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Sammelsurium

von

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Sommer

Ein alltäglicher Sommertag
 

Ein kleiner Wassertropfen fällt von einer Haarsträhne auf meine nackten Schulter und ich genieße kurz das erfrischende Gefühl, das die Berührung verursacht, bevor der Tropfen sich auf meiner erhitzten Haut verläuft und durch die heißen Sonnenstrahlen zum Verdunsten gebracht wird.

Mich auf meinen Unterarmen abstützend sitze ich hier auf einer kleinen Lichtung nahe einem kühlen Bach, der munter durch Wald fließt und vor sich hinplätschert. Kurz zuvor habe ich ein erfrischendes Bad in demselben genommen, denn die Sommerhitze drückt schon seit Tagen schwer auf das Dorf und die natürliche Umgebung um es herum; selbst die Mücken sind- was wiederum ein Vorteil ist- zu träge um herumzufliegen und sich ihrer Opfer zu suchen.

Und deswegen habe ich mich schon am frühen Mittag hierher verzogen, um in aller Ruhe die Hitze ein wenig zu „genießen“, habe ich mich doch nach der Abkühlung mitten auf die Lichtung auf mein Strandhandtuch gelegt und werde nun von Gräsern aller Arten von allen Seiten gekitzelt. Die Sonne, die mir auf mein auf Gesicht scheint, lässt mich meine geschlossenen Lider in rötlicher Tönung sehen, und ich weiß, dass ich mein Blut sehe.

Aber es ist eine schöne Farbe und eine merkwürdige Trägheit ergreift mich. Denn in meinem rot-schwarz-grau karierten Bikini daliegend, fühle ich die Sonne auf meinem ganzen Körper scheinen. Es kommt mir so vor, als ob sie versucht von Außen ganz langsam mein Innerstes zu erreichen und zum Glühen zu bringen. Vielleicht kennst du dieses Gefühl, wie wenn die Hitze sich durch die Öffnungen deiner Poren schleicht, in deinen Blutkreislauf gerät und dann irgendwann zu deinem Herzen gelangt, um es zu erwärmen und zu streicheln? Ich denke, es ist das wunderbarste Gefühl, dass man haben kann.

Und ich liebe es. Dies hat zu Folge, dass ich den Sonnenschein bei jeder Gelegenheit genieße, meine Freunde nennen mich allesamt Sonnenkind oder Sonnenschein, Miharu.

Und ich persönlich glaube auch, dass sie allesamt Recht mit der oft aufgestellten und liebevoll gemeinten Behauptung, ich würde ohne Licht und die Wärme, die dieses abgibt, krank werden oder sogar sterben, haben. Denn noch nie in meinem Leben habe ich einen Sonnenbrand bekommen und wenn die anderen schwitzen und sich über Kopfschmerzen und unerträgliche Hitze im Klassenzimmer beklagen, dann fange ich erst richtig an zu denken.

Die Sonne ist mein Lebenselixier!

Hast du schon einmal gerochen, wie intensiv würzig und bunt alles riecht, wenn es Sommer ist? Das herb duftende Heu, in welches man sich hineinlegen mag, die lebendigen Blumen, die noch immer Wasser aus dem schon trockenen Boden ziehen und die mehr denn je Wasser verdunstenden Bäume. Zugegeben, wenn du in der Stadt unterwegs bist... Aber davon will ich nicht reden.

Denn jetzt befinde ich mich in der Natur unter wolkenlosem Himmel, ich kann, falls ich meine Augen aufschlage, die Luft flimmern sehen. Und wenn ich meine Hände nur ein wenig zur Seite strecke, dann kann ich das Gras und die Blumen fühlen, ihre Starrhalsigkeit im Angesicht der brennenden Sonne und die Zerbrechlichkeit, die sich langsam in ihnen ausbreitet. Ich könnte sie umknicken, aus der Erde reißen und zerrupfen, in ihre Einzelteile zerlegen und sie zu Staub werden lassen, nichts als eine Spur ihrer einstigen Existenz.

