Zum Inhalt der Seite

Der Drachenkrieg

von

.
.
.
.
.
.
.
.
.
.

Seite 1 / 1   Schriftgröße:   [xx]   [xx]   [xx]

Der Schatten des Krieges

An den Webmaster: Ich habe möchte diesen Fanfic unter dem Pseudonym "El Jugador" veröffentlichen. Danke.
 

Vision of Escaflowne gehört nicht mir, nur der Plot und einige neuerfundene Charaktere. Da die Geschichte reichlich verwirrend ist, wenn man ein, zwei Folgen nicht gesehen hat, bitte ich um Verständnis, wenn ich was falsch verstanden habe. An Koraja, die mich dazu gebracht hat, über Escaflowne zu schreiben: Hoffentlich gefällt dir die Story. Und nun viel Spaß.
 


 

Der Drachenkrieg Folge 1 - Der Schatten des Krieges
 


 

Ist es ein Traum oder ist es Wirklichkeit? 5 Jahre sind nun vergangen, seit ich Gaia und Van verlassen habe. Ich studiere nun an der Universität von Tokio und bin auch dorthin gezogen. Auch das Laufen habe ich nicht aufgegeben, obwohl ich nicht mehr so viel Zeit dazu habe. Nur wahrgesagt habe ich seit meiner Rückkehr von Gaia nicht mehr und auch meine Visionen waren weg. Doch seit kurzer Zeit träume ich wieder seltsam... ich weiß nicht, ob es etwas zu bedeuten hat, aber es macht mir Angst.
 


 

Der Wind hatte aufgefrischt. Kleine Böen tanzten zwischen den Dächern der Stadt und wirbelten den Staub, der seit den Aufbauarbeiten überall war, zu kleinen Figuren auf. Die meisten Menschen schliefen bereits, denn es war bereits spät in der Nacht und die, die noch umherwanderten, waren bestrebt, die Schlafenden nicht zu wecken. Die Kameradschaft der Menschen in Farnelia war wirklich bemerkenswert, aber verständlich, wenn man bedachte, dass alle zusammenhelfen hatten müssen, um die Stadt wieder aufzubauen.
 

Auch die Gestalt, die auf dem höchsten aller Dächer saß, war nicht untätig gewesen. Man musste sogar sagen, dass sie vermutlich die beschäftigtste Person der Stadt gewesen war, damals vor 5 Jahren. Alles hatte organisiert werden müssen, von der Materialbeschaffung, die glücklicherweise günstig über Asturia erfolgte, bis zum Einsatz der Arbeitskräfte an der richtigen Stelle zur richtigen Zeit. Der grundlegende Aufbau der Stadt war bereits seit drei Jahren abgeschlossen, auch wenn seitdem immer noch weitergearbeitet wurde - schließlich wollte niemand in einem schmucklosen Heim leben. Häuser wurden gestrichen, Inneneinrichtung hergestellt, die kleinen Fehler, die beim Hausbau angefallen waren, ausgebessert, Gärten angelegt. Nichts erinnerte mehr daran, dass die Stadt von den Zaibachern niedergebrannt und die Bewohner in alle Winde verstreut worden waren. Und das alles hatte die Gestalt zu überwachen gehabt. Manchmal fragte sich Van Farnel, wie er das alles nur geschafft hatte.
 

Aber nicht jetzt. Auch den Wind spürte er nicht, während er mit hinter dem Kopf verschränkten Armen auf dem Dach des Palastes von Farnelia lag, den er genau nach dem Vorbild seines niedergebrannten Zuhauses hatte bauen lassen. Denn sein Blick und seine Gedanken wurden von einem Planeten eingenommen, den er in den letzten Jahren sehr oft beobachtet hatte. Dem Mond der Illusionen.
 

Hitomi, dachte der junge König etwas melancholisch. Was du wohl jetzt gerade machst?
 

Gleich darauf schalt er sich einen Idioten. Was würde sie schon machen, mitten in der Nacht? Natürlich lag sie im Bett, wo er eigentlich auch sein sollte. Schließlich wartete morgen jede Menge Arbeit auf ihn. Als aber der unausweichliche Gedanke folgte, ob seine geliebte Hitomi wohl Gesellschaft in der Nacht hatte, kniff er die Augen zusammen und biss sich in die Lippe. Er vertraute Hitomi. Er würde ihr sein Leben anvertrauen, jederzeit. Aber es waren immerhin 5 Jahre vergangen, seit sie zur Erde zurückgekehrt war. Die Sehnsucht nagte seit diesem Zeitpunkt an ihm, beflügelte seine Eifersucht und trieb ihn nahezu in den Wahnsinn. Wann würde sie zu ihm kommen, seine Hitomi, und dann nie wieder fortgehen?
 

Er hatte oft versucht, sie sich vorzustellen. Schließlich hatte auch er sich verändert, seit sie ihn verlassen hatte, wenn auch nicht großartig. Sein Körperbau war noch kräftiger als früher, seinem Kendo-Training und den Aufbauarbeiten sei Dank. Ihm wuchs langsam ein schwarzer Bart, aber er achtete darauf, ihn regelmäßig zu rasieren. Er wollte nicht, dass die Leute seinen Vater in ihm sahen, sondern ihn selbst. Am Tage trug er meist einen blauen Waffenrock, der allerdings von den Schneidern mit goldenen Mustern verziert worden war, eine schwarze Hose und sein Schwert, welches ihn als König von Farnelia auswies. Jetzt trug er davon nur das Schwert, der Rest war einem roten, kurzen Hemd und einer bequemen Hose gewichen, dieselbe Kleidung, in der er Hitomi getroffen hatte, nur größer. Alles in allem sah er nicht sehr viel anders aus, auch wenn sein strenger Blick nun öfter von einem Lächeln überdeckt wurde.
 

Aber wie SIE aussah? Vermutlich war sie noch schöner geworden. Die überschäumende Fantasie eines Liebenden stattete das Mädchen mit braunem, samtweichem Haar aus, welches bis über ihre Schultern hinabfiel. Sie trug wieder die Schuluniform, welche sie bei ihrem ersten Besuch fast ständig getragen hatte, diesmal allerdings war sie ihr entsprechend etwas größer. Obwohl es seine eigenen Körperfunktionen in etwas peinlicher Weise anregte, versah Vans Vorstellungsgabe seine Geliebte mit der Brust einer erwachsenen Frau und einer schlanken Taille, auf die sie herausfordernd ihre schlanken Arme stützte. Sein Gebilde schien ihm verheißungsvoll zuzuzwinkern und lächelte ihn an, sodass seine Knie weich wurden. Zum Glück lag er, sonst wäre er vermutlich umgekippt.
 

