mache es dir nicht zum Ziel Asagi zu suchen… Er hat beschlossen dich freizugeben, und er wird seine Meinung nicht ändern. Wenn er nicht von dir gefunden werden will, wirst du ihn auch nicht finden…“

Vollkommen ruhig sah er den braunhaarigen jungen Mann an. Dieser biss die Zähne aufeinander.

„Ich werde trotzdem nach ihm suchen, und ihr könnt mich nicht davon abhalten… „, er war entschlossen sich nicht von den beiden Älteren einengen zu lassen.

Wenn er nur einen Tag verschlafen hatte, bestand noch immer die Möglichkeit, dass Asagi noch hier in der Stadt war.

Shinya wand sich aus dem Griff seines Bruders und brachte es fertig, aufzustehen.

Seine Hand suchte nach dem Bettpfosten, auf den er sich stützte um nicht erneut das Gleichgewicht zu verlieren.

„Sei nicht töricht, Bruder… Über den Tag hinweg ist er bestimmt abgereist….“, ein Paar warmer Arme umfing ihn. Sein Bruder wusste nicht, was Asagi war, das war zu offensichtlich.

„Er wird noch hier sein…. Und ich werde ihn finden…“, ein schwacher Befeiungsversuch.

„Ich habe Asagi versprochen auf dich zu achten. Ich werde dich nicht gehen lassen, auch wenn ich dich dafür am Bett festbinden muss….“, Kaoru sprach weiterhin mit der kalten Effizienz die er auch Dai zu Anfang entgegen gebracht hatte.

Es schmerzte ihn zu sehen wie sich der Bruder seines Liebsten quälte, und doch würde eine Suche alles nur verschlimmern.

Der Junge war noch geschwächt durch das Betäubungsmittel, welches bis zum nächsten Morgen hatte anhalten sollen. Vielleicht würde er auf der Straße einfach zusammenbrechen.

Ein bedeutungsschwangerer Blick in die Augen des älteren Bruders, ein trauriges Nicken.

Der Jüngste konnte sich nicht dagegen wehren, als Dai ihn vorsichtig, aber sehr bestimmt in die Kissen zurückdrückte und ihn dort fixierte.

Der junge Arzt hatte sich über seine Tasche gebeugt und war anscheinend auf der Suche nach etwas.

Shinya gebärte sich gegen seinen Bruder auf. „Bitte lass mich gehen, Dai… Behaltet mich nicht hier zurück… Lasst es mich doch wenigstens versuchen… Ich flehe euch an…“, der Dunkelhaarige sah ihn nur traurig an, während Kaoru fand, was er gesucht hatte. Die metallene Spitze einer kleinen Glasspritze glänzte im letzten Widerschein der Sonne.

„Nein….“, ein heiserer Aufschrei. Shinya wand sich hin und her, verbissen darum bemüht erneut zu entkommen, doch weder sein eigener Bruder noch der junge Arzt ließen ihm eine Möglichkeit dazu.

Die Spritze wurde mit einer kristallklaren Flüssigkeit aufgezogen, die Luft in ihrer Spitze herausgedrückt.

„Lasst das! Das könnt ihr nicht machen… Ich flehe euch an… Bitte…. Bitte hört auf….“

Tränen rannen über seine Wangen.

Kein Flehen und Beschwören konnte Kaoru daran hindern seinen Arm zu sich heranzuziehen, und die Innenseite seiner Armbeuge freizulegen. Ganz deutlich zeichnete sich dort eine blaue Ader durch die helle, dünne Haut ab.

Der Junge wimmerte.

Nun gab es keine Hoffnung mehr.

Ein schmerzhafter Einstich gefolgt von einem ekeligen Druckgefühl.

Er schnappte nach Luft, und versuchte seinen Arm ruckartig wegzuziehen, doch Kaoru war keines Falls unerfahren und hielt ihn mit Gewalt fest.

