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Sicarius Vita

Custos Vitae I
von

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Asterea

Zu meiner eigenen Überraschung fand ich mich in einem hellen Zimmer wieder, das offensichtlich zu einem Gasthaus gehörte. Die neutrale Atmosphäre des Raums und die Abwesenheit jeglicher kleiner Dinge, die ein Zuhause heimisch machten, verriet mir das.

Neben einem sorgsam gemachten Doppelbett gab es noch einen Tisch mit zwei Stühlen und einer lediglich angelehnten Tür, die auf einen Gang führte, der gerade gewischt wurde. Ein Zettel mit Anweisungen für das Zimmerpersonal lag auf dem Tisch.

Als ich aus dem Fenster sah bemerkte ich, dass ich mich in einem Gasthaus in New Kinging befand.

Noch bevor ich mich fragen konnte, wie ich dort hingekommen war, wurde die Tür schwungvoll aufgeworfen. Schritte betraten den Raum, gefolgt von einer genervten Frauenstimme: „Jetzt haben die auch noch ein Kind bekommen.“

Ich musste nicht erst das blonde Haar und die tiefblauen Augen sehen, um zu wissen, dass es meine Mutter Asterea war, die gerade hereingekommen war.

„Reg dich doch nicht so auf“, versuchte mein Vater sie zu beschwichtigen.

Behutsam schloss er die Tür, bevor er sich ihr wieder zuwandte. „Man sollte meinen, du bist langsam über die Sache hinweg. Und Ria gegenüber hast du immer wieder bekundet, wie süß ihre Tochter wäre.“

Das hier spielte also kurz nach der Geburt von Orianas Tochter. Interessant.

„Sie ist ja auch süß", stimmte meine Mutter zu, bevor sie wütend fortfuhr: "Welch Überraschung bei einem Kerl wie Frediano.“

Papa seufzte. „Früher hast du diesen Kerl mal gemocht.“

„Unsinn!“, erwiderte sie schnaubend. „Ich konnte ihn nie leiden. Er ist seit Jahren mit dieser Frau zugange-“

„Geht er etwa fremd?“, unterbrach er sie.

Er wusste natürlich nicht, dass sie damit Vita meinte und diese mit Frediano gemeinsame Sache machten. Aber Mama war offensichtlich so in Rage, dass sie das vollkommen ausgeblendet hatte.

Fragend sah sie ihn an. „Huh? Was? Äh, nein, das meine ich nicht. Ach, vergiss es, du weißt eh nicht, wovon ich rede.“

Sein verständnisloser Blick sorgte dafür, dass sie sich abwandte und nachdenklich aus dem Fenster sah. Ich stand direkt neben ihr und versuchte, sie zu berühren. Doch meine Hand ging durch sie hindurch, wobei sie leuchtende Partikel nach sich zog. So nah und doch so fern.

Ich wollte verzweifelt seufzen, aber die hübsche Partikelspur lenkte mich ab und brachte mich auf andere Gedanken.

Etwas auf der Straße erregte ihre Aufmerksamkeit und damit auch meine. Ich folgte ihrem Blick und entdeckte Frediano. Er wirkte gehetzt und sah immer wieder über seine Schulter.

„Wo geht er hin?“, murmelte sie, genau die Frage, die ich mir in dem Moment auch stellte - es stimmte wahrscheinlich und wir waren uns äußerst ähnlich.

Ohne weitere Umschweife öffnete sie das Fenster, kletterte auf das Fensterbrett und sprang hinunter.

„Asterea!“

Mein Vater sah ihr hilflos hinterher, während sie Frediano folgte. Er seufzte leise. „Diese Frau...“

Ein Wirbel von Farben entstand vor meinen Augen und im nächsten Moment befand ich mich gemeinsam mit meiner Mutter auf der Straße, von der aus wir Frediano beobachteten. Er stand in einer Seitengasse vor mehreren Kisten eines nahegelegenen Händlers, die dort fein säuberlich zu einer Art Pyramide gestapelt waren, so dass es spielend leicht war, zu einem der Fenster hochzuklettern.

Ich atmete erschrocken ein, als ich Vita sah, die vor Frediano stand. Gespielt enttäuscht blickte sie ihn an. „Es ist also ein Mädchen, ja?“

Dass es nur gespielt war, hörte man deutlich aus ihrer Stimme heraus. Sie musste bereits damit gerechnet haben, dass es ein Mädchen werden würde. Immerhin war sie ja ein Naturgeist.

