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Say what!??

Blau trifft Rot
von

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Knopfes Not

Kapitel 2 (17) / Knopfes Not
 

Der Platz war gerammelt voll.

Es erinnerte an eine Art Amphitheater, bloß viel mehr aufgemotzt, mit riesen Leinwänden, Plastiksitzgelegenheiten und komischen Designererdbällen, die bei Nacht fürchterlich grell auf die tosenden Meute schienen.

Die Nacht war über dem Zentrallager der Gardiens hineingekrochen und heute stand eine Art Riesenfete an, getarnt als seriöse Versammlung des Hauptrates der Gardiens.

Zu dem zählte auf dritter Amtsebene auch Blues Mutter. Die hatte ihren Platz auf dem Dritten Rang von oben eingefunden. Blue selbst saß in einer Art separaten Loge und blickte auf die blau uniformierten Soldaten nieder, die immer wieder tosend und pfeifend ihre Verehrung kundtaten.

Maria und ein paar Bodyguards leisteten ihr Gesellschaft.

Ein alter Mann schließlich ergriff das Wort und berichtete über die feindlichen Einnahmen des Südwestens, Westens und der Grenzlinie. Auch erwähnte er, dass die gesamte Bodyflotte nun in den Händen der Gardiens läge.

„Ich darf ihnen also verkündigen, dass wir die ernst zu nehmende, stärkste Waffe der Force eliminiert haben. Um nun mehr Druck auf das restliche Land auszuüben, werden wir wie folgt vorgehen“.

Der alte Mann gab ein Zeichen und ein Bild wurde auf die Leinwand projiziert.

„Die Bodys, die biotechnologischen Geheimwaffen der Force, werden uns nun in unserem Angriffsplan unterstützen…“. Laute Diskussion ging durch die Reihen. Es war nicht zu leugnen, dass Skepsis die Runde machte.

„… sicherlich bürgt dies ein riesen Gefahrenpotential, doch uns ist es gelungen, die Bodys Einsatzfähig zu machen. Wir werden die Force Einheiten mit ihren eigenen Waffen schlagen…“. Er setzte einen weiteren Knopfdruck an und eine Tür wurde geöffnet.

„Dies sind Piloten der Bodyeinheit, die durch uns neuronal angepasst wurden“.

Ins grelle Licht der überdimensionalen Globusleuchten traten 5 Personen in blauen Uniformen.

Blue stockte kurz.

„Das kann nicht sein“!

Maria beugte sich über Blues Schulter und gab ebenfall einen überraschten Laut ab.

„Das ist doch dieser Tai…“!

Blues Fäuste ballten sich und sie sprang hastig auf.

„Das… das ist zu viel. Noch nicht einmal ein Fünkchen Würde hat dieser kranke Verein hier“!!!!

„Aber Blue…“, Maria wollte sie noch festhalten, doch da war Blue schon auf das Geländer der Loge gesprungen und hastete mit einem riesen Hüpfer der Nächsten Loge entgegen. Sie wusste, dass sie durch die Gabe als Medium nicht nur mentale, besondere Kräfte hatte, auch die Beweglichkeit ihres Körpers und Koordinierung von fast akrobatischen Sprüngen hatte sie sich zu Eigen gemacht.

Bei der dritten Loge wäre sie jedoch fast hinunter, in die tosende Meute gefallen. Nur mit Mühe erreichte sie schließlich die Ränge der obersten Befehlshaber.

Die ersten 3 Ränge übertrampelte sie noch mit Mühen, doch bei dem 3ten Rang wurde sie plötzlich grob am Fußgelenk gepackt und umgeworfen. Ihre Mutter war erpicht darauf sie selbst in die Hände zu bekommen.

Blue lag nun auf dem 3ten langen Tischartigen Bauteil des Amphitheaters und rieb sich das Kinn.

„Was soll das Theater“?

Ihre Mutter war zwar aufgebracht, doch sie bewarte Ruhe, um nicht völlig hysterisch vor etwa 3000 Soldaten bloß gestellt zu werden.