Anders als das letzte Betäubungsmittel wirkte dieses schnell und ohne Barmherzigkeit.

Schon mit dem Herausziehen des Metalls aus seiner Haut spürte Shinya wie ihm die Sinne schwanden.

Der Tot schien ihm um so vieles begrüßenswerter, als das, was ihm nun durch seinen Bruder und Kaoru angetan wurde.

Wie sollte er ohne Asagi sein?

Beinahe war ihm, als könne er die weiche Stimme des Schwarzhaarigen vernehmen, die Berührungen seiner kalten Haut wieder spüren.

Nur eine Illusion. Ein Trugbild.

Ebenso unaufhaltsam wie sein Schlaf kam auch die Nacht.

Nur noch die Giebel der Häuser standen im rötlichen Glanz.

Die Lieder wurden ihm unendlich schwer, und jedes Kämpfen war vergebens.

Die Schwärze holte ihn erneut ein, eine freundliche Maske der Mildtätigkeit tragend, seine Schmerzen und Gedanken betäubend…

Dunkelheit.

Selbst als er die Augen aufschlug wich sie nicht.

War er tot?

Shinya richtete sich auf und ihm wurde klar, dass er unmöglich gestorben ein konnte. Dazu war der Schmerz in seinem Kopf zu unerträglich.

Fahrig tastete er nach dem Anhänger der um seinen Hals hing.

Man hatte ihn entkleidet und mit einem Nachtgewand angetan.

Während sich der Braunhaarige fragte, wie viel Zeit vergangen sein mochte, wurde er eines leisen Atmens gewahr, das aus der anderen Ecke des Raumes kam.

Als er genauer hinhörte, erkannte er, dass es zwei Personen sein mussten, die dort ruhig und gleichmäßig atmeten.

Kaoru und Dai hatten sich zu Bett begeben und Shinya sah nun seine einzige Chance gekommen um ihnen zu entrinnen.

Leise kroch er aus dem Bett, den Schwindel ignorierend und tastete nach dem Hocker, auf dem für gewöhnlich seine Kleider lagen.

Das Glück war ihm zu seinem Bedauern nicht halb so zugetan, wie er gehofft hatte.

Dort auf dem Stuhl lag nichts, weshalb er sich im Dunklen leise der Kleidertruhe näherte. Das alte Möbelstück war ihnen vererbt worden, und keiner wusste wie alt es schon war, doch dass es knarrte und quietschte war allgemein bekannt.

Quälend langsam wurde der Truhendeckel zurückgeklappt. Im Inneren ertastete Shinya eben jenes Kleid, dass er immer zum Arbeiten in der Schenke getragen hatte, und er nahm es an sich, da er wusste dass er keine Zeit hatte, um wählerisch zu sein. So lange er aus dem Haus kam, sollte es ihm egal sein, ob er nun Männer oder Frauengewänder trug.

Mit dem Kleidungsstück unter dem Arm schlich er sich in die Stube hinunter, wo er aus dem Nachtgewand schlüpfte, und sich das Kleid anzog.

Zu seiner Erleichterung blieb es überall im Hause still, selbst noch als er die Tür nach draußen öffnete.

Im Mondlicht fand er seine Schuhe, die er sich nur notdürftig schnürte.

Mit einem letzten Horchen in das Hausinnere zog er die Tür von Außen zu. Der Mond stand sehr hoch, und Wolken jagten über sein Antlitz.

Shinya verschwendete seine Zeit nicht weiter und rannte los.

Erst als er schwer atmend an eine Mauer gestützt in einer Gasse rastete, gestand er sich ein, dass er das Anwesen seines Meisters nicht so schnell wie vermutet finden würde.

Er hatte sich in der unbeständigen Dunkelheit verlaufen.

Und doch war er nicht bereit, aufzugeben.

Sein Weg führte ihn in jenen kleinen Park, in welchem er mit Kyo gesessen hatte.