Er nickte. „Korrekt.“

„Wie deprimierend, ich hatte mich schon auf diesen Leckerbissen gefreut. Aber die Seelen von Mädchen schmecken nicht.“

Sie verzog ihr Gesicht, als hätte sie gerade in eine Zitrone gebissen.

Frediano schwieg, was ihr gar nicht zu gefallen schien. „Mhm, sag bloß, dir ist es recht, dass es ein Mädchen ist. Wolltest du nicht einen Jungen als Stammhalter?“

Die fehlende Logik fiel sogar mir auf, aber für sie schien es nur ein äußerst amüsantes Spiel zu sein.

Er sah zur Seite, so dass ich einen Teil seines Gesichts sehen könnte. Ich hätte natürlich näher rangehen können, aber ich traute mich nicht, so dass ich ihn nur aus der Ferne beobachten konnte.

Ein solcher Blick war mir noch nie zuvor an ihm aufgefallen, so voller Zweifel. Sonst war er immer so stolz, unnahbar und fast schon kühl gewesen, mit einer Spur Abscheu, wenn er mich erblickt hatte. Aber in diesem Moment konnte ich Liebe, Trauer und Zweifel in seinem Gesicht erkennen, alles so deutlich, dass sogar ich ihn am Liebsten in den Arm genommen hätte. War es das, was Oriana immer schon in seinem Blick gesehen hatte?

„Wäre es ein Junge geworden, hätte ich auch keinen Stammhalter", sprach er meine Gedanken aus. "Deswegen bin ich froh, dass es ein Mädchen ist. Immerhin ist es ein Teil von Oriana, sie hätte unter dem Tod des Kindes gelitten.“

Er erwähnte sich selbst und sein mögliches Leid mit keinem Ton, obwohl ich in diesem Moment überzeugt war, dass er bei einem solchen Szenario genau dieselben Schmerzen erleiden würde.

„Und wessen Schuld ist das?“, fragte Vita kichernd. „Deine. Immerhin hast du die Seele deines Erstgeborenen verkauft, um sie zu bekommen.“

Ich wusste es!, fuhr es mir in dem Moment durch den Kopf. Nein, ich war immer noch nicht in der Lage, zu akzeptieren, dass Oriana ihn mir ohne jeglichen Trick vorgezogen hatte.

Meine Mutter knurrte leise. „Ich habe es gewusst.“

Vitas Blick richtete sich für einen Moment direkt auf uns. Im Gegensatz zu Frediano war es ihrer Aufmerksamkeit also nicht entgangen, dass jemand sie beobachtete. Fragte sich nur, weswegen sie noch nichts dazu sagte und er immer noch nichts bemerkte.

Frediano sah sie wieder direkt an. „Ich denke, es war ein Fehler. Es ist falsch, sich die Liebe anderer zu erkaufen.“

Ich konnte nicht glauben, was ich da hörte. Das erste Mal in seinem Leben gab Frediano einen eigens verursachten Fehler zu. Ich musste unbedingt den genauen Tag herausfinden, um ihn rot im Kalender anstreichen zu können.

Vita wirkte alles andere als begeistert. „Und du denkst, du kannst dich so aus unserem Vertrag schmuggeln? Da täuschst du dich aber!“

„Was willst du schon tun?“, fragte er spöttisch. „Auf noch einen Erstgeborenen warten?“

Ich kam nicht umhin, ihn in diesem Moment für seinen Mut zu bewundern. Doch kaum erinnerte ich mich daran, wer er war, grinste ich über seine Dummheit.

Ungewohnt brutal packte Vita ihn am Kragen. „Du wagst es, dich mit mir anzulegen? Hast du schon vergessen, wer oder was ich bin?!“

Instinktiv wich er einen Schritt zurück, doch sie zog ihn sofort wieder zu sich. Woher nahm sie diese Kraft?

„Du hast dir dein eigenes Grab geschaufelt, mein Bester. Aber nein, der Tod ist noch ein wenig zu gut für dich. Wer meinen Zorn erregt, wird die Konsequenzen dafür zu tragen haben!“

Bevor er oder meine Mutter reagieren konnten, hatte Vita ihre Lippen auf seine gelegt. Schmerzen schienen durch seinen Körper zu zucken, panisch versuchte er, sich von ihr zu lösen.

Astereas Augen waren auf die Szene gerichtet, sie war nicht einmal überrascht.