Fast bedauernd schüttelte er den Kopf und öffnete die Augen wieder. Der Mond der Illusionen kam wieder ins Blickfeld. Irgendwo dort lebte sie, Hitomi Kanzaki, das einzige Mädchen, das er je geliebt hatte, und er wusste nicht einmal, wie es ihr ging. Der Gedanke, dass er nicht einfach Escaflowne nehmen und es herausfinden konnte, machte ihn schier wahnsinnig. Aber ihm war klar, dass es nicht unbedingt unauffällig wäre, wenn ein metallener Drache plötzlich zur Erde schweben würde. Dennoch war die Versuchung groß.
 

Wieder einmal hörte er das Tapsen zarter, ans Schleichen gewöhnter Hände hinter sich erst, als sie direkt hinter ihm waren. Eine wohlbekannte Gestalt ließ sich nieder und beobachtete ihn einige Momente lang mit den wachen Augen eines Geschöpfes, dessen Vorfahren in der Nacht auf Raubzug gegangen waren. Plötzlich rückte etwas Großes vor den Mond der Illusionen und eine kleine, nasse Zunge fuhr über sein Gesicht, um festzustellen, ob sich salzige Tränen darauf befanden.
 

"Ich habe nicht geweint, Merle", teilte er dem Katzenmädchen mit, mit dem ihm schon seit seiner Kindheit eine enge Freundschaft verband. Merle war die einzige, die ihn wirklich völlig verstand. Natürlich konnte er über vieles mit Allen reden, auch mit einige Leuten aus der Stadt verstand er sich sehr gut. Aber niemand kannte ihn so gut wie Merle.
 

"Ich wollte nur sichergehen." Die Stimme seiner Freundin war etwas tiefer als vor 5 Jahren. Der kindliche Ton war fast völlig daraus verschwunden und hatte der weichen, verführerischen Stimmlage einer Katze Platz gemacht. Dass Merle damit noch keinen Freund gefunden hatte, lag vermutlich nur daran, dass die meisten Menschen vor einem Katzenmädchen noch immer abergläubische Angst hegten, auch wenn sie sich bemühten, es vor ihr nicht zu zeigen. "Du hast in letzter Zeit oft geweint, weißt du? Es ist nicht gut, wenn du deinen Kummer in dir verschließt, Van."
 

Van seufzte. Dieses Gespräch hatte wohl kommen müssen. "Aber was nützt es, wenn ich mich jemandem außer dir mitteile, Merle? Du weißt, dass ich nicht einfach zu ihr fliegen und sie hierher holen kann. Wer weiß, ob sie dort oben nicht glücklich geworden ist?"
 

"Wenn du nicht bei ihr bist?" Merle schnaubte abfällig und der Atem kitzelte Van am Ohr. "Mach dich nicht lächerlich, Majestät! Keiner von euch beiden wird jemals richtig glücklich sein, solange ihr getrennt lebt! Das einzige, was Hitomi dort unten hält, ist ihre Familie, und inzwischen ist sie eine erwachsene Frau."
 

"Ich weiß." Vans Blick wandte sich wieder dem Mond der Illusionen zu, als könne er sie dort entdecken. "Aber wenn sie kommt, dann soll es aus freiem Willen geschehen, verstehst du? Ich will sie auf keinen Fall dazu zwingen."
 

Plötzlich legten sich weiche, teils mit Fell bewachsene Arme um seinen Hals. "Mein Van", schnurrte Merle amüsiert. Sie konnte wirklich anbetungswürdig sein, wenn man über ihre schlechten Seiten, vor allem ihre Eifersucht, hinwegsah. "So feinfühlig bist du im Thronsaal sonst nicht."
 

"Im Thronsaal habe ich es auch nur mit verwöhnten Adeligen und Rechtsuchenden zu tun", antwortete Van schnippisch. Dann löste er Merles Arme sanft und stand auf. "Lass uns reingehen, Merle. Ich sollte wohl langsam ins Bett kommen, sonst falle ich morgen noch vom Thron."
 

"Dann würde ich an deiner Seite sein und dich auffangen, Majestät." Merles Augen blickten gleichzeitig schelmisch wie unschuldig - wie eine Katze eben. Van musste lachen.
 

"Los jetzt, du Streuner! Gehen wir rein, bevor man uns noch sieht und eine Romanze andichtet! Das fehlte mir noch, dass jetzt eine neue "Der-König-hat-endlich-eine-Freundin"-Geschichte in Umlauf kommt."
 


 

Die Feder fiel zu Boden... und wo sie zu Boden fiel, verwandelte dieser sich plötzlich in Asche. Hitomi stand allein auf dieser Ebene. Neben ihr sah sie lediglich die geschwärzten Mauern von Häusern, die einem großen Feuer standgehalten hatten. Angstvoll sah sie sich um, aber nirgends war ein Mensch oder auch nur etwas Lebendiges zu sehen. Nur die Feder lag vor ihr, schneeweiß. Sie wusste, dass diese Feder nicht von einem Tier stammte. Sie war von einem Angehörigen des Volkes des Drachengottes. Aber sie kannte nur einen dieses Volkes und das war...
 

Dann fiel von hinten der Schatten über sie. Sie wusste, was das bedeutete. Gleich würde sie sich umdrehen. Noch als sie diesen Gedanken formulierte, wandte sich ihr Traumkörper auch schon um, das Gesicht furchterfüllt und die Muskeln verkrampft. Sie wollte, dass sie die Augen schloss, aber ihr Traum-Ich tat es nicht. Und so musste sie das Grauen sehen, die glühenden Augen, die voll düsterer Vorfreude auf sie herabblickten, die Silhouette der riesigen, nichtmenschlichen Gestalt, die diese Augen besaß. Sie wollte schreien, aber sie konnte nicht. Sie wollte den Träger der Feder zu Hilfe rufen, aber aus ihrem Mund kam nichts heraus. Dann öffnete sich ein riesiges Maul unter den Augen, in dem das Feuer der Hölle zu brennen schien. Hitomis Traumkörper riss die Arme vor sich, obwohl das völlig sinnlos war gegen diese Gewalten und im nächsten Augenblick traf sie die Feuerwelle, löschte sie in Sekundenbruchteilen auf und ließ nur Leere zurück...
 

Mit einem erstickten Keuchen setzte sich Hitomi Kanzaki in ihrem Bett auf. Einige Male atmete sie schnell ein und aus, nur um ihr rasendes Herz etwas zu beruhigen. Ihr Nachthemd, schon das dritte in dieser Woche, war wieder nassgeschwitzt und klebte an ihrem Körper. Hitomi schloss die Augen, machte sie dann schnell wieder auf und atmete noch einmal kontrolliert langsam aus. Dann stand sie auf, tastete sich an den Möbeln entlang und öffnete die Schlafzimmertür. Anhand des Lichtscheins fand sie in ihrer kleinen Drei-Zimmer-Wohnung schnell den Balkon und lehnte sich an das Geländer.
 

