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Nebel über Hogwarts

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Vermisst

Nebel über Hogwarts – Kapitel 66: Vermisst
 

Der Gemeinschaftsraum der Gryffindors brummte fast mit den Gesprächen und dem Lachen von sieben Jahrgängen von Schülern, alle vereint in dem Gefühl, ihre Prüfungen abgeschlossen zu haben, ohne bereits mit den Ergebnissen belastet zu werden, und fest entschlossen, die letzten Tage in der Schule vor dem Beginn der Sommerferien voll auszunutzen. Peter gehörte zu ihnen – er war ziemlich sicher, zumindest in den meisten seiner UTZ-Prüfungen bestanden zu haben, und der Gedanke, dass er sich niemals wieder um Klausuren oder Hausaufgaben Sorgen machen müsste, hatte vielleicht einen noch größeren Effekt auf ihn als auf seine drei Freunde. James, Sirius und Remus lernten alle drei mit einer Leichtigkeit, die ihm wahrscheinlich für immer verwehrt bleiben würde, und nun würde er sich endlich ein Gebiet suchen können, auf dem er auch gut war und nicht nur mittelmäßig sein musste, um zu bestehen. Er müsste sich nicht immer mit seinen drei Freunden messen, und könnte sich endlich selbst einen Namen machen, anstatt immer nur in ihrem Schatten zu stehen... er lächelte bei dem Gedanken.

„Was ist, Peter?“, fragte Sirius von der Seite, und er schüttelte nur den Kopf.

„Nichts.“

„Wirklich nichts?“ Sein Freund hob die Brauen, doch die Nachfrage, die wahrscheinlich nett gemeint war, konnte er nicht wirklich beantworten. Sirius war... Sirius, und mit seinem Ego und seinem Talent würde er wahrscheinlich nie verstehen, was Peters Problem war. Ja, er bewunderte ihn dafür, dass er sich seiner Familie entgegenstellt hatte, und er war auch froh, dass Sirius nicht alleine war, sondern von den Potters so aufgenommen worden war... natürlich, bevor Mr und Mrs Potter gestorben waren. Aber da war auch der Stachel des Neides, wenn er James und Sirius und ihre enge Freundschaft betrachtete... von außen, selbstverständlich. Er wollte dazugehören – und obwohl er das ja tat, eigentlich, war da doch immer ein kleines bisschen das Gefühl, dass er das fünfte Rad am Wagen war, sogar mehr noch als Remus. Peter seufzte.

„Echo? Hallo?“ Sirius sah aus, als ob er sich nicht so recht entscheiden konnte, ob er amüsiert oder besorgt sein sollte, also zwang Peter sich dazu, zu grinsen.

„Wenn du mir auch nicht glaubst, dass mein Kopf leer ist wie ein Vakuum. Die Prüfungen sind vorbei – da erwartest du doch nicht ernsthaft, dass ich denke, oder? Und noch dazu freiwillig!“ Er schüttelte sich affektiert bei dem Gedanken, und Sirius klopfte ihm auf die Schulter, seine Besorgnis weggewischt.

„Natürlich nicht. Ich denke auch nicht... ich begnüge mich damit, den Anblick zu genießen.“

Er deutete hinüber zu einer Gruppe Sechstklässlerinnen, die sich an einem der Tische damit unterhielten, sich gegenseitig mit magischen Wasserpistolen abzuspritzen, was in Anbetracht der Tatsache, dass sie keine Umhänge trugen, interessante Einblicke gewährte.