Seine Schritte beschleunigten sich wieder, da er von diesem Ort aus seinen Weg wieder finden würde.

Ein Flattern ließ ihn heftig zusammen schrecken, doch er entspannte sich, als er entdeckte, dass es nur Nezu, der kleine Begleiter Kyos war, der ihn wohl auf der Jagt entdeckt hatte, und nun neben ihm herflatterte.

Auch wenn es ihm unerklärlich war, beruhigte ihn der Anblick des kleinen Geschöpfes, und vertrieb das Gefühl der Einsamkeit. Für einen Moment atmete er durch, dann rannte er weiter, immer gefolgt von der schnatternden Fledermaus.

….

Dai schreckte aus dem Schlaf auf.

In der kleinen Kammer war es absolut finster, ehe silbriges Mondlicht durch ein Loch in den Wolken fiel, und sie ein kleines bisschen erleuchtete. Nicht viel, und doch so sehr, dass ihm das Verschwinden seines Bruders auffiel.

„Kaoru!“, der junge Arzt wurde unsanft aus dem Schlaf gerissen, „Shinya ist weg! Er muss aufgewacht sein, und jetzt ist er fort….“

Augenblicklich saß der Angesprochene kerzengerade im Bett.

„Das darf nicht wahr sein…“, er schüttelte den Kopf.

Ohne weiter zu zögern entstieg er dem Bett und begann sich vollständig anzukleiden.

„Ich weiß wo wir nach ihm suchen müssen… Komm mit mir… Er kann nicht weit sein….“

Gehorsam leistete der Jüngere dieser Aufforderung folge und zog sich an.

Die Nacht war überraschend mild, jedoch auch dunkel und eigentümlich bedrohend.

Das Pferd des Arztes hatte sich neben der dicken, alten Eiche auf dem Boden niedergelassen und war allem Anschein nach in Schlaf versunken.

„Wo glaubst du, ist er nun?“, fragte Dai und besah sich den Sternenhimmel während Kaoru das Pferd vorbereitete.

„Asagis Anwesen. Er wird dorthin gegangen sein, um ihn dort zu suchen…“

….

Weder das Tor noch die große Eingangstür waren verschlossen gewesen.

Ängstlich trat Shinya in das Dunkel. Die kleine Fledermaus, die ihm noch bis eben ein Begleiter gewesen war, war zurückgeblieben, da sie sich sehr wohl an den Besitzer dieses Anwesens entsann, und für sich beschlossen hatte, dass eine weitere Begegnung mit ihm nicht von Nöten war.

Der schlanke Braunhaarige blieb in der Eingangshalle stehen. Es war ganz still.

Er wagte es nicht nach seinem Meister zu rufen, sondern schlich sich nur durch die verlassenen Gänge mit der Bibliothek zum Ziel.

Nur spärlich leuchtete ihm der Mond, Schatten tanzten verräterisch.

Die Streben der Fenster warfen lange Kreuze, bildeten ein bizarres Muster, und jagten ihm Schauer über den Rücken. Ohne ein weiteres Mal inne zu halten stieß er bis zu der Bibliothek seines Meisters vor.

Ganz vorsichtig öffnete er die Tür und spürte wie Verzweiflung ihn niederzuringen drohte. Innerlich hatte er immer noch gehofft, dass der den Schwarzhaarigen hier vorfinden würde, genau an dem Ort, an dem sie sich jeden Abend wieder gesehen hatten, und dass alles nur ein Albtraum gewesen war, doch der Raum war leer.

Der Boden schien sich unter den Füßen Shinyas in Bewegung zu setzten. Alles drehte sich.

Auf der Fensterbank fand er Zuflucht und kauerte sich dort zusammen.

Das leise raschen von Papier ließ ihn aufhorchen, und er entdecke einen Brief auf der Fensterbank, den er zuerst nicht bemerkt hatte.

Verwundert nahm er das Kuvert auf und las die Saubere Anschrift.

