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Nebel über Hogwarts

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Der Entschluss steht fest

Nebel über Hogwarts – Kapitel 65: Der Entschluss steht fest
 

Severus Snape warf einen letzten, prüfenden Blick auf seinen langen, schwarzen Umhang, fegte einen imaginären Fussel von seinem Ärmel und griff dann nach der Phiole, die, schwarz und abschreckend, auf seinem Nachttisch stand. Er war bereit – so bereit, wie man nur sein konnte, dem mächtigsten schwarzen Magier seiner Generation gegenüberzutreten, mächtiger sogar als Grindelwald. Zu behaupten, dass er nicht nervös gewesen wäre, wäre gelogen, aber trotzdem... in den letzten Minuten, als er sich fertig machte, hatte sich eine Ruhe über ihn gesenkt, eine Klarheit, die es ihm erlaubte, ohne zitternde Finger oder schwitzende Handflächen seinen Schlafsaal zu verlassen und den Gemeinschaftsraum zu durchqueren.

Er warf einen kurzen Blick auf die anwesenden Schüler – wenige, nicht verwunderlich bei dem einladenden Wetter, dem auch Slytherins nur schwer widerstehen konnten – und atmete trotzdem erleichtert aus, als er sah, dass Regulus Black nicht unter ihnen war. Der Junge war in den letzten Tagen, nach Severus unverhohlener Drohnung, zwar stiller und weniger aufdringlich gewesen als gewöhnlich, aber sein unverwandtes Starren hatte Severus mehr als einmal im Gemeinschaftsraum aufgespießt und aus der Ruhe gebracht.

Fast gegen sein besseres Wissen hoffte er, dass der Junge nichts Dummes plante, machte sich aber keine wirklichen Hoffnungen – seine Verzweiflung war klar, und verzweifelte Menschen waren meistens auch die gefährlichsten, besonders wenn diese Angst gepaart war mit der Skrupellosigkeit, die er an Regulus bereits am Anfang des Schuljahres gesehen hatte. Umso erleichterter war er, dass Black heute nicht hier war, um ihn mit Fragen zu quälen oder vielleicht sogar zu verlangen, dass er ihn zum Dunklen Lord mitnahm.

Der Weg durch die verlassenen Gänge des Schlosses verlief ohne Probleme, und auch, als er über die Ländereien stapfte, durchflutet vom goldenen Abendlicht, begegnete ihm nichts außer vielen Schülern, die ihn meist keines weiteren Blickes würdigten. Er war nur Severus Snape, der merkwürdige Slytherin. Der einzige Moment, der ihn ein wenig aus der Ruhe brachte, war ein kurzer Blick auf Evans und Potter, die turtelnd auf einer Decke am Ufer saßen, gemeinsam mit ihren Freunden – doch wo Lily früher seine Schuldgefühle wachgerufen hätte, stärkte die Bestätigung ihres Verrats heute nur seine Entschlossenheit.

Sie sah ihm nicht hinterher, und auch er starrte stur geradeaus, bis er den Schatten des Waldes erreicht hatte und einen Pfad am Rande des Ufers einschlug, der um den See führte und der es ihm erlaubte, sich seitwärts ins Unterholz zu schlagen und sich dort zu verbergen, bis die Sonne schließlich unterging und Lucius ihn abholen würde. Schon oft zuvor war er im Wald gewesen, auf der Suche nach Zaubertränkezutaten oder schlicht, um die Stille zu genießen, doch heute... obwohl er sich versuchte, einzureden, dass heute nur ein Tag wie jeder andere war, gelang es ihm doch nicht. Bei jedem Schritt glaubte er, das Rascheln von Blättern oder das Knacken von Zweigen unter dem Gewicht eines Verfolgers zu hören, doch jedes Mal, wenn er sich umwandte, sah er doch nur die Blätter und Bäume des Waldes oder eines seiner Tiere.

Er schalt sich für seine Schreckhaftigkeit, während er tiefer ins Unterholz vordrang, doch trotz seiner Bemühungen konnte er das Gefühl, beobachtet zu werden, nicht abschütteln – es lief seinen Rücken hinab wie das Prickeln eines Zaubers, der nicht so recht gelungen war und nur kitzelte anstatt schmerzte. Für einen Moment erwog er, anzuhalten, besonders im Lichte der Drohungen, die Potter bei seinem Angriff auf ihn in der Bibliothek abgesondert hatte, aber er wollte nicht das Risiko eingehen, zu spät an seinen und Lucius' Treffpunkt zu gelangen – und er war zuversichtlich, mit jedem möglichen Verfolger auch dort fertig zu werden. Zudem hatte er ernste Zweifel, dass Potter es schaffen würde, seinen Blick lange genug von Lilys Bikini zu nehmen, um ihn zu verfolgen.

