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Lady Oscar

Eine Eisblume schmilzt
von

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Die Revolution geht weiter

Es war wunderschöner sonniger Frühlingstag im Mai 1791.

Oscar und André waren glücklich in ihrer Rolle als Eltern.

Seid einigen Monaten passte Oscar wieder in ihre Uniform und hatte das Kommando der Nationalgarde zurück übernommen.

André war öfter zu Hause, damit Oscar ihren Dienst reinen Gewissen ausüben konnte. Trotz allem war auch sie so oft es ging bei ihrem kleinen Sohn.

„Männer präsentiert das Gewehr!“

Oscar saß stolz und anmutig auf ihrem prächtigen Schimmel.

Die Soldaten strahlten.

„Seid sie Mutter geworden ist, ist sie noch strahlender als früher.“

„Ja, ihre Augen senden lauter Blitze aus und ihre Haltung ist noch anmutiger geworden.“

„Und die Uniform steht ihr hervorragend.“

„Hm, seid die Trikolore den Lilienbanner ersetzt hat, trägt sie deren drei Farben. Dunkelblaue Uniform, weiße Schärpe und rote Bauchbinde. Absolut umwerfend.“

Alain grinste.

„Seid froh, dass André euch nicht hören kann.“

Still standen die Soldaten in Reih und Glied.

„Ab dem heutigen Tage bin ich wieder euer Kommandant!“

Oscar schaute auf ihre Männer.

„Es ist eine große Freude für mich wieder hier zu sein und meine Truppen befehligen zu können.“

Girodelle kam zu ihr heran.

„Es ist uns eine Ehre wieder unter euch dienen zu dürfen.“

Glücklich wandte Oscar ihren Kopf.

„Herzliche Dank für eure Unterstützung in der ganzen Zeit. Ich bin sehr stolz auf meine Soldaten!“

Zufrieden standen die Männer auf dem Exerzierplatz und warteten darauf, mit ihrem Kommandeur in die kommenden Monate und Geschehnisse zu starten.
 

Am 20 Juni 1791 bekam Oscar den Befehl die Flucht ihrer Majestät der Königin und des Königs mit ihrer Truppe zu begleiten.

Oscar stand vor ihrem Tisch und schaute General de Boulier entsetzt an.

„Warum ich? Die königliche Familie hat ihre eigenen Leibwächter, die sie beschützen sollen.“

Sie ballte ihre Hände zur Faust.

„Ich diene ihrer Majestät nicht mehr. Ich diene dem Volk.“

General de Boulier winkte ab.

„Ich weiß Kindchen, aber ihre Majestät, die Königin hat verlangt, dass ihr sie begleiten sollt, da sie nur auf euren Schutz vertraut. Ansonsten bleibt sie hier.“

Oscars Augen weiteten sich.

‚Sie vertraut nur meinem Schutz…Oh meine Königin. Ihr habt mich also doch nicht vergessen…’

Nachdem General de Boulier sich verabschiedet hatte, saß sie grübelnd in ihrem Dienstzimmer.
 

Gedankenversunken ritt sie zum Exerzierplatz.

„Uns wurde eine Aufgabe aufgetragen, die eigentlich nicht in unserem Dienstbereich liegt.“

Aufmerksam beobachtete sie ihre Soldaten.

„Wir sollen ihre Majestät in der heutigen Nacht auf ihrer Flucht in die österreichischen Niederlande eskortieren.“

Ein Murmeln ging durch die Reihen.

„Ich weiß, wir dienen nicht dem König, sondern dem Volk von Frankreich.“

Sie schluckte.

„Wir haben am 14. Juli letzten Jahres einen Eid abgelegt, in dem wir auf den Schutz der Nation, des Gesetzes und des Königs schworen. Also ist der Auftrag in einer Weise berechtigt.“

Oscar wischte sich den Schweiß von der Stirn.

„Andererseits sind wir auf diese Weise Helfer eines Fluchtversuches des Königs vor seiner Verantwortung, die er eigentlich dem französischen Volk gegenüber aufbringen müsste.“

Sie fuhr sich durch ihre Locken.