„An Shinya“, sein Herz pochte heftig. Dieser Brief konnte nur von Asagi stammen. Es konnte nicht anders sein.

Behutsam, gerade als könne er etwas zerstören, öffnete er den Umschlag aus glattem, edlem Papier.
 

„Dir, geliebter Shinya

Wenn du diese Zeilen liest, werde ich nicht mehr hier sein.

Mein Weg führt mich weit weg von dir, an einen Ort, den du nicht erreichen wirst.

So sehr es mich auch mit Trauer erfüllt und mir das erkaltete Herz bedrückt, wir werden uns nie wieder sehen.

Für mich bist du alles gewesen, was ich begehrte…

Und gleichzeitig auch alles, was ich nicht bekommen konnte.

Ich danke dir für jeden Augenblick, jede Sekunde, jeden einzelnen Liedschlag, da ich bei dir sein durfte.

Mir bleibt nur die Erinnerung an dich, die schon jetzt tiefe Wunden in meine Seele reißt.

Doch du sollst weiterleben, von Sonne und Mond behütet.

Für dich steht nach diesem Ende ein Anfang…

Vergesse das bitte nie.

In Liebe, Asagi“
 

Die Tinte war an einigen Stellen von Tränen verwischt und litt nun noch mehr, da Shinya die Tränen, die ohne unterlass über seine Haut rannen, nicht mehr zurückhalten konnte.

Plötzliche Kälte befiel ihn.

Ein Ort, den er selbst nicht erreichen konnte.

Er las diese Worte mehrmals hintereinander, ehe das Papier raschelnd zu Boden fiel.

Auch Vampire konnten des Lebens überdrüssig werden.

Ihm kamen die Worte Kyos in den Sinn.

Sonnenlicht.

Was, wenn Asagi tatsächlich an einem Ort war, den er nicht zu erreichen vermochte?

Shinya sackte in sich zusammen.

Unglaube gepaart mit kalter Angst und drückender Trauer zwang ihn in die Knie.

„Unmöglich….“, hauchte er heiser.

Dies konnte nicht der Weg sein, den Asagi gewählt hatte.

Er rief den Namen seines Herrn, flehend, bittend, ohne die geringste Hoffnung auf Antwort.

Der Vampir hatte ihn verlassen und würde niemals zu ihm zurückkommen.

Draußen ertönte das Getrappel von Pferdehufen.

Heiß durchfuhr ihn die Erkenntnis, dass Kaoru und Dai sein Verschwinden wohl bemerkt haben mussten.

Hastig und dennoch vorsichtig faltete er den Abschiedsbrief seines Meisters zusammen und verbarg ihn im Kuvert, das er in eine Tasche seines Rockes schon, um dann, keine weiteren Sekunden verlierend, den Raum zu durchqueren.

Er hörte wie die Haustür aufgestoßen wurde.

Jemand rief seinen Namen, doch es war in keinem Fall Asagi.

Zitternd schlüpfte er in das Kaminzimmer, und verbarg sich hinter einem der dunklen, schweren Vorhänge, die bis zum Boden reichten, betend dass sein Bruder und Kaoru nicht allzu sorgfältig nach ihm suchen würden.

„Shinya?“, Dai rief den Namen seines Bruders zaghaft in die Stille. Das Anwesen flößte ihm Unbehagen ein, auch wenn er sich diese Empfindung nicht erklären konnte. Neben ihm schlug der junge Arzt zielstrebig einen der Gänge ein. „Folge mir… Ich hoffe er ist noch hier, oder wird zumindest bald hier ankommen…“

Durch den finsteren Flur hindurch gelangten sie vor die Tür zu Shinyas Gemach. Aus Gründen der Höflichkeit klopfte Kaoru bevor er eintrat.

„Hier ist er nicht….“, stellte er unzufrieden fest und nahm den Jüngern bei der Hand um mit ihm das angrenzende Badezimmer zu betreten. Einen Raum weiter erstarrte Shinya hinter seinem Vorhang zu einer Steinstaude und wagte es nicht einmal zu atmen.

