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Das Feuer Eos

...Hamburg, 1890...
von

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Dieses Kapitel widme ich allen lieben Kommentierern. Vielen, vielen, vielen Dank für die lieben Worte *freu*

Wenn ich euch nicht einzeln danke, liegt es einfach und allein daran, dass ich a) wenig Zeit habe im Moment, b) mir die Worte fehlen und c) einfach eine faule Socke bin. Aaaaaber... ich gelobe Besserung, jawohl! :)
 

Edit: Übersetzungen für die englischen Wendungen unten. Sorry, ich vergesse immer, dass nicht jeder das Glück hatte, mit viel Englisch in der Familie aufzuwachsen, wie ich. :)
 

In der Nacht vom 22. auf den 23.6.1890
 

„Let me tell you, Dirk, das war, ...au. Au, verdammt!“

Lord Farin lag auf einer Couch in einem der Aufenthaltszimmer seines riesigen Wohnhauses nahe der Binnenalster und biss sich durch einige gesalzene britische Flüche, während Bela und Katharina besorgt auf ihn hinabsahen.

„Entschuldigung, Sir,“ sagte Katharina gerade, während sie den blutigen Lappen erneut in die Schale mit dem Alkohol tunkte. „Aber Sie wissen genau so gut wie ich, dass Ihre Wunden versorgt werden müssen.“

„Ja doch,“ der Botschafter winkte ab und bedeutete ihr, weiterzumachen, während er sich wieder an Bela wendete. „So, Dirk, what I, au,“ er pausierte kurz, biss sich auf die Zähne, während Katharina sanft, aber bestimmt mit dem Lappen über seine aufgeplatzte Augenbraue tupfte und fuhr schließlich mit schmerzverzerrtem Gesicht, aber dennoch grinsend fort. „...was ich sagen wollte. So viel Spaß habe ich lange nicht gehabt.“
 

Bela schüttelte lächelnd den Kopf, froh, dass der Lord noch lachen konnte und sie beide mit halbwegs heiler Haut davongekommen waren. Zugegeben, sie hatten einiges an blauen Flecken einstecken müssen; er selbst hatte aufgeschürfte Knöchel und einen schmerzenden Kiefer, während Lord Farins Gesicht bereits begann, in allen Farben des Regenbogens zu leuchten. Trotzdem musste er zugeben, dass er beeindruckt war – sie hatten sich zu zweit ohne nennenswerte Schwierigkeiten durch einen gehörigen Schlägertrupp hindurchgeboxt – und das nicht zuletzt Dank sei Farinks beeindruckendem rechtem Haken, der sie aus ein oder zwei brenzligen Situationen gerettet hatte. Das hätte er dem üblicherweise so adrett in schwarz gekleideten Herren, trotz seiner zahlreichen Indien-Geschichten – und seiner Leidenschaft für seltsam gewalttätige britische Sportarten wie Rugby, Hockey und Polo – keineswegs zugetraut.
 

Sie hatten Franz und ein paar seiner Kumpanen eine gehörige Abreibung verpasst, soviel stand fest. Am Ende hatten zwei mit schmerzverzerrtem Gesicht auf dem Boden gelegen, während ein weiterer fluchend Blut und zwei seiner Zähne ausgespuckt hatte. Als die Lage daraufhin drohte, zu eskalieren, hatten er und Lord Farin sich, mit Hilfe Minnas, aus dem Hintereingang aus dem Staub gemacht.
 

„Was Sie Spaß nennen,“ griff Katharina den Faden des Gespräches auf. „Das muss gehörig wehgetan haben...“

Bela hatte sie aus dem Bett geholt, als sie wohlbehalten zurück in der Villa des Botschafters waren, auf ihre Diskretion und ihre Erfahrung in der Wundbehandlung vertrauend. Sie war, ähnlich wie der Dieb selbst, in den ärmeren - und gefährlicheren – Teilen der Hansestadt aufgewachsen und ließ sich von wenig aus der Ruhe bringen. Dementsprechend gefasst hatte sie reagiert, als sie Belas blutende Knöchel sah und seine schnell zusammengereimte Geschichte von einem Überfall auf ihn und Lord Farin in einer Gasse in der Altstadt zu hören bekam. Sie hatte eilig einen Morgenmantel übergeworfen und sofort damit begonnen, sich um das geschundene Gesicht ihres Arbeitgebers zu kümmern.
 