Ich dagegen schon, allerdings nur, weil ich nun sah, was genau sie mit ihren Küssen bezweckte. Schauer fuhren mir über den Rücken, als ich daran dachte, dass sie mir dasselbe hatte auf dem Schiff antun wollen.

Während dieses Kusses rekapitulierte ich das eben Gesehene noch einmal:

Frediano musste die Seele seines Erstgeborenen gegen Orianas Liebe getauscht haben. Da sie als seine Frau allerdings keinen Jungen, sondern ein Mädchen bekommen hatte...

Schließlich ließ Vita wieder von ihm ab. Frediano sank zu Boden und blieb dort regungslos liegen. Ich wollte nähergehen, um zu sehen, ob er wirklich tot war, wie ich vermutete, doch ich traute mich immer noch nicht.

„Du kannst jetzt rauskommen“, sagte Vita mit einem süffisanten Lächeln in unsere Richtung.

Für eine Schrecksekunde lang glaubte ich, sie würde mit mir sprechen, doch es war meine Mutter, die zögernd hervorkam und auf die Sylphe zuging. Ich folgte ihr hastig.

„Was führt dich hierher, Asti?“

„Nenn mich nicht so!", erwiderte meine Mutter gereizt. „Was hat das alles zu bedeuten? Was hast du mit Frediano getan?“

Unverwandt sah Vita auf den Körper hinab. „Oh, ich habe nur das getan, was ich immer mache. Seelen absorbieren, Geschäfte beenden...“

Sie sprach das alles so beiläufig aus als würde sie vom Frühstück reden. Es war erschreckend und absurd, aber leider kein Traum.

„Also bist du für die ganze Sache verantwortlich. Wie hast du es geschafft, dass Oriana sich von Landis trennt?“

„Oh, das war nicht schwer.“

Vita lächelte. Es sah aus wie ein glückliches Lächeln, aber wie so oft überkam mich auch diesmal das Gefühl, dass es nur gespielt war. Inzwischen war ich überzeugt, dass sie über keinerlei Emotionen verfügte.

„Die beiden waren so einfach zu trennen“, fuhr sie fort. „Man musste ihnen nur ein kleines Thema zum Streiten vorlegen. Dein Sohn ist einfach ein kleiner Dickkopf, genau wie du.“

Mama schnaubte. „Du warst schon immer niederträchtig, aber das ist echt der Gipfel! Du kannst nicht einfach mit den Gefühlen von Menschen spielen!“

Vita wurde augenblicklich ernst. „Tue ich das denn? Ich habe nur dafür gesorgt, dass die beiden sich trennen, aber nicht, dass Oriana sich in Frediano verliebt. Das hat er selbst hinbekommen. Sollte dir das nicht zu denken geben?“

Meine Mutter und ich schluckten schwer. Bislang war ich tatsächlich davon ausgegangen, dass Vitas Einfluss zu dieser Ehe geführt hatte. Zu erfahren, dass dem nicht so war, war... deprimierend. Und das war anscheinend alles ganz allein meine Schuld.

Wäre ich bei diesem einen Streit nicht so dickköpfig gewesen... ach, was rede ich? Ein Streit? Es waren Dutzende von Meinungsverschiedenheiten zu den einfachsten Dingen gewesen, die uns auseinandergebracht hatten. Vitas Köder war vermutlich nur das Sahnehäubchen gewesen, das zum engültigen Bruch führte.

"Wie kamst du überhaupt in Kontakt mit dem Kerl?", fragte Mama, während sie zu Frediano gestikulierte.

"Ich habe ihm das Leben gerettet, als dein Sohn ihn seinem Schicksal überließ", antwortete Vita mit übermäßig viel Genugtuung in der Stimme.

Es dauerte einen Moment, bis mir einfiel, was sie meinen könnte. Erneut hörte ich mein Schicksal lachen. Das war gut vierzehn Jahre her, damals waren Nolan und ich eine Höhle erkunden gegangen. Da wir uns damals noch recht gut mit Frediano verstanden, begleitete er uns - und fiel in eine Felsspalte. Wir konnten ihm nicht helfen, also ließen wir ihn zurück. Um Hilfe zu holen natürlich. Dennoch war Frediano danach der festen Überzeugung gewesen, dass ich ihn hatte sterben lassen wollen und seitdem hasste er mich. Mein Hass auf ihn entstand dagegen erst später.

Ich hatte mich immer gefragt, wie er wieder aus der Höhle herausgekommen war. Offenbar war Vita also seine Lebensretterin.