„Ich kann es nicht mit ansehen, wie ihr scheinheilig versucht einen Krieg zu führen, der zumal sinnlos ist, und zum Anderen HINTERFOTZIG!!!“

Bei den Wort hinterfotzig verzog ihre Mutter das Gesicht, wie in der Art: „-Oh mein Kind ist mit solch einem schlimmen Wortschatz aufgewachsen, ungeheuerlich-“.

Danach holte sie aus und verpasste Blue eine laute Backpfeife.

„Törichtes Ding. Ich hätte dich auch töten lassen können. Was bildest du dir ein“?

Ihre Wange schmerzte und Blue spürte wieder diesen Druck in ihrer Kehle, der sich hinauf bis zu ihren Augen drückte.

„… es ist feige einfach Soldaten des Gegners für die eigenen Machenschaften zu benutzten! Sie zu zwingen ihr Vaterland zu verraten! FEIGE„!!!

Blues Mutter grinste. „Wer hat den was von zwingen gesagt“?

Blue hörte wohl nicht recht. Ihr Blick schwang eilig hinüber zu dem Podest, auf denen die 5 Piloten standen.

Sie verbeugten sich vor dem höchsten Rat!

„Sie….“, durchfuhr es Blue fast wie eine tödliche Spritze.

„… genau, sie wurden gescannt und sind uns jetzt hörig. Alle 5. Auch dein ach so rebellischer Liebhaber“!

Sie hörte wohl nicht richtig. „ Er is nich mein…Lieb..Liebhaber…oder so!! Er ist mein Partner. Ich bin sein Medium“!

Die ältere, dünne blondhaarige Frau lachte zynisch. „Du bist ihm hörig, das weiß doch jeder. Und deshalb wirst du auch alles Erdenkliche tun, um ihn zu retten. Und auch deinen anderen Freund, der dir wiederum völlig hörig ist“!

Sie spielte mit dem Kugelschreiber und grinste ihre Tochter amüsiert an.

„Was wird das hier? Nen Groschenroman??“

Blue fühlte sich etwas überführt. Woher wusste sie das? Na ja, Mutter Tochter Beziehungen liefen in der Regel ja immer darauf hinaus, dass die eine genau über die andere Bescheid wusste. Auf welchen Typ von Mann sie so stand, was sie für Launen hatte, im Résumé halt wie sie tickte.

Doch Blue hatte ihre Mutter kaum gekannt. Sie konnte sich nur wage an die Zeit mit ihr erinnern.

„Woher willst du das wissen“?

Blues Mutter faltete ein Blatt auf und schob sich die Brille zu Recht. „Mal sehen was wir hier haben:

Benjamin Methemberg. Schwimmteam, Gefangener der Force Einheit C, Gescannt und ausgebildeter Truppenteiler, steht auf Blue Bright.

Dann haben wir hier noch: Tai 1003...“

Sie zuckte amüsiert mit den Augenbrauen. „Wieso er wohl so einen komischen Nachnamen hat?“

Blue wurde rot und entriss den Zettel ihrer Mutter. „Wie kommst du dazu“?

Eilig blickte sie auf den kleinen Zettel und musste feststellen, dass er komplett leer war.

„Wieso bist du so rot Schatz? Sind dir etwa die Spionagedaten über deinen Freund so herzenswichtig“?

Na da war Blue ihr ja voll und ganz in die Falle getappt.

„Miststück“, knurrte die blauhaarige nur verächtlich.

„Dieser Benjamin war damals im Kindergarten schon total in dich verschossen Blue“!

Von oben kam nur ein seriöses Räuspern und Blues Mutter drückte ihre Tochter neben sich auf einen Stuhl.

Von hier aus konnte Blue direkt auf das Sims mit den Bodypiloten blicken.

„Dieser Typ ist mir einen Scheißdreck wert. Er kann ruhig für immer sein nutzloses Hirn verlieren. Sonderlich war vorher auch nicht sehr viel mehr Herz und Verstand drin, wie jetzt nach na Komplettleerung“!

Die Rede des Obersten, Reihe eins von Oben, wurde nun fortgeführt,

„Wir haben ausgesprochen qualifizierte Medien gefunden, die mit den ausgebildeten Bodypiloten den Kampf gegen die Force Einheiten antreten werden.