„Ich kann und möchte niemanden zwingen mir zu folgen und den Auftrag auszuführen. Doch ich werde diese Truppe eigens anführen, obwohl ich mit dem Herzen für das Volk kämpfe. Wer also bereit ist mir zu folgen, der stelle sich in eine Reihe hier drüben. Die Anderen bleiben solange hier und beobachten Paris und Umgebung.“

Bange Minuten des Wartens verstrichen, als Alain schließlich zu Oscar kam.

„Ich bin bereit, euch überall hin zu folgen. Ihr werdet eure Gründe haben, warum ihr diesen Befehl angenommen habt. Ich vertraue euch.“

Erleichtert schaute Oscar ihn an.

Schließlich waren an die Hundert Männer bereit, ihr zu folgen.

Nur die Gruppe um General Boulier und einige „Aristokraten“ des alten Adels blieben wo sie waren.

„Gut, dann werden wir nach Versailles reiten. General de Boulier, ich sehe es als selbstverständlich, dass ihr solange das Kommando der Nationalgarde habt.“

Dieser nickte.
 

In der Nacht vom 20./21. Juni 1791 gelang es der königlichen Familie, aus dem von Nationalgardisten bewachten Schloss in Verkleidung unerkannt zu entkommen, um in Kutschen außer Landes zu gelangen.

Oscar ritt direkt neben der Kutsche des Königs und der Königin.

„Oscar, welche Freude euch endlich wieder zu sehen!“

Marie-Antoinette strahlte.

„Ich habe oft an euch gedacht und mich gefragt, was ihr wohl macht. Ich habe euren Vater mit Fragen gelöchert. Wie alt ist euer Sohn denn jetzt?“

Oscar lächelte.

„Gabriel Joseph ist knapp zehn Monate alt. Ein Sonnenschein.“

Sie schaute in Richtung Kutsche.

„Auch ich habe euch all die Jahre nicht vergessen. Zu Ehren des verstorbenen Dauphins habe ich unseren Sohn mit Zweitnahmen Joseph genannt.“

Ein Stich durchfuhr Marie-Antoinettes Herz.

„Das ist zu viel der Ehre. So sehr denkt ihr noch an uns Oscar?“

Oscar konnte nicht verhindern, dass sich in ihre Augen Tränen schlichen.

„Meine Königin, ich liebe euch noch immer, wie ich es früher tat. Doch leider kam alles anders. Aber wisst, dass ihr immer in meinem Herzen sein werdet. Auch wenn dies das letzte Mal sein wird, dass ich für euren Schutz bürge.“

Oscar trieb ihr Pferd an.

„Girodelle übernehmt bitte für mich. Ich werde voraus reiten.“

Verwundert gehorchte dieser.

Oscar galoppierte den Weg entlang.

„Meine Königin, ihr habt nichts von eurem Wesen, eurem Liebreiz verloren. Warum habt ihr nicht auf eure treuesten Mitmenschen gehört? Warum nahmt ihr die Ratschläge Graf de Marcy’s und meiner Wenigkeit nicht an? Dann wäre sicher alles anders geworden…“

Schluchzend ließ sie ihren Tränen freien Lauf.
 

Als sie Varennes erreichten, befahl der König Rast zu machen und in ein Gasthaus einzukehren.

„Eure Majestät, das könnt ihr nicht machen.“

Oscar war in heller Aufregung.

„Wir hatten vereinbart, dass wir ohne Rast bis zur Grenze durchreiten. Es ist viel zu gefährlich. Wenn euch die Leute erkennen und herauskommt, dass ihr eine Flucht geplant hattet, wird das für euch nur von Nachteil sein.“

Auch die Soldaten waren entsetzt.

Schließlich würden sie in Verruf geraten, wenn heraus kam, dass sie dem König geholfen hatten.

Das würde ihnen die Glaubwürdigkeit nehmen.

Doch der König ließ sich nicht umstimmen.

Wütend musste Oscar ihren Männern mitteilen, dass sie eine Stunde Rast machen würden.

Uns so kam es wie es kommen musste.

Die Bauern erkannten den König und die Königin und zwangen sie zur Umkehr nach Paris.

Oscar ritt zu ihren Soldaten.