Sie glich die Distanz zwischen uns aus. Behutsam strich sie meiner Mutter über die Wange. „Und nun, meine liebe Asti? Bist du immer noch wütend auf mich?“

Heftig schlug Mama ihre Hand weg. „Fass mich nicht an! Denkst du, das ist der einzige Grund, warum ich wütend auf dich sein könnte? Ich habe dich schon gehasst, bevor du das mit meinem Sohn abgezogen hast!“

Sie trat einen Schritt zurück und griff in ihre Tasche. Sofort wich sämtliche Farbe aus ihrem Gesicht. Offensichtlich war ihr gerade klar geworden, dass sie ihre Wurfnadeln nicht bei sich trug. Wie auch, die waren immerhin in meiner Tasche.

Vita lachte herzhaft. „Scheint als wäre deine Geheimwaffe auch verschwunden, gemeinsam mit deinem Sohn. Ja ja, das kommt davon, wenn man sich bei einer Feier zu sehr gehen lässt und nicht mehr aufpasst.“

So war ich also an die Nadeln gekommen. Fragte sich nur, warum sie gerade in meiner Tasche gelandet waren. Sie musste doch gewusst haben, dass wir aufeinander treffen würden. Aber möglicherweise war da die Hoffnung gewesen, dass ich zu dumm wäre, die Nadeln gegen sie zu benutzen.

„Ach, Asti, ich habe dich immer gemocht.“

Vita seufzte schwer, dabei lächelte sie nach wie vor. „Aber ich fürchte, so kann ich dich nicht gehen lassen.“

Mama ging in eine abwehrende Position. Kampflos wollte sie eindeutig nicht untergehen. Ihr Gegenüber lächelte nachsichtig, wie eine Mutter, die ihrem ungehorsamen Kind zulächelte.

Da ich direkt neben ihr stand, konnte ich sehen, wie sehr der Körper meiner Mutter zitterte. Ein aussichtsloser Kampf stand ihr bevor und das wusste sie genauso wie ich und auch Vita.

Auf ein unsichtbares Signal hin, griff sie die Sylphe an. Ohne ihr Lächeln zu verlieren, wich diese zur Seite aus. Ein Zug, mit dem meine Mutter offensichtlich gerechnet hatte. In einer fließenden Bewegung beförderte sie einen Dolch zutage und rammte diesen ihrem Gegenüber in die Brust.

Atemlos bewunderte ich diese Tat. Sie wusste, dass sie chancenlos war und dennoch kämpfte sie. Ja, das war meine Mutter~ Ich war so stolz auf sie und blendete dabei völlig aus, dass sie verlieren würde.

Erschrocken wich Vita einen Schritt zurück. Mit steifen Armbewegungen, die entfernt an eine Marionette erinnerten, griff sie an den Dolch. Mit einem kraftvollen Ruck zog sie die Klinge aus ihrem Körper. Keinerlei Blut floss, auch die Wunde schloss sich innerhalb Bruchteilen von Sekunden wieder.

Mit angsterfüllten Augen wirbelte meine Mutter herum. Doch ihre Flucht wurde von Vita, die plötzlich direkt vor ihr stand, vereitelt. Während Mama langsam rückwärts ging, glich die Sylphe jeden einzelnen Schritt wieder aus.

„Wenigstens hast du noch einmal versucht, mich wütend zu machen, Asti. Aber genug gespielt, ich werde dir jetzt zeigen, wie es ist, ohne Seele zu leben.“

„L-lass mich in Ruhe!“

Als Mama einen weiteren Schritt tat, traf sie gegen den Körper von Frediano und verlor das Gleichgewicht. Wie in Zeitlupe fiel sie nach hinten. Ich wollte nach ihr greifen und sie auffangen, aber wieder glitt meine Hand durch sie hindurch. Stattdessen konnte ich ein lautes Knacken hören, als sie mit dem Nacken direkt auf die Ecke einer Kiste traf. Regungslos blieb sie liegen, jegliches Leben verschwand aus ihren weit geöffneten Augen, die dumpf in den Himmel starrten.

Vita und ich betrachteten sie beidermaßen mit derselben Neugier, wenngleich wir beide unterschiedliche Gründe hatten.

Laut Joshua und Bellinda war meine Mutter plötzlich gestorben und meine Fragen zu dem Thema waren nicht sonderlich tief gegangen, weil mich der eigentliche Grund nicht interessiert hatte. Aber dennoch war es mir damals aufgrund der Erzählungen eher wie ein krankheitsbedingter Tod vorgekommen. Zu sehen, dass es ein durch Vita verursachter Unfall war, erzeugte ein ungutes Gefühl in meinem Inneren, das zumindest im Moment noch die Trauer überdeckte.