Schließlich, nach langen Minuten des Marsches durch immer dichter werdendes Unterholz, erreichte er die Lichtung, dicht außerhalb von Hogwarts' Apparationsbarrieren, die er schon für so manche geheime Besprechung mit seinem ehemaligen Mentor genutzt hatte, und zog seinen Zauberstab. Lucius und seine Freunde waren noch nicht angekommen, doch der rötliche Himmel und der Stand der Sonne, die nur noch die Wipfel der Bäume beleuchtete, verrieten ihm, dass er wahrscheinlich nicht mehr viel Zeit hatte.

Er könnte Homenum revelio benutzen, aber wenn er wirklich verfolgt würde, wovon er noch nicht restlos überzeugt war, würde der Zauber seine Verfolger, wer auch immer es war, natürlich darauf aufmerksam machen, dass er ihre Präsenz bemerkt hatte, also entschloss er sich für eine subtilere Taktik und begann, den Kreis der Lichtung abzulaufen, scheinbar tief in Gedanken verloren. Die sanften Geräusche des Windes, der durch die Blätter raschelte, und der letzte Gesang der Vögel machten seine Aufgabe nicht einfacher, aber er lauschte in die zunehmenden Schatten unter den Bäumen hinein, hoffend, dass sein Verfolger sich durch irgendetwas verraten würde.

Das Knacken eines Astes, nur wenige Meter entfernt, gab ihm den letzten Hinweis, auf den er gewartet hatte, und sein Zauberstab schoss nach oben, jagte einen nonverbalen Fluch durch das Laub. Das befriedigende Geräusch eines fallenden Körpers verriet ihm, dass er getroffen hatte, auch wenn er nur nach Gehör gezielt hatte, und er schlug sich in die Büsche, um seinen Verfolger zu finden.

Als er den starren Körper von Regulus Black in zwischen den dornigen Zweigen einer Wildrose fand und ihm in die Augen sah, die wütend zu ihm hinaufstarrten, musste er einen lautlosen Fluch unterdrücken. Er hätte dem Frieden also doch nicht trauen sollen – und jetzt hatte er den Jungen am Hals. Für einen Moment überlegte er, noch einen Schocker hinterherzujagen und ihn dann einfach bis zu seiner Rückkehr hier liegen zu lassen, verwarf den Gedanken aber – er wollte nicht das Risiko eingehen, dass Regulus aufwachte oder dass er ihn in der Dunkelheit nicht mehr fand... ganz abgesehen von der Tatsache, dass der Wald nicht ohne Grund für Schüler verboten war, und Severus hier in seinen sieben Jahren auf Hogwarts schon einigen Dingen begegnet war, die einen bewusstlosen Schüler mit Handkuss als Mitternachtssnack nehmen würden.

Ein nonverbaler Wingardium Leviosa half ihm, seinen Gefangenen – denn als solchen musste er seinen Hauskollegen nun wohl betrachten – auf die Lichtung zurückzunavigieren, und gerade als er ihn absetzte, hörte er den Knall von mehreren Apparationen hinter sich. Er wirbelte herum, den Zauberstab in der Hand, doch zu seiner Erleichterung war es nur Lucius, der hinter ihm aufgetaucht war, gemeinsam mit Avery und Wilkes, zwei seiner Freunde aus seiner Schulzeit.

„Wer ist das?“, fragte Lucius anstatt einer Begrüßung mit einem Kopfnicken zu Regulus' leblosem Körper hin, und Severus trat zur Seite, um seinem Freund einen Blick auf das Gesicht und die durchaus wachen Augen von Black zu ermöglichen.

„Dummer Junge... was macht er hier?“

Severus spürte die Kritik in seinen Worten und schluckte. „Er ist mir vom Schloss her gefolgt.“

„Unvorsichtig von dir – und dumm von ihm.“ Lucius umkreiste Regulus, der noch immer hilflos auf dem Boden lag, wie eine Raubkatze.

„Ein Obliviate also?“, fragte Severus und genoss die Art, wie sich Regulus' Augen in Furcht und Wut weiteten im Angesicht der sehr realen Angst, diese eine Chance, sich Voldemort anzuschließen, sofort wieder zu verlieren.