Diese Aufgabe erfüllen sie mit staatlichem Stolz und Siegesmut.

Und zu aller erst darf ich ihnen eines der mächtigsten Mediengenerationen vorstellen.

Kommender Bright und ihre Tochter Blue. Sie wird mit dem stärksten Bodypiloten die Fronteinheit bilden, im Kampf gegen Force.“

Die angesprochene, ältere Bright stand erhaben und mit geschwellter Brust auf, salutierte und im nu spürte Blue keinen blanken Stuhl mehr unter ihren Backen, weil die nun ebenfalls stand und ihr volle Aufmerksamkeit von der tosenden Gardien Meute geboten wurde.

„Ich…“?

Blue blickte sich verunsichert um.

„Da du ja sonderlich nichts mehr für diesen Tai übrig hast, habe ich beschlossen, dass du einem anderen Piloten zugewiesen wirst. Er hat deutlich höhere Qualifikationen wie dein abgestorbener Prinz, deshalb ist er ideal.“

Kein… Tai?

Blue blickte angespannt durch die Runde der Piloten, die sich auf dem Sims stramm positioniert hatten.

„Bitte sag mir, dass es nicht Maike ist“, grummelte sie und ihre Mutter gackerte belustigt.

„Ich werde ihn dir gleich vorstellen, du scheinst ja eine Vorliebe für anmutige Söhne von Vorgesetzten zu haben“.
 

Ihre Mutter hatte ihr nicht gesagt, dass es danach zu einem VIP Empfang ging. Und sie hatte sich extra in ihrem hübschen schwarzen Kleid nicht aufgerüscht. Blues Hände waren auf dem Rücken gefaltet und ihre Mutter, selbst in einer weiß-goldenen Uniform gekleidet, hatte ihr linker Arm gegriffen und sie nun schon tausende Kilometer durch frigide Säle aus Marmor gezerrt.

Ab und zu musste Ms. Bright und Mrs. Bright komisch wortlose Konversationen mit alten, senilen Vorgesetzten in ebenfalls uniformer Kluft, halten. Ihre Mutter wirkte jedes Mal, wenn sie von Vorgesetzten angesprochen wurde, so kleinlaut, fast wie eine parteiische Hofdame, die in der Gunst des Königs steigen wollte. Ja genau, Blue fühlte sich irgendwie ein wenig ins barocke Zeitalter entführt, wo lediglich das äußere Erscheinungsbild und nicht wesentliche Charakterzüge und Konversationen von Wichtigkeit waren.

„Sie sieht euch sehr ähnlich. Wird sie den Krieg überstehen, so hager wie die keine ausschaut“!

„Da bin ich mir sicher Sir. Sie ist zwar dürr, aber leider nicht klein zu kriegen“, scherzte, fast flirtete ihre Mutter mit einem unbekannten Mann, der außerordentlich viele Abzeichen auf seinem Jackett trug.

„Sucht die Schwarze Witwe sich etwa einen neunen Bräutigam, oder wieso bändelst du dir fast jeden Typen an, der dich anspricht“?

Ihre Mutter versuchte über diese unverschämte Bemerkung ihrer Tochter hinwegzusehen und zog sie nun härter über den rutschigen Boden, entlang in einen nächsten Saal, wo nun endlich die höchste Eminenz thronte.

„Das ist der höchste Rat Vorsitzende, Oberst Kamms. Sei jetzt gefälligst etwas charmant oder halt einfach den Mund“. Der angesprochene, weißhaarige Mann, in einem komisch blauen Anzug mit einem Riesen Abzeichen, was nun schon fast als Zigarettentasche durchgehen konnte, erlangte schließlich Blues Aufmerksamkeit und war hell auf begeistert.

„Da seit ihr ja, Kommandante Bright. Ich habe schon auf euch gewartet. Mein Sohne und ich, wir wollten sie nun endlich persönlich kennen lernen. Sie hat sich ja schon mehr oder weniger von selbst vorgestellt.“

Neben ihm tauchte ein junger Mann auf. Blondes, Schulterlanges Haar. Markant.