„Die Bürger haben sie erkannt, reitet so schnell, wie möglich nach Paris zurück und warnt die anderen Soldaten. Und nehmt alle mit, die wir auf dem Weg stationiert haben.“

Girodelle wollte widersprechen.

„Aber, wir sollten bei euch…“

Oscar wurde unwirsch.

„Keine Widerrede. Ich möchte nicht, dass das Volk der Nationalgarde nicht mehr traut, nur weil der König sich nicht an Absprachen hält. Ich werde alleine mit der königlichen Familie zurück reiten. Somit nehme ich die volle Verantwortung auf mich.“

Die Soldaten waren fassungslos.

„Das könnt ihr nicht machen.“

„Das Volk von Paris liebt euch.“

Ihr könnt euch nicht gegen sie stellen.“

Oscar lenkte ein.

„Ich denke, ich kann erklären, warum ich ihrer Majestät geholfen habe, ihr aber, bei euch sähe es aus, als stelltet ihr euch aus heiteren Himmel gegen die das Volk. Ich habe einen Teil des Schwures vom letzten Jahr auf dem Place de Mars erfüllt.“

Girodelle blieb hartnäckig.

„Den haben wir alle unterschrieben. Ich werde bei euch bleiben. Alain soll mit den Anderen zurück reiten.“

Oscar nickte.

„In Ordnung. Jetzt reitet aber sofort los, bevor der König etwas merkt.“

Alain war unwohl, als er in Richtung Paris galoppierte.

Welche Folgen würde wohl das unbesonnene Verhalten des Königs haben?
 

Bernard, Rosalie und André saßen im Garten. Oscar stillte drin ihren Sohn, während die Männer über die Auswirkungen der Vorkommnisse der letzten Tage diskutierten.

Bernard nahm einen Schluck aus seinem Glas.

„Hm, der Wein ist wirklich gut, André…Aber…Ich finde, dass die vereitelte Flucht des Königs deutlich gemacht hat, dass mit ihm keine durchgreifende Änderung der bestehenden Verhältnisse zu erreichen ist. Die Bürger haben Angst vor einem Aristokratisch-royalistischen Komplott, verbunden mit der Gefahr einer ausländischen Kriegserklärung. Das heizt die Volksstimmung sowohl gegen die Monarchie als auch gegen die gemäßigten Befürworter einer konstitutionellen Monarchie auf.“

Oscar kam heraus, Gabriel auf dem Arm.

„Ich kann den König nicht verstehen. In der Diskussion um den Fortbestand der Monarchie ist die "patriotische Partei" des Bürgertums in einen gemäßigten und einen radikalen Flügel auseinander gebrochen. Wenn er so weitermacht, hat er nicht mal mehr die bisherigen Befürworter der Monarchie auf seiner Seite.“

Gabriel gluckste, da ihm Oscars Haare kitzelten.

Juchzend zog er daran.

Reflexartig hielt sie ihren Sohn von sich weg. Da der aber die Haare nun einmal in seinen kleinen Händchen hielt, ließ er auch nicht los.

Verzweifelt versuchte Oscar ihre blonden Strähnen wieder aus den Fingern ihres kleinen Wonneproppens zu befreien.

Erst mit Rosalies Hilfe gelang es.

Seufzend rieb Oscar ihren Kopf.

„Entweder, ich passe endlich besser aus, oder ich schneide meine Haare ab.“

Die Anderen schauten sie erschrocken an.

„Ihr wollt doch nicht allen ernstes eure wunderschönen Locken abschneiden…?“

Oscar musste lächeln.

„Keine Bange, ich hänge doch selbst an ihnen.“

Sie fuhr Gabriel über seinen blonden Schopf.

„Du bleibst jetzt bei Rosalie, ihre Haare sind zum Zopf. Da kommst du nicht so leicht ran. Außerdem muss sie ja langsam mal üben…“

Bernard erblasste.

„Wieso?“

Rosalie hob lachend die Hände.

„Keine Angst, mein Schatz. Du bist der Erste, der es erfährt, wenn es soweit ist.“

Bernard guckte schief.

„Das glaube ich nicht, ich glaube Oscar wird es vor mir erfahren“

Oscar kratzte sich am Kopf.