„Aber ja, es hat trotzdem Spaß gemacht,“ reagierte der Angesprochene auf ihre Worte. „Lasse dir gesagt sein... Als Botschafter erfreut man sich occasionally, bisweilen, an jeder Abwechslung, die man von seinem reichen, aber tristen Alltag erfährt.“

Nun war es am Mädchen, lächelnd den Kopf zu schütteln, während sie den blutgetränkten Lappen in die Schale warf und beiseite stellte. Katharina arbeitete schon eine ganze Weile für den Lord und war an die informelle Atmosphäre gewöhnt, die in seinem Haus herrschte, wenn er und seine Dienerschaft unter sich waren. So wagte sie es auch, sich nun Belas blutigen Knöcheln zu widmen, während ihr Arbeitgeber sich noch im Raum befand.

"Das sieht böse aus, Dirk," murmelte sie. Zärtlich nahm sie seine rechte Hand in die ihre und begann, die Fingerlenke vorsichtig mit einem weiteren Lappen zu reinigen. Der Dieb sah weiterhin schweigend zu, während er sich einen Schmerzenslaut verbiss und sich zum ersten Mal fragte, ob er dieses naive Geschöpf wirklich für seine Diebstahl-Pläne missbrauchen wollte.
 

Farin goss ihm ein Glas Brandy ein und reichte es ihm mit den Worten: „hier, trink das. God knows, ich hätte einen Brandy gebrauchen können, wenn der Geschmack mir nicht so zuwider wäre.“

Bela nahm den Schwenker dankbar an und stürzte ihn, entgegen seiner sonstigen Gewohnheiten, in einem Schluck herunter. Innerlich schüttelte er den Kopf über sich selbst, während er die brennende Spur genoss, die der Alkohol seine Kehle hinunterzog und augenblicklich dabei half, die Pein an seinen Knöcheln zu betäuben. Der Schmerz war es, der ihn weich machte, beschloss er - wie sonst sollte er sich erklären, dass er sich auf einmal so viele Gedanken um die Gefühle anderer machte? Zuerst Lord Farin, dann Katharina.
 

Das musste aufhören, beschloss er, während er, scheinbar unbeteiligt, geschehen ließ, dass das Mädchen begann, mit ihren Fingerkuppen sanft über seine Handfläche zu streicheln. Vorsichtig öffnete und schloss sie seine Finger zu einer Faust und prüfte, ob alles mit seinen Gelenken in Ordnung war. Es tat weh, er biss sich auf die Zähne und sah weg, zu Lord Farin, darauf erpicht, ein freundliches Gesicht zu sehen, welches nicht seiner ‚Verlobten’ gehörte.

Der blonde Brite sah ihnen zu, ein betoniertes Lächeln im Gesicht, doch seine zu lauernden Schlitzen verengten Augen verwirrten Bela zutiefst.

Teufel, dachte der Dieb, zum zweiten Mal an diesem Abend. Er fühlt es auch, er ist eifersüchtig.
 

Nein, dachte er dann. Lächerlich, ein britischer Lord, eifersüchtig auf eine Küchenmagd. Er ist irritiert, dass seine Diener nur mit sich selbst beschäftigt sind, statt mit ihm. Schließlich ist er der Herr im Hause, sein Beruf, seine Herkunft bergen einfach eine gewisse Arroganz mit sich, die zu allen Zeiten befriedigt werden muss. Und ich kümmere mich besser darum, bevor ich in seiner Achtung sinke – gerade jetzt, wo ich sein volles Vertrauen genieße.

Es ging um einen der größten Diamanten Europas, da musste er mit ein bisschen Selbsthass umgehen können, beschloss er.
 

Mit einem Ruck stand er auf und entzog Katharina ungeduldig seine Hände.

„Ich denke, es ist Zeit, dass wir alle etwas Nachtruhe finden,“ sagte er. „Gute Nacht, Katharina.“

Die Küchenmagd sah mit verletztem Blick von ihrem Stuhl zu ihm herauf. Dann wandte sie sich an den Botschafter. „Kann ich noch etwas für Sie tun, Lord Farin?“ fragte sie hoffnungsvoll.