Sein Versteck war zu einfach. Gewiss würde man ihn finden und wider mit an den Ort nehmen, der einmal sein zuhause gewesen war, für ihn nun aber keine Bedeutung mehr hatte.

Er wollte nicht zurück in das Leben, das er früher geführt hatte, und konnte schon den bloßen Gedanken daran, dass er nicht mehr mit Asagi sein würde, kaum noch ertragen.

Ein leises Schluchzen entkam ihm, und er presste erschrocken die Hände auf den Mund.

Wie sehr er sich verfluchte. Nun wussten die anderen, dass er hier war.

In der Tat hatten sowohl Dai als auch der Arzt den Laut vernommen, und eilten nun durch den gefliesten Raum in das Kaminzimmer.

Shinya war sich sicher, dass sein Herz mittlerweile so laut schlug, dass sie es hören mussten, wenn sie an ihm vorbei schritten, doch die beiden jungen Männer hatten nicht das Gehör, das Vampiren zu Eigen war, und durchschritten den Raum, ohne den zierlichen Jungen in seinem Versteck zu entdecken, und betraten die Bibliothek.

Leise löste Shinya sich aus den Schatten und verließ den Schutz der schweren Stoffbahnen.

Alle Türen standen noch offen.

Ohne das kleinste Raschen zu verursachen trat er in das Bad, und schließlich in sein altes Zimmer, ganz langsam, vorsichtig.

Erst als er auf den Flur trat beschleunigte er seine Schritte.

Sie mussten ihn hören können.

Noch bevor die Tür zur Bibliothek aufgerissen wurde, begann er zu rennen.

Wieder von kalter Nachtluft umfangen schlug er nicht den geraden Weg in die Straßen ein, sondern eilte in den weitläufigen Garten.

Die marmornen Gestalten den Brunnens glänzten gespenstisch und sahen ihm aus toten, dunklen Augen dabei zu, wie er sich hinter einem der großen Bäume verbarg, und auf Anzeichen seiner Verfolger hin lauschte, und dann mit dem Gestrüpp verschmolz, das ihn, einem trügerischen Freund gleich, aufnahm.

Das gelegentliche Kratzen von knorrigen Krallen auf seinem Gesicht und seinen Armen, und das Zerren an seinem Kleid übergehend suchte sich der zierliche Junge seinen Weg durch das Dunkel.

Als er sich eben fragte, wie lange er wohl noch so weiter stolpern musste, kam er ganz unverhofft frei, und fiel fast auf die Straße hinaus.

Aus Angst doch noch in die Hände seiner eigentlich nur um ihn besorgten Verfolger zu fallen, nahm er sich nicht einmal die Zeit, um sich umzublicken, sondern setzte seine Flucht fort.

In ihm schrie alles nach dem schwarzhaarigen Vampir.

Er durfte nicht verschwunden sein. Zumindest nicht auf immer.

Falls er sich dem Licht der Sonne ausgeliefert hatte, konnte er ihn tatsächlich niemals wieder treffen.

Shinya hatte nicht bemerkt, dass er wieder zu weinen angefangen hatte.

Er lief einfach weiter, ohne auf den Weg zu achten, den er eingeschlagen hatte. Im Grunde war es ihm gleich, wohin ihn seine Füße trugen, so lange es nur weit fort war.

Umso überraschter war er, als er zum zweiten Mal in dieser Nacht in jenen Park gelangte, in welchem sich Kyo mit ihm unterhalten hatte.

Absolute Stille hüllte den Park ein.

Selbst die flüsternden Stimmen der Bäume waren verstummt.

Auch Shinya wurde von dieser Ruhe erfasst. Sein Schluchzen erstarb ganz allmählich, während er durch die Anlage wandelte.

Zwischen den Wurzeln einer uralten Weide ließ er sich nieder und zog die Beine an den Körper.