Wie für viele Kinder waren meine Eltern in meinen Augen immer starke Helden gewesen. Dem Tod der eigenen Mutter beizuwohnen und ihr nicht helfen zu können, das war ungeheuer schmerzhaft, aber gleichzeitig noch so unwirklich. Ich wusste, dass sie tot war, ich konnte es sogar vor mir sehen und ich hatte bereits um sie getrauert, aber dennoch erschien es mir im Moment nur wie ein schlechter Traum. Sobald ich aufwachen würde, wäre ich wieder zurück in Cherrygrove und alles wäre gut...

Schließlich seufzte Vita, womit sie mich aus meinem Wunschdenken riss. „Oh Asti, Liebes, so sollte es aber nicht enden.“

Missbilligend schüttelte sie den Kopf, doch dann wischte sie ihren eigenen Einwand beiseite. „Nun, wie auch immer. Wir sollten dich hier wegschaffen. Ich habe eine wundervolle Idee, wie dein Tod mit nichts und niemandem in Zusammenhang gebracht werden kann – außer deinem Sohn.“

Sie lachte leise, dann kniete sie sich neben Frediano. Eine Berührung von ihr und plötzlich begann er wieder, sich zu bewegen. Er richtete sich auf, aber er sah... anders aus als zuvor. Seine komplette Ausstrahlung war von ihm abgefallen, sein Blick war leer, sein Gesichtsausdruck neutral. Er wirkte wie ein unbeschriebenes Stück Papier, genau wie die Puppen von Yarah.

Vita stand ebenfalls wieder auf, sie deutete auf den Körper meiner Mutter. „Trage sie ins Gasthaus.“

Noch einmal folgte ein Farbenwirbel, nach dem ich mich im wieder im gemeinsamen Zimmer meiner Eltern befand. Mein Vater war nicht mehr da, vermutlich war er auf der Suche nach meiner Mutter. Die hing jedoch mit einer Schlinge um den Hals von einem Deckenbalken, der Stuhl unter ihr war zur Seite weggekippt. Zufrieden betrachtete Vita Fredianos Werk, während ich nur ungläubig auf den leicht schwingenden Körper starren konnte.

Es war wie eine Vision aus einem Albtraum, es hätte nur noch gefehlt, dass sie plötzlich die Augen öffnen und mich ansehen würde. Doch sie blieben geschlossen, nichts an ihr regte sich.

„Mama...“

Vita wandte lächelnd den Kopf in meine Richtung, als ob sie mich gehört hätte. Doch schon einen Augenblick später ging sie zum Tisch hinüber. Behutsam legte sie einen Brief dort ab, so dass auch jeder ihn sehen könnte, bevor sie sich wieder an Frediano wandte. „Damit wären wir nun fertig. Gut gemacht, mein Bester. So kann ich dich aber nicht rumlaufen lassen. Benimm dich wieder ein bisschen so wie früher, irgendwo in deinem Gedächtnis muss das noch verankert sein. Ein paar Jährchen musst du noch durchhalten, du kannst solange ja tun, was du schon immer wolltest. Nutz deine Kontakte, um Kommandant zu werden oder so.“

Sie ratterte diesen Text herunter, als hätte sie ihn schon Dutzende Male gesagt, als wäre eben nichts geschehen, als wäre Frediano wirklich nur eine leblose Marionette, der man einen Befehl eintrichtern musste.

Ich konnte nicht fassen, wie kalt jemand sein konnte, der doch eigentlich dafür verantwortlich war, diese Welt zu behüten.

Frediano neigte den Kopf, um sein Verständnis zu signalisieren. Vita lächelte. „Fein, fein. Oh ja, da war ja noch ein Auftrag, nicht? Ich sollte Landis töten.“

Es dauerte einen Moment, bis die Information durch Fredianos Gehirn sickerte und er die notwendige Erinnerung abrufen konnte. Aber schließlich nickte er zustimmend.

Immer noch lächelnd, wandte sie sich wieder in meine Richtung. „Das reicht jetzt an Informationen, mein Bester.“

Also hatte sie mich gesehen.

Sie streckte mir ihre Handfläche entgegen. Als ein weißes Licht mich blendete, schloss ich meine Augen.
 

„Aber dann müsste das bedeuten, dass Frediano auch tot ist!“, schloss Nolan aufgeregt daraus.