Etwa 25 Jahre, wenn nicht sogar älter.

„Ich kenne ihn…irgendwo her“. Murmelte Blue und mustert den Sohn des Höchsten genauer.

„Wird das jetzt etwa ne dämliche Verkupplungsaktion“?

Der blonde verbeugte sich kurz und blickte sie finster an.

„Klar…du warst damals mit im Zelt. Dieser Freak der ebenfalls dazu plädiert hatte, mich erschießen zu lassen“, pustete es aus Blue heraus. Genau, als sie das erste Mal von den Gardiens entführt wurde, und sie schließlich vor ihrer Mutter, einem alten Typen und diesem jungen Kerl stand, und fix zum Tode verurteilt wurde.

Kamms strahlte und drückte seinen Sohn näher zu Blue. „Das ist dein neues Medium. Wie ich schon erwähnt hatte, ist Blue Bright ein Medium mit ausgesprochen ausgeprägten mentalen Kräften“.

„Der…ist der Pilot…“? Blue wirkte skeptisch und machte einen Schritt zurück. „Das könnt ihr so was von abhacken. Ich werde weder ein Teil eurer Kampfmaschinerie werden, noch mit diesem Knilch, der mich eigentlich töten wollte, in einen Body steigen oder sonst soziale Kontakte knüpfen. Auch keine Ekelkinder oder so etwas machen!! MIT MIR NICHT“!

Blue drehte sich um und wollte gerade abdampfen, da griff ihre Mutter schon wieder in das Geschehen ein, krallte sich Flux ihren Arm und überreichte sie dem netten, blonden Typen, der sogleich eine Runde mit ihr durch den Saal drehte.

Blue verstand noch nicht ganz, dass es hier nicht um ihren Willen und ihre Bereitschaft ging, es war vielmehr ein Befehl.

„Erinnerst du dich noch an unser erstes Treffen, Blue? Der Rat hat einstimmig beschlossen, zum Wohle der Weltbevölkerung deinen kleinen Kopf gegen die Wand zu pusten. Was glaubst du, wer noch alles zum Wohle der Menschheit ausradiert werden könnte? Es gibt ja so viele Menschen, die für dich eine Bedeutung haben, aber in den Augen der Gardiens lediglich ein Druckmittel sind, um ihre Ziele zu erreichen und durchzusetzen.“ Er flüsterte ihr scharf ins Ohr und presste sie dabei eng an sich. Blue spürte den piekenden Schmerz in ihrem Arm und verstummte.

„Die Ingenieure der Force waren so freundlich, die Bodys noch etwas aufzurüsten. Gleich morgen können wir mit einer Synchronisation unser beider Körper beginnen“.

Blue spürte einen Arm um ihre Hüfte. Er riss sie herum und blickte ihr schließlich in die Augen.

„Mein Name ist Dankin. Ich bin mir sicher, wir beide werden gut zusammenarbeiten“.

Seine Hand umschloss ihre und er zog ihren zarten Körper zu sich heran, die Arme streckte er etwas in die Höhe, und dann fingen beide Körper langsam an, im Takt der Klimpergeräusche aus dem Lautsprecher zu tanzen.

Blue war perplex. Durch seine durchdringende, aggressive Stimme wurde sie kleinlaut und eingeschüchtert. Sie schenkte jedem seiner Worte Glauben.

Er lehnte sich ein Stück zu ihr hinunter und blies ein paare Haare beiseite.

„Ich warne dich. Wer sich mit mir anlegt, wird es bereuen. Selbst so ein rebellisches Kind wie du“!

Wieder dieser kalte Schauer, der Blue vor Angst erstarren ließ.

Seine grünstichigen Augen durchbohrten sie und er grinste triumphierend.

„Ich hoffe, ich mache dir keine Angst. So ein hübsches Gesicht und so viel Furcht. Es wäre besser fürs Image, du würdest ab sofort etwas freundlicher Lächeln“.

Seine rauen Finger streiften ihre Wange und er drehte mit ihr noch ein paar Runden auf dem verlassenen Parkett.
 