Tränen ließen den Stoff seines Kleides ganz nass werden.

Ein Wispern ging durch den freundlichen Baum, der ihn mit seinen kahlen Zweigen zu verdecken suchte.

„Er ist weggegangen… Ich sah wie er in der letzten Nacht ein Schiff bestieg….“, die Stimme war so leise und sanft, dass der zierliche Junge sich nicht erschreckte, sondern nur den Kopf hob.

Kyo stand unmittelbar neben ihm und sah zu ihm herab.

Auf seiner Wange glitzerte etwas.

Eine einzelne Träne, „Es tut mir Leid…“

Der Vampir ging neben dem Jungen in die Knie und zog seinen zitternden Körper an sich, um ihn vorsichtig zu umfangen.



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Kommentare zu diesem Kapitel (7)

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Von: abgemeldet
2007-03-19T20:54:49+00:00 19.03.2007 21:54
T_______T

bitte nicht aufhören!! die story ist so toll!!
du kannst so genial schreiben! ;O;
man kann shin richtig mitfühlen wie es ihm geht >__<
*heul*
Von:  Zombie_lady
2007-03-19T13:37:55+00:00 19.03.2007 14:37
ich bin sprachlos......
ich glaub einfach nich das du das wirklich durch ziehst!!!!
naja.....hoffentlich schreibst du hoffentlich bald weiter!!!
hdgdl *knuddel* *an deiner schulter ausheul*
p.s.: du magst keine happy-ends, oder?
Von:  -Uruha-
2007-03-18T21:45:29+00:00 18.03.2007 22:45
ahh..die story ist bald zuende ;_;
kann man gar nicht glauben..hofentlich wird das ende nicht allzu traurig..#
dieses kapitel wars zumindest. shinya kann einem richtig leid tun. ich hoff doch kyo zeigt im nächsten wieder seine gute seite und hilft ihm i-wie...
asagi u shini gehören doch zusammen ^_^
Von: abgemeldet
2007-03-18T18:00:52+00:00 18.03.2007 19:00
das vorletzte kapi T.T
schade >< hab diese ff so lieb~~~
kyo muss aber shin helfen >< und nicht versuchen kapital für sich herauszuschlagen ><!!
schreib schnell weiter hai .___.
ich brauch meine droge xP
*hibbelig-desu*
*awww* das kapi war so schön <3
bin schon auf den schluss gespannt ^^
Von:  Luinath
2007-03-18T17:33:43+00:00 18.03.2007 18:33
und schon wieder so ein herzzerreißenedes kapitel T___T
diese story ist so dermaßen genial ...ich kann das gar nicht richtig in worte fassen, gomen ;.;'
aber shin tut mir immer noch so leid
da wacht er endlich auf und wird von kaoru direkt wieder ins traumland befördert, also das nenne ich wirklich mal fies *drop*
und dann der abschiedsbrief von asagi ;____; *snief*

aber dein schreibstil ist wirklich bemerkenswert ^^
...ich liebe diese story *_____* schade, dass sie fast zu ende ist und irgendwie hab ich angst vor dem schluss @.@
Von:  RockCherry
2007-03-18T16:42:42+00:00 18.03.2007 17:42
waahhh schon das vorletzte kapi??? schade *heul* hab schon die story in mein herz geschlossen T-T ....naja alles hat ein ende....nur die wurst hat zwei *lach*

naja finde das diese story einer de besten ist die hier auf mexx sind XD
Von:  miydai
2007-03-18T15:59:48+00:00 18.03.2007 16:59
O__O
Ich weiß garnit was ich schreiben soll!!
Erst ma gomen das ich zum vorherigen Kapitel nix geschrieben habe >.<
Hab ich nit mitbekommen das ein neues da is
Muhaha~ dafür hatte ich nu umso mehr zu lesen!!

Meine Meinung:
Asagi=Blöd
Kyo=Toll

XD~~


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