Schon wieder dieser Traum! Dabei hatte sie gedacht, es hätte endlich aufgehört. 5 Jahre lang hatte sie keine Visionen mehr gehabt, und jetzt das! In den letzten zwei Wochen hatte sie diesen Traum mindestens jede zweite Nacht gehabt. Als sich ihr Atem stabilisiert habe, sah sie langsam mit grasgrünen, sehnsüchtigen Augen zum Himmel empor, wobei ihr kurzes, braunes Haar in demselben Wind flatterte, der auch ihr Gewand berührte und für angenehme Kühle auf ihrem trainierten Körper sorgte. Dort irgendwo lag die Welt, auf der sie die aufregendsten und gefährlichsten Tage ihres Lebens verbracht hatte. Auf der sie ihre große Liebe gefunden... und schließlich auch zurückgelassen hatte.
 

Gaia. Van. Wie oft hatte sie in den letzten drei Jahren wachgelegen und an ihn gedacht? Die zwei Jahre, nachdem sie von Gaia zurückgekehrt war, hatte sie richtiggehend genossen, weil sie ihre Familie und ihre Freunde in einem völlig anderen Licht gesehen hatte. Sie hatte sehr viel Zeit mit ihnen verbracht. Aber dann hatte sie sich entschieden, nach Tokio zu gehen, um zu studieren. Und bald bemerkt, dass sie damit das letzte aufgab, das zwischen ihr und ihrem Liebeskummer stand.
 

Womit sie sich auch immer abgelenkt hatte, mit Laufen, mit Partys oder mit Lernen, nichts hielt lang vor. Immerzu wanderten ihre Gedanken zurück zu Prinzessin Millerna, dem etwas eingebildeten Dryden, Gadess und seiner Crew, dem edlen Ritter Allen, der quirligen Merle und schließlich Van. Ihrem Liebsten. Was machst du jetzt, Van? Liegst du wach, so wie ich? Oder schläfst du ruhig in deinem neuen Königreich? Denkst du oft an mich?
 

Manchmal, wenn sie nichts zu tun hatte, fragte sich Hitomi, ob es nicht das Beste wäre, wenn sie wirklich aus dieser Welt verschwinden würde. Ihr Psychologiestudium, welches ihr ausreichend Zeit für die sportliche Betätigung ließ, reizte sie zwar sehr, kein Wunder, schließlich konnte sie sich leicht in die Gefühle anderer hineinempfinden. Jedoch hatte sie, seit sie nicht mehr wahrsagte, nur oberflächliche Bekanntschaften gemacht, als wäre ihr unbekümmertes Wesen auf Gaia zurückgeblieben. Die einzigen wirklichen Freunde, Amano und Yukari, hatte sie schon lange nicht mehr gesehen. Aber was würde sie erwarten, wenn sie nach Gaia ging? Würde alles noch so sein, wie sie es in Erinnerung hatte? Oder würde sich alles verändert haben? Hitomi seufzte. Fragen über Fragen. Die Antworten konnte sie ohnehin nur selbst finden. Aber hatte sie den Mut dazu?
 

Hat diese Vision mit dir zu tun, Van? War diese Feder von dir? Oder bedeutet der Traum nur, dass ich vor Sehnsucht nach dir verrückt werde? Sie schloss die Augen und lächelte traurig, als das vertraute Bild vor ihrem geistigen Auge aufstieg: Das unordentliche, pechschwarze Haar, die schlanke, aber drahtige Statur, die rot-braunen Augen, die sie ebenso anzulächeln schienen wie der schmale Mund, das rote Hemd, die bequeme Hose, das Königsschwert...
 

Hitomi seufzte noch einmal und zwei Tränen kullerten über ihre Wangen. Sie wusste nicht, was sie tun sollte. Sie wünschte sich sehr, Van endlich wiederzusehen, ihn und alle anderen. Aber was dann? Würden die Bürger von Farnelia überhaupt jemanden wie sie akzeptieren? Sie hatten Vans Mutter nicht gemocht, weil sie vom Drachenvolk war. Und sie war noch fremdartiger. Das Mädchen vom Mond der Illusionen. Außerdem würde es die tatsächliche Trennung von ihrer Familie und den wenigen treuen Freunden bedeuten, die sie hatte.
 

"Nein", sagte sie schließlich. "Verzeih mir, Van. Aber solange ich nicht mit Sicherheit weiß, dass diese Vision Gefahr bedeutet, bleibe ich hier." Sie sah wieder zum Himmel empor und schenkte dem Mond ein Lächeln. "Ich liebe dich, Van. Ich habe nie aufgehört, dich zu lieben. Aber ich glaube nicht, dass ich schon die Kraft habe, meinen Eltern Lebewohl zu sagen. Schlaf gut, mein Liebster. Irgendwann werde ich zu dir kommen."
 

Jetzt fühlte sie sich tatsächlich etwas besser, wenn auch nicht viel. Sie wischte die beiden Tränen von ihren Wangen und rieb sich die Schultern. Allmählich wurde es hier doch etwas kalt. Sie sollte wohl besser reingehen, bevor sie sich noch eine Erkältung holte. Schließlich wollten Amano und Yukari sie doch am Wochenende besuchen! Da durfte sie auf keinen Fall krank sein. Der Gedanke machte sie wieder etwas fröhlicher, als sie sich wieder ins Bett legte und die Decke bis über die Schultern heraufzog.
 


 

Der Mann stand nun schon seit einer guten Stunde in königlichen Empfangssaal in Farnelia, aber Van hatte ihn schon nach den ersten 10 Minuten nicht leiden können, was sich inzwischen auch nicht geändert hatte. Der Mann, der vor ihm stand, schien ihn jedes Mal, wenn er glaubte, Van bemerke es nicht, überheblich anzufunkeln, als wäre er etwas Besseres. Van bemühte sich, seinen Abscheu nicht im Gesicht zu zeigen, aber ganz gelang es ihm nicht. Und der Vorschlag, den dieser Botschafter (Botschafter? Er wollte nicht mal öffentlich sagen, in wessen Namen er sprach!) überbrachte, gefiel Van noch viel weniger.
 

"Überlegt es Euch, Majestät", schmeichelte der Mann mit tiefer Stimme. "Wenn Ihr meinen Vorschlag annehmt, seid Ihr auf einen Schlag in der Lage, Euch für alle Demütigungen und Schmerzen zu rächen, die Euch Eure Feinde zugefügt haben! Außerdem wird es dann niemals mehr jemand wagen, Farnelia anzugreifen!"
 