Der Anzug, den sie trug, saß eng um ihren zierlichen Körper. Damals war Blue noch etwas propper gewesen. Nach einem guten Jahr voller Entführungen und Liebeskummer war sie nunmehr sehr zierlich und dünn geworden. Noch mehr weckte es in Männern den Beschützerinstinkt.

Weniger bei Dankin, der sie in einem Anzug, bestehend aus einer kurzen Hose und langen Overall, durch die Halle scheuchte, damit sie mehr an Kondition gewann.

Er war nicht sehr liebevoll mit ihr, hatte aber steht‘s das Verlangen sie zu begrapschen. Das wiederum auch nur aus dem Anlass, dass aller Welt vorgegaukelt werden sollte, sie wären das perfekte Paar der Gardiens und würden mit ihrer Liebe den Krieg gewinnen, oder so.

Die Halle entlang schlürfend sah Blue nun zum ersten Mal die Bodys in einer Reihe, an eine Art Ladestation gekoppelt, stehen. Sie hatten sich etwas Äußerlich verändert. Eine Art von Grünstich in ihrer Metalllackierung erhalten. Ein Body, der Fünfte von hinten, allerdings tanzte aus der Reihe. Sicherlich würde es Dankin‘s Bodys sein.

Ihre Augen musterten die leblosen Metallhüllen und sie erinnerte sich kurz in die Zeit zurück, als sie noch auf der Insel war. Noch war es still in der riesen Halle, doch das gewährte nicht lange, als sich durch ein laut angekündigtes Summen eine Tür öffnete und vier Gestalten die Halle wortlos betraten.

Jeder von ihnen hatte einen silbernen Anzug an. Unter dem Arm einen ebenso silbernen Helm geklemmt. Die Truppe trampelte wie eine Herde Elefanten auf sie zu. Der 2te von rechts trug eine auffällige Haarfarbe, sofort stach er ihr ins Augen.

Ihre Augen weiteten sich.

Immer näher rückten die Bodypiloten an sie heran.

Der Windhauch drückte sich gegen ihre Wange, als die Meute an ihr vorbeigezogen war.

Kein Blick. Tai, Maike, Meg und George waren einfach an ihr vorbeigerauscht.

Ihr Blick wandte sich erschrocken über ihre Schulter. Nur das Klacken der Schuhe war zu hören.

Nichts, so als ob sie Luft gewesen war.

Ihr Herz wurde schwer und sie seufzte laut.

„Was haben sie dir bloß angetan Tai“?

Allen wurde das Gehirn ausradiert, bloß ihr nicht!! Wie scheiße war das denn? Blue blieb mal wieder nichts anderes übrig, als allein mit ihrem Leben fertig zu werden und es Stück für Stück zu verkraften. Da war es doch eigentlich viel einfacher mal eben alles zu vergessen und als Zombie glücklich und ahnungslos einfach weiter zu leben und dann zu sterben!

Glaube sie jedenfalls. Was in solchen Zombies wirklich vor ging konnte sie schlecht wissen.

Von weiten hörte sie Dankin brüllen und schon bewegte sie ihre müden Knochen wieder voran. Er konnte so etwas von tyrannisch sein, da konnte Blue sich wirklich ne Scheibe von abschneiden. Immer wieder umrundete sie den Platz, vorbei an den Bodys und an den Piloten, die wie Spielfiguren am Rande standen und in die Luft starrten. Ein komischer großer Mann mit Capi redete auf sie ein. Blue merkte noch nicht einmal mehr, dass ihr Körper sich langsam gegen die Strapazen zu wehren begann. Sie lief und lief, Runde um Rund, um möglichst schnell wieder bei den Piloten vorbei zu schlürfen und vorsichtig ein Augen auf ihn zu legen.

