Heimreise
Heimreise
Ein Rattern, das immer lauter wurde, weckte Genesis. Seine Augen öffneten sich einen Spalt und er versuchte zu begreifen, wo er sich befand. Es ruckelte unangenehm und er kniff die Augen kurz wieder zusammen, ehe er die Lider abermals hob und versuchte, sich mit verschwommenem Blick umzusehen. Er lag auf einer Sitzbank, einer nicht wirklich komfortablen, und ein wenig vor ihm, auf zwei anderen Sitzen, konnte er die Umrisse von Angeal und Sephiroth erkennen. Etwas wurde von noch weiter vorne gesprochen, aber Genesis verstand es nicht. Mit einem entnervten Murren setzte er sich auf, stützte sich mit einer Hand von der Bank ab und hielt sich den noch immer pochenden Kopf.
"Genesis!", hörte er Angeals Stimme und der Rotschopf hob eine Hand zu einer Art begrüßenden Geste. Als er wieder aufsah, bemerkte er, dass die Blicke seiner beiden Kameraden auf ihn gerichtet waren. Sie hatten sich jetzt seitlich auf ihren Sitzen positioniert, aber Sephiroth wandte den Blick rasch wieder ab, sah zum Cocpit herüber.
Noch einmal sah Genesis umher, war sich jetzt, wo er zunehmend wacher war, ganz sicher, dass er in einem Helikopter saß.
"Wie geht es dir?", zog Angeal die Aufmerksamkeit des Rothaarigen wieder auf sich. Genesis schien für einen Moment lang über die Antwort nachzudenken, als müsste er sie selbst erst einmal von sich bekommen. Ihm war noch übel, sein Kopf schmerzte und er fühlte sich ziemlich erschöpft. "Es geht...", brummte er als Antwort und sah den Schwarzhaarigen dann ernst an. "Wohin fliegen wir und was ist überhaupt passiert?", stellte er seine Frage ohne große Umschweife. Er erinnerte sich, dass er zuletzt mit diesem wunderschönen Mädchen in dem Cafe gesessen hatte, sich ein Wasser und ihr eine Cola bestellt, dann ging es ihm rapide schlechter und alles, was ihm blieb, war ein Gemisch aus Zitrus- und Minzduft.
Ein leichtes Lächeln legte sich auf Angeals Lippen. "Es geht zurück nach Midgar", ließ er verlauten, ehe er jetzt aufstand und zu Genesis herüber schritt, sich neben ihm niederließ. "Ein Gemisch aus verschiedenen Mitteln hat dich bis heute Morgen ziemlich lahm gelegt!" Seine Hand hob sich und strich einige Strähnen des anderen beiseite, der jetzt dadurch irgendwie recht verlegen wirkte. Angeal legte seine Handfläche auf Genesis' Stirn und nickte. "Das Fieber scheint gesunken", nickte er zufrieden, schließlich ließ er seine Hand wieder sinken und blickte ernst in die Augen seines besten Freundes. "Ganz schöne Misere, in die wir da reingerutscht sind, insbesondere du."
Der Rotschopf legte den Kopf schief. "Wie?", setzte er an. "Ich... versteh nicht..."
Die dückende Stimme von Sephiroth fiel ihm ins Wort: "Deine kleine Freundin hat dir was in den Drink gemixt. Was genau es war, wird heute noch untersucht."
Genesis runzelte die Stirn und sah zu dem Silberhaarigen herüber, aber weil der ihm immernoch abgewandt war, trotz, dass er sich in das Gespräch eingemischt hatte, schaute der Rotschopf jetzt wieder fragend zu Angeal.