Peter rollte erneut mit den Augen, aber Sirius Scherze waren angenehmer für ihn als zu genaue Nachfragen, also musste er wohl erleichtert sein. Eigentlich. Das bedeutete allerdings nicht, dass er sich ihm auch anschließen würde, und er stand hastig auf. „Ich wollte noch nach Suzanne suchen. Ich hoffe, sie ist noch nicht im Bett.“

Sirius nickte nur abwesend, während er sich weiter in seinem Stuhl zurücklehnte, und Peter warf einen Blick in die Runde, hoffte, den braunen Haarschopf seiner Schwester unter den Schülern der niedrigeren Stufen zu entdecken. Zu seinem Leidwesen hatte er nicht sofort Erfolg, aber Suzanne war von Natur aus nicht die auffälligste Person, und seit sie angegriffen worden war, hatte sich ihre Tendenz zur Schüchternheit nur noch verstärkt. Auch das Training mit ihm und seinen Freunden konnte ihre Neigung, sich – genau wie er – nicht in den Vordergrund zu drängen und eher am Rand von Gruppen und Gesprächen zu bleiben, nicht auslöschen, auch wenn er dachte, dass sich ihr Selbstbewusstsein bereits wieder ein wenig aufgebaut hatte. Er war also nicht überrascht, sie nicht in dem Haufen fröhlich schwatzender Kinder, der sich um einen Tisch herum aufgebaut hatte, zu finden, doch als er schließlich ihre beste Freundin, Mary Bannister aus der ersten Klasse, alleine entdeckte, begann er langsam, sich Sorgen zu machen.

„Weißt du, wo Suzie abgeblieben ist?“, fragte er, und das Mädchen senkte ihr Buch und zuckte mit den Schultern.

„Ich weiß es auch nicht – eigentlich warte ich hier auf sie, aber ich hab sie noch nicht hereinkommen sehen...“

Peter spürte, wie die Sorge in ihm aufstieg. „Was wollte sie denn machen?“

„Sie war auf den Ländereien unterwegs, glaube ich...“ Mary warf einen Blick auf ihre Armbanduhr und runzelte die Stirn. „Aber eigentlich müsste sie schon hier sein – immerhin ist es schon dunkel und wir Erstklässler dürfen nicht einmal mehr auf den Gängen sein.“

„Vielleicht hast du sie nur nicht bemerkt, als sie hereingekommen ist, und sie ist schon in ihrem Schlafsaal?“ Peter wusste, dass seine Worte weder höflich waren noch so klangen, aber im Moment war ihm das vollkommen egal. Wahrscheinlich reagierte er zwar über, aber nachdem Suzanne angegriffen worden war, machte er sich bei jeder Kleinigkeit Sorgen um sie – und nicht nach der Ausgangssperre im Gryffindorturm zu sein war bei Weitem keine Kleinigkeit mehr.

Mary funkelte ihn für einen Moment an, aber schließlich legte sie ihr Buch zur Seite und hopste von dem Stuhl, der noch immer viel zu groß für sie war. „Ich kann ja mal nachsehen gehen.“

Sie klang nicht gerade glücklich mit ihrem eigenen Vorschlag, war aber wahrscheinlich zu gut erzogen, um ihn nicht zu machen, und flitzte zu den Treppen hinüber, die zu den Mädchenschlafsälen führten. Peter sah ihr hinterher, bis sie verschwunden war, dann begann er, rastlos vor dem Tisch hin und her zu laufen, an dem sie gesessen hatte. Wahrscheinlich war sie müde von der ganzen Sonne und einem Tag draußen... wahrscheinlich hatte sie sich schon hingelegt... aber würde sie das machen, ohne ihm eine gute Nacht zu wünschen? Aber vielleicht war sie ja eingeschlafen, ohne dass sie es gewollt hatte... die Gedanken rasten durch seinen Kopf, doch so verzweifelt er auch versuchte, sich an jenen festzuklammern, die eine plausible Erklärung für ihre Abwesenheit bieten konnten, gelang es ihm doch nicht. Was, wenn sie irgendwo auf den Ländereien lag, verletzt, verflucht, wie beim letzten Mal, als sie angegriffen wurde? Was, wenn ihr mysteriöser Peiniger wieder zugeschlagen hatte, als sie alleine war? Die Angst schnürte ihm die Kehle zu.