Ihre Beine hoben sich müde und plötzlich stolperte sie und ging zu Boden. Das Kinn, auf dem harten, rauen Pflaster, brannte plötzlich und Blue kniff die Augen zusammen, regte sich nicht und horchte in die plötzliche Stille. Alles schien stehen zu bleiben. Nur von weitem hörte sie ihren Namen schallen, weit entfernt. Blue spürte nichts mehr. Ihr Kopf rebellierte, alles drehte sich. Nein sie konnte und wollte nicht mehr. Einfach schlafen, hier liegen bleiben. Nichts tun. Den Tod abwarten, dass war wohl das Beste.

„Ms…. Ms…?

Ms Bright…

Tut ihnen etwas weh?

Kommen sie zu sich!

Ms Bright“!

Sie schlug ihre Augen auf. Es war wie ein frischer Atemzug. Seine grauen, traurigen Augen musterten sie kritisch. Sie spürte seinen festen Druck um sie.

„Geht es wieder Ms Bright“?

„Tai“?

Er hievte sie auf seine Arme.

„Soll ich sie in die Krankenstation bringen? Können sie gehen“?

Sein Geruch. Dieser süßlich herbe Geruch, er klebte noch immer an ihm, wenn auch nur sehr leicht. Sie schloss wieder ihre Augen.

„Ich will nicht mehr Tai. Bring mich hier weg“. Ihr Gesicht drückte sich gegen seine Brust.

„Ms Bright“?

Von weitem nun kam Dankin angetrampelt. Sicher, Blue in den Armen eines anderen Mannes zu sehen, dazu noch ein Pilot und sicherlich auch bekannter weise genau der Lieblingspilot von Blue, ließ bei Dankin die Sicherungen durchbrennen.

„Lass sie runter!“ Er drückte empört an Blue herum, doch zum erstaunen ließ Tai sich nicht los.

„Sie braucht einen Arzt. Ihr Puls ist hoch, sie hat sich überanstrengt!“

Dankin riss an Tais Schulter und wurde noch ungeduldiger. „Das seh ich selbst. Lass meine Medium runter! Sie gehört mir! Das ist ein BEFEHL“!

Tai gab klein bei und ließ Blue langsam zu Boden gleiten. Ihre Hände griffen schwach um ihn und schließlich blickte sie ihn müde durch ihre blauen, traurigen Augen an.

„Bleib bei mir Tai“. Ihr schmaler Körper lehnte sich Schutz suchend an ihn.

Er war erstarrt.

Was hatte das zu bedeuten? Blue bemerkte deutlich, dass etwas in ihm vorging. Er überlegte, er fühlte wahrscheinlich etwas, und das konnte er nicht einordnen. So hatte Ben sie damals auch angeschaut, mit demselben, schockierten Blick. Schockiert, weil plötzlich ein gewisser Funke in ihm zu lodern begann.

„Ich…“, murmelte Tai schließlich leise und griff ihre Schultern.

„Ihr solltet mit Dankin Kamms auf die Krankenstation gehen. Ihr scheint nicht gesunde zu sein“.

Eine fremde Hand legte sich um ihre Taille und ne kurzen Ruckelein hatte Dankin ihren Körper auf seine Arme gehievt. Blue blickte ein letztes Mal über sein Schulter zu dem Mann mit den roten Haaren. Seine Augenbrauen hatten sich verwirrt zusammen gezogen. Er formte ein Wort mit seinen Lippen, das sie nicht mehr verstanden hatte.

Vielleicht war es auch nur von ihm geflüstert gewesen.

„Das sollte das Theater gerade? Er kann sich nicht mehr an dich erinnern. Tut mir Leid“!

Verbittert trampelte Dankin aus der Halle mit ihr.

„Was weißt du schon“!

„Geb‘s endlich auf Blue, dein Platz ist hier, bei mir. Nicht bei Tai und auch nicht bei den Force. Du gehörst mir, für immer“!
 

Das Rädchen gab einen komisch quietschenden Laut von sich, der Blue in leichte Zweifel fallen ließ.

Danach tropfte die durchsichtige Flüssigkeit schneller den Beutel hinab.

„Deine Eisenwerte sind schlecht. Elektrolyten auch. Weiße Blutkörperchen herhört. Warst du beim Impfen“?

Ihr Kopf neigte sich zur Seite und sie starrte den Bildschirm, neben ihrer Liege an, der ihre Herzfrequenz aufzeichnete.