Und diesem reichte der Blick schon, um sich der aktuellen Verwirrung bewusst zu werden. Mit einem Brummen, das andeutete, dass der Schwarzhaarige die ganze Lage nicht wirklich tollerierte, verschränkte er die Arme vor seinem muskulösen Brustkörper. Genesis beobachtete das und erst jetzt fiel ihm auf, dass sein bester Freund wieder ein Shirt anhatte. Der Rotschopf selbst saß noch in schwarzer Hose und oben ohne da, aber das war nun weniger wichtig, denn Angeal begann weiter zu erklären: "Der angebliche Fluch der Costa del Sol ist nur eine Masche von dem Arzt gewesen, um an Geld zu kommen. Er hasst es, viel Arbeit zu haben, deswegen behandelt er nur wenige Patienten für viel Geld und bisher hatte er leider auch keine Konkurrenz, die das verhindert hat."
Ungläubig weitete Genesis die Augen. Was erzählte Angeal da?
"Aber...", fuhr der Schwarzhaarige fort. "Anscheinend wurde er besessen von dem Geld, wer weiß, auf jeden Fall hat er dafür gesorgt, dass genau unter den vermögenden Urlaubern immer wieder Unfälle passierten, welche ihm mehr und mehr Gil eingebracht haben. Mit ihm haben gleich mehrere zusammengearbeitet." Er hielt kurz inne und deutete mit einer Kopfbewegung zum General herüber. "Sephiroth hat mir gestern, als du zum Date gegangen bist, erzählt, der Arzt hätte zwischendrin etwas wie 'Sie sollten sich von Brotscheidemaschinen fernhalten' gemurmelt. Und dabei hatte Sephiroth überhaupt nicht erzählt, wie es überhaupt zu seiner Wunde gekommen war, du verstehst?"
Genesis nickte. "Ergo, er hat sich damit verraten."
"Genau", bestätigte Angeal. "Dann hat er den Roomboy und das Zimmermädchen belauscht. Erschrick nicht... aber die haben immer wieder gelauscht, was wir wohl als nächstes machen und für weitere Unfälle gesorgt. Das mit dem heißen Wasser in der Dusche war der Roomboy. Am Pool, das war auch kein reiner Unfall. Das Zimmermädchen war zufällig in der Nähe, zum Müll heraus bringen und hat dann den Streit zwischen dir und Sephiroth beobachtet. Dann hat sie sich eine Harke geschnappt, die in der Nähe stand und als du gefallen bist, hat sie dir damit eine verpasst. scheint, als hätte sie nen ganz schönen Schlag drauf, was? Hat nur noch ein Schubser mit dem Fuß gefehlt, der dich ins Wasser befordert hat."
Nun verzog Genesis das Gesicht abermals, dieses Mal nicht aus Verwunderung, sondern aus Wut und Empörung. "Und soetwas nennt man noch gutes Personal. Demnach haben die beiden auch die Küchengeräte manipuliert, was?"
Angeal hob eine Augenbraue. "Nunja... ich wage zu bezweifeln, dass die das technische Geschick dazu haben, aber vielleicht hatten sie noch weitere Hilfe. Wie auch immer..."; setzte er an einer anderen Stelle wieder an. "Sephiroth hat auch aufgeschnappt, dass das Zimmermädchen der Krankenschwester etwas geraten hat, wie, sie solle die Gelegenheit heute Abend nutzen." Er räusperte sich und sah kurz zu dem Silberhaarigen herüber, der sich jetzt wieder komplett weggedreht hatte, als ob er an der ganzen Konversation nicht teilhaben wollte. War es sein Stolz, dass er nur Angeal erklären ließ? Nach einem tonlosen Seufzer erzählte Angeal am besten einfach weiter, es brachte ja nichts, auf eine Regung des anderen zu hoffen. Sein Blick heftete sich wieder an Genesis' Gesicht, welches abwartend gezeichnet war. Der Schwarzhaarige fuhr fort: "Nach all dem hat Sephiroth mich informiert und wir sind direkt losgestürmt, um dieses Cafe zu finden. Gerade hatten wir dich gefunden, da war es anscheinend schon ein klein wenig zu spät. Sephiroth musste dich auffangen, ich hab die Gelegenheit genutzt und diese Krankenschwester zusammen gestaucht, dass sie ihre Kontaktlinsen herausgeheult hat", grinste er, dann wurde seine Miene ein Stück trauriger und er senkte den Blick "Du bist nicht mehr aufgewacht", bebte seine Stimme und er musste sie mit Mühe wieder fangen. "Also haben wir dich erst einmal zurück zur Villa gebracht und auf Bett gelegt. Sephiroth hat die Krankenschwester mitgeschleift. Die und die beiden ach so tollen Angestellten der Villa dürften jetzt noch alle in der Besenkammer eingesperrt sein, damit sie nicht türmen. Der Arzt weiß noch über nichts bescheid und wundert sich bestimmt, wo seine Miss Laker bleibt!" Nun hob er den Blick wieder und schien ein wenig angriffslustig.