Landis nickte nur und sah den Kommandanten an. Dieser fuhr herum. „So etwas muss ich mir nicht anhören. Das ist doch lächerlich.“

Er, der darauf bestanden hatte, die Geschichte zu hören, verließ den Kerker, keiner der anderen hielt ihn auf. Lediglich Nolan schien mit dem Gedanken zu spielen, ihm zu folgen, um sich wirklich noch einmal selbst davon zu überzeugen, dass der Kommandant tot war.

Landis war sich sicher, dass Frediano nicht zurückkommen würde, aber das war auch unwichtig. Die Zeit lief ihm langsam davon und alle wichtigen Personen, die den Rest der Geschichte erfahren mussten, waren glücklicherweise noch anwesend.

Richard sah fassungslos zu Boden. All die Jahre war er in dem Glauben gewesen, dass Asterea Selbstmord begangen hatte. Dabei war es ein durch diese Unbekannte verursachter Unfall gewesen.

Aber war das wirklich die Wahrheit? Er wusste nicht, was er noch glauben sollte.

Oriana seufzte leise. Doch mit einem triumphierenden Blick sah sie zu Nolan. „Siehst du? Frediano hat mich doch geliebt.“

„Ja ja, dann hab ich die Wette eben verloren.“

Schmunzelnd schüttelte Landis seinen Kopf. Eine solche Wette sah seinen Freunden ähnlich.

Kenton schien völlig unberührt von den bisherigen Erzählungen. „Nun, ich will mir auch ein Bild von dem Rest machen. Was ist dann passiert, Landis? Jetzt dürfte nicht mehr viel fehlen, nicht?“

„Stimmt, die Geschichte ist tatsächlich bald vorbei.“

Er seufzte noch einmal und begann weiterzuerzählen.



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Kommentare zu diesem Kapitel (2)

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Von:  Lianait
2012-08-29T10:29:16+00:00 29.08.2012 12:29
Ich bin wirklich schon unheimlich gespannt, was denn jetzt passieren wird! *o*

> Ich musste nicht erst das blonde Haar und die tiefblauen Augen sehen, um zu wissen, dass es meine Mutter Asterea war, die gerade hereingekommen war.
Da ist sie! *_____*
Ich weiß gar nicht warum, aber ich mag sie irgendwie sehr gerne.

> Er ist seit Jahren mit dieser Frau zugange-
Also wusste Asti schon lange davon. Ich frage mich, wie sie agiert hat. :3

> Ach, vergiss es, du weißt eh nicht, wovon ich rede.
Der arme Richard. :,D

> So nah und doch so fern.
Sowas ist immer wieder traurig. Q____Q

> Mein Vater sah ihr hilflos hinterher, während sie Frediano folgte. Er seufzte leise. „Diese Frau...“
Der arme Richard. xDDDDD Ich musste grade sooooo lachen, als sie das gemacht hat. xDDD
Ich will dich grade wieder unauffällig auffällig anflauschen, du verstehst? xDDDD

> „Es ist also ein Mädchen, ja?“
Ich hab das ungute Gefühl, das Viat für ihre eigenen Zwecke einen Jungen gebraucht hätte. Das könnte erklären, warum Blöd-Fredi Milly gegenüber so abgeneigt ist... aber, dass er sein eigenes Kind für seine Zwecke benutzen will ist schon... hart, würde ich sagen.
Aber gut, vielelicht hab ich auch einfach nur mal wieder wilde Theorien. xD

> Wie deprimierend, ich hatte mich schon auf diesen Leckerbissen gefreut. Aber die Seelen von Mädchen schmecken nicht.
Er hat ihr die Seele seines KINDES verkauft?! O____________O

> Mhm, sag bloß, dir ist es recht, dass es ein Mädchen ist. Wolltest du nicht einen Jungen als Stammhalter?
Ohje, ich habe die schlimme Befürchtung, dass Blöd-Fredi doch zu einem Toll-Fredi mutieren könnte, wenn er sich all die Jahre Milly und Ria gegenüber absichtlich so verhalten und sie eigentlich geliebt hat. D;

> Aber in diesem Moment konnte ich Liebe, Trauer und Zweifel in seinem Gesicht erkennen, alles so deutlich, dass sogar ich ihn am Liebsten in den Arm genommen hätte.
Ohje, es passiert tatsächlich. Q_____Q
Aber warum macht der dann Deals mit Vita? Nur um Kommandant zu werden? Das hat sicher noch ganz andere Hintergründe.