Auch das ist für mich meine Jahreszeit, alles wird hilflos und schwach, von Widerstand keine Spur. Ich könnte durch den Wald und über die Felder ziehen und nur mit Hilfe des glühenden Gestirns Hektar und noch mehr Hektar verbrennen. Die Luft würde noch mehr Flirren als sie es im Moment tut, die Wirklichkeit würde für die Menschen verschwimmen und alles wäre so unreal, wenn sie zusehen, wie ihr Hab und Gut, wir ihre Lieben im von mir entfachten Feuer untergehen.

Könnt ihr diese Schreie hören, verschmorende Leiber riechen? Sehr ihr, wie langsam Tränen über das Gesicht des alten, zahnlosen Greises laufen, der in Mitten der Flammen die verkohlte Hand seiner Frau streichelt? Er verbrennt selber, doch er kann es nicht mehr fühlen, seine Seele starb mit seiner Frau.

Und das Feuer frisst sich durch die Dachbalken eines jeden Hauses, langsam knisternd stürzen die Häuser über wimmernden Müttern zusammen. Männer, die von der Arbeit von den inzwischen auch brennenden Feldern kommen, als sie die schwarzen Rauchschwaden über der Stadt sehen, schlagen hilflos die Hände über den Köpfen zusammen. Es gibt keine Farben mehr außer Rot, Schwarz und Grau.

Und alles zerschmilzt in dieser von mir geschaffenen Hölle. Wer weiß, vielleicht siehst du mich, wie ich mitten durch die größte Hitze laufe, die Flammen, die nach mir lecken sind zahm und können mich nicht beißen. Bemerkst du, wie ich es genieße? Zärtlich trete ich durch die Flammen, beobachte meine Kinder, wie sie sich austoben, spielen. Und es ist mir egal, dass auch du davon betroffen bist. Denn ich nähere mich meinem Ziel mit jedem Sommer, den die Welt euch schenkt. Oder Gott. Oder der Teufel. Wie du es willst.

Einfach nur ein Sommer, an dem ich die Chance bekomme, wieder mehr von euch zu vernichten. Zu zerstören, was nicht leben darf, wenn Höheres nie die Chance bekommen hat.

Ich nenne mich Lilith. Und ich komme, um meinen Traum zu leben.

Sollte es nicht immer so sein? Ich gebe euch nur die Chance aus der Asche neu geboren zu werden, wie ein Phönix.

Und so auch wird der vor Hormonen gelenkte Jugendliche, der sich soeben über mich beugt, von den Sonnenstrahlen gebrandmarkt. Niemand wagt es mich von der Sonne zu trennen. Seine vor Schmerz und Schreck geweiteten Augen sehen lächerlich aus. „Entschuldigen Sie, aber würden Sie mir bitte aus der Sonne treten? Ich wäre Ihnen sehr verbunden.“ Und den Schritt, den er zur Seite tut, um die von ihm geschaffene Kühle zu unterbrechen, ist sein letzter, wirft seine Haut nun überraschend Blasen und er wird von innen her verbrannt.

Hach, ich liebe den Sommer. Die Intensität überrascht mich immer wieder, dich nicht? Aber nun habe ich dir soviel über mich erzählt, vielleicht sollte ich mich auf den Weg machen. Der Sommer ist in diesen Gefilde kurz, und bisher habe ich es nur zu zwei kleineren Dörfern geschafft. Und es ist so viel zu tun, so viel Arbeit für mich. Und wenn ihr alle einmal gelebt habt, werdet ihr als Hohe wiedergeboren und niemand kommt mehr auf eine solch verdammenswerte Idee Menschen zu erschaffen, denen sich all jene, die schon vorher lebten, unterordnen sollen.

Nein, denn jetzt ist mein Sommer.