"Euer Vorschlag gibt mir zu denken, Botschafter Kayd", log Van, ohne mit der Wimper zu zucken. "Ich werde ihn mit meinen Beratern überdenken. Bis dahin steht es Euch frei, eins der leeren Zimmer in meinem Palast zu beziehen. Ich werde Euer Gepäck dann dorthin schaffen lassen. Meine Antwort wird Euch schnellstmöglich erreichen." Van konnte gar nicht glauben, was er da sagte. Dieses Reptil in seinen Palast einladen? Fast hätte er sich geschüttelt, aber er beließ es bei einem geringschätzigen Blick in Kayds Richtung. Aber wenn er schon König war, musste er sich auch ein wenig wie einer benehmen.
 

"Ich danke Euch, Majestät." Auch der Ton des Botschafters troff von Falschheit. "Aber ich werde sogleich weiterreisen. Ich muss im Namen meiner Herrin auch noch Asturia und Freid aufsuchen, um ihnen den selben Vorschlag zu unterbreiten. Aber ich werde bald zurückkommen und Eure Antwort empfangen."
 

"Nun, in diesem Fall will ich Euch einen langen Umweg ersparen, Botschafter." Vans Stimme klang nun scharf und seine Augen blickten kalt auf den Mann vor ihm hinab. "Ich wollte eigentlich den Schein wahren, aber jetzt sage ich es rundheraus: Euer Angebot interessiert mich nicht nur im geringsten, ich finde es auch ziemlich empörend, in Zeiten des Friedens von ihm zu sprechen!" Er hielt sich nicht damit auf, auf den hasserfüllten Blick des Botschafters zu antworten, sondern fuhr fort: "Ich werde mich gar nicht damit aufhalten, meine Berater hinzuzuziehen, weil ich mich auch gegen sie stellen würde, wenn sie dafür wären! Eine Armee wollt Ihr mir geben, damit ich in Zaibach einfallen kann? Haltet Ihr mich für einen Barbaren? Die Zaibacher haben im Großen Krieg ihre Armee verloren! Ich bin kein Tyrann, der gegen Zivilisten vorgeht! Ich lehne daher jeden kriegerischen Akt gegen sie oder einen der anderen Staaten ab, solange ich nicht provoziert werde! Farnelia hat den Frieden, für den es so sehr gelitten hat, verdient und ich beabsichtige nicht, ihn durch einen sinnlosen Krieg zu zerstören! Da Ihr es so eilig habt, dürft Ihr Euch nun gern zurückziehen."
 

Einen Augenblick lang schien der Botschafter versucht, mit derselben Schärfe seine Antwort herauszusagen, aber die Wachen, die überall im Saal postiert waren, überzeugten ihn vermutlich vom Gegenteil. Nicht, dass Van nicht in der Lage gewesen wäre, sich selbst zu verteidigen. Statt dessen verbeugte er sich nur (aber nicht mehr so tief wie zuvor) und murmelte etwas, das klang wie: "Ich werde es meiner Herrin ausrichten." Dann drehte er sich abrupt um und verließ im Laufschritt den Thronsaal. Van sah es mit Befriedigung.
 

"Gut gemacht, Eure Majestät", kommentierte eine ebenso amüsierte wie stolze Stimme hinter ihm. Van musste sich nicht umdrehen, um zu wissen, dass dort Crine stand, einer seiner älteren Berater. Der Mann war Kaufmann, aber früher war er bei der Armee gewesen, bis er sich das Bein gebrochen hatte. Er wusste viel über die Menschen und Van schätzte sein Wissen. "Auch wenn ich es vielleicht nicht so direkt herausgesagt hätte."
 

"Warum nicht?" Van sah dem Botschafter nach, der nun die Tür zuschlug. "Er hatte es eilig. Ich wollte ihn nicht aufhalten."
 

"Ihr wisst, was ich meine, Majestät."
 

"Seid Ihr der Meinung, ich hätte falsch entschieden, Crine? Nur immer raus mit der Sprache!" Van sah den alten Mann nun an und hob herausfordernd die Hand. "Ich verspreche auch, Euch dafür nicht zum Duell zu fordern."
 

Die Lippen Crines verzogen sich kurz zu einem Grinsen, dann wurde er wieder ernst. "Nein, ich glaube, dass Ihr richtig entschieden habt. Das Volk wäre auf keinen Fall glücklich über diesen Krieg gewesen, auf jeden Fall die Leute nicht, die im letzten Krieg gekämpft haben. Ein paar junge Hitzköpfe könnten vielleicht zu murren beginnen, aber das tun sie immer, macht Euch keine Sorgen." Er runzelte die Stirn. "Dennoch solltet Ihr Eure Umgangsformen zumindest bei offiziellen Anlässen etwas aufpolieren."
 

"Ich bin zum Krieger erzogen worden, Crine!", teilte Van dem alten Mann mit, während er sich aus dem Thron erhob und sich streckte. Seine offizielle Kleidung war zwar bequem, aber er hatte beinahe seine ganze Jugend leichte Baumwollsachen getragen. Er war froh, wenn er den königlichen Schnickschnack wieder ablegen konnte. "Die Leute, auf die es mir wirklich ankommt, respektieren mich trotz meiner fehlenden Manieren."
 

"Trotzdem wird es Eurem Ruf auf lange Sicht schaden, wenn Ihr Botschafter, egal, wie gering Ihr ihre Angebote schätzt, einfach so hinauswerft." Crine hüstelte nervös. Van verdrehte die Augen zum Himmel. Er ahnte, was der ältere Ratgeber ihm nun wieder vorschlagen wollte. In letzter Zeit schnitt Crine dieses Thema beunruhigend oft an, wenn auch diskret. "Habt Ihr vielleicht... über meinen Vorschlag von letzter Woche nachgedacht, Majestät?"
 

"Das habe ich, Crine. Aber ich denke nicht, dass diese Prinzessin Mahzeira von Was-weiß-ich-wo die richtige Frau für mich wäre."
 

"Aber ich und übrigens auch die meisten anderen Ratsmitglieder glauben, dass sich eine Gefährtin gut auf Eure, verzeiht Majestät, aufbrausende Art auswirken würde." Man merkte Crine an, dass er sich nicht sonderlich wohl fühlte. Vermutlich merkte er bereits, dass sein Anliegen auch dieses mal fruchtlos bleiben würde. "Möchtet Ihr vielleicht, dass der Rat nach einem anderen Mädchen Ausschau hält, das eher Eurem Geschmack...?"
 

"Nein, Crine!" Vans Stimme blieb freundlich, aber eine unterschwellige Warnung hallte dennoch nach und ließ den Berater verstummen. "Das haben wir bereits besprochen. Ihr wisst, dass ich auf Hitomi warten werde!"
 