„Hörst du nicht Blue“?

„Tötest du mich jetzt langsam und unauffällig, weil ich‘s langsam nicht mehr bring und nutzlos werde“?

Ihre Mutter lachte zynisch auf.

„Das bekommen wir schon mit nem Vitamincocktail hin. Du wurdest gerade erst synchronisiert. Hat Dankin dir auch ordentliche Anweisungen gegeben“?

Gesagt, getan. Die Blonde stattliche und kühne Frau zog die Spritze auf und setzte am linken Arm an.

Blue zuckte zusammen und keuchte genervt. Sie zählte schon gar nicht mehr mit, wie viel Spritzen ihre Mutter ihr, nach ihrem Zusammenbruch schon in den Körper gepumpt hatte. Manchmal fühlte sie sich nur noch wie eine leere Hülle, die mit etwas Treibstoff zum herumstolpern animiert werden konnte.

„Wie viel Leistung habt ihr denn auf dem System bekommen“?

„40 Prozent“, murmelte Blue schwach und schloss ihre Augen.

Er hatte sie nicht erkannt. Nicht im Geringsten. Nur ratlos angestarrt, wieso sie auch so seltendämlich und peinlich an ihm geklebt hatte?!

„Das ist nicht gerade optimal. Zumal ihr bald einsatzfähig sein sollt“!

Ihr Ton wurde barsch und sie knöpfte ihrer Tochter das Hemd zusammen, um ihren Leib zu bedecken.

Die Krankenstation war leer, niemand da, nur sie und ihre Mutter und das erdrückende Gefühl allein zu sein und unter Druck zu stehen.

In Blues Augen sammelten sich etwas Tränen.

„Lass mich allein, o.k“?

Der Tropf, der an ihrem Arm hing, verrichtete in Ruhe seine Arbeit, auch als Blues Mutter nunmehr aus dem Raum verschwunden war.

Eine ganze Weile starrte sie auf den Plastikbeutel. Sie wünschte sich das Meer und die Zeit zurück. Sie wünschte sich ein normales, langweiliges Schulleben, einen unliebsamen Freund der sich nicht gut behandelte. Sie wünschte sich eine beste Freundin und einen besten Freund.

Mit zitternden Beinen rutschte sie von der Liege. Ruckartig riss sie sich den Katheter aus dem Arm. Mit nackten Füßen lief sie los, über die weißen, sterilen Böden der Krankenstation. Durch gedämmtes Licht schlich sie leise und erinnerte sich an die Worte, die Tai ihr damals ins Ohr gehaucht hatte.

***Ich sehe und höre es trotzdem**

Es ergab nichts mehr Sinn.

** Ich kann es nicht verantworten**

** Ich kann nicht so egoistisch sein**

** Ich bin eine Niete, wenn du glaubst, ich könnte dir keine Liebe geben**

** Ich konnte dich nicht beschützen**

** Du bist mein Medium **

Ihr wurde leicht schwindlig. Blue fuhr sich durch ihr klammes Haar und blickte durch den Gang. Eine Tür, dass war ihre Rettung.

Draußen ging die Sonne schon langsam unter und tauchte ihre Haut in einen rötlichen Ton. Sie hatte nur ein weißes langes Hemd an.

Ihre fehlte die Kraft um all diese Ereignisse einfach hinunterzuschlucken. Ihr fehlte die Kraft um zu verdrängen, dass ihre Situation aussichtslos war. Ihr fehlte die Kraft, zu wissen, zu hoffen, dass es noch Hoffnung gab.

Hoffnung auf ein Happy End.

Eine kühle Meeresbriese streifte ihre Wade, als sie die alten Steintreppen hinunter wanderte, zum Strand, dort wo die geliebte See auf sie wartete. Ihr einziger Freund, der ihr jetzt noch Trost spenden konnte.

Doch auf der letzten Treppe knickten ihre Beine ein und Blue viel zu Boden.

„Es geht nicht“, wimmerte sie und blickte auf den Steinboden, der mit Tränen betropft wurde.