Er schüttelte den Kopf. „Nein, danke Katharina, bitte lass uns einen Moment allein. Gute Nacht, und danke für deine guten Sorgen.“
 

Sie lächelte und wünschte dem Botschafter ebenfalls eine gute Nacht, drehte sich um, warf Bela einen stechenden Blick zu und stolzierte aus dem Zimmer, bevor er ihr ebenfalls für das Versorgen seiner Hände danken konnte.
 

„Seid ihr zwei... an item?“ fragte der Botschafter jetzt, während er ihn forschend, mit unlesbarem Gesichtsausdruck, anblickte.

Bela kannte die englische Redewendung nicht, konnte sich aber denken, was Farin meinte.

„Ich, wir... ja,“ stammelte er, so weit vom undurchschaubaren Meisterdieb entfernt, dass er ein bisschen Angst vor sich selbst bekam. Er verfluchte sich selbst dafür, dass er den jungen Briten so nahe an sich heran ließ und fragte sich, ob er nicht doch anderweitig versuchen sollte, reich zu werden. „Sie ist meine Verlobte,“ fügte er hinzu, unsicher ob er es wirklich aussprechen wollte oder nicht.

„I see.“ Lord Farins Augen verengten sich wieder. Er stand auf und sah auf Bela herab.

„Nun, wie dem auch sei, dir sei gedankt. Ich hatte einen amüsanten Abend. Gute Nacht, Dirk. Breakfast at seven, please.“ Seine Stimme klang eiskalt, der Abstand zwischen Lord und Valet war geradezu spürbar, stand wie eine Mauer zwischen ihnen.
 

„Ich...,“ setzte Bela an und überlegte es sich dann anders. „In Ordnung,“ sagte er dann, darauf bedacht, und seufzte. Auf einmal erschien es ihm unmöglich, die imposante Gestalt vor sich als Freund zu sehen, er war wieder der undurchsichtige, autoritäre britische Lord. „Ich werde dafür Sorge tragen. Gute Nacht, Lord Farin.“
 

Die Züge des Lords wurden weicher und er sah ihm in die Augen, während er eine Hand auf seine Schulter legte. „Es tut mir Leid... Really. Ich... bin es wohl nicht gewohnt, dass ich nicht darüber Bescheid weiß, was in meinem eigenen Haus geschieht.“ Er schlug die Augen nieder und nahm die Hand von seiner Schulter, blieb aber dicht vor ihm stehen. Eine Sekunde lang hatte Bela das absurde Bedürfnis, ihn in die Arme zu nehmen.

Stattdessen lächelte er vorsichtig und nickte.

„Keine Sorge. Es war ein langer Abend. Für uns beide. Wir reden ein Andermal darüber, in Ordnung? Gute Nacht... Jon.“ Er reichte ihm die Hand.

„In Ordnung.“ Der Schalk kehrte zurück in Farins Augen, während er Belas Hand schüttelte. „Gute Nacht, Dirk. Und denke daran, no immoral conduct under my roof. Ich bin schließlich Botschafter, I’m supposed to be a role-model. Das gilt für meinen gesamten Haushalt. Du schläfst in deinem eigenen Bett.“

Bela lachte, über die Worte genau so sehr wie darüber, dass Farin, wenn er müde war, zunehmend in seine eigene Sprache verfiel.

„Keine Sorge, für heute Abend habe ich genügend Aufregung hinter mir, um den Zorn eines Botschafters auf mich zu ziehen.“ Er zwinkerte. „Besonders, wenn der Botschafter einen solchen rechten Haken hat, den er gegen mich einsetzen könnte.“
 

Sie löschten das Licht und traten gemeinsam auf den Flur, wünschten sich erneut eine gute Nacht, diesmal lachend, und gingen in unterschiedliche Richtungen den langen Gang hinunter. Lord Farin wendete sich nach rechts, in die Richtung seines Schlafgemaches; Bela nach links, dorthin, wo sein Schlafgemach – und der Ostflügel lagen.
 