Crine seufzte unverhüllt und verbeugte sich. "Wie Ihr wünscht, Majestät."
 

Van zog sein Schwert und hielt die Klinge vor sich gestreckt. Nachdenklich blickte er auf das geschliffene Metall hinab, welches sein verzerrtes Spiegelbild zeigte. Es zeigte einen König. "Glaubt Ihr, dass dieser Kayd in den anderen Ländern Erfolg haben wird?", wechselte er das Thema. Seine Weigerung, auch nur über eine Heirat nachzudenken, machte nicht nur seine Ratgeber nervös, sondern auch seine Untertanen, das wusste er. Niemand war so dumm, es ihm ins Gesicht zu sagen, aber seit der Sache mit Folken wünschte sich das Volk von Farnelia, dass die Erbfolge gesichert wurde. Aber das würde nicht geschehen, ehe er Hitomi nicht zumindest wiedergesehen hatte.
 

Crine setzte sich ächzend auf Farnelias Thron und Van ließ ihn gewähren. In Farnelia wurde nicht so viel Wert auf Privilegien gelegt wie in Asturia. Van war der Ansicht, dass Crine als der ältere von ihnen beiden das größere Recht hatte zu sitzen und das hatte er dem alten Mann schon bei ihrem ersten Gespräch klar gemacht. Einige der älteren Ratsmitglieder hatte diese Art von Vertrautheit brüskiert, aber die meisten verstanden, dass Van seinem Volk näher war als andere Monarchen.
 

"Ich weiß es nicht, Majestät", bekannte Crine nach kurzer Nachdenkpause. "Aber ich glaube nicht, dass er in Freid oder den anderen kleinen Ländern großen Anklang finden wird. Sie würden dadurch nur Asturia gegen sich aufbringen und das will keins dieser Länder riskieren, auch wenn König Dryden ein milder Herrscher ist. Und vor allem Herzog Chid dürfte genug Gräuel gesehen haben, um sein Leben lang für den Frieden einzutreten." Er verstummte kurz. "Sorgen mache ich mir eigentlich nur über die Möglichkeit, dass dieser Botschafter auch nach Asturia selbst gehen will."
 

"Ich glaube nicht, dass Dryden einen Eroberungskrieg gutheißen würde", meinte Van, während er in rascher Abfolge einige Kendo-Schwerttechniken ausprobierte. "Er ist Händler und weiß, dass er auf lange Sicht mehr aus Zaibach herausholen kann, wenn er Handel mit ihnen treibt. Und dass ein Krieg verschwenderisch teuer wäre." Van erlaubte sich ein kurzes Grinsen. Allein diese kaufmännischen Argumente würden genügen, um Dryden von Kriegsgedanken abzubringen, wenn schon nicht seine Verachtung für Massenmord.
 

"Zweifellos. Der Sohn von Meiden ist ein außerordentlich tüchtiger Monarch... wobei ich nichts gegen Euch sagen will, Majestät", beeilte sich der alte Mann zu sagen. "Aber Ihr wisst, dass Asturia schon immer eine Brutstätte für Intrigen war. Ich fürchte, dass einige Fürsten des Reiches hinter König Drydens Rücken eine Armee ausrüsten könnten."
 

Van runzelte die Stirn und steckte das Schwert weg. "Das wäre natürlich möglich", räumte er ein. "Andererseits dürfte es ihm doch kaum entgehen, wenn diese Fanatiker gegen Zaibach ziehen. Und dann hätten sie Allen und die gesamte restliche Armee von Asturia gegen sich."
 

"Ich zähle ja auch nur die Möglichkeiten auf, Majestät", erinnerte ihn Crine sanft. Er sah müde aus. "Wahrscheinlich bin ich ja auch nur ein pessimistischer alter Mann, der dem Frieden nicht traut."
 

Van wollte soeben antworten, als es an der großen Eingangstür pochte. Van drehte sich um und starrte sie an. Angeblich war der Botschafter doch der letzte Bittsteller für heute gewesen. Wer konnte also so schnell noch eine Einladung in den Palast bekommen haben? Aber als sich die Tür öffnete und ein gebräunter Kopf durch die Öffnung gesteckt wurde, der ihn fragend ansah, musste er lächeln. Merle konnte so unschuldig aussehen wie ein kleines Kind, wenn sie wollte.
 

"Komm schon rein, Merle. Was willst du hier?"
 

"Weißt du, ob Serena schon angekommen ist, Van?", fragte das Katzenmädchen, während es mit unleugbarer Eleganz in den Saal spazierte. Dass sie sich dann vor ihm auf alle viere niederließ, ruinierte den Effekt allerdings etwas. "Sie wollte doch heute aus Freid hierher fliegen, oder?"
 

"Tut mir Leid", meinte Van bedauernd und schüttelte den Kopf. "Meines Wissens ist sie noch nicht angekommen."
 

Allens Schwester, das hatte sich bald nach dem Krieg gezeigt, fühlte sich zu der ebenfalls nicht mit vielen Freunden gesegneten Merle magisch hingezogen. Und auch Merle mochte die junge Frau, mit der das Schicksal so hart umgesprungen war. Es machte ihr nichts aus, dass Serena in vielen Bereichen nur über den Wissensbereich eines kleinen Kindes verfügte, im Gegenteil schien es die Beschützerinstinkte des Katzenmädchens anzuregen. Es war rührend mit anzusehen, wie oft die beiden beisammen waren.
 

Merle ließ die Ohren herunterhängen. "Aber sie hat versprochen zu kommen", murrte sie. "Serena bricht ihre Versprechen nicht."
 

"Gibt es sonst noch was?", fragte Van. "Sonst kannst du ja zum Landeplatz des Crusado gehen und auf sie warten."
 

"Ach ja, fast hätt ich's vergessen." Merles Körper straffte sich, was einigermaßen komisch aussah, da sie noch immer auf allen vieren vor Van hockte. "Allen hat mich gebeten, dir auszurichten, dass du jetzt gleich zu ihm kommen sollst, wenn du noch trainieren willst. Er will nachher ebenfalls Serena begrüßen."
 

"Natürlich." Van drehte den Kopf zu Crine und nickte dem älteren Mann zu. "Würdet Ihr dem Rat bitte meine rasche Entscheidung schonend beibringen?", bat er. "Und Ihnen die Gründe nennen, warum ich ohne sie entschieden habe?"
 

"Selbstverständlich, Majestät", meinte der Kaufmann und erhob sich, sich dabei auf seinen Stock stützend. "Wie schon so oft. Es ist ja nicht so, als würdet Ihr Eure Berater oft benötigen."
 