„…was ich auch tu, nichts funktioniert, um hin zu vergessen. Wieso nicht“?

Hart schlug ihre Faust auf den Boden und sie krümmte sich kurz vor Schmerz, weil ihr Magen sich bitterlich zusammenzog.

„Ich will das nicht mehr“!

Ihre Knie brannten, sie waren von dem Sturz aufgerissen, doch das kümmerte sie nicht.

Machtlosigkeit nahm ihr alles. Sie fühlte sich wie ein abgerissener Knopf. Wer sollte sie jetzt noch annähen? Sie hatte niemanden mehr!

Sie war mehr oder weniger nur noch ein einzelner Knopf in einer Knopffabrik. Ein schöner Knopf, der als eine Art Aushängeschild als Nutzen noch existierte. Keiner wusste, dass dieser Knopf schon einmal abgerissen war. Alle hielten sie den Knopf für den schönsten und besten Knopf auf der ganzen Welt, weil es ihnen die Knopffabrik so sagte.

Langsam hob Blue ihren Körper wieder auf und erreichte schließlich den Strand.

„Ich will kein Knopf mehr sein“.

Ein Knopf an einer schönen Kriegsuniform.

Nur dazu da, um zu zeigen, wie machtvoll und erfolgreich der Träger doch war.

Die Füße kühlten sich angenehm ab. Das Meer rauschte leise, nur für sie.

Sanft stritt sie in das seichte Wasser, fuhr über die Oberfläche ihres einzig gebliebenen Freundes, schloss die Augen und atmete den Duft, der sie vergessen ließ, eilig ein.

Sie wollte es nicht mehr sein, sie wollte es nicht mehr leben, dieses Knopfleben.

„Ein abgefallener Knopf“.

Ihre Knie brannten in dem Meerwasser leicht. Es war ihre egal. Ihr Blick wandte über die klare Oberfläche des Wasser und erkannte eine schmale rote Spur. Als Blue an ihrem Arm hinauf blickte, bemerkte sie, dass sie selbst diese rote Straße fast wie ein Kunstwerk auf die Oberfläche mit ihrem Arm gemalt hatte. Ihr Blut rannte an ihren Fingern hinunter ins Wasser und hinterließ eine schmale Spur. Es musste noch von dem Katheter stammen, weil sie ihn so ruppig hinaus gerissen hatte.

Jeden anderen hätte dieser Anblick beunruhig, sie jedoch in diesem Moment nicht.

Eher im Gegenteil, es war fast eine Genugtun.

Es fühlte sich gut an, dieses leichte schwindlige Gefühl. Sie würde nun ganz Eins sein. Sich mit dem Meer vereinigen, ineinander fließen.

Langsam tauchte sie ihren gesamten Körper in die klare Flüssigkeit ihr Kopf.

Schließlich trieb sie regungslos im Wasser und blickte hinauf in den Himmel.

Die Wellen wogen sie leicht hin und her. Im seichten Wasser erreichten ihre Füße leicht den Boden, auch ihre Finger streiften ab und zu den Sand unter ihr.

Die Fingerkuppen fühlten einen angenehmen Widerstand.

Wie damals, im Bett von Tai.

Ihre Augen schlossen sich und sie stellte sich vor, dass es sein Körper war, den sie leicht unter ihren Fingerkuppen spürte.

Meereswasser glitt über ihre Stirn.

Sie würde eins mit ihm werden.

Langsam zog sich die Kälte hinauf.
 

Er sah sie dort liegen, angespült, mit Sand ihm Haar, regungslos.

Etwas regte sich in ihm.

Es war Angst.
 

Kapitel 2 (17)/ ENDE



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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Von: abgemeldet
2008-08-29T15:45:56+00:00 29.08.2008 17:45
Ach du scheiße!!
Was ham die mit Taii angestellt? Verdammt und zugenäht.. richtig tragisches kapii.. aber gefällt mir^^ ich mag dramatik ;)
Blue scheint echt verzweifelt zu sein, wenn sie sich umbringen will.. *heul* Tai.. rette sie.. *hoff*

freu mich schon aufs näxste^^

lg


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