Bisher hatte Genesis aufmerksam zugehört, hatte seine Haltung nicht verlassen und sah direkt in die Augen von Angeal. Er hatte jede Gesichtsregung mitbekommen, jede Mimik, jede Emotion, während er erzählt hatte. In Genesis' Gedanken herrschte grade ein wenig Chaos und das nicht nur, weil er erst einmal die ganzen Dinge, die ihm berichtet wurden, sortieren und verarbeiten musste. Sondern auch, weil Angeal so anders gewirkt hatte, als sonst, als er davon sprach, dass Genesis nicht mehr aufgewacht war. War das nur die Sorge um einen Freund gewesen? Es hatte so seltsam gewirkt, für den Bruchteil einer Sekunde. Aber vielleicht bildete der Rotschopf sich das auch nur ein oder er bewertete es über.
Nun meldete sich auch endlich Sephiroth wieder zu Wort und die beiden hinten Sitzenden sahen überrascht aber auch aufmerksam zu ihm. "Die Turks werden sich heute um alles weitere kümmern", fügte er sachlich hinzu und warf nun tatsächlich einen Blick zu Genesis herüber. Aber er war finster, distanziert, mehr als nur ernst, sondern wirklich grottig schlecht gelaunt. "Mein Zwangsurlaub ist auf ein Hotel in Midgar verschoben worden. Nicht ganz das gleiche, aber nunja, ihr könnt dann wenigstens wieder arbeiten."
Der Rotschopf nickte. "Richtig", stimmte er da zu. "Fehlt mir schon, die Arbeit. Aufträge annehmen und ansehnlicher für die Frauen werden." Er grinste keck und spürte dann die Hand von Angeal auf seiner Schulter. Fragend sah er zu ihm herüber, aber der Blick des Schwarzhaarigen war in diesem Moment seltsamer Weise abgewandt. Trotzdem feixte er: "Anscheinend hast du nicht im Geringsten aus der Sache mit der Krankenschwester gelernt, was?"
Der Rotschopf lachte kurz und legte seine Hand auf die von Angeal, um sie von seiner Schulter zu schieben. "Und du aus der Sache mit dem Kaffee? Bleib in Zukunft lieber bei deinem Tee, mh? Du hättest dir ein Päckchen mitnehmen sollen."
Nun hob Angeal endlich den Blick wieder und schmunzelte als Antwort, ehe er seine Hand gänzlich zurück zog und sich zurück lehnte.
"Wie lange noch?", fragte Genesis und erntete ein fragendes Gebrumme. "Der Flug... wie lange noch bis nach Midgar?"
Ganz vorn vom Cocpit, von einem niederen Angestellten Shinras, kam die kurze und bündige Antwort: "An die 60 Minuten, Sir!"
Angeal seufzte erleichtert. "Das geht wesentlich schneller als mit einem Schiff. Wie gut, dass wir so früh einen Helikopter gerufen haben. Zwar war Verdot nicht so fröhlich, als wir ihn mitten in der Nacht wachgeklingelt haben, weil er Bereitschaft hatte und die Turks immerhin für Weiteres zuständig sind, aber... Es hat sich gelohnt."
Auch Genesis musste jetzt lachen. Den aufgebrachten Verdot am Telefon hätte er gerne erlebt.