Van überhörte Merles leises Kichern. "Wozu sollte ich die Leute mit solchen Kleinigkeiten belästigen?", fragte er den anderen Mann schulterzuckend. "Ich wusste genau, was ich diesem Idioten antworten wollte. Nichts hätte etwas daran geändert."
 

"Das weiß ich. Auf Wiedersehen, Majestät." Damit schlurfte der Kaufmann zur Eingangstür und verließ den Raum, allerdings weniger lautstark als der Botschafter vor ihm. Van drehte sich zu Merle um, die ihn immer noch belustigt musterte.
 

"Fällst du mir jetzt auch schon in den Rücken, Merle."
 

"Aber nein, Majestät", spöttelte die junge Katzendame. "Doch er hat Recht, weißt du? Ich finde auch, dass eine Gefährtin deinem Temperament gut tun würde. Und deiner Geduld."
 

"Fängst du auch schon an!" Er machte ein wegwerfende Handbewegung. "Los, mach schon, verschwinde! Hol Serena vom Landeplatz ab und sag ihr, dass Allen und ich euch später begrüßen. Und wenn ich noch einen dummen Kommentar über Heirat höre, dann fange ich mit dem Kendo-Training jetzt sofort in diesem Raum an!"
 

Befriedigt registrierte er, dass das Katzenmädchen äußerst rasch den Raum verließ. Dann machte er sich auf den Weg zum Trainings-Dojo, in dem er früher mit Wargas trainiert hatte. Allen wartete nicht gern, das wusste er und der Ritter des Himmels von Asturia war der einzige Gegner, der es mit ihm aufnehmen konnte. Der Schwertkampf würde ihn wenigstens eine Weile von den absurden Vorschlägen dieses Morgens ablenken.
 


 

Der Winkel, in dem das riesig anmutende Raumschiff versteckt war, war so weit von den von Menschen bewohnten Gebieten Gaias abgelegen, dass sich in den letzten Jahrhunderten nicht mehr als ein Dutzend von ihnen hierher verirrt hatten. Und das war den Bewohnern der mobilen Guymelef-Werkstatt von Ispano ganz recht so. Auch wenn sie den Menschen früher geholfen hatten, in letzter Zeit hatten sie kaum Kontakt zu ihnen gehabt und es hatte sich gezeigt, dass sie das von Schwierigkeiten fernhielt. Menschen schienen diese magisch anzuziehen.
 

Die einzigen Kunden, welche die Ispano in den letzten Jahrzehnten gehabt hatten, war der junge König von Farnelia und seine Freunde gewesen. Sturkopf. Hatte Escaflowne, dieses Wunderwerk ispanischer Baukunst, in einem völlig demolierten Zustand zu ihnen gebracht. Viel hätte nicht gefehlt, und er wäre selbst bei der Reparatur draufgegangen. Nun, das war seine Sache. Wenn er Escaflowne ein weiteres Mal repariert haben wollte, würde er eben noch mal blechen müssen.
 

Die Ispano hatten in diesem Sinne keinen richtigen Anführer. Derjenige, welcher sich imstande sah, eine Aufgabe zu erledigen, der tat es oder übertrug sie jemandem, den er für geeigneter hielt. Seit sehr langer Zeit war die Zahl der Ispano begrenzt, genauer gesagt, seit die alten Atlanter diesen Planeten geschaffen hatten und die Ispano darauf gelandet waren, nur um zu bemerken, dass sie nicht die einzigen Wesen hier waren. Dennoch waren sie niemals weitergezogen, denn die Menschen hatten ihre Hilfe benötigt. Und gab es ein schöneres Gefühl als das, gebraucht zu werden - und dafür bezahlt zu werden natürlich?
 

Jedenfalls rächte es sich an diesem Morgen, dass die Ispano keinen Anführer hatten. Dieser hätte die Gefahr, die ihnen drohte, vielleicht rechtzeitig erkennen und die Verteidigung oder notfalls auch die Flucht der Guymelef-Werkstatt vorbereiten können. So aber war das Technikvolk viel zu überrumpelt, um koordiniert nach der Ursache der plötzlichen Erschütterungen zu suchen, die ihr Heim erschütterten. Einige kamen natürlich auf die Idee, einfach aus den Fenstern zu sehen, aber bis sich diese Nachricht über das Schiff verbreitet hatte, war es schon längst zu spät.
 

Rings um die mobile Werkstatt kreisten in engen Schleifen geflügelte Echsen mit glühenden Augen und steinhart aussehenden Schuppenpanzern. In ihren Rachen, die sie von Zeit zu Zeit aufrissen, glühte dämonisch rotes Feuer und wenn die davon ausgehenden Druckwellen das Schiff trafen, erzitterte es. Auch auf dem Boden hatten flügellose Drachen die Heimstatt der Ispano eingekreist und beäugten sie mit aggressiver Intelligenz. Es war klar, dass jeder Fluchtversuch Selbstmord gleichkam.
 

"Wis willin diese Biester hier?", wollte einer der aufgeregten Techniker wissen. "Wie hiben sie ins gifinden?"
 

"Wihir sill ich dis wissen?", schnauzte ein anderer zurück, der das Geschehen draußen immer noch verfolgte. Natürlich hatte keiner von ihnen schon einmal einen leibhaftigen Drachen gesehen, aber jeder aus dem Volk der Ispano kannte sie. Dieses Wissen hatten sie von ihren Vorfahren geerbt. Leider waren sie völlig überrascht worden, ansonsten hätten sie sich vielleicht mit ihren Guymelefs zur Wehr setzen können. So aber...
 

"Wir missen sie rinlissen", schlug wieder ein anderer vor. Schön langsam breitete sich die Panik an Bord aus. Wie hatte man sie gefunden? Wer hatte sie angegriffen? Und warum? Aber das war jetzt zweitrangig. Als erstes mussten sie verhandeln. Und wie aufs Stichwort ertönte außerhalb des Schiffs auch schon ein Lautsprecher, der die Lenker der Drachen aufforderte, die Bedingungen für die Kapitulation zu nennen. Natürlich nagte es am Selbstwertgefühl der Ispaner, dass sie so überrumpelt worden waren, aber die meisten waren ehrlich und gestanden sich ein: Selbst wenn sie mit den Guymelefs in die Schlacht gezogen wären... sie waren keine Kämpfer. Diese Kampfmaschinen waren für die Menschen konstruiert.
 

Einige Minuten lang geschah überhaupt nichts. Die Furchtsamsten an Bord begannen schön langsam zu glauben, dass die Drachen überhaupt keine Lenker hatten und lediglich mit ihnen spielten, aber die anderen taten das als Gewäsch ab. Wenn diese Drachen keine Lenker hätten, wären sie wohl kaum so schnell und zielstrebig eingekreist worden. Die Frage war nur, was die Befehlshaber dort draußen so lange machten.
 