Lucius warf einen Blick auf den Jungen und überlegte einen Moment, seine langen, eleganten Finger ans Kinn gelegt. „Ich denke nicht. So dumm er sich auch verhalten haben mag, er ist der Sohn einer alten, angesehenen Familie, die zu ihrer Zeit auch einiges an Talent hervorgebracht hat – auch wenn das den älteren Zweig in dieser Generation auszulassen scheint. Finden wir heraus, was er kann, wenn er für sich selbst kämpfen muss und seine Mutter ihm nicht helfen kann.“

Severus presste ein pflichtschuldiges Lächeln hervor und hob dann mit einem Wink seines Zauberstabs die Ganzkörperklammer um Regulus auf, der mit einem indignierten Gesichtsausdruck aufstand und sich den Staub vom Umhang klopfte. Trotz seines affektierten Gehabes und seiner gespielten Arroganz gelang es ihm allerdings nicht, die Röte auf seinen Wangen zu verheimlichen oder die Demütigung, die er fühlte, nachdem er wehrlos auf dem Boden gelegen war, und das noch dazu vor jemandem, der nur ein Halbblut war, und der Sohn einer Blutsverräterin noch dazu.

Die betonte Nichtbeachtung, die Lucius und seine beiden Kollegen ihm nun entgegenbrachten, nachdem die Frage seines Verbleibs geklärt war, sorgte nur dafür, seine Wut und seine Abneigung zu vertiefen, während er zusah, wie der Malfoy sich Severus zuwandte und ihn ein paar Schritte zur Seite nahm. „Hast du, was er wollte?“

Severus gewährte ihm einen kurzen Blick auf die kleine Phiole, dessen kalte, schwarze Farbe nicht einmal das warme, pinke Abendlicht durchdringen konnte, dann ließ er sie wieder in seiner Tasche verschwinden. „Selbstverständlich.“

„Gut... mach dich bereit. Er wird uns in wenigen Minuten zu sich rufen.“

Severus nickte und biss die Zähne zusammen, während ein Schauer über seinen Rücken nach oben kroch. Es waren weniger Lucius Worte als sein Tonfall, der die Angst, die er so lange unterdrückt hatte, wieder nach oben spülte... diese Ehrerbietung, diese fast schon Servilität gepaart mit Furcht, die Lucius an den Tag legte, wenn er von seinem Meister sprach... er klang so anders als der junge Mann, den er während seiner Jahre auf Hogwarts zum Freund gehabt und dessen Arroganz fast keine Grenzen gekannt hatte.

Innerlich schüttelte er den Kopf. Es war zu spät, um einen Rückzieher zu machen – und wenn er sich an Lily erinnerte, die Potter vorhin auf den Ländereien angesabbert hatte, dann wollte er das auch gar nicht. Dies hier war seine Chance, und bei Merlin, er würde sie nutzen!

Die Dämmerung hatte sich mittlerweile über die Lichtung gelegt und die alten, gekrümmten Bäume des Verbotenen Waldes warfen Schatten über das hohe Gras, während die fünf Männer auf den Ruf des Mannes warteten, der ihr Meister war oder es zumindest bald werden sollte. Severus Snape spürte, wie die Kühle des beginnenden Abends unter seinen dicken, schwarzen Umhang kroch, und lauschte, wie sich die Geräusche der Tierwelt veränderten, die Vögel verstummten und die ersten Schreie der Eulen aus dem Schloss zu hören waren... bis ein anderes Geräusch seine Aufmerksamkeit erregte... ein Rascheln, ein Atemzug, und beides stammte von etwas, das größer war als ein Eichhörnchen oder ein streunender Fuchs. Er fluchte innerlich und zog erneut seinen Zauberstab.

„Was ist, Severus?“ Lucius hatte sich ihm zugewandt und seine grauen Augen leuchteten in der Dunkelheit.

Severus machte einen Schritt auf ihn zu, bis er seine Stimme zu einem Wispern senken konnte – seine Vermutung hinauszubrüllen hätte jegliche Chance, einen möglichen Beobachter zu fassen, gegen Null gesenkt. „Ich fürchte, wir haben nicht den letzten Verfolger für heute Nacht gefunden.“

Lucius warf ihm einen Blick zu, der eloquenter als alle Worte seinen Gemütszustand ausdrückte, und zog ebenfalls seinen Stab. „Homenum revelio.

Der Zauber rauschte über sie hinweg, und ein hohes, ersticktes Keuchen ganz in der Nähe verriet Severus, dass er mit seiner Vermutung richtig gelegen hatte. Er reagierte, bevor er nachdachte, und brach durch die Büsche – und stolperte fast über ein kleines Mädchen mit mausbraunen Haaren, das verängstigt zu ihm hinaufstarrte, elf oder zwölf Jahre alt vielleicht. Sie hielt ihren Zauberstab fest umklammert, doch bevor sie ihn noch auf ihn richten konnte, hatte er ihn schon aus ihrer Hand gepflückt und sie am Kragen gepackt, zerrte sie zurück in das schwache Dämmerlicht der Sterne, das zwischen den Baumwipfeln hervorschien.