> „Wäre es ein Junge geworden, hätte ich auch keinen Stammhalter", sprach er meine Gedanken aus. "Deswegen bin ich froh, dass es ein Mädchen ist. Immerhin ist es ein Teil von Oriana, sie hätte unter dem Tod des Kindes gelitten.“
Er ist wirklich grade zu einem Toll-Fredi mutiert. >_<

> Deine. Immerhin hast du die Seele deines Erstgeborenen verkauft, um sie zu bekommen.
Ah, das war also sein Handlungshintergrund.
So.... traurig. Q_____Q

> Es ist falsch, sich die Liebe anderer zu erkaufen.
Verdammt, jetzt mag ich ihn. >_<

> Ich musste unbedingt den genauen Tag herausfinden, um ihn rot im Kalender anstreichen zu können.
Das ist ja auch das Wesentliche hier, Lan. xDDDD

> Ich wollte nähergehen, um zu sehen, ob er wirklich tot war, wie ich vermutete, doch ich traute mich immer noch nicht.
Er hat also tatsächlich keine Seele mehr. Q____Q
Jetzt frage ich mich tatsächlich, wie das denn dann im Reboot sein wird. *____*

> Vitas Köder war vermutlich nur das Sahnehäubchen gewesen, das zum engültigen Bruch führte.
Q__________Q

> Dennoch war Frediano danach der festen Überzeugung gewesen, dass ich ihn hatte sterben lassen wollen und seitdem hasste er mich.
So viele Missverständnisse. Q_________Q

> Regungslos blieb sie liegen, jegliches Leben verschwand aus ihren weit geöffneten Augen, die dumpf in den Himmel starrten.
Neeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiin!!!! >____<
Besser als sich die Seele von Vita klauen zu lassen, damit diese womöglich noch stärker wird, aber trotzdem ist sie ja tot. >_<

> Er wirkte wie ein unbeschriebenes Stück Papier, genau wie die Puppen von Yarah.
Also hat er seine Seele verloren, lebt sein Leben nun weiter und wird von Vita als Marionette misbraucht? Aber warum tötet sie denn dann seine ehemaligen Verbündeten? Ihr eigentlicher Vertrag beinhaltete ja nur Oriana und nicht den Kommandantenposten, also muss ja noch etwas anderes dahinter stecken.

> „Mama...“
Irgendwie macht es dieses eine Wort noch trauriger. Q_____Q

> Oh ja, da war ja noch ein Auftrag, nicht? Ich sollte Landis töten.
Alles für die Seele EINES Kindes? Wenn man bedenkt, dass sie ja auch einfach so durh die Gegend ziehen und Leute aussaugen kann, dann ist die Bezahlung doch ein bisschen... wenig, oder? Es sei denn, dass an dem Kind was ganz besonderes dran sein sollte...

> „Siehst du? Frediano hat mich doch geliebt.“
„Ja ja, dann hab ich die Wette eben verloren.

*LOL* In so einer ernsten Situation an sowas zu denken. xDDDD
Nicht, dass sie grade erfahren hat, dass ihr Mann ein seelenloser Zombie ist und das ganze von dem Mann, mit dem sie dem Zombie fremdgegangen ist. xDDDDDDDDDD

Sehr schönes Kapitel~
Ich frage mich schon, wie du das dann im Reboot mit Fredi ändern willst. Ob er immer noch recht seelenlos ist und so.
Aber eine sehr wichtige Frage bleibt immer noch: Woher weiß Kenton von Vita? Nur durch seine Spione oder steckt auch da mehr dahinter?
Von: abgemeldet
2010-04-23T15:09:49+00:00 23.04.2010 17:09
Ähehehe... jetzt widme ich mich mal diesem (laaangem o___Ô') Kapi und bin mal mehr als gespannt, was dort passiert! :D
Da fällt mir ein... wollte ich im letzten Kapi nicht eigentlich meine Vorstellungen davon mit ins Kommi schreiben, die ich von Kureha hatte... Huch. Vergessen. D:

Hatte die FF gestern nicht noch weniger Wörter oder irre ich mich da?! x___X'

> Das hier spielte also kurz nach der Geburt von Orianas Tochter.