Dann teilte sich der Ring der Drachen auf dem Boden und drei Gestalten erschienen zwischen ihnen. Sie wirkten neben den gigantischen Echsen winzig und verletzbar, aber offenbar hatten diese mächtigen Respekt vor den drei Ameisen neben ihnen. Erst, als diese Gestalten allerdings näher kamen, konnten die erstaunten Ispano ausmachen, wer da auf sie zukam: Es waren zwei Katzenmenschen, einer männlich, einer weiblich und ein weiblicher Mensch. Ob dieser Mensch etwa...
 

Doch für Überlegungen blieb keine Zeit. In Windeseile eilten alle Ispano, die in der unmittelbaren Umgebung der Schleuse waren, auf die das Kommandotrio zuhielt, hinunter, um sie zu öffnen. Als der erste von ihnen angekommen war, warteten die Befehlshaber allerdings schon, schließlich waren ihre Beine viel länger als die der Ispano. Dennoch zeigten sie keine Spur von Ungeduld. Sie wussten, dass sie gewonnen hatten. Der Ispano wartete noch einige Sekunden, bis einige andere der Crew eingetroffen waren, dann tippte er auf einige Tasten neben der Tür und sie öffnete sich zischend.
 

Die beiden Katzenmenschen traten zuerst ein. Sie waren beide muskulös, der Mann natürlich mehr als das Weibchen, und beide hatten die Grazie, die ihrer Rasse zueigen war. Sie trugen lediglich lederne Waffenröcke und Hosen, die ihre Bewegungsfähigkeit nicht einschränkten, aber die Ispano trauten sich trotz ihrer Übermacht nicht, sie ihrerseits gefangen zu nehmen. Diese athletischen Humanoiden sahen so aus, als könnten sie es mit drei von ihnen gleichzeitig fertig werden. Die beiden blickten misstrauisch einige Male hin und her, was vermuten ließ, dass sie lediglich Leibwächter waren - die Aufgabe, für die das Katzenvolk geschaffen worden war. Dann traten sie beiseite und ließen die Menschenfrau herein.
 

Seltsamerweise schien diese, obwohl sie kleiner und zarter war als die beiden Kämpfer, mehr Macht auszustrahlen als diese. Ihre Augen waren beunruhigend, sie schienen den Kopf zu durchdringen und Gedanken lesen zu können. Außerdem hatte sie die stolze Haltung einer Monarchin. Ihr langes, schwarzes Haar fiel hinter ihr dem Boden entgegen, während sie eintrat und die angsterfüllten Ispano amüsiert musterte.
 

"Schade", kam sie ohne Umschweife zur Sache. "Ich hätte erwartet, von euch etwas mehr Widerstand entgegengesetzt zu kommen. Ich weiß nicht, ob ich euch dankbar oder wütend auf euch sein soll."
 

"Wihir... wihir wisstet Ihr, wi wir wiren?", fragte einer der Ispano leise. Auch er war von der Erscheinung der Frau eingeschüchtert, aber da niemand anderer einen Versuch machte, mit ihr zu verhandeln, fragte er weiter: "Ind wis willt Ihr vin ins?"
 

"Ich habe tatsächlich lange gebraucht, um euch zu finden", gab die Frau zu und verschränkte die Arme vor ihrer Brust. Sie schürzte die Lippen. "Euer Versteck war wirklich gut. Ich bin euch erst auf die Spur gekommen, als ihr Van Farnel zu Hilfe gekommen seid. Aus der Geschwindigkeit, mit der ihr aufgetaucht seid, konnte ich in etwa schätzen, wo ihr euch versteckt hattet." Sie beugte sich zu dem Ispano nieder und funkelte ihn böse grinsend mit den hellen, türkisen Augen an. "Und was ich von euch will? Eigentlich sehr wenig. Ich möchte nur, dass ihr euch nicht in die kommenden Geschehnisse einmischen könnt, das ist alles."
 

"Kimminde... Gischihnisse?", brachte der Sprecher der Ispano stockend hervor. Diese Frau verfügte über große Macht... und leider wusste sie das. Sie durften sie auf keinen Fall verärgern, sonst waren auch die letzten Ispano bald Geschichte.
 

"Ich werde euch jetzt nicht erläutern, was ich genau vorhabe", entgegnete die Frau geringschätzig. "Dafür ist mir meine Zeit zu schade. Aber eines möchte ich euch noch sagen: dass ich sehr glücklich darüber bin, dass die alte Schmach endlich getilgt ist. Endlich haben wir den Ispano ihre Einmischung in unseren Krieg heimgezahlt."
 

Die Augen der meisten Ispano wurden groß, als sie erkannten, was diese Unbekannte mit diesen Worten meinte. "Ihr... Ihr seid...?", wimmerte der Sprecher, aber er schaffte es nicht, den Satz zu vervollkommnen.
 

"Ja", rief die Frau triumphierend aus. Die beiden Katzenmenschen traten simultan beiseite, offenbar wussten sie bereits, was jetzt kommen würde. Kurz krümmte sich die Frau zusammen und das weite Gewand kräuselte sich auf ihrem Rücken. Dann, mit einem Schrei des Triumphes richtete sie sich wieder hoch auf und faltete ihre Flügel auseinander, sodass die beiden Wachen beinahe völlig davon verdeckt wurden. "Ja", wiederholte sie, jetzt ruhiger. "Ich bin eine Nachkommin des Drachenvolkes. Und ihr Ispano werdet jetzt dafür bezahlen, dass ihr euch damals auf die Seite der Menschen gestellt habt! Ihr werdet zusammen mit ihnen entweder uns dienen oder untergehen. Sperrt sie irgendwo ein!", wandte sie sich an die beiden Katzenmenschen und ihre Flügel fielen auseinander, die Federn fielen rings um sie zu Boden, weiß und leicht wie Schnee.
 

"Willt Ihr ins titen?", rief der Ispano schrill aus. Er versuchte, dem Katzenmann auszuweichen, aber dieser war viel zu schnell für ihn. Er ergriff ihn am Handgelenk und verdrehte es auf den Rücken, dann hob er den Ispano mühelos hoch.
 