Als er Marys blonde Zöpfe auf der Treppe auftauchen sah, war er erleichtert, aber nur für einen Moment – dann sah er, dass ihr niemand folgte, und dass ihr Gesichtsausdruck mittlerweile ebenfalls einen Hauch von Besorgnis angenommen hatte. „Was ist?“, fragte er ungeduldig, kaum dass sie ihn erreicht hatte, und sie schluckte ob seines harschen Tonfalls.

„Ich... sie ist nicht da. Ich hab in ihrem Bett nachgesehen, aber da war heute noch niemand, und im Bad ist sie auch nicht... und... naja, ich hab keine Ahnung, wo sie sonst noch sein könnte.“

Peter unterdrückte einen Fluch, während er verzweifelt nachdachte. Dass sie nicht in ihrem Schlafsaal war, bedeutete nicht, dass sie nicht im Turm war – vielleicht saß sie bei ein paar der anderen Mädchen? Er wusste, dass er sich mit diesem Gedanken an Strohhalmen festhielt – seine zurückhaltende Schwester, die mit Dritt- oder sogar Viertklässlerinnen in ihrem Schlafsaal schwatzte? Fast unvorstellbar... aber eben nur fast. Und deswegen musste er diese Idee überprüfen.

Er drehte sich um, bevor Mary auch nur die Chance hatte, weiterzusprechen, und ohne ihr zu antworten, und nahm die Treppe zu seinem Schlafsaal zwei Stufen auf einmal. Achtlos warf er James' Sachen zur Seite auf der Suche nach der Karte des Rumtreibers, bis er sie schließlich zwischen seinen alten Büchern fand.

„Ich schwöre feierlich, ein Tunichtgut zu sein.“

Ein Spinnennetz von Linien breitete sich von der Spitze seines Zauberstabes her aus, und er kniete sich auf den Boden, die Karte auf die Oberseite von James' Hogwartskoffer gelegt, und machte sich auf die Suche nach seiner verschwundenen Schwester. Die Schlafsäle der Gryffindor-Mädchen waren die ersten, die er überprüfte, und nachdem sie kein Ergebnis gebracht hatten, fuhr er mit denen der Jungen fort, nur um sicher zu gehen – aber da war niemand. Auch der Gemeinschaftsraum, auf den er einen Blick warf in der vagen Hoffnung, dass sie vielleicht in der Zwischenzeit dorthin zurückgekehrt war, wenn auch verspätet, brachte kein Ergebnis, genauso wie – er wagte es fast nicht, einen Blick auf die Karte zu werfen – der Krankenflügel.

Aber wo konnte sie sein?

Er fluchte leise vor sich hin, doch irgendwie schaffte er es, sich zur Ruhe zu zwingen, und überprüfte das ganze Schloss, jeden Flügel, jedes Stockwerk nach dem anderen, von den Kerkern bis zur Spitze des Astronomieturms... aber da war nichts. Kein beruhigender schwarzer Punkt mit dem Namen „Suzanne Pettigrew“, kein Lebenszeichen von ihr, auch keine ihrer Freundinnen oder Klassenkollegen... kein einziger Hinweis darauf, wo sie sein könnte.

Tränen stiegen in seinen Augen auf, aber er schluckte sie harsch hinunter – er hatte keine Zeit dafür, er musste seine Schwester finden! Die Bewegungen hastiger und hastiger, als die Panik in ihm aufstieg, wandte er sich den Ländereien zu, sah sich das Quidditch-Stadion an, die Gewächshäuser, Hagrids Hütte, die Peitschende Weide, den See, schließlich den Verbotenen Wald... doch sie war nicht da. Sie war nicht da! Sie war nicht da! Verdammt, verdammt, verdammt!

Der einzige kohärente Gedanke, den er noch fassen konnte, war, dass er ihr helfen musste – aber das konnte er nicht alleine. Er brauchte seine Freunde!