„Aber ich würde nichts verraten.“

André schien gar nicht richtig bei der Sache zu sein.

„Wusstet ihr, dass das neue Parlament sich Gesetzgebende Nationalversammlung nennt?“

Oscar nickte.

„Ich habe davon gehört. Es besteht aus folgenden Gruppierungen:

- 264 Abgeordnete, die weiterhin dem Prinzip der liberalen, konstitutionellen Monarchie, aber auch dem der Vorherrschaft der Bourgeoisie folgen und dem Club der Feuillants nahe stehen.“

Rosalie war irritiert.

„Feuillants?“

Oscar schenkte sich etwas zu trinken ein.

„Das ist eine Hälfte der gespaltenen patriotischen Partei.“

Rosalie widmete sich wieder Gabriel.

Oscar fuhr fort.

Dann gibt es 136 "Linke", die dem Jakobinerclub nahe standen, unter ihnen auch Deputierte des Departements Gironde, die die Politik der Fraktion prägt (daher auch der Name "Girondisten") - gleichfalls der Bourgeoisie angehörig, aber mit demokratischeren und republikanischeren Gedanken als die Feuillants - nach dem Pariser Journalisten Brissot "Brissotins" genannt; zwischen beiden Gruppen steht die Gruppe der Unabhängigen oder "Konstitutionalisten" mit 345 Abgeordneten, die wie die beiden anderen auf der Seite der Revolution und des Bürgertums steht, aber die Politik nicht wesentlich beeinflusst.“

Bernard übernahm.

„Und schließlich stehen auf der "äußersten Linken" Befürworter des allgemeinen Wahlrechts. Sie sind jedoch ohne politischen Einfluss in der Nationalversammlung, dafür um so mehr in den Clubs und Sektionen.“

Rosalie fragte vorsichtig:

„Stimmt es, dass es dem demokratischen Selbstverständnis der Revolution entspricht, dass eine Wiederwahl der bisherigen Abgeordneten ausgeschlossen ist?“

Oscar nickte.

„Ja, die neue Gesetzgebende Versammlung steht in keiner personellen Kontinuität mit der alten Verfassungsgebenden Nationalversammlung.“

Großmutter kam heraus.

„Kommt, wir wollen essen!“

Oscar sprang auf.

„Hervorragend, ich habe einen Bärenhunger. Rosalie, ihr bleibt doch zum Essen?“

Rosalie nickte.

„Gerne, wir würden uns freuen, oder was meinst du, mein Schatz?“

Bernard nickte begeistert.

„An das Essen eurer Großmutter kommt einfach niemand heran.“

Oscar stimmte ihm zu.

André hielt seine Frau fest und küsste sie.

„Aber der Bärenhunger hat nichts zu bedeuten, oder?“

Diese grinste.

„Ich stille ein Kind von dir. Da ist es ein Wunder, dass ich überhaupt noch zum Essen komme. Es hat nämlich deinen Hunger geerbt. Und wenn ich mal zum Essen komme, dann muss ich das ausnutzen.“

Lachend begaben sich die Freunde zum Essen.
 

Oscar, Girodelle und Alain saßen im Dienstzimmer des Kommandanten und hielten eine Besprechung ab.

Alain wirkte zerknirscht.

„Dieser zweite Jahrestag wird immer noch überschattet von anhaltenden Diskussionen über die versuchte Flucht des Königs. Er ist zwar nach seiner Ergreifung in Varennes bis auf weiteres von seinem Amt suspendiert worden, aber aus den Reihen der radikalen Cordeliers werden Forderungen nach seiner endgültigen Absetzung laut.“

Oscar schlug mit der Faust auf den Tisch.

„Ich hätte auch nicht gedacht, dass der König sich solch einen Fauxpas erlauben würde. Was wollte er denn damit erreichen?“

Girodelle beschwichtigte die Beiden.

„Vorgestern hat die Nationalversammlung doch beschlossen, den König im Amt zu belassen.“

Er verschluckte sich am Wasser und musste husten, bevor er fortfahren konnte.

„Ein Beschluss, dem letztendlich auch die Jakobiner, die vorher über eine Petition gegen Ludwig beraten hatten, zustimmten. Es ist also alles in Ordnung.“

Sie waren noch mitten in einer Diskussion, als ein Eilbote aus der Nationalversammlung in die Kaserne der Nationalgarde kam.