"Jetzt noch nicht", versprach die Drachenfrau und funkelte die gefangenen Ispano nachdenklich an. "Ich werde euch erst töten, wenn ihr gesehen habt, wie ich mit euren einstmaligen Verbündeten, den Menschen, verfahren werde. Danach werdet ihr wählen müssen... zwischen Dienen und Sterben. Weg jetzt mit ihnen!" Sie machte eine herrische Geste und die Katzenmenschen verbeugten sich. Dennoch waren ihre Griffe immer noch eisenhart. "Aber den Großsprecher lasst hier." Sie deutete auf den Ispano, der mit ihr geredet hatte. Dieser wurde unter seiner Kutte blass. "Ihn brauche ich noch. Ich will, dass er mir zeigt, wie man diese wunderbare Maschine hier fliegt. Und ich bin ganz sicher, dass er mir dabei helfen wird... sonst könnte mir schließlich langweilig werden, nicht wahr? Und dann müsste ich mich eben an euch abreagieren." Sie grinste ihn diabolisch an.
 

Der Ispano schluckte und sah zu seinen Mitbrüdern hin, die hilflos in den Griffen der Katzenmenschen zappelten. Dann nickte er wortlos und ging an der Drachenfrau vorbei, in Richtung Kommandobrücke. Nun war es tatsächlich eingetreten: Das Drachenvolk hatte sich für die Niederlage gerächt, die ihnen die Ispano mit Hilfe der Menschen beigebracht hatten, damals vor langer Zeit, als Gaia geschaffen worden war. Jetzt konnten sie nur noch hoffen, dass die Menschen dieser Wahnsinnigen trotzen konnten. Aber als der Ispano aus der Schleuse sah und die Drachen erblickte, die immer noch um die Festung schlichen, sank ihm der Mut. Die Menschen wussten ja nicht einmal, in welcher Gefahr sie schwebten.
 


 

In der nächsten Folge...
 

Dryden und Millerna, die darüber diskutieren, ob einige ihrer Untertanen sie möglicherweise hintergehen und das Angebot Botschafter Kayds annehmen könnten... Hitomi, die eine noch realere Vision hat... Van, der plötzlich bemerkt, dass mit Hitomi etwas nicht in Ordnung ist und ihren Namen ruft...
 


 

Titel: Der Hilferuf
 


 

Hat's euch gefallen? Was kann ich verbessern? Bitte um Reviews.



Fanfic-Anzeigeoptionen

Kommentare zu diesem Kapitel (6)

Kommentar schreiben
Bitte keine Beleidigungen oder Flames! Falls Ihr Kritik habt, formuliert sie bitte konstruktiv.
Von: abgemeldet
2004-09-28T18:15:19+00:00 28.09.2004 20:15
Wow, toll!
Ich mein, bis jetzt^^
Toller Schreibstil, echt, das findet man bei Fanfivs jetzt nicht so oft, es ist wirklich so (nach unten zeig) als würde man ein Buch lesen, ich mein, die Art wie du schreibst und so^^
Schätze, den zweiten teil druck ich mir auch aus, gute Idee^^ (Auch wenn meine Mutter mich aufgrund der Blatt- und Tintenverschwendung killen wird -.-)
Also, bis jetzt, wie gesagt echt super, freu mich schon riesig auf den Rest^^
Danke für die tolle Fanfic!!!
Bye, bis zum nächsten Chap...
Von:  Bijou
2004-08-25T20:53:24+00:00 25.08.2004 22:53
hallo !
Ich habe die komplette Fanfic herauskopiert und konnte sie bis zum Ende nicht mehr aus den Händen legen.
(Päuschen inbegriffen). . Auch bei einer Schriftgröße von 8, hatte ich ein halbes ausgedrucktes Buch vor mir
und habe mich während des Lesens immer mehr darüber gefreut dass noch so viel zu Lesen übrig war.
Hätte es aber , nachdem ich Kapitel 1 durch hatte, einfach nicht mehr am Pc lesen können, mir fehlte das ,,Seiten blättern" etwas.
Jedenfalls, eine der absolut Besten FF's die ich hier oder auf anderen Sites gelesen habe.
Mein Lieblingsteil ist der, in dem Van die innerlichen Mauern errichtet und Hitomi zu ihm durch dringen muss oder wo er auf die Knie sinkt als Hitomi verschwindet und sich dann ,,diese Frage" stellt. . .der Part,in dem Du Prinz Chid zum stillen Beobachter machst. .die Szene im Thronsaal,die Beschreibung des Tanzens. . . .ja ich merk's schon selber , ich habe eigentlich keinen Lieblingsteil, die komplette FF ist einfach genial.
Also dann : Respekt vor soviel Phantasie ! Danke dir :)
maymercury
Von:  Bijou
2004-08-25T20:52:43+00:00 25.08.2004 22:52
hallo !
Ich habe die komplette Fanfic herauskopiert und konnte sie bis zum Ende nicht mehr aus den Händen legen.
(Päuschen inbegriffen). . Auch bei einer Schriftgröße von 8, hatte ich ein halbes ausgedrucktes Buch vor mir
und habe mich während des Lesens immer mehr darüber gefreut dass noch so viel zu Lesen übrig war.
Hätte es aber , nachdem ich Kapitel 1 durch hatte, einfach nicht mehr am Pc lesen können, mir fehlte das ,,Seiten blättern" etwas.
Jedenfalls, eine der absolut Besten FF's die ich hier oder auf anderen Sites gelesen habe.
Mein Lieblingsteil ist der, in dem Van die innerlichen Mauern errichtet und Hitomi zu ihm durch dringen muss oder wo er auf die Knie sinkt als Hitomi verschwindet und sich dann ,,diese Frage" stellt. . .der Part,in dem Du Prinz Chid zum stillen Beobachter machst. .die Szene im Thronsaal,die Beschreibung des Tanzens. . . .ja ich merk's schon selber , ich habe eigentlich keinen Lieblingsteil, die komplette FF ist einfach genial.
Also dann : Respekt vor soviel Phantasie ! Danke dir :)
maymercury
Von:  Koraja
2002-08-31T14:29:23+00:00 31.08.2002 16:29
Yippie! Ich hab es geschafft den ersten Teil zu lesen!
Gefiel mir wieder sehr gut! Nur jetzt muss ich schnell weiterlesen, sonst komm ich nicht hinterher!^-^
Ciao Koraja
Von:  -Darkness-
2002-08-29T12:05:37+00:00 29.08.2002 14:05
also der 1 teil war schon mal klasse nun gehts auf zum 2 ten

Lg Merle
Von:  PoetryPi
2002-08-25T09:53:46+00:00 25.08.2002 11:53
Diese FF ist erste Sahne! Dein Schreibstil gefällt mir sehr, ebenso wie deine Ruhe alles zu beschreiben. Wie du die einzelnen Charas und ihre Umgebung beschreibst...genauso
könnten sie 5 Jahre später aussehen. Ich bin gespannt,was sich da nun anbahnt. Werd die Fortsetzungen jetzt auch mal verschlingen..Mach weiter so.
Gruß Pi


Zurück