Mit zitternden Fingern packte er die Karte des Rumtreibers und stopfte sie achtlos in seine Umhangtasche, dann hastete er die Treppe hinunter, an deren Fuß bereits Mary auf ihn wartete, die Augen groß und besorgt. Rau drängte er sich an ihr vorbei – er hatte keine Zeit für ihre Angst, sie würde nur dafür sorgen, dass er auch die Beherrschung verlor – und trat auf Sirius zu. „Suzanne ist weg.“

Sirius zuckte zusammen. „Was?“

„Suzanne ist weg.“ Peter hatte sich bemüht, seine Stimme gesenkt zu halten, doch trotzdem erregte er die Aufmerksamkeit von Remus, der auf einem Stuhl ganz in der Nähe saß, und, sobald er seine Angst bemerkte, auch James und Lily aus ihrem Kuss löste und auf ihn aufmerksam machte. „Ich hab sie überall gesucht... und nicht gefunden... und...“

Es war James, der schließlich die Initiative ergriff und ihn am Arm packte. „Komm... nicht hier!“

Peter sah kaum etwas von dem Weg hinauf in seinen Schlafsaal, der ihm heute so fremd vorkam trotz der unzähligen Male, die er über die Treppen gehastet war, und seine Freunde folgten ihm, auch Lily, nachdem sie Mary mit ein paar kurzen Worten beruhigt hatte.

Nachdem sie die Tür hinter ihnen geschlossen hatte, wandte James sich ihm wieder zu. „Also... was ist los? Und langsam...“

Er erzählte ihnen von seiner und Marys Suche nach Suzanne, und dass er sie nicht auf der Karte gefunden hatte, was Sirius prompt dazu brachte, die Hand auszustrecken. „Gib nochmal her, ja?“

Peter griff in seine Tasche und reichte das Stück Pergament weiter, dieses eine Mal gleichgültig gegen die Andeutung, dass er vielleicht nur nicht genau genug nachgesehen hatte. „Wirf du noch einmal einen Blick darauf... ich mach mir solche Sorgen...“

Sirius nickte nur und begann mit seiner Überprüfung des Schlosses und der Ländereien, während James für einen Moment nachdachte. „Wir müssen sie finden.“

„Danke für diesen bahnbrechenden, neuen Gedanken.“ Sein eigener Zynismus überraschte ihn genauso wie James, doch sein Freund reagierte gar nicht darauf.

„Tinky!“

Für einen Moment geschah nichts, dann tauchte unter den überraschten Blicken der anderen eine Hauselfe auf James' Bett auf. „Was wünschen Master Potter?“

James erhob sich und ging auf das kleine Wesen zu. „Du schuldest mir noch etwas – vom Anfang des Schuljahres, als wir den Gemeinschaftsraum aufgeräumt haben.“

Die Hauselfe runzelte die Stirn. „Tinky hat nicht vergessen, Master Potter.“

„Gut. Eine Schülerin ist verschwunden – Suzanne Pettigrew. Kennst du sie?“

Tinky nickte, dass ihre großen Ohren schlabberten. „Natürlich, Master Potter. Miss Pettigrew sitzt im Gemeinschaftsraum, wenn Tinky putzt, und sieht traurig aus.“

Peter fühlte einen Stich, als sie das sagte, doch er hatte keine Zeit für die Tränen und die Schuldgefühle, die sich in seinem Inneren sammelten, weil er nicht für seine Schwester da gewesen war. „Wir brauchen Hilfe, um sie zu finden.“ Er wandte sich kurz Remus zu. „Denkst du, wir können auf Florence zählen?“

Für einen Moment sah Peter, wie sich der Hauch von Unschlüssigkeit auf Remus' Gesicht zeigte, doch dann nickte er schließlich. „Ja.“

„Dann geh nach Hufflepuff und sag Florence Silverspoon Bescheid, dass wir sie am Büro von Professor McGonagall treffen werden. Und finde bei den Hauselfen über Suzanne heraus, was du kannst.“

Die Elfe verschwendete keine wertvollen Sekunden, sondern verschwand in einer Rauchwolke, und James streckte Peter seine Hand entgegen. „Komm. Wir gehen zu McGonagall – und wenn sie uns nicht helfen möchte, dann versuchen wir, sie alleine zu finden.“



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