„Kommandant Oscar Francois de Jarjaye. Ihr habt Befehl euch sofort mit eurer Truppe zum Marsfeld zu begeben. Gestern wurden zwei Männer ergriffen, ein junger Bursche und ein Invalide mit Holzbein, der für Aufsehen gesorgt hat. Man hat die beiden unter dem Altar des Vaterlandes aufgefunden. Ihr habt doch von dem Beschluss gehört, den König im Amt zu lassen.“

Oscar nickte.

„Die Cordeliers allerdings ließen sich von ihrem Standpunkt nicht abbringen und legten gestern auf dem Marsfeld auf dem Altar des Vaterlandes eine republikanische Petition zur Unterschrift am heutigen 17. Juli aus.“

Der Bote kam langsam wieder zu Atem.

„Am Altar haben die beiden Männer viele kleine Löcher in die Bodenplanken gebohrt, angeblich, um bei der Unterschriftenaktion, den Frauen unter den Rock schauen zu können.“

Alain grinste verächtlich.

„Und deswegen hat man die Männer festgenommen?“

Der Bote schüttelte den Kopf.

„Man hat in ihrem Versteck ein mysteriöses Fässchen gefunden und das Gerücht, die beiden hätten vorgehabt, mit einem Pulverfass den Altar des Vaterlandes samt der republikanischen Petition und den anwesenden Cordeliers in die Luft zu sprengen, machte die Runde.“

Er machte eine kurze Pause.

„Das Volk führte die beiden Männer zum Sektionskomitee und hängte sie heute Morgen an einer Laterne auf.“

Erschrocken sog Oscar Luft ein.

„Sie haben was?“

Sie wandte sich an den Boten.

„In Ordnung, ich werde mit einer Truppe zum Marsfeld reiten.“
 

Um die Mittagszeit, da die Petition unterzeichnet werden sollte, suchten städtische Untersuchungsbeamte den Ort auf und trafen lediglich auf unbewaffnete Bürger, die sich mit den Unterschriften befassten. Überzeugt, dass dort nichts das Eingreifen einer Ordnungsmacht erfordern würde zogen sie sich zurück.

Gleichzeitig wurde Oscars Abteilung der Nationalgarde und Geschütze, die nach dem morgendlichen Ereignis in einer Nebenstraße postiert worden waren wieder abgezogen. Die Truppenbewegungen schufen Unsicherheit, die Hitze des Tages und die verschiedensten Gerüchte luden die Situation auf. Doch noch blieb alles ruhig.
 

Gegen 18.00 Uhr hatte sich die Menschenmenge jedoch immer noch nicht zerstreut, woraufhin Oscars Abteilung mit einem Artillerietrain erneut anrückte. Auf ihrem Schimmel allerorten und jeder Zeit eine imposante Persönlichkeit, wurde sie von der Menge jubelnd begrüßt. General de Boulier und einige Aristokraten, welche zwar ebenso bekannt, jedoch nicht halb so beliebt waren wie Oscar waren ebenfalls zum Marsfeld geschickt worden. Mit sich führten sie die rote Fahne, das Zeichen eines bevorstehenden Truppeneinsatzes.

Girodelle lenkte sein Pferd zu seinem Kommandanten.

„Was macht den die Truppe von General de Boulier hier?“

Abschätzend wandte er den Kopf.

„Ich dachte, sie hätten Order in den umliegenden Straßenzügen für Ruhe zu sorgen?“

Oscar zuckte mit den Schultern.

„Wahrscheinlich kam ein Befehl vom König selbst.“

Plötzlich löste sich ein Schuss.

Erschrocken zuckten Girondelle und Oscar zusammen und auch die Pferde reagierten nervös.

„Ho, gut Flann, ist ja wieder alles ruhig.“

Oscar tätschelte den Hals ihres Schimmels.

Girodelle deutete in eine Richtung.

„Seht nur, General de Boulier wurde der Hut vom Kopf gefegt.“

Dessen Soldaten antworteten mit heftigem Gewehrfeuer.