„Wer ist sie?“, fragte Lucius kühl, aber nur mäßig interessiert, bis Regulus nach vorne trat.

„Du... du warst das, du kleine Ratte!“ Er hatte seinen Zauberstab in der Hand, und die Wut, die in seinen Augen funkelte, ließ Severus sich fragen, was dieses Mädchen ihm angetan hatte – und wie. Immerhin war sie nur eine Erstklässlerin...

„Wer ist sie?“, wiederholte Lucius, nun in einem deutlich ungeduldigeren Tonfall, und trat auf Regulus zu.

„Suzanne Pettigrew, erste Klasse, Gryffindor.“ Sie antwortete, bevor Regulus eine Chance dazu hatte, und die trotzige Art, wie sie im Angesicht von fünf größeren, stärkeren Männern die Zähne zusammenbiss und die Unterlippe nach vorne schob, bestätigte wieder einmal, wie dumm die Mitglieder ihres Hauses normalerweise waren.

„Pettigrew?“ Lucius runzelte die Stirn. „Das ist doch einer von Potters verdammten Freunden, oder? Der dumme, fette, wenn ich mich richtig erinnere.“

Severus' Finger krampften sich um ihre Schulter, und der Druck war zu ihrem Glück Warnung genug, um sie nicht weitersprechen zu lassen, trotz der ohnmächtigen Wut, die in ihren Augen funkelte. „Genau der. Und jetzt verpass ihr einen Obliviate und schick sie zurück ins Schloss, bevor wir hier noch mehr Zeit verlieren.“

Die Ungeduld, die er bewusst in seine Stimme legte, genauso wie die Art, wie er seinen Zauberstab hob, ließen sowohl Regulus als auch Lucius gleichzeitig sprechen und nach vorne treten. „Nein!“

Severus fluchte innerlich, ließ sich aber nichts anmerken. „Und wieso genau nicht, Black?“

„Sie ist mir hierher gefolgt!“ Der Slytherin knirschte mit den Zähnen. „Ich wette, sie ist mir schon das ganze Jahr über gefolgt, verdammt! Dieses kleine Biest kommt einfach nicht damit zurecht, dass ich ihr eine Abreibung erteilt habe!“

Lucius' ungläubiges Lachen hallte über die Lichtung. „Ist das dein Ernst, Black?“ Die Wut in Regulus' Augen war Antwort genug, und Severus biss die Zähne zusammen. „Vielleicht sollten wir doch besser dich hierlassen und sie rekrutieren.“

Die Augen des Mädchens starrten verwirrt zu ihnen hoch, doch Severus konnte bereits sehen, wie sich dahinter langsam die Angst sammelte und ihre Konfusion überwand, und er spürte, wie das Mitleid in ihm aufstieg. Sie hatte das nicht verdient, in diese Situation geraten zu sein... doch er unterdrückte die Emotion so schnell, wie sie gekommen war. Er hatte getan, was er konnte... und jetzt musste er für sich selbst sorgen, nicht für sie.

„Ich vermute, du hattest einen triftigeren Grund für deinen Widerspruch, Lucius?“ Er war fast überrascht, wie ruhig, wie gelangweilt er klang, und sein Freund nickte.

„Wenn wir sie jetzt zurückschicken, wird das Fragen aufwerfen, und man könnte deine – und seine – Abwesenheit entdecken. Besser, wir nehmen sie fürs Erste mit und sie kehrt ein paar Stunden später ohne Erinnerung zurück – jegliche Untersuchung kann dir dann nichts mehr anhaben.“

Severus nickte langsam – Lucius Argumentation ergab Sinn, auch wenn ein Teil seines Gewissens noch immer gegen solche Kaltherzigkeit protestierte. „Gut.“

Eine kurze Geste von Lucius, ein Stupor von Avery, und sie sackte unter seiner Hand zusammen, von dem Schocker außer Gefecht gesetzt, und tat nichts, um ihren Fall zu bremsen. Während er noch auf ihren leblosen Körper hinabstarrte, hörte er, wie Lucius plötzlich zischte, und er wandte den Kopf, sah, wie sein Freund seinen Ärmel hochschob und den hässlichen Totenschädel mit der Schlange im Mund entblößte, nun nicht mehr schwarz, sondern glühend rot.

„Bist du bereit?“

Ein letzter Atemzug, ein letzter Blick, bevor Lucius seine Maske aufsetzte, und Severus nickte, dann spürte er, wie Lucius' Hand ihn an der Schulter traf und er von der Apparation fortgerissen wurde.



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