Die Sonne scheint wieder ungestört auf mich, lädt mich mit Energie und weckt meine Lebensgeister. Ich stehe auf, schüttle alles Störende von mir ab und entferne mich mit meinem Hab und Gut von der Lichtung, auf der nur noch ein Häufchen Asche und das zerdrückte Gras von meiner Existenz zeugen.

Der Sommer wartet nicht auf mich. Und ich bin dein Engel, der dich erlösen wird. Versprochen!
 

Im Übrigen: Ich habe keine Freunde, die mich Miharu nennen, meine eingeäscherten Eltern nannten mich so. Auch habe ich die Berührung vom Wasser auf meiner Haut nie wirklich genossen, es ist ein scheußliches Gefühl.

Doch was den Rest betrifft... . Schaue nur täglich aus deinem Fenster und siehe bald die Rauchschwaden, die über deiner Stadt stehen.

Denke dann an mich! Ich finde dich, keine Bange. Ich bin da für dich.



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Kommentare zu diesem Kapitel (4)

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Von:  Mahler
2010-10-03T11:38:21+00:00 03.10.2010 13:38
Ein überraschender Twist, muss ich sagen. Vom Sonnenkind zum Feuerteufel, damit hatte ich so gar nicht gerechnet. Schreibstil ist auch schön, die Namenserwähnung fand ich auch überflüssig. Gefällt mir insgesamt wirklich gut!
Von: abgemeldet
2009-01-02T21:24:04+00:00 02.01.2009 22:24
Anfangs war ich der festen Überzeugung, ich würde mich bei deiner Geschichte langweilen. Du beginnst sehr langsam, beschreibst sehr genau und erwähnst viele Details, die ein wenig überflüssig erscheinen (Die Farbe ihres Bikinis wird niemanden wirklich interessieren, seine Form da vielleicht schon eher.). Mit der zeit legte sich jedoch dieses Gefühl, ich ließ mich auf die Geschichte ein und empfand eine gewisse Faszination für den von dir geschaffenen Charakter.
Die Idee ist wirklich schön. Du erschaffst hiermit etwas, das ich noch nie gelesen, von dem ich noch nie gehört habe. Es ist interessant, dass du den Leser direkt ansprichst und dass sie ihm sogar indirekt droht. Doch ihre Liebe ist wundervoll nachvollziehbar. Die Liebe zur Hitze, zur Sonne, zum Feuer.
Hättest du das mit dem Namen nicht gemacht (Sowohl Lillith als auch Miharu wirken wie überflüssige Erwähungen), hätte mir die Geschichte noch besser gefallen.
Aber auch so hast du es auf jeden Fall in die Platzierungen geschafft. Herzlichen Glückwunsch!
Von: abgemeldet
2008-09-14T18:42:13+00:00 14.09.2008 20:42
PS: Das mit dem Vorschlagen ginge natürlich nur, wenn du dieses Kapitel als einzelne FF hättest.. Sorry, daran habe ich nicht gedacht. Wenn du das noch machst, schlage ich dich vor, wenn nicht, fühle dich mental vorgeschlagen. ^^
Von: abgemeldet
2008-09-14T18:40:38+00:00 14.09.2008 20:40
WOW!
Ich bedanke mich wirklich für die ENS, diese wundervolle FF hätte ich sonst nicht lesen können.
Du schreibst so schön detailreich, man kann sich genau in die Gefühle des Protagonisten hineindenken, das ist wundervoll.
Außerdem finde ich den Kniff mit der Farbe des Bikinis sehr interessant, ist dir das zufällig eingefallen, oder war das von Anfang an so geplant?

Eine sehr, sehr schöne FF, die ich auf jeden Fall zu meiner Favoritenliste hinzufügen werde. Und weißt du was? Ich schlage dich auf jeden Fall für die FF des Monats vor, du hättest es verdient.

so, ich hoffe, das war in Ordnung, ich kommentiere in letzter Zeit nicht sehr gern.. Naja. ^^

LG,
George


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