„Ja sind die denn von Sinnen?“

Erschrocken beobachtete Oscar den Platz.

In der versammelten Menge entstand eine Massenpanik. Die Menschen drängten auf allen Seiten vom Platz.

Plötzlich schossen die Soldaten General de Bouliers abermals.

„Mein Gott! Sie schießen auf wehrlose Bürger!“

Sie trieb ihr Pferd zwischen die Männer General de Bouliers und das Volk.

Ihre Soldaten erkannten die Situation und folgten ihr.

In einer Reihe aufgestellt zielten sie auf die Schützen.

„Hört sofort auf.“

Brüllte Oscar und ritt in die Schusslinie.

„Ihr schießt auf wehrlose und unbewaffnete Männer und Frauen! Ist das die Art, wie ihr euren Hass gegen das Volk und die neuen Menschen- und Bürgerrechte zum Ausdruck bringt?“

General de Bouliers Soldaten hielten inne.

„Wenn ihr nicht sofort damit aufhört, werde ich meinen Soldaten den Befehl erteilen auf euch zu schießen. Und glaubt mir, sie werden keinen Augenblick zögern den Bürgern von Paris zur Seite zu stehen.“

Alain befiel plötzlich die Angst, General de Boulier könnte den Kommandanten der Nationalgarde kaltblütig erschießen lassen.

Doch die Männer um den General zogen sich widerwillig zurück.

„Ich werde dem König von eurem Einschreiten in unsere Handlungen berichten.“

Schrie Boulier.

„Tut, was ihr nicht lassen könnt.“

Fauchte Oscar wütend.

„Aber meine Nationalgarde dient dem Volk und nicht dem König.“

Nachdem sie fort waren, sprang Oscar vom Pferd, um sich der Verwundeten anzunehmen.

Alain wollte ihr zu Hilfe eilen.

Was er sah, verschlug ihm den Atem.

Es gab keine Verwundeten – es gab nur Tote.

Als Oscar sich umdrehte, hatte sie Tränen in den Augen.

„Alain, diese Idioten haben hunderte von Frauen und Männern erschossen. Gott, womit haben sie das verdient? Sie haben doch gar nichts getan!“

Schluchzend sank sie in die Knie und verbarg ihr Gesicht in den Händen.

Getroffen von den Gefühlen ihres Kommandanten für die einfachen Bürger von Paris schworen die Soldaten der Nationalgarde ihr ein weiteres Mal ewige Treue.

Die wenigen Überlebenden Bürger wussten, dass Oscar niemals auf sie geschossen hätte.

Tief in ihren Herzen gelobten sie sich, ihr und ihren Männern immer zu vertrauen und sich auf sie zu verlassen.

Die Leichen der Erschossenen wurden noch in derselben Nacht der Seine übergeben.
 

General de Boulier und seinen Soldaten wurde die Hauptschuld an dem Massaker des 17. Juli gegeben. Man warf ihnen Fahrlässigkeit und Mutwillen vor.

Einige glaubten gar die Tat wäre fingiert worden, um die Unterzeichnung der Petition zu verhindern und somit auch die Absetzung des Königs zu verhindern. General de Boulier und seine Truppe verloren ihre Popularität im Volk.

Die radikalen Kräfte in Frankreich gewannen an Macht.

Die Truppen von Oscar jedoch konnten kaum mehr an Ansehen erreichen, als ihnen schon entgegen gebracht wurde.

Das Volk liebte und verehrte sie und ihre Männer.

Es vertraute auf sie.
 

Am 3. September wurde die endgültige Verfassung verabschiedet, auf die der König am 14. September einen Verfassungseid ablegte.



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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Von: abgemeldet
2007-12-18T16:17:21+00:00 18.12.2007 17:17
Danke, ja, ich lade die Kapitel einzeln hoch. So weiß ich wenigstens, dass alle rein kommen.
Von:  Kio4578
2007-12-17T16:49:10+00:00 17.12.2007 17:49
Geh ich recht in der Annahme, das du alle Kapitel noch mal einzeln hoch lädst? (Nachdem sie die kompletten 10 nciht reinstellen wollten) Jedenfalls sehr schön, sehr gelungen, weiter so ^^
LG


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