Dämmerung
Es war dunkel.
Der Geruch von Blut drang in seine Nase, aber daran hatte er sich schon gewöhnt. Vorsichtig schob er seinen Kopf aus der Ecke, die sie sich als Versteck ausgesucht hatten.
Ein fast schon winziges, verschmutztes Fenster ließ minimal das Mondlicht in den Raum. Niemand war zu sehen. Als seien sie alleine hier, aber das stimmte nicht!
Er konnte sie manchmal hören, doch zu sehen waren sie eben nicht.
Nur der Körper dieses seltsamen Mädchens lag dort neben einem kleinen Tisch auf dem blanken Boden. Ihr Kopf stand in einem Winkel ab der es ihm erlaubte zu sagen, dass sie tot war.
Leise drehte er sich zu den anderen Beiden.
„Wieso seid ihr mir gefolgt?“, fragte er so leise er konnte, aber er brauchte keine Antwort abwarten. Beide sahen auf ihre Weise apathisch aus.
Warum hatte er sich derart hinreißen lassen?
Jetzt waren seine einzigen wirklichen Freunde hier und würden wahrscheinlich sterben, ehe die Sonne aufging.
Das konnte so nicht weitergehen. Er wollte nicht das sie starben und selbst hatte er das auch nicht vor. Möglichst langsam kletterte er aus der Ecke, hielt sich an die Wand und lauschte ob sie ihn nicht schon gesehen hatten. Alles war ruhig, nur sein Herzschlag schien die Stille zu stören.
Seine Augen suchten den Raum ab.
Überall auf dem Boden war eine dunkle Flüssigkeit. Er wusste das es Blut war, immerhin konnte er es riechen, aber es war nicht alles von dem Mädchen. Irgendjemand oder etwas in diesem Raum war ebenfalls verletzt, oder sogar dabei zu sterben.
Alles hier sah regelrecht friedlich aus. Kaum etwas deutete darauf hin, dass hier eben noch ein Kampf stattgefunden hatte.
Immer weiter schlich er sich die Wand entlang. Aber was wollte er eigentlich tun?
Nichts konnte er ihnen entgegensetzen. Er wusste nicht einmal ob es überhaupt möglich war, ihnen Schaden zuzufügen. Bis jetzt hatten sie eindeutig die besseren Karten.
Es würde ihm aber noch was einfallen, er war es seinen Freunden schuldig.
Etwas streifte ihn an seinem linken Arm. Er blieb erschrocken stehen und versuchte mehr zu erkennen, aber es war zu dunkel.
Also lauschte er: Stille...
Zurück konnte er nicht mehr, das wäre zu gefährlich für die Beiden.
Sehr langsam und vorsichtig ging er weiter, Wieder streifte ihn etwas, nur dieses Mal an seinen Beinen und abermals blieb er stehen.
Die ganze Zeit konnte er sie hören, warum jetzt nicht mehr?
Warum streiften sie ihn nur und taten mit ihm nicht dasselbe wie mit dem Mädchen?
Gerade als er weiter gehen wollte, hörte er etwas. Es klang wie ein lautes Atmen.
Er schloss die Augen...
Es war nur so laut, weil es so nah war. Aber das konnte nicht sein, hinter ihm war nur die Wand. Den Gedanken verbannend, dass etwas in seiner Nähe war, ging er weiter, nur um kurz darauf wieder stehen zu bleiben.
Wo war das Mädchen?
Sie war mit Bestimmtheit tot, nur wo war ihre Leiche?
Alle Vorsicht vergessend ging er dahin, wo sie gelegen hatte. Doch alles was er fand war ein silbernes Armband. Wieder sah er sich um. Wie die anderen Male war nichts zu sehen, was aussah als ob es ihm gefährlich werden könnte. Er steckte das Armband ein und ging zur Tür, ohne weitere Vorsicht. Plötzlich wurde er an der Schulter zurück gezogen und landete in dem Blut des Mädchens.
„Mist...“, zischte er leise. Sein Ellenbogen schmerzte und er setzte sich hin. Das Blut klebte an ihm. Erneut sah er sich um, aber Nichts und Niemand war zu sehen.
Während er aufstand, spürte er etwas an seinem Rücken. Es war nicht das Blut. Es fühlte sich an wie eine Hand, als würde jemand ... ihm aufhelfen wollen.
Er drehte sich zu seinem Helfer und sah in ein paar Augen, die unnatürlich funkelten. Alles andere war einfach nur schwarz. Kein Gesicht war zu erkennen, keine Kleidung. Einfach alles an ihm war Schwarz.
Wie ein Schatten...
Ein Schatten mit Augen.