Ah, interessanter Zeitpunkt! =D
Warum wohl gerade dieser? Hm... *grübel*

> „Sie ist ja auch süß", stimmte meine Mutter zu, bevor sie wütend
> fortfuhr: "Welch Überraschung bei einem Kerl wie Frediano.“

Woah, schlagfertig ist ja schonmal. XD
Davon hätte Lan sich etwas mehr abschneiden können. ^^
Aber ich finde Fredi eigentlich recht... gutaussehend. *verstck*
Zwar ist er ein gemeiner Kerl... aber er sieht gut aus. ^^"

> „Früher hast du diesen Kerl mal gemocht.“

WTF?! o.Ô'''

> [...] dass sie damit Vita meinte und diese gemeinsam mit Frediano gemeinsame Sache machten.

Da ist ein 'gemeinsame' zu viel. ^^

> wobei sie leuchtende Partikel nach sich zog.

Wieder mal ein verdammt gute Beschreibung! Darauf wäre ich nie gekommen. =)

> Ohne weitere Umschweife öffnete sie das Fenster, kletterte auf das Fensterbrett und sprang hinunter.

Warum auch die Tür nehmen, wenn man aus dem Fenster steigen kann. XD Geht doch viel schneller! :D
Frau: So Schatz, ich gehe dann Einkaufen. Bis später.
Mann: Ist gut Schatz... hey, warte mal?! Du willst doch nicht aus dem Fenster- hier ist der fünfte Stock?! o.Ô'
Frau: *kreisch*

> Dass es nur gespielt war, höte man deutlich aus ihrer Stimme heraus.

'hörte' ^^

> Ein solcher Blick war mir noch nie zuvor an ihm aufgefallen, so voller Zweifel.

*schnief*
Ich wusste es! Fredi ist gar kein gemeiner Kerl! >.<
Teepo: ... noch vor einigen Zeilen hast du was anderes Behauptet. -.-

> „Deine. Immerhin hast du die Seele deines Erstgeborenen verkauft, um sie zu bekommen.“

Uff... das ist hart. D:

> dass Oriana ihn mir ohne jeglichen Trick vorgezogen hatte.

Klingt ein bisschen eingebildet, aber ich verstehe seine Gefühle. Ich wäre in so einem Augenblick wohl stinksauer! Wie Vita es wohl geschafft hat Oriana dazu zu bringen, Fredi statt Lan zu wählen?

> „Ich denke, es war ein Fehler. Es ist falsch, sich die Liebe anderer zu erkaufen.“

Owww... Fredi. DX
Es tut mir jetzt grad voll Leid, das ich so schlecht über dich gedacht habe und bin heilfroh, das du doch einen guten Kern hast. >.<

> Ich musste unbedingt den genauen Tag herausfinden, um ihn rot im Kalender anstreichen zu können.

Lan, du Nuss. XDD

> Bevor er oder meine Mutter reagieren konnten, hatte Vita ihre Lippen auf seine gelegt. Schmerzen schienen durch seinen Körper zu zucken, panisch versuchte er, sich von ihr zu lösen.

Also... ich find das... ja immer noch... sehr... sexy... *hust*
Auch wenn es weh zu tun scheint. *hust*

> „Was führt dich hierher, Asti?“

XDDD
"Asti"
Goldig! XDD

> Und das war anscheinend alles ganz allein meine Schuld.

Und wie so oft tut Lan mir Leid. =(

> Erneut hörte mein Schicksal lachen.

Da fehlt ein 'ich'. ^^

> also ließen wir ihn zurück. Um Hilfe zu holen natürlich.

Wäre der nächste Satz nicht gekommen, wäre ich jetzt wirklich bitter enttäuscht von den beiden gewesen. D:

> als sie mit dem Nacken direkt auf die Ecke einer Kiste traf.

Autsch... naja... wenigstens so, als wenn Vita ihr die Seele entrissen hätte. Schwacher Trost, aber... u_u

Also... wegen Fredi bin ich am Ende jetzt doch ein wenig verwirrt: Hat er seine Seele nun wieder, aber sie muss sich erst noch wieder richtig verankern oder ist er jetzt wirklich nur noch eine Puppe von Vita, die ihren Befehlen gehorcht?

> „Aber dann müsste das bedeuten, dass Frediano auch tot ist!“, schloss Nolan aufgeregt daraus.

Ah, Danke No! Du triffst es auf den Punkt! XD

> „Stimmt, die Geschichte ist tatsächlich bald vorbei.“

Was für ein Abschluss... ich bin jetzt richtig nervös... das Ende ist wirklich schon nah. D:
Zum Glück gibt es ja eine Fortsetzung, sonst wäre ich jetzt sehr traurig. Q___Q

Wie immer ein tolles Kapi und mal sehr aufschlussreich. =)
Ich bleibe am Ball. >.<




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