Vor dem Schlafengehen wollte er noch kurz dem zukünftigen Schlafzimmer der Crowleys einen Besuch abstatten. Schließlich, so dachte er sich, brauchte sein dummer Kopf einen Schubser in die richtige Richtung. Er war Bela B., Meisterdieb und Kind der Nacht – kein Valet und bester Freund eines Lordes, und schon gar kein Geliebter einer Küchenmagd. Die Beute rief – und es galt, eine Menge Vorbereitungen zu treffen, bevor der Diamant – und Lord und Lady Crowley – eintreffen würden. Gedanken an blonde Botschafter würden ihn nur ablenken - "Das Feuer Eos" zählte, und sonst nichts.

Geistesabwesend hielt er sich den schmerzenden Kiefer und stahl sich, mit sicheren Schritten die knarzenden Dielen vor den Bedienstetenquartieren umgehend, den Gang Richtung Ostflügel entlang.
 

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Übersetzungen (die völlig offensichtlichen Dinge lasse ich mal weg):

"Let me tell you" - "Lass mich dir sagen"

"Seid ihr zwei... an item" - damit meint er, ob die beiden liiert sind.

"I see." - sowas wie "Aha."

"no immoral conduct under my roof" - "Keine unmoralischen Handlungen unter meinem Dach"

"I’m supposed to be a role-model" - "Von mir wird erwartet, ein Vorbild zu sein."



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Kommentare zu diesem Kapitel (6)

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Von:  Kokuren2
2008-09-17T16:19:56+00:00 17.09.2008 18:19
uaaaah, ich hab richtig gänsehaut gekriegt, als Farin sich so Lordmäßig aufgerichtet hat...*_* hach....und eifersucht is doch immer toll...*g*
sorry ich schreib noch einen besseren kommentar, muss grade aber echt weiterlesen^^
Von:  YouKnowNothing
2008-08-09T16:35:57+00:00 09.08.2008 18:35
Ich find die Geschichte mit jedem Kapitel ein bisschen besser!
Vorallem Belas innerer Konflikt, der immer besser zur Geltung kommt und so sehr im Gegensatz zu dem steht, was er eigentlich sein will... genial!
Nur eines muss ich zu meiner Schande gestehen: Lord Farins Englisch macht mir zeitweise echte probleme... XD ich bin jedes mal von mir selbst enttäuscht, schließlich sollte ich damit nun wirklich weniger probleme haben...
trotzdem, superklasse!

LG Sharingan-Moerder
Von:  weniger_suess
2008-08-09T16:29:09+00:00 09.08.2008 18:29
Klasse Kapitel,
kompliment. Sieht so aus als würde Bela immer tiefer in einen Konflikt mit sich selbst rutschen. ^^ Bin total gespannt wies weiter geht. Du fährst doch hoffentlich nicht in Urlaub oder so was?

liebe Grüße & bewundernde Blicke

weniger süß
Von: abgemeldet
2008-08-09T15:34:35+00:00 09.08.2008 17:34
man ich liebe diese fanfiction! *__*
sie ist soo toll geschrieben und die idee überhaupt!
ich schau auch immer ganz oft ob du nicht wieder was hochgeladen hast xD
also ich hoffe es geht schnell weiter!
bin immer ganz hibbelig^^

LG
Clara
Von: abgemeldet
2008-08-08T22:15:10+00:00 09.08.2008 00:15
Echt toll =)
Diese Idee... fantastisch! Und dein Schreibstil ist auch ganz großes Kino. Weiter so, hast es echt drauf ;)

LG♥
Johanna


...e piove
Von: abgemeldet
2008-08-08T20:55:51+00:00 08.08.2008 22:55
Ach, du kannst dir garnicht vorstellen, wie sehr ich mich gerade freue. ^^
Vor ein paar Minuten habe ich noch an die Geschichte gedacht und mich gefragt, wann es wohl weitergeht....und dann klicke ich auch "Fanfiction" und plötzlich steht da, dass ein neues Kapitel hochgeladen wurde. Du hast mir den Abend gerettet. ;)
Wieder ein sehr schönes Kapitel, wunderbar geschrieben. Auch sehr schön finde ich, dass der Leser nun immer mehr in Belas Gefühlswelt hineinblicken darf und sieht, dass er wohl doch nicht so unnahbar ist.

Ich hoffe nur, es geht bald weiter. Die Geschichte lässt mich irgendwie nicht mehr los. Bin schon gespannt, was sich da noch entwickeln wird.

liebe Grüße
black-wulf



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